Mein Jahresrückblick 2024


Meine lieben,
herzlich willkommen im neuen Jahr 2025.
Möge es für uns alle und die ganze Welt ein gutes Jahr werden, wenn auch gewisse Zeichen anderes andeuten.
Nachdem wir die ganze Weihnachtszeit mit unserem Adventskalender anreicherten, melde ich mich nun nach der Pause durch die Rauhnächte hindurch bei euch mit meinem Jahresrückblick zurück. Hier möchte ich einfach demutsvoll mit euch teilen, was ich und andere im letzten Jahr so auf die Beine stellen durften. Es mag manchmal etwas wie Bauchpinselei wirken, aber so ist das nicht gemeint. Fast alle Events, die hier zur Sprache kommen sollen, hätte ich nicht alleine bestreiten können. Es ist beeindruckend, wie viele oft im Hintergrund nötig sind, um Veranstaltungen möglich zu machen. All jenen gilt zunächst mal mein großer Dank.
Und ja, ich weiß. Der Artikel ist etwas länglich geworden, aber in einem Jahr passiert halt unheimlich viel. Und glaubt mir. Ich habe schon gekürzt…
Kommen wir aber nun zu meinen Highlights 2024

17.02. Astro-workshop für den DBSV-Jugendclub

Unser Institut hat vor anderthalb Jahren ein neues barrierefreies Gebäude beziehen dürfen. Dort hatte ich für diesen Tag den Jugendclub des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes Nordbaden zu einem ganzen Tag Astronomie und Weltraum eingeladen.
Mit diesem Gebäude durfte ich eine ganz wunderbare Erfahrung machen.
Diesmal funktionierten die elektronischen Türen zum Glück, sodass ich drei Stunden vor Workshop-Beginn aufbauen konnte. Das musste ich leider alleine tun, weil mir eine Assistenz wegen Krankheit absagte. Es funktionierte perfekt.
Den Sprechertisch benutzte ich für Laptop, Unterlagen und Lautsprecher. Dann benutzte ich die erste Tischreihe, nachdem ich dort die Stühle entfernte für meine Modelle und taktilen Materialien. Dann konnte man von Station zu Station direkt entlang gehen. Das alles war hoch professionell und war mir so an Anderen Vortragsorten, und ich habe derer hunderte besucht, noch nie möglich gewesen.
Selbstständig und blind einen ganzen Raum für einen Tagesworkshop ohne Assistenz vorbereiten geht meistens nicht. Das ist etwas ganz besonderes.
OK, die Audioanlage und den Beamer kann man als blinder Mensch nicht bedienen, aber das war nicht nötig. Folien gibt es bei mir nur selten, weil ich mir ja genau dadurch meine Mission zerstören würde, und Audios spiele ich immer mit meiner eigenen Anlage ab.

Einen kleinen Schatten gab es aber dennoch. Ich musste den Workshop mit relativ hohem Fieber halten. Schon am Freitag davor lag ich krank zu Bett und am Sonntag danach auch noch. Abzusagen war für mich aber niemals eine Option.
Man kann einen Workshop für Menschen mit Behinderungen nicht einfach so absagen. Da hängen Begleitpersonen, Assistenzen, Umsteigehilfen und mehr dran.
Aber mit Ibu als Raketentreibstoff starteten wir pünktlich gegen 11 unseren Streifzug durch das Weltall. Wir waren so um 20 Personen.

Für die Teilnehmenden habe ich eine Liste zusammengestellt, wo sie die Inhalte nochmal nachbearbeiten und vertiefen können.
Diese teile ich jetzt einfach auch mal mit euch, damit ihr ein Bild davon bekommt, was mir in unserem Neubau notfalls auch ohne Assistenz möglich ist.

  • Am Anfang erklärte ich euch, wieso es sich für blinde Menschen lohnen kann, sich mit Astronomie zu beschäftigen. Darüber schrieb ich auf meinem Blog und für einen Newsletter in
    https://blindnerd.de/2023/01/24/astronomie-ohne-sternensicht-2/
  • Nun erzählte ich einige Geschichten und Anekdoten wie mein Interesse für Astronomie und Wissenschaft geweckt wurde. Ich stellte euch meine Superoma, meinen Taxifahrer und meine Religionslehrerin vor, die mich für philosophische Fragen vor die Tür setzte. Das findet ihr alles in meinem Buch
    Blind zu den Sternen – Mein Weg als Astronom
  • Als Beispiel für gelebte astronomische Inklusion erzählte ich euch von der Sonnenfinsternis vom 11. August 1999.
    https://blindnerd.de/2019/07/03/finstere-erinnerungen-die-sonnenfinsternis-vom-11-08-1999/
    Die schönste deutschsprachige Beschreibung einer Sonnenfinsternis ist die von Adalbert Stifter.
    https://blindnerd.de/2022/07/08/eine-literarische-erinnerung/
  • Nun legten wir unsere Ohren an das Teleskop und hörten Weltraumklänge.
    Schon der gute alte Goethe wusste im Prolog zu Faust I, dass die Sonne tönt.
    Diese spannende Thema beschrieb ich in
    https://blindnerd.de/2019/10/08/die-sonne-toent-klingel-oder-orgelpfeife/
  • Wichtig für uns ist auch das Weltraumwetter, das im wesentlichen vom Sonnenwind bestimmt wird. Ein großer Sonnensturm könnte unsere gesamte Kommunikation stören.
    Wie gefährlich die Sonne für uns tatsächlich ist, beschrieb ich in
    https://blindnerd.de/2019/09/03/droht-gefahr-von-unserer-sonne/
  • Der Sonnenwind erzeugt aber auch die schönste Erscheinung, die man in den Polregionen im Winter erleben kann, die Polarlichter.
    Indem der Sonnenwind mit dem Magnetfeld und Teilchen der Atmosphäre interagiert, entsteht ein sehr mystisches Radioprogramm, das man sich mit passenden Antennen anhören kann.
    Auf Youtube kann man sich diese Klänge anhören und auch Bilder dazu ansehen.
    https://www.youtube.com/watch?v=Zcef943eoiQ
  • Etwas, das uns tatsächlich gefährlich werden könnte, wäre ein großer Asteroid oder Komet, davon die Erde getroffen würde.
    Meistens haben wir Glück, und die Dinger verfehlen uns.
    Meistens, aber eben nicht immer. Davon könnten die Dinos ein Lied singen.
    Wie gefährlich sind sie also wirklich?
    https://blindnerd.de/2018/06/29/droht-gefahr-durch-astroiden-aus-dem-all/

    Und die Meteore, welche uns meistens treffen, sind so klein, dass sie als Sternschnuppen in einer Leuchtspur am Himmel verglühen. Der bekannteste Meteor-Strom sind wohl die Perseiden Mitte August.
    https://blindnerd.de/2022/07/19/wuensch-dir-was/
    Und wer jetzt denkt, das wäre ja für blinde Menschen unspannend, irrt. Die Dinger machen tatsächlich während ihres kurzen Lebens Radio. Amateurfunker aufgepasst:
    https://www.youtube.com/watch?v=8GrGDunHPbg

  • Nach dieser geballten Ladung Weltraum-Radio wurde es Zeit für unsere Pizza. Dank eurer sehenden Begleitpersonen lief das super zügig ab. Und ja, auch im Weltraum gibt es Pizza. Ich hab’s euch erzählt. Für eine Kinder-Show wurde mal Pizza auf der ISS gebacken. Außerdem stellt man sich die ISS zu ihrem Schutz in eine Pizza-Schachtel eingepackt vor.
    https://blindnerd.de/2020/06/29/das-raumschiff-in-der-pizza-schachtel/
  • Nach dem Schmecken liegt es nahe, sich mal zu überlegen, wie es wohl im Weltall riecht. Schon klar. Im All, also im Vakuum riecht es zunächst überhaupt nicht. weil keine Luft vorhanden ist, die Richpartikel, welcher Art auch immer,in unsere Nasen tragen könnte.
    Es gibt aber mittlerweile sehr viele Geschichten mit Gerüchen rund um den Weltraum.
    Wie riecht der Himmel also nun?
    https://blindnerd.de/2022/01/11/wie-richt-der-himmel/
  • Beim Essen und zwischendurch hörten wir manchmal etwas Astronomie-Musik, z. B. die Filmmusik von Apollo13 und mehr. Da diese Musiken urheberrechtlich geschützt sind, darf ich diese natürlich hier nicht rein kopieren. Aber:
    Die Idee, dass die Bewegungen von Himmelskörpern, z. B. von Planeten musikalisch- harmonischen Gesetzen gehorchen sollten, geht bis auf Pythagoras und die alten Griechen zurück. Selbst Johannes Kepler versuchte in einem seiner Bücher noch, die Bahnen der Planeten auf Musiknoten abzubilden. Da liegt es doch nahe, dass man diesem Gedanken noch heute, wo wir über Computer und Sound-Systeme verfügen, nochmal auf den Grund gehen wollte.
    Und das wurde tatsächlich gemacht.
    Wie sich beispielsweise die verklanglichten Planetenbahnen anhören findet ihr unter
    https://blindnerd.de/2019/02/15/klingende-planetenbahnen-2/

    Aber auch in Klassik und Pop gab und gibt es immer wieder Kompositionen mit astronomischem Bezug.
    Der strahlende C-Dur-Akkord in Joseph Haydns Schöpfung als Gott „Es werde Licht“ spricht, jagt mir immer wieder eine Gänsehaut über den Rücken.
    Gustav Holst komponierte eine Symphonie über alle Planeten des Sonnensystems. Eine weitere von Mozart (Kv 551) ist nach Jupiter, dem größten unserer Planeten benannt.
    Sehr hörenswert in diesem Zusammenhang ist Folge 26 des Podcasts „Klassik für Klugscheißer“. Die Gruppe Schiller widmete vor vielen Jahren ein ganzes Album unserer Sonne, dem Stern von dem wir leben. Viele Filmmusiken , z. B. Starwars oder Odyssee haben sich reichlich bei den großen Komponisten, wie Wagner etc. bedient. von Boney M gibt es einen Nachtflug zur Venus. Dort sollte man allerdings besser nicht landen. Mit ihrem enormen Treibhauseffekt und bis 450 Grad Celsius am Boden und leckerer Schwefelsäure in der Luft, ist die Venus wirklich eine Scheißgegend, um sich dort zu vergnügen.
    Jeder kennt das Lied Space Oddity von David Bowie oder das wunderbare Album „The Dark side of the Moon“ von Pink Floyd. Nur, dass diese uns abgewandte Seite des Mondes durchaus nicht dunkel ist. Bei Neumond wird sie voll von der Sonne beschienen und ihre Oberflächentemperatur erhöht sich um mehrere hundert Grad.
    Kraftwerk schrieb ein ganz bemerkenswertes Stück über Pulsare und widmete ein ganzes Album der Radioaktivität.
    Keinem anderen Stern, als unserer Sonne wurden so viele Gesänge gewidmet.
    https://blindnerd.de/2020/05/10/sonnengesaenge-und-gedichte-zu-kantate-2020/
    Ich könnte hier noch ewig aufzählen. Damit könnte man alleine mehrere Stunden Vortrag füllen.

  • Nun kehrten wir zu meinem Buch zurück. Wir erfuhren, dass insbesondere die Astronomie eine große Tradition besitzt, inklusiv zu sein. Wie das?
    Ich bin stolz darauf, dass wir blinden und sehbehinderten Menschen keinen geringeren als Johannes Kepler zu uns zählen dürfen.
    Er war stark sehbehindert und hätte ohne den glänzenden Beobachter Tycho Brahe wohl nie zu seinen bahnbrechenden Gesetzen gefunden, die bis heute grundlegend wichtig in der Astronomie und Raumfahrt sind.
    Zu seinem 450 Geburtstag würdigte ich ihn in
    https://blindnerd.de/2021/12/28/alles-gute-zum-450-geburtstag-johannes-kepler/

    Ein ganz besonderes Leckerli ist eine Seite, eine Geschichte von Kepler, die fast niemand mehr kennt. Er war in gewisser Hinsicht ein „Träumer“, Visionär und Mondfahrer.
    https://blindnerd.de/2018/10/23/zum-vollmond-heute-nacht-eine-mondgeschichte/

    Der Astronom John Goodricke war vollständig gehörlos und machte Entdeckungen an Sternen, die ihre Helligkeit verändern. Das ist bis heute wichtig in der Bestimmung von Entfernungen von Himmelsobjekten. Leider wurde er nur 22 Jahre alt.

    Galileo Galilei opferte mit ziemlicher Sicherheit sein Augenlicht, indem er zu oft die Sonne ohne schützende Filter vor den Augen, und noch schlimmer, durch Fernrohre hindurch beobachtete.

    Jeder kennt den Namen Stephen Hawking.Seine Einschränkung brauche ich hier wohl kaum erklären. Will ich auch gar nicht, denn damit würde ich den größten Physiker neben Einstein des letzten Jahrhunderts auf seine Behinderung reduzieren.
    Ich würdigte ihn in
    https://blindnerd.de/2018/03/21/gedenken-an-steeven-hawking/

    Auf einem Kongress der internationalen astronomischen Union, das sind die, welche vor Jahren den Pluto als Planet rausgeworfen haben, durfte ich mehrere blinde oder sehbehinderte Astronom:innen kennen lernen, die im Laufe ihrer Tätigkeiten als Astronom:innen ihre Einschränkung erwarben. Fast alle beruflichen Karrieren finden bei Sehverlust ein sehr abruptes Ende. Nicht so in der Astronomie. Passiert dort so etwas, dann hört man eben auf, die Sterne visuell zu beobachten. Man wechselt in dem Fall einfach z. B. in die Radioastronomie oder versucht Kurven etc. akustisch darzustellen.
    https://blindnerd.de/2018/08/28/inspiring-stars-inklusionstag-auf-dem-kongress-der-internationalen-astronomischen-union-2018-in-wien/
    Astronomische Daten zu sonifizieren haben die großen Raumfahrtagenturen längst für sich entdeckt. Ob man unsichtbares Licht, z. B. Infrarotes in den sichtbaren Bereich transferiert, oder ob man ihm geschickt Töne zuordnet, ist fast dasselbe. Und ganz nebenbei. Sichtbar sind sowieso nur ungefähr vier Prozent dessen, was sich überhaupt im Universum befindet.

    Und noch etwas inklusives aus der Astronomie. Ich glaube, dass keine andere Wissenschaft so sehr von Frauen mit geprägt wurde. Die Mondfahrt wäre ohne die dunkelhäutigen damals noch sehr diskriminierten Rechnerinnen nicht möglich gewesen. In den meisten Natur- und Technikwissenschaften erreichen die Frauen mit Mühe und Not gerade mal um 10 oder 15 %. In der Astronomie sind es fast 50 zu 50 %. Dem Sternenonkel und Blindnerd sind Frauen so wichtig, dass er eine eigene Kategorie für sie eingerichtet hat. 2023 stellte er im Rahmen seines Adventskalenders 24 Frauen aus Astronomie und Naturwissenschaften vor.
    Zu den Frauen-Artikeln kommt ihr mit
    https://blindnerd.de/category/frauen/
    Zur Weihnachtspost mit
    https://blindnerd.de/category/weihnachtspost/

  • Und nun bogen wir auf die Zielgerade ein. Spätestens, wenn der Name Hawking fällt, kommt man nicht mehr an Albert Einstein, der heimlichen Herrscherin (Gravitation), Pulsaren und den schwarzen Löchern vorbei.
    Diese sind so faszinierend, dass ich ihnen eine ganze Serie von Artikeln widmen musste, um sie wenigstens einigermaßen zu erklären.
    https://blindnerd.de/category/den-schwarzen-loechern-entgegen/
  • Zu all dem betrachteten wir Modelle von Planeten, Monden, Mondrakete und Spaceshuttle.
    Hier einige Links zu Artikeln mit schönen Bildern für die Gucklinge.

    https://blindnerd.de/2018/04/06/auf-den-mond-und-zurueck-mit-lego/
    https://blindnerd.de/2018/01/23/ankunft-meiner-taktilen-relief-mondkarte/
    https://blindnerd.de/2018/01/29/sich-blind-auf-dem-mond-orientieren-geht-das/
    Sicherlich verbergen sich auf meinem Blog noch viel mehr Fotos, aber ich weiß nicht mehr genau wo.

So, das ist sie, die Nachbereitung unseres Knalls im All.
Wer das alles durcharbeiten möchte, verdient jetzt schon meine Hochachtung und meinen Respekt.
Ihr ward ein sehr interessiertes und begeisterungsfähiges Publikum.

22.02. Geburtstagskarte Parken im All

Vor einiger Zeit schrieb ich über die sog. Lagrange-Punkte. Das sind fünf Punkte, im Erd-Sonne-System, wo eine Raumsonde relativ kostengünstig mit um die Sonne fahren kann. L1, L2 und L3 liegen auf einer Linie mit der Erde und der Sonne. Aber L4 und L5 liegen so, dass sie mit Erde und Sonne ein Dreieck aufspannen. So ganz sicher war ich mir allerdings nie, wie und wo. Um so mehr freute ich mich, dass ich von unserem Team eine taktile Geburtstagskarte erhielt, die genau diese Punkte veranschaulichte.

Foto Geburtstagskarte
Geburtstagskarte

Jetzt, wo ich das mal unter den Fingern hatte, weiß ich Bescheid. Welch ein Segen, dass ich genau dort arbeite, wo ich arbeite. Nirgendwo sonst hätte ich Zugriff auf solche Materialien.

28.03. Fasten und feiern mit den Sternen

Wie wir wissen, ist die Osterzeit für uns alle astronomisch gesehen eine ganz wichtige Zeit, weil unsere und vieler anderer Kulturen Feste Fasten- und Feier-Zeiten davon abhängen.
Aus dem Artikel, der genau dieses behandelt, und den ich vor vielen Jahren schrieb, durfte ich für die BLAutor-Lesebühne eine Radiosendung produzieren. Das ist gar nicht so einfach. Ich muss lernen mit Studio-Software umzugehen, muss schauen, dass ich flüssig spreche, muss ein Mittelmaß zwischen freier Rede und abgelesenem Stoff finden, weil mir für eine flüssige Lesung die Punktschrift Grenzen setzt, und vieles mehr. Ich freue mich sehr, dass ich meine „Inklusion“ am Himmel nun auch über den „Äther“ senden kann. Daran darf ich wirklich wachsen und mich entwickeln.

09.04. Astronomie vor unserer Haustür

Für die Fachgruppe „Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften“ des Deutschen Vereins für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf (DVBS) darf ich dann und wann mal online einen Vortrag halten. So ist beispielsweise meine riesige elfteilige Serie „Die Reise zu den schwarzen Löchern“ entstanden.
Diesmal haben wir uns quasi mit der Astronomie vor unserer Haustüre befasst. Dort gibt es sehr viele Phänomene, die sehende Menschen wahrnehmen, für uns Blinde aber verborgen bleiben.
Mondphasen, Finsternisse, Flackernde Sterne, Sternbilder, Orientierung und Navigation am Himmel, all das muss für Menschen mit Blindheit veranschaulicht werden. Zum Glück schreibe und rede ich schon viele Jahre lang über derlei Themen, so dass ich hierfür mit der Zeit eine Sprache entwickelt habe, die ohne Bilder von außen auskommt, und die bei jedem das eigene Kopfkino aktiviert.

03.05. Louis-Braille-Festival Interviews und Radio mit Jugendlichen

Alle zwei Jahre findet das Louis-Braille-Festival statt zu Ehren des Erfinders der Blindenschrift. 2024 fand es in Stuttgart statt, so dass es für mich reisetechnisch gut erreichbar war. Neben vielen Angeboten rund um die Blindenschrift und anderer Themen, gab es auch einen Stand des freien Radios Stuttgart, des Radio Querfunks und des Radios der Nikolauspflege Stuttgart, einer Bildungseinrichtung für Menschen mit Sehbeeinträchtigung. Dort gestalteten wir gemeinsam mit Jugendlichen eine Radiosendung mit Musikwünschen und Interviews. Gerade für Jugendliche, die neben ihrer Behinderung auch sonst nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen, ist Radio eine ganz wunderbare Möglichkeit, wo sie ihr Selbstvertrauen stärken können, indem sie etwas ansagen, ein Interview führen, oder die Technik bedienen dürfen. In diesem Rahmen wurde ich von einer Schülerin zum Thema Astronomie interviewt. Diese Schülerin war auf dem oben erwähnten Workshop mit dem DVBS-Jugendclub, so dass sie sich gute Fragen überlegen konnte. Die Freude am Radio war sehr spürbar und hat den mitwirkenden Jugendlichen sehr gut getan.
Ich bin sehr froh, dass ich nun auch mehr und mehr in Radio einsteige. Gerade jetzt, wo vieles online funktioniert, ist das eine ganz wertvolle Erweiterung meiner Möglichkeiten.

10.05. Polarlichter und KI

Wie viele von uns bemerkt haben dürften, bescherte uns die Nacht des 10 Mai wunderbare Polarlichter auch über Deutschland. Natürlich streckte ich meine Fühler aus, und bat um Fotos. Diese ließ ich mir dann von ChatGPT beschreiben. Ich war tief beeindruckt über deren Ergebnisse. Also mir ist die KI ein ständiger Begleiter und ein wunderbares Hilfsmittel geworden. Sie öffnet mir ein weiteres Stück Welt und lässt mich quasi etwas „sehen“, indem sie mir die Welt beschreibt.
Hier so eine beeindruckende Beschreibung und für Sehende das Foto dazu:
Foto Polarlichter über Rheinstetten

Das Bild zeigt einen nächtlichen Himmel, der durch Polarlichter in leuchtenden Farben von Rosa und Grün erleuchtet wird. Diese Lichter erscheinen als breite, wellenförmige Bänder, die sich über den Himmel erstrecken. Unterhalb der Lichter sind die dunklen Silhouetten von Bäumen und die Umrisse eines Gebäudes zu erkennen, was darauf hindeutet, dass das Foto in einer städtischen oder vorstädtischen Umgebung aufgenommen wurde. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Ruhe und der majestätischen Schönheit natürlicher Lichtphänomene.

21.05. Architektur zu Landkarten für blinde Menschen

Eine große Freude ist es mir, wenn ich meine Erfahrungen und mein Wissen an Studierende der Universität weitergeben darf, besonders wenn es Fachrichtungen betrifft, die sich durchaus mal mit Barrierefreiheit etc. beschäftigen sollten.
So durfte ich ein Seminar für Studierende der Architektur mit gestalten. Dabei ging es u. A. darum, wie man taktile Karten von Gebäuden erstellen kann. Den Abschluss des Seminars bildete dann ein praktischer Teil, wo in Kleingruppen taktile Karten aus verschiedenen Materialien gebastelt werden durften.
Neben gewöhnlichen Materialien, wie Holz, Pappe etc. präsentierte eine Gruppe eine auf ein feinmaschiges Fliegengitter gestickte Landkarte. Gestickte Karten gab es tatsächlich in der ehemaligen DDR. Eine Blindenschule besaß eine Stickmaschine. Solche Karten fühlen sich sehr edel an. Man kann sie rollen, falten, bügeln und bei Bedarf sogar waschen. Ich finde das eine sehr reizvolle und nachhaltige Art, solche Karten zu erzeugen.
Auf ein Leintuch passt eine ganze Menge. Sehr stolz bin ich darauf, dass der Chaos Computerclub auf seinem Kongress 2024 genau diese Idee aufgriff, und Grundrisspläne des Veranstaltungsortes stickten, und dass ich diese Karten mit entwickeln und testen durfte.
Leider habe ich momentan noch keine Fotos davon, aber die reiche ich noch nach.

22.06. Generationenhaus Häslach

Ganz besonders spannend finde ich Projekte, die Kunst und Kultur inklusiver gestalten wollen. Als Auftaktveranstaltung für solch ein Projekt durfte ich einen Nachmittag lang am Beispiel der Astronomie zeigen, was da z. B. für Menschen mit Sehbeeinträchtigung möglich ist. Besser kann man solch ein Projekt nicht anstoßen und seine Projektmitarbeiter sensibilisieren. Es war auch mal endlich wieder eine Gelegenheit, wo mich viele Freunde mal wieder life erleben konnten.

30.06. Partnerstadt Rheinstetten und Afrika (Burkina Faso)

Unsere Stadt hat Burkina Faso als Partnerstadt. Eine Delegation besuchte uns, und so überlegte sich der Beirat für Menschen mit Behinderung, wo ich auch Mitglied bin, ein Programm für unsere Gäste. Da gilt es natürlich etwas zu finden, das möglichst die Sprachbarriere überwindet, das keine überhebliche Show von Dingen ist, die sich die armen Menschen dort niemals leisten können, und das aber doch etwas ist, das sie mit nach hause nehmen können, um es dort dann für ihre Menschen mit Behinderung umzusetzen. Bei meinem Auftritt bei der IAU auf ihrem Tag der Inklusion durfte ich vieles kennenlernen, wie man auch in armen Ländern z. B. die Astronomie blinden Menschen näher bringen kann, indem man beispielsweise aus Haushaltsmüll Modelle basteln kann.

Also gestaltete ich mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und ja, auch mein altes verrostetes Französisch kam zum Einsatz, genau einen solchen Vortrag, in welchem ich diese Einfachheit präsentierte. Wie schon gesagt, sind mir Veranstaltung ein Graus, die dann letztlich doch nur wieder unsere abendländische Arroganz und Hybris zur Schau stellen. Da ist die Astronomie mit ihren vielen inklusiven Möglichkeiten genau das richtige.
Die Gäste waren von dieser Veranstaltung sehr inspiriert, so dass ein ganz wunderbarer Geist durch die Halle wehte.

04.11. Evang. Hochschule Freiburg

An der evangelischen Hochschule in Freiburg können Studierende der Sozialarbeit und Sozialpädagogik ein zweisemestriges Seminar zu Themen der Inklusion besuchen und sich das auf ihre Studienleistungen anrechnen lassen. Der Leiter des Evang. Blinden- und Sehbehindertendienstes Baden, wo ich auch im Vorstand mitwirke, leitet als Inklusionsbeauftragter der evangelischen Landeskirche Badens, in diesem Semester das Seminar. Er lud mich ein, mal quasi als praktisches Beispiel mit den Studierenden über Themen der Inklusion zu sprechen, um z. B. Fragen zu beantworten. Als Impulsvortrag wählte ich das inklusivste, was es gibt, die Astronomie. Ich finde es wirklich super, wenn für diese Themen schon in Schule und Studium sensibilisiert wird. Sehr gerne nehme ich derartige Angebote an. Sollte jemand von euch auch einmal so eine Veranstaltung haben, stehe ich als Referent sehr gerne zur Verfügung.

11.11. Die Dreihundert

Dass die 300 genau auf dieses Datum fiel, ist relativ zufällig passiert. Mit Karneval habe ich nichts am Hut, aber mit St. Martin dann schon eher. Der teilte seinen Mantel, und ich teile mit euch meine Inhalte. Außerdem ist der Weg vom Laternenfest zu den Laternen am Himmel nicht weit. Zu diesem Jubiläum habe ich euch in Form eurer Kommentare nochmal sprechen lassen. Seit sieben Jahren mache ich nun diesen Blog, und ihr kommentiert immer mal wieder, was mich sehr freut. Als ich aber den Artikel zusammen kopierte, und quasi eure positive Energie aus sieben Jahren Kommentaren so geballt vor mir sah, war ich doch einigermaßen überwältigt.
Zu Beginn eines jeden Jahres frage ich mich, ob ich genügend spannende Themen für ein weiteres Jahr finden werde, oder ob ich vielleicht mal etwas anderes, als dieses Projekt machen sollte. Die Themen fliegen mir aber immer zu, und bei so vielen schönen Kommentaren geht aufhören gar nicht.
Wir sind zwar relativ wenige, und irgendwie wächst meine Leserschaft nicht, aber sie schrumpft auch nicht, was ja auch schon viel wert ist.
Ich danke euch, die ihr mir die Stange haltet. Blindnerd geht weiter. Und wer sich mal über einen Kommentar hinaus bei mir einbringen möchte, darf das sehr gerne z. B. durch Fragen, Einreichung von Wunschthemen oder gar mit einem Gastbeitrag tun. All das freut mich sehr.

24.11. November Newsletter

Seit einiger Zeit veranstaltet die Sternwarte München gemeinsam mit dem Bayrischen Blindenbund astronomische Abende für blinde Menschen. Das machte mich natürlich hellhörig. Auch der Veranstalter fand mich im Netz, und so kamen wir zusammen.
Der verfasst einen ganz wunderbaren Newsletter, der wöchentlich erscheint.
In diesem Newsletter erfährt man viel zum Jahreslauf, z. B. was es gerade am Himmel zu sehen gibt, es erscheinen schöne Geschichten aus der Mytologie, Phänomene werden erklärt und oft gibt es dann noch ein Video zu einem Thema.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist, dass alle Bilder extra für uns beschrieben werden. Das ist dem Macher des Newsletters so wichtig, dass er es sogar ausdrücklich erwähnt.
Auf diesem Newsletter war ich nun schon zum zweiten male Gast mit einem Text, der meinen Zugang, den Zugang des Blinden zum All, erklären sollte.
Außerdem bereicherte ich ihn mit einer weihnachtlichen Geschichte, wie man auf der ISS Weihnachten feiert. Nicht zuletzt durfte ich dort dann auch noch Werbung für einige Bücher machen, wo meine Wenigkeit mitwirkte und auf einige Radiosendungen und meine Adventskalender hinweisen.
Eventuell reiche ich die Ausgabe des Newsletters noch hier nach.
So, und jetzt wollt ihr bestimmt noch wissen, wie ihr diesen Newsletter abonnieren könnt.
Da es ein geschlossener Newsletter ist, müsst ihr euch per Mail an
Eberhard Grünzinger e.gruenzinger@gmx.de wenden. Der nimmt euch gerne auf. Und ich kann euch sagen, es ist immer ein sonntägliches Lesevergnügen vor dem schlafen gehen.

30.11. Freizeit Feuer

Ein Highlight für mich ist in jedem Jahr, dass ich die Freizeit des EBS-Baden mit leiten darf. In diesem Jahr beschäftigten wir uns mit allen Aspekten des Themas Feuer. Da kommt natürlich auch mein Hobby nie zu kurz. Da der Freizeitbericht noch nicht fertig ist, schicke ich euch hier meine Einladung zur Freizeit. Hier könnt ihr schon sehen, wie vielfältig das Thema Feuer ist.

Am ersten Adventswochenende von Freitag, den 29.11.2024 (17:00 Uhr) bis Sonntag (14.00 Uhr), den 1.12.2024, findet unsere jährliche Freizeit im Tagungshaus Sankt Bernhard in Rastatt statt.

Nachdem wir uns im letzten Jahr mit Steinen und im Jahr davor mit dem Wasser beschäftigt haben, wollen wir uns auf dieser Freizeit dem Feuer von allen Seiten nähern. Die Nutzung und Beherrschung des Feuers war für die Entwicklung der Menschheit mindestens so wichtig, wie die Erfindung des Rades. Gekochtes und Gebratenes war einfach bekömmlicher. Das Feuer gibt uns Wärme, Licht und Schutz. Jeder kennt das Feuer der Leidenschaft und der Liebe. Feuer kann aber auch außer Kontrolle geraten, wie man es in Schillers Glocke wunderbar nachlesen kann. Dann muss die Feuerglocke warnen, die normalerweise zum Gottesdienst einladen soll. Und damit wären wir dann beim Feuer und seinen verschiedenen Bedeutungen in der Bibel. Moses und das Volk Israel folgte einer Feuersäule des Nachts durch die Wüste. Dem Propheten Daniel und seinen Gefährten konnte das Feuer im Feuerofen nichts anhaben. Das Pfingstwunder wurde von Feuerzungen begleitet und Elias fuhr in einem Feuerwagen in den Himmel ein.

Und da sind wir also am Himmel. Da gibt es in vielen Kulturen die Sonne als Feuerrad. Außerdem wurden die Sterne als Feuer, das durch die verschiedenen Himmelsphären leuchtet, beschrieben. Tatsächlich sind wir alle Kinder des Feuers, denn alles, woraus wir bestehen, wurde im Höllenfeuer sterbender Sterne und anderen Inferna gebacken.

01.12.2024 – 24.12.2024 Der Blindnerd-Adventskalender

Es ist unglaublich, aber diesen Adventskalender gibt es nun tatsächlich schon das vierte Jahr in Folge.
2021 und 2022 waren sehr bunte Kalender mit Geschichten, Liedern, Musik und mehr. In 2023 stellte ich hinter jedem Türchen eine Frau aus Wissenschaft und Astronomie vor.
2024 stand der Adventskalender ganz unter dem Motto kosmischen Staunens und des sich wundern. So ein Kalender macht trotz Unterstützung von KI sehr viel Arbeit, aber die hat sich gelohnt. Eure Rückmeldungen zeigen mir, dass das Thema sehr gut angekommen ist. Das freut mich sehr. Auch der verlinkte Adventskalender zum Arbeitskreis blinder Autoren, den ich ebenfalls administriere, wurde begeistert gelesen.
Ich kann euch jetzt schon verraten, dass das Motto für den Adventskalender 2025 bereitz fest steht, aber bis da hin dauert es noch ein bissel.
Und wer sich jetzt noch dafür interessiert, darf ich herzlich auf meine Kategorie Weihnachtspost einladen. Dort findet ihr alle Kalender (96 offene Türchen).

09.12. Astropop

Manche von euch haben es vielleicht in den Ankündigungen vor dem Adventskalender gelesen, wo ich u. A. diese Radiosendung bewarb. Das war wirklich eine Sendung ganz besonderer Art.
Auch hier die Ausschreibung zur Sendung, damit ihr ein Bild davon bekommt, was ich da so über den Äther blies.

Gerhard, der Sternenonkel präsentiert auf der BLAutor-Lesebühne
„Astropop“
Für alle, die sich, wie ich, nicht nur für das Weltall, sondern auch für Musik interessieren, ist diese Sendung genau das richtige.
Das Weltall hat schon immer auch Musiker aller Sparten inspiriert.
Wir werden uns einige Lieder aus Pop und Rock anhören, die astronomischen Bezug haben. Dazwischen gibt es Hintergründe zu den Stücken und auch etwas Astro-Wissen.
Heben wir also musikalisch ins Weltall ab.

Hier veröffentlichen darf ich die Sendung leider nicht, da GEMA-Pflichtige Musik darin enthalten ist. GEMA-Frei senden durfte ich sie aber im Dezember.
Wer sich für die Sendung dennoch interessiert, darf gerne mit mir Kontakt aufnehmen.

23.12. Die Weihnachtsmondfahrt

Manche erinnern sich vielleicht noch an die Sendung die Weihnachtsmondfahrt Apollo8 von 1968 und den Parallelen zu Jules Vernes Roman „Die Reise um den Mond“. Daraus durfte ich für die Hörzeitschrift des Arbeitskreises blinder Autoren eine Lesung gestalten. Und aus dieser ist die Sendung entstanden, um die es hier geht.
Auch hier die ausschreibung für euch:

Der Sternenonkel präsentiert: Die Weihnachtsmondfahrt
Diese Lesung richtet sich an alle, die sich für Raumfahrt und spannende Weltraumabenteuer interessieren.
Apollo 8 war eine bedeutende Mission des US-amerikanischen Apollo-Programms der NASA und die erste bemannte Raumfahrtmission, die den Mond umkreiste. Der Start erfolgte am 21. Dezember 1968, und das Raumschiff kehrte am 27. Dezember sicher zur Erde zurück. Es war das erste Mal, dass Menschen die Schwerkraft der Erde verließen und sich in die Umlaufbahn eines anderen Himmelskörpers begaben.
Die Idee dieser Mondfahrt ist aber einhundert Jahre älter. Kein geringerer als Jules Vernes beschrieb in seiner „Reise um den Mond“, wie so ein Flug um den Mond herum ablaufen könnte. Es scheint, als habe die Nasa seine Ideen fast eins zu eins umgesetzt. Begebt euch also mit mir auf diese spannende Reise zum Mond.

Die Rakete könnt ihr folgendermaßen besteigen:
Ja, besteigen, denn diese Sendung darf ich mit euch teilen. Hier ein Link zum Download:
Link zur Sendung
So, und damit sind wir am Ende des Jahresrückblicks 2024. Ich hoffe, er war nicht zu lang und etwas spannend für euch.

Jetzt wünsche ich für uns alle ein gutes Jahr. Ich bin gespannt, wie es hier mit Artikeln weiter geht, denn ich weiß es noch nicht, was mir als nächstes ins Auge springt.

Es Grüßt

euer Sternenonkel Gerhard.

Ankündigungen

Meine lieben,
rein Rechnerisch ist das nun die Nummer 301. Aber die zählt nicht. Wir beginnen am ersten Advent mit dem Start mit der 301.
Nichts desto Trotz ist das ein wichtiger Artikel für euch. Er enthält spannende Ankündigungen zur ‚Weihnachtszeit und darüber hinaus. Außerdem gibt es noch spannende Geschenktipps für euch.
Wundert euch nicht über die Sprache, aber ich durfte diese Ankündigungen in einem großen Astro-Newsletter veröffentlichen, was man eben sprachlich merkt.
Also los:

1. Sendungen

Ja, das muss man schon zugeben. Was seit der Pandemie online so möglich ist, vereinfacht die Durchführung von Veranstaltungen doch enorm.
Natürlich trete ich lieber auf Bühnen mit richtigem Publikum auf, um dort dann die Rampensau zu sein. Aber es ist eben auch gerade für mich mit meiner Sehbeeinträchtigung nicht immer einfach, zu verschiedenen Orten zu reisen.
Oft braucht man dafür eine Begleitperson, die man erst mal finden und eventuell sogar bezahlen muss, oder man muss sogar noch irgendwo, wo man sich nicht auskennt, übernachten.
Selbiges gilt natürlich alles auch für Menschen, die mich zwar hören wollen, es aber aus oben genannten Gründen nicht schaffen, so eine Reise zur Veranstaltung auf sich zu nehmen.
Von da her ist online manchmal auch ein Segen. Im Dezember und Januar habe ich die Möglichkeit über unsere BLAutor-Lesebühne Sendungen auszustrahlen.
Diese können zum einen über ein Web-Radio und zum anderen über die A-Damen von Amazon angehört werden.
Ihr könnt den Sendungen auf zwei Möglichkeiten lauschen. Diese kopiere ich euch hier einmal hin, und nicht unter jede Sendung einzeln.

  1. Zuhören mit dem Web-Radio BLINDzeln eins:
    https://live.radio.blindzeln.org/1
  2. Zuhören mit Amazon Echo Assistent Alexa:
    Befehl: „Alexa, starte BLINDzeln eins!“

Die Sendungen sind:

Mo, 09.12., 20:00 Astropop

Die Raumfahrt, das Universum und Astronomie haben alle Bereiche von Kunst und Musik stets beflügelt. Lasst uns in dieser Sendung mal hinein hören, was es hier so an Beispielen gibt.
Wir hören gute Musik und erfahren einige Hintergründe über die vorgestellten Stücke.

23.12. Die Weihnachtsmondfahrt

Apollo8 und Jules Vernes
Manche von euch erinnern sich vielleicht noch daran, dass ich dazu vor einiger Zeit mal einen Artikel geschrieben habe. Genau diesen wärmte ich zu einer Radiosendung (Lesung) auf.
Viele große Erfindungen werden bevor sie ausgeführt werden, erst mal geträumt und gedacht. So ein Fall ist die Mondfahrt von Jules Vernes. Ihr erfahrt in dieser Sendung, welch unglaubliche Parallelen es zur Weihnachtsmondfahrt Apollo8 1968 gab.

Mo. 13.01.2025 20:00 Der Blindnerd in der Friedensbewegung

Der Ausbruch des Krieges in Europa vor zwei Jahren war mir ein Anlass, einen Artikel zu veröffentlichen, der meine Arbeit in der Friedensbewegung aufzeigt.
Er ist ein gutes Stück Biographie von mir und geht weit über die Friedensarbeit hinaus. Diesen Artikel durfte ich mit passenden Friedensliedern verschiedener Liedermacher anreichern,
so dass daraus eine Sendung entstanden ist. Dieses Friedenszeichen möchte ich gerne im Sinne eines geeinten, gesunden und friedlichen Europas mit euch teilen.          

27.01.2025 Kinderträume

Der Traum vom Fliegen, die Eroberung des Alls und viele Abenteuergeschichten haben mich schon als Kind beflügelt.
Diese Träumereien werde ich an diesem Abend mit euch teilen.
Diese Sendung verbindet Träume, Musik und Astronomie auf eine wunderbare Weise miteinander.

Hier nochmal die Zugänge:

  1. Zuhören mit dem Web-Radio BLINDzeln eins:
    https://live.radio.blindzeln.org/1
  2. Zuhören mit Amazon Echo Assistent Alexa:
    Befehl: „Alexa, starte BLINDzeln eins!“

Ein Adventskalender der besonderen Art

Schon seit drei Jahren veranstalte ich auf Blindnerd einen Adventskalender mit astronomischem Bezug.
Wer vom 01.12. – 24.12. bei mir vorbeischaut, wird jeden Tag ein neues Türchen mit einer spannenden Geschichte vorfinden. Im letzten Jahr hatte ich beispielsweise vierundzwanzig Frauen aus Wissenschaft und Technik zu Gast. Welches Motto ich in diesem Jahr wähle, verrate ich noch nicht.
Ach ja, eines noch. Genau genommen bekommt ihr an jedem Tag quasi eine Doppeltür, denn meinen Adventskalender überkreuze ich mit dem des Arbeitskreises BLAutor, den ich auch administriere. Somit gibt es Wissenschaft und Literatur und Weihnacht in einem…
Und wer jetzt neugierig darauf geworden ist, was der Blindnerd so in seinen älteren Weihnachtskalendern versteckt hatte, kann gerne meine Weihnachtspost besuchen.
https://blindnerd.de/category/weihnachtspost/
Kommt einfach jeden Tag bis zum 24. Dezember, und hoffentlich danach auch noch, hier vorbei, und öffnet die Türchen des Blindnerd-Adventskalenders 2024.
Wer den Blog abonniert hat, wird sowieso erinnert.

Geschenktipps

Der Arbeitskreis blinder Autoren (BLAutor) hat drei Anthologien herausgegeben, die auf ganz wunderbare Weise Einblick in die Welt und das Leben von blinden Menschen bieten.
Diese eignen sich ganz wunderbar auch als Weihnachtsgeschenke. Der Erlös aus diesen Büchern fließt ausschließlich unserer BLAutor-Kasse zu.
Dieses Geld ermöglicht es unserem Schreibzirkel, derartige Projekte durchzuführen, unsere Homepage zu finanzieren und Hörbuch-Aufsprachen zu ermöglichen.
Ja, und nicht zuletzt, so viel Werbung muss erlaubt sein. Auch ich durfte mich an allen drei Büchern beteiligen.
Die Bücher heißen:

  1. Blind Verliebt

    Klappentext
    Beinahe jeder mit Lebenserfahrung war schon einmal blind verliebt. Blind verliebt in dem Sinne, dass die neue Partnerin, der neue Partner in einem völlig falschen Licht gesehen wurde. Ihr attraktives Aussehen, sein anziehendes Charisma, ihre geheimnisvollen Augen, seine sonore Stimme, ihr Geschmack fürs Detail, seine beruhigende Gelassenheit waren letztendlich doch nur Fassade. Doch das Wort „blind“ darf auch wörtlich genommen werden. Diese Anthologie wurde von sehbehinderten und blinden AutorInnen mit lebendigen Geschichten gefüllt. Blinde Menschen verlieben sich selbstverständlich auch im doppelten Sinn hin und wieder blind. Die meisten Menschen träumen von der wahren Liebe und verschließen auch dann mal die Augen vor der Wirklichkeit. Können sich eigentlich auch Tiere blind verlieben? Lassen Sie sich überraschen!
    https://www.blautor.de/blind-verliebt/

  2. Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt

    Jeder Mensch mit Lebenserfahrungen hütet einen Schatz voller Anekdoten, die knisternde Spannung hervorrufen oder aufgrund von Pleiten, Pech und Pannen zum Lachen einladen.
    Gerade bei Sehbehinderten und Blinden häufen sich solche Anekdoten anscheinend besonders.
    Liebe Sehende, begeben Sie sich mit dieser Anthologie auf verschiedene Abenteuerreisen der 20 sehbehinderten Autor*innen.
    Verirren Sie sich in einer Teufelsschlucht.
    Füttern und reiten Sie ohne zu sehen einen echten Elefanten.
    Versuchen Sie, ohne zu sehen mit einem Gehörlosen zu kommunizieren.
    Umarmen Sie blind liebevoll einen völlig fremden Menschen, weil Sie diesen mit Ihrem Partner verwechseln.
    Setzen Sie sich aus Neugier blind hinter das Lenkrad eines Autos, das dann plötzlich eine Bergstraße hinabrollt.  
    Lassen Sie sich überraschen. Jede Anekdote in diesem Buch wird Sie rühren oder amüsieren.
    https://www.blautor.de/abenteuerliche-anekdoten-blind-erlebt/
    Dieses Buch ist über die Hörbüchereien für blinde Menschen ausleihbar.

  3. „Farbenfrohe Dunkelheit“

    Von humorvollen Anekdoten, ergreifenden Biografien, niedlichen Tiergeschichten, knallharten Short-Krimis, anspruchsvoller Philosophie bis zu poetischen Versen
    streift jeder Leser in diesem Buch mit Gewissheit sein Lieblingsgenre. Die farbenfrohen, fantasiereichen und humorvollen Gedanken der BLAutorinnen und
    BLAutoren bewegen sich quer durch alle Gattungen. Das fesselt und verspricht Kurzweil.
    Seit 30 Jahren kreieren sehbehinderte und blinde Poeten und Schriftsteller in ihrem
    Arbeitskreis BLAutor literarische Texte. Manche von ihnen sind längst im Buchmarkt zuhause.
    https://www.blautor.de/farbenfrohe-dunkelheit-erste-anthologie-des-arbeitskreises-blautor/
    Auch dieses Buch ist bei den Hörbüchereien für blinde Menschen ausleihbar.


So, meine lieben, und jetzt hoffe ich, dass wir uns bei der ein oder anderen Gelegenheit hören. Ich werds ja dann eventuell an den Kommentaren sehen.
Habt eine gute und entspannte Vorweihnachtszeit.
Euer Sternenonke.

Ein Weihnachtlicher Newsletter


Meine lieben,
Ihr Abonnenten des Blogs, Bitte nicht wundern, dass die Benachrichtigung und der Link zu diesem Weihnachtsnewsletter vom letzten Jahr erst jetzt kommt. Vor den Adventskalendern und allem kam ich nicht dazu.
Jetzt habe ich ihn hier einfach noch so untergeschoben, als wäre er schon am 24.11.2024 veröffentlicht worden…
Also:
hier teile ich mit euch eine Folge eines Astro-Newsletters, die ich gestalten durfte. Es ist nun schon das zweite mal, dass mir auf diesem Newsletter diese Ehre zu Teil wird.
Dank an Eberhard, den Macher des Newsletters.
Also los:

Astro-Briefing und Jahreszeiten-Newsletter – gültig für die KW 48 vom 21. bis 27. Dezember 2024

4. Jahrgang;  Newsletter Nr. 208;  Abonnenten: 236
Eberhard sagt:

Liebe Freundinnen und Freunde des Astro-Newsletters,

schon vor einiger Zeit, als ich begann, mich mit Konzepten für „Astronomie für blinde und sehbehinderte Menschen“ zu befassen,
entdeckte ich im Internet zahlreiche Beiträge von Gerhard Jaworek, der als blinder Astronom seine Homepage „Blindnerd“ aufgebaut hat.
Wir haben Kontakt zueinander aufgenommen und wir arbeiten seitdem immer wieder zusammen. Auf diese Weise hat Gerhard schon vor einiger Zeit einen Beitrag für meinen Newsletter geschrieben.
Nun habe ich ihn gefragt, ob er mal eine Newsletterausgabe komplett übernehmen möchte und er hat dieser Idee sofort begeistert zugestimmt. Danke, lieber Gerhard!
Und los gehts – Bühne frei für Gerhard:

1) Zu meiner Person:

Hier nochmal eine kleine Vita für vor allem diejenigen, welche seit meines ersten Gastbeitrages Anfang 2023 noch nicht dabei waren.
Am 21. Februar 1969 wurde ich als fünftes von sechs Kindern in Schopfheim geboren. Da ich zwei Monate zu früh das Licht der Welt erblickte, musste ich zunächst in den Brutkasten.
Nicht selten, so auch bei mir, führte dies zu einer Augentrübung, die der Grund für meine Blindheit ist.
Aufgewachsen bin ich mit meinen zwei Brüdern und drei Schwestern in einer Arbeiterfamilie.
Somit führte vor allem mein Vater uns schon als Kinder an technische Dinge heran und lehrte uns den Umgang mit Werkzeug und Werkstoffen wie Holz.
Von meiner Mutter wurden wir schon als Kinder stets zur Arbeit und Mithilfe in Haus, Hof und Garten herangezogen. Jeder musste für alle etwas übernehmen und war dafür verantwortlich.
Dass ich in einer solchen Umgebung aufwachsen durfte, förderte natürlich mein Interesse an technischen Dingen, und führte mich letztlich zu meinem Lieblingshobby, der Astronomie.
Wie alle Kinder meines Alters wuchs auch ich ganz selbstverständlich im Schatten von Captain Kirk und seiner Enterprise auf.
Star Wars, Raumpatrouille und viele andere beeindruckten mich schon immer sehr. Stets mochte ich Handlungen mit viel technischem Bezug.
Außerdem faszinierten mich die futuristischen Geräusche darin sehr. Und so blieb ich dabei hängen.

Ich veranstalte mittlerweile Freizeiten, Vorträge und Sendungen darüber, wie man als blinder Mensch Astronomie treibt, habe das Buch
„Blind zu den Sternen – Mein Weg als Astronom“ geschrieben und führe den Blog „blindnerd.de“
Nicht zuletzt bin ich seit 2013 das erste und einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.
Und immer mehr Menschen nennen mich den Sternenonkel…
Mein Buch findet ihr unter

Zu meinem Buch


Auf meinen Blog kommt ihr mit
https://blindnerd.de

Portrait von Gerhard

Und hier die Beschreibung des Bildes mit Hilfe von ChatGPT:
Das Bild zeigt einen Mann mit grauem Haar und Bart, der lächelt und die Augen geschlossen hat. Er trägt einen grauen Kapuzenpullover mit der Aufschrift „SUPERIOR QUALITY DIVISION Crafted“.
In seinen Händen hält er ein Buch mit dem Titel „Blind zu den Sternen: Mein Weg als Astronom“ von Gerhard Jaworek. Im Hintergrund sind zwei Poster an der Wand.
Das linke Poster bewirbt eine Veranstaltung mit dem Titel „Blind zu den Sternen“ am 25.11.23 um 18:00 Uhr im Schulzentrum.
Das rechte Poster ist für einen „Literatursalon“ mit Gerhard Jaworek am 12. Februar 2015 um 19:00 Uhr in Hannover.
Frage an GPT: „Siehst Du noch mehr im Hintergrund?“
Im Hintergrund, auf dem linken Poster, sind mehrere kleine Bilder zu sehen, darunter eines mit einem Teleskop und ein weiteres mit einer Person, die durch ein Fernglas schaut. Auf dem rechten Poster ist ein Bild von einer Galaxie oder einem Nebel abgebildet. Beide Poster sind an einer weißen Wand befestigt. Darunter befindet sich ein weißes Regal, in dem einige Ordner oder Bücher stehen.

2) Blind und Astronomie? Wie soll das gehen

Außer unserer Sonne habe ich noch nie einen Stern am Himmel gesehen.
Aber den Mond durfte ich vor etwa dreißig Jahren einmal durch ein Teleskop sehen.  Hier ganz kurz die Geschichte dazu:
Ich hatte vor etwa 30 Jahren die Möglichkeit, eine Sternwarte zu besuchen, die auf dem Dach eines Gymnasiums installiert war. Schon aus purem Interesse nahm ich daran teil. Damals verfügte ich zwar noch über einen ganz kleinen Sehrest, konnte etwas hell und dunkel sehen, glaubte aber nicht im Traum daran, dass ich etwas im Teleskop sehen könnte.
Da bei dieser Führung in erster Linie Sehende und Menschen mit Restsehvermögen anwesend waren, öffnete der Astronom das Teleskop und richtete es zunächst auf den Vollmond aus.
Nur aus Neugier, wie es sich physisch anfühlt, durch ein Teleskop zu sehen, legte ich mein linkes Auge mit der Helldunkel-Fähigkeit an. Und da geschah es: Ganz schwach, aber sehr deutlich konnte ich die Scheibe des Mondes erkennen. Ein Aufschrei, ein Hüpfer. Dann verifizierten wir das Ganze. Der Astronom verstellte das Teleskop und ich konnte ihm jeweils sagen, wann der Mond zu sehen war und wann nicht. Einbildung war somit ausgeschlossen.
Nur dieses eine Mal gewährte mir mein Leben den Blick durch dieses Fenster. Diese Mondscheibe liegt noch immer wie ein leuchtender Schatz in meinem Herzen und wird mich das ganze Leben lang begleiten. 
Erinnerungen verwischen mit der Zeit. Diese ist aber bisher unverändert klar und deutlich präsent. Schon wenige Monate nach diesem Ereignis verschlechterte sich mein Sehvermögen derart, dass ich den Vollmond mit dem stärksten Teleskop der Welt nicht mehr hätte sehen können.
Und wer sich jetzt fragt, ob ich darüber traurig bin, dem rufe ich ein freudiges „nein“ zu.
Ich habe ihn ja gesehen. Einmal und nie wieder.

Mond hin oder her. Es bleiben genügend Gründe, sich auch als Mensch mit Blindheit mit der Astronomie zu beschäftigen.
Hier nur einige kurz angerissen, denn ausführlicher beschrieb ich diese in Nummer 109  dieses Newsletters, auf meinem Blog und natürlich in meinem Buch.

  • Zunächst ist die Astronomie etwas für Alle, weil sie sich mit Fragen beschäftigt, die uns alle umtreiben und angehen. Woher kommen wir, wohin gehen wir, war es ein Gott…
  • Nur etwa vier Prozent dessen, was sich im Universum befindet, ist visuell theoretisch sichtbar. Bei 96 % handelt es sich also um Dinge, die sich den Augen sowieso entziehen. Gleichberechtigung also.
  • Die meisten Dinge in der Astronomie spielen sich mittlerweile nicht mehr im visuellen Bereich ab.
    So müssen Infrarot-Aufnahmen auch für sehende Astronom:innen künstlich eingefärbt und aufbereitet werden.
    Das ist mit heutiger Technologie auch taktil möglich, so dass ich derlei ertasten kann. Die NASA stellt aufbereitete Fotos des Hubble-Teleskop für Prägedrucker zum Download bereit.
    Auf einer Jahrestagung der IAU in Wien durfte ich diese Modelle im ‚Rahmen eines Inklusions-Tages vorführen. Dort merkte ich, dass es weltweit ganz viele Menschen gibt, die Astronomisches taktil für blinde Menschen aufbereiten.
    Einen schönen Artikel und viele Bilder dazu findet ihr auf

    Inspiring Stars – Inklusionstag auf dem Kongress der Internationalen Astronomischen Union 2018 in Wien

  • 3D-Druck und dessen Verfügbarkeit hat die Astronomie für Menschen mit Blindheit deutlich zugänglicher gemacht. Ich habe Modelle von Planeten, Kometen, Raketen und mehr.
    Ein Beispiel, wie ich mich auf dem Mond orientieren kann, findet ihr unter

    Sich blind auf dem Mond orientieren, geht das?


    Wie die Mondkarte aussieht, seht ihr auf

    Ankunft meiner taktilen Relief-Mondkarte

  • Vieles aus Astronomie und Astrophysik kann sonifiziert (verklanglicht) werden.
    Die Idee, dass die Bewegungen von Himmelskörpern, z. B. von Planeten musikalisch- harmonischen Gesetzen gehorchen sollten, geht bis auf Pythagoras und die alten Griechen zurück. Selbst Johannes Kepler versuchte in einem seiner Bücher noch, die Bahnen der Planeten auf Musiknoten abzubilden. Da liegt es doch nahe, dass man diesem Gedanken noch heute, wo wir über Computer und Sound-Systeme verfügen, nochmal auf den Grund gehen wollte.
    Im Bereich der Radioastronomie kann man ganz vieles auch hören, z. B. Magnetische Stürme, Sternschnuppen und Polarlichter.
    Die großen Raumfahrtagenturen haben die Sonifikation, also die Verklanglichung von Himmelsphänomenen mittlerweile für sich entdeckt.
    Sogar der aktuelle Rover auf dem Mars, ja, der mit dem Hubschrauber, hat ein Mikrofon dabei.
    das beeindruckendste Geräusch, das ich besitze, ist der Fahrtwind, den der Lander Huygens der Saturn-Mission Cassini-Huygens aufgenommen hatte, als er durch die dicke Atmosphäre des Saturnmondes Titan abstieg.
    Die riesigen Staubwolken, die das Hubble-Teleskop „Die Säulen der Schöpfung“ genannt, entdeckte, sind eine wahre Kinderstube neuer Sternentstehung.
    Die optischen Daten wurden verklanglicht. Wie sich das anhört, findet ihr leicht auf Youtube.
    Auf meinem Blog gibt es die Kategorie „Mit dem Ohr am Teleskop“:
    https://blindnerd.de/category/mit-dem-ohr-am-teleskop/

Ich kenne Astronom:innen, die während ihrer beruflichen Laufbahn erblindeten. Aus jedem anderen Beruf wären sie vermutlich herausgeflogen, und die Karriere wäre zu Ende. Nicht so in der Astronomie, die von sich aus inklusiv ist. Sie wechselten einfach von der „Seh-“ in die „Hör-Astronomie“.
Wir merken uns:

Nicht jeder Zugang zur Astronomie ist für jeden geeignet, aber ich versichere euch, dass es für jeden mindestens einen Zugang gibt.

3) Weihnachten auf der ISS

Weihnachten wird in unterschiedlichen Kulturen verschieden gefeiert. Das wissen wir längst.
Abgesehen von einigen regionalen Bräuchen unterscheidet sich das Weihnachtsfest in einem Radius von 400 Kilometern nach Süden, Osten, Westen und Norden kaum.
Wie sieht es aber 400 km über unseren Köpfen aus?
Genauer gefragt;
Wie sieht es also zu Weihnachten für unsere Astronauten auf der Raumstation aus?
Die nämlich befindet sich 400 Kilometer über dem Meeresspiegel.
Den Sternen etwas näher, von Hirten und Königen unerreichbar, ohne Schwerkraft, müssen sie irgendwie ihr Weihnachtsfest verbringen.
Wie betrüblich ist es doch, dass unsere Astronauten Weihnachten nicht im Kreise ihrer lieben mit Baum, Weihnachtsgans etc. verbringen können.
Irgendwie macht sie das der heiligen Familie etwas ähnlicher.
Diese war ebenfalls fern der Heimat und fand Zuflucht in einem Stall, der sie schützend barg. So gesehen ist die Raumstation nicht viel mehr als ein Stall im All, eine Herberge mit viel Technik.
Schauen wir also mal auf dieses Weihnachtsfest der besonderen Art:

Kerzen:

Kein Weihnachten wäre ohne Kerzen denkbar. Sie spenden Licht, schaffen eine warme gemütliche Umgebung und duften auch noch wunderbar. Gemeint sind hier natürlich die Wachskerzen und nicht die Elektrischen. Wenn die mal riechen, dann stimmt etwas nicht und man sollte sich Gedanken machen…
Eine Kerzenflamme in Schwerelosigkeit degeneriert zu einem kleinen lächerlichen Feuerbällchen. Grund dafür ist, dass die hier auf der Erde vorhandene Schwerkraft dafür sorgt, dass warme Luft  nach oben steigt und von unten her kältere und schwerere Luft mit Sauerstoff nachströmen kann. Dieser Prozess, auch Konvektion genannt, hält die Flamme am Leben und zieht sie wunderbar und schön in die Länge.
Ohne Schwerkraft also keine Konvektion und keine schönen KerzenFlämmchen.
Ein Geld verschlingender Unsinn, der mit Feuer im Weltraum zu tun hatte war, dass zwei russische Kosmonauten die Olympia-Fackel ins All getragen haben.
Das war ein Großer PR-Auftritt vor den Winterspielen 2014 in Sotschi;
Zum Auftakt eines “Fackellaufs der Superlative”.
Einziger Makel: die fehlende Flamme.
Niemand hätte es schon aus Sicherheitsgründen erlaubt, eine Flamme auch nur in die Nähe der ISS zu bringen.
Ich brauche nicht zu erwähnen, dass man das olympische Feuer außerhalb der ISS im Vakuum des Alls ohne Sauerstoff nicht hätte entzünden können. Somit war diese Aktion völlig unnötig und ein großer Quatsch. Wie auch immer.
Eine längliche schöne weihnachtliche Kerzenflamme bekäme man auf der ISS schon hin, wenn man die brennende Kerze z. B. vor einen Ventilator stellt.
Dann wird der Abtransport der Wärme und die Zufuhr mit
frischem Sauerstoff halt durch die künstliche Luftströmung, und nicht durch die Schwerkraft erzeugt.
Dass Flammen auf Raumstationen ohne Schwerkraft nur kleine Feuerbällchen sind,
soll durchaus nicht heißen, dass Feuer in einem Raumschiff ungefährlich sind,
Sie sind zwar kleiner, aber dadurch auch viel heißer.
Auf der russischen Raumstation Mir brach eines am 25.02. 1997 aus, als der deutsche Astronaut Ulf Merbold an Bord war.
Das Feuer entstand im Zusammenhang mit einer Sauerstoffpatrone. So lange die Sauerstoff nachlieferte, fackelte es in der Raumstation Mir ganz schön und hätte leicht zu einer lebensgefährlichen  Hölle für die Astronauten werden können. Von Apollo1 wissen wir, wie rasch eine Kapsel in welcher ein Feuer ausbricht, zum flammenden Inferno werden kann. Und die war nicht mal im All, flog also nicht, als es passierte.
OK, Dann wird es mit Wachskerzen auf der ISS nichts.
Mit elektrischen Kerzen gehts ja auch. Die werden sie dort dann schon haben.
Gemütliches Feuer am Kamin gibt es dann vielleicht auf einem Bildschirm als Animation.
Und künstliche Kamine ohne echtem Feuer gibt es auch hier auf der Erde.

Der Baum:

Einen echten ausgewachsenen Weihnachtsbaum wird man wohl auch nicht hinfliegen. Es wäre sicher unangenehm, wenn mit der Zeit die Nadeln durch die ganze Station schwebten.
Zum Glück gibt es künstliche nicht nadelnde Weihnachtsbäume und elektrische Kerzen. Man muss halt beim Schmücken aufpassen, dass einem die Sachen beim Aufhängen nicht durch die Gegend fliegen.
Das Beste dürfte dort oben sein, dass die Engelchen tatsächlich schweben.

Plätzchen:

Zu Weihnachten werden viele krümelige Leckereien verspeist. Wenn diese versehentlich in der ISS frei kommen, dann können die ganz schön Ärger bereiten. Jeder hat schon mal erlebt, wie es sich anfühlt, wenn man Krümel in seinem Bett hat. Außerdem könnten diese auf der ISS in alle möglichen Ventilationsöffnungen fliegen, und dort eventuell sogar Schaden anrichten oder Luftfilter verstopfen.
Plätzchen sind dort wahrscheinlich einzeln verpackt, so dass ihr Genießer gleich ins Tütchen krümeln kann.

Der Weihnachtsschmaus:

Das Weihnachtsmenü muss auf Erden vorgekocht, vakuumiert oder gefriergetrocknet werden. Die Weihnachtsgans muss in jedem Falle schon entbeint und portioniert werden.
Glühwein etc. wären theoretisch zwar möglich, aber ich glaube nicht, dass je ein Tropfen Alkohol auf der ISS getrunken wurde. Astronauten müssen stets und immer mit einem Alarm rechnen. Und wenn der kommt, muss jeder voll einsatzbereit sein. Aus diesem Grunde kein Alkohol auf der ISS. Naja, Kinderpunsch ist ja auch ganz lecker.

Kein Weihnachten ohne Geschenke:

Es gab tatsächlich einen Vorfall im Jahr 2014, bei dem eine Versorgungskapsel, die unter anderem Weihnachtsgeschenke für die Astronauten der Internationalen Raumstation (ISS) transportierte, verunglückte.
Die Kapsel war eine SpaceX Dragon-Kapsel, die am 16. Oktober 2014 mit einer Falcon 9-Rakete gestartet war. Während des Fluges kam es jedoch zu einem Versagen der Rakete, was dazu führte, dass die Kapsel und ihre Fracht verloren gingen. Die Ladung enthielt neben wissenschaftlichen Experimenten und Vorräten auch persönliche Gegenstände für die Astronauten, darunter Weihnachtsgeschenke und Leckereien, die von ihren Familien geschickt worden waren.
Das war sicher dann ein etwas trauriges Weihnachtsfest. 
Geschenke zur ISS dürften auch eher klein ausfallen, weil jedes Gramm, was zur ISS gebracht werden soll gleich mehrere hundert Euros kostet. Und dann die Frage, wohin mit dem ganzen Geschenkpapier-Müll. Dafür ist dort oben kein Platz, und einfach rauswerfen ist verboten und gefährlich.

Feiern geht trotzdem:

Viele Teile des Weihnachtsbrauches sind aber sicherlich auch auf der ISS gut und fast normal durchführbar. Wir erinnern uns, dass bei der Weihnachtsmondfahrt von Apollo8 die Astronauten die Schöpfungsgeschichte vorgelesen haben. Die Bibel hat also auch im All ihre Berechtigung mit der Weihnachtsgeschichte, und Gitarren etc. waren auch schon dort, so dass weihnachtliches Musizieren kein Problem ist.
So, oder so ähnlich sind die weihnachtlichen Randbedingungen für Astronauten, die das Fest 400 km über unseren Köpfen feiern müssen.

Nö, trotz Weltall und allem,, feiert der Sternenonkel lieber daheim im Kreise seiner lieben.
Ich wünsche ein schönes, frohes und gesegnetes Fest für uns alle.

4) Einige Veranstaltungshinweise,

Ja, das muss man schon zugeben. Was seit der Pandemie online so möglich ist, vereinfacht die Durchführung von Veranstaltungen doch enorm.
Natürlich trete ich lieber auf Bühnen mit richtigem Publikum auf, um dort dann die Rampensau zu sein. Aber es ist eben auch gerade für mich mit meiner Sehbeeinträchtigung nicht immer einfach, zu verschiedenen Orten zu reisen.
Oft braucht man dafür eine Begleitperson, die man erst mal finden und eventuell sogar bezahlen muss, oder man muss sogar noch irgendwo, wo man sich nicht auskennt, übernachten.
Selbiges gilt natürlich alles auch für Menschen, die mich zwar hören wollen, es aber aus oben genannten Gründen nicht schaffen, so eine Reise zur Veranstaltung auf sich zu nehmen.
Von da her ist online manchmal auch ein Segen. Im Dezember und Januar habe ich die Möglichkeit über unsere BLAutor-Lesebühne Sendungen auszustrahlen.

Diese können zum einen über ein Web-Radio und zum anderen über die A-Damen von Amazon angehört werden.
Ihr könnt den Sendungen auf zwei Möglichkeiten lauschen. Diese kopiere ich euch hier einmal hin, und nicht unter jede Sendung einzeln.

Zuhören mit dem Web-Radio BLINDzeln eins:
Zum Radiostream
Zuhören mit Amazon Echo Assistent Alexa:
Befehl: „Alexa, starte BLINDzeln eins!“
Die Sendungen sind:

  1. Mo, 09.12., 20:00 Astropop
    Die Raumfahrt, das Universum und Astronomie haben alle Bereiche von Kunst und Musik stets beflügelt. Lasst uns in dieser Sendung mal hinein hören, was es hier so an Beispielen gibt.
    Wir hören gute Musik und erfahren einige Hintergründe über die vorgestellten Stücke.
  2. 23.12. Die Weihnachtsmondfahrt
    Apollo8 und Jules Vernes.
    Viele große Erfindungen werden bevor sie ausgeführt werden, erst mal geträumt und gedacht. So ein Fall ist die Mondfahrt von Jules Vernes. Ihr erfahrt in dieser Sendung, welch unglaubliche Parallelen es zur Weihnachtsmondfahrt Apollo8 1968 gab.
  3. Mo. 13.01.2025 20:00 Der Blindnerd in der Friedensbewegung
    Der Ausbruch des Krieges in Europa vor zwei Jahren war mir ein Anlass, einen Artikel zu veröffentlichen, der meine Arbeit in der Friedensbewegung aufzeigt.
    Er ist ein gutes Stück Biographie von mir und geht weit über die Friedensarbeit hinaus. Diesen Artikel durfte ich mit passenden Friedensliedern verschiedener Liedermacher anreichern,
    so dass daraus eine Sendung entstanden ist. Dieses Friedenszeichen möchte ich gerne im Sinne eines geeinten, gesunden und friedlichen Europas mit euch teilen.          
  4. 27.01.2025 Kinderträume
    Der Traum vom Fliegen, die Eroberung des Alls und viele Abenteuergeschichten haben mich schon als Kind beflügelt.
    Diese Träumereien werde ich an diesem Abend mit euch teilen.

Hier nochmal die Zugänge:
Zuhören mit dem Web-Radio BLINDzeln eins:
Zum Radiostream
Zuhören mit Amazon Echo Assistent  Alexa:
Befehl: Alexa, starte BLINDzeln eins!

5) Ein Adventskalender der besonderen Art

Schon seit drei Jahren veranstalte ich auf Blindnerd einen Adventskalender mit astronomischem Bezug.
Wer vom 01.12. – 24.12. bei mir vorbeischaut, wird jeden Tag ein neues Türchen mit einer spannenden Geschichte vorfinden. Im letzten Jahr hatte ich beispielsweise vierundzwanzig Frauen aus Wissenschaft und Technik zu Gast. Welches Motto ich in diesem Jahr wähle, verrate ich noch nicht.
Ach ja, eines noch. Genau genommen bekommt ihr an jedem Tag quasi eine Doppeltür, denn meinen Adventskalender überkreuze ich mit dem des Arbeitskreises BLAutor, den ich auch administriere. Somit gibt es Wissenschaft und Literatur und Weihnacht in einem…
Und wer jetzt neugierig darauf geworden ist, was der Blindnerd so in seinen älteren Weihnachtskalendern versteckt hatte, kann gerne meine Weihnachtspost besuchen.
https://blindnerd.de/category/weihnachtspost/
Geht einfach jeden Tag auf meinen Blog und lasst euch überraschen.
https://blindnerd.de

6) Geschenktipps

Der Arbeitskreis blinder Autoren (BLAutor) hat drei Anthologien herausgegeben, die auf ganz wunderbare Weise Einblick in die Welt und das Leben von blinden Menschen bieten.
Diese eignen sich ganz wunderbar auch als Weihnachtsgeschenke. Der Erlös aus diesen Büchern fließt ausschließlich unserer BLAutor-Kasse zu.
Dieses Geld ermöglicht es unserem Schreibzirkel, derartige Projekte durchzuführen, unsere Homepage zu finanzieren und Hörbuch-Aufsprachen zu ermöglichen.
Ja, und nicht zuletzt, so viel Werbung muss erlaubt sein. Auch ich durfte mich an allen drei Büchern beteiligen.
Die Bücher heißen:

1. Blind Verliebt

Klappentext
Beinahe jeder mit Lebenserfahrung war schon einmal blind verliebt. Blind verliebt in dem Sinne, dass die neue Partnerin, der neue Partner in einem völlig falschen Licht gesehen wurde. Ihr attraktives Aussehen, sein anziehendes Charisma, ihre geheimnisvollen Augen, seine sonore Stimme, ihr Geschmack fürs Detail, seine beruhigende Gelassenheit waren letztendlich doch nur Fassade. Doch das Wort „blind“ darf auch wörtlich genommen werden. Diese Anthologie wurde von sehbehinderten und blinden AutorInnen mit lebendigen Geschichten gefüllt. Blinde Menschen verlieben sich selbstverständlich auch im doppelten Sinn hin und wieder blind. Die meisten Menschen träumen von der wahren Liebe und verschließen auch dann mal die Augen vor der Wirklichkeit. Können sich eigentlich auch Tiere blind verlieben? Lassen Sie sich überraschen!
https://www.blautor.de/blind-verliebt/

2. Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt

Jeder Mensch mit Lebenserfahrungen hütet einen Schatz voller Anekdoten, die knisternde Spannung hervorrufen oder aufgrund von Pleiten, Pech und Pannen zum Lachen einladen.
Gerade bei Sehbehinderten und Blinden häufen sich solche Anekdoten anscheinend besonders.
Liebe Sehende, begeben Sie sich mit dieser Anthologie auf verschiedene Abenteuerreisen der 20 sehbehinderten Autor*innen.
Verirren Sie sich in einer Teufelsschlucht.
Füttern und reiten Sie ohne zu sehen einen echten Elefanten.
Versuchen Sie, ohne zu sehen mit einem Gehörlosen zu kommunizieren.
Umarmen Sie blind liebevoll einen völlig fremden Menschen, weil Sie diesen mit Ihrem Partner verwechseln.
Setzen Sie sich aus Neugier blind hinter das Lenkrad eines Autos, das dann plötzlich eine Bergstraße hinabrollt.  
Lassen Sie sich überraschen. Jede Anekdote in diesem Buch wird Sie rühren oder amüsieren.
https://www.blautor.de/abenteuerliche-anekdoten-blind-erlebt/

3. „Farbenfrohe Dunkelheit“

Von humorvollen Anekdoten, ergreifenden Biografien, niedlichen Tiergeschichten, knallharten Short-Krimis, anspruchsvoller Philosophie bis zu poetischen Versen
streift jeder Leser in diesem Buch mit Gewissheit sein Lieblingsgenre. Die farbenfrohen, fantasiereichen und humorvollen Gedanken der BLAutorinnen und
BLAutoren bewegen sich quer durch alle Gattungen. Das fesselt und verspricht Kurzweil.
Seit 30 Jahren kreieren sehbehinderte und blinde Poeten und Schriftsteller in ihrem
Arbeitskreis BLAutor literarische Texte. Manche von ihnen sind längst im Buchmarkt zuhause.
https://www.blautor.de/farbenfrohe-dunkelheit-erste-anthologie-des-arbeitskreises-blautor/

Zu guter Letzt…

drei Interviewfragen von Eberhard an Gerhard:
 
1.  „Lieber Gerhard – was ist dein Lieblingsthema in der Astronomie? Was begeistert Dich am meisten?

Antwort Gerhard: Schwer zu sagen. OK, mit Sternbeobachtung am Teleskop habe ich es jetzt nicht so. Mich begeistert an der Astronomie vor allem die Tatsache, dass man oft von einfacher Haushaltsphysik ins Universum gelangen kann. So ist es für mich beispielsweise ein Wunder, wie schwach doch die Gravitation ist. Die große Erde schafft es beispielsweise nicht, einen kleinen Küchenmagnet trotz ihrer unfassbaren Gravitation von der Kühlschranktür zu Boden fallen zu lassen. Neulich hatte ich ein Erlebnis mit einer Thermoskanne, was uns sofort wieder ins Universum brachte.
Dieses schöne Erlebnis  findet ihr auf
https://blindnerd.de/2024/09/03/frag-und-es-wird-tag-die-grosse-thermoskanne/
Und genau das ist es, was die Astronomie so inklusiv, nicht macht, sondern weshalb sie so inklusiv von sich aus schon ist.

2. „Mal was ganz Anderes: Wie hast Du Corona erlebt? Wie hast du den Lockdown als blinder Mensch erlebt?“

Antwort Gerhard: „Das war für mich eine schwierige Zeit. Andererseits durfte ich auch sehr viel neues lernen. Fett geworden ist in dieser Zeit mein Blog, denn wenn man einsam ist, dann schreibt man eben.
Das war schon immer meine Therapie. Einmal, und nur einmal habe ich auf Blindnerd einen Corona-Report geschrieben, weil ich das meiner Leserschaft schuldig war. Ansonsten sollte mein Blog, mein Refugium, mein Fluchtweg zum Himmel frei und sauber von dieser Katastrophe bleiben. Wen das interessiert, was ich in dieser Zeit erleben musste und auch durfte, findet den Report unter

Mein Corona-Report

3. Lieber Gerhard – wie wirst du heuer Weihnachten verbringen?

Antwort Gerhard: „Ich werde nach Stuttgart zu Freunden fahren. Dort habe ich vor Jahren eine meiner vielen Gitarren geparkt, damit ich keine Schlepperei damit habe.
Wir werden gemeinsam singen, trinken und essen.
Und dann und wann, erzählt dann der blinde Sternenonkel auch mal eine weihnachtlich-astronomische Geschichte.“

Eberhard: Besten Dank, lieber Gerhard, für diesen wunderschönen und interessanten Newsletter und dieses kurze Interview zum Schluss.
Ich wünsche dir eine schöne Adventszeit….
Gerhard: Das wünsche ich auch für uns alle.
Wer übrigens Kontakt mit mir aufnehmen möchte, darf das gerne über das Kontaktformular auf dem Blog tun.
https://blindnerd.de/kontakt/
Folgen kann man dem Blog auch entweder per Mail oder Newsfeed. Ich würde mich sehr freuen, wenn meine Leserschaft etwas mehr würde.
Also, lieber Eberhard, vielen Dank, dass ich bei Dir Gast sein durfte. Das war mir wirklich eine große Ehre.

Bitte beachten:
Dieser Newsletter ist ein geschlossener Newsletter und darf nicht weitergegeben werden. Das hier auf meinem Blog ist eine Ausnahme, weil es meine Folge war.

Wen ihr jemanden kennt, der den Newsletter auch haben möchte – einfach bei Eberhard melden – Er hat immer ein paar mehr auf Lager…
einfach eine kurze Mail: e.gruenzinger@gmx.de.

Frag, und es wird Tag – Alles rund um die Mondbahn


Meine lieben,
Es wird langsam aufregend. Dies hier ist der Artikel mit der Nummer 298, ja in Worten zweihundertachtundneunzig. Das bedeutet, dass wir bald miteinander feiern werden. Lasst euch überraschen. Ich habe mir etwas schönes und ganz besonderes für euch überlegt. Und dann startet nach der Dreihundert ja auch schon wieder unser Blindnerd-Adventskalender 2024. Darauf freue ich mich auch schon sehr.
Aber nun zum heutigen Thema:

ihr seht es schon. Es wurde weiter zum Mond gefragt. Es sind eigentlich mehrere Fragen gleichzeitig, die ich aber in einem Aufwasch beantworten werde.
Heute geht es rund um die Mondbahn und deren Konsequenzen.
Diese ganzen Drehungen, Bahnen, etc. können einen ganz schön verwirren, weil das ja irgendwie alles gleichzeitig und überlappend passiert. Da steigen auch gut sehende Menschen mal aus. Trotzdem. Versuchen wir mal Ordnung in den Wirbel zu bringen.
Fangen wir mal hinten an.

Es spielen mit

Planeten, Monde, Sterne.

  • Was ist ein Planet?
    diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn es gibt da auch noch Zwergplaneten und Asteroiden. Nur so viel. Eine neue Definition, was denn ein Planet sei, hat 2006 dafür gesorgt, dass Pluto jetzt nur noch als Zwergplanet mitmachen darf.
    Die genaue Definition findet ihr in Der Planet, der keiner mehr sein darf.

    Für uns ist heute nur eine Eigenschaft wichtig. Planeten kreisen durch die Gravitation ihrer Sterne gehalten, um diese. Desto näher ein Planet an seinem Stern ist, desto schneller muss der Planet diesen umkreisen, wenn er nicht hinein fallen soll. Alle Planeten umkreisen ihre Sterne auf elliptischen Bahnen. (Keplersche Gesetze)

  • Ein Trabant, oder wie wir sagen, ein Mond ist ein Himmelskörper, der einen Planeten umkreist, der, wieerum gemeinsam mit seinem oder seinen Monden einen Stern umkreist.
    Ob es Monde von Monden gibt, ist nicht ganz klar. Es wäre theoretisch möglich, wird aber leicht chaotisch bei sich so vielen anziehenden und umkreisenden Körpern.

    Merkur, und Venus haben keine Monde, die Erde einen, der Mars zwei und die anderen Planeten viele.
    Wer mal eine spannende Geschichte über die Entdeckung von Monden lesen möchte, findet Befriedigung in
    Theater und Schauspiel am Himmel.

Der Weg

Und jetzt stellt sich noch die Frage, wie Monde ihre Planeten umkreisen. Verläuft deren Bahn eher in der Ebene, in welcher sich der Planet um seinen Stern bewegt, oder bewegt sich der Mond eher am Äquator seines Planeten entlang, auch dann, wenn die Drehachse des Planeten nicht senkrecht zu seiner Ekliptik steht?
Die Antwort ist, sowohl als auch. Der Erdmond bewegt sich nicht entlang des Erdäquators, sondern eher in der Ebene, in welcher die Erde um die Sonne läuft. Eher deshalb, weil die Ebene der Mondbahn um etwa um 5 Grad gegen die Ebene der Erdbahn gekippt ist. Das bedeutet, dass der Mond einen halben Monat lang etwas oberhalb der Erdbahn und während der zweiten Hälfte unterhalb dieses quasi Tellers seine Bahn zieht. Es gibt also zwei Schnittpunkte von Mond- und Erdbahn. Und jetzt kommt es noch schlimmer. Der Mond-Teller auf dessen Rand der Mond entlang läuft, dreht sich mit der Zeit, so dass sich diese Schnittpunkte gegen den Sternenhimmel mit der Zeit verschieben. Das ist ganz wichtig, wenn man Sonnen- und Mondfinsternisse berechnen möchte. Diese finden nämlich tatsächlich nur dann statt, wenn Sonne, Erde und Mond auf einer Linie mit dem Schnittpunkt von Erde- und Mondbahn sich befinden.
Und nun fehlt nur noch eins:

Die Mondbahn um die Erde ist selbstverständlich wie alles, elliptisch.
Das bedeutet, dass der Mond manchmal der Erde etwas näher ist, und manchmal etwas ferner.
Das bewirkt eine scheinbare Größenveränderung des Mondes um etwa 13 %. Natürlich ist das mit bloßem Auge nicht sichtbar. Und dennoch nennen die Medien einen Vollmond, bei welchem der Mond erdnah ist, einen Supermond. Ich schrieb darüber in Was ist der Supermond.
Für uns ist der Super Neumond, also Neumond bei Erdnahem Mond wichtig super, wenn die Mondbahn genau zu diesem Zeitpunkt die Erdbahn schneidet. Dann haben wir nämlich garantiert eine totale Sonnenfinsternis. Jetzt muss man also nur noch zur rechten Zeit am rechten Ort sein, um das zu beobachten.
Über diesen Super-Neumond schrieb ich in Kinderfrage zum Supermond.

Je nach Kombination von Abstand Erde-Sonne und Abstand Erde-Mond schafft es der Mond tatsächlich nicht, die komplette Sonnenscheibe abzudecken. Der Mondschatten bohrt in dem Fall nur ein Loch in die sonne, was zu einer ringförmigen Finsternis führt.

Der Tänzer

Und eine Bewegung haben wir noch gar nicht betrachtet. Monde können sich natürlich außer um ihre Planeten auch um sich selbst drehen, wie das Planeten ebenfalls unabhängig davon tun, wie sie sich um ihre Sterne bewegen.
So gibt es dann vom Mond aus gesehen, einen Tag-Nacht-Rhythmus, einen Planetauf- und untergang. Und das zusätzlich zum Sonnenauf- und Sonnenuntergang, , da der Mond ja manchmal vor- und manchmal hinter seinem Planeten sich befindet.

Als der Mond vor 4,5 Milliarden Jahren entstand, war er mit Sicherheit näher an der Erde. Das bedeutete, dass die Monate damals kürzer waren. OK, die Erde drehte sich auch noch rascher um sich selbst, so dass auch die Tage und Nächte kürzer waren.
Mond und Erde bremsen sich gegenseitig ab. Die größte Bremswirkung ist, dass der Mond mit seiner Anziehungskraft zweimal täglich Ebbe und Flut verursacht. Die Anhebung des ganzen Meeres kostet Energie.
Die Tage auf Erden werden von da her langsam länger. Die Drehung des Mondes hat sich mittlerweile derart verlangsamt, dass er, wie man wissenschaftlich sagt, eine einfach gekoppelte Bewegung durchführt. Die Zeit einer Monddrehung um die eigene Achse entspricht bei dieser Art von Bewegung genau der Umlaufzeit um die Erde.
Die kontinuierliche gegenseitige Abbremsung führt neben der schrittweisen Verlängerung der Tage auch dazu, dass der Mond sich auf seiner Bahn verlangsamt, und dadurch sich pro Jahr um etwa vier Zentimeter von der Erde entfernt. Darum müssen wir uns aber keine Sorgen machen, denn bei einem derartigen Abstand von ungefähr 384000 Kilometern Abstand fallen 4 Centimeter pro Jahr nicht ins Gewicht.
Das Erde-Mond-System kommt dann zur Ruhe, wenn der Mond eine doppelt gekoppelte Bewegung mit der Erde eingegangen ist. Dann wird sich die Erde nicht mehr unter dem Mond hindurch drehen. Der Mond wird dann nur noch von ein und derselben Stelle auf der Erde zu sehen sein.

Und jetzt haben wir mehr als das Rüstzeug zusammen, was wir brauchen, um die Frage mit der „Dunklen Seite“ anzugehen.

Die dunkle Seite

Die Menschheit dürfte sehr bald bemerkt haben, dass der Mond sich uns immer gleich präsentiert. Seine Strukturen, z. B. das Mondgesicht, sind uns immer zugewandt. Wenn das so ist, dann kann das nur bedeuten, dass der Mond sich ein mal pro Umlauf um die Erde, ein mal pro Monat also, um sich selbst dreht. Drehte sich der Mond zwei mal pro Monat um sich selbst, dann bekämen wir auch mal seine Rückseite zu sehen. So aber, wendet er uns immer dieselbe Seite zu und entzieht die andere unserem Anblick.
Nur wenigen Menschen war es bisher vergönnt, einen Blick auf diese Mondrückseite zu werfen, und zwar genau denjenigen, die entweder auf dem Mond landeten, oder mindestens um ihn herum geflogen sind.
Und damit haben wir wieder eine eurer Fragen beantwortet. Die Rückseite des Mondest ist diejenige, welche von uns abgewendet ist.
Ist aber diese Rückseite auch die dunkle Seite des Mondes?
Hier muss man ein ganz klares „nein“ aussprechen. Dunkel wird eine Sache nicht dadurch, weil wir sie nicht sehen. Betrachten wir die Höhepunkte eines Mondumlaufes, Vollmond und Neumond, dann wird das sofort klar.
Voll ist der Mond dann, wenn er von der Sonne beschienen wird. Das passiert genau dann, wenn die Sonne ihn an der Erde vorbei anstrahlt. Wir erinnern uns, dass die Mondbahn etwas gekippt gegen die Erdbahn ist.
Wenn die Sonne also die Vorderseite des Mondes beleuchtet, dann sehen wir ihn als Vollmond. Und was passiert dann mit der Rückseite? Ganz genau. Sie liegt im dunkeln,
Bei Neumond ist es genau umgekehrt. Dann steht der Mond zwischen Erde und Sonne. Wir können ihn dann nicht sehen, weil die Sonne alles überstrahlt. Aber die Sonne knallt dann natürlich voll auf die uns immer abgewandte Seite. Somit gibt es also keine „Dark Side of the Moon“. Jede Seite des Mondes hat einmal pro Monat „Vollsonne“ und dazwischen verdeckt die Erde Teile der Mondscheibe. Stellt euch zwei runde Bierdeckel vor, die sich langsam übereinander hinweg schieben. Dann könnt ihr fühlen, wie sich die Tag-Nacht-Grenze, der Terminator langsam über die Mondscheibe bewegt.
Mit diesem Experiment könnt ihr dann auch begreifen, dass der Mond nicht so abnimmt, als würde man Stück für Stück von einer runden Pizza schneiden, bzw. diese bei zunehmendem Mond wieder zusammen zu setzen. So sieht also ein Dreiviertel-Mond nicht aus, wie eine Torte, bei welcher ein viertel schon verspeißt wurde, sondern eher wie eine Banane. Die bei zunehmendem Mond zur einen, und beim abnehmendem Mond zur anderen Seite hin gebogen ist.
Denkt an die Kreisscheiben. Gerade Menschen, die den Mond noch nie gesehen haben, stellen sich meist die falsche Analogie zum Kuchen vor.

Die Mondbanane

Mit er Mondbanane hat es eine seltsame Bewanntniss, nach welcher ich schon oft befragt wurde.
Je nach dem, wo man sich gerade auf der Erde befindet, z. B. im Urlaub weit im Süden, fällt dem aufmerksamen Urlauber oder Urlauberin auf, dass die Mondsichel eher liegend oder eher aufrecht steht.
Und ja, das stimmt. Wie die Mondsichel steht, ist ein perspektivisches Problem. Die Erdachse ist um etwa 23 Grad gegen die Ekliptik geneigt. Der Mond läuft nicht genau auf dem Äquator lang, und der Winkel ändert sich täglich durch die Mondphasen hindurch, und die Erde dreht sich pro Tag einmal unter dem Mond hindurch, und nicht zuletzt ist die Erde eine Kugel, so dass es einen Horizont gibt, hinter welchem der Mond auftauchen, bzw. verschwinden kann.
Dieses alles führt dazu, dass einem je nach Breitengrad, auf welchem man sich befindet und wo man gerade in der Mondphase sind, die Mondsichel etwas gekippter erscheint, als woanders. Das ist schwer in Worte zu kleiden. Dazu braucht es fast Bilder oder Modelle.
ChatGPT erklärt das ganz gut so:

Die Neigung der Mondsichel, die wir von der Erde aus sehen, variiert tatsächlich je nach Standort auf dem Globus. Das liegt an der Kombination von Erdrotation und der individuellen Position auf der Erde.

Hier sind die wichtigsten Faktoren:

  1. Erdkrümmung und Perspektive:
    Da die Erde eine Kugel ist, verändert sich der Blickwinkel auf den Mond, je nachdem, wo man sich befindet. Menschen nahe des Äquators sehen die Mondsichel anders als Menschen in höheren Breitengraden. Für jemanden am Äquator steht die Mondsichel oft eher „liegend“ oder fast horizontal. In mittleren und hohen Breiten ist die Sichel dagegen mehr „aufrecht“ bzw. vertikal geneigt.
  2. Position des Mondes am Himmel:
    Der Mond wandert durch verschiedene Himmelspositionen, je nach Jahreszeit und Breite. Diese Positionen beeinflussen ebenfalls, wie die Sichel erscheint. In der Nähe der Pole kann sich die Ausrichtung der Sichel sehr stark verändern, besonders bei Mondaufgang oder -untergang.
  3. Ekliptik und Neigung der Mondbahn:
    Der Mond bewegt sich nahe der Ekliptik, der scheinbaren Sonnenbahn, die gegen die Erdachse geneigt ist. Dadurch kann sich die Ausrichtung der Mondsichel bei verschiedenen Mondphasen und in verschiedenen Jahreszeiten ändern, was vor allem in tropischen Gebieten zu auffälligeren Variationen führen kann.

Zusammengefasst ist die „Kippung“ der Mondsichel eine Kombination von der eigenen Position auf der Erdoberfläche und der relativen Position des Mondes zur Ekliptik.

So, meine lieben, ich glaube, jetzt haben wir erst mal die wichtigsten Fakten zur Mondbahn und deren Konsequenzen zusammengetragen.
Ich bin gespannt, wo uns unsere Reise nächstes mal hin führt.

Und das soll Tag-Nacht-Gleiche sein?


meine lieben,

In 2024 wird der 22.09. im Kalender als Tag-Nacht-Gleiche angegeben.
An diesem Datum sollte also der Tag und die Nacht exakt gleich lang sein
und danach sind dann wieder die Nächte länger als die Tage, bzw. im Frühling umgekehrt.
Wir wissen:
Das ganze liegt natürlich daran, dass unsere Erdachse um etwa 23 Grad gekippt ist. Dadurch wird im Sommerhalbjahr die Nordhalbkugel – und in unserem Winterhalbjahr die Südhalbkugel, die dann Sommer hat, mehr von der Sonne beschienen.

Das alles und noch mehr, erklärte ich ausführlich in
Der Jahreslauf unserer Sonne

So weit, so gut.
Aber wer mal in seinem Kalender geschaut hat, wann tatsächlich die Sonne am Tag der Tag-Nacht-Gleiche auf- und unter geht, muss eine irritierende Feststellung machen.

Es stimmt ja scheinbar gar nicht, dass der Tag und die Nacht dann exakt gleich lang sind.
Bei mir wird beispielsweise für Rheinstetten als Sonnenaufgang 07:14 Uhr, und als Untergang 19:24 Uhr angegeben. Mein Tag ist also zehn Minuten zu lang.
Ist vielleicht mein Kalender falsch?

Was das betrifft, so kann ich Entwarnung geben. eure Kalender stimmen sehr wahrscheinlich, zumindest dann, wenn sie sich ungefähr auf euren Wohnort beziehen.
Aber den Fehler mit der unterschiedlichen Länge von Tag und Nacht an Herbst- und Frühlingsanfang, haben alle mehr oder weniger stark. Probiert es mal mit euren Kalendern aus.

Was ist denn da los?
Fragen wir doch mal die KI dazu:

Ich: „Wieso ist der Tag bei Tag-Nacht-Gleiche zu lang?“

Sie:

Der Tag ist bei der Tag-Nacht-Gleiche (Äquinoktium) etwas länger als die Nacht, obwohl man annehmen könnte, dass beide exakt gleich lang sind. Dies hat mehrere Gründe:

  1. Atmosphärische Refraktion: Die Erdatmosphäre wirkt wie eine Linse und bricht das Licht der Sonne. Dadurch erscheint die Sonne etwas höher am Himmel, als sie tatsächlich steht. Das bedeutet, dass wir die Sonne schon ein paar Minuten früher sehen, bevor sie den Horizont erreicht hat, und noch ein paar Minuten länger sehen, nachdem sie bereits untergegangen ist. Das verlängert den Tag um mehrere Minuten.
  2. Definition von Sonnenauf- und untergang: Der Sonnenaufgang wird als der Moment definiert, in dem der obere Rand der Sonnenscheibe den Horizont erreicht, nicht der Mittelpunkt. Ebenso wird der Sonnenuntergang als der Moment betrachtet, in dem der obere Rand der Sonne unter den Horizont sinkt. Da die Sonne einen Durchmesser hat, dauert es eine gewisse Zeit, bis die gesamte Sonnenscheibe untergegangen ist, was den Tag ebenfalls verlängert.

Diese beiden Effekte sorgen dafür, dass der Tag bei der Tag-Nacht-Gleiche etwas länger ist als die Nacht.

Ich finde, da hat sie die wesentlichen Punkte schon ganz gut erklärt. Wollte man mehr und genauer, dann müssten wir fast mit graphiken von Orbits, Linien, Winkeln und Pfeilen arbeiten.
Was sie vielleicht noch vergessen hat ist, dass der Zeitpunkt von Auf- und Untergang der Sonne natürlich vom Ort abhängt, auf welchem man sich befindet. Das macht z. B. zwischen Nord- und Süddeutschland schon mehr als anderthalb Minuten aus. Wer mag, kann ja mal in einer Astro-App, z. B. mit LunaSolCal auf dem Handy, mit Stelarium, auf dem PC oder mit CalSky in Netz mal damit herum spielen.
Für blinde Menschen mit Iphone empfehle ich LunaSolCal.
Verspäten kann sich die Sonne natürlich auch, wenn man sie in einem Tal erwartet. Dann muss sie erst noch über den Berg.

Wie auch immer. Der Herbst ist eine wunderbare Jahreszeit. Lasst ihn uns genießen.

Frag und es wird Tag – Die große Thermoskanne


Meine lieben,

die Frage, die ich heute beantworten werde, beginnt mit einem Sommererlebnis, das eine Bekannte von mir neulich hatte.

Der Versuch

Sie füllte stolz ihre neu erworbene metallene Trinkflasche mit Wasser und stellte diese dann für mehrere Stunden zur Kühlung in den Kühlschrank. Als sie dann trinken wollte, stellte sie erstaunt fest, dass das Wasser überhaupt nicht abgekühlt war. Der Kühlschrank funktionierte tadellos. Außen fühlte sich die Flasche auch schön kühl an. Aber was war innen passiert? Es ist einfach wenig bis nichts passiert, weil diese Trinkflasche eine Thermosflasche ist. Sie ist also doppelwandig und dazwischen befindet sich ein quasi Vakuum. Dieses sorgte dafür, dass die Kälte nicht, wie erwünscht, in das Innere der Flasche eindringen konnte.

Das Heureka

Sie war verblüfft. Thermosflaschen halten doch warm, meinte sie. Das tun sie auch, aber in der Physik ist Kälte eben die Wärme, die wir als kalt empfinden. Es gibt dort keine Wärme und keine Kälte. Kalt ist eben einfach etwas weniger warm. Also halten solche Flaschen nicht warm oder kalt, sondern hoffentlich ungefähr die Temperatur dessen, was man hinein gefüllt hat. Und das können neben heißem Kaffee eben auch Eiswürfel sein, die man mitnehmen möchte.

Und diese Eiswürfel bringen den Sternenonkel ins Plaudern.
Als ich so in der dritten oder vierten Klasse war, brachte unsere Lehrerin zu irgend einem Versuch, tatsächlich Eiswürfel in einer Thermosflasche mit. Das war noch so eine, wo der innere Kolben mit dem Vakuum aus Glas war. Die gingen dauernd kaputt und man hatte Scherben im Tee, oder diesen im rucksack.
Die Lehrerin war vorsichtig genug, so dass die Eiswürfel noch in Takt waren und die Flasche noch heile.
Natürlich kannte ich Thermosflaschen auch nur als Warmhalte-Behälter, weil wir sie stets für Heißgetränke einsetzten.

Die Erkenntnis,dass was warm hält, auch kalt halten kann, war für mich mit meinen neun Jahren unglaublich stark und das verblüffte mich sehr.
Von dem, was dann im Unterricht mit den Eiswürfeln passierte, weiß ich nichts mehr. Aber so spannend, wie so ein Heureka-Erlebnis kann ein Unterricht gar nicht sein.

Die große Frage

Jetzt, wo also meine Bekannte verstanden hatte, dass das Vakuum zwischen den Flaschenwänden die Kälte draußen hielt, begann ihr Gehirn zu rattern.

„Wie gelangt denn die Wärme unserer Sonne dann durch 150 Mio Kilometer Vakuum zu uns?“
fragte sie mich einige Stunden später plötzlich.
Da hat mal jemand mit gedacht. freute ich mich.
Das sind ganz große Momente und Augenblicke, wenn uns ein bissel Haushaltsphysik zu den großen Fragen des Universums führt.

Wie wir im Alltag Wärme los werden

Wenn wir z. B. im Winter einen heißen Pudding abkühlen wollen, dann stellt man ihn am besten auf den Balkon oder eine äußere Fensterbank. Die kalte Winterluft kühlt die Schüssel und den Pudding dann ab, wobei sie sich natürlich etwas erwärmt, nach oben steigt und die Wärme mit nimmt und abführt. Diese Wärmeabfuhr nennt man Konvektion. Man sieht diese deutlich bei einem Topf voll kochendem und blubberndem Wassers.
Vereinfacht gesagt ist Wärme die Schwingung der Moleküle. Diese Bewegung stößt im Falle der Konvektion z. B. die Luftmoleküle an. Durch diese Stöße kühlt sich dann der heiße Pudding so lange ab, bis er nur noch genau so warm ist, wie die ihn umgebende Luft. In der Physik geht immer nur von warm nach kalt. Andernfalls muss man Energie hinein pumpen, z. b. den Herd einschalten.
Da in einem Vakuum keine Luft ist, welche die Wärme über diesen Weg abführen oder auch zuführen könnte, muss es also noch andere Möglichkeiten geben, Wärmeenergie zu transportieren, denn die Wärme unserer Sonne gelangt ja, wie meine Bekannte richtig bemerkte trotz Vakuum zu uns. Und unsere Trinkflaschen halten die Temperatur trotz Vakuum ja auch nicht ewig.
Das tun sie nicht, weil das Vakuum in ihnen nicht perfekt ist, und Wärme über die Kontaktstellen zum Deckel abgegeben werden kann.
Sogar helle und heiße weiße Zwerge kühlen ja auch irgendwann aus, weil sie im Gegensatz zu unserer Sonne keine Energiequelle mehr in ihrem inneren besitzen, die von innen heißt. Aber wie werden die ihre Wärme im Vakuum des Weltalls los?

Der andere Prozess

Sowohl weiße Zwerge, als auch unsere Sonne leuchten und strahlen in allen möglichen Wellenlängen, im sichtbaren und auch im unsichtbaren Licht. Glühendes Metall beginnt zu leuchten. Und da haben wir ihn, den anderen Prozess, wie man trotz Vakuum Wärme los werden kann. Sie wird in verschiedenen Wellenlängen abgestrahlt. Das kann, wie schon gesagt bei sehr heißen Objekten sogar sichtbar sein, aber auch im nicht sichtbaren Infrarotlicht wird Wärme abgestrahlt. Diese Wärme beobachtet ja aktuell unsere Meisterleistung, das James-Webb-Teleskop. Und die Wärme, die uns dort erreicht, ist sehr lange unterwegs und deren Erzeuger Milliarden von Lichtjahren entfernt. Ach ja, das sollte man vielleicht auch noch erwähnen. Strahlungswärme breitet sich wie alle elektromagnetischen Wellen, also Lichtsorten, mit Lichtgeschwindigkeit, 300.000 Kilometern pro Sekunde im Vakuum aus.

Die Abgabe von Wärmeenergie durch Konvektion, also in atmosphärischen oder flüssigen Umgebungen ist sehr viel effektiver als diejenige über die Strahlung durch das Vakuum hindurch. Deshalb dauert es so ewig, bis ein weißer Zwerg mal zu einem schwarzen Zwerg abgekühlt ist. Momentan sind alle noch zu jung und hatten nicht die Zeit, zu schwarzen Zwergen abzukühlen. Es gibt also noch keine, weil alle noch nicht fertig sind.

Dass das so lange dauert und schwierig ist, führt in der Raumfahrt durchaus zu Problemen.

Energieabfuhr in der Raumfahrt

Die ISS hat sehr viele Geräte und Aggregate dabei, die Wärme erzeugen. Und die muss dringend abgeführt werden. Ansonsten würde sie überhitzen und die Astronauten könnten es dort nicht aushalten.
Und so verwendet die ISS ein ausgeklügeltes System, um die überschüssige Wärme mittels Abstrahlung los zu werden.
Die wichtigsten Komponenten davon seien hier kurz erklärt:

  1. Interne Wärmetauscher:
    Innerhalb der ISS zirkuliert Wasser oder Ammoniak (NH3) durch ein Rohrsystem.
    und Wärmetauscher, die die Wärme von den verschiedenen Geräten, Systemen und Bereichen der Station aufnehmen.
    Ammoniak ist ein sehr effektives Kühlmittel, weil es bei den niedrigen Temperaturen im Weltraum nicht gefriert und eine hohe Wärmeleitfähigkeit besitzt. Es wird verwendet, um die Wärme von den internen Wärmetauschern zu den Radiatoren zu transportieren.

    Leider ist dieses Kühlmittel sehr giftig und schädlich für Astronaut:innen.
    Ich glaube, Samantha Cristoforetti und Matthias Maurer , zwei ESA-Astronaut:innen, erwähnten in ihren Büchern Alarme, die dann ausgelöst werden, wenn solch ein mit Ammoniak gefülltes Rohr oder Schlauch leck würde. Im schlimmsten Fall müsste die Station dann sogar evakuiert werden.
    Die Bücher der beiden gibt es übrigens als Hörbücher bei den Hörbüchereien für Blinde zum ausleihen. Ich habe sie direkt hintereinander verschlungen und finde schade, dass bisher scheinbar noch keines der Bücher von Alexander Gerst aufgelesen wurde.
    Ihr kennt den Geruch von Ammoniak von Fensterputzmitteln und fragwürdigen Örtchen her.

  2. Pumpen und Leitungen:

    Das erhitzte Ammoniak oder Wasser wird dann durch ein Netzwerk von Leitungen zu externen Radiatoren gepumpt. Es gibt ein „Loop A“ und ein „Loop B“ System, so dass man auf jeden Fall zwei voneinander getrennte Systeme hat, sollte mal eines gewartet werden müssen oder sonst wie Schaden nehmen.
  3. Radiatoren:
    Die Radiatoren sind große, flache Paneele, die sich an der Außenseite der ISS befinden. Diese Radiatoren geben die aufgenommene Wärme in Form von Infrarotstrahlung an den Weltraum ab.
    Bei meiner ISS aus Lego kann ich taktil nicht unterscheiden, was ein Radiator und was ein Sonnenkollektor ist. Fühlt sich beides gleich flach an.
  4. Kontrolle:
    Die Menge der abgegebenen Wärme kann durch den Einsatz von rotierenden Wärmerohrkühlern, Rotary Joints und anderen Kontrollmechanismen geregelt werden, um sicherzustellen, dass die Temperatur der ISS in einem sicheren und komfortablen Bereich bleibt.

Fazit

Desto näher sich eine Sonde der Sonne nähert, um so größer wird das Problem der Wärmeabfuhr, weil wo hin damit, wenn schon so viel in der Umgebung ist. Wenn die Raumsonde BepiColombo mal den Merkur erreicht hat, dann wird sie sowohl von ihm, als auch von der Sonne auf etwa 400 Grad erhitzt. Da muss man sich dann schon auch noch isolierende Hüllen ausdenken, um innen eine für Elektronik noch vertretbare Betriebstemperatur von vielleicht 40 Grad zu ermöglichen.

Wärme kann man also auch im Weltall los werden, wenn man genügend Zeit mit bringt, bzw. sich rafinierte Kühlsysteme und Schutzhüllen ausdenkt.

So, und damit hätten wir wieder eine von euren wunderbaren Fragen beantwortet.
Es darf weiter gefragt werden. Euer Sternenonkel antwortet gerne, natürlich nur dann, wenn er was weiß…

Frag und es wird Tag, von Dunkelheit, Hüpfern und Reisezeiten


Meine lieben,
erinnert ihr euch noch an den Satz
„Frag, und es wird Tag?“
Manche von euch haben genau das getan. Sie haben gefragt. Dann lasst es uns nun „Tag“ werden.
Und wer noch nicht gefragt hat, bzw. noch nichts von der Serie „Frag, und es wird Tag“ weiß, findet alles dazu in Frag und es wird Tag.

Gerne fange ich mal an, Antworten zu geben. Schauen wir mal, wie weit wir heute kommen. Die Fragen, die ich heute nicht beantworte, kommen dann im nächsten Artikel dieser Serie dran. Auch die Reihenfolge der Fragen passe ich immer so an, dass die Antworten eines Artikels ungefähr thematisch zusammen passen.
Fangen wir also an:

Wieso wird es nachts dunkel

Stefan erinnerte sich daran, dass er mal in der Schule einen Vortrag zur Frage, wieso es nachts dunkel wird, hörte.
„Das ist doch logisch, weil die Sonne auf der anderen Seite der Erde ist.“
Könnte man meinen,
aber Das ist tatsächlich nur die halbe Wahrheit.
Zum Glück habe ich mich vor einigen Jahren genau dieser Frage schon einmal zugewendet.
Also findet ihr die komplette Antwort im Artikel Wieso ist es nachts dunkel.

Evas Hüpfer

Sie schreibt:

mein erster Kontakt mit „Forschen“ war in ersten Klasse.
Die Lehrerin hat uns erzählt das sich die Erde dreht.
Und beim nächsten Spaziergang wollte ich das ausprobieren: wenn sich die Erde dreht, brauch ich mich ja nicht mehr bewegen! Ich dachte es reicht wenn ich mal kurz in die Luft hüpfe und komme dann automatisch ans Ziel weil die Erde sich dann ohne mich dreht!

Schön wärs, liebe Eva. Ich erinnere mich auch an so einen ähnlichen Fall, wo jemand dachte, man würde durch Hüpfen ans Ende eines fahrenden Zuges gelangen, weil er ja unter einem hindurch fährt, so lange man in der Luft ist.
Es ist aber nun in der Physik so, dass sich Bewegungen überlagern. Ob fahrender Zug oder die sich drehende Erde, oder im Grunde sogar beides zusammen. Der Hüpfer überlagert die Bewegung des Zuges oder die Erddrehung beim Spaziergang. Das bedeutet, dass sich der hüpfende Mensch einfach weiter in Erdrichtung oder Zugrichtung bewegt, so lange der Hüpfer dauert. Die beiden Bewegungen stören sich quasi nicht.
Raketen starten meistens in Richtung der Erddrehung, weil man diesen Schwung unbedingt mitnehmen möchte. Das ist so, wie wenn der Hammerwerfer seinen Hammer herum wirbelt, bevor er ihn los lässt. Es mag tatsächlich etwas enttäuschend klingen, aber im Grunde fliegen unsere Raumsonden und Raumschiffe nicht irgendwo hin. Wir menschen werfen sie im Grunde auf Planeten, Monde und Asteroiden von kleinen Kurskorrekturen und der Ausnutzung der Schwerkraft anderer Himmelskörper mal abgesehen.

Die ISS hält sich am Himmel, weil sie eine Richtung hat, in welcher sie geradeaus fliegen wollte, wäre da nicht die Erdanziehung, die sie zur Erde ziehen will. Somit fällt sie permanent um die Erde herum. Diese beiden Bewegungen überlagern sich.

Flugzeuge müssen mit der Erddrehung leben und umgehen, weil sich eben die ganze Atmosphäre im wesentlichen auch mit der Erde dreht. Das wäre hier ein rassanter Wind, wenn die Erde sich unter der Atmosphäre hindurch drehen würde. Man kann also kein Flugzeug starten, dann warten, bis das Ziel unter einem vorbei kommt, und dann einfach sich fallen lassen.
Das ist schon spannend. Spricht man von Bewegung, dann kommt man rasch zur Geschwindigkeit, der Bewegung in der Zeit.
Über diese tollen Phänomene schrieb ich in Wie schnell sind wir.

Wieso braucht man manchmal zur ISS 2 Tage, und manchmal nur sechs Stunden?

Diese Frage stellte ich mir tatsächlich selbst.
Das hat im wesentlichen mit dem Startplatz und dessen Bedingungen zu tun. Die Russen starten ihre Raketen vom Kontinent aus. Den kürzesten Weg zur ISS erwischt man nur, wenn man den Start sehr genau kurz danach durchführt, wenn die ISS gerade über den Startplatz geflogen ist. Dieses Zeitfenster muss man bis auf eine Sekunde genau erwischen. Verpasst man das, muss man warten, bis die ISS wieder genau über dem Startplatz vorbei kommt. Und da die Bahn der ISS gegen den Erdäquator gekippt ist, kann das Tage bis Wochen dauern. Das Wetter auf dem Kontinent ist so stabil, dass man sich im Sternenstädtchen kaum darum kümmern muss. Wichtig ist, das Zeitfenster zu erwischen.

Ganz anders sieht es da an den Startplätzen der Amerikaner aus. Die Amerikaner landen ihre Raumfahrzeuge immer im Wasser, weshalb diese Startplätze auch am Meer liegen. Dort sind die Wetterbedingungen deutlich instabiler. Es gibt dort viele Stürme und Gewitter, so dass man sehr viel Glück haben muss, dass das Wetter gerade im Zeitfenster des optimalen Weges zur ISS, genau günstig ist. Also starten die eher dann, wenn das Wetter passt und nicht, wenn das Zeitfenster des kürzesten Weges zur ISS vorbei kommt. Man muss von dort schon mal drei vier Ehrenrunden um die Erde machen, bis man sich langsam zur ISS spiralisiert hat. Es klingt verrückt, aber mit diesem längeren Weg lässt sich sogar Treibstoff sparen, weil man sich ja immer wieder an der Erde durch ihre Anziehung Schwung holen kann.
Mich hat diese Antwort wirklich verblüfft, als ich sie recherchierte.

So, meine lieben. Und das soll es für heute gewesen sein. Die restlichen Fragen gibt es später.
Also, nicht vergessen: „Frag, und es wird Tag“.

Vor einem Viertel Jahrhundert – Erinnerungen


Meine lieben,
Wundert euch bitte nicht, dass dieser Artikel Überlänge hat. Das liegt daran, dass ihr am Schluss ein literarisches Juwel finden werdet.
Den habe ich hier nochmals abgedruckt, damit niemand im Netz mühsam danach suchen muss.
Teile dieses Artikels sind schon älter, stammen sogar aus meinem Buch. Deshalb mag für manche die Sprache etwas anders klingen. Ich habe mich halt auch weiter entwickelt, was eine schöne Bezeichnung dafür ist, dass ich eben auch älter geworden bin…

Und darum geht es:
die älteren Semester unter uns werden sich noch daran erinnern. Gestern, am 11.08.1999 vor 25 Jahren war über weiten Teilen Deutschlands eine Sonnenfinsternis zu sehen. Wir haben uns hier schon oft über Sonne- und Mondfinsternisse unterhalten. Genau genommen passieren Finsternisse ja gar nicht so selten. In einem Jahr kann es, wenn es gut läuft bis zu fünf Finsternisse, Sonnen- und Mondfinsternisse gemischt, geben. Das Problem ist nur, dass man sich selten zur gegebenen Zeit am richtigen Ort befindet. Viele Sonnenfinsternisse fallen ins Meer oder in Sümpfe, wo einem schon mal ein Krokodil in die Waden beißen kann. Eine totale Sonnenfinsternis vor der eigenen Haustür zu erleben ist in den meisten Fällen ein Ereignis, das man nur einmal in seinem Leben genießen kann, weil dieses bis zum nächsten Auftritt einer Sofi meist vorbei ist.
Grund genug, dass ich hier meine Erlebnisse mit der Sofi am 11.08.1999 nochmals aufwärme.
Schwelgt alle mit mir in diesen alten Erinnerungen. Schreibt mir auch gerne über eure „finsteren Erinnerungen“. Der Sternenonkel liest derlei sehr gerne.

Rückblende:

Nicht jedem ist das Glück beschieden, direkt vor seiner Haustüre eine Sonnenfinsternis erleben zu können.
Auf jeden Fall waren wir alle schon Monate vorher aufgeregt, wie das wohl sein würde. Ich machte mir umfangreich Gedanken, ob ich als Mensch mit Blindheit überhaupt etwas davon mitbekommen würde. So las ich im Vorfeld viel darüber, wie eine derartige Finsternis funktioniert, was alles innerhalb der kurzen Verfinsterung entdeckt worden war und wie viele Strapazen etliche Astronomen in der Vergangenheit auf sich genommen hatten, um eine Sonnenfinsternis zu erleben.

Als nun endlich der Tag nahte, war die Enttäuschung zunächst groß. Der August war relativ verregnet, sodass nicht klar war, ob wir mehr als eine kurze Finsternis erleben würden. Somit beschloss ich, in jedem Falle die Zeit der Finsternis im Schlosspark von Karlsruhe zu verbringen, denn ich wollte die Stimmung der Menschen einfangen.
Weil mein Sehrest zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unbedingt zum reellen Erleben der Finsternis ausreichte, nahm ich einen Lichtdetektor mit. Dieses Gerät verwenden blinde Menschen, um in ihrer Wohnung zu erkennen, ob die Lampen aus sind, zum Beispiel wenn sehende Besucher da waren. Je höher das Gerät piepst, desto mehr Licht ist vorhanden. Ich trug ebenfalls eine Finsternisbrille, die ich bis heute aufbewahre und am 20.03.2016 wieder zum Einsatz kam.
Auch bereits funktionsuntüchtige Augen kann man ohne Finsternisbrille noch schädigen.
Außerdem stattete ich mich mit einem mobilen Funkgerät aus. Mit diesem stand ich mit anderen Menschen in Verbindung, die an anderen Orten die Finsternis betrachten und erleben wollten.
So standen wir und warteten. Das Gefühl war weit stärker als bei einem Jahreswechsel.
Und plötzlich ging ein großer Freudenschrei durch die Menge. Der Himmel meinte es gut mit uns. Ungefähr drei Minuten vor der totalen Bedeckung und damit vor der maximalen Finsternis riss die Wolkendecke auf und der Blick auf die Sonne war frei. Sogar ihre wärmenden Strahlen empfing ich noch.
Ich schaltete den Lichtdetektor ein. Dann geschah es: Während die Leute standen und staunten, wurde der Ton des Gerätes langsam tiefer. Die Verdeckung begann. Während der ungefähr zweiminütigen totalen Finsternis blieb jedes Signal aus, als wäre es völlig Nacht. Das Leuchten der Korona war zu schwach für den Sensor des Lichtdetektors. Dies war für mich die akustische Orientierung. Plötzlich hatte auch ich das Gefühl, von Nachtluft umweht zu werden. Das mag allerdings auch durch das intensive Erlebnis gekommen sein. Besonders warm war der Tag auch vor der Finsternis nicht.
Auf jeden Fall war meine Freude, diese totale Sonnenfinsternis erlebt zu haben, unbeschreiblich groß. Ich fühlte mich in diesem Moment stark mit jenen verbunden, die fast ihr Leben dafür ließen, um etwas Derartiges nicht zu verpassen.
Oft stelle ich mir seither aus purer Freude heraus die Finsternis, die Korona, die Protuberanzen und auch die Magnetfeldlinien, die weit in den Weltraum hineinragen, vor. Dazu denke ich dann häufig an das brodelnde Geräusch, das auf der Sonnenoberfläche zu hören sein muss, da die Oberfläche ähnlich wie ein Teekessel
kocht.

Nachwirkungen

Diese Sonnenfinsternis tauchte ganz unerwartet und gewaltvoll in meinem Leben auf, womit ich niemals gerechnet hatte.

die Dienstreise

Anfang Januar 2015 unternahm ich mit meiner sehenden Arbeitsplatzassistenz
eine Dienstreise nach Istambul.
Folgendes ist dort auf dem Hinflug geschehen:
Der Pilot erklärte die Flugroute, indem er wichtige Länder, Städte und Meere aufführte, die wir nacheinander passieren würden.
Da kam mir die Reihenfolge und Aufzählung der Städte gleich irgendwie bekannt vor.
Und dann durchfuhr es mich wie ein Blitz.
Wir flogen fast exakt die Route entlang derer am 11.08.1999 die totale Sonnenfinsternis beobachtet werden konnte.
Ich fand dieses unglaublich schön. Glücklicherweise hatte ich noch das Buch „Schwarze Sonne, roter Mond“ von Rudolf Kippenhahn zur Sofi 1999 auf meinem MP3-Player als aufgelesenes Hörbuch. So konnte ich gleich noch im Flieger meine Vermutung überprüfen. Ein Blick auf den Fahrplan dieser Finsternis ergab, dass ich im wesentlichen Recht hatte.
Dieses Heureka, dieses „Ich habe es“,
erlebte glaube ich der halbe Flieger mit, weil es mich unglaublich freute, in welchem Zusammenhang diese alte Sofi nochmal auftauchte.
Ich hoffe, es war wenigstens ein Fluggast außer mir dabei, der mit meinem Ausbruch der Freude etwas anfangen konnte.

Die Krise

Und dann stürzte ich in eine tiefe Finsternis-Krise.
Ein diplomierter Physiker stellte mir die Frage, wieso sich diese Sofi eigentlich von West nach Ost bewegte, wo die Erde sich doch von Ost nach West dreht, und der Mond tut das um die Erde ebenso.
Sollten dann die Finsternisse nicht auch von Ost nach West verlaufen?
Stellt euch bitte vor. Da glaubte ich alles, was es zu Finsternissen gibt, zu wissen. Nur dieses eine kleine Detail hinterfragte ich quasi nie.
Plötzlich merkte ich, dass ich den Verlauf überhaupt noch nicht begriffen hatte.
Das war eine richtige Klatsche.
Desto mehr ich nachdachte, desto verwirrter wurde ich. So viele Bewegungen, Winkel und Abstände, die sich hier überlagern und die berücksichtigt werden müssen.
Nun wendete ich mich mit meiner unbeschreiblichen Not und Verzweiflung an intelligente Menschen, an welche ich in derlei astronomischen Fragen glaube.
Und siehe da. zwei fanden unabhängig voneinander die Antwort und Erklärung.

Das Problem ist, dass dieses Phänomen sich kaum noch mit Worten beschreiben lässt.
Die adäquate Sprache hierfür ist die Mathematik und keine Prosa.
Deshalb wird der Artikel jetzt gleich etwas mathematisch werden.
Wer das überspringen möchte, dem kann ich das nicht verübeln.
Springt einfach zur nächsten Überschrift. Dort treffen wir uns dann wieder Viel Kraft für jene, die diesen kleinen Berg der Mathematik mit mir erklimmen möchten.

Finstere Mathematische Unterhaltung

Halten wir den Moment fest, an dem der Mond zwischen Sonne und Erde steht, und der Kernschatten genau auf mittig auf der Erde liegt, und nehmen den Planeten Erde als Bezugssystem für Geschwindigkeit 0km/h.
Die Erde hat am Äquator ca. 12’720km Durchmesser, damit ist der Umfang ca. 40’000km, und die Oberflächengeschwindigkeit durch Rotation beträgt (vereinfacht auf die Sonne bezogen und nicht sidirisch) ca. v_E=1’666km/h.
Der Mond hat einen mittleren Abstand von d_M=384’400km, also eine ungefähre Umlaufbahn von 2’415’256km und eine Umlaufzeit von 27.3d, also bewegt er sich ungefähr mit v_M=3’686km/h in die gleiche Richtung wie die Erde darunter. (Hat natürlich eine viel größere Kreisbahn und überholt deshalb nachts nicht die Erdrotation…)
Die Erde selbst hat einen Abstand von ca. d_S=149’600’000km von der Sonne, also einen Umkreis von ca. 939’965’000km in 365.25 Tagen, bewegt sich also mit 107’228km/h entgegen der Oberflächengeschwindigkeit oben. Da die Erde als 0km/h gewählt ist, bewegt sich also die Sonne scheinbar mit v_S=107’228km/h in Richtung der betrachteten Oberflächengeschwindigkeit der Erde.
Die Geschwindigkeiten von Sonne und Mond superponieren sich, d.h. wir können einzeln die Anteile auf die Kernschattengeschwindigkeit berechnen.
Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die scheinbare Sonnenbewegung v1=(d_M/d_S)*v_S~276km/h.
Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die Mondbewegung v2=d_S/(d_S-d_M)*v_M~3’695km/h.
Da sich Mond und Sonne in die gleiche Richtung bewegen, ist die resultierende Geschwindigkeit des Kernschattens zur Erde v=v2-v1~3’419km/h.
Abzüglich der Geschwindigkeit der mitdrehenden Erdoberfläche erhalten wir in diesem Moment am Äquator die Schattengeschwindigkeit von ca. 1’753km/h. Auf jeden Fall überholt der Schatten die Erdrotation, und damit geht der Schatten tendentiell von Westen nach Osten.
Natürlich wird der Schatten an den Rändern über der Erdoberfläche „viel schneller“- schon alleine wegen der schrägen Projektion und nach Norden und Süden ist die Oberflächengeschwindigkeit geringer. Und da die Bahnen nicht alle in der gleichen Ebene liegen, verläuft der Schatten auch schräg und alles mögliche. Es kann im Extremfall für einen Punkt auf der Erde der Schatten z.B. von Norden oder Süden kommen- der Schatten ist ja nicht ein „Punkt“, sondern die Fläche kann sich bei diesen Kurven auch „reindrehen“, und so scheinbar komplett von Norden oder Süden kommen.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, so ist der Anteil durch die Planetenbewegung v_S nicht sehr ausschlaggebend, und die Beschleunigung der Mondgeschwindigkeit durch die Hebelwirkung durch den Abstand sehr gering, da die Sonne so viel weiter weg ist als der Mond von der Erde.

Literarische Finsternisse

Herzlich willkommen zurück all jene, denen diese mathematischen Unterhaltungen jetzt zu viel waren. Und Hochachtung an alle, die sich diesen Abschnitt angetan haben.
Lasst uns zum Schluss noch an drei Beispielen betrachten, wie Finsternisse in der Literatur verarbeitet wurden.
Drei Autoren sollen hier zur Sprache kommen, an zumindest derer zweien wohl niemand von uns in der Kindheit vorbei gekommen sein dürfte:
Zum Glück nicht, denn Tom Sawyer von Marc Twain, 20000 Meilen unter dem Meer, in 80 Tagen um die Welt, Reise zum Mittelpunkt der Erde und Der Flug zum Mond von Jules Verne wollte ich nicht missen.

Sonnenfinsternis bei Marc Twain

In einer Erzählung ließ Marc Twain einen Amerikaner durch einen Blitzschlag einen Zeitsprung vollführen. Dieser Mensch taucht nun am 19.06. des Jahres 528 in der Zeit des sagenhaften König Artus wieder auf. Durch zahlreiche Verwicklungen gerät dieser Mann schließlich in das Gefängnis und wurde zum Tode verurteilt.
Er verfügt jedoch über ein Wissen der besonderen Art.
Er sagt für den 21.06.528 eine totale Sonnenfinsternis voraus. Hierdurch erlangte er die Gunst des Königs und letztlich dann auch seine Befreiung. Er wird zum astronomischen Berater des Königs ernannt.

So weit, so gut, aber fand an diesem Tage überhaupt eine Sonnenfinsternis statt, die Atus und seine Mannen hätten sehen können?
Im Jahre 528 gab es vier Sonnenfinsternisse, am 06.02, 06.03, am 01.08. und am 30.08. Alle waren partieller Natur.
Da am 01.08. neumond geherrscht haben muss, denn ohne Neumond keine Sf war dies auch einen synodischen Monat vorher, also Anfang Juli der Fall. Der 21.06. war somit kurz nach Vollmond. Ein unmöglicher Zeitpunkt für eine Sf. Vermutlich erfand Twain das Datum einfach.
Schön und spannend bleibt diese Erzählung dennoch.

Jules Vernes Sonnenfinsternis

In dem zweibändigen Roman „Im Land der Pelze“ beschreibt Jules Vern, der Vater der Science Fiction Literatur, die Abenteuer einer Reisegruppe, die nach Alaska kommt.
Unter den Mitreisenden befindet sich ein Astronom. Verne beschreibt ihn als Menschen, der außer seine Sternbeobachtungen nichts zuwege bringt. Dieses jedoch macht ihm keiner gleich. Dieser Astronom, Namens Black, schließt sich der Reisegruppe an, um eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten. Diese soll am 18.06.1860 stattfinden. Gegen 09:30 beginnt die totale Phase der Finsternis. Black und seine Reisegefährten sehen die Sichel des Mondes immer dünner werden. Jeden Moment muss die totale Bedeckung anbrechen. Doch dann geschieht etwas ganz anderes. Black sieht, dass die Mondsichel plötzlich wieder breiter wird und somit die Phase der totalen Bedeckung überhaupt nicht stattfand. Was war hier geschehen? Waren die Kataloge und Voraussagen der Astronomen falsch? Keines Wegs. Die Lösung des Problems war entsätzlich.
Die Gruppe befand sich gar nicht an dem Orte, an welchem sie sich wähnte.
Die Reisegruppe hatte nicht bemerkt, dass die Eisscholle, auf welcher sie sich befand, sich vom Festland gelöst hatte und in südlicher Richtung in wärmere Gewässer durch die Beringsee trieb. Diese Drift brachte die Scholle außerhalb des Streifens der Totalität.
Der Rest des Romans handelt dann davon, wie die Gruppe auf dem Eis um ihr Überleben kämpfte.

Was hat es nun tatsächlich mit der Sonnenfinsternis von Verne auf sich?
Tatsächlich gab es an besagtem Tage eine Sonnenfinsternis, deren Streifen der Totalität sich, wie bei Jules Verne beschrieben, von Alaska, über Kanada und den Atlantik ins Mittelmeer erstreckte.Es ist aber nicht verwunderlich, dass Verne im Gegensatz zu Twain eine tatsächlich stattgefundene Finsternis beschrieb. Der Roman erschien 1873, also 13 Jahre nach der Finsternis. Verne musste sich somit nicht auf Vorausberechnungen stützen, sondern konnte sich auf sicher fundamentiertes gewesenes verlassen.

Sonnenfinsternis bei Adalbert Stifter

Wenn man Sonnenfinsternisse literarisch betrachtet, dann kommt man an Adalbert Stifters Beschreibung einer von ihm selbst beobachteten Sonnenfinsternis nicht vorbei. Für mich stellt sie die schönste deutschsprachige Beschreibung einer Sonnenfinsternis dar, die ich kenne. Sie zu lesen ist etwas viel Text, aber ich garantiere für ein absolutes literarisches und lyrisches Erlebnis.
Hir also nun: Adalbert Stifter mit:

Die Sonnenfinsternis am 8. Juli 1842
Es gibt Dinge, die man fünfzig Jahre weiß, und im einundfünfzigsten erstaunt man über die Schwere und Furchtbarkeit ihres Inhaltes. So ist es mir mit der totalen Sonnenfinsternis ergangen, welche wir in Wien am 8. Juli 1842 in den frühesten Morgenstunden bei dem günstigsten Himmel erlebten. Da ich die Sache recht schön auf dem Papiere durch eine Zeichnung und Rechnung darstellen kann, und da ich wußte, um soundso viel Uhr trete der Mond unter der Sonne weg und die Erde schneide ein Stück seines kegelförmigen Schattens ab, welches dann wegen des Fortschreitens des Mondes in seiner Bahn und wegen der Achsendrehung der Erde einen schwarzen Streifen über ihre Kugel ziehe, was man dann an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten in der Art sieht, daß eine schwarze Scheibe in die Sonne zu rücken scheint, von ihr immer mehr und mehr wegnimmt, bis nur eine schmale Sichel übrigbleibt, und endlich auch die verschwindet – auf Erden wird es da immer finsterer und finsterer, bis wieder am andern Ende die Sonnensichel erscheint und wächst, und das Licht auf Erden nach und nach wieder zum vollen Tag anschwillt – dies alles wußte ich voraus, und zwar so gut, daß ich eine totale Sonnenfinsternis im voraus so treu beschreiben zu können vermeinte, als hätte ich sie bereits gesehen.
Aber, da sie nun wirklich eintraf, da ich auf einer Warte hoch über der ganzen Stadt stand und die Erscheinung mit eigenen Augen anblickte, da geschahen freilich ganz andere Dinge, an die ich weder wachend noch träumend gedacht hatte, an die keiner denkt, der das Wunder nicht gesehen.
Nie und nie in meinem ganzen Leben war ich so erschüttert, von Schauer und Erhabenheit so erschüttert, wie in diesen zwei Minuten, es war nicht anders, als hätte Gott auf einmal ein deutliches Wort gesprochen und ich hätte es verstanden. Ich stieg von der Warte herab, wie vor tausend und tausend Jahren etwa Moses von dem brennenden Berge herabgestiegen sein mochte, verwirrten und betäubten Herzens.
Es war ein so einfach Ding. Ein Körper leuchtet einen andern an, und dieser wirft seinen Schatten auf einen dritten: aber die Körper stehen in solchen Abständen, daß wir in unserer Vorstellung kein Maß mehr dafür haben, sie sind so riesengroß, daß sie über alles, was wir groß heißen, hinausschwellen – ein solcher Komplex von Erscheinungen ist mit diesem einfachen Dinge verbunden, eine solche moralische Gewalt ist in diesen physischen Hergang gelegt, daß er sich unserem Herzen zum unbegreiflichen Wunder auftürmt.
Vor tausendmal tausend Jahren hat Gott es so gemacht, daß es heute zu dieser Sekunde sein wird; in unsere Herzen aber hat er die Fibern gelegt, es zu empfinden. Durch die Schrift seiner Sterne hat er versprochen, daß es kommen werde nach tausend und tausend Jahren, unsere Väter haben diese Schrift entziffern gelernt und die Sekunde angesagt, in der es eintreffen müsse; wir, die späten Enkel, richten unsere Augen und Sehrohre zu gedachter Sekunde gegen die Sonne, und siehe: es kommt – der Verstand triumphiert schon, daß er ihm die Pracht und Einrichtung seiner Himmel nachgerechnet und abgelernt hat – und in der Tat, der Triumph ist einer der gerechtesten des Menschen – es kommt, stille wächst es weiter – aber siehe, Gott gab ihm auch für das Herz etwas mit, was wir nicht vorausgewußt und was millionenmal mehr wert ist, als was der Verstand begriff und vorausrechnen konnte: das Wort gab er ihm mit: „Ich bin – nicht darum bin ich, weil diese Körper sind und diese Erscheinung, nein, sondern darum, weil es euch in diesem Momente euer Herz schauernd sagt, und weil dieses Herz sich doch trotz der Schauer als groß empfindet“. – Das Tier hat gefürchtet, der Mensch hat angebetet.
Ich will es in diesen Zeilen versuchen, für die tausend Augen, die zugleich in jenem Momente zum Himmel aufblickten, das Bild und für die tausend Herzen, die zugleich schlugen, die Empfindung nachzumalen und festzuhalten, insofern dies eine schwache menschliche Feder überhaupt zu tun imstande ist.
Ich stieg um 5 Uhr auf die Warte des Hauses Nr. 495 in der Stadt, von wo aus man die Übersicht nicht nur über die ganze Stadt hat, sondern auch über das Land um dieselbe, bis zum fernsten Horizonte, an dem die ungarischen Berge wie zarte Luftbilder dämmern. Die Sonne war bereits herauf und glänzte freundlich auf die rauchenden Donauauen nieder, auf die spiegelnden Wasser und auf die vielkantigen Formen der Stadt, vorzüglich auf die Stephanskirche, die fast greifbar nahe an uns aus der Stadt, wie ein dunkles, ruhiges Gebirge, emporstand.
Mit einem seltsamen Gefühl schaute man die Sonne an, da an ihr nach wenigen Minuten so Merkwürdiges vorgehen sollte. Weit draußen, wo der große Strom geht, lag ein dicke, langgestreckte Nebellinie, auch im südöstlichen Horizonte krochen Nebel und Wolkenballen herum, die wir sehr fürchteten, und ganze Teile der Stadt schwammen in Dunst hinaus. An der Stelle der Sonne waren nur ganz schwache Schleier, und auch diese ließen große blaue Inseln durchblicken.
Die Instrumente wurden gestellt, die Sonnengläser in Bereitschaft gehalten, aber es war noch nicht an der Zeit. Unten ging das Gerassel der Wägen, das Laufen und Treiben an – oben sammelten sich betrachtende Menschen; unsere Warte füllte sich, aus den Dachfenstern der umstehenden Häuser blickten Köpfe, auf Dachfirsten standen Gestalten, alle nach derselben Stelle des Himmels blickend, selbst auf der äußersten Spitze des Stephansturmes, auf der letzten Platte des Baugerüstes stand eine schwarze Gruppe, wie auf Felsen oft ein Schöpfchen Waldanflug – und wie viele tausend Augen mochten in diesem Augenblicke von den umliegenden Bergen nach der Sonne schauen, nach derselben Sonne, die Jahrtausende den Segen herabschüttet, ohne daß einer dankt – heute ist sie das Ziel von Millionen Augen, aber immer noch, wie man sie mit dämpfenden Gläsern anschaut, schwebt sie als rote oder grüne Kugel rein und schön umzirkelt in dem Raume.
Endlich zur vorausgesagten Minute – gleichsam wie von einem unsichtbaren Engel – empfing sie den sanften Todeskuß, ein feiner Streifen ihres Lichtes wich vor dem Hauche dieses Kusses zurück, der andere Rand wallte in dem Glase des Sternenrohres zart und golden fort – „es kommt“, riefen nun auch die, welche bloß mit dämpfenden Gläsern, aber sonst mit freien Augen hinaufschauten – „es kommt“, und mit Spannung blickte nun alles auf den Fortgang.
Die erste, seltsame, fremde Empfindung rieselte nun durch die Herzen, es war die, daß draußen in der Entfernung von Tausenden und Millionen Meilen, wohin nie ein Mensch gedrungen, an Körpern, deren Wesen nie ein Mensch erkannte, nun auf einmal etwas zur selben Sekunde geschehe, auf die es schon längst der Mensch auf Erden festgesetzt.
Man wende nicht ein, die Sache sei ja natürlich und aus den Bewegungsgesetzen der Körper leicht zu berechnen; die wunderbare Magie des Schönen, die Gott den Dingen mitgab, frägt nichts nach solchen Rechungen, sie ist da, weil sie da ist, ja sie ist trotz der Rechnungen da, und selig das Herz, welches sie empfinden kann; denn nur dies ist Reichtum, und einen andern gibt es nicht – schon in dem ungeheuern Raume des Himmels wohnt das Erhabene, das unsere Seele überwältigt, und doch ist dieser Raum in der Mathematik sonst nichts als groß.
Indes nun alle schauten und man bald dieses, bald jenes Rohr rückte und stellte und sich auf dies und jenes aufmerksam machte, wuchs das unsichtbare Dunkel immer mehr und mehr in das schöne Licht der Sonne ein – alle harrten, die Spannung stieg; aber so gewaltig ist die Fülle dieses Lichtmeeres, das von dem Sonnenkörper niederregnet, daß man auf Erden keinen Mangel fühlte, die Wolken glänzten fort, das Band des Wassers schimmerte, die Vögel flogen und kreuzten lustig über den Dächern, die Stephanstürme warfen ruhig ihre Schatten gegen das funkelnde Dach, über die Brücke wimmelte das Fahren und Reiten wie sonst, sie ahneten nicht, daß indessen oben der Balsam des Lebens, Licht, heimlich versiege, dennoch draußen an dem Kahlengebirge und jenseits des Schlosses Belvedere war es schon, als schliche eine Finsternis oder vielmehr ein bleigraues Licht, wie ein wildes Tier heran – aber es konnte auch Täuschung sein, auf unserer Warte war es lieb und hell, und Wangen und Angesichter der Nahestehenden waren klar und freundlich wie immer.
Seltsam war es, daß dies unheimliche, klumpenhafte, tief schwarze, vorrückende Ding, das langsam die Sonne wegfraß, unser Mond sein sollte, der schöne sanfte Mond, der sonst die Nächte so florig silbern beglänzte; aber doch war er es, und im Sternenrohr erschienen auch seine Ränder mit Zacken und Wulsten besetzt, den furchtbaren Bergen, die sich auf dem uns so freundlich lächelnden Runde türmen.
Endlich wurden auch auf Erden die Wirkungen sichtbar und immer mehr, je schmäler die am Himmel glühend Sichel wurde; der Fluß schimmerte nicht mehr, sondern war ein taftgraues Band, matte Schatten lagen umher, die Schwalben wurden unruhig, der schöne sanfte Glanz des Himmel erlosch, als liefe er von einem Hauche matt an, ein kühles Lüftchen hob sich und stieß gegen uns, über die Auen starrte ein unbeschreiblich seltsames, aber bleischweres Licht, über den Wäldern war mit dem Lichterspiele die Beweglichkeit verschwunden, und Ruhe lag auf ihnen, aber nicht die des Schlummers, sondern die der Ohnmacht – und immer fahler goß sich’s über die Landschaft, und diese wurde immer starrer – die Schatten unserer Gestalten legten sich leer und inhaltslos gegen das Gemäuer, die Gesichter wurden aschgrau – – erschütternd war dieses allmähliche Sterben mitten in der noch vor wenigen Minuten herrschenden Frische des Morgens.
Wir hatten uns das Eindämmern wie etwa ein Abendwerden vorgestellt, nur ohne Abendröte; wie geisterhaft ein Abendwerden ohne Abendröte sei, hatten wir uns nicht vorgestellt, aber auch außerdem war dies Dämmern ein ganz anderes, es war ein lastend unheimliches Entfremden unserer Natur; gegen Südost lag eine fremde, gelbrote Finsternis, und die Berge und selbst das Belvedere wurden von ihr eingetrunken – die Stadt sank zu unsern Füßen immer tiefer, wie ein wesenloses Schattenspiel hinab, das Fahren und Gehen und Reiten über die Brücke geschah, als sähe man es in einem schwarzen Spiegel – die Spannung stieg aufs höchste – einen Blick tat ich noch in das Sternrohr, er war der letzte; so schmal wie mit der Schneide eines Federmessers in das Dunkel geritzt, stand nur mehr die glühende Sichel da, jeden Augenblick zum Erlöschen, und wie ich das freie Auge hob, sah ich auch, daß bereits alle andern die Sonnengläser weggetan und bloßen Auges hinaufschauten – sie hatten auch keines mehr nötig; denn nicht anders als wie der letzte Funke eines erlöschenden Dochtes schmolz eben auch der letzte Sonnenfunken weg, wahrscheinlich durch die Schlucht zwischen zwei Mondbergen zurück – es war ein überaus trauriger Augenblick – deckend stand nun Scheibe auf Scheibe – und dieser Moment war es eigentlich, der wahrhaft herzzermalmend wirkte – das hatte keiner geahnet – ein einstimmiges „Ah“ aus aller Munde, und dann Totenstille, es war der Moment, da Gott redete und die Menschen horchten.
Hatte uns früher das allmähliche Erblassen und Einschwinden der Natur gedrückt und verödet, und hatten wir uns das nur fortgehend in eine Art Tod schwindend gedacht: so wurden wir nun plötzlich aufgeschreckt und emporgerissen durch die furchtbare Kraft und Gewalt der Bewegung, die da auf eimmal durch den ganzen Himmel ging: die Horizontwolken, die wir früher gefürchtet, halfen das Phänomen erst recht bauen, sie standen nun wie Riesen auf, von ihrem Scheitel rann ein fürchterliches Rot, und in tiefem, kaltem, schwerem Blau wölbten sie sich unter und drückten den Horizont – Nebelbänke, die schon lange am äußersten Erdsaume gequollen und bloß mißfärbig gewesen waren, machten sich nun geltend und schauerten in einem zarten, furchtbaren Glanze, der sie überlief – Farben, die nie ein Auge gesehen, schweiften durch den Himmel.
Der Mond stand mitten in der Sonne, aber nicht mehr als schwarze Scheibe, sondern gleichsam halb transparent wie mit einem leichten Stahlschimmer überlaufen, rings um ihn kein Sonnenrand, sondern ein wundervoller, schöner Kreis von Schimmer, bläulich, rötlich, in Strahlen auseinanderbrechend, nicht anders, als gösse die obenstehende Sonne ihre Lichtflut auf die Mondeskugel nieder, daß es rings auseinanderspritzte – das Holdeste, was ich je an Lichtwirkung sah!
Draußen weit über das Marchfeld hin lag schief eine lange, spitze Lichtpyramide gräßlich gelb, in Schwefelfarbe flammend und unnatürlich blau gesäumt; es war die jenseits des Schattens beleuchtete Atmosphäre, aber nie schien ein Licht so wenig irdisch und so furchtbar, und von ihm floß das aus, mittels dessen wir sahen. Hatte uns die frühere Eintönigkeit verödet, so waren wir jetzt erdrückt von Kraft und Glanz und Massen – unsere eigenen Gestalten hafteten darinnen wie schwarze, hohle Gespenster, die keine Tiefe haben; das Phantom der Stephanskirche hing in der Luft, die andere Stadt war ein Schatten, alles Rasseln hatte aufgehört, über die Brücke war keine Bewegung mehr; denn jeder Wagen und Reiter stand und jedes Auge schaute zum Himmel.
Nie, nie werde ich jene zwei Minuten vergessen – es war die Ohnmacht eines Riesenkörpers, unserer Erde.
Wie heilig, wie unbegreiflich und wie furchtbar ist jenes Ding, das uns stets umflutet, das wir seelenlos genießen und das unseren Erdball mit solchen Schaudern zittern macht, wenn es sich entzieht, das Licht, wenn es sich nur kurz entzieht.
Die Luft wurde kalt, empfindlich kalt, es fiel Tau, daß Kleider und Instrumente feucht waren – die Tiere entsetzten sich; was ist das schrecklichste Gewitter, es ist ein lärmender Trödel gegen diese todesstille Majestät – mir fiel Lord Byrons Gedicht ein: Die Finsternis, wo die Menschen Häuser anzünden, Wälder anzünden, um nur Licht zu sehen – aber auch eine solche Erhabenheit, ich möchte sagen Gottesnähe, war in der Erscheinung dieser zwei Minuten, daß dem Herzen nicht anders war, als müsse er irgendwo stehen.
Byron war viel zu klein – es kamen, wie auf einmal, jene Worte des heiligen Buches in meinen Sinn, die Worte bei dem Tode Christi: „Die Sonne verfinsterte sich, die Erde bebte, die Toten standen aus den Gräbern auf, und der Vorhang des Tempels zerriß von oben bis unten.“
Auch wurde die Wirkung auf alle Menschenherzen sichtbar. Nach dem ersten Verstummen des Schrecks geschahen unartikulierte Laute der Bewunderung und des Staunens: der eine hob die Hände empor, der andere rang sie leise vor Bewegung, andere ergriffen sich bei denselben und drückten sich – eine Frau begann heftig zu weinen, eine andere in dem Hause neben uns fiel in Ohnmacht, und ein Mann, ein ernster fester Mann, hat mir später gesagt, daß ihm die Tränen herabgeronnen.
Ich habe immer die alten Beschreibungen von Sonnenfinsternissen für übertrieben gehalten, so wie vielleicht in späterer Zeit diese für übertrieben wird gehalten werden; aber alle, so wie diese, sind weit hinter der Wahrheit zurück. Sie können nur das Gesehene malen, aber schlecht, das Gefühlte noch schlechter, aber gar nicht die namenlos tragische Musik von Farben und Lichtern, die durch den ganzen Himmel liegt – ein Requiem, ein Dies irae, das unser Herz spaltet, daß es Gott sieht und seine teuren Verstorbenen, daß es in ihm rufen muß: „Herr, wie groß und herrlich sind deine Werke, wie sind wir Staub vor dir, daß du uns durch das bloße Weghauchen eines Lichtteilchens vernichten kannst und unsere Welt, den holdvertrauten Wohnort, einen fremden Raum verwandelst, darin Larven starren!“
Aber wie alles in der Schöpfung sein rechtes Maß hat, auch diese Erscheinung, sie dauerte zum Glücke sehr kurz, gleichsam nur den Mantel hat er von seiner Gestalt gelüftet daß wir hineingehen, und Augenblicks wieder zugehüllt, daß alles sei wie früher.
Gerade, da die Menschen anfingen, ihren Empfindungen Worte zu geben, also da sie nachzulassen begannen, da man eben ausrief: „Wie herrlich, wie furchtbar“ – gerade in diesem Momente hörte es auf: mit eins war die Jenseitswelt verschwunden und die hiesige wieder da, ein einziger Lichttropfen quoll am oberen Rande wie ein weißschmelzendes Metall hervor, und wir hatten unsere Welt wieder – er drängte sich hervor, dieser Tropfen, wie wenn die Sonne selber darüber froh wäre, daß sie überwunden habe, ein Strahl schoß gleich durch den Raum, ein zweiter machte sich Platz – aber ehe man nur Zeit hatte zu rufen: „Ach!“ bei dem ersten Blitz des ersten Atomes, war die Larvenwelt verschwunden und die unsere wieder da: und das bleifarbene Lichtgrauen, das uns vor dem Erlöschen so ängstlich schien, war uns nun Erquickung, Labsal, Freund und Bekannter, die Dinge warfen wieder Schatten, das Wasser glänzte, die Bäume waren wieder grün, wir sahe uns in die Augen – siegreich kam Strahl an Strahl, und wie schmal, wie winzig schmal auch nur noch erst der leuchtend Zirkel war, es schien, als sei uns ein Ozean von Licht geschenkt worden – man kann es nicht sagen, und der es nicht erlebt, glaubt es kaum, welche freudige, welche siegende Erleichterung in die Herzen kam: wir schüttelten uns die Hände, wir sagten, daß wir uns zeitlebens daran erinnern wollen, daß wir das miteinander gesehen haben – man hörte einzelne Laute, wie sich die Menschen von den Dächern und über die Gassen zuriefen, das Fahren und Lärmen begann wieder, selbst die Tiere empfanden es; die Pferde wieherten, die Sperlinge auf den Dächern begannen ein Freudengeschrei, so grell und närrisch, wie sie es gewöhnlich tun, wenn sie sehr aufgeregt sind, und die Schwalben schossen blitzend und kreuzend hinauf, hinab, in der Luft umher.
Das Wachsen des Lichtes machte keine Wirkung mehr, fast keiner wartete den Austritt ab, die Instrumente wurden abgeschraubt, wir stiegen hinab, und auf allen Straßen und Wegen waren heimkehrende Gruppen und Züge in den heftigsten, exaltiertesten Gesprächen und Ausrufungen begriffen. Und ehe sich noch die Wellen der Bewunderung und Anbetung gelegt hatten, ehe man mit Freunden und Bekannten ausreden konnte, wie auf diesen, wie auf jenen, wie hier, wie dort die Erscheinung gewirkt habe, stand wieder das schöne, holde, wärmende, funkelnde Rund in den freundlichen Lüften, und das Werk des Tages ging fort.
Wie lange aber das Herz des Menschen fortwogte, bis es auch wieder in sein Tagewerk kam, wer kann es sagen? Gebe Gott, daß der Eindruck recht lange nachhalte, er war ein herrlicher, dessen selbst ein hundertjähriges Menschenleben wenige aufzuweisen haben wird. Ich weiß, daß ich nie, weder von Musik noch Dichtkunst, noch von irgendeiner Naturerscheinung oder Kunst so ergriffen und erschüttert worden war – freilich bin ich seit Kindheitstagen viel, ich möchte fast sagen, ausschließlich mit der Natur umgegangen und habe mein Herz an ihre Sprache gewöhnt und liebe diese Sprache, vielleicht einseitiger, als es gut ist; aber denke, es kann kein Herz geben, dem nicht diese Erscheinung einen unverlöschlichen Eindruck zurückgelassen habe.
Ihr aber, die es im höchsten Maße nachempfunden, habet Nachsicht mit diesen armen Worten, die es nachzumalen versuchten, und so weit zurückgeblieben. Wäre ich Beethoven, so würde ich es in Musik sagen; ich glaube, da könnte ich es besser.

Zum Schlusse erlaube man mir noch zwei kurze Fragen, die mir dieses merkwürdige Naturereignis aufdrängte:

Erstens: Warum, da doch alle Naturgesetze Wunder und Geschöpfe Gottes sind, merken wir sein Dasein in ihnen weniger, als wenn einmal eine plötzliche Änderung, gleichsam eine Störung derselben geschieht, wo wir ihn dann plötzlich und mit Erschrecken dastehen sehen? Sind diese Gesetze sein glänzendes Kleid, das ihn bedeckt, und muß er es lüften, daß wir ihn selber schauen?

Zweitens: Könnte man nicht auch durch Gleichzeitigkeit und Aufeinanderfolge von Lichtern und Farben eben so gut eine Musik für das Auge wie durch Töne für das Ohr ersinnen? Bisher waren Licht und Farbe nicht selbstständig verwendet, sondern nur an Zeichnung haftend; denn Feuerwerke,Transparente, Beleuchtungen sind doch nur zu rohe Anfänge jener Lichtmusik, als dass man sie erwähnen könnte. Sollte nicht durch ein Ganzes von Lichtakkorden und Melodien eben so ein Gewaltiges, Erschütterndes angeregt werden können, wie durch Töne? Wenigstens könnte ich keine Symphonie, Oratorium oder dergleichen nennen, das eine so hehre Musik war, als jene, die während der zwei Minuten mit Licht und Farbe an dem Himmel war, und hat sie auch nicht den Eindruck ganz allein gemacht, so war sie doch ein Teil davon.

Finsterniskataloge dienen eigentlich nicht dazu, Schriftstellern auf die Finger zu schauen, was ihre Finsternisse betrifft. Aber für die Historie sind sie unverzichtbar. Viele Finsternisse oder Ereignisse wurden mit der Zeit von einem zum anderen Erzähler oder Schreiber derart verschoben, dass Katastrophen, Krisen, verlorene Kriege etc. gerne mit Finsternissen zusammen gelegt wurden.

Alle Jahre wieder


Meine lieben,
Die Überschrift dieses Beitrages lässt fast an Weihnachten erinnern. Tatsächlich kamen Teile davon schon in anderem Zusammenhang in einem meiner Weihnachtskalender vor.
Manches in diesem Artikel mag den alten Hasen unter euch bekannt sein, aber wir haben jungen Zuwachs bekommen. Das ist dann immer auch mal wieder eine gute Gelegenheit gut abgehangene Artikel in ein neues Gewand zu verpacken. Außerdem ist das alles ja in jedem Jahr etwas anders und muss aktualisiert werden, gell…
Lasst euch überraschen und verzaubern.

Vorbemerkungen

alle Jahre wieder ist es so weit. Von Mitte Juli bis Mitte August verdanken wir dem Meteorstrom der Perseiden viele Sternschnuppennächte, in welchen viele Wünsche an den Himmel gerichtet werden dürfen. Mögen sie vor allem in diesen Zeiten für euch in Erfüllung gehen. Aber denkt daran. Nicht alle Wünsche sind sinnvoll. In den guten alten Kindermärchen kann man immer wieder nachlesen, wozu nicht klug gewählte Wünsche führen können, z. B. in „Der Fischer und seine Frau bei den Gebrüdern Grimmm, oder in „Das kalte Herz“ bei Wilhelm Hauff.

OK, Sternschnuppen sind in erster Linie etwas zum sehen, für mich als blinden Beobachter also erstmal scheinbar unspannend. Aber hier erfahrt ihr, dass man sie auch hören kann. Ja, richtig gehört. Man kann sie unter gewissen Umständen hören.
Ich sag’s ja immer wieder. Die Astronomie ist inklusiv. Der Himmel ist für alle da, und bietet für jeden etwas an.

Was sind die Perseiden nochmal?

Die Perseiden oder auch Laurentiustränen, Tränen des Laurentius genannt, sind ein jährlich im Sommer wiederkehrender Meteorstrom, der in den Tagen um den 12. August ein deutliches Maximum an Sternschnuppen aufweist. Der scheinbare Ursprung dieses Stroms, liegt im namensgebenden Sternbild Perseus.
Das Sternbild soll die Gestalt des griechischen Helden Perseus darstellen, der die tödliche Medusa besiegte. Der Stern Algol repräsentiert das abgeschlagene Medusenhaupt, das er in der Hand hält.
Perseus gehört zu den 48 klassischen Sternbildern, die von Ptolemäus beschrieben wurden.
Bereits im Mittelalter hatten arabische Astronomen die eigenartige periodische Veränderung der Helligkeit des Sterns Algol beobachtet. Der Name leitet sich aus dem arabischen Ras al Ghul ab und bedeutet Haupt des Dämonen.

In meinem Buch im Kapitel „Wissenschaftler mit vier Sinnen“ berichte ich über den gehörlosen Astronomen John Goodricke, der sich mit Sternen beschäftigte, die ihre Helligkeit ändern.
Er fand einen Zusammenhang zwischen der maximalen Helligkeit von Sternen und deren Periode, in welcher sie diese verändern.
Seine Entdeckungen werden bis heute zur Entfernungsbestimmung von Himmelsobjekten benutzt.
Vielleicht war gerade er als gehörloser Mensch ganz besonders für diese Entdeckung, dass es Sterne gibt, die ihre Helligkeit periodisch verändern, geeignet, weil Menschen mit Hörbeeinträchtigung meist ausgezeichnete Beobachter sind. Sie müssen z. B. von den Lippen ablesen können.
Ich sag’s an dieser Stelle gerne nochmal.
Die Astronomie ist aus sich heraus einfach inklusiv, ob man will, oder nicht, ob man es glauben mag, oder nicht.

Woraus bestehen sie?

Die Perseiden bestehen aus dem, was der Komet 109P/Swift-Tuttle. bei seinen letzten Besuchen durch erwärmung, schmelzen etc. verloren hat.
Er erscheint ungefähr alle 130 Jahre und entfernt sich dann stets etwas schlanker, als er vorher war. Das nächste Mal wird er um das Jahr 2126 erwartet. Ganz genau kann man das bei Kometen nie sagen, weil ihre Bahn von den Planeten gestört werden können, bzw. sie selbst ihre Bahn ändern, wenn sie aktiv sind. Dann wirkt sich die Aktivität wie kleine Schubdüsen aus.
Die Erde kreuzt auf ihrer Bahn immer um den 12. August die Staubspur, die dieser Komet im All hinterlässt, wenn er vorbei kommt. Die Staubteilchen treffen dabei mit hoher Geschwindigkeit auf die Atmosphäre und bringen die Luftmoleküle zum Leuchten. Die Sternschnuppe ist daher nicht das verglühende Staubkorn selbst, sondern wird durch das Rekombinationsleuchten der ionisierten Luft sichtbar.

Momentan werden die zu erwartenden Sternschnuppen jedes Jahr immer weniger, weil zum einen schon viele in der Erdatmosphäre verglühten, und zum anderen sich der Kometenstaub, immer mehr verteilt und somit ausdünnt.
Es wird Zeit, dass er mal wieder vorbei kommt, und seine Bahn für uns mit neuem „Sternenstaub“ auffüllt.
Eines Tages wird der Komet vollständig aufgelöst sein.
Dann wird es die Perseiden nicht mehr geben, weil kein Nachschub an Staub mehr kommt.

Überlieferungen

Die erste überlieferte Beobachtung der Perseiden fand vor etwa zwei Jahrtausenden in China statt. Danach gibt es Berichte aus Japan und Korea. In Europa stammt die erste bekannte Beobachtung aus dem Jahr 811.
Da das Erscheinen der Perseiden mit dem Fest des Märtyrers Laurentius am 10. August zusammenfällt, der im Jahre 258 das Martyrium auf einem glühenden Rost erlitt, werden sie im Volksmund auch Laurentiustränen oder Tränen des Laurentius genannt. Kurz vor seinem Tod soll Laurentius der Legende nach seinem Widersacher, dem römischen Kaiser Valerian, die folgenden Worte gesagt haben:

Du armer Mensch, mir ist dieses Feuer eine Kühle, dir aber bringt es ewige Pein.

Beobachtung

Vom 17.Juli bis zum 24. August kann vermehrt mit Sternschnuppen gerechnet werden.
2024 besteht in den frühen Morgenstunden des 12. und 13. August die beste Chance dazu. Das eigentliche Maximum fällt leider auf den 12. August am Nachmittag, wo die Sonne derlei Schauspiel leider überstrahlen wird.

Beobachter müssen auch dem störenden hellen Mond etwas aus dem Wege gehen, denn am 19.08. ist Vollmond, so dass wir uns im zunehmenden Mond kurz nach Halbmond befinden, wenn das Spektakel am schönsten ist. Neumond wäre natürlich optimal.
Am besten beobachtet man die Sternschnuppen an einem möglichst dunklen Ort auf dem Land, wo kein Stadtlicht stört. legt euch auf eine Wiese auf den Rücken und wendet nach Mitternacht den Blick gen Osten, also in Richtung Erddrehung. Ihr dreht euch dann quasi mit der Erde in den Meteorschauer hinein.
Am besten sichtbar sind die Perseiden auf der Nordhalbkugel.

Sternschnuppen hören

So, nach dem langen Spannungsbogen kommen wir nun zu dem, worauf ihr vermutlich schon lange gewartet habt. Dann will ich mal nicht so sein.
Hörbar sind die Perseiden zumindest für Amateurfunker, die einen Empfänger und eine passende Antenne besitzen.
Diese Disziplin des Amateurfunks nennt man Meteor Scatter.
Wer einen passenden Empfänger und eine Antenne besitzt, kann das Französische Radar-Signal des Weltraumradars GRAVES benutzen. Dieses französische Radarsystem sendet auf 143,050 MHz einen Dauerträger, Dauerton, der über Phasenarray-Antennen den Himmel “abtastet”. Meteoriten, aber auch andere Objekte (Flugzeuge, Satelliten, die ISS, der Mond) reflektieren das Signal und streuen es in alle Richtungen, und diese Reflexionen können dann in Europa gut empfangen werden. Anhand der Doppler-Abweichung erkennt man dann, welches Objekt das Funksignal reflektiert hat: der Mond oder Flugzeuge bewirken eine sich nur langsam ändernde Dopplerabweichung, bei Objekten in Erdumlaufbahn ändert sich die Abweichung schnell, und bei Meteoriten extrem schnell.
Den Effekt kennen wir bei vorbeifahrenden Krankenwagen und seiner in der Tonhöhe variierender Sirene.
Hier schicke ich euch mal einen Link, wie sich das anhört.
Ein Großteil des Klanges besteht nur aus einem Rauschen des Empfängers. Aber haltet durch. Besonders am Ende hört man sehr schön, wie die Sternschnuppen in den Empfangsbereich der Antenne hinein knattern. Also ich finde das sehr aufregend.

„Sternschnuppen hören“

Wie ihr in den Kommentaren zu diesem Beitrag lesen könnt, kann man Sternschnuppen manchmal auch ganz ohne Hilfsmittel hören. Das geschieht aber nur sehr selten. Und wer hat dann sofort ein gut eingestelltes Aufnahmegerät bei der Hand…
Dieser Sonderfall, wo man das tatsächlich kann, ist ein eigener Artikel wert. Außerdem darf dieser ja auch nicht explodieren…

Hach, wie ist das einfach nett, wenn man in der Astronomie so schön vom Höckchen auf’s Stöckchen kommt.

Jetzt wünsche ich euch viele schöne klare Sommernächte mit vielen Sternschnuppen und Wünschen, die dann in Erfüllung gehen.

Wunsch-Steine


Meine lieben,

aus früheren Artikeln wisst ihr schon, dass wir von Mitte Juli bis Mitte August den Meteorstrom der Perseiden passieren. Das sorgt für ordentlich Sternschnuppen, und für viele Wünsche, die hoffentlich in Erfüllung gehen.
Ich schrieb darüber vor einiger Zeit in „Wünsch Dir was“.

Wo es sich bei Sternschnuppen um harmlose Staubteilchen aus dem All handelt, die in unserer Atmosphäre als Leuchtspur verglühen, so gibt es am anderen Ende große Brocken, Asteroide, die uns durchaus gefährlich werden könnten, wenn sie, zum Glück nur selten, die Erde träfen. So zeugt das Nördlinger Ries und auch das Aussterben der Dinos von solchen Katastrophen.
Auch darüber ließ ich mich ausführlich aus in Droht Gefahr durch Astreoiden?

Heute geht es mal um die Bröckchen, von denen noch etwas übrig ist, nachdem sie als Sternschnuppe oder Feuerbälle durch unsere Luft bis zur Erde gezischt sind.

Der erste, der an den Steinregen glaubte

Dass es tatsächlich „Steine“ vom Himmel regnen kann, ist noch gar nicht so lange bekannt und akzeptiert.
Der Wissenschaftler, der als erster die Idee ernsthaft in Erwägung zog, dass Eisen vom Himmel fallen könne, war der deutsche Physiker Ernst Florens Friedrich Chladni. Im Jahr 1794 veröffentlichte Chladni ein Buch mit dem Titel „Über den Ursprung der von Pallas gefundenen und anderer ihr ähnlicher Eisenmassen und über einige damit in Verbindung stehende Naturerscheinungen“, in dem er die Hypothese aufstellte, dass Eisenmassen (Meteoriten) aus dem Weltraum auf die Erde fallen.
Chladnis Hypothese war zu seiner Zeit revolutionär und stieß zunächst auf erhebliche Skepsis und Ablehnung. Die vorherrschende Meinung der damaligen Wissenschaftsgemeinschaft war, dass Steine nicht vom Himmel fallen könnten.

Drei Namen für ein Ding

Fangen wir mit Begriffserklärungen an, denn die Bröckchen, um welches heute geht, ändern vom All bis zu uns mehrfach ihren Namen:
Ich habe hierzu mal die KI befragt:…

ChatGPT, unterscheide mir bitte die Wörter Meteoroid, Meteor und Meteorit.

Ihre Antwort:

Gerne! Die Begriffe Meteorit, Meteor und Meteoroid beziehen sich auf verschiedene Stadien und Zustände von Objekten, die aus dem Weltraum stammen und mit der Erde in Berührung kommen können. Hier sind die Definitionen der einzelnen Begriffe:

  1. Ein Meteoroid ist ein kleines Objekt aus Stein oder Metall, das sich im Weltraum befindet. Meteoroiden sind kleiner als Asteroiden und Planeten. Sie können aus Bruchstücken von Kometen, Asteroiden oder anderen Himmelskörpern bestehen.
  2. Ein Meteor ist das Phänomen, das auftritt, wenn ein Meteoroid in die Erdatmosphäre eintritt und dabei aufgrund der Reibung mit der Luft ionisiert und aufglüht. Dies erzeugt einen leuchtenden Lichtstreifen am Himmel, der oft als „Sternschnuppe“ bezeichnet wird. Ein Meteor existiert nur, solange der Meteoroid durch die Atmosphäre fliegt und verglüht.
  3. Ein Meteorit ist das, was von einem Meteoroid übrig bleibt, wenn es den Eintritt in die Erdatmosphäre überlebt und die Erdoberfläche erreicht. Meteoriten können aus verschiedenen Materialien bestehen, darunter Stein, Metall oder eine Kombination davon. Sie liefern wertvolle Informationen über das Sonnensystem und die Entstehung von Himmelskörpern.

OK, das reicht. Es geht also um Meteoriten.
Und weil die auf ihrem Wege zu uns durch die Luft mal Meteore, also Sternschnuppen, an welchen vielleicht sogar schon Wünsche hängen waren, habe ich dem Artikel die Überschrift „Wunschsteine“ gegeben.
Immer wieder werden welche gefunden. Wird ein großer Meteor als Feuerball gesichtet, machen sich oft Meteoritenjäger auf, um die Bruchstücke davon zu finden. Solche Funde gehören stets demjenigen, der sie entdeckt. Manchmal werden sie auch nie gefunden, wie bei der Tunguska-Explosion am 30. Juni 1908 im sibirischen Gouvernement Jenisseisk, der heutigen Region Krasnojarsk, deren Ursache sich bisher nicht zweifelsfrei klären ließ.
Ein andermal liegen sie irgendwo unentdeckt herum, bis sie nach Jahren oder noch längeren Zeiten meist zufällig gefunden werden. Man kann sich aber auch einfach mal so auf die Suche begeben. Es gibt Orte auf der Erde, z. B. in großflächigen Wüsten oder auf Eisflächen, wo sie durchaus auffallen, wenn sie herum liegen.
Lehnt euch also zurück, und hört euch drei Geschichten zu solchen Entdeckungen vom Sternenonkel an:

Der schwäbische Brocken

1989 hob der Finder Hansjörg Bayer bei Blaubeuren einen Graben zur Verlegung eines Leerrohres aus. In ca. 60 Zentimeter Tiefe stieß er auf einen harten Stein. Da dieser unnatürlich schwer und magnetisch war, wurde er zur Seite gelegt. In den folgenden 26 Jahren lag der Stein als Gestaltungselement im Garten. 2015 wollte Bayer kurzerhand den Stein in einem Bauschuttcontainer entsorgen, holte ihn aber schließlich in sein Haus. Fünf Jahre später (2020) kontaktierte der Finder dann das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, welches ihn an den Meteoritenexperten des DLR vermittelte. Dieser stellte fest, dass es sich um einen Meteoriten handelt.

An der Universität Arizona in Tucson, USA und am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf wurde durch die Analyse vorhandener langlebiger Radionuklide das terrestrische Alter ermittelt. Demnach schlug Blaubeuren vor etwa 9.200 Jahren während der Mittelsteinzeit auf der Schwäbischen Alb ein.
Vor dem Eindringen in die Erdatmosphäre mit einer Anfluggeschwindigkeit von etwa 20 km/s dürfte er als Meteoroid ungefähr eine Tonne gewogen haben.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass er etwa 4,5 Milliarden Jahre alt sein muss. Er entstand somit gemeinsam mit unserem Sonnensystem.

Der Meteorit wurde im Urgeschichtlichen Museum (URMU) in Blaubeuren und im Foyer der Volkssternwarte Laupheim e.V. (Sternwarte und Planetarium) ausgestellt.[5]
Der Blaubeuren-Meteorit gehört zur Gruppe der Steinmeteoriten, genauer gesagt zu den Chondriten. Chondriten sind eine der ältesten und am häufigsten vorkommenden Meteoritengruppen und enthalten kleine kugelförmige Einschlüsse, sogenannte Chondren. Diese Meteoriten bieten wertvolle Einblicke in die Frühgeschichte des Sonnensystems, da sie weitgehend unverändert seit ihrer Entstehung vor etwa 4,5 Milliarden Jahren sind.

Der Tiroler

Das Ski-Paradies Ischgl ging 2020 als ein großer Hotspot zur Verbreitung von Corona durch die Medien. Außer Ski und Pandemie hat dieser Ort aber auch noch einen prächtigen Meteoriten anzubieten.

1976 wurde der Ischgl-Meteorit gefunden,und ist wahrscheinlich aber schon seit 1970 auf der Erde.
Wie bitte? Woher will man denn das wissen, wie lange ein „Stein“ schon irgendwo herum liegt? OK, wenn er sehr alt ist, dann gibt es Verfahren der Altersbestimmung, die mit radioaktivem Zerfall von Elementen zu tun haben, aber für sechs Jahre sind die nicht geeignet.

Nun ja, fragen wir nochmal die künstliche:

Der Ischgl-Meteorit, der 1976 in Österreich gefunden wurde, wird angenommen, seit 1970 auf der Erde zu sein. Diese Annahme beruht auf folgenden Faktoren:

  1. Augenzeugenberichte: Es gibt Berichte von Menschen, die beobachtet haben, dass im Jahr 1970 ein Feuerball am Himmel zu sehen war. Solche Berichte werden oft mit dem Fall eines Meteoriten in Verbindung gebracht.
  2. Korrelation mit anderen Ereignissen: Wenn Meteoriten gefunden werden, versuchen Wissenschaftler, diese Funde mit bekannten Ereignissen von Feuerbällen oder Meteorschauern zu korrelieren. Falls es in der Region oder zu einem bestimmten Zeitpunkt Berichte über Meteorereignisse gibt, wird angenommen, dass der gefundene Meteorit mit diesen Ereignissen zusammenhängen könnte.
  3. Erhaltungszustand des Meteoriten: Der Zustand des Meteoriten kann Hinweise darauf geben, wie lange er bereits auf der Erde liegt. Meteoriten, die über lange Zeiträume der Witterung ausgesetzt sind, zeigen spezifische Verwitterungsmuster oder Veränderungen, die als Indikatoren für die Dauer ihres Aufenthalts auf der Erdoberfläche dienen können.
  4. Forschung und Analysen: Wissenschaftler führen detaillierte Analysen der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung des Meteoriten durch. Bestimmte Veränderungen in den Mineralien und Metallen können Hinweise auf die Verweildauer auf der Erde geben. Zudem können Analysen der Oxidationsschichten und anderer Oberflächenveränderungen wertvolle Informationen liefern.

Nun denn. Das kaufe ich ihr so ab. Weiter in der Geschichte:

Im Juni 1976 war der Forstarbeiter Josef Pfefferle nach einem Lawinenabgang mit der Räumung einer Forststraße in mehr als 2000 Metern Seehöhe nordwestlich von Ischgl beschäftigt. Dabei fand ein etwa ein Kilogramm schwerer Stein mit einer mattschwarzen Oberfläche seine Aufmerksamkeit, weil er aus dem Schnee direkt auf die Straße fiel. Er nahm den ungewöhnlichen Stein mit nach Hause, wo er ihn die nächsten dreißig Jahre in einer Kiste aufbewahrte.

Pfefferle erinnerte sich wieder an das Stück, als 2007 in den Medien über den Rechtsstreit um den Meteoritenfall von Neuschwanstein berichtet wurde, von dem die Hauptmasse im Gebiet der Gemeinde Reutte nahe der Grenze gefunden wurde. Wahrscheinlich ging es darum, ob der Meteorit nun einen österreichischen oder einen bayrischen Pass bekommen sollte. An der Universität Innsbruck wurde der Meteorit klassifiziert und schließlich vom Naturhistorischen Museum erworben, wo er in einer gemeinsamen Vitrine mit weiteren sieben österreichischen Meteoriten zu sehen ist.

Mein schönster Fund

So, aller guten Dinge sind drei. Hier kommt die meiner Meinung nach schönste Geschichte eines Meteoritenfundes. Sie stammt von keinem geringeren als Saint Exupery, den wir z. B. aus dem kleinen Prinzen kennen:
Aus dem Buch „Wind, Sand und Sterne“, “ In der Wüste“:

Ich beschritt völlig jungfräulichen Boden. Als erster Mensch ließ ich
den Muschelstaub wie edles Gold von einer Hand in die andere gleiten.
Als erster störte ich das Schweigen dieses Ortes. Auf diesem Block, der
wie eine Eisscholle, solange er steht, keinen Grashalm hervorgebracht
hat, war ich wie ein vom Winde verwehtes Samenkorn, der erste Zeuge des
Lebens.
Schon leuchtete ein Stern, und ich sah ihn an. Ich dachte, wie die weiße
Fläche, auf der ich mich befand, seit Hunderttausenden von Jahren nur
den Sternen dargeboten war, ein fleckenloses Tuch unter den reinen
Himmel gebreitet.
Da durchfuhr es mich wie einen Forscher im Augenblick einer großen
Entdeckung:
Ich sah auf diesem Tuch kaum zwanzig Meter von mir einen schwarzen Kiesel…
Mit klopfendem Herzen hob ich meinen Fund auf: ein harter, schwarzer
Stein von Faustgröße, schwer wie Metall und tropfenförmig.
Auf ein Tuch, das man unter einen Apfelbaum breitet, fallen Äpfel – ein
Tuch unter den Sternen kann nur den Staub von Gestirnen erhalten. Kein
Meteor hatte je so eindeutig seine Herkunft dargetan wie dieser schwarze
Stein…
Das Wunderbarste war aber doch, dass auf dem runden Rücken unseres
Sterns zwischen diesem magnetischen Tuch und den Gestirnen ein
menschliches Bewusstsein lebte, in dem dieser Regen sich spiegeln
konnte.

Lasst mich diesen Artikel mit folgendem beschließen.
Als ich obiges Zitat von Saint Exupery vor zehn Jahren einem guten Freunde schickte, der auch hier mit liest, schrieb er mir sehr schön zurück, was ich jetzt mit euch gerne teile:

Lieber Gerhard,
danke für dieses wundervolle Zitat.
Die gewaltigen Zeiträume der Sterne, die schon nach Ewigkeit schmecken,
die vergehende Zeit des rieselnden Muschelstaubes, der Moment der Gegenwart in dem erwachenden Bewusstsein und auftauchenden Forschergeist, das Gespür für das Bedeutsame, das die Newtonsche Beobachtung des fallenden Apfels ganz ernst nimmt und zugleich der Physik die Perspektive der sich entwickelnden, entfaltenden, verwandelnden Zeit erst schenkt und das Hier und Jetzt öffnet für das Wunder des lebendig seins, das alles ist Poesie, die nach Weisheit duftet.