Großes Finale – Jahresrückblick 2020


Liebe Leser*innen,
Ungewöhnliche Zeiten erzeugen ungewöhnliche Workflows. Noch nie habe ich einen Artikel geschrieben, veröffentlicht, verändert, und aktualisiert, um ihn dann wieder vom Netz zu nehmen, um euch eine komplett neue und überarbeitete Version anzubieten. Genau das ist mit meinem Jahresrückblick 2020 geschehen. Wer also schon den alten Artikel von vor drei Tagen gelesen hat, wird hier, in der neuen Version noch viele schöne weitere Dinge finden.
Also, was lernen wir daraus? Ein Schritt zurück kann manchmal viel bringen.
Genug der vorrede. Auf zum Artikel.

lange habe ich mir überlegt, wie sich mein Jahresrückblick in diesem schwierigen Jahr gestalten soll. Ich musste Ersatz dafür finden, wo ich sonst reichlich von meinen Veranstaltungen berichten konnte. Somit wird dieser Jahresrückblick ein etwas anderer werden, wie so vieles in diesem Jahr anders ist. Keine Sorge, es wird ein positiver Rückblick sein, denn im Rückblick konnte ich genügend Inhalte finden, dass es hoffentlich für einen schönen Jahresabschluss reicht.

Also los:
Das Jahr 2020 fing eigentlich ganz positiv an.
Im Grunde wäre ich bis Ende November 2020 mit ungefähr 20 Workshops und Vorträgen an unterschiedlichsten Orten reichlich ausgebucht gewesen. Geplant war, das 2020 das Jahr der Schulen werden würde. Ganz viele Veranstaltungen sollten in verschiedenen Schulen stattfinden. Nun ja, es kam eben anders, aber einige Lichtblicke gab es doch. Daran muss man sich in schweren Zeiten erfreuen, und mit etwas Übung gelingt das auch, zumindest durfte ich diese Erfahrung machen.

Verpacke mich doch als Geburtstagsgeschenk

Ende 2019 erhielt ich eine besondere Anfrage aus Baden-Baden. Eine ganz liebe Frau wollte ihrem Mann zu seinem 50sten Geburtstag eine besondere Freude bereiten. Sie bat mich, dass ich ihrem Mann einen Abend lang für seine astronomischen Fragen zur Verfügung stünde. Sie meinte, dass er sich so sehr dafür interessiere, und in seinem Umfeld niemanden hätte, mit dem er sich in diesen Dingen austauschen könne. Zunächst konnte ich mir nicht richtig vorstellen, wie das ablaufen soll, aber das war für mich ein Grund, dieses Ereignis zu wagen. Also sagte ich zu. Wir trafen uns somit in relativ kleinem Rahmen in einem Nebenraum im Kurhaus Baden-Baden Wer dort schon mal war weiß, dass das Buffet und der Wein dort legendär sind. Und so fragte mich das Geburtstagskind Kreuz und quer astronomische schwarze Löcher in den Bauch. Das war eine große Herausforderung, denn der Mann wollte sehr schwierige Dinge wissen, die für sich genommen alleine schon ein abendfüllendes Programm gewesen wären. Außerdem musste ich immer wieder mit scheinbaren Zusammenhängen aufräumen, die er sich so gemacht hatte. Das reichte teilweise von Fehlinformation bis hin zu Schwurbel.
Wie auch immer. Ich durfte einen Menschen sehr glücklich machen. Und so konnte ich viele Fragen zwischen den verschiedenen Gängen zum Buffet und reichlich Wein beantworten. Ich sage es ja immer.

Das beste Teleskop des blinden Astronomen ist das Weinglas.

Ein Astronom und ein Mediziner

Ende Januar hatte ich einen Auftritt ganz besonderer Art. Ich durfte gemeinsam mit einem Schlaf-Forscher einen Informationsabend über die zyklische Schlaf-Wach-Störung Non-24, die manche zu 100 % von Geburt an erblindeten Menschen haben, gestalten. Mondphasen gleich verschiebt sich das Wach-Fenster in wenigen Wochen durch den 24 Stunden tag, was das Leben sehr einschränken kann. Und hier konnte ich z. B. mit den Mond-Phasen und anderen zeitlichen Phänomenen anhand der Astronomie die Krankheit gut veranschaulichen. Teil eines medizinischen Vortrages zu sein war wirklich etwas ganz speziell eigenes. Es hat aber sehr gut funktioniert. Der Mediziner und ich ergänzten uns perfekt.
Ich schrieb darüber ausführlich in Wenn alles aus dem Takt gerät.

Was bei Kindern immer geht

Ende Februar war ich zu einem Kindergeburtstag geladen. Das Geburtstagskind ist sehr weltraumbegeistert. Seine Mutter backte eine Donauwelle die so gestaltet war, wie eine Spiralgalaxie. Workshops bei Kindern begeistern mich immer sehr. Es gibt nichts schöneres als Kinderfragen. Außerdem hatten die Kinder im Vorfeld Raketen und Raumschiffe gebastelt. Daraus machten wir dann einen kleinen Wettbewerb. Die Legorakete und mein Leuchtmond wollten sie gar nicht mehr her geben, aber ich konnte sie dann doch überzeugen, dass ich die Sachen ja auch noch anderen Kindern zeigen wolle. Die Kinderfragen waren so zahlreich und so verschieden, dass ich sie hier gar nicht aufzählen kann. Ich bin immer wieder darüber verblüfft, wie viel astronomisches Wissen die Kinder in ihre Kinderwelt einbauen.
Astronomie ist ein fairer und inklusiver Zugang zu Kindern aller Schichten und sonstiger Unterschiede. Alle, die vielleicht mal erwägen, derlei mit Kindern zu versuchen, sei mein Artikel Astronomie für benachteiligte Kinder wärmstens ans Herz gelegt. Astronomie lässt sich auch hervorragend mit Kindern wunderbar mit Sport verbinden. In meinem Artikel Astrosport beschrieb ich, wie Sportstudenten so etwas inklusiv realisierten.
Anmerken möchte ich an dieser Stelle noch, dass es, wenn das vielleicht auch manche vermissen werden, in meinen Vorträgen trotz Einverständnis der Eltern, niemals Kinderfotos geben wird. Das ist mit den heutigen Möglichkeiten einfach zu gefährlich, was damit alles werden kann. Das Internet vergisst nichts und Kinder sind dagegen wehrlos, wenn man sie im Netz präsentiert. Dafür bitte ich um Verständnis.

Ich bin dann mal wech

Dieser Vortrag war dann erst mal der letzte vor Lockdown1.
Der zwang mich natürlich auch zunächst mal in eine gewisse, nennen wir es mal positiv „Kreativ-Pause“. Ich musste die ganzen Konferenz-Tools bedienen lernen. Dann konnte ich mir erst darüber Gedanken machen, ob mein Angebot zumindest in Gewissem Umfang nicht auch online möglich wäre.
Dass mir der Lockdown durchaus nicht nur so leicht von der Hand ging, beschrieb ich ausführlich in meinem Corona-Report.

Gehversuche Rampensau Online

Gesagt, getan. Gemeinsam mit einem befreundeten Astronomen und Familienvater, im Hauptberuf Lehrer, planten wir zu Ostern zwei Kindervorträge. Wir sprachen vor allem darüber, wie Ostern astronomisch funktioniert, über Frühlingsbeginn und vieles mehr. Der Vater unterstützte mich tatkräftig. Er zeigte auf seinem geteilten Bildschirm Fotos, spielte Videos ein und somit hatten wir fast ein kleines Planetarium am Start. Natürlich hielt auch ich Dinge in die Kamera. Leider waren die meisten Modelle im Büro, so dass ich mich mit dem wenigen begnügen musste, was eben gerade verfügbar war. Die Kinder hatten großen Spaß daran, mich mit Richtungsangaben so zu dirigieren, dass das Modell gut für alle zu sehen war. Ich setzte die Anweisungen manchmal absichtlich etwas falsch um. Dann schrien sie durcheinander und es wurde ein lustiges Spiel daraus. Auf jeden Fall war das ganze dann so richtig inklusiv und hat sich wirklich für alle gelohnt.
Aus diesem Vorträgen hier mal als Beispiel eine Kinderfrage:

Gibt es auch das Gegenteil zum Supermond?

Zum Schluss gab es dann auch noch eine virtuelle Ostereier-Sternensuche, die mein Freund vorbereitet hatte.
Um ein Osterei der besonderen Art drehte sich dann schließlich auch mein Oster-Artikel 2020, Das Kosmische Ei.

Geht doch!!!

Sehr bald schon stellte sich heraus, dass der Lockdown meiner Kreativität für den Blog sehr gut tun würde. Ich konnte zu vielen Themen schreiben. Ganz besonders stolz war ich, als ich mit euch den einhundertsten Artikel feiern durfte. Scheinbar hat sich das auch auf große Zeitungen übertragen. Völlig überrascht war ich, als ich plötzlich von einem Freund erfuhr, dass ich einen Artikel in den Badischen Neuesten Nachrichten hatte. Und das in diesen Zeiten, wo an Vorträge etc. nicht zu denken ist. Ich war und bin also trotz aller sozialen Isolation doch noch nicht ganz vergessen. Das hat mir in dem Moment außerordentlich gut getan.

Der große bringer Neowise

Und nun nahte der Sommer. Alles stand im Zeichen des Kometen Neowise. Das war für mich natürlich ein extremer Ansporn, auch mal über Kometen zu schreiben. Artikel um Artikel mit wichtigen Themen rund um Kometen erschienen und es ist längst noch nicht alles über sie erzählt.
Hier meine Kometen-Geschichten in chronologischer Reihenfolge:

  1. Der Jupiter-Crash
  2. Mein erster Kontakt
  3. Kometensuche Inklusiv
  4. Abschied von Neowise
  5. Kometenangst und Kometenbahnen
  6. Kometenschweife und Sternschnuppen

Im Zeichen des Kometen lockerte sich dann langsam wieder alles, und mein wunderbarer Urlaub in Schwarzach, Österreich- Vorarlberg im Haus im Grüne durfte angetreten werden.
Besonders nach dem schweren Lockdown1 war dieser Urlaub um sowichtiger für mich.
Wie wichtig mir dieses Refugium, meinen Urlaub mit blinden Menschen zu teilen ist, beschrieb ich ausführlich in Urlaub von der Blindheit nehmen.
Da ich diesen auf vier Wochen ausdehnte, hielt ich natürlich auch einige Vorträge für die Gäste. Es ging um eine akustische Reise durch unsere Galaxis (Das Ohr am Teleskop)
um Sternschnuppen im Juli (Stichwort Sternschnuppen Hören und Sehen), um die Hundstage im August, über die ich auch
schon ausführlich in (Die Hundstage)
und selbstverständlich auch um den Kometen Neowise. Beim letzten Vortrag brachten die Angestellten des Hauses sogar Kinder mit. Aus Transportgründen gab es diesmal zwar keine Modelle zu bestaunen, weil der mobile Service der Bahn wegen Corona nichts ins Ausland transportieren wollte. Aber dafür fanden sich im Haus noch einige Flaschen mit Resten von Helium, so dass die Kinder wie die Micky Maus sprechen und Ballons fliegen lassen durften. Das war eine großartige Erholungspause für mich. Endlich mal wieder astronomische Rampensau und Liedermacher am Lagerfeuer sein dürfen…

Große Aufregung – Mein erstes Webinar

Im Oktober bahnte sich dann ein hoch offizielles Ereignis an. Ich sollte für ein Seminar zur Fortbildung für Personen, die in der Jugendfortbildung tätig sind, ein Webinar zum Thema Astronomie im inklusiven Unterricht halten. Das war ein spannendes Ereignis, denn für dieses Webinar durfte ich zum ersten mal mein neues Mischpult und meine Studio-Headsets und Mikrofone in Betrieb nehmen. Den Kram hatte ich mir im Lockdown gekauft, weil ich mir einfach mit so etwas schönem was gutes tun wollte. Außerdem verfolge ich noch immer den Traum, diesen Blog hier noch um einen Podcast zu erweitern. Dafür braucht man bissel krasse Technik. Dieses Webinar orientierte sich in erster Linie an meinem Buch. Die Technik funktionierte perfekt. Ich fand heraus, dass Rampensau auch ganz gut online funktionieren kann. Die Veranstaltung wurde sehr gut besucht, sehr gut angenommen und es wurden am Ende sehr viele spannende Fragen gestellt. Ich bin sicher, dass sich hieraus noch weitere Veranstaltungen ergeben werden, wenn wir mal wieder dürfen. Dieses Event hat meinem Netzwerk sehr geholfen. Ich bin schon sehr auf das Video gespannt, wenn das veröffentlicht wird.

Geisterstunde

Vollmond an Halloween, der gleichzeitig noch ein „Supermond“ ist, haben wir auch nicht so oft. Von da her nutzte ich die Gelegenheit, mit oben genanntem Astro-Vater eine kleine Halloween-Party online zu versuchen. Das war sehr lustig. Wir sprachen über das Vollmond-Ereignis an sich, aber auch über Werwölfe etc. Ich führte dann mit den Kindern noch ein kleines Geräusche-Rätsel mit Grusel- und Tiergeräuschen durch.
Letztlich ist dann für uns erwachsene dieser Artikelauf dem Blog entstanden.

Weihnacht online

Normalerweise habe ich von Oktober bis Anfang Dezember die meisten Vorträge und Freizeiten. All dieses musste natürlich auf eine andere Zeit verschoben werden. Ein Highlight gab es aber dennoch Anfang Dezember. Wir entschlossen uns im Vorstand des Evang. Blinden- und Sehbehindertendienstes unsere traditionelle Weihnachtsfeier in diesem Jahr online anzubieten. Das war eine große Herausforderung, denn zum einen sind vor allem unsere älteren Mitglieder*innen technisch nicht so versiert, und zum anderen funktionieren Dinge, wie gemeinsam zu singen, online einfach nicht. Ganz erstaunlich war, dass sich dann doch mit einigen Anfangsproblemen um zehn Personen zu dieser Feier versammelten. Es gab viele zahlreiche Beiträge. Wenn wir gemeinsam singen sollten, dann wurden alle außer ich stumm geschaltet. Ich gab mit der Gitarre, meiner Stimme und auch mit Mundharmonika die Lieder vor, und so konnte jeder für sich im Bewusstsein, dass auch die anderen das tun, mit singen. Erstaunlicher Weise entwickelte sich die Feier auch online ganz wunderbar. Jeder hatte sich seine Weihnachtsumgebung aufgebaut und wir waren uns vielleicht sogar näher, als bei so mancher Feier, die gemeinsam in einem Raum stattgefunden hatte. Natürlich berichtete ich auf dieser Feier über die große Konjunktion und erörterte die Frage, „Was war der Stern von Betlehem„. Somit leuchtete dann auch der Weihnachtsstern über dieser Feier. Sie war ein großer Erfolg und alle loggten sich anschließend voller Weihnachtsstimmung und zufrieden wieder aus.

Fazit

Ansonsten war ja das Jahr 2020 trotz allem ein aufregendes Jahr. Da wurde Staub eines Asteroiden auf die Erde gebracht. Auch die Rückkehr zum Mond glückte, indem eine Sonde um zwei Kilo Mondgestein nach hause brachte und vieles andere mehr.
Pünktlich zu Weihnachten explodierte dann auch noch ein recht ordentlicher Brocken über der chinesischen Mongolei und bildete einen leuchtenden Feuerball.
Das findet ihr alles leicht im Netz, denn die Profis haben hier sehr ausführlich über all diese Dinge geschrieben. Bevor ich etwas nicht ganz richtig schreibe, verweise ich an dieser Stelle lieber auf jene, die das beruflich machen…

Als Fazit kann ich trotz aller Abstriche und Einschränkungen für mich sagen, dass das Jahr 2020 auch seine schönen Seiten hatte. Man muss sich immer ein Fensterchen für Sonnenstrahlen auf halten, um nicht in allem anderen zu ersticken.
Jetzt wünsche ich uns allen, dass das Jahr 2021 wieder etwas mehr Normalität in unser Leben bringen möge. Immerhin werden die Tage wieder Länger, die Welt wird wieder heller und auch bald wärmer.
Bis da hin mag sich vielleicht die eine oder der andere an meinen Artikeln über unseren Lebensstern wärmen.
Zum Sonnenstrahl bitte hier lang.

Weihnachtsereignis am Himmel 2020 – Was war der Stern von Betlehem


Liebe Leser*innen,
Weihnachtszeit ist Sternenzeit. Was liegt näher, als sich dann ein weihnachtlich-astronomisches Thema zu suchen. Wir hatten derer schon viele, z. B fragten wir uns schon, ob ein Stern als Navi taugt, wie man auf der ISS das Weihnachtsfest begeht, und welche Probleme hierfür zu lösen sind, was Kerzen mit Astronomie zu tun haben oder wo das zu weihnachten gerne verschenkte Gold hier auf der Erde her kommt.
Aus aktuellem Anlass befassen wir uns heute, Dezember 2020 u. A. mit einem Phänomen am Himmel, welches glatt ein Kandidat für den Stern von Betlehem abgeben könnte. Gehen wir also auf Spurensuche, welchen astronomischen Ereignissen am Himmel der Stern von Betlehem noch zugeordnet werden könnte.

Die Huldigung der Sterndeuter: Matthäus 2, 1–12

  1. Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem
  2. und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.
  3. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem.
  4. Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle.
  5. Sie antworteten ihm: In Betlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten:
  6. Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel.
    Micha 5, 1.3; 2. Samuel 5, 2
  7. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war.
  8. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige.
  9. Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.
  10. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.
  11. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.
  12. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

Mit diesem Bibelzitat sind wir auch schon voll im Thema.
Morgen Abend erwartet uns ein Schauspiel am Himmel, dass als Stern von Betlehem durchgehen kann. Grund genug, sich mal damit zu befassen, welche Überlegungen und Ideen durch die Jahrhunderte hindurch entstanden sind, was denn dieser Stern nun sein könnte.
Dieser Suche wollen wir in diesem Artikel mal nachspüren,
Wichtig an der Geschichte ist ja nicht nur der Stern und was er war, sondern auch die besondere Eigenschaft, dass er vor „ihnen“ her zog und über dem Stall stehen blieb. Sie benutzten ihn quasi als Navi und liefen einfach hinter ihm her. Ob ein Stern als Navi taugt, beschrieb ich im Artikel „taugt ein Stern als Navi“, den ich passend zum Thema wärmstens empfehlen darf.
also los.

Antiker Hintergrund:

Astrologen und Astronomen, was früher dasselbe war, versuchten seit Jesu Geburt heraus zu finden, welches Ereignis am Himmel der Geburt Jesu zugeordnet werden könnte. Vor allem bei Horoskopen war es wichtig, mittels Himmelsereignissen, z. B. dem Erscheinen von Kometen, Finsternissen oder besonderer Planeten-Konstellationen, treffende Voraussagen machen zu können. Somit ist es folgerichtig, nach der Ursache des Sterns von Betlehem zu suchen.

Im Grunde genommen lehnte das Judentum, aus welchem dann die christliche Religion entstand, Sterne als Götter o. Ä. ab, aber es gab auch unter den Autoren der Bibel welche, die die Sterne mit gewissen Ereignissen auf Erden in Verbindung brachten. So fallen im Buch der Offenbarung des Johannes, Kap. 6 Sterne vom Himmel als Ankündigung des nahenden Weltgerichtes und bei den Propheten finden sich Zeichen des Unheils am Himmel, die z. B. durch Finsternisse angekündigt wurden.

Idee 1 – War es ein Komet?

Kometen waren stets Bringer, meist von Unheil im weitesten Sinne. Sie erschienen unangekündigt und verschwanden wieder. Man wusste nicht, was sie waren und auf welchen Bahnen sie sich bewegten. Darüber schrieb ich in Kometengeschichten 4.
So begann die christliche Theologie, stark vom Hellenismus und griechischer Metaphysik geprägt, nach dem Stern von Betlehem zu fanden. Origenes, Theologe aus der hellenistischen Schule von Alexandria vertrat dokumentiert als einer der ersten die Meinung, der Stern von Betlehem sei ein Komet gewesen, weil sich große Veränderungen und Ereignisse in der Welt häufig durch Kometen ankündigten.

Seit Beginn des 14. Jahrhunderts stellen Künstler den Stern von Betlehem als Kometen dar: so als einer der ersten Giotto di Bondone aus Florenz, nachdem er 1301 den Halleyschen Kometen beobachtet hatte, von dem schon antike Quellen recht oft berichten. Beeindruckt davon malte er zwei Jahre später diesen auf dem Fresko Anbetung der Könige „in der Scrovegni-Kapelle in Padua als Stern von Betlehem.

Es gibt chinesische und koreanische Hinweise über eine derartige Himmelserscheinung des Jahres vier oder fünf n. Chr.
Heute geht man davon aus, dass der chinesische Bericht einen Datierungsfehler enthalten könnte. Man schreibt deren Ereignis aufgrund anderer Hinweise heute eher einer Nova zu.
Gegen die Kometen-Theorie spricht:

  • Der Halleysche Komet war zwischen Oktober 12 v. Chr. und Februar 11 v. Chr. sichtbar, der Erde am nächsten war er am 29. Dezember 12 v. Chr. nach dem gregorianischen Kalender.[5] Die Geburt Jesu wird dagegen zwischen 7 und 4 v. Chr. (Tod des Herodes) angesetzt.
  • Kometen sind irregulär auftauchende Himmelskörper, die nach dem Volksglauben um Christi Geburt meist mit Unheil, nicht mit Heil, verbunden wurden.
  • Die Weisen aus dem Osten hätten nicht wissen können, dass gerade dieser Komet mit der Geburt eines bestimmten Königs in Israel oder Juda zusammenhängt.
  • Die Erscheinung eines Kometen wäre nicht nur den Weisen, sondern auch vielen anderen aufgefallen. Uns sind aber keine außerbiblischen Überlieferungen bekannt.
  • Ein Komet hätte keinen exakten Ort markiert und wäre nicht an einer bestimmten Stelle stehengeblieben.

Idee 2 – Konjunktions-Theorien

Seit dem Sassanidenreich im 3. Jahrhundert sahen Astrologen in einer großen Konjunktion (Begegnung) der Planeten Jupiter und Saturn Vorzeichen wichtiger historischer Ereignisse, etwa eines neuen Zeitalters, einer neuen Dynastie, der Geburt eines Propheten oder eines gerechten Königs. Jüdische Gelehrte wie Māschā’allāh ibn Atharī, Abraham Ibn Esra und Levi ben Gershon folgten dieser Grundannahme. Manche ihrer Vorhersagen wurden im jüdischen Messianismus auf die Geburt des Messias bezogen.
Der Astronom und Astronomiehistoriker Konradin Ferrari d’Occhieppo wies seit 1964 in mehreren Publikationen auf die bereits von Kepler bemerkte und sehr seltene dreifache Jupiter-Saturn-Konjunktion im Zeichen der Fische hin. Diese schien gut in den ungefähren Zeitraum der Geburt Jesu zu passen. Laut d’Occhieppo musste ein babylonischer Astronom eine solche Konjunktion als Hinweis auf ein Ereignis in Israel (Judäa) verstehen, weil Jupiter der Stern des babylonischen Gottes Marduk gewesen sei, während Saturn als Planet des jüdischen Volkes gegolten habe. Der westliche Teil des Fischezeichens habe unter anderem für Palästina gestanden. Daraus hätten babylonische Astronomen folgern können: Königstern (Jupiter) + Israelschützer (Saturn) = „Im Westen (Sternbild der Fische) ist ein mächtiger König geboren worden.“
Als Einwände werden genannt:

  • Ein dreimaliges Zusammentreffen von Jupiter und Saturn komme selten vor und führe nie zur Verschmelzung beider Lichtpunkte, so dass es sich nicht zwingend auf den einen, in Mt genannten Stern beziehen lasse.
  • Matthäus gebrauche das griechische Wort für „Stern“ und nicht das für „Planet“ oder „Planetenkonstellation“. Man habe damals sehr wohl zwischen Fixsternen und Planeten unterscheiden können. Dieser Einwand setzt voraus, dass der Evangelienautor diese Unterscheidung kannte.
  • Zweifelhaft sei vor allem, ob Saturn für babylonische Astronomen der kosmische Repräsentant des Volkes Israel war. Saturn (akkadisch kewan) wurde nach babylonischer Deutung mit dem Land Syrien verbunden, nach griechischer Deutung mit dem Gott Kronos, der in manchen antiken Zauberbüchern mit dem jüdischen Gott JHWH gleichgesetzt wurde – möglicherweise wegen des jüdischen Sabbat, der mit dem „dies Saturni“ (Saturnstag, englisch Saturday) zusammenfiel. Eine Siebentagewoche mit Planetennamen als Tagesnamen war bei den Babyloniern gebräuchlich. Trotzdem erscheint die Übertragung vom Planeten Saturn auf das Judentum zweifelhaft, da dessen Verehrung im Tanach geradezu als ein Zeichen des Abfalls vom Judentum erscheint
  • Heute sind mindestens vier Keilschrifttafeln bekannt, auf denen die Babylonier die Ephemeriden (Umlaufbahnen) von Planeten wie Saturn und Jupiter im Jahr 7 v. Chr. vorausberechnet haben. Dort spielte deren große Konjunktion keinerlei Rolle. Ob die Babylonier ihr überhaupt Bedeutung beimaßen, ist daher ebenfalls zweifelhaft.

Bis heute hat die Konjunktions-Idee nichts an Faszination eingebüßt. Um die Weihnachtszeit bieten Planetarien immer wieder Reisen in die Vergangenheit zur Geburt Jesu an.
Es gibt noch weitere Konjunktions-Ideen, bei denen Mond und Venus noch eine Rolle spielen, aber die erspare ich uns an dieser Stelle.

Idee 3 – War er eine Nova (Sternexplosion)?

Der Astronom Johannes Kepler kannte Berechnungen von Planeten-Konjunktionen.
Er beobachtete im Dezember 1603 am Morgenhimmel im Sternbild Schlangenträger eine Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn. Im Herbst 1604 gesellte sich der Planet Mars am Abendhimmel zu den beiden Planeten. Ab 9. Oktober 1604 leuchtete in über 9 Grad Distanz dazu im gleichen Sternbild die Supernova 1604 auf. Kepler beobachtete sie ab dem 17. Oktober 1604 im „feurigen Dreieck“ der Tierkreiszeichen Widder, Löwe und Schütze, als sie eine scheinbare Helligkeit von −2,5 Magnituden (astronomische Maßeinheit für Helligkeit) erreichte und damit der hellste Lichtpunkt am Abendhimmel wurde. Er konnte das Phänomen mit dem Wissen des 17. Jahrhunderts nicht erklären und vermutete daher, die vorangegangene dreifache Konjunktion habe einen „neuen Stern“ verursacht. Daraus folgerte er, auf eine damals schon bekannte Konjunktion von Jupiter, Saturn und Mars im Jahr 7/6 v. Chr. sei ebenfalls solch ein neuer Stern gefolgt. Um diesen mit dem Stern von Betlehem in Matthäus 2 gleichzusetzen und näher an Jesu Geburt zu rücken, datierte er die dreifache Konjunktion jedoch falsch auf das Jahr 5 v. Chr.; Jesu Geburt datierte er auf 4 v. Chr.

Keine bekannte Chronik verzeichnet ein als Supernova interpretierbares Himmelsphänomen zeitnah nach jener Konjunktion.
Außerdem haben sich begegnende und überholende Planeten nichts mit Novae zu tun. Dadurch entstehen sicher keine neuen Sterne. Das wird schon dadurch klar, dass sich der erdnahste Stern Alpha Centauri über vier Lichtjahre von uns entfernt befindet. Dieses Wissen war Kepler damals noch nicht zugänglich, und somit war seine Nova-Vermutung ein Irrtum, was diesem genialen Kopf, Wissenschaftler und Astronomen nicht abträglich ist. Ganz am Rande sei bemerkt, dass sowohl Kepler, als auch Galilei teilweise ihr Geld durch die Anfertigung von Horoskopen verdienten. Somit waren sie zumindest im „Nebenberuf“ auch Astrologen. Die Astronomie als eigene Wissenschaft spaltete sich erst später von der Astrologie ab.

Was ist denn nun der Stern von Betlehem 2020?

Momentan schickt sich der schnellere Jupiter gerade an, Saturn auf seiner Innenbahn zu überholen. Das bedeutet, dass von uns aus gesehen sich die beiden Planeten am Abendhimmel immer näher kommen. Am 21.12.2020 stehen sie dann so nahe beieinander (ein Zehntel Grad), dass man sie mit bloßem Auge nicht mehr voneinander unterscheiden kann. Sie erscheinen uns dann als ein besonders helles Objekt am Himmel. Leider gesellt sich diesmal der Mars nicht dazu, so dass die große Konjunktion nur zwischen Jupiter und Saturn ablaufen wird. Nach dem 21.12. wird Jupiter dann von uns aus gesehen vor Saturn her laufen und ihn überholen. Danach entfernen sich die beiden Planeten wieder voneinander. Die Konjunktion läuft so langsam ab, dass man das Phänomen auch noch einigermaßen am heiligen Abend beobachten können wird. Da die Erde sich ebenfalls auf ihrer Bahn um die Sonne bewegt, erscheint es uns sogar, als würde Jupiter kurz rückwärts laufen, bevor er auf seiner Bahn normal weiter läuft. Das ist aber nur ein perspektivischer Effekt. Natürlich kann dieser schwere Planet nicht einfach kurz inne halten oder seine Richtung umkehren.
Dass Planeten manchmal scheinbare Schleifen ziehen, war schon in den alten Hochkulturen bekannt.
Und so funktioniert das ganze:
Jupiter benötigt für einen Sonnenumlauf ungefähr 12 Jahre, Saturn sogar 30. Das bedeutet, dass wenn Jupiter einen Sonnenumlauf vollführt hat, hat Saturn erst ungefähr zwei Drittel hinter sich. Das führt dazu, dass sich die Planeten nur ungefähr alle 20 Jahre zu so einer Konjunktion zusammen finden, die wir sehen können. Zu sehen ist das ganze nur am Abendhimmel so ab 16:00 Uhr.

Wie auch immer. Ob Komet, Nova, große Konjunktion oder was anderes. Gerade in diesen Zeiten suchen Viele Menschen nach dem Stern, der einen Erlöser ankündigen könnte, der uns gerade jetzt Heil bringen soll.
Ich entlasse euch jetzt in eure hoffentlich trotz allen Einschränkungen schönen, besinnlichen und gesegneten Weihnachtstage mit dem Trost, dass am 21.12.2020 auch Wintersonnenwende ist. Danach werden die Tage wieder länger und die Welt wieder heller. Möge uns das neue Jahr mit zunehmender Helligkeit das Licht am Ende des Corona-Tunnels bringen.

Himmelsgäste – Wenn Sterne erscheinen, wo sie nicht hin gehören


Liebe Leser*innen,

heute möchte ich mal über besondere Gäste am Himmel sprechen. Der Deutschlandfunk erinnerte mich in seiner Sternzeit-Sendung daran, dass ich das Thema doch schon sehr lange auf dem Schirm hatte. Himmelsgäste passen gut zur Weihnachtszeit, denn der Stern von Betlehem war ja auch einer. Von diesem werden wir noch hören. Von den gästen, um die es heute geht, darf sich aber mit astronomischer Sicherheit keiner „Stern von Betlehem“ nennen.

Also los:

Die alten Hochkulturen

Ungefähr zwischen den Jahren 500 v. Chr. und 1500 n. Chr. waren die Chinesen eine Hochkultur der Wissenschaft. Sie beobachteten den Nachthimmel und die Planeten genau. Anscheinend brauchten sie sich nicht an der Vollkommenheit und Unveränderbarkeit des Sternenhimmels fest zu halten, wie es Europäer taten, die sich über Jahrtausende an Aristoteles orientierten, der genau dieses forderte.
So vermeldeten sie beispielsweise im Jahre 134 v. Chr. die Erscheinung eines Kometen und stützten damit die Äußerung des römischen Geschichtsschreibers über das, was Hipparch am Himmel beobachtet haben könnte.
Gewiss, auch die Chinesen interessierten sich nicht aus purer Neugier für das himmlische Geschehen; sie waren vielmehr, wie die Babylonier und Griechen, an der Astrologie interessiert. Sie hatten für alle möglichen Erscheinungen am Himmel Deutungen entwickelt und versuchten nun, daraus die Wahrscheinlichkeit bestimmter Ereignisse auf der Erde abzuleiten.
Da es sich bei den durch die himmlischen Zeichen vorhergesagten Ereignisse zumeist um Katastrophen handelte – um Kriege, Epidemien oder Tod -, mussten die Mitglieder der Oberschicht und selbst der Kaiser gewappnet sein, um durch
entsprechende Aktionen das drohende Unheil abwenden zu können. Falls irgendein Unglück ohne Vorwarnung eintrat, konnte das durchaus den Kopf des jeweiligen Hofastronomen kosten. Ein Beispiel hierfür ist die Enthauptung der beiden Hofastronomen Hi und Ho, die über ihrem Müßiggang vergaßen eine Sonnenfinsternis rechtzeitig anzusagen.
Und was die Expertise am Himmel angeht, so beweisen uns die Chinesen momentan, dass sie ganz vorne in der Weltraumforschung mit mischen können. Sie landen auf Asteroiden, wollen Material von dort auf die Erde bringen, landen auf dem Mond, um selbiges zu tun, und wie es aussieht, werden sie es eventuell, wenn nichts dazwischen kommt, auch schaffen. Alleine dieses ist einen weiteren Artikel wert.

Der erste Gast

Im Jahre 183 am 05.12. tauchte nun ein Gaststern im Sternbild Centaur auf. Im Jahre 210 ein weniger heller Stern im Skorpion.
Es überrascht kaum, dass wir aus Europa keine Berichte über diese Sterne kennen:

  • Die Hochkultur der Griechen – und mit ihr die Astronomie – war längst untergegangen, und die Römer hatten der Wissenschaft nie ein ernsthaftes Interesse entgegengebracht.
  • Der neue Stern im Skorpion war sicher kaum heller als Sirius, der hellste Fixstern am irdischen Firmament, und solange niemand den Himmel mit geübtem Blick betrachtete oder aber eine Karte zum Vergleich heranziehen konnte, solange mochte dieser Stern durchaus ebenso unbemerkt wieder verschwinden, wie er aufgetaucht war.
  • Und wenngleich der neue Stern im Skorpion auch über acht Monate hindurch zu beobachten war (wie die chinesischen Quellen berichten), kann er nur während der ersten Nächte so hell wie Sirius gewesen sein. Danach musste er langsam, aber stetig verblassen, und je schwächer er wurde, desto weniger konnte er jemandem auffallen, der den Himmel nicht so eifrig durchmusterte wie die chinesischen Astronomen.

Der neue Stern des Jahres 183 im Sternbild Zentaur war nach Angaben der chinesischen Chroniken wesentlich heller als jener zwei Jahrhunderte später im Skorpion n entdeckte Stern. Einige Wochen hindurch erschien er wahrscheinlich heller als jedes andere Himmelsobjekt (ausgenommen Sonne und Mond). Ein solcher Stern hätte eigentlich nicht übersehen werden können, doch tauchte er sehr weit am Südhimmel auf, und das erschwerte die Beobachtung selbst eines so hellen Gestirns erheblich.
Von der chinesischen Sternwarte in Lo-yang aus erreichte der neue Stern nie mehr als 3 Grad Höhe über dem Horizont. Entsprechend blieb dieser Stern in ganz Mitteleuropa, in Frankreich, Deutschland
und selbst in Italien, jenseits des Horizonts und hätte nur von Sizilien oder Athen aus eben noch beobachtet werden können. In Alexandria dagegen, damals noch einer Hochburg der griechischen Wissenschaft, stieg er hoch genug über den Horizont, um auffallen zu müssen. Dennoch finden wir diesen Stern bei keinem griechischen Astronomen erwähnt. Auch wenn man diesen hellen Stern über dem Südhorizont bemerkt hatte, so verbot der Respekt vor der Autorität des Aristoteles einen schriftlichen Bericht darüber; und wenn es solche Berichte dennoch gegeben haben sollte, so dürften sie kaum anerkannt worden und bald wieder in Vergessenheit geraten sein.

Der nächste Gast

600 Jahre lang gab es keine weiteren Berichte über derartige Himmelsgäste mehr.
Erst im Jahre 1006 findet man wieder einen Bericht, diesmal über einen Stern im Sternbild Wolf das an den Zentaur angrenzt und daher ähnlich weit im Süden liegt.
Trotz seiner südlichen Lage wurde dieser Gaststern sowohl von chinesischen als auch von Japanischen Astronomen erwähnt. Im westlichen Kulturkreis wurde die Astronomie zu jener Zeit hauptsächlich von den Arabern gepflegt, die damals gerade die Glanzzeit ihrer Wissenschaft erlebten. So gibt es auch mindestens drei Berichte arabischer Beobachter. Nach Einschätzung einiger Astronomen erreichte er möglicherweise etwa ein Zehntel der Helligkeit des Vollmondes. er blieb womöglich drei Jahre hindurch mit bloßem Auge sichtbar, kann aber kaum länger als einige Wochen heller als die Venus erschienen sein.
Dieser Stern kam für Beobachter im südlichen Europa hoch genug über den Horizont, und so sollte man annehmen dürfen, dass die Menschen in Italien, Spanien und Südfrankreich des Nachts damals voller Ehrfurcht und Erstaunen in Richtung Süden blickten. Mitnichten! Zumindest findet man nirgendwo einen Bericht darüber. Lediglich die Chroniken zweier Klöster (in der Schweiz und Italien) enthalten wage Hinweise auf etwas, hinter dem sich ein heller Stern verbergen könnte, doch mehr nicht.
Da dieser Stern im Jahre 1006 aufleuchtete, würde man erwarten können, dass die Europäer sein Erscheinen als Vorboten für das nahe Ende der Welt angesehen hätten. Etliche Menschen glaubten damals nämlich, dieses Ende der Welt würde rund tausend Jahre nach der Geburt Christi über sie hereinbrechen. Doch nicht einmal diese furchterregende Möglichkeit reichte aus, um sie zu einem Bericht über das Ereignis zu veranlassen.

Der letzte Gast für heute

Dann platzte im Jahre 1054 (nach modernen Berechnungen am 4.Jul‘) ein Stern in die majestätische Ruhe hinein, diesmal im Sternbild Stier, das ein gutes Stück nördlich des Himmelsäquators liegt, also von Europa gut zu sehen.
Schließlich erreichte dieser Stern nicht bloß die Helligkeit von Sirius wie sein Vorgänger
aus dem Jahre 393, der ebenfalls im Tierkreis erschienen war: Das Objekt im Stier
war anfangs mindestens zwei- oder dreimal so hell wie die Venus zur Zeit des
größten Glanzes und konnte über einen Zeitraum von drei Wochen neben der Sonne am Taghimmel gesehen werden (falls man wußte, wo man nach ihm Aus schau halten sollte), während Gegenstände nachts in seinem Licht einen schwachen Schatten warfen (ähnliches gilt unter günstigen Voraussetzungen bereits für die Venus). Am Nachthimmel konnte man den Stern noch fast zwei Jahre hindurch beobachten. Später schien es, als hätten nur chinesische und japanische Astronomen diese eindrucksvolle, leicht zu beobachtende Erscheinung registriert. Nirgends fand man einen Bericht über europäische oder arabische Beobachtungen.
Wie ist so etwas denkbar? Den ganzen Juli über muss der Stern in den Stunden vor Sonnenaufgang unübersehbar gewesen sein.

  • Vielleicht schliefen die meisten Europäer um diese Zeit,
  • vielleicht versperrte aber auch eine dicke Wolkendecke den Blick nach oben.
  • Vielleicht hielten ihn aber auch jene, die ihn sahen, irrtümlich für die Venus, die ja auch hin und wieder im Sternbild Stier zu sehen ist.
  • Wer aber sicher war, dass dies nicht die Venus sein konnte, mag an Aristoteles und an die
    Vollkommenheit der göttlichen Schöpfung gedacht und den Blick geflissentlich abgewendet haben.

In den letzten Jahren ist jedoch ein arabischer Bericht aufgetaucht, der auf einen hellen Stern im Jahre 1054 zu verweisen scheint, und ein ähnlicher Hinweis wurde in einer italienischen Chronik gefunden.

Andere Zeiten, andere Gäste

Bei diesen Gästen wollen wir es voerst belassen, denn als die nächsten am Himmel erschienen, hatten sich die Zeiten geändert. Man interessierte sich nach und nach wieder für Wissenschaft und Astronomie in Europa. Europa erwachte im Laufe der Zeit aus dem Mittelalter und das schaffte langsam wieder freien Raum für freies und unabhängiges Denken und Forschen.

Was man hier bei unseren drei Gaststernen schon gut beobachten kann:
Zu allen Zeiten erscheinen immer mal wieder Himmelslichter, wo sie nicht hin gehören. Der Stern von Betlehem ist somit in guter Gesellschaft, was ihm seine weihnachtliche Bedeutung durchaus nicht absprechen soll.
Ist das nicht merkwürdig, wie einem eine falsche Lehre den Blick zum Himmel verstellen kann. Den Stern von Betlehem bezweifelt niemand und alle wollten ihn gesehen haben, aber die anderen Gaststerne wurden im Glauben, dass der Himmel unveränderlich und göttlich sei, einfach nicht beachtet oder bewusst verdrängt.

Über diese Lichter der moderneren Zeiten werde ich zu anderer Gelegenheit berichten. Vor allem auch darüber, was sie darstellen, wie sie funktionieren und wie verschieden sie in ihrer Art und ihren Wesen doch sind. Auch der Stern von Betlehem wird uns in künftigen Artikeln noch beschäftigen.