Helfende Sternchen


Meine lieben,

heute gibt es mal einen ganz ungewöhnlichen Artikel, der vor allem diejenigen unter uns, die schon etwas älteren Semesters sind, und Hilfsmittel benutzen, interessieren könnte. Es geht um alte Zeiten, alte Hilfsmittel und deren Namen, die oft einen astronomischen Bezug hatten.

Es wundert nicht, dass Hilfsmittelhersteller gerne astronomische Namen vergaben, wenn man bedenkt, dass wir schon lange Schokoriegel nach Planeten oder unserer Milchstraße benennen, und Mediamärkte die Ringe unseres sechsten Planeten im Logo und seinen Namen tragen, dann spürt man die Kraft, die von Namen mit astronomischen Bezügen ausgeht.

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und chronologischer Reihenfolge, weil das alles nun doch schon teilweise mehrere Jahrzehnte her ist.
Immer wieder bin ich für die schöne Zeit dankbar, dass ich mit erleben konnte, wie sich das alles entwickelte.

Die sprechende Rakete

Mein erstes revolutionäres Hilfsmittel für meinen ersten PC durfte ich mir 1990 kaufen. Es war die externe Sprachausgabe, Namens Apollo, von Dolphin. Diese wurde seriel an den PC, damals noch ein 2-86er mit 16 MHz angeschlossen. Wieso diese Sprachbox den vollmundigen Namen Apollo bekam, lässt sich nur mutmaßen. Ich denke, dass hier eine gewisse Aufbruchstimmung zum Ausdruck kommen sollte, die der Zugang zum PC für blinde Menschen mit dem Aufbruch zum Mond andeuten sollte. Und das traf in gewisser Weise durchaus zu. Ihr müsst euch vorstellen, dass wir vor dem PC meist auf mechanischen Punktschrift-oder mechanischen Schwarzschriftmaschinen schrieben. Bei zweiteren konnten wir nicht mal lesen, was wir schrieben, und korrigieren schon gar nicht. Das war mit einem PC und einer Apollo plötzlich möglich. Das Internet gab es noch nicht, aber wir wählten uns über Moodem und Telefon auf Computer ein, die dann als Server zum Austausch von Nachrichten und Dateien dienten.
Der Name „Apollo“ für das Mondprogramm war eine Idee des NASA-Managers Abe Silverstein, damals Leiter der Abteilung für Raumfahrt-Programme (Office of Space Flight Programs). Er bezog sich dabei auf den Gott Apollon der griechischen Mythologie, dem Gott der Sonne, der Heilkunst, Weissagung, Dichtkunst, Musik und der Bogenschützen.

Die erste Version der Apollo-Sprachausgabe trug tatsächlich die Nummer eins. Das entbehrt nicht einer gewissen Tragik, denn in der Kapsel von Apollo1 passierte der schwerste Unfall des ganzen Mond-Programms. Drei Astronauten verbrannten in der Kapsel, die nicht mal flog, sondern auf der Erde getestet wurde.
Ich glaube, ich hätte, wenn schon Apollo der Name sein soll, die Eins übersprungen, oder ganz auf die Nummerierung verzichtet.

Später gab es dann eine Version2. Die klang etwas besser und hatte ein etwas moderneres Design.
Immerhin konnte man sich die Zwei in römischen Zahlen, oder je nach Schrifttyp als Elf (II), Apollo11 denken. Und die war, wie wir alle wissen, die erste auf dem Mond.

Und der absolute Brüllwürfel in dieser Serie von Sprachausgaben war die „Jupiter“. Sie war ein großer Tisch-Lautsprecher aus Holz. Für Sprachausgabe hatte sie ordendlichen Bass und den Namen Jupiter trug sie ob ihrer Größe zurecht. Ich bin mir jetzt gar nicht mehr sicher, ob sie auch einen Line-In-Eingang für Walkmans o. Ä. hatte. Das hätte sich bei dem Klangvolumen eigentlich angeboten.

In diese Reihe von Sprachausgaben passt auch noch eine Steckkarte für Stand-Rechner, die „Europa“ hieß. An diese musste man dann noch einen Lautsprecher oder Kopfhörer anschließen.
Europa ist ein Mond des Jupiters, unter dessen Eiskruste man einen flüssigen Ozean erwartet. Theoretisch könnte es in diesem Meer so warm sein, dass Leben möglich wäre. Das werden künftige Raumsonden hoffentlich aufdecken.
Ein weiterer astronomischer Bezug zu Europa ist folgender:
Wikipedia weiß:

Europa (altgriechisch Εὐρώπη Eurṓpē; eine Gestalt der griechischen Mythologie, ist die Tochter des phönizischen Königs Agenor und der Telephassa. Zeus verliebte sich in sie und darauf verwandelte er sich wegen seiner argwöhnischen Gattin Hera in einen Stier. Sein Bote Hermes trieb eine Stierherde in die Nähe der am Strand von Sidon spielenden Europa, die der Zeus-Stier auf seinem Rücken entführte. Er schwamm mit ihr nach Matala auf der Insel Kreta, wo er sich zurückverwandelte. Der Verbindung mit dem Gott entsprangen drei Kinder: Minos, Rhadamanthys und Sarpedon. Auf Grund einer Verheißung der Aphrodite wurde der fremde Erdteil nach Europa benannt.

Den Stier haben wir bis heute als Sternbild am Himmel, und der Merkur ist Hermes in der griechischen Sagenwelt.

Ich bin mir zwar sicher, dass diese Sprachausgabe einst nicht wegen dieser astronomischen Bezüge nach Europa benannt wurde; namensgebend dürfte hier die Tatsache gewesen sein, dass sie eine, vielleicht die erste Sprachausgabe war, die vier europäische Sprachen im Rucksack hatte.
Ich lasse sie hier trotzdem mitmachen, weil die Astronomie dazu so schön ist.

Was soll sie sagen?

Wenn man eine externe Sprachausgabe an einen PC anschließt, dann braucht sie ja noch die Information, was sie sagen soll. Das erledigte unter dem damaligen Betriebssystem MS-DOS ein Bildschirmleser, der im Hintergrund die ein- und Ausgaben überwachte und die Daten lieferte, die dann ausgesprochen wurden. Auch diese Steuer-Software trug einen großen Namen. Sie war nach dem sprechenden Computer aus dem Film Odysssee2001, Hal, benannt. Dieser Film wird bis heute zumindest unter Sehenden sehr gefeiert. Für uns Blinde ist er eher schwierig, weil darin sehr viel Stille herrscht, was die Einsamkeit im Weltall natürlich absolut trifft. Ich weiß noch, als ich in meiner Studienzeit mal zu einem Filmeabend mit allem, was da Studenten so konsumieren, eingeladen wurde. Wir schauten u. A. diesen Film. Mein Freund war sehr enttäuscht, dass ich mit dem Film leider nichts anfangen konnte. Er brauchte etwas Zeit, bis er mein Problem verstand…
Wer die deutsche Synchronstimme von Hal nochmal hören möchte, kann sich das deutsche Hörspiel „Game Over“ besorgen. der Computer „Abraham“ wird von derselben Person gesprochen. Die Reproduktion von Abraham, ismael, der dann das Gebäudesystem mittels eines Computerspiels überninnt, und sich dafür rächt, dass die Betreiber des Gebäudesystems seinen Bruder Isaac abgeschaltet haben, wird von der ebenfalls sehr verbreiteten externen Sprachbox „Infovox“ gesprochen. Sehr gut gemacht, sage ich euch. Kann ich nur empfehlen.

Sternchen zum Sehen

Personen mit Sehrest können mit einem geeigneten Großschriftsystem sich den Inhalt des Bildschirmes vergrößert anzeigen lassen.
Neben der Software Zoomtext, die es bis heute gibt, existieren die beiden Systeme Supernova und Luna. Die beiden Namen passen super. Denn Luna, der Mond nimmt zu und ab. Man sieht also mal mehr und mal weniger von ihm. Die Supernova ist natürlich noch gewaltiger. Die Pixel des Bildschirms blähen sich auf, alles wird viel heller, und natürlich auch größer. Supernova kann sowohl von Menschen mit Sehbeeinträchtigung, als auch von blinden Menschen eingesetzt werden, da es die Funktionalität eines Bildschirmlesers für Blinde einschließlich Software-Sprachausgabe mit sich bringt. wie gut die Vergrößerung tatsächlich war, kann ich nicht beurteilen. Die Bedienung für blinde Menschen habe ich bei diesem englischen Produkt aber immer etwa so empfunden, als würde man links fahren, weil diese zumindest damals, als ich es benutzte sehr stark von allen anderen Bildschirmlesern abwich, die sich ansonsten doch in den wesentlichen Punkten ähnelten.

Luna ist mittlerweile auch mit dem Bildschirmleser JAWS verschmolzen, denn es wurde erkannt, dass auch Menschen mit Sehrest dann und wann gerne auf die volle Funktionalität eines Bildschirmlesers für blinde Menschen zugreifen.

Virgo ist ein deutsches Produkt gewesen, das sehr wahrscheinlich seinen astronomischen Namen dadurch erhielt, weil man „Virtuelle graphische Oberfläche“ damit gut abkürzen konnte. Mag aber auch sein, dass dieses Akronym erst später aufgekommen ist. Astronomisch gesehen ist Virgo die Jungfrau und ein Galaxienhaufen, dem auch wir angehören. Da fällt die direkte astronomische Verbindung schwer.

Immerhin war dem Hersteller der Bezug bewusst, denn irgendwann gesellte sich auch diesem sog. Screenreader eine Großschrift hinzu, die Galileo genannt wurde. Und das könnte astronomischer nicht sein. Ich glaube, es gab später sogar ein erstes digitales Monokular, gleichen Namens. Ob Großschriftsystem oder Fernrohr. Beides führt Menschen mit Sehbeeinträchtigung derart in die Welt, wie es damals Galileo den Himmel offenbarte.

Ein weiterer Bildschirmleser, der Nachfolger von Virgo, war Cobra.
Ich will nichts schlechtes über das Produkt sagen, aber als ich eine Testversion bei mir installierte, musste ich in mühevoller Kleinarbeit meine Kiste neu aufsetzen…
Die Cobra gibt es zwar nicht am Himmel, aber dafür die Schlange und auch die Hydra mit dem Medusenkopf.

In den asiatischen Sternbildern gibt es die Schlange auf jeden Fall. Und den Drachen (Dragon), den manche von uns als Texteingabe-Software nutzen, eben auch, der dann und wann die Sonne frisst.
Wir erinnern uns an die beiden chinesischen Hofastronomen, Hi und Ho, die geköpft wurden, weil sie im Suff vergaßen, eine Sonnen- oder Mondfinsternis voraus zu sagen.

Und bei den Fischen, und sonstigen Meeresbewohnern, werden wir bei unseren Hilfsmitteln
auch fündig.
Ich weiß nicht wieso sich die meisten Hersteller von Screenreadern für Einen Hei (JAWS), einen Delfin (Supernova) oder einen Schwertwal (Orca) entschieden haben.
OK, der Delfin und der Schwertwal sind keine Fische, aber nehmen wir es mal mit der Biologie nicht ganz so genau. Manche sagen ja auch „Fischfleisch“…
Den Hund, den viele von uns als Begleiter und Kameraden schätzen, gibt es am Himmel natürlich auch.

Flimmerkisten

Ein Bildschirm-Lesegerät (Blg) besteht im wesentlichen aus einem Bildschirm, der mit einem Kamerasystem verbunden ist, unter welches man das Lesegut zur Vergrößerung legen kann.
Anfang der Neunziger gab es eine Serie von Bildschirm-Lesegeräten, die Voyager hieß. Innovativ war, dass man mit diesen Geräten den Bildschirm derart teilen konnte, dass eine Hälfte zur Darstellung des PC-Inhaltes, und die andere für das Kamerabild verwendet wurde. Dass dieses Gerät Voyager getauft wurde, hat seinen Grund. Mit immer besserer Technologie begann für viele von uns tatsächlich eine Reise in die Welt, die mit derjenigen, welche die beiden Voyager-Sonden durch unser Sonnensystem antraten, durchaus vergleichbar ist. Plötzlich standen uns Türen offen, die vorher verschlossen waren. Auch ich empfand es damals, als ich noch einen kleinen Sehrest hatte. Unsere Blindenschule erhielt das erste Lesegerät in Farbe. Das wurde gehütet, wie ein Gral. Man musste mit dem Biologie-Lehrer gut stehen, wenn man mal Beobachtungszeit daran außerhalb des Unterrichtes haben wollte.
Zeit am einzigen Lesegerät in Farbe zu bekommen war ähnlich schwierig, wie man z. B. um Beobachtungszeit auf dem Hubble-Teleskop kämpfen muss…
Mein altes Lesegerät war damals quasi eine Kamera, die an einen umgebauten Schwarz-Weiß-Fernseher angeschlossen war. Das war mehr als nichts, aber kein Vergleich zu dem wohl gehütetem Gerät mit Farbe. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass meinen Augen die AOK-Flimmerkiste mehr schadete als half. Man soll aber nicht undankbar sein. Es war damals ein Anfang, der vielen von uns deutlich mehr Lebensqualität und Unabhängigkeit brachte.

Ich frage mich manchmal, was ich heute mit den modernen Flachbildschirmen und den hoch auflösenden Kameras mit meinem Sehrest von damals noch hätte sehen können.

Die Welt wird größer

Aber manchmal waren auch ganz andere Lesehilfen eine ganz neue Erfahrung.
Ich erinnere mich noch, wie das war, als meine Schwester noch als kleines MädchenKontaktlinsen bekam. Vorher musste sie immer eine Brille mit Flaschenboden-Gläsern tragen. Selbstverständlich wurde sie dafür oft gehänselt. Als sie die Linsen von meiner Mutter eingesetzt bekam, kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus, weil alles so viel größer und näher als vorher trotz dieser dicken Brille war. Wie viel mehr muss es dann erst für jemand mit Sehbeeinträchtigung bedeuten, wenn man Zugriff auf so ein modernes Lesegerät in Farbe hatte.

Meine Befreiung

Auch ich hatte so ein Erlebnis.
1995 erhielt ich mein erstes Vorlesesystem, mit dem man ein Buch einscannen und sich anschließend per Sprachausgabe vorlesen lassen konnte.
Es nannte sich „Leseass Junior“, durfte aber dennoch Tausende Seiten Astronomie vorlesen.
Dafür opferte ich ein ganzes Studiensemester, in welchem ich täglich viele Stunden vor diesem Gerät verbrachte und manchmal mehrmals wöchentlich Kunde der Stadtbibliothek war. In diesem halben Jahr las ich quasi nur. Es war, als stünde ich am Brunnen des Wassers meines Lebens. Tröpfelte bisher nur wenig Literatur durch unsere Hörbüchereien und noch viel weniger in Blindenschrift zu mir, so ergoss sich nun dieser unerschöpfliche Quell. Ich konnte mir vorlesen lassen, was ich wollte, so lange es sich um Fließtext handelte. Das war eine Befreiung.

Wer nicht nur hören will, darf auch fühlen

Jeder weiß, dass selber lesen etwas anderes ist, als sich etwas vorlesen zu lassen, genau so, wie sprechen etwas anderes als schreiben ist; und alle vier Gaben brauchen wir für gutes Textverständnis und eine gute Sprachkompetenz.

Um dem Rechnung zu tragen, gibt es zumindest in Ländern mit gut ausgebautem Gesundheits- und Sozialsystem die Möglichkeit, als Hilfsmittel eine Punktschriftzeile zu bekommen. Die können schon mal je nach Größe den Preis eines Kleinwagens haben.

Und glaubt mir. Ich sehe das z. B. in einer Email sofort, ob jemand nur mit Sprachausgabe, oder mit Zeile arbeitet.
Blinde Menschen müssen tatsächlich aufpassen, dass sie nicht durch die ausschließliche Benutzung der Sprachausgabe zu Analphabeten werden. Also wer es kann, sollte sich die Punktschrift unbedingt mal anschauen. Und wenn sie zum Schluss nur dazu dient, dass man selbstständig seine Medikamente unterscheiden kann, die mittlerweile fast alle mit Braille beschriftet sind.
Mir ist aber auch bewusst, dass es viele späterblindete Menschen gibt, für welche das nicht mehr möglich ist. Für die sind natürlich Sprachausgaben das absolute Tor zur Welt.
Wie auch immer. Einige von diesen kostbaren Stücken erhielten auch „himmlische“ Namen.

Da gab es eine Braillestar. Das war schon ein Sternchen am Punktschrifthimmel, denn diese schöne Zeile bot einiges an Innovation, z. B. die ausfahrbare Ablage für ein Laptop, schöne den Fingerkuppen angepasste Braille-Module und einiges an Software, wie z. B. einen Editor, Kalender und mehr. Ich mochte sie gerne.
Unzählige Bücher, auch astronomische, habe ich mir dort rein geladen, und sie dann unterwegs gelesen.

Es gab auch eine Zeile Namens Voyager, an die ich mich aber gerade nicht mehr erinnern kann. Die Gründe, sie mit der Reise in die Welt der Schrift zu verknüpfen, liegen auf der Hand.

Die Zeile mit dem Beinamen „Satellite“ wurde so benannt, weil die Navigationstasten so angeordnet waren, als würden sie um eine große runde Taste in der Mitte kreisen, also wie Satelliten und die Erde.

Jemand wies mich gerade darauf hin, dass es anscheinend auch mal eine Zeile Namens Pegasus gab, bzw. noch gibt. Leider bin ich dieses Himmelsross nie geritten. Aber vermutlich nannten sie das Teil so, weil man damit eventuell schnell durch Dokumente navigieren kann. Wer weiß, wie die Zeile aussieht, kann das mal kurz erklären. Damit habe ich nämlich so überhaupt keine Erfahrung.

Es gibt auch eine Firma, deren Produkt z. B. Orbit-Reader heißt. Den konnte ich aber bisher nicht testen. Es handelt sich dabei aber um eine sehr günstige Punktschriftzeile, die vor allem für solche Länder spannend wird, wo die finanzielle Decke eher dünn ist.

Vor dem Hintergrund, dass etwa 90 %, in Worten: neunzig Prozent, aller Blinden weltweit keinen Zugang zu Punktschrift haben, ist dieses Produkt sehr spannend. Man stelle sich vor, wir hätten 90 % Analphabeten…

Orientierung und Mobilität

Es gibt auch Hilfsmittel im Bereich von Orientierung und Mobilität mit astronomischem Bezug.

Da gab es einen sprechenden Kompass, der Kolumbus hieß. Dieser elektronische Kompass konnte einen kontinuierlich darüber informieren, in welche Richtung man gerade geht. Vorher gab es nur mechanische Kompasse. Die zwangen einem zum stille stehen, zum Aufklappen und Ablesen des Instrumentes. Das musste man je nach den schon nach wenigen Schritten wiederholen.
Und ja, der Name ist irgendwie Programm. Das Problem, dass man mit einem Kompass alleine gar nicht so viel anfangen kann, hatte Kolumbus teilweise auch. Er hatte zwar ganz gute Sternenkarten von Johann Müller, eher als RegioMontanus bekannt, aber verfahren hat er sich trotzdem, weil er ohne Schiffsuhr Probleme mit der Bestimmung des Längengrades hatte. Immerhin waren seine Ephemeriden (Sternenkarten für die Seefahrt) so gut, dass er eine Mondfinsternis richtig voraussagen konnte, die ihm und seiner Mannschaft das Leben rettete.

Natürlich benutzen auch wir Blinden mittlerweile Navis, so dass wir auf wenige Meter genau wissen, wo wir uns zumindest im freien befinden.
Eines davon wird dann auch einen astronomischen Namen bekommen, wenn es dann erst mal da ist.
Die Firma HumanWare kündigt seit Wochen den „StellarTrek“ an. Das Ding soll GPS-Navigation mit Kameras und irgendwelchen weiteren Sensoren vereinen. Dies soll es ermöglichen, nicht nur bis auf die letzten Meter genau zu einem Punkt zu navigieren (also mit GPS), sondern mithilfe der restlichen verbauten Technik auch Schilder, Hausnummern, Beschriftungen aller Art usw. zu identifizieren und so sein Ziel zu finden. Der Preis wird in Deutschland, sollte das Ding überhaupt einen Distributor finden, mit Sicherheit über 2.000 € liegen. Ob das ein astronomischer Preis ist, sei mal dahingestellt.

Abspann

Ich bin mir sicher, dass ich noch das ein oder andere Hilfsmittel mit „himmlischem“ Namen vergessen habe. Wem noch eines einfällt, bitte gerne in die Kommentare damit. Das würde mich freuen.

Und wer sich mal so richtig nerdig für alte elektronische Hilfsmittel interessiert, dem darf ich die Folge zu elektronischen Hilfsmitteln des Podcasts von Merkst.de wärmstens empfehlen. Dort kann man viele davon sogar hören, was die damals für einen Lärm machten.

Astronomie ohne Sternensicht


Meine lieben,

Abgesehen von meinem Jahresrückblick melde ich mich heute bei euch mit meiner zweiten Veranstaltung, die ich in diesem Jahr bereits hatte bei euch zurück, obwohl es noch so jung.

Vorgeschichte

Seit einiger Zeit veranstaltet die Sternwarte München gemeinsam mit dem Bayrischen Blindenbund astronomische Abende für blinde Menschen. Das machte mich natürlich hellhörig. Auch der Veranstalter fand mich im Netz, und so kamen wir zusammen.

Der verfasst einen ganz wunderbaren Newsletter, der wöchentlich erscheint.
In diesem Newsletter erfährt man viel zum Jahreslauf, z. B. was es gerade am Himmel zu sehen gibt, es erscheinen schöne Geschichten aus der Mytologie, Phänomene werden erklärt und oft gibt es dann noch ein Video zu einem Thema.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist, dass alle Bilder extra für uns beschrieben werden. Das ist dem Macher des Newsletters so wichtig, dass er es sogar ausdrücklich erwähnt.

Sternenkartenselfi
Dieses obige Bild beschreibt er z. B. so:

Das Foto zeigt Gerhard mit tastbarer Sternkarte in der Hand und daneben stehend ein Modell der Saturn-5-Rakete.

Jetzt hoffe ich, dass ich das richtige Bild aus der Mediathek gefischt habe…
Auf jeden Fall ist das von Eberhard so vorbildlich, dass sich viele daran ein Beispiel nehmen können. In den sozialen Netzwerken wird fast kein einziges Bild für uns erklärt. Und wie man am Beispiel sieht, ist das doch gar nicht so schwer. Nur mut. Eine schlechte Beschreibung ist mehr, als gar keine. Der Wille zählt.

Auf diesem Newsletter war ich am letzten Sonntag Gast mit einem Text, der meinen Zugang, den Zugang des Blinden zum All, erklären sollte.

Als ich vor sechs Jahren diesen Blog startete, schrieb ich in Wieso ich Astronomie treibe, bereits aus der Sicht meiner persönlichen Entwicklung darüber. Im heutigen Text orientiere ich mich vor allem an den Tatsachen, welche die Astronomie so zugänglich für alle (inklusiv) sein lassen.
Also los:

Zu meiner Person:

Am 21. Februar 1969 wurde ich als fünftes von sechs Kindern in Schopfheim geboren. Da ich zwei Monate zu früh das Licht der Welt erblickte, musste ich zunächst in den Brutkasten. Nicht selten, so auch bei mir, führte dies zu einer Augentrübung, die der Grund für meine Blindheit ist.
Aufgewachsen bin ich mit meinen zwei Brüdern und drei Schwestern in einer Arbeiterfamilie. Somit führte vor allem mein Vater uns schon als Kinder an technische Dinge heran und lehrte uns den Umgang mit Werkzeug und Werkstoffen wie Holz.
Von meiner Mutter wurden wir schon als Kinder stets zur Arbeit und Mithilfe in Haus, Hof und Garten herangezogen. Jeder musste für alle etwas übernehmen und war dafür verantwortlich.
Dass ich in einer solchen Umgebung aufwachsen durfte, förderte natürlich mein Interesse an technischen Dingen, und führte mich letztlich zu meinem Lieblingshobby, der Astronomie.
Wie alle Kinder meines Alters wuchs auch ich ganz selbstverständlich im Schatten von Captain Kirk und seiner Enterprise auf.
Star Wars, Raumpatrouille und viele andere beeindruckten mich schon immer sehr. Stets mochte ich Handlungen mit viel technischem Bezug.
Außerdem faszinierten mich die futuristischen Geräusche sehr.
Ich habe das große Glück, seit dem Jahr 2000 als diplomierter Informatiker am Institut ACCESS@KIT (A@K) arbeiten zu dürfen, ohne das meine Vorträge zu astronomischen Themen nicht möglich wären.

Ich höre die Sterne nicht und fühle auch den Vollmond nicht. Hätte ich keinen Kalender, wüsste ich gar nicht, wann Vollmond ist.
Und trotzdem ist die Astronomie eines der inklusivsten Hobbys, das ich kenne.

Nagende Zweifel

Was, das glauben Sie nicht? Damit sind Sie nicht alleine. Viele, die in meine Veranstaltungen kommen, sind erstmal skeptisch und werden von
Fragen und Zweifeln getrieben.
Das klingt dann ungefähr so:

Wieso machst Du das? Da hast Du doch eh nichts davon!
Wie willst Du da mitreden? Du siehst das doch gar nicht.

Weil ich das weiß, eröffne ich viele Vorträge ungefähr dann so:

Jetzt Hand aufs Herz. Wer hat momentan diesbezüglich auch berechtigterweise noch Fragezeichen in den Augen? Die oder derjenige möchte bitte die Hand heben. Keine Angst. Ich „schaue“ weg. Es stellt sich also niemand bloß. Bitte zählt mal jemand, der sehen kann, durch.
Am Schluss der Veranstaltung machen wir das Spielchen nochmal. Dann werden wir sehen, ob und wieviel sich bewegt hat.

Das geht natürlich hier in einem Newsletter nicht so gut mit dem Hand heben. Aber ob sich bei Dir ganz persönlich was bewegt und verändert hat, fühlst Du ja dann selbst.
Also liegt es nun bei mir, euch zu zeigen, dass die These, dass Astronomie barrierefrei sei, stimmt.

Das geht uns alle an

Zunächst ist die Astronomie etwas für Alle, weil sie sich mit Fragen beschäftigt, die uns alle umtreiben und angehen.

  • Wo kommen wir her?
  • Wo gehen wir hin?
  • Wie war der Anfang?
  • Wie wird das Ende sein?
  • War es ein Schöpfergott?
  • Wie funktioniert das Universum?

Da ist doch schon einiges dabei, das auch für Menschen interessant ist, die nicht sehen können…

Kommen wir nun aber zu mir und meinen Gründen, wieso ich Astronomie so spannend für mich finde:

Ich habe meine Gründe

  • Die meisten Dinge in der Astronomie spielen sich mittlerweile nicht mehr visuell ab.
  • Ergebnisse zeigen sich häufig als Tabellen über Strahlungsarten und oder Verteilungen.< Diese sind mit heutiger Technologie auch blinden Menschen zugänglich und können von ihnen interpretiert und verstanden werden.
  • Die Sicht auf Sterne ist wegen der nächtlichen Lichtverschmutzung meist unmöglich.
  • Im Vergleich zu der großen Zahl an Sternen, die es alleine in unserer Milchstraße gibt, sind die wenigen, die man selbst bei bester Sicht mit bloßem Auge sehen kann, vernachlässigbar.
  • Dass ein klarer nächtlicher Sternenhimmel eine Augenweide darstellt, ist sicher unbestritten; unter dem Strich ist dies aber relativ
    unwesentlich für die Astronomie als Ganzes.
  • Das Universum besteht nur zu vier Prozent aus dem, was für Augen vermeintlich so interessant ist. Tja, da kann man nichts machen.
    Stellen Sie sich vor, Sie sähen nur noch vier Prozent Ihres Fernsehbildes. Vermutlich würden Sie dann dieses abendliche Vergnügen rasch aufgeben.
  • Dunkle Energie und dunkle Materie weigern sich strickt, gesehen zu werden. Hören lassen sie sich bisher allerdings auch noch nicht,
    und somit besteht hier Chancengleichheit, was die Suche danach angeht.
  • Schwarze Löcher sind – zumindest wenn sie gerade hungern – so schwarz, dass man mit den besten Augen nichts damit anfangen könnte.
    Alles Unsichtbare ist prädestiniert, auch von Blinden erobert zu werden.

Na, jetzt sollten die Zweifel doch schon langsam zu bröckeln beginnen, nicht wahr?
Dann lasst uns doch einige dieser Punkte mal etwas genauer betrachten.

Erstes Beispiel:

Die Idee, dass die Bewegungen von Himmelskörpern, z. B. von Planeten musikalisch- harmonischen Gesetzen gehorchen sollten, geht bis auf Pythagoras und die alten Griechen zurück. Selbst Johannes Kepler versuchte in einem seiner Bücher noch, die Bahnen der Planeten auf Musiknoten abzubilden. Da liegt es doch nahe, dass man diesem Gedanken noch heute, wo wir über Computer und Sound-Systeme verfügen, nochmal auf den Grund gehen wollte.
Und das wurde tatsächlich gemacht. Ich schrieb darüber in Klingende Planetenbahnen

Beispiel zwei

Nehmen wir die Tatsache, dass sich viele Dinge in der Astronomie heutzutage nicht mehr im visuellen Bereich abspielen. Da gibt es die Radioastronomie, die gerade für blinde Hörmenschen par excellence, ein unheimlich reichhaltiges Radioprogramm liefert.
Man kann z. B.

und vieles mehr.
Auf meinem Blog habe ich diesen Themen eine ganze Kategorie gewidmet.
Wer sich dafür interessiert, sollte mal in Mit dem Ohr am Teleskop stöbern.
Selbst alle großen Raumfahrtagenturen haben die Sonifikation, also die Verklanglichung von Himmelsphänomenen mittlerweile für sich entdeckt.
Sogar der aktuelle Rover auf dem Mars, ja, der mit dem Hubschrauber, hat ein Mikrofon dabei.
Hier könnt ihr anhören, was der Rover so hört.

Das liegt ja auch nahe, denn was man nicht sehen kann, z. B. infrarotes Licht, muss auch für Sehende aufbereitet werden. In dem Sinne ist dann die Sonifizierung fast dasselbe. Das kann uns wissbegierigen blinden Astronomen nur recht sein.
Die riesigen Staubwolken, die das Hubble-Teleskop „Die Säulen der Schöpfung“ genannt, entdeckte, sind eine wahre Kinderstube neuer Sternentstehung.
Die optischen Daten wurden verklanglicht und klingen dann so.
Es gibt mittlerweile auch Bilder der Säulen vom JWST, das im infraroten Bereich durch die Staubwolken in die Säulen direkt auf die jungen Sterne blicken kann.
Alles, was für die Augen visualisiert werden muss, ob Infrarot, Röntgenstrahlung oder der ganze Radiobereich, kann auch akustisch aufbereitet werden. Ob ich einer Welle beispielsweise eine Farbe zuordne, oder einen Ton oder Sound, ist fast einerlei.

Podcasts und Sendungen:

Es gibt sie zu den unterschiedlichsten Themen. Podcasts sind Sendungen, die ohne Bilder auskommen müssen, weil sie häufig mobil von unterwegs angehört werden. Was zu beschreiben ist, muss also für alle so erklärt werden, dass man es auch ohne Bildinformation versteht. Das kommt blinden Menschen natürlich sehr zu pass, und ist somit inklusiv.
Welche wichtige Informationsquellen Podcasts für mich mittlerweile geworden sind, beschrieb ich in
Podcasts, ein inklusives Tor zu Bildung und Wissen.

Bücher, Bücher, Bücher

  • Ich stieß Anfang der 90er auf das Hörbuch „Kurze Geschichte der Zeit“ von Steven Hawking. Hierzu gab es auch einen Kinofilm. Interessant ist, dass ich stets gefragt wurde, ob ich die Bücher von Hawking kenne. Allerdings nicht wegen ihrer Inhalte, sondern weil auch Hawking behindert war – wenn auch ganz anders als ich. Ich machte die merkwürdige Erfahrung, dass viele Menschen stets davon ausgehen, alle Behinderten würden sich untereinander kennen – und was noch wichtiger ist: sich gegenseitig ganz lieb haben.
  • In dieser Zeit wurde die Audioausgabe der Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ durch den Deutschen Verein für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf herausgegeben, die ich sofort abonnierte und bis heute immer wieder verschlinge.
  • Ich stieß auf die Bücher und Sendungen von Joachim Ernst Behrendt, der mir erstmals zeigte, dass alles irgendwie Klang ist.
    Von Radioaufnahmen von Pulsaren, dem Sonnenwind, und vielem mehr, findet sich alles in seinen Sendungen „Nada Brahma“ und „Das Ohr ist der Weg“.
  • In der Blindenhörbücherei entdeckte ich – auf ungefähr 20 Kassetten aufgelesen – das Buch „Der Stern, von dem wir leben – Den Geheimnissen der Sonne auf der Spur“ von Rudolf Kippenhahn, dessen Vortrag ich schon erwähnt habe. Mich faszinierte an diesem Buch vor allem, dass alle darin enthaltenen grafischen Elemente zusätzlich mit einer derart ausführlichen Texterklärung versehen waren, wie ich es selten bei anderen Autoren erlebt habe. Es schien fast so, als würde er auch an blinde Menschen denken, die auf derlei Beschreibungen angewiesen sind.
  • Neben den Roboter-Romanen Isaac Assimovs fesselten mich auch seine populärwissenschaftlichen Werke, z. B. „Explodierende Sonnen“, oder „Die Rückkehr des Halleyschen Kometen“.
  • Und jetzt kommt der Oberhammer:
    1995 erhielt ich mein erstes Vorlesesystem, mit dem man ein Buch einscannen und sich anschließend per Sprachausgabe vorlesen lassen konnte. Dafür opferte ich ein ganzes Studiensemester, in welchem ich täglich viele Stunden vor diesem Gerät verbrachte und manchmal mehrmals wöchentlich Kunde der Stadtbibliothek war. In diesem halben Jahr las ich quasi nur. Es war, als stünde ich am Brunnen des Wassers meines Lebens. Tröpfelte bisher nur wenig Literatur durch unsere Hörbüchereien und noch viel weniger in Blindenschrift zu mir, so ergoss sich nun dieser unerschöpfliche Quell. Ich konnte lesen, was ich wollte. Das war eine Befreiung.
  • Modelle

    Ich lebe genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um „Inklusion am Himmel“ zu treiben. Die Möglichkeiten des 3D-Druckes, etc. eröffneten mir eine ganz neue Welt. Somit setze ich in meinen Veranstaltungen viele Modelle und taktile Materialien ein, die dann herum gehen, und von allen betastet werden dürfen.
    Ein Highlight meines Lebens war in diesem Zusammenhang, dass ich mal mit einem Vortrag und danach mit einem Messestand meine Projekte bei der Jahrestagung der internationalen astronomischen Union in Wien vorstellen durfte. Ihr erinnert euch? Das sind die, die 2006 den Pluto als Planeten heraus geworfen haben…
    Auf jeden Fall habe ich darüber einen schönen bebilderten Artikel gemeinsam mit einem Reporter aus Wien geschrieben.
    Zum bebilderten Teil des Artikels geht es hier lang.
    Dort kommen übrigens auch noch andere blinde Berufsastronom:innen zu Wort. Ja, es gibt sie. Meist wurden die im Laufe ihres Berufslebens blind, und haben einfach weiter gemacht. Man kann ja von der optischen Astronomie in die hörbare Radioastronomie wechseln. Aus den meisten anderen Berufen würde man nach einer Erblindung einfach heraus fallen. So inklusiv ist die Astronomie eben auch.

    Astronomie für benachteiligte Kinder

    Ganz besonders bei meinen Vorträgen an Brennpunkt-Schulen zeigt sich auch wieder, wie inklusiv Astronomie sein kann. Sie holt die Kinder ab, und soziale Benachteiligungen, Migrationshintergründe und sonstige Einschränkungen haben erst mal Pause.
    In meiner Kategorie Inklusion findet ihr zahlreiche Beispiele für sehr inklusive Veranstaltungen.

    Abspann

    So, liebe Leser:innen, ich denke, damit lassen wir es erst mal für heute bewenden. Ich hoffe, ich konnte euch etwas näher bringen, wieso ich die Astronomie so sehr liebe. Ich hoffe, dass ihr verstanden habt, dass es bei mir so ist:
    Außer den Sternenhimmel selbst betrachten zu können, kann nahezu alles, was diese Wissenschaft betrifft, von mir, also Menschen ohne Sehvermögen bewältigt werden.

    Nicht jeder Zugang zur Astronomie ist für jeden geeignet, aber ich versichere euch, dass es für jeden mindestens einen Zugang gibt.

    So, und jetzt wollt ihr bestimmt noch wissen, wie ihr diesen Newsletter abonnieren könnt.
    Da es ein geschlossener Newsletter ist, müsst ihr euch per Mail an
    Eberhard Grünzinger e.gruenzinger@gmx.de wenden. Der nimmt euch gerne auf. Und ich kann euch sagen, es ist immer ein sonntägliches Lesevergnügen vor dem schlafen gehen.

Jahresrückblick 2022

Meine lieben,

mit diesem Artikel melde ich mich das erste mal 2023 bei euch zurück.
Es ist, wie immer, mein obligatorischer Jahresrückblick.
Ich wünsche euch für dieses Jahr das, was jeder von uns am nötigsten braucht. Möge vor allem der Krieg ein Ende finden, die Energiekrise vorüber gehen und mehr Verstand in unsere Köpfe kommen, damit wir endlich mit voller Kraft den Klimawandel angehen können.
Ich danke euch für eure Treue zu mir und meinem geschwätzigen Blog. Gerne würde ich noch mehr Menschen erreichen, was manchmal gar nicht so einfach ist. Vielleicht mögt ihr mich ja unterstützen, indem ihr meinen Blog mit euren lieben teilt, das würde mich freuen. Und auch in diesem Jahr gilt: Kommentare, Kritik und natürlich auch Lob, sind herzlich willkommen…

Ich habe mich übrigens für diesen Rückblick entschlossen, nur positive Dinge aufzuschreiben. Von den anderen hatten und haben wir mehr als genug.
Jetzt also los, mit meinem Jahresrückblick.

Himmelwärts

Mein Astro-Jahr 22 startete ich, indem ich mit meiner Arbeitsplatzassistenz am 24.02.2022 die Ausstellung Himmelwärts in Stuttgart besuchte.
Ende 2021 jährte sich Keplers Geburtstag zum 450. Mal. Er kam am 27. Dezember 1571 in der damaligen freien Reichsstadt Weil der Stadt zur Welt. Anlass, mit der Ausstellung himmelwärts den weltberühmten Astronomen aus dem heutigen Baden-Württemberg in all seinen Facetten zu würdigen.
himmelwärts ist ein Ausstellungsprojekt des 5. Physikalischen Instituts in Kooperation mit der Kepler-Gesellschaft e. V. in Weil der Stadt und zahlreichen weiteren Partnern.
Dort gab es ganz viel anzufassen und auszuprobieren. Somit konnte man Keplers Lebenswerk hautnah erfahren. Natürlich gab es dort auch sehr viele Tafeln, die mir meine sehende Begleitperson vorlas. Ich ergänzte dann meist noch Geschichten, die ich wusste. Und das merkten bald dann auch andere Besucher, dass der blinde dort noch besseres auf Lager hat. Unser Grüppchen wuchs somit stetig an.
Das war ein wirklich inklusives Erlebnis. Wenn die Ausstellung mal wieder stattfindet, kann ich nur jedem raten, sie zu besuchen. Auch für blinde Menschen ist dort wirklich ganz viel zu ertasten und auszuprobieren.
Wenn ihr in einen suchdienst eurer Wahl „Himmelwärts“ eingebt, kommt ihr auf die Seiten. Die ausstellung läuft als Wanderausstellung weiter.

Fasten und Feiern mit den Sternen

Einen Monat später, am 24.03. durfte ich online einen Vortrag zum Thema „Fasten und feiern mit den Sternen“ halten. Es ging vor allem um die Berechnung des Ostertages. So langsam habe ich mich tatsächlich daran gewöhnt, und merke, dass ich nun auch bei Online-Veranstaltungen besser werde. Das viel mir lange sehr schwer, weil ich gerne mit meinem Publikum interagiere. Online kann man einfach nicht so Rampensau sein.
Grundlage zu diesem Vortrag waren die drei Artikel

  1. Warum ist Ostern manchmal so früh, und manchmal so spät
  2. Das Osterparadox
  3. Eine Ostergeschichte für Respekt und Toleranz

Netzwerk mit Sternwarte München

Die Sternwarte München führt dann und wann tatsächlich Astronomie-Veranstaltungen für blinde Menschen gemeinsam mit dem dortigen Blindenverband durch. Das fand ich höchst spannend, denn ich hatte noch nie etwas davon gehört. Merkwürdig war, dass ich auch schon für den Bayrischen Blindenverband Vorträge hielt. Da dachte ich eigentlich, man würde mir Fragen stellen, wie so eine Veranstaltung durchgeführt werden kann. Sei es darum. Ich bin nicht das Maß aller Dinge, und die Events kommen sehr gut an.

Was ich dann durch Eigene Recherche bekommen habe, ist ein wunderbarer Kontakt der Veranstalter, und einen schönen Newsletter, der wöchentlich erscheint und mir viel Freude bereitet.
Wie man als außenstehende Person an diesen Newsletter kommt weiß ich nicht, aber wer mag, darf sich gerne an mich wenden. Ich vermittle gern den Kontakt. Benutzt hierfür einfach das Kontaktformular auf dem Blog.

Was tun, wenn man als Coach plötzlich blinde Menschen im Online-Seminar hat

Ein Coach, bei dem ich mal einen Kurs zu Life-Work-Planing mitmachen durfte, und der in Zusammenarbeit mit unserem Institut jährlich ein Training für Menschen, die sich gerade bewerben veranstaltet, fragte mich an, ob ich ihn bei einem Online-Vortrag des Verbandes „Trainertreffen Deutschland“ unterstützen wollte. Es sollte eine Sensibilisierungs-Veranstaltung für Trainer und Coaches werden, was zu beachten ist, wenn man blinde Personen im Online-Workshop hat. Das war auch für mich neu, aber es war eine großartige Veranstaltung, mal ganz weg von der Astronomie.
Derlei ist in unserer Online-Welt wichtig, und ich danke Marc, dass ich hier quasi ein Botschafter sein durfte.

Auch für Marc und alle Teilnehmenden war es denke ich eine große Bereicherung. Marc meldete mir zurück, dass er sah, dass alle Teilnehmenden mit eingeschalteter Kamera ganz nah und aufmerksam bei mir waren. Das bekomme ich natürlich nicht mit. Vor allem, wenn die Mikros ausgeschaltet sind, spreche ich dann im Grunde in eine Wand. Ich höre keine Bewegungen, kein Atmen und auch sonst nichts, was ich sonst von meinen Zuhörern mit bekomme.
Außerdem entnehme ich das dem Text auf Marcs Blog. Wir haben beschlossen, dass wir uns zu dieser Sache gegenseitig verlinken.

Marc beschreibt in seinem Text sehr anschaulich, wie er lernte, mit der Situation klar zu kommen, auch Menschen mit Blindheit in seinen Online-Veranstaltungen zu haben. Der Text ist wirklich sehr lesenswert, und ich kann ihn euch wärmstens ans Herz legen.
Sein Text heißt
Von Sehbehinderten lernen

mein Astronomisches Comeback

Mein absolutes Comeback war mein Astro-Tag beim Inklusionstag auf der Landesgartenschau am 07.04.2022. in Neuenburg. Es tat so gut, mal wieder einen quirligen Kinderworkshop zu halten, mal wieder life vor Erwachsenen über „Inklusion am Himmel“ sprechen zu dürfen und mal wieder Menschen an meinem Stand zu empfangen, die viele Fragen stellten, all meine Modelle bestaunten und betasteten, und ja,mir auch das eine oder andere Buch über den Ladentisch hinweg abkauften.
Über diese Veranstaltung schrieb ich ausführlich in …
Ich kam, sah und siegte.

Mitte Mai taktiles Bild der schwarzen Löcher

Das war schon eine Sensation, als Mitte Mai das Foto der Umgebung des massereichen Schwarzen Loches in Mitten unserer Galaxis veröffentlicht wurde. Es gab zwei Jahre zuvor die erste Veröffentlichung eines solchen Fotos eines schwarzen Loches aus einer anderen Galaxie.
Auf Wunsch fertigte mir mein Kollege in unserem Labor eine tastbare Version beider Fotos an, so dass ich sie miteinander vergleichen konnte.
Es ist einfach wunderbar, dass ich an diesem Institut arbeite. Ansonsten hätte ich niemals Zugang zu derlei Möglichkeiten.

Ich machte ein Tasträtsel aus diesem Bild. Das findet ihr hier.
Wie die beiden Fotos gemacht wurden und mehr Hintergründe dazu findet ihr in den beiden Artikeln:

  1. Wie man schwarze Löchern sehen kann
  2. Trotz Löchern gute Bilder

09.06. Interview für die Hörzeitung Trierische Tonpost

Seit Jahren genieße ich die ganze Adventszeit den Klingenden Adventskalender, der das Bistum Trier für blinde Menschen heraus gibt. Die fragten mich an, ob ich mit ihnen ein Interview für ihre andere Hörzeitschrift, der Trierischen Tonpost, führen würde.
Es war zwar ein Telefoninterview, was der Klangqualität etwas abträglich war, aber ansonsten war es ein sehr gelungenes gespräch.
Wir sprachen über Astronomie, über Inklusion am Himmel, aber auch über das Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Religion. Ruck zuck war eine Stunde herum. Ich denke, dass das Interview spannend für viele Hörer:innen war, und dass es vielen vielleicht auch Mut und Kraft gab, wenn sie hören durften, was alles trotz Sehverlust möglich ist.
Nach ausdrücklicher Genehmigung des Verlages, darf ich dieses Interview mit euch teilen. Allerdings ist es so, dass die Datei zu groß ist., dass ich sie an einem Stück auf dem Blog veröffentlichen kann. Außerdem wurde sie mir dann von der Redaktion freundlicherweise in einigen Teilen geschickt. Das wären dann elf Links für euch, was ich etwas anstrengend und unkomfortabel für euch fände.
Aus diesem Grund stelle ich jetzt erst mal das Interview an einem Stück auf meine Dropbox. Dort könnt ihr es euch anhören, bzw. auf den Abspieler eurer Wahl herunterladen. Bitte gebt die Datei nicht weiter, und veröffentlicht sie bitte auch nicht irgendwo. Das darf nur ich hier tun.
Zum Interview geht es hier lang.

Vorträge im Urlaub

Es ist mittlerweile zur guten Tradition geworden, dass ich in meinem Sommerurlaub im Erholungszentrum für Blinde in Schwarzach in jeder Urlaubswoche einen Vortrag mit aktuellem astronomischen Bezug halte.
Diesmal ging es in der einen Woche um die Veröffentlichung der Fotos der schwarzen Löcher, und im zweiten um das sagenhafte James-Webb-Space-Teleskop.

Von diesem steht mir leider noch kein Modell zur Verfügung, das transportabel wäre, aber zu den schwarzen Löchern konnte ich immerhin taktile Ausdrucke der Fotos und einer Spiralgalaxie austeilen. Ich freue mich im Vorfeld des Urlaubs schon immer sehr auf diese Vorträge, die stets gut angenommen werden. Es kommt auch vor, dass Kinder von Hausangestellten oder sonstige Verwandte daran teilnehmen. Es gibt aussagen von Müttern, deren Kinder noch nach Jahren von diesen Vorträgen sprechen. Das macht dann besonders viel Freude.
Die Links zu den Fotos habt ihr schon.
Mehr zum James-Webb-Teleskop und weitere Hintergründe findet ihr in den beiden Artikeln:

  1. Das Unsichtbare Licht erforschen
  2. Das Kosmische Orchester

16.09. Kurzvortrag an der astronomischen Uhr in Straßburg

Das war wirklich ein sehr schöner Ausflug, den ich mit dem Evang. Blinden- und Sehbehindertendienst mitmachen durfte. Besonders beeindruckt hat mich die astronomische Uhr im straßburger Münster. Darauf hatte ich mich natürlich etwas vorbereitet, zum Glück, denn der Führer erzählte uns leider nichts darüber, was die Uhr alles astronomisch kann. Das ergänzte ich dann für unsere Gruppe direkt vor Ort, was auch andere Besucher des Münsters anzog.
Über diese Uhr schrieb ich in
Ein Uhrenerlebnis.

18.09. Inklusionslauf

Nach über zwei Jahren Pandemie-Pause durfte dieser Lauf im Rahmen des Baden-Marathon wieder stattfinden. Es war wirklich ein sehr starkes und berührendes Erlebnis, an diesem Lauf mit meiner Kollegin teilzunehmen. Diesen Lauf beschrieb ich ausführlich und ordnete ihn in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext ein.
Zum Bericht über dieses unvergessliche und großartigen Erlebnis geht es hier lang.

09.10. SWR2 Matiné Zugang zu Musiknoten

Da bekam ich doch tatsächlich eine Anfrage des SWR, ob ich nicht an einer Sendung über Musiknoten teilnehmen möchte. Ich kann zwar ungefähr die Punktschriftnotenschrift, und habe auch schon viel mit diverser Software experimentiert, dass ich Noten für Sehende schreiben konnte. Dennoch fühlte ich mich etwas unsicher, da ich normalerweise mit meinem absoluten musikalischen Gehör ohne Noten auskomme. Absagen wollte ich der Dame aber auch nicht. Also ließ ich mich auf dieses spannende Projekt ein. Dafür, dass wir über eine Stunde lang miteinander über das Thema sprachen, ist mein Beitrag in der Sendung vielleicht etwas kurz geraten, aber die Sendung an sich ist absolut hörenswert, weil ganz viele andere Musiker zur Sprache kommen. Sie erzählen, wie sie mit Noten umgehen. Es lohnt sich also, mal rein zu hören.
Ich hoffe, die Sendung ist noch in der Mediathek, und ihr findet den Knopf zum Abspielen…
Link zur Sendung

25.11 – 27.11. Freizeit für junge Erwachsene zum Thema Licht

Was liegt näher, als gerade am Wochenende des ersten Advents eine Freizeit zum Thema Licht durchzuführen. Mancher mag vielleicht denken, dass Licht für blinde Menschen nicht interessant wäre, aber mit nichten. Ich war selbst erstaunt, aus welch ungeheuer vielen Aspekten man sich dem Licht nähern kann, als ich dazu recherchierte.

Und so starteten wir also am Freitag Abend mit einer ausführlichen Vorstellungsrunde, einer kleinen Betrachtung und einigen Liedern, die ich mit der Gitarre begleitete. Danach ließen wir den Abend in gewohnter Manier bei guten Gesprächen und Getränken ausklingen.

Am Samstag ging es dann nach dem Frühstück und einer kleinen Andacht zur Tageslosung voll ins Thema. Den ersten Blog leitete ich. Er befasste sich damit, was das Licht physikalisch ist, welche Seltsamkeiten es zu bieten hat, und wie man sich seinen Eigenschaften im Laufe der Wissenschaftsgeschichte von der Antike bis in die Heutzeit genähert hat.
Darüber schrieb ich im Rahmen der Reise zu den schwarzen Löchern in
Station sechs.
Ein weiterer Block befasste sich dann mit dem Licht aus theologischer Sicht. Wir diskutierten über viele Bibelstellen, in welchen das Licht eine Rolle spielt. Diese jetzt hier aufzuzählen, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Das muss vermutlich mal ein eigener Artikel werden. Dass unsere Bibel voller Sterne ist, zeigte ich euch ja im Die Bibel, ein Buch voller Sterne.

Schließlich führte ein Teilnehmer nach Mittagessen und Mittagspause eine wunderbare Meditation mit uns durch. Nach einer Gruppenarbeit, wo wir uns über Highlights, Lichterlebnisse und auch darüber austauschten, wo manchen vielleicht noch das orientierende Licht im Leben fehlt, schlossen wir dann diesen Haupttag der Freizeit mit einigen Geschichten ab. Außerdem übten wir noch die Lieder,die am Sonntag im Gottesdienst gesungen werden sollten, denn viele von uns müssen auswendig singen, weil Lesen nicht möglich ist.

Nach diesem großartigen Gottesdienst und einem vorzüglichen Mittagessen, ging es dann wieder nach hause.
Einen ausführlichen Freizeitbericht wird es noch geben, aber der ist noch nicht fertig. Ich werde ihn dann verlinken und darauf hinweisen.
Auf jeden Fall war die Freizeit in unserem bewährten Tagungshaus in Rastatt wieder ein voller Erfolg. Ich bin gespannt, welches Thema wir in 2023 haben werden. Es gibt schon Ideen.

29.11. OVZ-Vortrag „Mysterium des Sterns von Betlehem“

Die Gemeinschaft Blindzeln unterhält neben einem Hilfsmittelvertrieb ein umfangreiches Online-Angebot, wo sich alle „Blindzler“ zu verschiedensten Themen austauschen können. Es gibt auch Raum für Vorträge und andere Online-Veranstaltungen.
Und so betreibt die Arbeitsgemeinschaft blinder Autorinnen und autoren (blautoren.de) auf dieser Plattform eine Autoren-Lesebühne, wo immer wieder Vorträge oder Lesungen unserer Mitglieder angeboten werden. Außerdem hatten die einen virtuellen Weihnachtsmarkt laufen, auf welchem sehr schöne und weihnachtliche Veranstaltungen und ein Hör-Weihnachtskalender liefen.
So hatte ich am 29.11.2022 die Ehre, dort auf dem virtuellen Weihnachtsmarkt einen Vortrag zum Stern von Betlehem anzubieten.
Und darum ging es:
Der Stern von Betlehem fasziniert uns alle, da es nirgendwo ein vergleichbares Ereignis gab, wo Menschen einem Stern folgten, um, wie in unserem Falle, einen Stall und den Erlöser zu finden.
Das bedeutet, dass die Spekulationen über dieses Mysterium bis heute nicht abreißen. Viele spannende Möglichkeiten, was der Stern gewesen sein könnte, stehen mittlerweile nebeneinander. Im ersten Teil der Sendung näherten wir uns diesen Geschichten aus astronomischer Sicht.

Im zweiten Teil beschäftigten wir uns mit der Frage, wie man einen Stern als Navi benutzen und ob man damit wirklich einen Stall finden kann.
Diese Sendung war wirklich eine Weihnachtsveranstaltung der besonderen Art.
Grundlagen dieses Vortrages waren die beiden Artikel:

  1. Was war der Stern von Betlehem
  2. Taugt ein Stern als Navi

Ankündigung, Erster Vortrag 2023

Und im neuen Jahr geht es direkt weiter.
Gleich zu Jahresbeginn, am Freitag, 13.01.2013 starten wir auf unserer Lesebühne mit meinem Vortrag
„Freitag, 13, und andere Kalenderspielchen“.
Ich würde mich freuen, wenn ich einige von euch dort virtuell treffen könnte. Freitag, 13, und andere Kalenderspielchen könnten viele von euch interessieren.
Hier die Ankündigung:

Freitag der dreizehnte und andere Kalenderspielchen
Information,Kultur,Vortrag
Beginn ist am Freitag, dem 13. Januar 2023, um 19:00 Uhr. Das voraussichtliche Ende ist gegen 20:30 Uhr.
„Das geht ja gut los!!!“ mag mancher in diesen Krisenzeiten denken, wenn man den Kalender 2023 betrachtet. Gleich der Januar startet mit einem Freitag, 13.
Welch ein Unglück, oder vielleicht doch nicht?
Tatsache ist, dass es häufig die Nummer 13 bei Sitzplätzen, Stockwerken und Hotelzimmern nicht gibt. Im Flugzeug fehlt die Reihe dreizehn komplett. Wo kommt das her, dass sich die 13 derart bis in unsere aufgeklärte Zeit so hartnäckig als Unglückszahl behaupten kann.
Wie oft fällt diese 13 tatsächlich auf einen Freitag?
Oder haben Sie sich auch schon mal gefragt:
Wann fällt der Vollmond mal wieder auf Heilig Abend, oder wie lange muss ich warten, bis die Brückentage oder sonstige Feiertage mal wieder so fallen, damit ich maximal Urlaubstage sparen kann?
Wenn Sie derartige Kalender-Spielchen interessieren, dann sind Sie in diesem Vortrag genau richtig.
Die Veranstaltung richtet sich an alle, die etwas Spaß an derartigen Kalenderspielchen haben. Vorkenntnisse sind keine erforderlich.
Es werden mindestens 1 Teilnehmer benötigt und unbegrenzt viele zugelassen.
Weitere Informationen gibt es bei Gerhard Jaworek per E-Mail an gerhard.jaworek@blindnerd.de. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich und der Zugang erfolgt entweder mittels TeamTalk über
Diesem Link
oder per Radio-Stream bitte hier lang.
sowie über die Amazon Sprachassistenten mit „Starte BLINDzeln Eins“. Die Veranstaltung findet im Raum “BLAutor-Lesebühne” statt.

So, meine lieben,
jetzt genug Bauch gepinselt.
Beginnt das Jahr gut und gehabt euch wohl.

Wir spielen mit den Brückentagen


Meine lieben,
Wir unterbrechen aus aktuellem Anlass unsere kleine Serie über die erhellenden Finsternisse.

Heute teile ich eine kleine Geschichte, ein kleines Heureka mit euch, das ich gestern, am 31.10.2022 erleben durfte. Die Sache ist an sich nichts besonderes und einfach zu verstehen, aber genau dieses habe ich bis gestern noch nie versucht, und deshalb staunte ich darüber.
Und die Geschichte geht so:

Die große Frage

Es hätte sich ja prächtig angeboten, den Reformationstag 2022 als Brückentag frei zu nehmen, da er auf einen Montag fiel. Normalerweise ist das bei uns im Büro auch nie ein Problem, die Brückentage so zu nehmen, wie sie fallen. Nicht so gestern. Wir hatten eine ganztägige Veranstaltung zu einem großen Projekt, die ein großer Erfolg war. Als der Termin für diesen Workshop festgelegt wurde, ärgerte ich mich natürlich etwas darüber, kein verlängertes Wochenende von Freitag bis Dienstag, 01.11., Aller Heiligen, der bei uns in Baden-Württemberg ein Feiertag ist, zu haben.

Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann die Konstellation von 31.10. an einem Montag das letzte mal stattgefunden hat. Das muss doch aber in meinem langen Leben von fast 54 Jahren schon mal passiert sein.

Die Vermutung

Wenn ich mich nicht daran erinnere, dann liegt das vielleicht daran, dass der 31.10. tatsächlich relativ selten auf einen Montag fällt. Wie selten eigentlich, war meine Frage.
So begann ich also zu rechnen.

2022 fällt der Reformationstag also auf den Montag,
2023 auf einen Dienstag,
2024 auf einen, nicht Mittwoch, sondern Donnerstag, denn dann liegt ein Schaltjahr mit 29 Tagen im Februar hinter uns.
2025, fällt der Feiertag dann auf einen…
2026 auf… und hoppla. 2028 ist wieder Schaltjahr.

Mist, habe ich mich jetzt verzählt?
Also von vorne

Da muss es doch eine Lösung geben, die das ganze abkürzt. Wenn schon vielleicht keine Formel, dann hoffentlich zumindest eine mathematische Regel, die man hier anwenden kann.
So grübelte ich weiter.
Ich stellte mir zunächst vor, dass es keine Schaltjahre gäbe. Dann wäre die Situation einfach. Wenn der 31.10. in allen Folgejahren, die keine Schaltjahre sind um einen Tag weiter springt, dann bräuchte es sieben Jahre, den Lauf durch eine ganze Woche, bis dieser Tag wieder auf einen Montag fällt. Hätten wir alle zwei Jahre ein Schaltjahr, dann schloss ich, dass es dann 14 Jahre dauern könnte.
Also der Tag muss durch zwei Wochen hüpfen, bis er wieder auf einen Montag fällt. Und jetzt kam mir die Idee, dass wir in unserem Kalender, wo jedes vierte Jahr ein Schaltjahr ist, vier mal sieben Jahre, also 28 Jahre darauf warten müssen, bis es wieder so ein schönes verlängertes Wochenende geben wird.

In diesem Fall sollte also der 31.10.2050 wieder auf einen Montag zu liegen kommen. Und jetzt hatte ich etwas in der Hand. Natürlich kürzte ich den Beweis meiner Vermutung nun ab. Ich zückte mein Handy und fragte Tante Siri, wann der 31.10.2050 sein würde. Und siehe da. Sie verriet mir prompt, dass es ein Montag sein wird, wie ich vermutete.
Tja, pech gehabt. Somit werde ich wohl nicht mehr in den Genuss dieses Brückentages aus beruflicher Sicht kommen, denn dann bin ich 81 Jahre alt und vermutlich längst im Ruhestand.
Und hier irrt der Autor, denn dank euch, die ihr hier manchmal kommentiert, wurden weiter unten noch weitere Regelmäßigkeiten zusammen getragen, so dass ich noch einige male in den Genuss dieses Brückentages vor meinem Ruhestand kommen werde.

Kein Beweis ohne Gegenprobe

Heilig Abend fällt 2022 auf einen Samstag. Und siehe da. Meine Dame bestätigte mir, dass meine Annahme auch mit diesem Tag funktioniert. Der 24.12.2050 fällt ebenfalls auf einen Samstag.
Also funktioniert diese Regel mit allen gewünschten Tagen, wenn man die Frage mit dem Datum stellt.

doch nicht ganz so selten

So soll es sein. So wünsche ich mir das. Johannes, der auch hier mit liest, hat über diese Frage nachgedacht. Es kam ihm, wie mir im Grunde auch etwas lang vor, dass wir 28 Jahre auf unseren Brückentag warten sollen. Nur er, hat im Gegensatz zu mir, sich nicht damit zufrieden gegeben. Er hat noch eine Regelmäßigkeit gefunden, die ich nur bestätigen kann.
Er schreibt in den Kommentaren:

Du hast mich ja gestern schon an Deinen Berechnungen teilhaben lassen. Und ich habe seitdem darüber nachgedacht und mich gefragt was denn zu so einem langen Zeitraum führt, bis der Reformationstag wieder auf einen Montag fällt..
Also wie oft wiederholt sich nun im Allgemeinen die Kombination von Tag im Jahr und Wochentag. Wie Du schreibst, ohne Schaltjahre alle 7 Jahre. Das wäre zu einfach. Haben wir aber alle 4 Jahre ein Schaltjahr, dann lässt sich mit 11 Jahren ein Zeitraum finden, der immer genau 3 Schaltjahre beinhaltet. Also 11x um einen Tag verschoben plus 3x um einen zusätzlichen Tag verschoben macht 14 Tage Verschiebung. Das ist ein Vielfaches von 7, müsste also doch dafür sprechen, dass wir den Brückentag bereits in 11 Jahren wieder haben.
Das klappt natürlich nicht mehr, wenn das Jahr 2100 dazwischen kommt!
Was meinst Du?

Dann schreibt er nach weiteren Gedanken:

Es muss also noch öfter möglich sein, diesen Brückentag zu nehmen. Nämlich gibt es nicht nur den Zeitraum von 11 Jahren mit genau 3 Schalttagen, sondern auch noch einen Zeitraum von 5 Jahren mit 2 Schaltjahren (5+2 = 7) sowie 6 Jahre mit genau einem Schaltjahr (6+1=7).
Da bei diesen beiden Möglichkeiten aber im Gegensatz zu dem 11-Jahreszeitraum auch mehr oder weniger Schaltjahre enthalten sein können, folgen diese nicht direkt aufeinander, sondern treten seltener auf, jedoch immer aufeinanderfolgend. Das ist ja auch wieder sinnvoll, da 5 +6 Jahre dann wieder 11 Jahre sind.
Und da lässt sich einiges finden:
2033, 2039, 2044, 2050, 2055 fällt der 31.10. auf einen Montag. Und genau so oft habe ich noch die Möglichkeit mir diesen Brückentag zu nehmen 😄

Ja Johannes, das sind schöne weitere Regelmäßigkeiten.
Besten Dank dafür.
Und ihr anderen dürft mir auch gerne solche Korrekturen oder Anmerkungen schicken. Das freut mir sehr, und gibt mir die Chance, mich und dieses Projekt hier weiter zu entwickeln.

Wo es nicht klappt

Es gibt aber auch Feiertage, mit denen das nicht funktioniert. Der Ostersonntag, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam hängen nicht an einem Datum, sondern am ersten Vollmond nach Frühlingsanfan, zumindest meistens. Und der Mond lässt sich nicht so einfach in eine Regel zwingen. Über die Osterformel schrieb ich in
Wieso ist Ostern manchmal so früh, und manchmal so spät.
Und ja, ich schrieb oben, dass es meistens sich mit dem Frühlingsvollmond so verhält.
Über diese Ausnahme, dass eben nicht immer, schrieb ich in
Fällt Ostern 2019 aus?

Und Kinder, wie die Zeit vergeht. Exakt vor zwei Jahren, 2020 fiel der Vollmond auf Halloween. Wann das wieder stattfindet, gehorcht einer alten griechischen Regel, dem Meto-Zyklus. Solch ein Ereignis dürfen wir alle 19 Jahre erwarten. Auf diesen kam ich erstmals 2015. Dort fielen Vollmond und Heilig Abend zusammen.
Über diese Regelmäßigkeit schrieb ich zu Halloween 2020 in
Der Vollmond an Halloween 2020

Auch Sonnen- und Mondfinsternisse gehorchen gewissen Zyklen, z. B. dem Saros-Zyklus. Aber der ist sehr komplex. Wir werden vermutlich etwas näher im Rahmen unserer Serie über erhellende Finsternisse darauf eingehen; müssen.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Und wer jetzt glaubt, unsere heute gefundene Regelmäßigkeit mit den 28 Jahren hätte keine Ausnahme, der irrt.
Es gibt im gregorianischen Kalender die Jahrhundert-Regel:

Ist die Jahreszahl durch vier teilbar, aber nicht durch 100, ist es ein Schaltjahr, wie z. B. das bevorstehende 2024.
Ist die Jahreszahl durch 100 teilbar, aber nicht durch 400, ist es kein Schaltjahr. 2100 wird kein Schaltjahr sein.

Vor dem Wissen kommt stets das Staunen

So, nun aber genug der Verwirrung.
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht. So einfach und logisch das jetzt auch sein mag. Ich fand es einfach schön, es herausgefunden zu haben und saß staunend davor.
Dass ich nun Kunde davon habe, wie das funktioniert, schmälert dieses himmelsmechanische Wunder keineswegs.

Ein starkes Team für Inklusion


Seid herzlich gegrüßt,

ihr kennt das ja von mir, dass es hier nicht immer und zwangsläufig um Astronomie gehen muss. Ein großes Thema ist für mich die Inklusion. Es gibt sogar eine eigene Kategorie auf dem Blog dafür, wo nur die Themen angezeigt werden, welche sich mit inklusiven Inhalten beschäftigen. So auch heute.

Gestern, am 18.09.2022 fand endlich mal wieder nach drei Jahren im Rahmen des Baden-Marathon ein Inklusionslauf statt. Dort konnten sich Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen und Beeinträchtigungen mit ihren Begleitpersonen als Team anmelden. Das tat ich dann auch gemeinsam mit meiner sehenden Kollegin. Wir beteiligten uns schon einmal 2018 an diesem Lauf. 2019 konnten wir nicht, und dann kam die Pandemie. Über den Lauf von 2018 schrieb ich in Inklusion hautnah erleben.
Und so traten wir beide mit neuem Namen und von meiner Kollegin präparierten T-shirts an.

Altes Team mit neuem Namen

Ich erwähnte ja schon an anderer Stelle, dass unser Institut, das früher Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) hieß, sich Anfang 2022 den Namen ACCESS@KIT gegeben hat, weil der die inklusiven Arbeitsfelder, die wir mittlerweile abdecken deutlich besser widerspiegelt. Längst sind wir über die Unterstützung von Studierenden mit Sehbeeinträchtigung hinaus gewachsen und außerdem war das Wort „Sehgeschädigt“ sprachlich absolut nicht mehr vertretbar. Man wird ja nicht durch „sehen“ geschädigt, nicht war?
Aber zurück zum Lauf.

Vor dem Start

Es fanden sich gegen 13 Uhr 94 Laufteams zum Start am Schlossplatz Karlsruhe ein. Die waren so unterschiedlich und divers, dass es nicht inklusiver sein konnte.

Vor dem Start

zahlreiche Einrichtungen für Menschen mit Einschränkungen, wie z. B. die Lebenshilfe, die Reha-Südwest und die Caritas, aber auch z. B. die Schule für Menschen mit Sehbeeinträchtigung, ein Verein der „Rollikits“ heißt, Regenbogen und viele andere,
wollten diesen sechs Kilometer langen Lauf nicht gegeneinander, sondern Miteinander und füreinander bewältigen.
Ob im Rollstuhl, im Liegerad, mit Prothesen, Stöcken oder anderer Einschränkung, war der Weg das Ziel.

Als wir gemeinsam am Startplatz eintrafen, schlug uns sofort eine unglaubliche Stimmung und Fröhlichkeit entgegen.
Einige der Teams wurden über Lautsprecher vorgestellt. Da wurde unmittelbar wieder klar, wie viel Diversität unsere Gesellschaft zu bieten hat. Ich bin immer wieder erstaunt ob der Anzahl an Organisationen und Einrichtungen, die es alleine nur in Karlsruhe für Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen gibt.
Aber nicht nur Menschen mit Einschränkungen waren zu sehen. Sowohl beim Marathon, als auch beim Inklusionslauf konnte man andere Sprachen hören und Menschen mit anderer Hautfarbe wahrnehmen. Gerade für Migranten und Flüchtlinge sind solche Veranstaltungen eine ideale Chance der Inklusion, weil sie sprachliche,soziale und ethnische Benachteiligungen überwinden helfen.

Hintergrund

Und diesmal stand der lauf ganz im Zeichen der Pandemie und möglicherweise auch des unsäglichen Krieges in Europa.
Überall konnte man Erleichterung hören, dass nun endlich mal wieder so ein Lauf möglich sei. Sätze wie

„Seit über zwei Jahren konnte ich nicht mehr trainieren“,
„Endlich komme ich mal wieder unter Leute“,
„Ich bin fast durchgedreht vor Einsamkeit und weil ich so eingesperrt war“

habe ich am Startplatz von allen Seiten vernommen.
Endlos könnte ich hier fortfahren. Wenn alle Welt z. B. im Sommer 2020 von „Lockerungen“ sprach und glaubte, man dürfe jetzt wieder alles machen, dann war das und ist es noch immer für viele Menschen mit Beeinträchtigung nicht der Fall.
Viele leben in Einrichtungen, wo sie versorgt werden. Man durfte sich nicht besuchen. So war beispielsweise an ein Weihnachtsfest 2020 überhaupt nicht und 2021 nur sehr eingeschränkt zu denken.
Viele gehören zur Risikogruppe, so dass sie sich ganz besonders schützen und isolieren mussten, und teilweise noch immer müssen.
Man kann von beschützenden Werkstätten für Menschen mit Behinderung halten, was man will. Es gibt an diesem System in der Tat sehr viel zu kritisieren, was wir aber heute nicht tun werden.
Vielen Menschen gibt so eine Einrichtung oft die einzige Tagesstruktur, die sie haben. Sie gehen gerne dort hin. Sie treffen andere Menschen und können ihre Bedarfe leben. Viele Monate waren diese Werkstätten komplett geschlossen. Wie erklärt man einem Menschen mit einer geistigen Behinderung,

  • wieso es jetzt erst mal lange Zeit nicht zur Arbeit geht,
  • wieso wir eben die Oma nicht mehr besuchen,
  • wieso die Sportgruppe ausfällt
  • und wieso es keinen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen mehr gibt.

Wenn der Geist das nicht erfassen kann, dann erfährt die Seele derlei um so direkter. Häufig funktioniert ja auch der Rückkanal nicht, so dass die betroffenen Menschen ihren Schmerz nicht teilen können.
Andere von uns wurden diskriminiert.

  • Keine Haushaltshilfe mehr, weil sie zur Risikogruppe gehört,
  • keine Einkaufshilfe im Laden,
  • Probleme mit dem Abstandhalten,
  • monate langes Homeoffice

betrafen andere, die vielleicht noch mobiler und selbstständiger ihr Leben gestalten können.
Vor diesen Hintergründen und Schicksalen muss man diesen Lauf sehen.
Ich schrieb über meine persönliche Situation in meinem Corona-Report. Aber genug davon. Jetzt wird gelaufen.

Der Lauf

Was für eine Befreiung. Welche Freude und welche Wärme uns da gestern sofort wieder entgegenschlug, war, und das meine ich genau so, wenn es vielleicht auch etwas kitschig klingen mag, zum weinen schön.
Ich war freudig gerührt, und meiner sehenden Kolleging ging es ebenso.
Endlich fiel der Startschuss und es ging los.
Wir hatten uns, wenn überhaupt, zum Ziel gesetzt, unter eine Stunde zu kommen.
Das erreichten wir schließlich auch.
Die Stimmung auf der ganzen Strecke war großartig. Immer wieder gab es Schausteller und Gruppen, die mit Trommeln, Musik und Applaus einen wieder anfeuerten, oder mit frischen Getränken willkommene Stärkungen darreichten.
Der Sports- und Kampfgeist wehte überall.
Für viele Teilnehmende mit vor allem geistigen Beeinträchtigungen ist so ein Lauf oft eine von sehr wenigen Gelegenheiten des Jahres, mal aus der Tristesse des Alltages zwischen Wohnheim und beschützender Werkstatt, auszubrechen, sich und ihren Körper anders zu erleben und das Gefühl eines Erfolges zu verspüren.
Da wird ungefiltert vor Freude gelacht, gejauchzt, geschrien und umarmt. Da werden im Überschwang von Freudenausbrüchen Sprints hingelegt, welche die Begleitpersonen ohne Einschränkung verzweifelt mit flehendem Blick zurücklassen, er oder sie möge bald vor Erschöpfung wieder langsamer werden.
Nicht sichtbar sind im Alltag die sehr zahlreichen “unsichtbaren” Beeinträchtigungen, die Betroffene nicht minder einschränken können. So sind beispielsweise psychische Beeinträchtigungen oft nicht wahrnehmbar, und ermangeln häufig gesellschaftlicher Toleranz und Akzeptanz. Auch diesen Grupierungen bietet so ein Lauf die Chance für den Schritt in die Öffentlichkeit.
Meine Kollegin und ich waren durch ein etwa 20 cm langes Seil verbunden, das an den Enden Holzgriffe hatte, von denen jeder von uns einen in der Hand hielt.
Das ermöglicht zum einen Armfreiheit für beide Läufer und zum anderen kann die sehende Begleitperson durch Zug am Seil Richtungsinformationen geben.
Wir hielten über die ganzen sechs Kilometer ein recht strammes Tempo durch und sparten Kraft, indem wir nur dort kleinere Sprints hinlegten, wo man befürchten musste, fotografiert oder gefilmt zu werden, oder, wo besonders häftig applaudiert wurde, und die Stimmung super war.
Und so kamen wir dann mit erreichtem Vorsatz, nach einer Zeit von 51 Minuten und 19,8 Sekunden im Ziel an.

Fazit

Eines ist sicher. Dieser Lauf dürfte für viele Menschen mal wieder einer der glücklichsten Momente ihres Lebens gewesen sein, denn sie in den letzten Jahren erleben durften.

Hier wurden Leistungen und persönliche Rekorde und Erfolge erzielt, die einem lange durch den nicht immer einfachen Alltag tragen.

Für meine Kollegin und mich hat es sich sehr gelohnt, bei diesem Inklusionslauf mitzumachen. Derlei Veranstaltungen sollte es öfter geben, damit vor allem diejenigen Mitmenschen, die wegen einer sozialen, gesellschaftlichen, körperlichen oder seelischen Einschränkung in Werkstätten, Kliniken, Wohnheimen oder sonst wo versteckt leben müssen, stärker ins Bewusstsein rücken. Es geht hier weniger um diejenigen Menschen mit Einschränkung, die heldenhaftes leisten, sondern um die Antihelden in dieser Gesellschaft, die hier durch so einen Lauf Gemeinsamkeit, Wertschätzung und Zugehörigkeit erleben können.
Außerdem setzt so eine Veranstaltung Zeichen gegen Faschismus, Ausländerhass etc.
Wir sind mehr und wir wollen Inklusion,

Diversität und Inklusion bereichert unser Leben in allen Belangen. Und sind wir mal ehrlich. Jeder von uns hat doch irgendwo eine Beeinträchtigung. Wenn wir das kapierren, wenn wir hier den Schalter im Kopf umlegen, dann haben wir verstanden, worum es bei all dem geht.

Die fast vergessene Feier des 200sten Artikels auf Blindnerd


Meine lieben,

keiner von euch hat es gemerkt. Und mir ist es auch eben erst aufgefallen, als ich gerade mal wieder Updates auf dem Blog gefahren habe. Ganz leise hat sich das Ereignis diese Woche davon geschlichen. Ich habe mit dem letzten Artikel die Zweihundert (200) geknackt. Das ist ein schöner Grund zu feiern.
Seit 2017 bin ich nun mit Blindnerd unterwegs. Also ich staune selbst, denn 200 Artikel in nicht mal fünf Jahren und dann noch von der Länge, wie ihr das manchmal auch zu eurem Leidwesen von mir kennt und gewohnt seid,.
das kann sich schon sehen lassen.
Also feiern wir:

Der Erste

Der Willkommens-Artikel erschien genau am 23.10.2017.
Er taucht immer als letzter Artikel auf, wenn ihr durch eine ausgewählte Kategorie blättert. Dann wisst ihr immer, dass danach nichts mehr kommt.

Die ersten Gehversuche

In den ersten fünfzig ging es natürlich zunächst mal darum, dass ich mich bei euch vorstellte, wo ich arbeite, was ich mache und wie ich Astronom und Blogger Wurde.
Immerhin hatten wir in dieser Zeit auch zwei Jubiläen, 30 Jahre Studienzentrum für Sehgeschädigte, wo ich arbeite, und das mittlerweile Access@KIT heißt. Das andere Jubiläum waren 500 Jahre Reformation, das uns immerhin einen einmaligen zusätzlichen Feiertag bescherte. Tatsächlich habe ich etwas astronomisches zu Martin Luther gefunden.
Dann ging es natürlich sehr viel um die Gravitationswellen und deren Entdeckung.

Vieles davon findet ihr auf den Seite 19 und auf Seite 20 des Blogs.

Weitere Highlights waren für mich natürlich die Ankunft meiner Lego-Mondrakete und einer taktilen Mondkarte, welche die Wand meines Büros ziert.
Das findet ihr alles mit Beldern und beschrieben unter
Auf den Mond und zurück mit Lego und
Ankunft meiner taktilen Mondkarte.

Dann durfte ich in dieser Zeit langsam Workshops an Schulen halten, was mir leider durch die Pandemie, als es gerade so richtig los gehen sollte, komplett wieder weggebrochen ist.
Ich schrieb darüber in Astronomie für benachteiligte Kinder.
Wer von euch an einer Schule arbeitet, und mich gerne dort mal für einen Workshop buchen würde, darf sich gerne vertrauensvoll an mich wenden. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mir dieses Netzwerk wieder aufbauen könnte.

Passend dazu durfte ich im Rahmen eines inklusiven Sportangebotes eine ganz wunderbare astronomische Sportstunde erleben.

Nicht zuletzt führte ich Kategorien auf dem Blog ein, weil die Sache doch langsam unübersichtlich wurde. Die findet ihr unter der Überschrift „Kategorien“ (Ebene 2) aufgelistet.

Das absolute Ding war sicherlich die Ehre, die mir zu Teil wurde, als ich einen Vortrag und einen Workshop auf der Jahrestagung der internationalen astronomischen Union in Wien halten durfte.
Hier empfehle ich den wunderbaren Gemeinschaftsbeitrag mit Bildern Inspiring Stars
Es lohnt sich auch, wenn man sich nochmal darüber klar wird, welch hohes Gremium da tagte. Darüber gibt es nichts mehr.
Schaut mal in Was ist die IAU.

Und schließlich begingen wir die fünfzig noch sang und klanglos mit dem Supermond am 19.02.2019
dem Supermond

Die nächsten Fünfzig

Die 100 knackten wir am 23.04.2020.
Hierzu brauche ich gar nicht viel schreiben, denn es gab dazu einen langen Jubiläums-Artikel mit ausgewählten Highlights und Beiträgen. Dort konntet ihr sogar mit abstimmen, welcher davon euch am besten gefallen hat.
Zu dieser Feier bitte hier lang.

Die einhundertfünfzig

Die 150 knackten wir am 13.10.2020.
an den Artikel davor, die Einhundertneunundvierzig, erinnern sich bestimmt noch viele. Wir begaben uns auf Entdeckungsreise zu den Monden des Uranus und wie die Protagonisten aus Williams Shakespeares Stücken als Namensgeber der sehr zahlreichen Saturnmonde her halten mussten. Also ich fand die Geschichte des Theater und Schauspiel am Himmel sehr spannend und aufregend.
Bei euch kam sie jedenfalls sehr gut an.

Davor hielt mich fast ein halbes Jahr ein Projekt in Atem. Ihr wisst schon. Die Reise zu den schwarzen Löchern. Hier wurde aus einem etwa dreistündigen Vortrag eine elfteilige Serie. Von Archimedes über Johannes Kepler, Isaac Newton, Cavendish und anderen bis hin zu Albert Einstein durchliefen wir alle Stationen, wie die Gravitation entdeckt, Masse und Volumina zusammen hängen, mit welcher Kraft die Erde alles anzieht, wir wogen den Mond, die Erde und andere Himmelskörper. Nach und nach lernten wir über Einstein, Eigenschaften des Lichtes und des Vakuums dann die heimliche Herrscherin über Raum und Zeit kennen, die Gravitation, die schwächste der vier Grundkräfte des momentan gültigen Standardmodells der Physik. Am Ende mussten wir uns mit sterbenden Sternen beschäftigen, wie sie zu weißen Zwergen, zu Neutronensternen oder gar als schwarze Löcher enden können. Diese untersuchten wir genauer, denn sie waren das Ziel dieser Reise.
Das Projekt machte es nötig, dass ich die Kategorie „Den schwarzen Löchern entgegen“ einführen musste.

Sehr viel Anklang fand bei euch der Artikel zu Navigation auf hoher See. Es ging um die sehr menschelnde Geschichte der ersten schifftauglichen Uhr und deren Erfinders.
Wer die Geschichte nochmal lesen möchte, findet sie unter David gegen Goliat.

Ein richtig großes Projekt, vermutlich das umfangreichste und arbeitsintensivste war der Versuch des Weihnachtskalenders 2021. Zum Glück wurde dieser sehr gut von euch aufgenommen und mit vielen schönen Kommentaren belohnt. Ich hoffe, ich bekomme auch wieder für dieses Jahr einen Adventskalender hin. Auf jeden Fall sammle ich schon Themen für ein Motto, das ich euch noch nicht verraten werde, weil ich es selbst noch nicht genau weiß.
Die Kategorie zu diesem Kalender heißt ganz einfach Weihnachtspost.

Noch viele schöne Artikel könnte ich euch hier in Erinnerung rufen. Zum Glück gibt es ja den zur passenden Feier, wo ihr das alles nochmal nachlesen könnt.
Feier zum 150sten Artikel auf Blindnerd

Und wie geht es weiter?

Und so halten wir also den 08.09.2022 als Datum für die 200 fest.

Ich hoffe, ihr konntet das Rätsel im Zweihundertsten Artikel lösen.

Jetzt sollten eigentlich noch einige feierliche Worte kommen. Aber wie soll man die an sich selbst richten. Vielleicht mögt ihr ja das ein oder andere Wort in die Kommentare fallen lassen, damit das ganze noch etwas festlicher wird.

Auf jeden Fall wird es Blindnerd noch weiterhin geben. Noch wird die Liste der ungeschriebenen Artikel eher länger anstatt kürzer.

Ich freue mich über euch alle, die ihr teilweise schon von Anfang an treu dabei seid. Ich freue mich auch über jede Beteiligung von euch, auch über Kritik. Und wenn ihr mal ein Thema habt, worüber ihr gerne mal einen Artikel von mir lesen würdet, sehr gerne.

Also, gehen wir in alter Frische die nächsten einhundert Artikel an.

Es grüßt euch ganz herzlich
euer Blindnerd.

Ich kam, sah und siegte. – ein inklusives Astro-Event

meine lieben,
nach über zwei Jahren Pandemie bin ich seit dem 07.05.2022 wieder auf der Astro-Bühne zurück. Endlich mal wieder ein Event mit Anwesenheit, nicht online und vor allem draußen im freien.
Ich durfte den Inklusionstag auf der Landesschau in Neuenburg am 07.05. mitgestalten.
Von diesem Erfolg möchte ich euch hier kurz berichten und dieses tolle inklusive Erlebnis mit euch teilen.
Geplant war so ein Event schon vor der Pandemie, aber diese vereitelte es bis jetzt. Ich wurde angefragt, ob ich mir vorstellen könne, einen Astronomie-Tag zu gestalten. Nach zwei Jahren im Hamsterrad war ich dazu natürlich sofort bereit. Und so plante ich mit den Veranstaltern einen Messestand für Buchverkauf und für die Ausstellung meiner vielen Modellene. Mit meiner sehenden Kollegin brainstormte ich inhaltlich ein Poster und sie setzte es dann für mich am Rechner um. Mit den Technikern klärte ich die Bedingungen auf der Bühne ab, z. B. Soundsystem etc. Ich buchte in einem günstigen Hotell Zimmer für meine Assistenz und mich, und so konnten wir das Event zu einem sehr entspannten Wochenende ausbauen.
Und so nahm der Inklusionstag seinen Lauf.
Der Aufbau des Standes war sehr entspannt. Zunächst war noch nicht viel los. Es war zu befürchten, dass wir, wie leider bei derlei Veranstaltungen oft, bei all den anderen Angeboten der Gartenschau, übersehen würden.

Grundsätzlich wurden die Stände der Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen nicht gut besucht. Das galt beispielsweise für den Stand des Blindenvereins Südbaden, der direkt neben meinem war.

Bei mir haben die Leute zumindest am Anfang den Stand auch nicht überrannt, aber spätestens nach dem Kinderworkshop, den ich um 12 Uhr hielt, änderte sich alles. Der Workshop fand in einem kleinen Amphitheater statt, aber die Kinder saßen weniger auf den steinernen Stufen, sondern zogen die Sitzsäcke und die Wiese direkt vor meiner Bühne vor. So muss es im Amphitheater zugegangen sein, wo die kleine Momo aus gleichnamigen Roman von Michael Ende, lebte. Hat mich alles sehr stark daran erinnert. Ich bin zwar nicht Momo, aber an Gigi Fremdenführer kam ich mit meiner Show sicher locker ran.
Die Technik war rasch installiert. Ich arbeitete mit einem externen Player, über welchen ich Weltraumgeräusche abspielte und einem drahtlosen Headset, wie man es in Fernsehsendungen trägt. Durch einen vorhandenen Monitor-Lautsprecher konnte ich mich sehr gut hören. Die Techniker lobten, dass ich mich in derlei Dingen so gut auskenne und wünschten sich, dass alle ihre Technik so gut im Griff hätten, wie ich die meine.
Nun war alles startklar.

Wir fingen mit der Landung von Matthias Maurer an, redeten über unser Sonnensystem und die Raumstation. Ich bin immer wieder verblüfft darüber, wie viel Weltraumwissen die Kinder aus den Medien aufschnappen und in ihre Kinderwelt einbauen. Das war ein sehr quirliger Workshop. Da wurden Fragen geschrien, Antworten auf meine Rätsel und Fragen rein gerufen, und, und, und. Einfach eine wahre Freude.

Diese Kinder kamen natürlich alle mit ihren Eltern danach an meinen Stand, schauten alles an, nahmen alles in die Hand, stellten Fragen, und die Erwachsenen kauften sogar einige Bücher.

Mein Poster, natürlich mit neuem Namen und Logo, wurde sehr bewundert. Ich wurde sogar mehrfach gefragt, ob man es mitnehmen darf.
Vielleicht drucken wir das nächste mal einfach noch einige auf A4 zum verschenken.
Blinde meinen oft, dass bei derlei Präsentationen so etwas nicht so wichtig sei. Ich finde aber schon, dass Poster und andere visuelle Dinge sehr wichtig sind. Wir Blinden leben als Minderheit in der Welt der Sehenden. Und in der muss man den Augen etwas anbieten, wenn man wahrgenommen werden möchte.

Mein Stand ging nun von Mund zu Mund. Somit war dann mein Vortrag für Erwachsene um 15:00 Uhr richtig gut besucht.
Alle waren darüber verblüfft, wie inklusiv die Astronomie tatsächlich ist.
Ich schrieb viel darüber in meinen Jahresrückblicken. Es gibt, wen nur die Artikel zu Inklusion interessieren, die Möglichkeit bei den Kategorien diese auszuwählen.

Ich habe auch Menschen dadurch angelockt, dass ich zehn Minuten vor Beginn etwas Sphärenmusik abspielte, in welche ich immer wieder ankündigende Sätze sprach. Klang bissel so, wie ein Schausteller auf dem Rummelplatz, hat aber gewirkt.

Die Resonanz danach war großartig, das Interesse riesig und der Stand war dann bis zum Schluss sehr gut besucht.
Manche äußerten, dass sie mir gerne im bequemen Sitzsack noch weitere Stunden zuhören wollten.
Der aufkommende Abendwind meinte zwar immer wieder, meine Posterwand umwehen zu müssen, aber sie fiel stets dort hin, wo niemand war. Keine Gefahr also.

Mir taten die anderen Aussteller zwar etwas Leid, aber ich habe meine positive Resonanz wirklich verdient. Schon im Vorfeld plante und organisierte ich alles weitgehend für mich selbst.
Ich überlasse nichts mehr dem Zufall. Man kann nicht davon ausgehen, dass Veranstalter die Bedarfe blinder Referenten kennen. Für die Planung und Durchführung meiner Veranstaltungen besitze ich mittlerweile richtige Checklisten, die ich abarbeite. Ohne derlei kein Raketenstart.

Ich bin halt wirklich in derlei schon ein Vollprofi. Meine Assistenz hatte manchmal Mühe, mir und meiner Geschwindigkeit geistig zu folgen, aber er hat seine Sache ganz hervorragend gemacht.

Hach, wie hat das alles nach über zwei Jahren mal wieder gut getan. Ich bin wirklich auch stolz auf das Poster.
Ohne zu übertreiben kann ich zusammenfassend sagen: „Ich kam, sah und siegte.“
Der Blindnerd ist auf der Bühne zurück.

Blindnerd-Jahresrückblick mit viel Tiefgang

Prolog

Hiermit begrüße ich euch herzlich im Jahr 2022.
Ich wünsche für uns alle, dass alle das in diesem neuen Jahr erhalten, was am nötigsten gebraucht wird.
Tja, was soll ich euch sagen. Mein erster und einziger Vorsatz dieses Jahres ist mit diesem Artikel schon gebrochen.
Ich hatte großen Gefallen daran gefunden, nur noch kürzere Artikel zu verfassen. Darauf kam ich in meinem Blindnerd-Bladventskalender. Wer den noch nicht gelesen und gehört hat, kann das mit diesem Link oben tun.

Durch diesen Kalender entstand tatsächlich mein Vorsatz, künftig keine Artikel mehr zu veröffentlichen, welche mehr als höchsten 5000 Zeichen umfassen. Den habe ich, wie soll es anders ein, für diesen Jahresrückblick extrem überschritten. Aber ich denke, der Artikel gildet noch nicht, weil der ist ja noch im letzten Jahr entstanden, als es diesen Vorsatz noch nicht gab. OK, ganz unter uns. Letztes Jahr entstanden die Stichworte dazu. Das Werk ist tatsächlich erst in den ersten Tagen des neuen Jahres entstanden. Sagt es aber bitte nicht weiter.
Naja, wenn der Vorsatz nicht klappen sollte, dann habe ich noch immer einen Plan B. Ich habe jetzt ein Jahr Zeit, mir einen Vorsatz für 2023 zu überlegen, der dann vielleicht durchführbarer sein könnte. Trinken, Essen, Rauchen und anderes kommen dafür nicht in Frage, denn das tue ich nich zu oft, nur täglich.
ein sehr streng gläubiger Christ sagte mir einmal, dass gute Vorsätze den Weg zur Hölle pflastern würden. Für ihn und seines Glaubensbrüder mag das zutreffen, aber ich glaube nicht an die Hölle. Keine Ahnung, was dann mit meinen gescheiterten Vorsätzen geschieht.
Ich hoffe natürlich nicht, dass ich mit diesem Plan B in eine Endlosschleife gerate. Deshalb habe ich den Exit-Punkt für diese Schleife zumindest was die funktionale Programmierung betrifft gleich an den Anfang des Programmes gestellt, damit nicht unnötige Gedankenbäume und Rekursionen entstehen.

Also, wie gesagt. Dieser Artikel ist ein Jahresrückblick und deshalb sehr länglich geworden. Ich bitte euch aber trotzdem inständig, den ganzen Artikel zu lesen. Er umfasst schon etwas Astronomie, aber das ist nur der Rahmen. Genauer gesagt beleuchtet er unserer gesellschaftliche Situation momentan. Keine Angst. Er wird kein Corona-Gejammer. Lest ihn aber bitte ganz und kommentiert ihn, denn er enthält ganz vieles, was jeder von uns in seinem Leben gebrauchen kann. Es ist eben ein Artikel des „EAAA“ (Des etwas anderen Astronomen.

Den Satz, dass in diesem Jahr alles besser wird, als es im letzten war, verkneife ich mir jetzt, denn der hat sich, zumindest für mich zum letzten Jahreswechsel leider nicht so ganz bewahrheitet.
Aber es gab im letzten Jahr trotz allem einige sehr schöne Highlights, die ich im nun folgenden Jahresrückblick von Blindnerd sehr gerne mit euch teile.

Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

Begonnen hatte das Jahr 2021 für mich mit einem sehr schönen nachträglichen Weihnachtsgeschenk von meinem ehemaligen Geschichtslehrer, Mentor und noch Chorleiter.
Er schenkte mir eine taktile wunderschöne Sternenkarte des Nordhimmels. Ich schrieb darüber in Mein Schönstes Weihnachtsgeschenk 2020.
Es ist es Wert, hier nochmal erwähnt zu werden, da ich es ja erst im Januar 2021 erhielt.

Und noch ein Geschenk

Genau so ging es im Februar weiter. Noch im Lockdown1 sprach ich bei Gelegenheit mit meiner Arbeitskollegin darüber, dass man die Figur, welche die Sonne im Laufe des Jahres an einem Punkt über den Himmel beschreibt, ein Analemma nennt. Es sieht ungefähr aus, wie eine schräg gestellte Acht. Meine Kollegin erinnerte sich daran, dass ich mir das gerne einmal vorstellen würde und erzeugte mir eine taktile Version davon, so dass ich es abtasten konnte.
Es ist so großartig, dass ich an einem Ort arbeite, wo ich all diese Dinge mit so vielen wunderbaren Mitarbeitenden erleben darf, und wo mich unsere Leitung in derlei Dingen unterstützt.

Zum Glück; ich war noch nicht ganz vergessen

Im Frühjahr 2021 durfte ich dann dankbar erfahren, dass man mich trotz der Pandemie und allem noch nicht ganz vergessen hatte.
Die Frauengruppe des LBSV-Württemberg (LBSV = Landes blinden- und sehbehinderten verband) an. Sie wollten ganz einfach wissen, wie das so ist, wenn ich mich als blinder Mensch für Astronomie interessiere, weil auch sie dachten, Astronomie wäre nur etwas für Sternengucker.

So trafen wir uns zu einer Telefonkonferenz, da viele vor allem ältere Personen besser mit einem normalen Telefon, als mit einem PC und dessen Online-Software vertraut sind. Gerne hätte ich mich mit den Damen in Stuttgart zu einem guten Mittagessen oder zu Kaffee und Kuchen in Stuttgart getroffen, aber das ließ die Pandemie derzeit leider nicht zu. Viele von uns waren ja auch noch nicht geimpft. Modelle herum reichen ging also auch nicht und auch in der Qualität des Sounds mussten wir wegen Telefon einige Abstriche hin nehmen. Und so verlegte ich mich auf einen relativ frei gehaltenen Vortrag mit Lesungen aus meinem Buch, mit der Erzählung von Geschichten und Beispielen, wie inklusiv Astronomie sein kann. Wir hörten uns tatsächlich auch einige Weltraumsounds, wie ich sie auch hier auf dem Blog schon vorstellte an. Angesetzt war der Vortrag für etwa eine Stunde. Nach fast drei Stunden trennten wir uns schließlich wieder. Nie hätte ich gedacht, das diese meist älteren Damen so viele Fragen zu astronomischen Themen hatten. Sie reichten von eher esoterischen Themen bis hin zu aktuellen Entdeckungen und Weltraummissionen. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass diese Damen sehr glücklich darüber waren, endlich mal ihre Fragen los werden zu dürfen. Es war ein wirklich sehr schöner und gelungener Nachmittag. Ich habe Vorträge mit Menschen erlebt, die durchaus naturwissenschaftlich und technisch unterwegs sind, und bei denen widererwarten quasi keine Fragen gestellt wurden. Mag sein, dass die schon alles wussten, was ich aber dahin gestellt lasse.

Um Ostern herum entdeckte mich der DBSV-Jugendclub, Jugendclub des deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes auf Twitter. Ich wurde eingeladen, eine Folge für ihren Podcast zu produzieren, in welcher ich das sprechende Handplanetarium
Universe2Go
präsentieren durfte. Die Folge fand großen Anklang und ich vermute, dass einige dieser jungen Menschen nachher versuchten, in U2G einzusteigen.
Das ist am Anfang durchaus nicht einfach. Ich gratuliere all jenen, die es trotz anfänglicher Start-Schwierigkeiten geschafft haben.
Die Podcast-Folge dazu findet ihr Hier lang.

Nach Ostern dann erhielt ich eine Anfrage der Fachgruppe MINT des deutschen Verbandes für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf (DVBS). Die wollten mal für ihre Treffen etwas anderes geboten bekommen, wie nur Themen über Computer, Bildschirmleser oder Betriebssysteme. Ihr Wunsch war ein Vortrag über schwarze Löcher. Noch nie hatte ich, und schon gar nicht in 90 Minuten über so ein komplexes Thema referiert. Aus diesem Grunde nahm ich diese Herausforderung gerne an. Konnte ich doch daran wachsen und mich entwickeln.
Wir streiften Themen wie

  • Was ist Gravitation,
  • Dichte und Fluchtgeschwindigkeiten,
  • was geschieht am Ende des Lebens eines Sterns,
  • Wie wurden schwarze Löcher zunächst postuliert und schließlich auch entdeckt,

und vieles mehr.
Natürlich reichten auch hier die 90 Minuten nicht aus. Nach drei Stunden war das Interesse noch immer ungebrochen. Das ist eben der Vorteil bei Online-Veranstaltungen.

  • Keiner muss auf den Zug oder Bus,
  • der Vortragsraum muss nicht zu einer bestimmten Zeit geräumt sein,
  • und jeder kann, bei abgeschaltetem Mikrofon versteht sich, nebenbei essen, seine Wäsche aufhängen, oder sich im Garten vergnügen.

Meine Erfahrung ist hier schon, dass es trotz aller sozialer Einbußen, die eine Online-Veranstaltung mit sich bringt, es gerade für uns, die wir doch nicht ganz so mobil sind, viel Entspannung und Erleichterrungen mit sich bringt. Nervige Wege entfallen, man fühlt sich im eigenen Umfeld wohler und man wird nicht beobachtet oder begafft.
Das sollten wir unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn einst mal wieder alles erlaubt sein wird.
Am Schluss des Vortrages bat man mich, der Gruppe etwas verschriftlichtes zur Verfügung zu stellen, dass man alles nochmal nachlesen könnte.
Darauf ließ ich mich in meinem jugendlichen Wahnsinn schließlich ein. Mit meiner Stichwortliste war hier nichts zu machen. Darin fand nur ich mich zurecht. Also musste ein Artikel auf dem Blog her. Bald schon merkte ich, dass einer nicht ausreichen würde, um die Leser abzuholen, um alle Grundlagen zu legen, die man schließlich für die Erreichung des Zieles, etwas über schwarze Löcher zu erfahren, brauchen würde. Zurück rudern wollte ich aber jetzt auch nicht mehr. Man hat ja schließlich seinen Stolz. Und so entstand letztlich über mehrere Monate hinweg eine elfteilige Serie zu diesem Thema. Ich kopierte die Artikel nur mal so aus Interesse in die Taschenbuchvorlage, die mir mein Verlag zur Erstellung meines Buches vorgegeben hatte, und siehe da, es waren schon um die 150 Seiten. Das ist zu viel, um es damit nur bei diesen elf Artikeln auf dem Blog zu belassen. Es kann gut sein, dass ich daraus noch mehr machen werde, z. B. ein Buch, ein Hörbuch oder sonst etwas. Das ist alles noch in der Schwebe und muss noch etwas reifen.

Mein Sommerurlaub

Nun lockerte sich zum Sommer hin alles und mein Urlaub in meinem geliebten Erholungszentrum in Schwarzach in Österreich durfte stattfinden. Außerdem verfügte ich genau am Abfahrtstag, 01.08. über den kompletten Impfschutz mit beiden Impfungen und der zweiwöchigen Wartezeit danach. Das war ein gutes Timing. Nebenbei bemerkt fand ich das Impfzentrum in der Messe Karlsruhe ein wirklich sehr spannendes Erlebnis. Die Logistik dort beeindruckte mich sehr. Natürlich nahm ich mir meine Assistenz mit, aber so, wie die aufgestellt waren, hätten die mich auch ohne Begleitperson sicher durch alle Stationen geschleust, so dass ich zu meinem Drachenblut gefunden hätte.
Unerwähnt möchte ich an dieser Stelle auch nicht das unbeschreibliche Glücksgefühl lassen, das ich nach beiden Impfungen empfand. Endlich etwas mehr Sicherheit. Endlich die Legitimation in der Tasche, sich im Rahmen aller Vernunft wieder etwas freier fühlen zu dürfen.
Wie auch immer. Das nur am Rande.
Vor allem ein verregneter Sommerurlaub, wie dies einer war, bietet sich natürlich für eine Veranstaltung zu Astronomie an, die ich mittlerweile schon traditionell in jedem Sommer den Urlaubsgästen anbiete. Das Thema dazu entstand bei Bier, Wein und guten Happen. Der Leiter des Hauses besitzt einige Modelle diverser Raumfahrzeuge aus verschiedenen Serien, wie Enterprise oder Starwars.
Er brachte sie mit und so entstand ein sehr interaktiver Abend, wo die Modelle herum gingen, ich etwas dazu erzählte und wir uns alle über die Serien austauschten. Natürlich kopierte ich auch einige Hörbeispiele zusammen. Danach packte ich dann noch die Gitarre und meine Mundharmonikas aus, so dass wir noch singen konnten. Hierbei sind Tabletts, Smartphones und das Internet immer eine große Hilfe. Ein Sehling ist immer dabei, der die Liedtexte für uns aufrufen und ansagen kann, so dass auch wir Blindfische mitsingen konnten. Das ist schon ein Phänomen. Spielen kann ich die Lieder quasi alle. Auch die Melodien sind in der Regel kein Problem. Selbst die Transponierung in singbare Tonarten stellen für mich keine Hürde dar, aber die Texte. Oft hörts leider nach der ersten Strophe auf. Ich wünsche mir hier eine Möglichkeit, dass ich mit den Händen die Klampfe bearbeiten kann und gleichzeitig den Text irgendwie vermittelt bekomme, so dass ich mit den Zeilen pünktlich in der Melodie bereit wäre.
Also. Das war vor allem vor dem Hintergrund der sozialen Isolation ein ganz wunderbarer und nötiger Urlaub.

So, und jetzt verlassen wir die Chronologie der Ereignisse, denn ich schrieb sie einfach im Laufe des Jahres so zusammen und es ist mir jetzt nicht so wichtig, die nochmal neu zu sortieren.

Sendungsbeitrag Volle Kanne

Ich staunte nicht schlecht, als mich plötzlich ein Anruf einer Reporterin erreichte. Sie wollte sich gemeinsam mit einem Fotografen und einem Tontechniker mit mir treffen, um einen fünfminütigen Beitrag für die Sendung „Volle Kanne“ des ZDF zu drehen, und das trotz Pandemie und noch nicht geimpft.
Und so trafen wir uns in meinem Büro, wo die meisten meiner Modelle stehen. Noch nie habe ich ein so sensibles Team beim Fernsehen erlebt. Der Kameramann informierte mich immer, wenn er ein Modell für ein besseres Bild umstellen wollte. Nach der Aufnahme musste ich nicht alles wieder zusammen suchen, wie das leider oft so ist, wenn Sehende einem ungefragt das Büro umgraben. Ich erinnere mich, dass ein kleines USB-Ladekabel für meinen Leuchtmond auf dem Tisch lag. Sogar dieses legte er nach der Aufnahme genau dort hin zurück, wo es vorher lag. Das hat mich tief beeindruckt. Ich wurde auch bei den Aufnahmen nicht irgendwie herum geschoben, oder musste unnatürlich verkrampfte Haltungen und Posen einnehmen. Alles wurde ganz entspannt aufgenommen. Und auch die Fragen in dem Interview waren ausgezeichnet. Somit wurde diese Sendung keine von denen, die letztlich am Ende dann doch wieder die Behinderung hervorheben und alle Klischees erfüllen. Nicht trotz meiner Behinderung mache ich Astronomie, sondern mit ihr. Sie ist fester Bestandteil meiner Arbeit und dafür integral wichtig. Kein Nachteil also, sondern gesamtheitlicher Anteil meiner Person und meiner Mission und Überzeugung, dass Astronomie für alle einen Zugang bereit hält.
Ein kleines muss ich aber doch noch kurz bevor ich euch in die Mediathek führe anmerken. Als die Sendung ausgestrahlt wurde, erzählte mir ein guter Freund, der sich die Sendung angesehen hatte, dass man bei der Großaufnahme gesehen hätte, dass meine weiße Maske, aus welchem Grund auch immer, leider nicht mehr makellos weiß gewesen sei. Das hat mich maßlos verletzt und geärgert, dass mir der Kameramann oder die Reporterin das nicht gesagt hatten. Mein Rucksack und mein Schreibtisch wären voller neuer verpackter weißer Masken gewesen. Auch Ersatzkleidung hätte ich dabei gehabt, wenn sich dort ein Fleck eingestellt hätte. OK, den meisten ist das wohl nicht aufgefallen, aber bitte,

ihr Sehenden, bitte sagt uns Blinden so etwas. Es ist so demütigend, wenn die gute Performance durch so etwas unnötiges und leicht zu änderndes Problem getrübt wird.

Die meisten von uns werden derlei dankbar annehmen und euch freudig für diese Info in die Arme fallen.
Bei vielen wirft so ein Makel z. B. die Frage auf, ob der arme Blinde keine Frau oder sonst niemanden hat, der sich um ihn kümmert… Und das ist nicht nur so dahin gesagt. Manchmal wird man so angesprochen.
Ich für meinen Teil habe daraus gelernt, dass man wirklich jeden Mist vorher abfragen muss.
Für Kleidung, Brille Frisur oder das sonstige Äußere tue ich das bereits, weil es mich die Erfahrung lehrte, aber nun musste ich eben das neue Accessoire, die Maske, die uns wohl noch lange, vielleicht für immer, begleiten wird, in diesen Katalog mit aufnehmen.
Ich bin niemandem dafür böse, wenn so etwas vergessen wird, aber es tut weh, ehrlich, wenn ich so etwas dann von dritten Personen erfahren muss.
Wie auch immer. Ich bin momentan noch in Verhandlung, ob ich zumindest meinen Beitrag hier veröffentlichen darf.
Bis das aber so weit ist, geht es zur Mediathek des ZDF und zur Sendung
hier lang.

Auch Schulen haben meiner gedacht

Ich bin mit zwei Physiklehrern zweier Schulen in Kontakt, die nun vor die Tatsache gestellt sind, einen blinden Schüler, der dort inklusiv beschult wird, in ihrem Astronomie-Kurs unterrichten zu müssen. Diese Lehrer fanden mich im Netz und über mein Buch. In zahlreichen Telefonaten und mit dem austausch von Dateien durfte ich hier unterstützen. Was ich so höre, gehören beide Schüler an ihren jeweiligen Schulen zu den besten in den Astronomie-Kursen. Wir entwickelten auch Gruppenarbeiten, wo beispielsweise sehende Schüler die Aufgabe bekommen, etwas taktiles zu basteln, um dem blinden Schüler den Sternenhimmel näher zu bringen. Das läuft sehr inklusiv an. Oft ist es so, dass blinde Schüler im naturwissenschaftlichen Unterricht lediglich den Versuchen beiwohnen und höchstens noch das Protokoll schreiben dürfen. Das ist äußerst unbefriedigend, denn selber machen ist etwas anderes, als nur davon zu erfahren.
Auch hier zeigt sich wieder, welch wunderbares Potential die Astronomie im inklusiven Unterricht erlangen kann.

Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft

Im Herbst ergriff ich die Chance, mal wieder auf dem Outreach-Workshop der deutschen Astronomischen Gesellschaft einen Vortrag zu halten. Die Tagung fand online statt. Es zeigte sich deutlich an der Zahl der Teilnehmenden, dass sich online deutlich mehr anmeldeten vor dem Hintergrund der ersparten Reise. Da Astronomie oft mit vielen weiten Reisen verbunden ist, steht sie teilweise mit Recht im Verruf, nicht den besten CO2-Fußabdruck zu hinterlassen. Dem wurde auf dieser Tagung eindeutig entgegen gehalten.
Ohne Reise, ohne Assistenz, ohne fremde Umgebung, ohne schwieriges Hotel mit Buffet und allem, ohne in lauter Umgebung Smalltalk führen zu müssen, was mir sehr schwer fällt, weil ich mein Gegenüber nicht sehe, war das ganze Unternehmen für mich sehr entspannt und inklusiv möglich.
Ich durfte darüber berichten, wie sich für mich meine Outreach-Arbeit in der Pandemie verändert hat. Ich erzählte vom Kampf mit diverser Online-Software, sprach über neue Konzepte für Online-Veranstaltungen, berichtete darüber, wie ich mit sehender Assistenz, die für die Kameraführung und das Bildmaterial verantwortlich waren, trotz allen Umständen sogar sehr erfolgreiche Veranstaltungen für Kinder durchführen konnte und vieles mehr.
Es war ein sehr gelungener Vortrag bei dem, wie soll es anders sein, sich mal wieder die Astronomie als besondere Chance für Inklusion bewähren durfte.
Schon im Vorfeld stieß ich bei den Veranstaltern auf großes Verständnis und auch großes Interesse, mich bei so etwas zu unterstützen.
Wir probierten alle Technik im Vorfeld aus und testeten alles durch. Dafür räumten wir uns relativ viel Zeit ein. Und da erhielt ich einen kleinen Ritterschlag. Wir waren im Bruchteil der geplanten Zeit mit allem durch und alles klappte ziemlich auf Anhieb. Der Astronomie-Professor, mit dem ich alles testete meinte, dass er sich wünschen würde, dass alle ihr System so gut im Griff hätten, wie ich das meine. Er versicherte mir, dass solche Tests mit den meisten sehenden Menschen deutlich länger dauerten, manchmal sogar mehrere Termine erforderlich machten. Wir hatten alles in 15 Minuten durch und hatten in der Zeit noch sogar Raum, um über andere Dinge zu quatschen. Das erfüllt mich schon mit einem gewissen Stolz, denn oft erleben wir Blinden, oder wir bilden ihn uns ein, den Kampf, für alles länger zu brauchen und hecheln somit den Sehenden immer hinterher. Zumindest glauben wir das immer, weil uns unsere Erziehung und unsere Leistungsgesellschaft oft behinderter macht, als wir es wirklich sind. Das reicht bis da hin, dass wir uns oft ohne, dass wir das wollen, in eine Opferrolle treiben lassen, in welcher wir dann demutsvoll und für alles dankbar sein zu müssen, zu verharren haben.
Nicht so in der Astronomie. Dort bin ich mit meiner Technik ganz vorne dabei und wurde sogar schon von einer Astronomie-Professorin, die über Jahre die AG leitete, im Rahmen eines Interviews für die deutsche Presseagentur als „Experte“ bezeichnet, obwohl ich keinerlei Abschlüsse in diesem Bereich vorweise. Nicht zuletzt, und so viel Bauchpinselei muss erlaubt sein, bin ich Mitglied der Astronomischen Gesellschaft geworden, was ohne Verbindungen oder einen wissenschaftlich- astronomischen Hintergrund quasi unmöglich ist.
Aber genug davon. Wenn ich damit sage, dass die Astronomie auch hier mal wieder zeigt, das …, würde ich mich wiederholen.

Lokalradio Köln 20.10.

Seit Frühjahr 2021 habe ich zu einem Verein von blinden und sehbehinderten Autoren und Autorinnen gefunden. Den Verein gibt es schon seit 1992, aber ich habe vorher noch nie von ihm gehört.
Es ist ganz erstaunlich, wie groß die schreibende Zunft unter uns ist. Von Journalisten, Radiomachern, Autoren von Kriminalromanen über Kurzgeschichten ist quasi alles vertreten. Wir tauschen uns über Bücher, Hörspiele und vieles mehr aus. Wir treffen uns zu Telefonkonferenzen zu Autorenlesungen und anderen Veranstaltungen online und bald hoffentlich auch wieder direkt. Ich wurde in diesem Verein mit meinem etwas exotischen Thema herzlich aufgenommen und durfte im Rahmen dessen gleich einen Vorrtrag und zwei Beiträge in unserer Hörzeitschrift veröffentlichen. Ein weiterer Beitrag wird in die Anthologie, an welcher der Verein gerade arbeitet, welche die Geschichte und Vielfalt des Vereines aufzeigen wird, veröffentlicht werden. Diese Anthologie wird voraussichtlich im Frühjahr erscheinen. Sie wird ein spannendes Buch vom Umfang mehrerer hundert Seiten werden. Wir sind alle darauf sehr gespannt.
Da unser Internetauftritt momentan im Umbruch ist, lasse ich den Link hier erst mal weg.
Durch diesen Verein wurde eine blinde Journalistin auf mich aufmerksam. Sie spannte mich sogleich für ein spannendes Interview mit Weltraumsounds und allem für das Lokalradio Köln ein. Für online, ist die Qualität ganz gut geworden und hat mir sehr viel Freude bereitet.
Zur Sendung geht es hier lang.

Endlich mal wieder eine Reise tun

Sternenpark Havelland 27.10. – 29.10.

Ende Oktober 2021 durfte ich das Zeitfenster der Lockerungen nutzen, um mich mit meinem lieben Freund Martin, dem Entwickler des sprechenden HandplanetariumsUniverse2Go zu treffen. Wir fuhren gemeinsam in den Sternenpark Havelland, wo wir unsere lieben Freunde, Familie Zemlin trafen. Die betreibt dort einige Ferienhäuser und bieten auch Platz und Veranstaltungen über Astronomie an. Ich selbst war schon vor der Pandemie dort, um beratend und testend an der barrierenfreien Gestaltung dieser Häuser mit zu wirken.
Ich schrieb darüber in Urlaub am dunkelsten Ort Deutschlands inklusiv erleben.
Schaut doch mal hier rein. Es lohnt sich wirklich.
Das Auto voll gepackt mit Teleskop, Musikinstrumenten, Lebensmitteln und einer Drohne kamen wir dort an.
Natürlich wurden wir sehr herzlich empfangen. Im Grunde hatten Martin und ich nur einen kompletten Tag dort zur Verfügung, aber selten habe ich erlebt, dass man einen Tag so ausfüllen kann. Am Vormittag machten wir einen langen Spaziergang in die Felder, sahen Astronomen bei ihren Sonnenbeobachtungen zu und ich durfte Martins Drohne steuern und fliegen. Es ist eine richtig gute Drohne, die sehr gut auf sich selbst aufpassen kann. Sie ließ sich akustisch sehr gut hören. Ich nahm genau wahr, was sie tat, wenn ich die Steuerknüppel und das Gas bediente. Ließ ich sie beispielsweise weg fliegen und kam sie trotzdem auf mich zu, dann hörte ich genau, dass sie rückwärts flog. Mit links und rechts verhielt es sich genau so. Als ich sie landen wollte, verweigerte sie die Landung, weil ich sie nicht auf dem Weg landen wollte, sondern auf der Grasnarbe des Weges. Sie sah mit ihrer Kamera, dass eine Graslandung für ihre Rotoren nicht gut sei. Als ich sie etwas versetzte, landete sie ohne Widerspruch.
Also wenn ich durch eine spezielle App etwas mehr Telemetrie-Daten bekommen hätte, dann ist so eine Drohne eine tolle Sache. Das kann man wunderbar gemeinsam mit einer sehenden Person fliegen.
Da es für diese Drohne eine veröffentlichte Programmierschnittstelle gibt, ist so eine App durchaus machbar.

Nach dem allem und einer kleinen Stärkung machten wir uns ans Musizieren, denn wir wollten für das Grillfest am Abend bei den Zemlins nicht mit leeren Händen da stehen. Noch nie habe ich mit Martin und seinem Cello musiziert. Wir fanden uns super zusammen. Und somit entstanden einige Stücke gemischt mit Cello, Gitarre, Mundharmonika und Querflöte. Auch ich durfte mal das Cello streicheln. Die Töne zu finden war für mich als Gitarrist und mit absolutem Gehör kein größeres Problem, aber die Führung des Bogens ist verdammt schwierig.

Auf jeden Fall war dieser musikalische Grillabend wirklich eine Quelle für Kraft nach dieser langen Zeit der sozialen Isolation. Zwei mal mussten wi unser Treffen verschieben. Einmal wegen der Pandemie, und das andere mal wegen eines Luxus-Streikes der deutschen Bahn. Um so schöner und erfüllter war es nun. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die endlosen Gespräche auf unseren Autofahrten.

Freizeit EBS-Baden

Am Wochenende vom 05.11. – 07.11 leitete ich die Freizeit für junge Erwachsene des Evang. Blinden- und Sehbehindertendienstes. Wir hatten diesmal das Thema Wasser. Ich bin noch ganz erfüllt davon. Es tat so gut, sich mal wieder zu treffen, denn zwei mal ist diese Freizeit wegen, ihr wist schon, ausgefallen. Für manche von uns bieten aber derartige Freizeit die einzige Möglichkeit, mal aus der Enge ihres begrenzten Umfeldes, ihrer Behindertenwerkstatt oder ihres Wohnheimes heraus zu kommen.
Ich startete mit einer dreifachen Vorstellungsrunde zum Ankommen, Ballast ablegen und um positive Energie zu bekommen.
Danach gab es dann noch einen Abendsegen einer Teilnehmerin und ein gemeinsames Lied mit Gitarre und Mundharmonika von mir. Dann ging es in die Bar zu schönen Gesprächen und guten Getränken.
Am Samstag näherten wir uns dann dem Thema Wasser in ganz verschiedenen Blogs und Fragen.

  • Wasser in Märchen und Literatur,
  • Wasser in der Bibel
  • Wasser in Musik und Komposition
  • Astrophysikalischer teil: Woher kommt das Wasser auf der Erde, Agrigatzustände des Wassers, Chemie des Wassers, Johannes Keplers Schnee-Geschichte und seine Orangen-Stapel
    * Wassersounds, z. B. Wahlgesänge und andere lärmende Fische

Und vieles mehr.
Es ist mir gelungen, die Gruppe total mit einzubeziehen. Ich stellte viele Fragen, regte die Gruppe an, jeder, auch eine Teilnehmerin mit einer geistigen Einschränkung, konnte sich perfekt beteiligen und einbringen. Sie hat Hendels Wassermusik mit Weihnachtsmusik verglichen. Damit hat sie recht, denn diese Musik wurde für eine große Feier auf der Themse in London geschrieben, die auf verschiedenen Booten gespielt wurde.
Ein Boot fängt mit dem Thema an, das andere greift es auf, dann das dritte Boot mit den Streichern etc. Es ist so, als würde man ein Magnificat von Bach, wo die Instrumente und Chöre sich die frohe Weihnachtsbotschaft zu rufen oder venezianische Vielchörigkeit des 14. Jahrhunderts hören.
Ihr könnt diese beeindruckende Wassermusik hier mit einer Erklärung auch für Kinder hören.

Wir hatten eine Teilnehmerin, die bevor sie erblindet war, alle biblischen Orte besuchte. Sie erzählte uns vom roten, toten und schwarzen Meer, von Gletschern, Wüsten und Wasserfällen. Sie hielt mit uns am Samstag Abend vor dem Gang in die Bar eine wunderbare Andacht zum Thema Wasser des Lebens.
Am Sonntag hatten wir dann noch einen schönen Gottesdienst, die Abschlussrunde und ein super Mittagessen.
Die Freizeit war ein voller Erfolg, obwohl ich sie vor lauter Lockdown-Frust und allem fast nicht vorbereiten konnte. Erst am Mittwoch davor war der Druck dann hoch genug und die Liederhefte druckte ich erst am Freitag zwischen 06:00 und 09:00 Uhr morgens am SZS aus.
Ohne mich loben zu wollen. Es ist nicht gut, so etwas in derart letzter Minute vorzubereiten, aber es zeugt von einer gewissen Genialität, wenn man das kann.
Mir ging es in der Freizeit weniger darum, dass wir danach Expert*innen zum Thema Wasser sein würden. Das Thema galt vielmehr als Rahmen, in dem wir, so lange in Einsamkeit und Abgeschiedenheit, kommunizieren, sozial interagieren und einfach eine gute Zeit haben können. Das ist mir, Dank nach oben, extrem gut gelungen.

Einen Eindruck, der mich sehr verwundert bei blinden Menschen, muss ich hier noch dazu mit euch teilen.
Ich kenne blinde Menschen, die aus ihrer Wohnung twitchen und auch auf Insta und anderen sozialen Medien sehr aktiv sind.
Das verstehe ich einfach nicht. Für unsereins wäre doch etwas akustisches, wie Clubhouse viel interessanter. Ist es tatsächlich auch, aber mir fehlt die Zeit dazu.

Auf der Freizeit wollte auch jemand ein Gruppenfoto, wofür auch immer, machen. Und das Ding war, dass die Person selbst blind war. Dazu bin ich zu überzeugt blind, als dass ich dauernd den visuellen „Scheiß“ der „Sehenden“ mit mache.
Ich habe das Gruppenfoto als Freizeitleiter unterbunden, weil ich es nicht eingesehen habe, was das soll. Kein Foto hätte darstellen können, was wir gemeinsam auf der Freizeit miteinander erleben durften. Wir wären reduziert als Gruppe auf ein flaches Foto mit zwei Dimensionen gebannt worden. Dabei war unser gemeinsames Erlebnis so viel mehrdimensional, dass man sich so ein eventuell noch verwackeltes und pixelliges Foto auch sparen kann, weil es niemals widerspiegelt, was die Freizeit wirklich ausmacht. Das Medium passt an dieser Stelle einfach nicht.
Das muss man sich immer mal wieder überlegen, in welcher Weise ein gewisses Medium die Botschaft ist, und was es somit zu transportieren vermag. Hätte jemand seine Eindrücke der Freizeit auf eine Leinwand gebracht, ein Gedicht darüber gefunden oder sonst was, dann hätte das gepasst…
Naja, vielleicht sehe ich das alles auch etwas zu eng. Ich bin nicht zeitgemäß, und zeitkonform schon gar nicht. Es ist doch einfach lächerlich, wenn Menschen auf große Konzerte gehen,und die ganze Zeit damit beschäftigt sind, ihre Idole mit dem Handy vor ihren Gesichtern einzufangen. Wir haben uns z. B. vor Pink Floyd einen Joint reingezogen und uns auf eine Wiese gelegt und einfach genossen…
Unabhängig von der Droge hatten wir keine Ablenkung über Bildschirme vor unseren Gesichtern…
Auf jeden Fall werde ich die Hypertrophie des Sehens, das so viele Neurosen in unserer Gesellschaft hervorgerufen hat nicht dadurch unterstützen, dass ich mich an derlei Plattformen, die nur auf das visuelle aus sind und nur auf Selbstdarstellung abzielen, beteilige.

Bezirksgruppe Hessen DBSV 02.11.2021

Für diese Gruppe durfte ich einen ähnlichen Vortrag halten, wie einer oben für die Frauengruppe erwähnt war.
Auch dieser Vortrag wurde überlang, weil er online nach Feierabend stattfand. Auch hier kamen so viele Fragen und das Interesse war unglaublich. Das sollten teilweise meine alten Lehrer an der Blindenschule mal erleben. Die sparten nämlich z. B. das Thema Optik im Physikunterricht mit der Begründung aus, dass Optik mit Licht zu tun habe, und deshalb für Blinde nicht wichtig sei. Ich darf hier am Rande erwähnen, dass ich schon mal einen Vortrag für Einsteiger hielt, als ich ganz neu in einem Astronomieverein eingetreten war. Der Person, die das anfragte, war es, als sie mich vier Wochen danach nochmal anrief äußerst peinlich, dass sie mich als blindes Mitglied um diese Aufgabe bat. Ich musste ihn enttäuschen. Der Vortrag war schon fertig und vorbereitet. Auf der letzten Folie enthüllte ich mein kleines Problem. Der Vortrag kam sehr gut an und zeigte mal wieder, na was wohl, wie … die Astronomie ist.
Auch Leiter gewisser Bezirksgruppen der Blindenverbände lehnten mich wegen angeblich mangelnden Interesses ihrer meist älteren Mitglieder ab. Als ich in selbiger Gruppe an eine andere Türe klopfte, wurde ich vor lauter Interesse, Begeisterung und Fragen fast überrannt.
So viel zum Desinteresse von Blinden an Astronomie und Weltraum und zur Einschätzung derer über die Interessen der Mitglieder der Gruppe, die sie leiten…

Haus der Astronomie 14.12.

So, und nun kommen wir endgültig zum Schluss und Finale unseres Jahresrückblickes.
Ich bin schon seelisch und inhaltlich stets mit dem Haus der Astronomie in Heidelberg verbunden. Immer wollte ich es mal besuchen, was mir vor der Pandemie leider nie gelungen ist, und in Mitten in ihr sowieso nicht mehr. Dennoch hat mich ein Professor dort angefragt, ob ich für eine Serie von Vorträgen einen Beitrag liefern würde. Das ist der Professor, der mich auch immer bei meinen Vorträgen der Astronomischen Gesellschaft unterstützte, mit dem ich auch den erwähnten Online-Vortrag bei der AG durchführte, der mit mir die ganze Technik testete, der mein Buch gelesen hat und der dieses auch öffentlich empfohlen hatte im Outreach-Workshop der AG. Auch diesem Online-Vortrag stand eine technische Prüfung bevor, denn da kam wieder mal eine Software zum Einsatz, die ich bisher noch nicht kannte. Was machen wir, wenn die Software nicht zugänglich sein würde. Ich wollte ja neben meinen Folien auch Sounds einspielen. Das ganze erwies sich aber als weniger problematisch, als wir beide dachten. Wir planten so vieles, z. B. eine Telefonverbindung, einen Zugang zu meinem Rechner über Teamviewer, mit welchem ich ihm dann die komplette Steuerung meines Rechners übergeben hätte, wir planten, wie ich den Chat auf welchem die Fragen rein kommen würden und vieles mehr. Er übernahm den Chat, weil ich ja im Vortrag über deren Studio verbunden war, und der Chat über Youtube rein kam, weil der Vortrag gestreamt wurde. So eine Reichweite hatte ich nur selten, denn bis heute haben sich fast 2000 Besucher den Vortrag über Youtube angesehen. Beim Stream waren es so gegen 100 direkt. Ich hatte große Angst vor diesem Vortrag. Nicht wegen dessen Inhalts, aber wegen der Technik. Meine Arbeitsplatzassistenz wieß ich an, beim Vortrag bei mir im Büro zu bleiben, die Bildschirme zu bewachen, eine Hand an meiner Maus zu haben, wenn etwas passieren sollte. Und was soll ich euch sagen, es geschah nichts, was nicht passieren hätte sollen. Stück für Stück bauten wir angefangen mit einer Telefonverbindung den Kontakt für die Online-Software auf, erst die Sprache, dann das Video, dann die Folien, dann die Anpassung der Bildschirme und dann, welch ein Wunder stand alles, und blieb auch über den ganzen Vortrag hinweg stabil. Da ich relativ frei vortrage und nur einige Notizen in Punktschrift und einen Presenter für das Umschalten der Folien benutze, gerät das manchmal außer Kontrolle. Ich rede, und vergesse die Folie umzuschalten. Mein Professor aus dem Off meldete sich dann gleich bei mir. Das ist nur an einer Stelle passiert, was bei zwanzig Folien vertretbar ist.
Wer mag, kann sich den Vortrag nochmal hier zu Gemüte führen.
OK, manchmal muss man hier etwas andere Wege gehen, aber die Astronomie zeigt uns mal wieder, das … Ich will mich nicht schon wieder wiederholen…

So, meine lieben, das ist mein Jahresrückblick für 2021. Ich danke euch allen, die ihr meinen Blog lest. Ich danke vor allem jenen, die meine länglichen Artikel aushalten.

Ich habe ja einen Vorsatz für dieses Jahr, dass meine Artikel kürzer werden. Aber dieser gildet noch nicht, denn der ist im Laufe des letzten Jahres entstanden.

Bis zum nächsten mal grüßt euch

Euer Blindnerd.

Grund zum Feiern – der einhundertundfünfzigste Artikel auf Blindnerd


Seid herzlich gegrüßt,

Prolog

heute feiern wir den 150sten, in Worten, den einhundertfünfzigsten Artikel auf Blindnerd. Den hundertsten Artikel feierten wir letztes Jahr im Lockdown1.
Was soll man da für ein Thema nehmen, dass etwas festlich ist und der Sache irgendwie gerecht wird.
Zum einhundertsten Artikel beschrieb ich euch, wie ich in die Schreibsucht geraten bin und bot euch einige Artikel aus allen Kategorien des Blogs zur Abstimmung an. Leider hat das offenbar obwohl ein Preis hätte winken sollen, nicht bei euch eingeschlagen. Wen wundert es. Wir hatten alle mit dem Lockdown zu kämpfen und damit andere Dinge im Kopf. Ich für meinen Teil kann sagen, dass die Astronomie und dieser Blog oft das einzige waren, was mich durch die Einsamkeit der Lockdowns trug. Keinem hat diese Zeit so gut getan, wie meinem Blog. 56 Artikel sind seit dem Ausbruch der Pandemie entstanden.
Nun aber genug der düsteren Zeiten. Wir wollen doch feiern…

Lasst uns einen Rückblick wagen auf das, was seit dem hundertsten Artikel hier auf Blindnerd.de so los war.

Die letzten Fünfzig

An den letzten Artikel, die Einhundertneunundvierzig, erinnern sich bestimmt noch viele. Wir begaben uns auf Entdeckungsreise zu den Monden des Uranus und wie die Protagonisten aus Williams Shakespeares Stücken als Namensgeber der sehr zahlreichen Saturnmonde her halten mussten. Also ich fand die Geschichte sehr spannend und aufregend.
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Davor hielt mich fast ein halbes Jahr ein Projekt in Atem. Ihr wisst schon. Die Reise zu den schwarzen Löchern. Hier wurde aus einem etwa dreistündigen Vortrag eine elfteilige Serie. Von Archimedes über Johannes Kepler, Isaac Newton, Cavendish und anderen bis hin zu Albert Einstein durchliefen wir alle Stationen, wie die Gravitation entdeckt, Masse und Volumina zusammen hängen, mit welcher Kraft die Erde alles anzieht, wir wogen den Mond, die Erde und andere Himmelskörper. Nach und nach lernten wir über Einstein, Eigenschaften des Lichtes und des Vakuums dann die heimliche Herrscherin über Raum und Zeit kennen, die Gravitation, die schwächste der vier Grundkräfte des momentan gültigen Standardmodells der Physik. Am Ende mussten wir uns mit sterbenden Sternen beschäftigen, wie sie zu weißen Zwergen, zu Neutronensternen oder gar als schwarze Löcher enden können. Diese untersuchten wir genauer, denn sie waren das Ziel dieser Reise. Nie hätte ich erwartet, dass diese Serie so umfangreich würde, so dass ich eventuell in Betracht ziehe, daraus ein Büchlein zu schreiben. Der Anfang hierzu ist gemacht. Wir werden sehen, wie das sich entwickelt und anläuft. Euch danke ich, dass ihr beim Lesen dieser Serie mehr oder weniger durchgehalten habt, denn an manchen Stellen ging es leider nicht ohne Mathematik und sprengte auch sonst das ein oder andere mal die Vorstellungskraft unserer Spezies.
Ich habe für diese Serie extra eine weitere Kategorie auf dem Blog eingeführt, so dass die betreffenden Artikel besser gefiltert werden können, wenn man nach ihnen sucht.
Sie heißt Den Schwarzen Löchern entgegen.
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Unterbrochen wurde die Serie lediglich durch ein astronomisches Ereignis, welches ich nicht unerwähnt gelassen haben wollte. Es ging um die ringförmige Sonnenfinsternis vom 10.06.2020.
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Ein wichtiges Anwendungsgebiet der Astronomie ist die Navigation auf hoher See. Den Breitengrad konnte man anhand der Sonne, des Horizonts und des Mondes einigermaßen mit Sextanten als Instrument bestimmen. Für den Längengrad brauchte man genaue Uhren. Wir beschäftigten uns also mit der berühmteste Schiffsuhr, deren Erfinders und dessen tragischen Lebens.
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Vor allem von blinden Menschen wurde und werde ich immer mal wieder darüber befragt, wie es sich denn genau mit Tag und Nacht verhält, ab wann die Sterne zu sehen sind und wie sie wieder verschwinden. Somit griff ich die Frage einer guten Freundin auf und wir taten die Reise durch den
Verlauf von Tag und Nacht.
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Wer länger schon hier mitliest weiß, dass ich in meinen Artikeln auch immer wieder den Jahreslauf mit seinen astronomischen Ereignissen und natürlich seinen Feiertagen aufgreife. „Querbeet durch das Jahr“ meinte einmal mein alter Freund und Chorleiter zu mir, wäre ein schönes Motto und ein schöner Inhalt für ein weiteres Buch. Vielleicht wird da mal etwas daraus. Wer weiß. Auf jeden Fall tastete ich mich diesmal ganz anders an Ostern heran, denn den Frühlingsanfang und wie sich daraus Ostern ableitet, hatte ich schon früher ausführlich beschrieben. Diesmal ging es im Zeichen von „Respekt und Toleranz um andere Religionsgemeinschaften, insbesondere um deren Fastenzeiten und was die Astronomie damit zu tun hat. In Zeiten von Querdenkern und Polarisierung sind solche Zeichen wichtig.
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Wie Sonnwend abläuft hatte ich auch längst schon abgearbeitet, aber nicht, wie der Sonnenlauf als ganzes funktioniert und welche Figur die Sonne im Laufe eines Jahres an den Himmel zeichnet. All das schilderte ich zur
Der Jahreslauf unserer Sonne.
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Was ich mir auch in jedem Jahr nicht nehmen lasse ist, den Weltfrauentag am 08.03. zu würdigen. Noch immer sind Frauen in vielen Belangen und ganz besonders in naturwissenschaftlichen Fächern unterrepräsentiert und benachteiligt. Deshalb widmeten wir uns 2021 der im Schatten ihres berühmten Astronomen Tycho Brahe stehenden Schwester, die unerkannt eine große Himmelskundlerin war.
Zu diesem Artikel geht es bitte hier lang.
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Bis dato wusste ich überhaupt nicht, dass es am 10.02. eines jeden Jahres den „Women Science Day“ gibt. Da ich für mehr Frauen in der Wissenschaft brenne, würdigte ich an diesem Tag die ersten Astronautinnen im All.
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Und nun stand Weihnachten 2020 vor der Tür. Zu dieser Gelegenheit erhielt ich von meinem geliebten Freund, Chorleiter und Mentor ein unglaublich schönes und astronomisches Weihnachtsgeschenk, eine taktile Sternenkarte.
Sie war in der tat mein schönstes Weihnachtsgeschenk 2020.
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Selbstverständlich durfte mein obligatorischer Jahresrückblick 2020 zu meinen Veranstaltungen zum Jahreswechsel ebenfalls nicht fehlen.
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Immer und immer wieder stellt sich die Frage zur Weihnachtszeit, was denn der Stern von Bethlehem genau gewesen sein könnte. Mitte Dezember 2020 trat ein recht seltenes Astronomisches Ereignis auf, das ein guter Kandidat für diesen Stern abgeben könnte.
Diesen Kandidaten könnt ihr hier kennenlernen.
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Die Vorweihnachtszeit hat sehr viel mit Lichtern und auch mit Sternen zu tun. Außerdem empfängt man, zwar nicht in 2020, Gäste und wird auch selbst eingeladen. Auch am Himmelszelt erscheinen dann und wann Sterne, also Himmelsgäste, wo eigentlich keine hin gehören.
Einige dieser Himmelsgäste könnt ihr hier antreffen.
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Der letzte Sonntag des Kirchenjahres vor dem ersten Advent ist der Totensonntag. Leider hatte ich in dieser Zeit tatsächlich einen Wegbegleiter, ein Vorbild, einen großartigen Autoren und einen wunderbaren Professor verloren. Rudolf Kippenhahn und seine Bücher waren mir stets ein Wegbereiter und begleiten mich bis heute über dreieinhalb Jahrzehnte hindurch.
Würdigen wir ihn erneut in diesem, meinem Nachruf.
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Nun verlassen wir die Chronologie der Artikel etwas, weil ich eine Serie, auf die ich später noch zu sprechen komme, dafür unterbrechen musste.

Obwohl ich nicht wollte, ließ ich mich kurz vor Lockdown2 dazu breit schlagen, einen Corona-Report zu schreiben. Das tat ich dann, aber den lesen wir heute zur Feier des Tages besser nicht, aber er ist für die Historie wichtig.
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Lesenswerter für den Moment dürfte da mein Artikel zu Halloween sein. Immerhin hatten wir an Halloween 2020 sogar Vollmond, so dass alle Werwölfe pünktlich zum Gruselfest verwandelt waren und ihr Unwesen trieben.
Zum Gruselfest bitte hier lang.
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Jetzt wird es schwierig, die weitere Reihenfolge der Artikel einzuhalten, denn ich begann quasi zwei Serien parallel, von denen ich mal die eine, und mal die andere mit Artikeln bediente und noch bedienen werde, denn beide Serien verlangen noch nach weiteren Artikeln.

Mein verehrter Professor Rudolf Kippenhahn war ein großer Erforscher der Sonne. Somit war es gut und recht, eine Serie über die Sonne zu beginnen. Alle Sonnen-Artikel sind in der Kategorie Der Sonne entgegen zu finden.

Ein Schlüsselerlebnis wieso ich im Herzen Astronom wurde, waren Kometen. Wer mein Buch gelesen hat weiß, wie fasziniert ich 1986 am Fernseher verfolgte, als die Raumsonde Giotto durch den Schweif des Halleyschen Kometen flog. Die Nachfolgemission Rosetta ist ebenfalls so ein Meilenstein auf meinem Weg, der hier erwähnt werden muss. Ich schrieb über diese Mission an anderer Stelle.
Grund genug also eine Serie über Kometen zu beginnen. Sechs Kometengeschichten befinden sich bereits momentan in der Kategorie
Kometen.
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Nun befinden wir uns zeitlich Anfang Juli 2020. Ich meine, dass da die Frage durch Twitter zischte, wie viele Freitage der dreizehnte es eigentlich so gibt. Interessant dachte ich. Ich bin zwar nicht abergläubisch, aber das brachte uns direkt über unseren Ggregorianischen Kalender mit der Astronomie in Verbindung. So griff ich das Thema auf, suchte etwas herum und verarbeitete das gefundene in meinen Gedanken zu Freitag, 13..
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Viele von uns haben sicher in diesen Zeiten mehr als vorher sich dann und wann mit Pizza ernährt. Pizza gibt es auch im Weltraum.
Schon seit dreißig Jahren fliegt die internationale Raumstation über unseren köpfen in 400 km Höhe hinweg. Das ist schon ein technisches Wunder, dass diese komplexe Maschine den Gefahren des Weltalls bisher immer trotzte. Die Hauptgefahr sind harte Teilchen, kleinste Asteroiden oder Weltraummüll. Um die Raumstation davor zu schützen, packt man sie in eine gedachte Pizzaschachtel. Nähert sich ein Teilchen dieser gedachten Box, dann wird die Raumstation angehoben, so dass das Teilchen an ihr vorbei fliegt.
Das Raumschiff in der Pizzaschachtel erzählt von der astronomischen Verbindung zu diesem wunderbaren Italienischen Essen.
Übrigens hat Italien das durchaus verdient, weil Italien eine großartige astonomische Tradition besitzt.
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Ich weiß jetzt nicht mehr genau wann, wie und wo.
Es gab wohl Mitte 2020 eine Sonnenfinsternis. Da ich Finsternisse schon beschrieb, näherte ich mich ihnen diesmal Literarisch. Kindererinnerungen werden wach, wenn man die Namen der Autoren liest, um welche es in Dieser Abhandlung geht.
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An dieser Stelle wurde es Zeit, eine weitere Serie oder Kategorie einzuführen. In „Dem Mond entgegen“ sammle ich alle Artikel, die zum Thema Mond und dessen Erforschung entstanden und noch entstehen werden. So meine Abhandlung zum Thema „Hat der Mond Einfluss auf uns Menschen“.
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Besonders von Kindern bekomme ich immer wieder ganz interessante und spannende Fragen gestellt. So schrieb ich nachdem ich von einem virtuellen Kindergeburtstag zurück kam, auf welchem ich als Gast vortragen durfte, einen Artikel über die wunderschöne Kinderfrage:
Wie sieht der Himmel woanders aus“.
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Passend zu dieser Himmelsfrage stellte ich ein romantisches Plätzchen in unserem Sonnensystem, genauer auf dem Merkur vor. Wäre es dort nicht so unvorstellbar heiß, dann wäre dieses Liebesnest vielleicht von Weltraumtouristen überlaufen. Wer diese Liebeslaube kennenlernen möchte, bitte hier lang.
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Apropos Weltraumtourismus und Liebeslaube. Wer so wo hin möchte, wird nicht zu Fuß unterwegs sein. Man braucht schon einen Parkplatz für sein Weltraum-Gefährt.
Parken im all sagt ihr ginge nicht? Dann lest mal hier, wie und wo man im All parken kann.
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Der Sonntag des Gesanges, Kantate, fiel bekanntlicher Weise im Jahre 2020 ganz besonders anders aus. Dem wollte ich mit meinen Sonnengesängen unbedingt etwas freudiges entgegen halten.
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Neben weiteren Sonnen-Artikeln erschien zum Tag der Arbeit, 01.05.2020 einer, der es tatsächlich fertig bringt, die Astronomie mit der Arbeiterbewegung zu verbinden.
Er heißt „ein Stern der Arbeiterbewegung“.

Epilog

und damit sind wir am Ende unserer kleinen Feier, die hoffentlich nicht als Bauchpinselei meinerseitz empfunden wurde. Was mir auf dieser Feier besonders gefallen hat. Man sieht wieder mal sehr genau, wie vielfältig die Astronomie ist. Es ist möglich, sich ihr auf so unterschiedliche Weisen zu nähern, dass ganz viele verschiedene Zugänge entstehen.
Nicht jeder Zugang ist für jeden Menschen geeignet, wie beispielsweise das Teleskop für mich nicht, aber es gibt einen Zugang für jeden Menschen. Das ist meine tiefste überzeugung. Diese wird stets durch weitere Artikel, Vorträge und alles, was ich so mache, rundum erneuert und bestärkt.
Der Himmel ist für alle da.

Nun hoffe ich, dass ihr mir für weitere fünfzig Artikel gewogen bleibt.

Gratulationen, Glückwünsche, oder, was ich natürlich nicht offe, eine Äußerung in die Richtung, dass ich endlich mal wieder mit diesem Astrokram aufhören sollte, sind in den Kommentaren gerne gesehen. Gerne dürft ihr natürlich auch in euren Kreisen Werbung für diesen Blog machen, wenn es dafür auch keine neue Waschmaschine geben wird…

Astronomie aus dem Baumarkt – Mein schönstes Weihnachtsgeschenk 2020


Liebe Leser*innen,

nun meldet sich auch der Blindnerd mit einem etwas länglichen Artikel zurück im Jahre 21. Ich hoffe, ihr konntet alle das etwas andere Weihnachten und das etwas andere Silvesterr trotz allem genießen. Ich hatte es mit einem Freund und seiner Familie in Saarbrücken sehr schön. Es war beschaulich, gemütlich und sehr entspannt.
Dank an ihn und seine Familie, dass sie mich für zehn Tage beherbergt haben, ansonsten wäre die Zeit im Lockdown sehr einsam für mich geworden. Selbstverständlich lief hier alles im Rahmen des Erlaubten und ggf. unter der Maske ab.

OK, die Weihnachtszeit liegt hinter uns. Hoffentlich können und dürfen wir die nächste Weihnachtszeit wieder etwas lockerer in gewohnter Weise feiern.
Es ist zwar etwas spät, wenn ich euch heute von einem Weihnachtsgeschenk, von einem sehr astronomischen Weihnachtsgeschenk erzähle, zumal das neue Jahr quasi schon im Gange war, als ich es per Post zugestellt bekam, aber das ist in der Geschichtsschreibung nichts ungewöhnliches, dass Ereignisse, z. B. Kriege, deren Siege oder Niederlagen, Naturkatastrophen, ja auch Ausbrüche von Pandemien oder Feuersbrünsten später im Nachhinein astronomischen Ereignissen oder Gegebenheiten zugeordnet wurden. Daten werden hierzu beispielsweise Erscheinungen von Kometen oder Sonnen- und Mondfinsternissen zugeordnet. Da wird dann halt noch etwas an der Geschichte geschraubt, dass es wieder passt. Das tue ich heute auch, indem ich ein quasi sagen wir Geschenk, dass ich eher zu Dreikönig als zu Weihnachten bekam, als mein schönstes Weihnachtsgeschenk bezeichne. Später werden die Geschichtsschreiber die zeitliche Lücke vielleicht Problemen der Paketzustellung zuschreiben, denn dass mein Geschenk kein Weihnachtsgeschenk gewesen sein soll, wo doch noch die große Konjunktion, quasi der Weihnachtsstern am Himmel stand, wird niemand im nachhinein behaupten wollen. Vielleicht wird man dereinst Corona der Erscheinung des Kometen Neowise zuordnen. Ich schrieb in meinen Kometengeschichten 4 darüber.
So einfach geht es, dass man, in meinem Fall harmlosen Schwurbel erzeugt. Hüten wir uns vor bösem Schwurbel, der sehr gefährlich sich schlimmer noch, wie das Virus selbst, auf der Welt momentan verbreitet und weit größeren Schaden hinterlassen kann, als das Virus, aber lassen wir das für den Moment und wenden uns dem Geschenk nun zu…

Die Ankunft

am 04. Januar erhielt ich plötzlich einen Anruf von meinem ehemaligen Geschichtslehrer, Freund, Mentor und bis heute Chorleiter, dietmar. Das ist an sich nichts ungewöhnliches, dass der mich anruft, da uns vor allem musikalisch viel verbindet. Ich singe voll Begeisterung in seinem Ehemaligenkor der Blindenschule, in welcher er vierzig Jahre lang unterrichtete und mittlerweile seit ungefähr anderthalb Jahrzehnten seinen wohlverdienten Ruhestand genießt. Er leitet diesen Chor bis heute, unterstützt unsere Folk-Gruppe Soultouch, die sich aus diesem Chor gebildet hat, ich darf bei Auftritten und Proben stets die Tonaufnahmen ziehen und dann versuchen, sie am PC so hin zu bekommen, dass man sie durchaus auch mal auf die eine oder andere Weise veröffentlichen kann, z. B. auf CD.
Es ist also nichts besonderes, dass er mich anruft, zumal ich hier noch einige Abmischungen in der Pipeline habe und wir eine Oster-CD planen.
Anstatt musikalischer Dinge fragte er mich plötzlich, an welche Adresse er mir etwas schicken könnte. Er habe ein etwa 50 cm im Quadrat großes Paket für mich und würde mir das gerne schicken. „Du liebe Güte“, dachte ich. Was soll das denn sein. Liedtexte in Punktschrift schieden aus, denn die schickt er mir elektronisch und ich drucke sie dann. Verstärkt wurde die Spannung noch dadurch, dass er darum bat, dass wir das Paket gemeinsam öffnen, also ich solle ihn anrufen, und er leitet mich an, wie das Teil zu öffnen sei.

Er nannte seine Verpackung „Böhringer-Verpackung“, so heißt er, und ich kann euch sagen, das ist sie auch.
Am Donnerstag nach Dreikönig erhielt ich nun dieses große, flache Etwas.
„Will er mir jetzt ein Bild schenken?“ war mein erster Gedanke. Das wäre ja dann vielleicht nicht ganz das passende Geschenk für einen Blinden. „nein, das kann ich mir nicht vorstellen“, aber wie ein gut verpacktes Bild fühlte es sich tatsächlich an. Die Verpackung besteht aus einem Holzrahmen aus vier Leisten, einer Rückwand aus Karton, einem Deckel auch aus Karton und alles war äußerst raffiniert und kunstvoll mit hochwertigem Tape verklebt. Nicht zuletzt hatte das Paket noch eine Trageschnur. Ich hielt meine Neugierde aus und wartete auf seinen Anruf, damit wir den Schatz gemeinsam heben würden, wie ich es ihm versprochen hatte.

Die Schatzhebung

Sein Anruf kam am Freitag Abend. Allerdings zunächst etwas ungünstig, da mir wenige Minuten vorher ein Bote etwas anderes flaches in einem Karton vorbei brachte, eine Pizza. So vertröstete ich Dietmar auf später, öffnete ein Fläschchen wein und versorgte die Pizza in meinem Bauch. Dann suchte ich meine Ausrüstung,

  • Messer,
  • Schere,
  • Headset für die freien Hände,
  • Telefon,
  • mein Weinglas, das Teleskop des blinden Astronomen
  • das Paket

zusammen, setzte mich aus Platzgründen auf meinen Wohnzimmerteppich und rief ihn an. Ich hatte mir schon ausbedungen, wo ich das Messer zuerst ansetzen würde. Sofort kam von ihm die Warnung, dass ich um Himmels willen nichts und nirgendwo schneiden solle. „Wie soll das dann aufgehen“, dachte ich mir. „Hat er dafür einen Zauberspruch?“
Nein, den hatte er nicht, sondern etwas viel besseres. Er dirigierte meine Hände über den Deckel des Paketes, indem ich zuerst den Ausgangspunkt, den Adressaufkleber finden sollte. Von dort aus ging es dann in verschiedene Richtungen an die Ränder des Paketes, wo ich die Verklebung fühlen konnte. Und was war das. Da gab es wirklich nichts zu schneiden. Dietmar hatte die Tapestreifen so verlängert, dass er sie zu Laschen umschlagen konnte. Ein kurzer Ruck an jedem, ein deutlich hörbares Ratschen und der Klebestreifen ließ sich rückstandsfrei öffnen. Es war halt sehr gutes Klebeband. Ich erkannte es sofort. Damit verklebten wir über dreißig Jahre unsere Kabel am Boden unterschiedlichster Bühnen, wo ich mit verschiedensten Bands auftrat. Ob Hochzeit, Tanzabend, Schulfest, Folk-Fest etc. dieses Klebeband hielt quasi unsere Bands, zumindest unsere Ausrüstung zusammen und niemand stolperte über seine eigenen Kabel und Füße. Übrigens war ich von 1986 – 1989 Gründungsmitglied, Bassist und Sänger in der Schulband, der Schule, an welcher Dietmar unterrichtete und ich Schüler war. Abends und nachts schrien wir unsere Seelen in die Mikros, und tagsüber mussten wir uns dann müde und verkatert durch Dietmars Geschichtsunterricht quälen, der aber meistens ganz interessant war.

Die Schule, um die es ging, ist die Nikolauspflege Stuttgart, eine Ausbildungsstätte für Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung.

Tja, solche Erinnerungen kommen einem, wenn sich Freunde so lange kennen, miteinander telefonieren und man dieses Klebeband in Händen hält. Also, nun waren alle Laschen gelöst und ich konnte den Deckel von mir weg aufklappen.

Die Erkundung

Nun tastete ich und tastete, fühlte dicke und dünnere Punkte auf Folie, manche davon waren durch Striche miteinander verbunden, und bei genauerem Tasten fand ich sogar Beschriftungen in Punktschrift.
Und da durchfuhr es mich. Ähnlich dem klaren und lauten C-Dur-Akkord, der in Joseph Haydns Schöpfung heraus bricht, als „Es werde Licht“ gesprochen wird, bei dem es mir immer, wenn ich nur an diesen Klang denke, kalt den Rücken herunter läuft, so geschah es mir auch jetzt. Mit Wucht und Klarheit traf es mich. Was hier vor mir auf dem Boden lag, ist eine taktile Sternnkarte. „Wo hat er die denn jetzt wieder ausgegraben“ fragte ich ihn. Ihr müsst wissen, dass solche tastbaren Sternenkarten äußerst selten sind, fast so selten wie die Zauberringe der Elben aus Herr der Ringe und aus dem kleinen Hobit.

Sie sind äußerst schwer herzustellen.

Exkurs über die Herstellung der Sternkarte

Man musste damals, als es noch keine 3D-Drucker, keine graphikfähigen Braille-Drucker und keine Lasercutter gab, mühsam das Modell der Karte auf einem Brett erstellen. Zunächst muss man die Karte zeichnen, bzw. eine auf das Brett kleben, was meist ob der Größe, die man zum Ertasten benötigt nicht ausreicht, also muss man sie skalieren, vergrößern und irgendwie für die Modellierer*in sichtbar auf das Brett aufbringen. Dann werden die Löcher für die Sterne gekörnt (angebohrt). Danach müssen Alle Verbindungsdrähte geschnitten werden, welche dann mit den Sternen als Ecken die Sternbilder ergeben sollen. Linien, die es am Himmel nicht gibt, aber die wir uns in unserer äuropäischen Kultur schon seit der Antike so ausgedacht haben, um Orientierung am Himmel zu haben. Und da ist gleich noch ein Problem. Der Himmel befindet sich an der Innenseite einer Halbkugel, die sich über uns wölbt. Das Brett aber ist flach. Hat jemand von euch schon mal versucht, z. B. einen abgeblasenen Ball flach auf einen Tisch zu legen? Es wird niemals ohne Falten gehen, weil eine Kugel einfach eine Kugel ist. Auf ihr herrscht eine völlig andere Geometrie als auf einem Brett. Dort ist die Ggeometrie flach. Das bedeutet, dass ein Dreieck eine Winkelsumme von 180 Grad besitzt.
Auf einer Kugel kann man drei Linien sich rechtwinklig so schneiden lassen, dass man ein Dreieck mit drei rechten Winkeln, also 270 Grad als Winkelsumme bekommt.
Stellt euch z. B. einen Globus mit seinem Äquator vor. Nun wählen wir uns einen Längengrad, z. B. den Null-Meridian. Wir führen ihn auf dem Globus weiter, bis sich die Linie schließt. Nun nehmen wir einen weiteren Längengrad, der an den Polen mit dem ersten einen Winkel von 90 Grad bildet. Das tuen die beiden Längengrade mit dem Äquator auch,
Und siehe da. Wir haben Dreiecke mit drei rechten winkeln.

Also muss auch das immer dann beachtet werden, wenn man flache Karten zeichnet. Erstellt man einen Grundriss einer Wohnung, oder vielleicht noch eines Hauses, dann schlägt die Erdkrümmung noch nicht so sehr zu, aber Geodäten (Weltvermesser) bekommen es dann schon mit der Kugelform der Erde zu tun, vor allem auch bei Seekarten etc.
Wer einen Globus mit einer flachen Weltkarte vergleicht, auf welcher noch die Längen- und Breitengrade eingezeichnet sind, wird die Verzerrung deutlich fühlen. Das schlägt am Himmel natürlich auch zu.

Nun werden einzeln die Sterne genagelt, verschraubt und miteinander mit den Drähten verbunden, dass sich langsam die Sternbilder aufbauen. Das ist sehr kniffelig, denn die Drähtchen sollen sich ja auch nicht verbiegen und die Nägel oder Schrauben nicht krumm sein. Bei meiner Karte hier hat sich der Schöpfer sogar die Mühe gemacht, dickere und dünnere Nägel für unterschiedlich helle Sterne zu verwenden. So ist z. B. der Sirius sehr dick. Nun müssen die Schildchen für die Blindenschrift geschrieben werden. Ohne Computer war das früher nur so möglich, dass die sehende Modellierer*in die Punktschrift selbst mit einer Punktschrifttafel oder Punktschriftmaschine erzeugen kann, bzw. es muss eine blinde Person zu Rate gezogen werden, die das erledigte.

Sorry, ihr Lehrer*innen, die ihr blinde Menschen unterrichtet. Wer von euch kann das noch ohne Computer und Punktschriftdrucker?

Ich kenne sogar blinde Menschen, die nicht mehr auf einer Punktschrift-Tastatur klar kommen. Ist ja dank der modernen Technik auch nicht mehr so wichtig, aber ich denke doch, dass zumindest geburtsblinde Menschen, oder solche, die die Beeinträchtigung relativ jung erwerben, das noch lernen sollten. Ohne Punktschrift auf Papier schreiben zu können, hätte ich, nur an der Braille-Zeile arbeitend, meine Mathematik-Studien an der Uni niemals geschafft.

Nun ist das Modell, die Vorlage fast fertig.
Es muss nun noch für die Vakuum-Maschine präpariert werden, damit man mit dem Tiefzieh-Verfahren Folienabzüge davon anfertigen kann.

Exkurs über das Tiefzieh-Verfahren in der Welt der Blinden

Das Tiefzieh-Verfahren funktioniert so, dass man eine Folie auf das Modell legt, und beides dann in den Tiefzieh-Ofen schiebt. Ein Klapprahmen am Rand verhindert das Verrutschen der Folie. In diesem Apparat wird nun die Folie durch Erwärmung weich gemacht. Gleichzeitig wird von unten die Luft aus dem Ofen gesaugt. Dieses Vakuum zieht nun die weiche heiße Folie über das Modell. Kühlt man das ganze dann ab, bleibt ein Folienmodell der Sternenkarte zurück. Dies kann man nun mit neuen Folien wiederholen, und erhält dann mehrere Kopien des Modells.
Der Teufel steckt aber auch hier im Detail. Durch ein hartes Brett lässt sich kein Vakuum ziehen. Das muss die Modellierer*in bedenken und kleine Löcher in die Platte bohren, damit durch diese die Luft abgesaugt werden kann. Verteilt man diese Löcher nicht richtig auf dem Brett, dann passiert es, dass das Vakuum ungleichmäßig gezogen wird, die Folie dann falten wirft, die man im Nachhinein nimmermehr heraus bekommt und die Folie ist dann kaputt. Auf diese Weise haben unsere Lehrer früher mit Punktschrift-Vorlagen auf Papier, die sie von Hand mit einer Punktschriftmaschine abschreiben mussten, Folienkopien für uns erstellt. Normalerweise durften wir diese Folientexte natürlich behalten, denn wir mussten deren Inhalt ja noch lernen… Zu Zeiten der Ölkrise Anfang der 70er Jahre wurden die teuren Folien aber wieder gesammelt und neu eingeschmolzen. Daran kann ich mich noch als kleiner sechs oder siebenjähriger Schüler erinnern, das das gemacht wurde.

Der Fund

Also, nun lag dieses sehr aufwändig hergestellte Geschenk vor mir und ich war den Tränen vor Rührung nahe und musste erst mal an meinem Weinchen nippen.

  • Wie kam ich zu der Ehre, dass mein Freund mir eine solche Karte schenkt?
  • Wo hat er sie gefunden?
  • Wie alt mag sie sein?
  • Gibt es die Vorlage dafür noch?
  • Lebt der Hersteller der Vorlage noch?
  • Wie kann ich demjenigen danken, der die Kopie für mich gezogen hat
  • Wie kann ich Dietmar und den hilfreichen Personen das je danken?

Das waren so Fragen, die mir da demutsvoll durch den Kopf gingen.
Es ist so, dass es vermutlich an nahezu allen Blindenschulen noch Speicher, Keller und Abstellräume gibt, wo noch derlei Schätze lagern. Heute lagern die Modelle nur noch auf Festplatten von Computern oder in Clouds, damit sie für die Nachwelt verfügbar bleiben.
Dietmar interessiert sich schon immer, schon auch als Historiker, für alte Sachen. Er findet solche Schatzgruben und hütete sie auch, als er noch nicht pensioniert war.
Er hütete sie nicht nur, sondern verwendete sie in seinem Unterricht. Einmal, als ich in einer Pause entweder einem Mädchen nachgehen wollte, eine Zigarette rauchen oder einfach nur ein biologisches Grundbedürfnis hatte, rief er mich plötzlich in seinem schwäbischen Dialekt an.

Kosch Dur mir amol helfe, ebbes zum trage? Mir brauche des bei euch in der nächste Stond.

Willig und damals noch den Lehrern hörig, ließ ich von meinem geplanten Vorhaben ab, erklärte mich freundlich bereit und folgte ihm in seinem schnellen Schritte in einen Raum, in dem ich vorher noch nie gewesen war. Moderig und stickig war dort die Luft. Besonders viel Licht gab es dort auch nicht, was ich damals noch sehen konnte. Was er getragen haben wollte war ein etwar 120 auf 80 cm großes Modell eines Schützengrabens, dessen Funktionsweise er uns in seinem Geschichtsunterricht näher bringen wollte. „Um Gottes Willen“, mag da mancher pazifistisch orientierte Alt-Achtundsechziger Pädagoge gedacht haben. „Wieso muss man Blinden so etwas zeigen“. Ich denke, man muss schon. Dinge werden nicht dadurch besser, indem man sie verschweigt. Auf jeden Fall war das Ding aus Gibs gemacht, aus sehr vielen Kilo Gibs. Mein Rücken erinnert mich vermutlich manchmal noch heute an diese eine kleine Pause, an diese einen schneidendenSchmerzen in meinem Rücken. Zumindest kommt die Erinnerung daran, wenn er mal wieder zickt. Die Liebe zu Dietmar ist es aber Wert, sich auch mal über seinen Rücken an ihn zu erinnern. Nein, Quatsch, aber ich glaube, ich hatte bis da hin noch nie so etwas schweres in meinem leben getragen.
Aber zurück zum Archiv, Du alter Schwätzer…

In solch einem Archiv stieß er wohl auf die Vorlage zu dieser Sternenkarte. Da das Modell noch in Takt schien, wendete er sich an einen Lehrer, einem Bruder im Geiste, der noch an dieser Schule arbeitet und bat ihn, einen Folienabzug von dieser Karte extra für mich zu erstellen.

Wer das Modell, ich vermute mal in den siebziger Jahren des letzten jahrhunderts erstellt hatte, lässt sich leider nicht mehr genau sagen. Dieser Lehrer lebt mit Sicherheit auch nicht mehr. Es gibt mehrere Kandidaten, die dafür in Frage kämen, von denen mein pensionierter Freund noch welche kannte. Entweder ein Lehrer hat das Modell in seiner Freizeit erstellt, wie das noch zu meiner Zeit oft geschah, oder es gab auch Angestellte, die als Modellbauer an Blindenschulen arbeiteten. Heute heißen diese Zentren Medienzentren und deren Hauptwerkzeuge sind Computer und Spezialdrucker.

Diese technischen Entwicklungen haben natürlich den enormen Vorteil, dass man Modelle über Dateien leicht austauschen und auf Plattformen für alle zugänglich speichern kann, welche über die entsprechende Ausrüstung verfügen.

Das hat den Vorteil, dass diese so erstellten Modelle gleich allen zur Verfügung stehen. Früher haben sperrige Holz-Modelle u. Ä. die Mauern einer Blindenschule nie verlassen. Wollte beispielsweise eine andere Blindenschule auch eine Sternenkarte haben, dann wurde das Rad eben neu erfunden.

Der Pädagoge erwacht

Nun erzählte mir Dietmar, wie die Karte funktioniert. Zum Glück habe ich schon viel Erfahrung mit taktilen Sternkarten. Ich suchte sofort in ihrem Zentrum den Nordstern, den großen Wagen, der zum großen Bären gehört, die nördliche Krone und dann nach und nach die verschiedenen Sternbilder weiter außen. Bei den Tierkreis-Zeichen ist neben der Beschriftung in Punktschrift weiter außen noch ein Ring mit kleinen Modellen der Tiere angebracht, z. B. ein Fisch, ein Widder etc. So sprachen wir noch lange und erzählten uns auch gegenseitig unsere Eindrücke und auch Geschichten zu den verschiedenen Konstellationen. Mein Freund wollte absolut sicher gehen, dass ich alles auf dieser Karte erkenne. Er wollte sicher gehen, dass die Karte mich nicht enttäuscht. Ja, das dachte er wirklich. Ich weiß nicht wieso. Er ahnt nicht, oder vielleicht langsam, was für eine ungeheure Freude er mir da gemacht hat. Diese Karte ist weit mehr, als nur eine Sternkarte.

  • Sie verbindet mich mit ihm.
  • Sie verbindet mich mit dieser Schule. Ohne auf diese Schule gegangen zu sein, wäre ich niemals Astronom geworden.
  • Sie verbindet mich mit dem besten Physik- und Chemieunterricht, den ich je hatte. Ein ganzes Kapitel in meinem Buch, Blind zu den Sternen widmete ich diesem Unterricht, den ich an dieser Schule genießen durfte. Leider kann auch diese Lehrerin nicht mehr erleben, was sie mit ihren Stunden für einen Samen in mein Herz gesäht hat, und wie der aufgegangen ist.

Zusammenfassung, wie die Karte nun aussieht

Es gibt ganz unterschiedliche Sternkarten. Je nach dem, was man damit machen möchte. Ich besitze derlei vier, wenn ich die digitale Universe2Go-App dazu zähle.

Die einfachste Sternkarte, die ich besitze, kann ich eigentlich nicht nutzen. Man kann zwar die Leuchtfarbe und somit die Sternbilder ertasten, aber damit macht man sie auf Dauer kaputt, weil der Fingerschweiß sicherlich das Papier und diese spezielle Farbe zerstört.
Sie ist eine Tabelle aller Sternbilder. Sie ist auch ein wertvolles Stück aus der Zeitschrift Yps, die mein Jahrgang vielleicht noch kennt. Da waren immer so lustige Bastel-Sachen drin. Die Sternbilder auf dieser Karte leuchten nachts, wenn man sie z. B. mit einer Taschenlampe dazu anregt. Damit kann man eigentlich nur vergleichend nach dem suchen, was man am Himmel gerade gesehen hat. Somit ist sie eher nicht zur Orientierung günstig, denn aufgehende Sternbilder verändern ihre Winkel und welche, die nicht unter gehen, sieht man sogar auf dem Kopf. Wertvoll ist mir dieses gute Stück, weil ich es von einem Freund und ehemaligen Arbeitskollegen erhalten habe, der meinte, bei mir wäre es besser aufgehoben. Er liest hier mit, und somit brauche ich seinen Namen, er heißt Michael, hier nicht zu nennen. Ich bin stolz auf unsere Freundschaft und auf die Sternkarte natürlich auch. Leider habe ich noch kein Foto davon für euch. Müsste ich mal nachts machen lassen, wenn sie leuchtet. Ob das geht?

Die üblichsten Sternkarten sind rund und drehbar. die untere Scheibe zeigt, z. B. wie die Karte von Dietmar, den Nordhimmel. Damit man sich in diesem Wimmelbild besser zurecht findet, ist die Sternkarte mit einer Deckscheibe versehen, die eine Öffnung hat. Außen, wo sich die Tierkreiszeichen befinden, verfügt so eine Planasphäre noch zwei ringförmige sie umlaufende Skalen. Hier kann man Monat, Tag und Urzeit der Beobachtung einstellen. Oft auch nur Monat und Tag. Dann werden von der oberen Scheibe alle Sterne abgedeckt, die man zu dieser Einstellung eben nicht sehen kann. Dann findet man sich schon etwas besser zurecht.

Solch eine alte taktile Karte besitze ich auch. In der Schweiz hat sich vor sicher mehr als vierzig Jahren mal jemand die Mühe gemacht, so etwas für uns Blinde zu erstellen. Auch ich habe diese Karte aus dem Speicher unseres Institutes vor vielen Jahrzehnten gerettet. Ansonsten wäre sie längst schon verfallen. Ihre Folie wird schon langsam brüchig, und ich zeige sie nur noch ganz Hand verlesenen leuten.
Ihr, liebe Leser*innen gehört natürlich dazu. Hier ein Foto, wie ich mit der Karte arbeite.
Wie ich die Sternenkarte abtaste

An der Sternwarte St. Andreasberg ist eine sprechende Himmelsscheibe entstanden, die auf so einer Karte beruht. An deren Entwicklung war ich nicht beteiligt, aber ein blinder Physiker aus Kiel und der Verein Andersicht e. V., dessen Mitglied ich bin.

Nun ja, und jetzt haben wir eben noch die neueste wunderbare historische Karte aus der Nikolauspflege, gefunden von Dietmar, Kopiert für mich von einem Lehrer, der noch an dieser Schule arbeitet und gezeigt und präsentiert von mir.

Ihr könnt sie euch so vorstellen, wie das untere Blatt einer drehbaren Sternkarte. Sie hat außen keine Zahlen, um Datum und Urzeiten einzustellen und auch kein rundes Deckblatt, was einem den gewünschten Himmelsausschnitt zeigt.

Ich hoffe, dass man sie auf den Fotos gut sehen kann, denn sie ist ja nur taktil und einfarbig.
Ausschnitt Kartenzentrum

Ganze Karte

So, meine lieben.
Das war alles, ihr Leute,
das war alles für heute,
das war ein teil aus meinem Repertoire.

Dieser Artikel gebührt der Ehre für

  • Dietmar Boehringer, der die Idee hatte, mir von seinem Fund eine Kopie ziehen zu lassen.
  • Sie gebührt auch dem Lehrer, der die Kopie zog, und deshalb noch mein signiertes Buch erhalten wird,
  • meinem Freund Michael, der mir die Yps-Karte überlies,
  • dem Speicher unseres Institutes, der die drehbare Karte für mich bewahrte
  • vielen Mitarbeitern unseres Institutes, die mit mir gemeinsam meine taktilen Astromappen und Modelle entwickelten
  • meinen Vorgesetzten, die das alles mit tragen
  • Martin, der mit mir gemeinsam Universe2Go auf eine Ebene hebte, dass Orientierung am Himmel für uns nun klare Wirklichkeit ist.

Diese alle haben für uns blinde Menschen ein Tor geöffnet, das Tor zum Himmel.