meine lieben,
nun ist aus dieser Geschichte mit dem Foto fast schon eine Serie geworden. Ich lege dafür aber keine neue an, sondern schlage diese Artikel der Kategorie Den Schwarzen Löchern entgegen zu.
Heute geht es um die faszinierende Kamera und die Technik an sich, wie man zu solchen Fotos kommt.
Wer den vorigen Artikel noch nicht gelesen hat, sollte dies eventuell tun, denn ich werde dessen Inhalte an dieser Stelle nicht mehr wiederholen.
Qualität eines Bildes
Im Zusammenhang mit allem, was mit Bildverarbeitung zu tun hat, ob Kamera, Bildschirm oder Drucker, fällt dieser Begriff irgendwann. Je nach dem verwendet man dafür unterschiedliche Maßeinheiten, z. B. „Dots per Inch“ oder „Megapixel“. Wie man das Ding auch immer bezeichnet. Es handelt sich immer um ein Maß für Bildpunkte pro Fläche. Bildpunkte pro Fläche impliziert schon fast, dass es zwischen diesen eventuell blinde Stellen geben könnte, also Löcher. Dem ist auch so. da setzt einem jegliche Technologie schon Grenzen verschiedenster Art. Jedes noch so kleine Bauteil hat eine Ausdehnung. Die lichtempfindlichen Zellen unserer Netzhaut ebenfalls. Man kann also mit einem bildgebenden Verfahren nur Objekte aufnehmen, die größer sind, als die Zwischenräume (Pixel) des Aufnahmesystems. Das gilt vom mikroskopisch kleinsten, bis hin zum astronomisch größten, wie wir noch sehen werden.
Die Qualität eines Bildes hängt also sehr stark von der Auflösung ab.
Auflösung im Alltag
Stellen wir uns zwei brennende Kerzen vor, die wenige Zentimeter voneinander auf einem Tisch stehen. Stehen wir direkt davor, bzw. befinden wir uns im selben Raum, dann können wir sehen, dass es zwei Kerzenflammen sind. Wir können das Bild auflösen. Sehen wir die beiden Kerzen aus großer Entfernung, dann sehen wir irgendwann nur noch einen hellen Punkt. Wir können nicht mehr auflösen. Ein Wald verschwimmt in großer Entfernung zu einer braun-grünen Masse, wo wir keine einzelnen Bäume mehr voneinander unterscheiden können.
Oder nehmen wir unseren Mond.
Der ist knapp 400.000 Kilometer von der Erde entfernt. Wenn wir ihn ohne technische Hilfsmittel betrachten, dann sehen wir natürlich ein paar Details. Wir sehen helle und dunkle Flecken. Aber wir können keine Krater auf seiner Oberfläche sehen, obwohl die natürlich da sind. Dafür reicht aber das Auflösungsvermögen nicht. Alles was kleiner als 130 Kilometer ist, geht im Bild unserer Augen unter.
Wir können uns dem Mond nähern, dann wird es besser. Wenn wir mit einem Raumschiff dorthin fliegen, sehen wir irgendwann alle Details. Aber wir können auch einfach bessere Augen benutzen. Und das müssen wir auch, wenn wir Objekte ablichten wollen, zu denen man niemals gelangen kann, weil sie Millionen von Lichtjahren von uns entfernt sind. Im Falle unseres Mondes reicht schon ein normales Fernglas aus, um mehr Details zu erkennen.
Lichteimer
Das Auflösungsvermögen eines Instrumentes hängt mittelbar von seiner Größe ab. So kann beispielsweise ein großes Teleskop einfach mehr licht sammeln, als ein kleines Fernröhrchen.
So spricht man bei Teleskopen meist von Metern Durchmesser. Damit ist meist die Größe des Hauptspiegels oder der Hauptantenne gemeint. „OK“, mag man denken. „Dann bauen wir die Dinger halt immer größer. Das geht natürlich nicht. Die Spiegel würden zu schwer und würden sich unter ihrer Masse verbiegen. Man stößt hier technisch relativ bald an Grenzen.
So um 200 m Durchmesser dürfte hier Schluss sein.
Oft sogar schon früher, weil es an der Finanzierung der Forschungsförderung scheitert.
Im nächsten Schritt erhöht man die Auflösung, indem man einfach mehrere Teleskope nebeneinander oder in einem Feld aufstellt. Die Bilder dieser Lichteimer kann man noch relativ einfach zu einem Bild vereinen. Und ja, ihr habt Recht. Das ist dann ein Teleskop mit Löchern. Das ist aber kein Problem, denn man kennt ja die Abstände zwischen den Teleskopen, und auf die Entfernung der beobachteten Objekte wirken sich die Löcher nicht aus.
Diese Technik funktioniert aber auch nur, wenn die Teleskope nicht zu weit voneinander entfernt stehen, weil sich zum einen die Erde dreht, aber vor allem, weil die Lichtgeschwindigkeit bei der Bildgewinnung irgendwann zuschlägt.
Will man also nun ein Objekt beobachten, so kann man über dessen Abstand und Entfernung berechnen, wie hoch die Auflösung unseres Instrumentes mindestens sein muss, um die Aufgabe erfolgreich zu lösen.
Das nächstgelegene große schwarze Loch ist Sagittarius-A*, das supermassereiche schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße. 26.500 Lichtjahre weit weg und circa 22 Millionen Kilometer im Durchmesser. Um das auflösen zu können braucht man ein Teleskop mit einem Durchmesser von fast 10.000 Kilometern. Das schwarze Loch im Zentrum der Galaxie Messier 87, von dem im Frühjahr 2019 das erste Bild gemacht werden konnte ist 54 Millionen Lichtjahre weit weg aber mit einem Durchmesser von 40 Milliarden Kilometern auch viel größer. Auch hier ist ein Teleskop von fast 10.000 Kilometer nötig um es sehen zu können.
Das können wir nicht bauen. Und wenn doch, hätten wir keinen Platz, es irgendwo aufzustellen.
Das Zauberwort an dieser Stelle heißt Very Long Baseline Interferometry.
Und was ist das?
Dieses Verfahren nützt tatsächlich aus, dass es nicht unbedingt sein muss, dass ein Teleskop mit hoher Auflösung aus einem durchgängigen Spiegel bestehen muss. Es darf, ja es muss sogar für diese Technik „Löcher“ haben.
Nun muss man einen Weg finden, wie man weit entfernte Teleskope so zusammenschaltet, dass sie sich tatsächlich wie eines verhalten. Und genau diese Aufgabe löst die Very Long Baseline Interferometry.
Man nutzt hier die Eigenschaft des Lichtes aus, dass es sich beispielsweise bei einem Doppelspaltversuch wie eine Wälle und nicht wie Teilchen verhält. Ich schrieb darüber in Station sechs der Reise zu den schwarzen Löchern, wo es um die Eigenschaften des Lichtes ging.
Die Spalten in Analogie zum dort beschriebenen Wellenversuch stellen verschiedene weit entfernte Teleskope dar, von denen jedes für sich sein eigenes Lichtmuster sammelt.
Zunächst schaut also jedes Teleskop für sich alleine zum Himmel. Aber natürlich beide zur gleichen Zeit auf den gleichen Punkt. Jedes sammelt Licht und genau dieses Licht wird nun kombiniert und zwar in einem “Interferometer”. Dort wird das Licht überlagert und es interferiert. Wenn man sich Licht als Welle vorstellt, und zwei dieser Wellen überlagert, dann können sich die Wellen verstärken und zwar dort, wo zwei Wellenberge aufeinander treffen. Aber auch auslöschen, wenn Wellenberg und Wellental aufeinander treffen. Das Interferenzsignal besteht also aus einer Abfolge von hellen und dunklen Bereichen. Helle und dunkle Streifen sind aber nicht das, was man von schönen bunten Bildern aus der Astronomie gewohnt ist.
Aber mit ein bisschen Arbeit und sehr viel Mathematik kann man aus dem Interferenzmuster jede Menge Informationen bekommen.
Zum einen braucht das Licht unterschiedlich lange um die einzelnen Teleskope zu erreichen, je nachdem wie weit sie voneinander entfernt sind. Aus diesem Unterschied in der Laufzeit kann man schon einige Rückschlüsse auf die Struktur der Lichtquelle ziehen. Man wird aber auch ein unterschiedliches Streifenmuster bekommen, je nachdem wie weit die Teleskope voneinander entfernt sind.
Je weiter die Teleskope auseinander stehen und vor allem je mehr unterschiedliche Distanzen man benutzt, desto besser funktioniert das Verfahren. Bei der VLBI stellt man also möglichst viele Teleskope möglichst weit verteilt auf der ganzen Erde auf und kombiniert deren Daten.
Das geht allerdings nicht mit normalen Teleskopen. Also nicht mit Teleskopen die im sichtbaren Licht arbeiten. Licht kann man nicht speichern; man kann es höchstens über Glasfaserkabel kurze Strecken weiterleiten und zur Interferenz bringen. Das geht mit Abständen von ein paar Dutzend bis hundert Metern. Aber nicht über viele 1000 Kilometer. Dazu braucht man Radioteleskope. Das langwellige Radiolicht aus dem All kann aufgezeichnet und sehr exakt mit Zeitstempeln versehen werden. Die ganzen Daten aller Teleskope werden dann gesammelt und quasi nochmal in einer Art Playback zusammen abgespielt und virtuell zur Interferenz gebracht werden.
Außerdem durchdringen Radiowellen auch Staub- und Gaswolken, die sich zwischen den Teleskopen und dem beobachteten Objekt befinden. Radioteleskope funktionieren quasi bei jedem Wetter. Lichtteleskope scheitern schon bei bewölktem Himmel.
Zum Glück entsteht in der Umgebung eines schwarzen Lochs auch jede Menge Radiostrahlung und deswegen konnte ein Verbund aus neun auf der ganzen Welt verteilten Radioteleskope die Bilder beider schwarzen Löcher, M87 und SGTA* machen.
Diesem Teleskop-Verbund gab man den Namen „Event Horizon Telescope“, zu Deutsch „Ereignis-Horizont-Teleskop“.
Man denkt schon darüber nach, die “Löcher” im Teleskop noch größer zu machen um das Auflösungsvermögen noch weiter zu erhöhen. In Zukunft sollen auch Radioteleskope im All in den Verbund eingegliedert werden. Dann hätten wir Teleskope die ein paar hunderttausend Kilometer groß sind.
Was wir dann damit entdecken, steht noch „in den Sternen“.
Quellen
nun möchte ich euch zum vorläufigen Schluss dieser kleinen Serie über die ersten Fotos von schwarzen Löchern noch einige Quellen zeigen. Das sind richtige Juwelen im Podcast-Universum. Hört mal rein. Ich garantiere euch sehr viele Stunden höchsten Hörgenusses.
- Selbstverständlich beginne auch ich meine Reisen in das Universum bei Wikipedia. Dort findet ihr alles über das Event-Horizon-Telescope. Dazu bitte hier lang.
- In Folge 334 geht Florian Freistetter auf die Galaxie ein, aus von deren schwarzen Loch das erste Foto stammte.
- In Folge 357 der #Sternengeschichten beschreibt Florian Freistetter sehr schön, wie man schwarze Löcher sehen kann.
- Und in Folge 385 erklärt uns Florian die Long Base line Interferometrie.
- Endlich kommt mal eine Frau ins Spiel. In Folge 52 erzählt die Astronomin Rut Grützbauch im Podcast Das-Universum, den sie gemeinsam mit Florian macht, was es für Überraschungen im schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße gibt. Von ihr darf ich euch ihr erstes Buch „Per Lastenrad durch die Galaxis“ wärmstens ans Herz legen. Es gibt es sogar von ihr selbst als Hörbuch aufgelesen.
- Abschließen möchte ich diese Übersicht mit Folge 65 des Podcasts „Auf Distanz“. Dort durfte ich in Folge 17 zu Gast sein. Dieser Podcasts enthält sehr häufig spannende Interviews mit Wissenschaftlern, Weltraumingenieuren oder gar Astronauten.