Kometengeschichten 2 – Mein erster Kontakt


Liebe Leserinnen und Leser,

Um 7000 Jahre müssen wir warten, bis der momentan sichtbare Komet Neowise wieder erscheint. So lange braucht der Komet, mit dem ich quasi meinen ersten Kontakt zu Kometen hatte, nicht.
In den ersten siebzehn Jahren meines lebens habe ich wohl mal das Wort Komet gehört, wusste aber wenig bis gar nichts über sie. Meine Flamme und Liebe zu ihnen entzündete sich 1986 an folgender Geschichte:
Zitat aus Blind zu den Sternen:

Glücklicherweise war am nächsten Tag schulfrei, sonst hätte ich im Fernsehen nicht erleben dürfen, wie die Raumsonde Giotto durch den Kometenschweif des Halleyschen Kometen flog. Hier waren sogar die auftreffenden Partikel zu hören, denn die Sonde hatte einen Sensor dafür hinter ihrem Schutzschild. Bedauerlicherweise erblindete die Kamera leider recht früh, weil ein Partikel den Schutzschild durchschlug. Nichtsdestotrotz gibt es Bilder des Kometenkerns, der Koma und seines Schweifes. Diese Mission war eine Glanzleistung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Hätte sie nicht funktioniert, böte sich erst wieder das Jahr 2061 an, da der Komet nur alle 76 Jahre erscheint. Sein Auftauchen war durchaus nicht immer willkommen. Im Jahre 1910 fand man mittels Spektralanalyse des Schweifes Blausäure darin. Panikmacher dachten, jetzt würden alle eines Todes durch Blausäure sterben, wenn die Erde durch den Schweif fliegt.
Ein Englischer König wurde gekrönt, als der Komet gut sichtbar am Himmel stand. Es war kein gutes Omen für ihn, denn er verstarb noch im selben Jahr.
Der Fernsehsprecher erklärte sehr ausführlich, wie ein Komet aussieht, in welche Richtung sein Schweif zeigt und dass der Sonnenwind den Kometenschweif stets von der Sonne weg wehen lässt. Bis dahin wusste ich gar nicht, dass es einen Sonnenwind aus geladenen Teilchen gibt. Dieses Wissen hat mich damals sehr bereichert: der Schweif, der einer Fahne gleich im Sonnenwind weht.
Für jemanden, der einen Kometen zeichnet, ist das selbstverständlich, weil man ihn immer so sieht. Für einen Menschen mit Blindheit ist das keinesfalls selbstverständlich: Beschreibt oder zeigt man ihm das nicht, wird er es nie erfahren. Es ist ein schönes Gefühl, an den Sonnenwind zu denken. Die Vorstellung passt gut zur Wärme, die wir von ihr empfangen.
Aber auch hier wieder das schon bekannte Bild, dass wir Blinden keinerlei Zugang zu Astronomie hatten.
Da war ich quasi ein Einser-Schüler und wusste dennoch mit meinen 17 Jahren nicht, wie ein Komet aussieht.

Ich wusste nicht, dass sie aus Eis und Staub bestehen. Ich wusste nicht, dass sie einen Gas-Schweif und einen Teilchen-Schweif besitzen und wusste auch nichts über ihre Bahnen.
Spannend war für mich natürlich auch, dass bis heute Kometen nicht nur als Unheilsbringer dienen, sondern eventuell Kandidaten dafür sind, wie das Wasser auf die Erde gekommen sein könnte. Es wäre sogar möglich, dass sie die chemischen Formeln auf die Erde brachten, welche letztlich Leben ermöglichten.
Zu dieser Weltraum-Chemie hat Tim Pritlove noch nicht lange her, eine Raumzeit-Folge veröffentlicht, die ich wärmstens empfehle.
In Folge 79 interviewte Tim eine Professorin, die maßgeblich an den Missionen Giotto und der Nachfolgemission Rosetta beteiligt war und viel zum Thema Kosmische Chemie erzählt. Im gleichen Podcast werden in Folge 20 die beiden Missionen Giotto und Rosetta genauer behandelt. Der DLF brachte eine wunderbare Folge in Wissenschaft im Brennpunkt zu Rosetta heraus, die ich aber leider wegen Urheberrechten nicht hier teilen darf.
die @Riffreporter haben in ihren @Astrogeo-Podcast vor einigen Jahren auch maleine Folge mit der Dame aufgenommen. Zu dieser sehr hörenswerten Folge geht es hier lang.

So, meine lieben, das war meine zweite Kometengeschichte, mein erster Kontakt. Wenn sie gefallen hat, dann lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen. Und wer durch meinen Auszug aus meinem Buch vielleicht jetzt darauf aufmerksam und neugierig wurde, der oder demjenigen sei gesagt: „Ja, das Buch gibt es noch.“ In der Menüleiste des Blogs oder gleich hier findet ihr alle wichtigen Informationen zu meinem Buch.
Bis zum nächsten Mal grüßt euch ganz herzlich
euer Blindnerd.

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