Ein Löchriges Tast-Rätsel

Meine lieben,

Heute wird es rätselhaft auf Blindnerd. Es geht um folgendes:

ein A4-Blatt liegt quer vor mir. Es ist tastbar bedruckt. Das erste, was ich ertaste sind zwei Ringe, die einen Durchmesser von etwa sieben Zentimeter besitzen und etwa in einem Abstand von fünf cm voneinander entfernt sind. Sie gehören also offenbar nicht zusammen und sind zwei voneinander völlig getrennte Objekte.

Normalerweise suche ich jetzt nach Beschriftungen in Punktschrift, damit ich vielleicht erfahre, worum es sich denn bei diesen merkwürdigen Ringen handelt. Das tue ich auch, aber halten wir noch etwas die Spannung.

Im nächsten Schritt vergleiche ich die beiden Ringe. Wie schon gesagt. Sie sind gleich groß, denke ich. Dasselbe trifft scheinbar auch auf ihre Löcher in der Mitte zu. Obwohl; vielleicht doch nicht ganz. Mir scheint, dass das Loch des rechten Ringes etwas oval ist. Ich fühle rechts eine leichte Spitze. Schwer, genau zu fühlen, da die taktile Struktur rund um die Löcher beider Ringe relativ schwach ist. Das liegt aber an dem Druckverfahren und den Farben des Bildes, die der Stärke der Pünktchen zugeordnet sind. Das zeigt mir, dass auch für sehende Betrachtende die Kontraste hier sehr schwach sein dürften. Immerhin, schwach ist besser als nichts. Bisher ertaste ich jeweils einen Ring mit einer Hand. Mehr und mehr bemerke ich aber, dass sich die beiden Ringe doch nicht ganz so ähneln, wie ich zuerst dachte. Also ändere ich meine Strategie, und gehe dazu über, die beiden Ringe einzeln und für sich mit beiden Händen nach und nach zu erkunden. Ich fange also mal mit den linken Ring an, und nehme ihn vor allem unter beide Zeigefinger. Vorsichtig und aufmerksam umfahre ich ihn mit beiden Fingern. Zwei Sachen fallen mir da auf. Zum einen ist der Ring weiter außen etwas schwächer gedruckt als weiter innen. Mir scheint auch, dass der Ring vielleicht doch nicht knallrund ist. Ich fühle unten und dann nochmal schräg rechts eine leichte Ausbuchtung. Ich sagte schon, dass sich die Farbe nach innen zu verändern scheint, denn dort ist er stärker gedruckt. Und nicht nur das. Der innere Teil des Ringes scheint eher einen Farbverlauf zu haben, denn unten links ist ein Teil noch etwas stärker gedruckt. Fühlt sich an, als läge eine Banane auf dem Ring. Schräg rechts unten finde ich noch ein Gebilde, das mich an einen Tropfen erinnert, dessen Spitze in Richtung des Loches in der Mitte zeigt. Insgesamt ist auch dieser innere stärker geprägte Teil des Ringes nicht ganz rund. Was ist das bloß für ein merkwürdiges Objekt. Mich zuckt es in den Fingern, und mich möchte nach oben fahren, wo eine Beschriftung steht. Abermals verkneife ich es mir, um für euch den Spannungsbogen aufrecht zu halten.

Wenden wir uns nun dem rechten Gebilde zu. Insgesamt ist dieses Bild, was es auch immer sein mag, dem linken zwar ringförmig ähnlich, aber es wirkt doch etwas unruhiger. Auch hier gibt es unten rechts eine kleine Ausbuchtung. Auch hier verändert sich nach innen hin scheinbar die Farbe, weil der Druck dort stärker wird. Auf diesem inneren Ring finde ich gleich drei Stellen, die besonders hell sein könnten. Die größte ist rechts oben und erinnert mich fast an einen Halbmond. Rechts unten ist wieder etwas tropfenförmiges, dessen Spitze nach links oben in Richtung Loch zeigt. Es könnten aber auch zwei hellere Stellen sein, die dicht übereinander liegen. Das fühle ich nicht ganz genau. Links oben finde ich dann noch etwas, das sich anfühlt, wie ein ausgefüllter Kreis mit etwa anderthalb Zentimetern Durchmesser. Auch scheint das Loch dieses Ringes deutlich verwaschener zu sein als auf dem linken Bild.

Ja, ich glaube, jetzt habe ich beide Bilder beschrieben. Ich könnte jetzt noch mein Farberkennungsgerät zu Rate ziehen, um zu versuchen, die Farbverläufe mir zu erschließen. Es ist aber manchmal nicht so einfach, die Farben auf geprägten Oberflächen zu erkennen. Die kommen im Gerät dann doch manchmal anders heraus als jemand sehendes sie sieht. Dass aber Farbe da ist, fühle ich genau, denn ich kann den Toner des Laser-Printers auf dem ganzen Blatt fühlen. Dann fühlt sich das Papier immer an, als wäre es leicht lackiert.

So, meine lieben. Bevor ich jetzt gleich zur Auflösung dieses löchrigen Rätsels komme, seit ihr gefragt. Wer mag, darf gerne mal die Lösung überspringen und mir entweder in den Kommentaren oder, wer Angst hat, sich mit einer Antwort öffentlich zu outen, über das Kontaktformular schreiben, was ich hier ertastet und beschrieben habe.

Danach kehrt zurück und lest die Auflösung.

Bevor ich aber nun zur Auflösung des Rätsels komme, muss ich erst noch meine kleine Flunkerei offenbaren. Natürlich weiß ich, worum es sich bei diesen beiden Objekten handelt. Schließlich habe ich ja meinen Kollegen darum gebeten, mir diese taktile Grafik anzufertigen. Zum Glück arbeite ich am ACCES@KIT, früher Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS). Nur dort habe ich einen so wunderbaren Zugang zu derlei Dingen. Dafür empfinde ich ein großes Stück Dankbarkeit.

Aber jetzt genug geschwätzt.

Der Grund meines Wunsches, dieses Bild zu bekommen ist etwas, das Mitte April durch die Medien geisterte. Da war die Rede davon dass der Teleskopverbund Event Horison nun auch ein „Foto“ des schwarzen Loches Sagittarius A* in der Mitte unserer Galaxis „geschossen“ hat. Und das war nicht das erste. Schon 2019 machte dieses riesige Teleskop von sich reden, indem die dortigen Wissenschaftler das erste Foto der Umgebung eines schwarzen Loches überhaupt anfertigten. Es war das super massereiche schwarze Loch in mitten der elliptischen Galaxi M87, die viele Millionen Lichtjahre von uns entfernt ist.

Diese beiden Fotos wollte ich einfach mal unter die Finger bekommen. Das Linke Bild zeigt also das erste Foto von M87 und das zweite das neue Foto von Sagittarius A*. Diese Bilder werfen so einige Fragen auf, denen wir uns in den nächsten Artikeln widmen werden.

Wieso fotografiert man zuerst ein Bild eines schwarzen Loches aus einer Galaxie, die so weit weg von uns ist, wo doch unseres viel näher wäre?

Mit welcher Art Kamera hat man die Bilder gemacht?

Was ist das Event Horison Telescope überhaupt?

Was sieht man genau auf dem Bild? Das schwarze Loch doch eher nicht, denn es ist ja unsichtbar.

Mit diesen und noch mehr quälenden Fragen lasse ich euch für diesmal bis zum nächsten Artikel zurück.

Ich kam, sah und siegte. – ein inklusives Astro-Event

meine lieben,
nach über zwei Jahren Pandemie bin ich seit dem 07.05.2022 wieder auf der Astro-Bühne zurück. Endlich mal wieder ein Event mit Anwesenheit, nicht online und vor allem draußen im freien.
Ich durfte den Inklusionstag auf der Landesschau in Neuenburg am 07.05. mitgestalten.
Von diesem Erfolg möchte ich euch hier kurz berichten und dieses tolle inklusive Erlebnis mit euch teilen.
Geplant war so ein Event schon vor der Pandemie, aber diese vereitelte es bis jetzt. Ich wurde angefragt, ob ich mir vorstellen könne, einen Astronomie-Tag zu gestalten. Nach zwei Jahren im Hamsterrad war ich dazu natürlich sofort bereit. Und so plante ich mit den Veranstaltern einen Messestand für Buchverkauf und für die Ausstellung meiner vielen Modellene. Mit meiner sehenden Kollegin brainstormte ich inhaltlich ein Poster und sie setzte es dann für mich am Rechner um. Mit den Technikern klärte ich die Bedingungen auf der Bühne ab, z. B. Soundsystem etc. Ich buchte in einem günstigen Hotell Zimmer für meine Assistenz und mich, und so konnten wir das Event zu einem sehr entspannten Wochenende ausbauen.
Und so nahm der Inklusionstag seinen Lauf.
Der Aufbau des Standes war sehr entspannt. Zunächst war noch nicht viel los. Es war zu befürchten, dass wir, wie leider bei derlei Veranstaltungen oft, bei all den anderen Angeboten der Gartenschau, übersehen würden.

Grundsätzlich wurden die Stände der Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen nicht gut besucht. Das galt beispielsweise für den Stand des Blindenvereins Südbaden, der direkt neben meinem war.

Bei mir haben die Leute zumindest am Anfang den Stand auch nicht überrannt, aber spätestens nach dem Kinderworkshop, den ich um 12 Uhr hielt, änderte sich alles. Der Workshop fand in einem kleinen Amphitheater statt, aber die Kinder saßen weniger auf den steinernen Stufen, sondern zogen die Sitzsäcke und die Wiese direkt vor meiner Bühne vor. So muss es im Amphitheater zugegangen sein, wo die kleine Momo aus gleichnamigen Roman von Michael Ende, lebte. Hat mich alles sehr stark daran erinnert. Ich bin zwar nicht Momo, aber an Gigi Fremdenführer kam ich mit meiner Show sicher locker ran.
Die Technik war rasch installiert. Ich arbeitete mit einem externen Player, über welchen ich Weltraumgeräusche abspielte und einem drahtlosen Headset, wie man es in Fernsehsendungen trägt. Durch einen vorhandenen Monitor-Lautsprecher konnte ich mich sehr gut hören. Die Techniker lobten, dass ich mich in derlei Dingen so gut auskenne und wünschten sich, dass alle ihre Technik so gut im Griff hätten, wie ich die meine.
Nun war alles startklar.

Wir fingen mit der Landung von Matthias Maurer an, redeten über unser Sonnensystem und die Raumstation. Ich bin immer wieder verblüfft darüber, wie viel Weltraumwissen die Kinder aus den Medien aufschnappen und in ihre Kinderwelt einbauen. Das war ein sehr quirliger Workshop. Da wurden Fragen geschrien, Antworten auf meine Rätsel und Fragen rein gerufen, und, und, und. Einfach eine wahre Freude.

Diese Kinder kamen natürlich alle mit ihren Eltern danach an meinen Stand, schauten alles an, nahmen alles in die Hand, stellten Fragen, und die Erwachsenen kauften sogar einige Bücher.

Mein Poster, natürlich mit neuem Namen und Logo, wurde sehr bewundert. Ich wurde sogar mehrfach gefragt, ob man es mitnehmen darf.
Vielleicht drucken wir das nächste mal einfach noch einige auf A4 zum verschenken.
Blinde meinen oft, dass bei derlei Präsentationen so etwas nicht so wichtig sei. Ich finde aber schon, dass Poster und andere visuelle Dinge sehr wichtig sind. Wir Blinden leben als Minderheit in der Welt der Sehenden. Und in der muss man den Augen etwas anbieten, wenn man wahrgenommen werden möchte.

Mein Stand ging nun von Mund zu Mund. Somit war dann mein Vortrag für Erwachsene um 15:00 Uhr richtig gut besucht.
Alle waren darüber verblüfft, wie inklusiv die Astronomie tatsächlich ist.
Ich schrieb viel darüber in meinen Jahresrückblicken. Es gibt, wen nur die Artikel zu Inklusion interessieren, die Möglichkeit bei den Kategorien diese auszuwählen.

Ich habe auch Menschen dadurch angelockt, dass ich zehn Minuten vor Beginn etwas Sphärenmusik abspielte, in welche ich immer wieder ankündigende Sätze sprach. Klang bissel so, wie ein Schausteller auf dem Rummelplatz, hat aber gewirkt.

Die Resonanz danach war großartig, das Interesse riesig und der Stand war dann bis zum Schluss sehr gut besucht.
Manche äußerten, dass sie mir gerne im bequemen Sitzsack noch weitere Stunden zuhören wollten.
Der aufkommende Abendwind meinte zwar immer wieder, meine Posterwand umwehen zu müssen, aber sie fiel stets dort hin, wo niemand war. Keine Gefahr also.

Mir taten die anderen Aussteller zwar etwas Leid, aber ich habe meine positive Resonanz wirklich verdient. Schon im Vorfeld plante und organisierte ich alles weitgehend für mich selbst.
Ich überlasse nichts mehr dem Zufall. Man kann nicht davon ausgehen, dass Veranstalter die Bedarfe blinder Referenten kennen. Für die Planung und Durchführung meiner Veranstaltungen besitze ich mittlerweile richtige Checklisten, die ich abarbeite. Ohne derlei kein Raketenstart.

Ich bin halt wirklich in derlei schon ein Vollprofi. Meine Assistenz hatte manchmal Mühe, mir und meiner Geschwindigkeit geistig zu folgen, aber er hat seine Sache ganz hervorragend gemacht.

Hach, wie hat das alles nach über zwei Jahren mal wieder gut getan. Ich bin wirklich auch stolz auf das Poster.
Ohne zu übertreiben kann ich zusammenfassend sagen: „Ich kam, sah und siegte.“
Der Blindnerd ist auf der Bühne zurück.

Fünf Heilige, eine alte Bauernregel und eine Kalenderreform

Meine lieben,
Jeder kennt sie. Jeder hat schon davon gehört und viele naturverbundene Menschen glauben auch daran.

Die Rede ist, erraten, von den Eisheiligen im Wonnemonat Mai.

Die Namen dieser heiligen Männer sind:

  1. 11. Mai: Mamertus
  2. 12. Mai: Pankratius
  3. 13. Mai: Servatius
  4. 14. Mai: Bonifatius
  5. 15. Mai: die „kalte Sophie“

Die Benennung der Eisheiligen folgt den Namenstagen von Heiligen und Märtyrern aus dem 4. und 5. Jahrhundert. Dabei gibt es regionale Unterschiede in der Anzahl der Eisheiligen, mal sind es drei oder vier, manchmal auch fünf Tage, die abzuwarten sind, bevor man beispielsweise Pflanzen vor Frost sicher ins Freie stellen kann.

Die Tage der Eisheiligen sind in Mitteleuropa so genannte „Witterungs-Regelfälle“, auch „meteorologische Singularitäten“ genannt,
Das Wort „Singularität“ halte ich in Sachen Wetter für ein sehr starkes Wort. Wir kennen das Wort hier auf dem Blog eher im Zusammenhang mit schwarzen löchern. Aber sei es darum. Auch beim Wetter gibt es viele Dinge, die sich entweder nur statistisch oder gar nicht vorher sagen lassen. Irgendwie muss daher diese Singularität etwas oder ein Zustand sein, an welchem vielleicht das Verhalten des Wetters den Meteorologen durch die Finger schlüpft und mathematisch und physikalisch möglicherweise nicht erklärt werden kann. Wer das mit dieser Singularität besser weiß, immer her damit in die Kommentare.
Die Hundstage im Juli und August scheinen ein weiteres Beispiel für so etwas zu sein.
Diesem Witterungs-Regelfall der Eisheiligen zufolge wird laut Volksglauben das milde Frühlingswetter erst mit Ablauf der „kalten Sophie“ stabil.

Eine alte Bauernregel besagt:

Vor Nachtfrost du nicht sicher bist, bis Sophie vorüber ist!

Mit den Daten und Tagen der Eisheiligen und auch der Hundstage gibt es allerdings ein Problem.

Das Problem heißt Kalenderreform.

Sehr viele alte Bauernregeln beziehen sich überhaupt nicht auf unseren aktuell benutzten Kalender, dem Gregorianischen.

Vielmehr orientierten sie sich am damals benutzten Julianischen Kalender.

Ich schrieb darüber u. A. in den Artikeln zur Berechnung von Ostern und Fastenzeiten.

Dies nur am Rande. Die Umstellung vom Julianischen auf den Gregorianischen Kalender führte im Zusammenhang mit Isaac Newton dazu, dass es für ihn zwei Geburtsdaten und auch zwei Todestage gibt.
Diesem Herrn werden wir uns aber mal bei anderer Gelegenheit nähern.

Nun zurück zur Kalenderreform.

Im Jahr 1582 folgte auf Donnerstag, den 4. Oktober, der Freitag, 15. Oktober. Die 10 Tage dazwischen hat es also nie gegeben!

Demnach sollten die Eisheiligen genau genommen und auf den neuen Kalender übertragen, zehn Tage später stattfinden, als sie es tun. Das kann schon meteorologisch etwas bewirken, denn der Jahreslauf der Erde um die Sonne herum lässt sich von unseren Problemen mit unseren Kalendern nicht beeindrucken.

Somit dürften sie erst auf die Tage des 23. Mai bis 27. Mai fallen, und die Hundstage auf Anfang Herbst.
Der Glaube an die wetterprognostische Kraft der Eisheiligen lässt sich aus heutiger meteorologischer Sicht auch mit der Einberechnung der Verschiebung aber nicht signifikant bestätigen.

Fazit: Das mit den Eisheiligen ist leider eher nur Nostalgie und Freude am Volksglauben.

Der Kosmische Reigen

Meine lieben,
in einem Astro-Newsletter wurde am Sonntag jemand gesucht, der die Frage beantwortet, wieso sich irgendwie alles im Universum umeinander dreht. Vorgabe der Redaktion war, dass die Antwort ganz ohne Mathematik und einfach gestaltet sein soll, so dass sie auch von Menschen verstanden wird, die nicht in der Materie so drin stecken. Anscheinend gibt es die in diesem Newsletter. Ich habe mich mal an die Beantwortung dieser Frage gewagt.
Die Beantwortung der Frage war durchaus unter dieser Bedingung, dass sie für „alle“ verständlich sein soll, nicht einfach. Hätte es mir leichter vorgestellt.

Die Frage war folgende:

Bei der Lektüre des Newsletters wird immer wieder klar, wie schnell sich die Erde um sich selbst dreht, diese wiederum um die Sonne und die Sonne mit uns und den anderen Planeten in und mit der Milchstrasse. Da wird einem schwindlig. Es stellt sich die Frage – warum dreht sich das alles? Warum dieses kosmische Karusell?“

Dann will ich mal versuchen diese Frage zu beantworten.

Ja, da würde uns tatsächlich schwindelig werden, wenn wir etwas von den ganzen Bewegungen spüren würden.
Schwindel und Seekrankheit entstehen immer dann, wenn wir unseren ruhenden Bezugspunkt verlieren, z. B. auf Wellen, im Flugzeug, in Fahrgeschäften auf dem Rummelplatz und ja, auch im All werden Astronauten zuweilen von der Raumkrankheit geplagt.
Aber lassen wir diese Unpässlichkeiten und wenden uns dem kosmischen Tanz zu, an welchem alle Teile unseres Universums beteiligt sind.

Wir Staunen

Vor dem Wissen kommt immer zuerst das Staunen.
Zum Glück bewegen wir uns mit der Erde in ihrer Drehrichtung mit, so dass sie uns in Ruhe scheint. Von der Erdbewegung um die Sonne spüren wir ebenfalls nichts, weil wir das gemeinsam mit der Erde tun, die wir als ruhend empfinden. Und so verhält es sich mit der Bewegung der Sonne um das Zentrum der galaxis, in dessen Mitte sich das geheimnisvolle schwarze Loch Sagittarius A Stern mit mehreren Millionen Sonnenmassen befindet,
Diese bewegt sich mit Milliarden anderer Galaxien auf ein Zentrum zu, bzw. um eines herum, dass man den großen Attraktor nennt.
Ob das Universum als ganzes eine Drehbewegung vollführt, wissen wir nicht, weil wir kein zweites besitzen, an welchem wir das relativ zu uns messen könnten.

Kein Ort der Ruhe

Ich behaupte, dass es Ruhe in unserem Sinne im Universum nicht gibt. Alles bewegt sich irgendwie relativ zueinander. Alleine schon durch die Wucht des Urknalls, die Ausdehnung des Universums, wenn dessen Bestandteile zusammenstoßen, oder auseinander streben, wenn sich Körper anziehen oder durch andere Körper beeinflusst aus ihren Bahnen geworfen werden, entstehen zufällige Bewegungen in alle Richtungen. Da ist es sehr wahrscheinlich, dass Objekte in eine Drehbewegung versetzt werden.
Auf atomarer Ebene ist das ebenso. Alles ist in Schwingung und Bewegung. Das ist der kosmische Tanz.

Was ist eine Drehbewegung überhaupt

Um unsere Frage zu beantworten, müssen wir uns auch darüber klar werden, was eine Drehbewegung überhaupt ist.

Die Einfachste

Die einfachste Bewegung, die wir uns vorstellen können, ist die geradlinige gleichförmige Bewegung, z. B. ein Auto, das mit einer bestimmten Geschwindigkeit auf einer geraden Straße entlang fährt. Dass es überhaupt keine gerade Straße gibt, weil die Erde selbst gekrümmt ist, soll uns bei unseren kleinskaligen Strecken nicht bekümmern.

Der freie Fall

Eine weitere Bewegung, die wir aus dem Alltag kennen, ist der Fall. Alles fällt zu Boden, weil unsere Erde es anzieht. Ein Objekt fällt um so schneller, desto mehr Zeit es zum Fallen hat, Will sagen, aus welcher Höhe man es losgelassen hat. Das nur am Rande. Im Vakuum fallen alle Objekte gleich schnell.

Alltagsphysik

Aus diesen beiden Bewegungsarten (gleichförmige Bewegung und der freie Fall) ergibt sich dann unter Umständen eine weitere Alltagserfahrung.
Wenn wir einen Gartenschlauch schräg nach oben halten, aus welchem ein Wasserstrahl spritzt, so sehen und erleben wir, dass das Wasser zunächst nach oben steigt, um dann in einem weiten Bogen wieder zur Erde zu fallen. Das kommt doch einer Drehbewegung immerhin schon sehr nahe. In Wirklichkeit beschreibt der Strahl einen Teil einer Parabel, weil die Erde in der Zeit, die das Wasser zum Fallen benötigt, das Wasser durch ihre Anziehungskraft beschleunigt. Es fällt immer schneller.
Das soll uns aber hier auch nicht stören, denn wir wollen es ja für alle, also ohne Mathematik erklären. Wichtig ist für uns bei diesem Schlauch-Experiment, dass wir erkennen, dass sich Kräfte und Bewegungen überlagern können, ohne sich nicht weiter zu stören. Die Kraft des Wasserdrucks, die den Wassertropfen eine Geschwindigkeit in eine Richtung verleihen, überlagert sich sobald das Wasser den Schlauch verlassen hat, mit der Erdanziehung. Zusätzlich erfährt das Wasser also, wie es sich gleichzeitig in die Richtung, z. B. schräg nach oben, und durch die Erdanziehung beschleunigt auf die Erde zu bewegt. Der Druck nach schräg oben und der Zug in Richtung Boden zwingen das Wasser zu dem „Kompromiss“ beider Kräfte, in erwähnte bogenförmige Bahn. Es ist klar, dass die Erde in jeden Fall diesen Kampf gewinnen wird.

Vom Garten ins All

Möchte man z. B. zum Mond fliegen, so müssen wir der Erdanziehung quasi entkommen. Ansonsten würde es den Astronauten so ergehen, wie dem Wasser in obigen Beispiel. Sie würden mit Sack und Pack in einer parabolischen Bahn wieder zurück zur Erde fallen.

Was passiert aber nun, wenn die Kraft des Triebwerkes dem Raumschiff eine Geschwindigkeit und Richtung verleiht, die bei einer gewissen Entfernung von der Erde genau der Erdanziehungskraft entspricht? Genau. dort fällt das Objekt dann nicht mehr zur Erde zurück, sondern fällt für alle Zeiten quasi um die Erde herum. Die Richtungen der Bewegungskraft des Objektes und die der Erdanziehung stehen nun rechtwinklig zueinander und zwingen das Objekt auf eine Kreisbahn um die Erde. Bei der Masse unserer Erde liegt diese Bahn allerdings noch innerhalb unserer Atmosphäre, von welcher dieses Objekt abgebremst wird, weshalb es dann schließlich doch wieder zur Erde zurück fallen würde.
Es gibt da noch eine zweite Fluchtgeschwindigkeit, die unser Raumschiff auf eine sog. elliptische Keplerbahn bringt, und eine dritte, die es uns schließlich erlaubt, das Schwerefeld der Erde zu verlassen, um die Reise zu Mond oder Mars antreten zu können.

Die Raumstation kann sich nur da oben halten, weil sie mit einer Geschwindigkeit rechtwinklig zur Erdanziehung fliegt. Wäre sie langsamer, würde sie abstürzen. Wäre sie schneller, dann könnte sie ihre Bahn nur dadurch verteidigen, indem sie schneller fliegt. Das müsste sie auch, wäre sie in einer niedrigeren Umlaufbahn.

Eine langsamere Gangart könnte sie nur auf einer höheren Umlaufbahn einschlagen. So bewegen sich auch die inneren Planeten stets schneller um die Sonne als die äußeren. Merkur in 88, die Erde in 365 tagen und Saturn in 30 Jahren.

In Wahrheit bewegen sich Planeten auf elliptischen Bahnen um ihre Sonnen. Wie stark die Bahnen elliptisch sind, hängt davon ab, wie die Startbedingungen des Systems waren, bzw. ob ein vorbeiziehendes massereiches Objekt die Umlaufbahn verzerrt hat. Der Kreis ist quasi ein Sonderfall einer Ellipse. Bei ihm liegen eben beide Brennpunkte auf einem Punkt, dem Mittelpunkt. Das aber nur der Vollständigkeit wegen.

Eine Drehbewegung ist also stets eine Bewegung, die aus zwei Komponenten besteht. Die eine ist die Richtung, in welche der Körper fliegen würde, wenn da nicht die zweite Kraft, in unserem Fall durch Massenanziehung verursacht, wäre.

Wir haben ja schon gesagt, dass sich im Universum alleine durch seine turbulente Entstehung, aber auch durch Temperatur, andere Strahlung, aber vor allem durch die Gravitation (Massenanziehung), alles durcheinander bewegt. Die Gravitation und die „dunkle Materie“ sorgen dafür, dass sich zwar Sterne um das Zentrum ihrer Galaxien drehen dürfen, aber nicht in irgend eine Richtung einfach auf und davon fliegen.

Und hier schließt sich der Kreis zu unserem Kapitel über das Staunen. Alles im Universum besitzt einen Drehimpuls und beteiligt sich somit am kosmischen Tanz.

Erstaunlich ist, dass es nach statistischen Beobachtungen so scheint, dass die bevorzugte Drehrichtung von Planeten, Sonnen und Galaxien links herum führt. Das lässt uns mit der Frage zurück, ob vielleicht schon der Urknall einen Drehimpuls, wovon auch immer, abbekommen hat.

Die beiden Männer, welche die Bewegungen von Planeten um die Sonne mathematisch beschrieben, waren Johannes Kepler und Isaac Newton. Die sparen wir uns aber für einen weiteren Artikel auf.