Ein Chinesischer Glücksbringer


Meine lieben,

angeregt durch einen Glücksgruß eines Blautor-Midgliedes und eine Folge der Sternengeschichten von Florian Freistetter, geht es heute mal um ein Glückswesen, den Drachen. Am 10.02.2024 feierte man in China das Neujahrsfest. Dieses Jahr steht dort im Glückszeichen des Drachen. Möge auch etwas von diesem Glück zu uns nach Europa gelangen.
Der Drache ist sowohl mythologisch als auch astronomisch betrachtet ein ganz besonderes Sternbild.

Wo man ihn findet

Man findet ihn im Norden; er windet sich quasi um den kleinen Bären herum, zu dem auch Polaris, der Polarstern, gehört. In Mitteleuropa kann man den Drachen das ganze Jahr über in jeder Nacht sehen und weil er vergleichsweise viele helle Sterne enthält, ist er auch leicht zu erkennen. Wer sehen kann suche einfach den Polarstern und schaut nach einer langen Kette aus Sternen, die sich in seiner Nähe über den Himmel windet. Das ist der Drache. Dieses Sternbild war schon in der Antike bekannt. Es war eines der 48 Sternbilder, die Ptolemäus vor knapp 2000 Jahren in seinen astronomischen Werken aufgelistet hat,

Etwas Mythologie

  • In der Schöpfungsgeschichte der Babylonier hat man sich dort oben Tiamat vorgestellt; die Göttin des Salzwassers die als eine Art Seeschlange mit Hörnern dargestellt wird. Sie kämpft gegen Marduk, die Hauptgottheit der Babylonier, der Tiamat besiegt, ihren Körper zerteilt und aus den beiden Hälften Himmel und Erde erschafft.
  • In der griechischen Mythologie gibt es auch jede Menge drachenähnliche Monster, zum Beispiel Ladon, der gleich 100 Köpfe hat und die goldenen Äpfel der Hesperiden bewacht, die Untersterblichkeit verleihen. Hat er auch immer super geschafft, bis Herkules gekommen ist und ihn umgebracht hat.
  • In den Mythen der arabischen Nomaden hat man hier allerdings ein Kamel gesehen, dass sein Junges beschützt, das gerade von zwei Hyaenen angegriffen wird.
  • Gemäß der chinesischen Mythologie wird der Drache oft als mächtiges und göttliches Wesen betrachtet, das positive Eigenschaften symbolisiert. Anders als in westlichen Kulturen, in denen Drachen oft als furchteinflößende Wesen dargestellt werden, wird der chinesische Drache als Glücksbringer und Wächter angesehen.
    Eine der bekanntesten Legenden, die mit dem chinesischen Drachen verbunden ist, erzählt die Geschichte von Ao Guang, dem Drachenkönig der östlichen Meere. In dieser Legende wird Ao Guang als göttlicher Drachenkönig dargestellt, der über die Ozeane herrscht und die Kontrolle über das Wetter ausübt. Er wird oft als freundlich und hilfsbereit beschrieben, aber auch als mächtiges Wesen, das Respekt verdient.
    Der Drache wird auch oft mit Kaiserlichkeit und kaiserlicher Macht in Verbindung gebracht. Nur der Kaiser durfte das Drachenmuster auf seiner Kleidung tragen. Dies verdeutlichte die Vorstellung, dass der Drache eine Verbindung zur göttlichen Macht und zum Schutz des Reiches hatte.
    In der chinesischen Astrologie spielt der Drache ebenfalls eine wichtige Rolle. Personen, die im Jahr des Drachen geboren sind, werden als glücklich, mächtig und intelligent betrachtet. Das Jahr des Drachen gilt als besonders günstig und wird mit positiven Energien und Ereignissen in Verbindung gebracht.
  • Es gibt auch bei uns die Definition des Drachenmonats, die uns zu einer weiteren tragischen chinesischen Geschichte führt.
    Die Mondbahn läuft fünf Grad gegen die Ekliptik geneigt. Die Ekliptik ist die Ebene, in welcher alle Planeten umlaufen.
    Somit befindet er sich die Hälfte des Monats etwas oberhalb und in der anderen Hälfte, etwas unterhalb der Ekliptik.
    Die Schnittpunkte zwischen der Mondbahn und der Ekliptik, nennt man Knotenpunkte.
    Die daraus sich ergebende Periode nennt man dann den dragonitischen Monat. Er wird zur Berechnung von Sonnen- und Mondfinsternissen benötigt.
    Sein Name leitet sich vom chinesischen Himmelsdrachen her, der von Zeit zu Zeit die Sonne entweder mit seinem Schwanz einfängt, bzw. mit seinem Mund verschluckt.
    Die beiden königlichen Hofastronomen, Hi und Ho, sollen geköpft worden sein, als sie im Suff vergaßen, eine Finsternis hervor zu sagen. Somit hatte das Volk keine Gelegenheit, durch seine Rituale mit Trommeln und Pfeifen den Drachen zu vertreiben, damit er die Sonne wieder frei gibt.
    Das er dies tatsächlich nach wenigen Minuten tat, konnte die beiden leider nicht mehr retten…

Nun aber genug der Schauergeschichten. Schauen wir uns das Tierchen mal astronomisch an.

Der Glücksbringer

Mit viel Glück lassen sich jedes Jahr um den 09. Oktober vermehrt Sternschnuppen erspähen.
Diese stammen aus dem Meteor-Strom der Draconiden. So heißen sie, weil sie aus dem Sternbild Drachen zu kommen scheinen.
Dann bewegt sich die Erde durch den Staub, den der Komet 21P/Giacobini-Zinner im All hinterlassen hat und wir können sehen, wie jede Menge Sternschnuppen über den Himmel sausen. Leider beschert er uns meistens eher eine geringere ausbeute von ungefähr höchstens einer Handvoll Sternschnuppen pro Stunde. Aber alle paar Jahrzehnte kann es richtig viel werden, wenn nämlich der Komet gerade vorher vorbei gekommen ist und frischen Staub hinterlassen hat. Das war zum Beispiel 1985, 1998 und 2011 der Fall, da konnte man ein paar hundert Sternschnuppen pro Stunde sehen.
Solltet ihr im kommenden Herbst einige erspähen, dann wünscht euch was.

Der alte Nordstern

Der hellste Stern eines Sternbilds wird üblicherweise mit dem griechischen Buchstaben Alpha bezeichnet, gefolgt von lateinischen Namen des Sternbildes. Alpha Draconis ist aber nur der achthellste Stern im Drachen.
Und dennoch war er bis etwa vor 5000 Jahren der wichtigste Stern am Himmel.
Damals war Alpha Draconis nämlich der Polarstern. Die Achse, um die die Erde sich dreht und die in Richtung Himmelsnordpol zeigt, beschreibt im Verlauf von gut 26.000 Jahren einen kleinen Kreis am Himmel, weil die Erde etwas kippelt, wie ein Kreisel. Heute zeigt sie ungefähr dorthin, wo sich Polaris befindet. Damals war sie aber auf Alpha Draconis ausgerichtet. Und um das Jahr 20.000 herum wird sie das wieder tun.

Der hellste

Der tatsächlich hellste Stern im Drachen ist Gamma Draconis mit Namen „Etamin“.
Das bedeutet „Schlange“ und Etamin ist nicht nur hell, sondern hat in der Geschichte der Astronomie auch eine wichtige Rolle gespielt.
Im 16. Jahrhundert setzte sich langsam die Idee durch, dass die Erde sich um die Sonne bewegt und nicht umgekehrt. Wenn dem so ist, dann müsste sich aber auch die Position der Sterne scheinbar verändern, weil wir sie im Laufe eines Jahres von unterschiedlichen Positionen im Sonnensystem aus beobachten. Sie müssten sich in Bezug auf die noch weiter entfernt liegenden Sternen leicht verschieben. Diesen Effekt, die „Parallaxe“ sollte man messen können. Einer der ersten, der das versuchte, war 1725 der britische Astronom James Bradley, und er hat sich Gamma Draconis ausgesucht, weil er jede Nacht am Himmel zu sehen und deshalb gut zu beobachten war. Und Bradley hat tatsächlich eine scheinbare Veränderung der Position gemessen, aber nicht die, die zu erwarten war. Bradley hatte die Aberration entdeckt. Die funktioniert, kurz gesagt, so: Die Erde bewegt sich durchs All. Licht der Sterne bewegt sich zur Erde. Das Licht ist aber nicht unendlich schnell. Stellen wir uns vor, das Licht eines Sterns fällt exakt senkrecht in die obere Öffnung eines Teleskops. Es braucht dann zwar nicht lange, um das untere Ende zu erreichen, aber es ist nicht unendlich schnell. In der kurzen Zeit bis es unten angekommen ist, bewegt sich die Erde ein kleines Stückchen weiter und verschiebt dadurch auch das Teleskop. Wenn das Sternenlicht dann auf unser Auge, oder ein Messgerät trifft, sieht es so aus, als sei das Licht eben nicht senkrecht aufgetroffen, sondern ein winziges bisschen aus der Senkrechten abgelenkt. Wie stark diese scheinbare Positionsänderung ist, hängt davon ab, in welche Richtung sich die Erde gerade bewegt; auf den Stern zu, von ihm weg oder irgendwas dazwischen. Das ändert sich im Laufe eines Jahres und so beschreibt der Stern ebenfalls im Laufe eines Jahres einen scheinbaren Kreis am Himmel.
Die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit war zwar so noch nicht bekannt, aber immerhin konnte bewiesen werden, dass die Erde sich tatsächlich durch das All bewegt. Und ja, man hätte die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit aufgrund dieses Versuches durchaus postulieren können.

Planeten

Echte extrasolare Planeten hat der Drache natürlich auch. Zum Beispiel die beiden, die den Stern Kepler-10 umkreisen. Das ist ein sonnenähnlicher Stern in 600 Lichtjahren Entfernung mit mindestens zwei bekannten Planeten. Der eine ist eineinhalb mal so groß wie die Erde und der andere mehr als doppelt so groß. Beide haben aber sehr viel mehr Masse: Der eine die 3fache und der andere die 7fache Masse unseres Planeten. Es gibt noch 18 andere bekannte Sterne im Drachen, die Planeten haben – aber auch am anderen Ende der Größenskala ist dort einiges zu finden.

Ein Auge

1786 hat der Astronom William Herschel dort den Katzenaugennebel entdeckt oder NGC 6543, wie er offiziell heißt.
Es handelt sich um einen über 3000 Lichtjahre entfernten planetaren Nebel. Also das, was entsteht, wenn ein sehr großer und heißer Stern am Ende seines Lebens das Gas aus dem er besteht, Schicht für Schicht ins All hinaus bläst. Beim Katzenaugennebel hat das ein Stern, der ungefähr 10.000 mal heller und knapp 20 mal heißer als unsere Sonne ist, mit Sinn für Ästhetik getan. Der Katzenaugennebel ist einer der komplexesten Nebel die wir kennen und sieht, wenig überraschend, wie ein Katzenauge aus.
Ich schrieb über dieses Katzenauge in Das Galaktische Katzenauge.

Die Galaxie, die nicht sein dürfte

Man findet im Drachen die Draco-Zwerggalaxie. Die ist eine kleine Galaxie. Sie besteht aus circa drei Millionen Sternen, viel weniger als die gut 100 Milliarden in der Milchstraße.
Sie ist nur 280.000 Lichtjahre entfernt und deswegen vergleichsweise gut zu untersuchen. Beobachtungen zeigen, dass sich die Sterne dort viel zu schnell bewegen. Eigentlich sollte sich die Galaxie schon längst aufgelöst haben; die Gravitationskraft der paar Millionen Sterne reicht nicht aus, um sie zusammenzuhalten. Es muss dort also dunkle Materie geben, die die Galaxie mit ihrer Gravitationskraft zusammen hält und die wir nicht sehen können. Es muss sogar überdurchschnittlich viel dunkle Materie sein. Viel mehr als in den anderen Galaxien.
Wenn wir doch mal endlich herausfänden, was diese dunkle Materie ist, denn es besteht kein Zweifel daran, dass sie existiert.

Und noch eine Kaulquappe zum Schluss

Die Kaulquappen-Galaxie ist gut 420 Millionen Lichtjahre entfernt, im Sternbild Drache natürlich und sähe aus wie eine normale Spiralgalaxie, wenn sie nicht einen Schweif aus Sternen hinter sich herziehen würde, der fast 300.000 Lichtjahre lang ist. Die Spiralgalaxie als Kopf und den langen Schwanz aus Sternen geben ihr das Aussehen einer Kaulquappe.
In der Vergangenheit ist sie anderen Galaxien zu nahe gekommen und die zwischen ihnen wirkenden Gezeitenkräfte haben jede Menge Sterne aus den beteiligten Partnern herausgerissen, so dass diese seltsame Form entstanden ist.

Eine Lupe für Beobachter

Und wenn wir noch weiter hinaus schauen, finden wir im Drachen auch noch Abell 2218. So heißt ein Galaxienhaufen, dessen Licht mehr als 2 Milliarden Jahre bis zu uns braucht. Dort befinden sich ungefähr 10.000 Galaxien und diese gewaltige Masse krümmt den Raum enorm und lenkt so das Licht der Galaxien ab, das aus noch weiterer Entfernung zu uns kommt. Oder anders gesagt: Abell 2218 wirkt wie eine Linse, die das Licht von fernen Objekten verstärken kann, so das es für uns sichtbar wird, obwohl wir es eigentlich gar nicht mehr sehen sollten. 2004 hat man durch die Gravitationslinsenwirkung von Abell 2218 eine Galaxie entdeckt, deren Licht fast 13 Milliarden Jahre bis zu uns unterwegs war. Das bedeutet: Wir sehen etwas, das existiert hat, als das Universum gerade mal 750 Millionen Jahre alt war.
Das mit der Krümmung des Raumes und der Ablenkung des Lichts hat mit Einsteins Relativitätstheorie zu tun. Das erspare ich uns jetzt mal.

Ihr seht also, der Drache hat noch einiges mehr, als Glück, Geschichten und Mythologie zu bieten.