Eine Astronomische Ostergeschichte für Respekt, Verständnis und gegenseitiger Toleranz und Achtung


Liebe Leser*innen,

heute Nacht war die Zeitumstellung auf die Sommerzeit und wir starten in die Karwoche 2021. Heute ist Palmsonntag und gleichzeitig der erste Frühlingsvollmond, der für die Berechnung unseres Osterfestes grundlegend ist.
Nur noch eine Woche lang durchhalten, für all jene, welche die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag nutzten, um auf die eine oder andere Art zu fasten, auf Dinge zu verzichten usw.
Alle Achtung für jene, die es trotz allen sonstigen Widrigkeiten in diesen Zeiten durchgezogen haben.

Um Fasten an sich wird es aber in diesem Artikel nicht gehen, aber es geht darum, wann überhaupt Ostern z. B. auch in anderen Glaubensgemeinschaften gefeiert wird und wie sich andere Feiertage daraus ableiten. Wie Ostern bei uns berechnet wird, beschrieb ich ja schon in „Wieso ist Ostern manchmal so früh, und manchmal so spät„.

Anders und doch gleich

Es gibt aber Glaubensgemeinschaften, die zwar unseren gregorianischen Kalender benutzen, aber für die Feiertage eben nicht.
Im Sinne der anderen Glaubensgemeinschaften soll dieser Artikel ein Beitrag zum gegenseitigen Respekt, Verständnis und einem guten Miteinander werden.
Jeder kennt das, wenn man z. B. zu Weihnachten oder Ostern am Familientisch zusammen sitzt. Da fallen oft mal Sätze wie

Die feiern Weihnachten anders.

oder

Die feiern Ostern an einem anderen Tag.

oder

Die fasten zu anderen Zeiten.

Jeder kennt jemanden, der derlei in seiner Glaubens- oder Religionsgemeinschaft anders und zu anderen Zeiten praktiziert als wir.
„Die“ klingt immer so fremd und exotisch. „Die“ scheinen irgendwie anders zu sein und an etwas ganz anderes zu glauben, an etwas seltsames mystisches oder sonst wie fremdes.
Dem ist aber nicht so. „Die“ leben unter uns. Viele von „Denen“ fühlen sich aber auch dem christlichen abendländischen Glauben verpflichtet. und andere gehören z. B. dem Islam an.
Dann wollen wir diesem Mysterium doch hier mal die Zähne ziehen, damit wir hier aufhören können zu „fremdeln“. Auch das ist Aufklärung und trägt zum Verständnis und zur Akzeptanz anderer Gruppen bei.

Die große allgemeine Unwissenheit

Die allgemeine Frage, um die es hier geht fragt danach, warum die hohen Feste wann oder genau dann gefeiert werden.
Es ist egal, wo und wen man fragt und aus welcher Glaubensgemeinschaft die gefragte Person stammt.
Viele „Christ*innen“, die beispielsweise „meinen Blog“ nicht gelesen haben, wissen nicht wirklich, warum Ostern manchmal so früh und manchmal so spät ist. Bevor ich mich mit Astronomie beschäftigte, wusste ich es auch nicht. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass das in der Schule, z. B. im Religionsunterricht, mal vernünftig und anschaulich erklärt wurde. Ostern kam und ging und wir freuten uns auf die Ferien und die Süßigkeiten…

Genau so unsere türkischen Mitschüler*innen. Sie praktizierten ihren Ramadan, der zu meiner Schulzeit in den 1980ern ungefähr in den Sommer fiel.
Auch sie konnten nie erklären, wieso wann Ramadan ist.
Wie auch immer.
Wir „Christ*innen“ freuten uns dann auf den Sonnenuntergang und darauf, dass wir daran teilhaben durften, was ihre Mütter ihren Kindern so in ihre Koffer gepackt hatten. Schafskäse, Oliven, Melonen, verschiedenste Teigtaschen und papp süße Nachtische wurden dort dargereicht.

Deutlich weniger am Leben dran und weniger praxisorientiert erlebten wir im Internat Kamerad*innen, die nach ihren Erzählungen Ostern und Weihnachten zu anderen Zeiten feierten. Das war für sie manchmal eventuell doof, denn die Schulferien richteten sich ja nach unseren Daten und nicht nach deren aus. So konnte es durchaus sein, dass Kinder dieser Glaubensrichtungen Ostern hatten, obwohl die Osterferien bei uns schon vorbei waren. Manchmal, und das war auch etwas traurig, durften diese Kinder dann auch nicht bei unseren Ritualen, die man so in der Vorweihnachtszeit oder der Osterzeit mit uns im Internat feierte, oder ganz wichtig beim Ritual des Geburtstages, aus Glaubensgründen, von den Eltern verboten, nicht mit machen. Das aber nur am Rande. Ich nenne deshalb auch keine Glaubensgemeinschaft namentlich und verkneife mir den Begriff der Sekte.

Auf jeden Fall fragte ich auch jene neugierig darüber aus, wieso sie an anderen Tagen feierten, und bekam nie eine wirkliche klärende Antwort auf meine Fragen.

Und hier noch ein aktuelles Erlebnis zu unterschiedlichen Feier-Zeiten von mir.
Letztes Wochenende traf ich mich mit meiner Arbeitskollegin, ihrem Mann und den Kindern zu einem Spaziergang durch die Parks von Karlsruhe. Ich wollte ihnen verschiedene Vogelstimmen zeigen, erklären und dass wir sie gemeinsam lernen.
Da kamen wir natürlich auch auf Ostern. Diese Familie stammt aus Rumänien und gehört somit der orthodoxen Kirche an. Und da war es wieder, das Erlebnis. Sie feiern Ostern später. Ich wollte wissen, warum und wie sie Ostern berechnen, und die Antwort war, wie sie auch in meinem Fall früher ausgefallen wäre, sehr wage und ungenau. Sie lautete ungefähr so:

„Wie das genau funktioniert, weiß ich auch nicht. Das hat irgendwie mit dem Mond und einem anderen Kalender zu tun. Und außerdem wollen alle orthodoxen Brüder und Schwestern auf der Welt gemeinsam Ostern feiern können.“

Na, immerhin. Der Mond kam vor. Es ist fraglich, ob ich den früher überhaupt erwähnt hätte. Mir war früher nur klar, dass Ostern mit dem jüdischen Pessachfest zusammen fiel, weil zum Zeitpunkt der Verurteilung von Jesus gerade alles Volk nach Israel pilgerte, um dort zu opfern. So steht es in den Evangelien. Etwas von Frühlingsanfang und Frühlingsvollmond habe ich damals nie gehört und es auch nicht hinterfragt.

Und dann kam in der Antwort noch etwas: „Wir benutzen einen anderen Kalender“.
Das ist äußerst spannend.

Die Zeit des orthodoxschen Osterfestes

Wir benutzen ja schon seit vielen Jahrhunderten den Gregorianischen Kalender mit seinen Schaltjahren, seinen ganzen Schaltregeln und in der Neuzeit sogar mit seinen Schaltsekunden. Dieser Kalender hält unseren Jahreslauf in Takt. Für diese Hauptaufgabe braucht dieser Kalender den Mond nicht, wäre da nicht unser Osterfest. Der Ostersonntag fällt meistens auf den ersten Sonntag nach dem astronomischen Frühlingsbeginn, der Tag-Nacht-Gleiche, die in diesem Jahr am 20.03. war. Daraus leiten sich dann andere kirchliche Feiertage, wie Aschermittwoch, die Fastenzeit, Himmelfahrt, Pfingsten und noch einige nicht bundeseinheitlich geregelte Feiertage ab. Wie schon erwähnt, schrieb ich an anderer Stelle darüber, wie das genau funktioniert. Meistens und nicht immer schreibe ich deshalb, weil es zum einen eine Regel des Gregorianischen Kalenders gibt, die verhindert, dass Ostern später als am 25,04. sein darf. Und noch eine Verschiebung des Osterfestes tritt alle 19 Jahre auf, das sog. Osterparadox.
Das war an Ostern 2019 der Fall. Ich schrieb darüber in „Fällt Ostern 2019 aus?

Wie ist das aber nun bei meiner Kollegin, die der Orthodoxen Kirche angehört.

In der orthodoxen Kirche wird am Julianischen Kalender festgehalten.
Das ist der Kalender, der vor dem gregorianischen Kalender benutzt wurde.
Er orientierte sich stark nach dem Mond. Da sich aber unser Mond mit seiner Umlaufzeit nicht gut in den Rest des Jahreslaufes mit seinen Jahreszeiten etc. integrieren lässt, musste man manchmal einen dreizehnten Mond einfügen, damit die Feiertage, die Erntezeiten und vieles mehr nicht komplett aus dem Takt gerieten. Als der Zeitpunkt des Osterfestes etwa 300 n. Chr. festgelegt wurde, war dieser julianische Kalender noch in Gebrauch.
Daher findet der 21. März (im 20. und 21. Jahrhundert) 13 Tage später statt als im gregorianischen Kalender. (Übrigens war das Zusammenlegen des „liturgischen“ mit dem „astronomischen“ Frühlingsbeginn einer der Hauptgründe für die Einführung des gregorianischen Kalenders). Daher findet das orthodoxe Osterfest manchmal eine Mondphase später statt. Außerdem berechnet die orthodoxe Kirche das Osterdatum nach einer bereits in der Antike festgelegten Rechenvorschrift, dem Metonischen Zyklus
Er dauert 19 Jahre. Es ist der Zyklus, den ich in meinem Artikel zum Vollmond an Halloween beschrieb. Man kann mit ihm beispielsweise berechnen, wann der Vollmond, und natürlich auch der Neumond, wieder auf einen bestimmten Tag, z. B. den Heiligen Abend, oder meinetwegen auch auf eure Geburtstage fällt.
Die Länge des 19-jährigen Mondzyklus wurde damals um ca. 2 Stunden zu lang angenommen, was sich im Laufe von 17 Jahrhunderten zu einigen Tagen addiert hat. Dies ist ein weiterer Effekt, der dazu führen kann, dass das orthodoxe Osterfest eine Woche oder im Extremfall, wenn er sich mit dem obigen Effekt addiert (z. B. 2005), fünf Wochen später stattfindet als das lateinische. Von diesem letzteren Effekt ist übrigens auch der Jüdische Kalender betroffen.
Wie der julianische Kalender im einzelnen funktioniert, würde den Rahmen dieses Artikels vermutlich sprengen.
Eine Konsequenz und Tradition, die sich aber bis heute wegen dieses Kalenders hielt ist, dass die Dreizehn (13) eine Unglückszahl sein soll.
In meinen Gedanken zu Freitag, 13. ist dieses Phänomen ausführlich und hoffentlich auch lesenswert erklärt.
Belassen wir es also dabei und stellen uns für heute die letzte Frage.

Wie berechnen unsere islamischen Freunde ihre zweitwichtigste religiöse Zeit, ihre Fastenzeit, den Ramadan?

Wikipedia sagt dazu:

Der Ramadan (arabisch رمضان, DMG ramaḍān ‚der heiße Monat‘) ist der Fastenmonat der Muslime und neunter Monat des islamischen Mondkalenders. In ihm wurde nach islamischer Auffassung der Koran herabgesandt.
Das Fest des Fastenbrechens (arabisch عيد الفطر id al-fitr / türkisch Ramazan bayramı) im unmittelbaren Anschluss an den Fastenmonat zu Beginn des Folgemonats Schawwal ist nach dem Opferfest der zweithöchste islamische Feiertag.

Im Koran heißt es zur Länge der Fastenzeit:

„Fastet erst, wenn ihr sie (die Mondsichel – Hilal) seht, und brecht das Fasten erst, wenn ihr sie (wieder) seht…“

So ergibt sich das einmonatige Fasten vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang.
Dann heißt es im Koran weiter:

Wer nun von euch während des Monats anwesend (d. h. nicht unterwegs) ist, soll in ihm fasten.“

(Koran: Sure 2, Vers 185)

Dem Gedenken an die Offenbarung des Korans ist auch Sure 97 gewidmet, in der es heißt:

„Wir haben ihn (d. h. den Koran) in der Nacht der Bestimmung hinabgesandt. Aber wie kannst du wissen, was die Nacht der Bestimmung ist? Die Nacht der Bestimmung ist besser als tausend Monate.“

(Koran: Sure 97)

Aufgrund der vorhergehenden koranischen Aussage gilt es als ausgemacht, dass die Nacht der göttlichen Bestimmung (lailat al-qadr / ليلة القدر / lailatu ʾl-qadr) eine Nacht im Monat Ramadan ist. Da man sich also über die genaue Nacht der Offenbarung des Korans nicht im Klaren war, feiert man diese Nacht überwiegend in der Nacht zum 27. Ramadan, aber auch an anderen ungeraden Tagen der letzten zehn Tage des Fastenmonats.
Dem letzten Drittel des Ramadan kommt außerdem deswegen eine besondere Bedeutung zu, weil in dieser Zeit die fromme Übung des Iʿtikāf, der „Absonderung“ in der Moschee, stattfindet.

Welcher Monat ist aber nun gemeint?
Während das tägliche Gebet (salat / صلاة / ṣalāt) und die islamische Pilgerfahrt (haddsch / حجّ / ḥaǧǧ) auf festgelegten Zeiten beruhen, sind der Beginn und das Ende des Fastenmonats Ramadan im islamischen Überlieferungswesen stets widersprüchlich überliefert und diskutiert worden. Den Anfang des Ramadans zeigt die Sichtung (ru’ya / رؤية / ruʾya) der neuen Mondsichel (hilal) am Ende des letzten Tages/in der letzten Nacht des Vormonats Scha’ban an. Der Grundtypus dieser Traditionen in den kanonischen Hadithsammlungen als Direktive des Propheten lautet:

„Der Monat besteht aus 29 Tagen. Fastet erst, wenn ihr sie (die Mondsichel – hilal) seht, und brecht das Fasten erst, wenn ihr sie (wieder) seht. Und wenn (der Himmel) über euch bedeckt ist, so bestimmt ihn /Var. vervollständigt die Zahl der Scha’ban-Tage/ auf 30 (Tage).“

(Hadith Abu Dawud, Buch 13, Nr. 2312; al-Bukhari, Buch 31,Nr. 130-131.)

Ausschlaggebend für den Beginn bzw. für das Ende des Ramadans ist, wie schon gehört, stets jeweils die Sichtung der Mondsichel durch einen oder durch mehrere Zeugen. Umstritten bei der Festlegung des Monatsbeginns ist die Rolle der Astronomen (munadschdschim) und der Mathematiker (ahl al-ma’rifa bil-hisab), die es in der frühislamischen Gesellschaft noch nicht gab und die später allein durch Berechnungen (hisab) ohne Sichtung der Mondsichel den Monatsanfang festzulegen bestrebt waren.

Die Festlegung des Ramadanbeginns gibt in der arabisch-islamischen Welt bis in die Gegenwart hinein jedes Jahr Anlass zu kontroversen Diskussionen. Denn der Verzicht auf die Sichtung der neuen Mondsichel als Anfang des Ramadans und die stattdessen geführte astronomische Berechnung führen zwangsläufig zur Ignorierung des prophetischen Gebots „fastet erst, wenn ihr sie seht“.
In Ägypten bestimmt das erste Neulicht in Assuan den Beginn des Ramadans, wobei das gesichtete Neulicht telefonisch nach Kairo gemeldet wird und anschließend die Ausrufung des Ramadans erfolgt.

Die Berechnung des Ramadan ist also gar nicht so einfach, wie man sieht.
Erstaunlich ist, dass hier das religiöse Buch versucht, den Zeitpunkt und die Länge des Ramadan zu bestimmen, was aus astronomischer Sicht natürlich schwierig ist. Ich kenne keinen vergleichbaren Versuch aus der Bibel. Allerdings kenne ich nicht die ganze Bibel und könnte mir vorstellen, dass sich derlei z. B. in den Büchern Moses, wo viele Regeln festgehalten sind, versteckt.
Wer hier theologisch mehr drauf hat, bitte gerne in die Kommentare für alle lesbar damit. Mein lieber Freund, Pfarrer und Mitleser Volker, könnte hier vielleicht mehr wissen.

Im Islam wird also durch den gregorianischen Kalender konsequent und in viel stärkerem Maße, wie bei uns, ein Mondkalender mit geführt.
Da der Mond nicht sauber unserem Jahreslauf sich unterordnet, wandert der Fastenmonat in etwa 30 Jahren ein mal durch den ganzen Jahreslauf. Ramadan im Winter dürfte etwas leichter zu schaffen sein, aber im heißen Sommer, wenn tagsüber nichts getrunken werden darf, stelle ich ihn mir hart vor.
Weil das den Nomaden in der Wüste etc. durchaus auch bewusst war, schrieb der Prophet Mohammed einige Regeln auf, wie der Ramadan für Kinder, Kranke, Alte, Schwangere und sonstige schwache Menschen abgemildert oder gar ausgesetzt werden kann.

Puh, das war jetzt aber viel Kalender und Erlebnisse.
Ich wünsche mir davon, dass der Artikel wenigstens etwas zum Respekt anderer Glaubensgemeinschaften, und damit meine ich wirklich alle, beitragen kann.

Der Jahreslauf unserer Sonne


Liebe Leser*innen,

heute, 20.03.2021, ist gleichzeitig Frühlingsanfang. und der Tag der Astronomie, bei dem der Mond im Fokus steht. Astronomisch bedeutet Frühlingsanfang, dass Tag und Nacht an diesem Tag gleich lang sind. Da vor allem wegen unseres Schaltjahres sich astronomisch alles um etwa sechs Stunden verschiebt, kann dieser astronomische Zeitpunkt mal auf den 20.03, den 21.03 und sogar auf den 22.03 fallen. Das gleiche gilt natürlich dann auch für den astronomischen Herbstanfang im September und für die Sonnenwenden im Juni und Dezember.

Ich schrieb darüber in Welcher Frühlingsanfang ist der richtige.

Ganz besonders in den Wintermonaten mit Kälte und Schmuddelwetter denkt man sich oft:

„Wieso dauert denn das so lange, bis die Tage wieder merklich länger werden?“

Gegen Ende des Sommers empfindet man das Gegenteil:

„Wieso werden die Tage so schnell wieder kürzer?“

Den größten Sprung unserer Empfindungen erzeugt natürlich die Umstellung auf die Sommerzeit und die Rückstellung auf die Winterzeit , welche eigentlich die normale Zeit ist. Da verschiebt sich der Sonnenauf- und Untergang von einer Nacht auf die andere um eine Stunde nach hinten, wenn die Sommerzeit beginnt. Dafür haben wir es abends, wie jeder weiß, eine Stunde länger hell.

  • Das gefällt uns natürlich, weil zu dieser Zeit, wie wir noch sehen werden, die Tage sowieso schon wieder erheblich länger, das Wetter meist schon wieder besser und wärmer sind und wir uns tendenziell im Frühling und Sommer sowieso eher nach Feierabend länger draußen aufhalten wollen.
  • Nach der Umstellung auf die Winterzeit finden wir es zwar schade, dass es abends wieder eine Stunde früher dunkel wird, andererseits erfreuen wir uns auch, dass es zunächst morgens nicht mehr ganz so dunkel ist, und unsere Kinder eventuell noch etwas Tageslicht haben, wenn sie früh zum Schulgang aufstehen müssen.
  • Wir freuen uns, wenn wir bei der Umstellung auf die Winterzeit eine Stunde „geschenkt“ bekommen.

Nichts desto Trotz handelt es sich dabei um unsere Empfindungen und Wahrnehmungen, die sich durchaus je nach Beruf, Lebenslage und anderen Faktoren stark unterscheiden können. Diese Subjektivität schlägt sich in der jährlich wiederkehrenden Diskussion nieder, ob die Zeitumstellung nun abgeschafft werden soll, oder nicht. Mit Astronomie hat diese von Menschen gemachte Zeitverschiebung aber nichts zu tun. Von daher gehen wir einen Schritt weiter und lassen die Zeitumstellung zunächst mal außen vor. Gehen wir für das folgende davon aus, dass es sie nicht gäbe, wie das bis Anfang der 80er des letzten Jahrhunderts ja auch war.

Wir werden das Phänomen, dass die Tages- und Nachtlänge sich im Jahreslauf verändert nun etwas näher betrachten.
Wer sich etwas auskennt wird mit Recht sagen:

„Na klar. Das liegt an den Jahreszeiten.“

„Volltreffer“ würde ich zu dieser Aussage sagen, denn das stimmt. Aber wie funktioniert das genau. Die Hauptfrage, die uns beschäftigen wird ist, ob z. B. die Tage an beiden Enden, zwischen Sonnenauf- und Untergang gleichmäßig länger oder kürzer werden und wenn nicht, wieso denn nicht?
Die aufmerksame Leser*in merkt schon, dass dem scheinbar nicht so ist. Ansonsten hätte ich diese Frage nicht in den Raum gestellt. Dann versuchen wir sie zu beantworten, was ohne Bilder gar nicht so einfach ist, aber versuchen wir es trotzdem.

Unsere Jahreszeiten entstehen dadurch, dass die Erdachse um etwa 23 Grad gekippt ist. Ich betone hier nochmals ausdrücklich. Sie entstehen nicht dadurch, was manchmal, und gar nicht so selten, angenommen wird, dass die elliptische Umlaufbahn der Erde um die Sonne dafür verantwortlich sei, weil die Erde ja dadurch manchmal etwas näher und dann wieder etwas weiter von der Sonne entfernt ist. Dieser Strahlungsunterschied, den wir dadurch erleben, schlägt nicht zu Buche und reicht auf keinen Fall für die Jahreszeiten. Kurios ist an dieser Stelle, dass ausgerechnet im Winter, Anfang Januar, die Erde ihren sonnennächsten Punkt auf ihrer Bahn durchläuft, wo es ja dann, wenn das stimmen würde, am wärmsten sein sollte. Über dieses Kuriosum werde ich mal extra schreiben.
Halten wir also nochmal fest, dass die gekippte Erdachse für die Jahreszeiten und damit auch für die Veränderungen der Tages- und Nachtlängen verantwortlich ist.

Stellen wir uns nun im nächsten Schritt vor, dass unsere Erdachse aufrecht stünde und dass die Erde sich nicht im Laufe eines Jahres einmal um die Sonne bewegt. Gehen wir sogar so weit, und halten die Erde an, so dass sie sich auch nicht mehr um sich selbst dreht.
Als letztes gehen wir noch davon aus, dass der Abstand der Erde zur Sonne trotz Stillstand immer gleich bliebe, als wären beide mit einer langen Stange verbunden. Normalerweise geht das natürlich nicht, denn so eine lange Stange gibt es nicht und außerdem würde eine Erde, die nicht um die Sonne kreist, also um sie herum fällt, von ihr mit der Zeit angezogen und in einem gewaltigen Inferno in ihr verglühen und verpuffen.

Also, was passiert dann.

  1. Der Erdstillstand bedeutet, dass es keinen Tag-Nacht-Rhythmus mehr gibt. Die Sonne bescheint in dem Fall immer dieselbe Seite der Erde. Dort wäre es immer Tag und auf der anderen Seite wäre es immer Nacht. Das will niemand. Und noch etwas merkwürdiges passierte dann.
    Wir könnten, außer vielleicht nachts durch unseren Mond, den Tag und die Nacht nicht in Zeiteinheiten einteilen. Denken wir uns den Mond mal auch weg, denn er spielt für unsere Betrachtungen keine Rolle. Wir hätten also keine zeitliche Orientierung.
    Im nächsten Schritt geben wir nun der Erde einen seitlichen Schubs, wie man das früher mit einer kleinen Peitsche mit einem Spielzeug-Kreisel tat, so dass sie sich, wie ein solcher beginnt, sich wieder um sich selbst zu drehen. Sagen wir in gewohnter Geschwindigkeit und natürlich wie gewohnt links herum.
  2. Nun dreht sich die Erde wieder. Wir haben wieder Tag und Nacht. Allerdings wäre es so, dass die Tage und auch die Nächte stets gleich lang blieben. Vermutlich wäre es nur an den Polen immer dunkel, weil dort kein Sonnenlicht hin käme. Erinnern wir uns, dass wir noch immer keinen astronomischen Jahreslauf hätten, weil wir alle Nacht den selben Sternenhimmel zur selben Zeit sehen würden. Die Erde würde sich zwar unter dem Sternenzelt drehen, und am Tage wäre die Wanderung der Sonne beobachtbar, aber sie, und auch die Sonne nicht, würden durch keine Sternbilder wandern. Keine gute Vorstellung für Astrologen, aber auch den Astronomen würde das nicht gefallen. Immerhin wäre es jetzt wieder möglich, die Zeit zu messen. Die Sonnenuhr wäre hier bei schönem Wetter sehr zuverlässig und wer weiß. Vielleicht würde man mechanische oder digitale Uhren bauen, die mit dem Tageslauf im Gleichgang gingen. Mit denen wäre eine Zeitmessung zusätzlich zur Beobachtung des Sternenhimmels dann auch wieder bei jedem Wetter möglich. Nebenbei bemerkt wäre es dabei unerheblich, in welche zeitlichen Einheiten die Menschen den Tag und die Nacht einteilen würden. Astronomen fänden vielleicht eine Möglichkeit, aber es könnten alle möglichen Einteilungen werden, z. B. die Einteilung in zehn Tages- und zehn Nachtstunden. Damit ließe sich immerhin ganz gut rechnen.

    Von einem Standort aus könnte man, wie gesagt, natürlich in Ost-West-Richtung die Sonne wandern sehen, was man ebenfalls zur Zeiteinteilung am Tage nutzen könnte, siehe Sonnenuhr.

    Und noch etwas wäre anders als wir es gewohnt sind.
    Wäre die Erde eine auf der Ekliptik stehende Walze und würden wir alle auf ihrer runden Seitenfläche leben, ich glaube man nennt diese Fläche oder Hülle auch Mantel in der Geometrie, dann hätten alle Menschen quasi die gleiche Sicht auf die Sonne. Sie stünde zu jeder Zeit für alle gleich hoch am Himmel,
    Alle würden die Sonne in Ost-West-Richtung wandern sehen.
    Ich denke nicht, dass es einen Unterschied machte, ob man an der Nord- oder Südkante der Walze lebte, weil die Sonne so unfassbar viel größer als die Erde ist.
    je nach Tageszeit natürlich.
    Die Nord- und Südfläche der Walze wären mit Sicherheit unbewohnt, da es dort ohne Sonnenschein ungemütlich kalt wäre, noch kälter vermutlich, als wir das von unseren Polkappen her kennen.

    Da die Erde aber nun mal eine Kugel ist, so stünde für die Äquatorianer die Sonne am höchsten am Himmel. Desto weiter nördlich oder südlich man lebte, desto flacher zöge die Sonne ihren Kreis. Außer vielleicht an den Polen, wo sie vermutlich nie zu sehen wäre, was übrigens bei unserer Walze mit Sicherheit so wäre.

  3. 3) So, es ist so weit. Wir nehmen die vorhin gedachte Verbindungsstange zwischen Erde und Sonne weg und schubsen nun die Erde so an, dass sie sich auf der Kreisbahn um die Sonne bewegt, wie wir das gewohnt sind. Nun kann sie durch ihre Drehung um die Sonne selbst dafür sorgen, dass sie der Anziehung der Sonne trotzt und auf ihrer Bahn bleibt.
    Ja, ich weiß. sie bewegt sich auf einer Ellipse, aber letztlich ist der Kreis ein Sonderfall der Ellipse, bei dem beide Brennpunkte aufeinander liegen, und außerdem ist die Erdbahn auch real fast kreisrund.

    Nun haben wir zwar noch immer Tag-Nacht-Gleiche, können aber zumindest nachts wieder einen astronomischen Jahreslauf betrachten. Wir können natürlich jetzt auch wieder unseren Mond mit einbeziehen. Den haben wir vorhin nicht betrachtet, weil er für unsere Überlegungen keine Rolle spielt. Und deshalb ignorieren wir ihn auch weiterhin.

    Und jetzt wird es langsam etwas unübersichtlich wegen der Erddrehung um sich selbst und der Erdbewegung um die Sonne.

  4. /li>Durch die dazu gekommene Drehung der Erde um die Sonne passiert es, dass wenn man vom selben Standpunkt aus den Mittagspunkt, an dem die Sonne am höchsten steht betrachtet, dass sich die Sonne in einem halben Jahr etwas verspätet und dann wieder verfrüht.

    Das liegt daran, dass die Erde sich auf ihrer Bahn nach jedem Erdentag auch wieder etwas weiter auf ihrer Bahn um die Sonne bewegt hat. Somit ist es so, dass die Sonne, wenn die Erde ihre Drehung um sich selbst komplett vollführt hat, entweder noch nicht aufgeht, weil die Erde ihr hinterher läuft. Ein halbes Jahr später ist es dann umgekehrt. Der Tag beschreibt somit auf unserer ‚Erde mit senkrecht stehender Achse einen Strich, der sich langsam etwas nach links verschiebt und ein halbes Jahr später wieder nach rechts.

    Nun wollen wir aber endlich auch unsere Jahreszeiten wieder zurück haben, damit unser Klima wieder passt.

  5. Im letzten Schritt kippen wir nun unsere Erdachse wieder um 23 Grad. Da die Erde eine Kugel ist und sich nun zusätzlich zu unseren Drehbewegungen auch noch die geometrische Tatsache der Perspektive auf die Sonne, täglich etwas verändert, so beschreibt sie vom selben Standpunkt aus den Mittagspunkt betrachtet, eine schräg liegende Acht, ein Analemma. Dieses sieht je nach Breitengrad etwas anders aus.
    Vor längerer Zeit erwähnte ich mal relativ beiläufig bei meiner Vorgesetzten, dass ich gerne mal ein Analemma taktil ertasten würde. Ich hatte das schon fast vergessen, aber dann kam mein Geburtstag. Bei uns in unserem wunderbaren Team ist es üblich, dass jeder zu seinem Geburtstag eine sowohl bunt als auch taktil gestaltete Karte erhält. Diese liebe Kollegin gestaltete mir zu meiner großen Freude eine Geburtstagskarte mit einem Analemma. Außerdem legte sie noch eine große A4-Darstellung desselben bei, damit auch noch die Beschriftung in Punktschrift darauf passte. Das finde ich wirklich sehr wertschätzend und rührend von ihr, dass sie sich das merkte und umsetzte. Es ist mir halt immer wieder eine große Freude und ein Segen, dass ich an so einem wunderbaren Institut, wie dem Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) arbeiten darf. Nirgendwo sonst könnte ich Meine Begabungen zu Wissenschaft und Pädagogig so gut einbringen als dort. Außerdem ist am SZS meine Behinderung keine Einschränkung, sondern eine Qualifikation die ich für die Ausübung meiner Aufgaben benötige. Nicht zuletzt unterstützen mich immer wieder, das erwähnte ich schon häufiger, und kann es nicht oft genug tun, alle Mitarbeitenden in meinen inklusiven Tätigkeiten zur Astronomie.
    Dank dafür an alle SZSler.
    OK, zurück zum Thema.
    Am Äquator sollte es sich kaum ausbilden, weil sich auch dort aufgrund des Winkels zur Sonne auch die Jahreszeiten zwischen den Wendekreisen kaum bemerkbar machen.

    Am meisten prägt sich das Analemma natürlich in der Nähe der Polkappen aus, zwischen der Mitternachtssonne und dem langen Winter ganz ohne Sonne. Am Nord- und Südpol ist die Acht wahrscheinlich sogar offen, weil es ja dort jeweils Monate ganz ohne Sonnenlicht gibt.

    Da dieses Analemma schwer in Worten zu beschreiben ist, bitte ich euch sehende Astronom*innen unter euch, die hier mitlesen, dass ihr mich bitte entweder via Mail, oder noch besser in den Kommentaren, mich auf eventuelle Fehler in meiner Vorstellung, aufmerksam macht.
    Ich darf fast zum Schluss natürlich nochmal erwähnen, dass die stärkste Konsequenz dieser gekippten Erdachse unsere Jahreszeiten sind.

  6. zu guter letzt
    wer das mal verfolgen möchte, wie unterschiedlich sich die Länge der Tage und Nächte im Jahreslauf verändern, wie ungleichmäßig die Zeiten der Sonnenauf- und untergänge sich verändern und wie sich die Zeit des Mittagspunktes langsam verspätet, um sich dann wieder zu verfrühen, dem empfehle ich beispielsweise die auch für blinde Menschen recht zugängliche App Lunasolcal für Smartphones. Mit Calsky könnte das auch klappen, obwohl ich momentan nicht genau weiß, ob die noch online sind. Habe was gehört, dass es Calsky eventuell nicht mehr gibt, was sehr schade wäre. Wer es aufwändiger mag und sehen kann, denn für unser eins nicht zugänglich, kann es mit Stellarium versuchen.
    Ein klassischer Papier-Kalender tut es natürlich auch. Er sollte sich aber mit den Daten schon ungefähr auf den Standort beziehen, wo ihr wohnt.

    Da all diese Daten vom Breiten- und Längengrad, von eurem Standort also abhängig sind,
    erspare ich euch für den Moment eine langweilige Tabelle mit den Daten meines Standortes. Achtet einfach mal auf die Veränderungen von Sonnenaufgang, Sonnenhöchststand und Sonnenuntergang. Schreibt etwas mit und ihr werdet das Phänomen selbst erleben, was viel interessanter sein dürfte, als euch durch eine langweilige Tabelle zu wühlen.
    Beobachtet vielleicht auch mal, wenn ihr eine Reise tut, was momentan ja eher schwierig ist, wie sich die Zeiten durch euren Standordswechsel verändern. Von Karlsruhe bis Berlin habe ich Veränderungen von einigen Minuten gefunden. Wer das beobachtet und nachher noch immer behauptet, dass die Erde flach sei, dem ist nicht mehr zu helfen…
    Wie auch immer.
    Wir haben weiter oben schon die Sonnenuhr erwähnt. Die hat es langsam schwer, wirklich genau zu gehen. Aus diesem Grunde steht an vielen Sonnenuhren eine sog. Zeitgleichung. Sie berücksichtigt die Erdkrümmung, Erddrehung und die sich veränderte Perspektive auf die Sonne. Wie sie genau funktioniert, erspare ich uns für den Augenblick.

  7. Und jetzt noch eine Anmerkung zum guten Schlusse
    In diesem Jahr fällt der Tag der Astronomie mit dem Frühlingsanfang zusammen.
    Das Thema dieses Tages ist in diesem Jahr der Mond. Da darf ich es mir natürlich auch nicht nehmen lassen, auch einen zwar schon etwas älteren, aber nicht minder aktuellen und sehr inklusiven Bericht zu diesem Thema bei zu steuern.
    In diesem Artikel geht es um die Frage:
    Sich blind auf dem Mond orientieren, geht das?
    Auch damit wünsche ich euch einen guten Frühlingsanfang und viel Freude bei diesem schönen Motto des Tages der Astronomie 2021.

Jetzt wünsche ich, vor allem auch den blinden Leser*innen viel Erfolg bei euren astronomischen Langzeit-Beobachtungen.
Das ist mal wieder eine sehr inklusive Geschichte, denn als Mensch mit Blindheit eine astronomische Langzeitbeobachtung zu machen, ist äußerst inklusiv.

Zum Frauentag, 08.03.2021 – Die kleine Schwester – Sophie Brahe


Liebe Leser*innen,
Noch immer ist die Gleichstellung von Frauen in Forschung, Wissenschaft, aber leider auch noch in so vielen anderen Dingen längst nicht erreicht.
auch in diesem Jahr möchte ich aus diesem Grund der Tradition treu bleiben, zum Weltfrauentag, 08.03.2021, einen Beitrag zu veröffentlichen, in welchem eine Astronomin als Beispiel für große Frauen aus der Wissenschaft gewürdigt werden soll

Manchen von euch dürfte schon in der Überschrift aufgefallen sein, dass der Nachname unserer heutigen Hauptperson durchaus kein unbekannter Name ist.
Und ja, es geht tatsächlich um ein Familienmitglied der Brahes, der Familie, aus welcher der große Astronom Tycho Brahe, der später mit Johannes Kepler zusammenarbeitete, entstammte.
Wie ihr merken werdet, ähnelt Sophies Geschichte durchaus des Lebensweges von Frau Lucretia Herschel, die gemeinsam mit ihrem großen Bruder Wilhelm, später aber auch alleine, großartige Astronomie trieb.
Ich schrieb über dieses großartige Geschwisterpaar zum Frauentag 2018.
Dass Tycho seine Schwester derart förderte und unterstützte, hätte ich von ihm nicht gedacht, denn er soll wohl sehr reizbar und nicht unbedingt ein angenehmer Zeitgenosse gewesen sein. Gegenüber seiner Schwester war das wohl offensichtlich anders.

Sophie Brahe wurde am 24. August 1559 auf Schloss Knutstorp, Schonen, geboren.
Sie verstarb 1643 in Helsingør.

Sie, die Schwester von Tycho Brahe, war eine dänische Astronomin
Sophie Brahe war das jüngste der zwölf Kinder von Otte Brahe (1518–1571) und Beate Clausdatter Bille (1526–1602). Ihre Eltern gehörten zu den reichsten und einflussreichsten Familien in Dänemark. Ihr Vater wurde 1563 Mitglied des Reichsrats und später Gouverneur von Helsingborg. Ihre Mutter verwaltete nach dem Tod des Vaters dessen Güter und war von 1584 bis 1592 Oberhofmeisterin der gleichnamigen Königin.
Sophie besaß eine ausgezeichnete Ausbildung. Neben Dänisch sprach sie auch Deutsch. Ihre wissenschaftlichen Kenntnisse musste sie sich größtenteils selbst und gegen den Widerstand ihrer Familie, die wissenschaftliche Tätigkeit für unangemessen für Adlige und ganz besonders für adlige Frauen ansah, aneignen. Unterstützt wurde sie von ihrem älteren Bruder Tycho Brahe. Er unterrichtete sie in Gartenbaukunst und Chemie. Ihre Kenntnisse in der Astronomie, die sie am meisten reizte, eignete sie sich selbständig an, denn Tycho schienen Mathematik und Astronomie als zu kompliziert für ein Mädchen. Da sie nicht Latein hatte lernen dürfen, ließ sie auf eigene Kosten lateinische Bücher übersetzen. Ihr Bruder erkannte ihre Fähigkeiten bald an, so dass sie schon als Jugendliche häufig mit ihm zusammenarbeitete. In seinem Schlossobservatorium Uranienborg auf der Öresundinsel Ven vor Landskrona führten sie gemeinsam Himmelsbeobachtungen durch und verfassten einen neuen Fixsternkatalog von tausend Himmelsobjekten. Gemeinsam beobachteten und beschrieben sie am 11. November 1572 die erste bekannte Supernova, am 8. Dezember 1573 eine Mondfinsternis und 1577 einen Kometen. Ihr eigener Anteil an den Arbeiten ihres Bruders ist mangels Aufzeichnungen nicht genau zu rekonstruieren. Pierre Gassendi berichtet jedoch in seiner Biographie über Tycho Brahe von ihren hervorragenden Kenntnissen.
Die Zusammenarbeit wurde um 1579 von einer erzwungenen Heirat mit dem 33-jährigen Otto Thott und der Geburt des Sohnes Tage Thott (1580–1659) unterbrochen. Sophie legte bei Eriksholm (heute Trolleholm), dem Gutshaus ihres Mannes in Schonen, einen berühmten Garten an, erweiterte ihre chemischen und medizinischen Kenntnisse durch das Studium von Paracelsus und war für die Gutsuntertanen als Ärztin tätig. 1587 überschrieb ihr König Friedrich II., der Tycho sehr förderte, das nahegelegene Gut Årup bei Ivetofta, dessen Kirche sie renovieren und neu ausstatten ließ. Die Kirchenausstattung ist teilweise erhalten.
Nachdem Brahes Ehemann 1588 gestorben war, erzog sie den Sohn und verwaltete ihre Güter. Als Witwe genoss sie größere Freiheit und konnte ihre Studien in Chemie und Medizin fortsetzen und die gemeinsamen Erforschungen der Gestirne mit ihrem Bruder wieder aufnehmen.

Dafür reiste sie mehrmals im Jahr nach Ven. Gemeinsam mit ihm und auch selbständig fertigte sie Horoskope an. Zu dieser Zeit verfasste sie einige eigene Schriften zur Astronomie, die ihr Bruder zu veröffentlichen plante. Diese sind jedoch nicht erhalten. Sie begleitete ihren Bruder auch bei öffentlichen Anlässen, zu denen seine bürgerliche Frau nicht zugelassen war.
1590 verlobte sie sich mit Einverständnis ihres Bruders Tycho mit dem dänischen Adeligen und Alchemisten Erik Lange. Langes Schwester war mit ihrem Bruder Knut verheiratet. Lange verschwendete durch seine Experimente sein ganzes Vermögen und musste 1592 wegen seiner hohen Schulden nach Norddeutschland fliehen. Aus dieser Zeit stammt das 1594 von Tycho Brahe im Stil von Ovid verfasste lateinische Gedicht Urania Titani, ein fiktiver Brief, in dem Urania (Sophie Brahe) die Trennung von Titan (Lange) beklagt. Die Zusammenarbeit der Geschwister endete, als Tycho 1597 erst nach Wandsbeck zu dem Humanisten Heinrich Rantzau und nach dessen Tod 1598 nach Prag an den Hof des kultur- und wissenschaftsbegeisterten Kaisers Rudolf II. zog, wo er 1601 starb. Sophie blieb mit ihren Sohn in Eriksholm zurück. 1598 heiratete ihre gleichnamige Nichte, Tochter ihres Bruders Axel, eine ebenfalls hochgebildete Frau, den Gelehrten Holger Rosenkrantz, mit dem Sophie und Tycho Brahe in wissenschaftlichem Austausch standen.
Als im folgenden Jahr ihr Sohn Tage Thott zu einer mehrjährigen Bildungsreise ins Ausland aufbrach, begleitete Sophie Brahe ihn nach Hamburg und traf dort 1599 den hochverschuldeten Erik Lange wieder und unterstützte ihn. Nach Tychos Tod und einer mehr als zehnjährigen Verlobungszeit heirateten Sophie und Erik Lange 1602 in Eckernförde. Ihre Familie akzeptierte ihre Eheschließung und ihre wissenschaftlichen Studien nicht und hielt die ihr zustehenden Gelder zurück, weshalb das Ehepaar zunächst in Armut lebte, wie Sophie in einem erhalten gebliebenen Brief an ihre Schwester Margaretha klagte. Nach der Hochzeit zogen sie auf ihr Gut Årup, wo sie auch selbst alchemistische Studien durchführte. 1613 starb Erik Lange in Prag, wo er seit 1608 getrennt von seiner Ehefrau gelebt hatte.

Nach Langes Tod ließ Sophie Brahe sich in Helsingør nieder und verfasste eine Genealogie der dänischen Adelsfamilien. Das 1626 abgeschlossene Manuskript umfasst 900 Seiten und wird heute in der Universität Lund aufbewahrt.[6] Nach ihrem Tod wurde sie nicht in Ivetofta beigesetzt, wo bereits ein Grabstein für sie angefertigt war, sondern an der Seite ihres ersten Mannes in der Grabkapelle der Familie Thott in der alten, im 19. Jahrhundert durch einen Neubau ersetzten Kirche von Torrlösa.

Nach Sophie Brahe heißt seit 2006 die Sophie-Brahe-Gemeinschaftsschule in Berlin.

So, das war mein Beitrag zum Weltfrauentag 2021.
Als Quellen dienten mir, wie so oft, Wikipedia und dazu noch ein Artikel der @Riffreporter, den sie mal hinter einem Türchen eines Adventskalenders versteckten.