Die ringförmige Sonnenfinsternis vom 10.06.2021


Liebe Mitlesenden

aus aktuellem Anlass unterbrechen wir unsere Serie zu den Schwarzen Löchern für einen Moment.
Morgen, 10.06.2021 findet eine ringförmige Sonnenfinsternis statt, die in Deutschland mit geeigneter Ausrüstung in den Mittagsstunden als partielle Sonnenfinsternis zu sehen sein wird, wenn das Wetter mitspielt.

Schon viel habe ich über Sonnenfinsternisse geschrieben und festgestellt, dass ich auf diesem Blog in keinem Artikel mal richtig erklärt habe, wie die unterschiedlichen Spielarten eigentlich funktionieren.
Das hole ich jetzt nach, indem ich Texte recycle, die ich zu anderen Sonnenfinsternissen schrieb, als mein Blog nur eine Mailingliste war.

Wie funktionieren Sonnenfinsternisse

Beginnen wir also am Anfang und erklären erst mal generell, wie so eine Finsternis überhaupt entsteht.

  1. Eine Sonnenfinsternis kann nur bei Neumond stattfinden. Es ist verrückt, aber Neumond ist, wenn der Mond direkt zwischen Erde und Sonne steht. Man sollte meinen, dass er dann doch gleißend hell von ihr beschienen wird und gut sichtbar sein sollte. Tja, genau das ist das Problem. Unser Mutterstern überstrahlt den Mond. Er ist so klein, dass wir ihn so in dieser Position nicht sehen können.
  2. Vollmond ist immer dann, wenn der Mond auf der anderen Seite der Erde ist als die Sonne.
    Berechtig gefragt ist, wieso das dann keine Mondfinsternis ist. Anders herum könnte man auch fragen, wieso nicht jeder Neumond zu einer Sonnenfinsternis führt.
  3. Die Mondbahn um die Erde verläuft nicht parallel zum Äquator und leider auch nicht parallel zur Ekliptik, der Bahn, auf der alle Körper des Sonnensystems sich bewegen.
    Der Äquator ist um etwa 23 Grad gegen unsere Ekliptik geneigt. Diesem Winkel verdanken wir unsere Jahreszeiten.
    Die Mondbahn ist um etwa 5 Grad gegen die Ekliptik geneigt. Noch schlimmer. Dieser quasi gekippte Teller dreht sich noch um eine gewisse Achse. Das soll aber hier mal keine Rolle spielen.
    Es kommt also vor, dass sich unser Mond manchmal etwas unterhalb und manchmal etwas oberhalt des Tellers, der Ekliptik bewegt. Das bewirkt, dass er in diesem Fall nicht ganz in den Erdschatten gerät, wenn er sich auf der anderen Seite der erde, als die Sonne befindet. Aus diesem Grund wird er dann auch von der Sonne beleuchtet und wir nehmen den Vollmond wahr.
  4. Finsternisse können immer nur dann entstehen, wenn sich Neumond oder Vollmond auf dem Schnittpunkt der Mondbahn mit der Ekliptik befinden. Diese Punkte nennt man Knotenpunkte. Sticht der Mond quasi von unten her durch die Ekliptik, so sprechen Astronomen von einem aufsteigenden, in andern Fall von einem absteigenden Mond.
    Neben der gekippten Perspektive des Äquators zur Mondbahn ist auch diese Tatsache mit dafür verantwortlich, dass die Mondsichel manchmal eher stehend, oder liegend, fast als Schiffchen, wahrgenommen wird.

Spielarten von Finsternissen

Nun kommen wir dazu, welche verschiedenen Arten von Sonnenfinsternissen es gibt.

  1. Je nach Sonnenstand, Erdenstand und Mondstand ist der Mond perspektivisch ungefähr so groß, wie wir auch die Sonnenscheibe wahrnehmen. Die Sonne ist zwar unvergleichlich viel größer, als der Mond, aber dafür ist sie auch viel weiter von uns weg, 150 Mio Kilometer, wo hingegen der Mond grob nur 380.000 Kilometer von der Erde entfernt ist.
    Schafft es die Mondscheibe, die Sonne zu verdecken, spricht man von einer totalen Sonnenfinsternis. Die gleißend helle Sonne wird vom schwarzen Mond bedeckt. Nun tritt die wunderbare schwach leuchtende Korona hervor, Blüten schließen ihre Kelche, Vögel stellen ihren Gesang ein, bzw. stimmen ihr Morgenlied an, Nachtluft scheint zu wehen
    und Protuberanzen am Rand der Mondscheibe werden sichtbar. So ein Spektakel kann niemals länger als 8 Minuten dauern, weil die gegenseitige Drehung der Körper, deren Abstände zueinander und deren Größenverhältnisse bezüglich des Schattenwurfs nicht mehr zulassen.

    Die Corona kann man bei unverdeckter Sonne nur mit speziellen Instrumenten erblicken, weil sie vom Licht der Sonne überstrahlt wird. Dieser Lichtkranz entsteht durch Plasma-Ballen, die in den Magnetfeldern der Sonne hängen. Wie genau, wäre ein extra Artikel wert.

  2. Die Erde bewegt sich elliptisch um die Sonne. Das bedeutet, dass sie im Jahreslauf mal der Sonne etwas näher (149 Mio km) und mal etwas weiter (152 Mio km) steht.
    Somit erscheint sie uns leicht größer bei nahem Abstand und etwas kleiner bei fernem Abstand.
    Der Mond tut das ebenso. Er bewegt sich elliptisch um die Erde. Auch er erscheint uns bei größerer Entfernung etwas kleiner und bei Erdnähe etwas größer.
    Nun überlegen wir uns die Kombination dieser Tatsachen.
    Ist die Sonne eher fern von uns, also kleiner, und der Mond eher nahe bei uns, also größer, kann er ganz wunderbar die Sonnenscheibe abdecken. Eine totale Sonnenfinsternis findet statt.
    Ist die Sonne erdnah und der Mond erdfern, vermag der perspektivisch kleinere Mond es nicht, die ganze Sonnenscheibe zu verdecken. Er erzeugt lediglich ein Loch in der Sonnenscheibe. Eine ringförmige Finsternis ist entstanden.
  3. Ich schrieb oben über die Tatsache mit der leicht gekippten Mondbahn. So kommt es vor, dass der Mond etwas oberhalb oder unterhalb der Sonne steht. Auch hier vermag er nicht, die ganze Scheibe abzudecken. Er beißt nur quasi ein Stück ab, wie man das ungefähr vom Logo des Apfels her kennt. Das ist dann eine partielle Finsternis. Und so eine dürfen wir am 10.06. erwarten.

Jede Sonnenfinsternis beginnt und endet als partielle Finsterniss. Ob sie dann totalitär oder ringförmig im Kern wird, hängt, wie beschrieben von den Abständen, Erde, Sonne Mond, ab.
Kurz vor der totalen Bedeckung bei einer totalen Finsternis tritt ein Phänomen auf, das man Perlenkette nennt. Der Mond als Scheibe gedacht ist etwas leicht ausgefranst, weil er ja auch Berge und Täler hat und nicht Rund, wie ein Kreis ist.
Das bedeutet, dass zwischen den Bergen am Rand der Mondscheibe kurz vor der totalen Bedeckung der Sonne perlenartig noch die Sonne durchscheinen kann, bis sich dann der ganze Mond davor schiebt.

Wo die Finsternisse Stattfinden hängt vom Jahreslauf und der Kipprichtung der Erdachse und dem Zeitpunkt, bei dem Neumond beginnt ab. Das ist ohne Simulation kaum zu erklären.

Auch ich habe viele Jahre nicht wirklich verstanden, wieso Finsternisse so verlaufen, wie sie es eben tun.
Sie verlaufen in der Regel von West nach Ost. Lange dachte ich, es wäre umgekehrt. Man kann das nur verstehen, wenn man sich mathematisch die Geschwindigkeiten von Erde und Mond betrachtet. Ich hänge diese Herleitung als Anhang ganz unten für interessierte Mathe-Nerds hier dran.

Finstere Geschichten

Nun waren die Astronomen stets daran interessiert, vorher zu wissen, wann eine Finsternis ins Haus steht. Wurden sie doch häufig mit Unglück und Verderben in Verbindung gebracht. In alter Zeit wurden die beiden chinesischen Hofastronomen, Hi und Ho, geköpft, weil sie vergaßen, eine Finsternis vorauszusagen. Somit konnten die Menschen nicht rechtzeitig mit Trommeln und Geschrei den Himmelsdrachen vertreiben, der von Zeit zu Zeit die Sonne zu verschlucken, bzw. sie mit seinem Schwanz einzufangen versuchte.
Dass die Sonne wenige Minuten später wieder voll am Himmel stand, half den beiden leider auch nicht mehr.

Geschichten werden um so besser, desto öfter sie erzählt werden. Aus diesem Grunde sind in der Bibel beschriebene Finsternisse, z. B. beim Propheten Amos dann plötzlich stundenlang. Auch zeitlich passen die Beschreibungen nicht immer zu den tatsächlich stattgefundenen Finsternissen. Oft werden sie mit der Zeit günstig hin zu einer Regierungszeit eines bestimmten Imperators oder Königs verschoben, oder mit einem Unglück, z. B. einer Epidemie oder einem Krieg in Verbindung gebracht.

Ein Krieg zwischen den beiden Völkern der Meder und Lüder wurde durch die Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 v.Chr. angeblich beendet, und zwar aus Angst, die Götter zürnten ihnen, da die Sonnenfinsternis direkt in das Kampfgetümmel fiel.

Nicht zuletzt fanden Finsternisse sogar in die Literatur hinein. Dazu darf ich euch meinen Artikel „Finsternisse in der Literatur“ wärmstens empfehlen. Ihr glaubt ja gar nicht, welchen Autoren ihr dort begegnen werdet. Außerdem findet ihr dort die wohl schönste und eindrucksvollste Beschreibung einer Sonnenfinsternis, die wahrscheinlich je im deutschsprachigen Raum niedergeschrieben wurde.

Finsternisse können letztlich auch Lebensretter sein. Dazu empfehle ich meinen Artikel „Eine Mondfinsternis als Lebensretterin“.

Wann geschehen sie und wieviele?

Tatsächlich geschehen Finsternisse nicht einfach zufällig. Die Astronomen fanden mehr als eine Regelmäßigkeit bei der Durchsicht alter historischer Finsternisse.
Eine heute ganz verbreitete Regelmäßigkeit ist der Saros-Zyklus.
Betrachtet man eine Sonnen- oder Mondfinsternis, so sagt dieser Zyklus eine weitere Finsternis in 18 Jahren und 11 Tagen voraus. Es gibt natürlich öfter welche, denn verschiedene Zyklen laufen parallel und gleichzeitig ab. Es gibt Jahre mit keiner und maximal Jahre mit bis zu fünf Finsternissen, wobei in diesem Falle nicht alles Sonnenfinsternisse oder Mondfinsternisse sein können. Außerdem ist auch nicht jede Reihenfolge, wie Sonnen- und Mondfinsternisse innerhalb eines Jahres aufeinander folgen, möglich.
Wie funktioniert dieser Saros-Zyklus?

Hierfür müssen wir erst einmal definieren, was ein Monat überhaupt ist.

  • Die älteste Definition eines Monat ist die Zeitspanne zwischen einem und dem darauf folgenden Neumond. Das sind grob vier Wochen. Diesen Mond nennt man den synodischen Monat.
  • Eine weitere Definition erhält man, indem man den Umlauf des Mondes vor dem Sternenhintergrund betrachtet. Man nimmt sich einen Stern und definiert den Monat als die Zeit, bis der Mond wieder auf den Stern zeigt. Diesen Monat nennt man den Siderischen Monat. Er ist zeitlich etwas unterschiedlich zu unserem gewohnten Synodischen Monat.
  • Eine dritte Definition hängt mit der gekippten Mondbahn zur Ekliptik zusammen.
    Die Knotenpunkte, Schnittpunkte der Mondbahn mit der Ekliptik, haben wir schon erwähnt.
    Durchsticht der Mond von unten her kommend an einem Knotenpunkt die Ekliptik, spricht man von einem aufsteigenden Mond, denn er bewegt sich jetzt etwas oberhalb der Erdbahn, bis er am anderen Knotenpunkt die Ekliptik wieder durchsticht, um seine Bahn unterhalb der Erdbahn bis zum anderen Knotenpunkt zu vollenden.
    In Anlehnung an obige Geschichte mit dem Drachen, nennt man diesen Umlauf den Drakonitischen Monat.

Wer aufmerksam gelesen hat, dem fällt sofort ein, dass ich vom Zusammenhang der Finsternisse mit den Knotenpunkten sprach. Das riecht doch förmlich danach, dass man den Drakonitischen Monat mit in die Voraussage von Finsternissen einbeziehen muss.
Außerdem sprach ich davon, dass Sonnenfinsternisse nur bei Neumond und Mondfinsternisse nur bei Vollmond stattfinden. Dieses wiederum schmeckt nach Synodischem Monat.
Wenn beides gegeben ist, sowohl Neumond, als auch Mond auf dem Knotenpunkt, dann findet eine Sf statt.
Das gleiche gilt auch für gleichzeitigen Vollmond und Mond auf Knotenpunkt istgleich Mondfinsternis.

Nehmen wir nun als Startpunkt eine beliebige Sonnenfinsternis und lassen wir den Mond seine Bahn ziehen. Drakonitischer Monat und Synodischer Monat sind nicht gleich lang. Das bedeutet, dass der eine immer etwas früher zu Ende geht, als der andere. Diese Lücke wird zunächst immer größer, bis sie dann von hinten her gesehen wieder kleiner wird und beide Monatsanfänge wieder einmal zusammenfallen.
Wäre der eine Monat genau doppelt so lange, als der andere, würde dies alle zwei Monate geschehen. So kann man sich alle möglichen Zahlenverhältnisse 1/2, 1/4, 3/4 etc. vorstellen.
So einfach macht es uns die Natur nicht. Der Längenunterschied ist ein ganz unschöner Bruch mit vielen Nachkommastellen.
Es müssen 12 * 18 Monate und 11 Tage vergehen, bis wieder beide zu einer Sonnenfinsternis nötigen Bedingungen zusammentreffen.
Alle anderen Finsternisse dazwischen gehören nicht zu unserem beobachteten Zyklus.

Finsternisse als Klang

Wann Sonnenfinsternisse auftreten und wann es sich um normale Neumonde handelt, kann man sich akustisch vielleicht so vorstellen:

Jeder weiß, dass Kirchenglocken sehr chaotisch und unregelmäßig durcheinander klingen. Das liegt daran, dass die großen Glocken langsamer in ihrem Turm schwingen, als das kleine Betzeit-Glöckchen, das ganz aufgeregt auch noch mitbimmeln darf.
Manchmal hört man auch, dass zwei Glocken ab und zu gleichzeitig erklingen, um dann wieder auseinander zu driften.
Im Grunde genommen ist das genau, wie mit den unterschiedlichen Monatslängen, die mehr und mehr auseinander driften, um irgendwann mal wieder für eine Finsternis zusammen zu kommen, gemeinsam zu erklingen, Wer noch die alten Wecker mit Federwerk kennt, konnte das auch erleben.
Ich war stets fasziniert, wie die beiden Wecker meiner Eltern gegeneinander tickten, wie der Abstand zwischen ihnen immer größer wurde, dann wieder kleiner und schließlich hatten die Wecker immer wieder mal ein oder zwei aufeinander folgende Ticks gemeinsam, um sich dann wieder voneinander zu entfernen.

Was passiert also morgen am Himmel über Deutschland

Am 10. Juni 2021 findet eine Sonnenfinsternis statt, die auch aus Deutschland zu sehen ist. Allerdings kann man hierzulande nicht die spektakuläre ringförmige Sonnenfinsternis sehen, die hoch oben im Norden am Himmel bewundert werden kann. Im Gegenteil. Wer nicht weiß, dass gerade eine Sonnenfinsternis (Sofi) stattfindet, wird mit bloßem Auge nichts bemerken.
Doch mit einer geeigneten Ausrüstung kann man das Himmels-Phänomen beobachten und genießen. Ohne bitte nicht versuchen. Das kann zur Erblindung führen.

Die Sonnenfinsternis kann am 10. Juni 2021 hauptsächlich in der nördlichen Polarregion beobachtet werden. In Teilen Kanadas, Grönlands und über dem Nordpol ist die ringförmige Finsternis zu sehen, auch Teile Russlands liegen in der Zone der ringförmigen Sonnenfinsternis. Je weiter südlich man sich beim Blick zum Himmel befindet, desto geringer wird die Bedeckung der Sonne. In Deutschland kann man – ganz im Norden, auf der Insel Sylt – maximal eine Sonnenbedeckung von 21,3 Prozent sehen, bereits in München ist der Prozentsatz der Bedeckung nur noch einstellig (6,3 Prozent).
Hier kommt ein kleiner Fahrplan, was wann zu sehen sein wird.

Ort Bedeckung Zeit Maximale Bedeckung
List (auf Sylt) 21,3 Prozent 11.25-13.43 Uhr 12.33 Uhr
Hamburg 17,3 Prozent 11.28-13.41 Uhr 12.33 Uhr
Berlin 13,4 Prozent 11.36-13.43 Uhr 12.38 Uhr
Frankfurt 11,3 Prozent 11.27-13.27 Uhr 12.25 Uhr
München 6,3 Prozent 11.37-13.22 Uhr 12.28 Uhr

Um die Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 zu beobachten, benötigt man zwingend eine geeignete Schutzausrüstung. Ein Blick in die Sonne ohne passenden Schutzfilter ist gefährlich – Augenschäden bis hin zur Erblindung drohen. Eine Sonnenfinsternisbrille ist die Mindestausstattung für die sichere Beobachtung einer Sonnenfinsternis.

Wer zur Beobachtung der Sonne weitere Hilfsmittel wie ein Fernglas oder Teleskop nutzt, muss eine spezielle Filterfolie vor der Öffnung des Geräts anbringen, oder die Sonne auf einen weißen Schirm projezieren. Da die Vergrößerung auch die Strahlenintensität verstärkt, genügt eine Sonnenfinsternisbrille auf der Nase in diesem Fall nicht. Man kann die Sonne auch durch eine Lochkamera auf einen Schirm werfen. Manchmal hat man beispielsweise unter Bäumen Glück, und es entstehen auf dem Boden durch die Blätter hindurch kleine Kopien der Sonnenscheibe. Vielleicht kann man auch mit dieser Methode kleine vom Mond abgebissene Sönnchen erspähen.

Wann ist die nächste Sonnenfinsternis in Deutschland zu sehen?

Nach der partiellen Sonnenfinsternis vom 10. Juni 2021 kann man in Deutschland in den kommenden Jahren mit mehreren Sonnenfinsternissen rechnen:

  • 25. Oktober 2022: Partielle Sonnenfinsternis (22,9 Prozent Bedeckung in Frankfurt)
  • 29. März 2025: Partielle Sonnenfinsternis (sehr geringe Bedeckung – maximal 25 Prozent auf Sylt)
  • 12. August 2026: Totale Sonnenfinsternis in Spanien (88 Prozent Bedeckung in Frankfurt)
  • Erst diese Finsternis ist wieder richtig beeindruckend. Dann wird ein Großteil der Sonnenscheibe von Deutschland (88 Prozent in Frankfurt) aus bedeckt sein, in Teilen Spaniens kann man sogar eine totale Sonnenfinsternis sehen.

In Teilen Deutschlands konnte man dieses seltene Himmels-Spektakel einer totalen Sonnenfinsternis zuletzt am 11. August 1999 bewundern. Wer diese auch erlebt hat und mit mir etwas alten Erinnerungen nachhängen möchte, bitte hier lang. In meinem Buch habe ich dieser Finsternis ein ganzes Kapitel gewidmet. Wie ich die partielle Sonnenfinsternis von 2015 erlebte, könnt ihr hier nachlesen.
die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland wird erst am 3. September 2081 zu sehen sein. Wenn es gut läuft, kann ich diese vielleicht noch sehr hoch betagt erleben.

Mathematischer Anhang

Da es in Worten sehr schwer ist, den Verlauf einer Sonnenfinsternis zu beschreiben, muss man sich hier, wie so oft, der Mathematik bedienen.
Im Vorfeld zur Sofi von 2015 beantworteten zwei Freunde, die bis heute hier mitlesen mir die Frage nach dem Verlauf, indem sie mir die Mathematik dazu erklärten. Erst danach habe ich das wirklich verstanden.
Hier nun die beiden Ansätze:

  1. Martins Ansatz:
    Betrachtet man nur die Umlaufraten:

    Sonne 360 Grad in 365 Tagen = 0.041 Grad pro Stunde (bezogen auf Himmelshintergrund) 

    Mond 360 Grad in 29 Tagen = 0.54 Grad pro Stunde  (bezogen auf Himmelshintergrund)

    Erde 360 Grad in 24 Stunden = 15 Grad pro Stunde  (bezogen auf Himmelshintergrund; eigentlich 23h56m)

    Da gewinnt die Erde ganz klar das Rennen und der Schatten sollte sich tatsächlich von Ost nach West bewegen. 

    Das wäre aber nur der Fall, wenn der Mond plötlich auf seiner Bahn eingefroren wäre.
    Die Sichtweise / der Standpunkt dieser Betrachtung ist aber irreführend.

    Ein Mensch am Äquator bewegt sich mit ca. 40.000 km / 24 Stunden = 1666 Kilometern pro Stunde von Ost nach West.

    Der Schatten des Mondes bewegt sich in einer Stunde etwas mehr als der Monddurchmesser ca. 3500 Kilometer pro Stunde von West nach Ost. (Etwas mehr, da man eigentlich den überstrichenen Winkel von Sonne-Mond betrachten müsste. Das ist quasi wie ein optisches Hebelgesetz. Je näher der Mond an der Sonne wäre umso größer wäre sein Schatten und umso schneller wäre der Schatten. Da aber dieser Winkel ziemlich klein ist, kann man vereinfachen) Auf jeden Fall ist die Untergrenze der „Schattengeschwindigkeit“ ca. 3500 Kilometer pro Stunde.

    Also bewegt sich der Schatten mit mindestens ca. 1800  (3500 – 1700) Kilometern pro Stunde von West nach Ost. Im hohen Norden und Süden müsste der Schatten noch schneller sein. Habe aber noch nix gefunden, ob das wirklich so ist.

  2. Sebastians Ansatz:
    Vorweg: Ich wollte mir selbst die Lösung überlegen, und habe mir daher den Weg von Martin nicht angeschaut- ich sehe aber, dass wir am Ende auf das gleiche Ergebnis kommen. Sollte also ungefähr passen.

    Halten wir den Moment fest, an dem der Mond zwischen Sonne und Erde steht, und der Kernschatten genau auf mittig auf der Erde liegt, und nehmen den Planeten Erde als Bezugssystem für Geschwindigkeit 0km/h.
    Die Erde hat am Äquator ca. 12’720km Durchmesser, damit ist der Umfang ca. 40’000km, und die Oberflächengeschwindigkeit durch Rotation beträgt (vereinfacht auf die Sonne bezogen und nicht sidirisch) ca. v_E=1’666km/h.
    Der Mond hat einen mittleren Abstand von d_M=384’400km, also eine ungefähre Umlaufbahn von 2’415’256km und eine Umlaufzeit von 27.3d, also bewegt er sich ungefähr mit v_M=3’686km/h in die gleiche Richtung wie die Erde darunter. (Hat natürlich eine viel größere Kreisbahn und überholt deshalb nachts nicht die Erdrotation…)
    Die Erde selbst hat einen Abstand von ca. d_S=149’600’000km von der Sonne, also einen Umkreis von ca. 939’965’000km in 365.25 Tagen, bewegt sich also mit 107’228km/h entgegen der Oberflächengeschwindigkeit oben. Da die Erde als 0km/h gewählt ist, bewegt sich also die Sonne scheinbar mit v_S=107’228km/h in Richtung der betrachteten Oberflächengeschwindigkeit der Erde.

    Die Geschwindigkeiten von Sonne und Mond superponieren sich, d.h. wir können einzeln die Anteile auf die Kernschattengeschwindigkeit berechnen.

    Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die scheinbare Sonnenbewegung v1=(d_M/d_S)*v_S~276km/h.
    Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die Mondbewegung v2=d_S/(d_S-d_M)*v_M~3’695km/h.

    Da sich Mond und Sonne in die gleiche Richtung bewegen, ist die resultierende Geschwindigkeit des Kernschattens zur Erde v=v2-v1~3’419km/h.

    Abzüglich der Geschwindigkeit der mitdrehenden Erdoberfläche erhalten wir in diesem Moment am Äquator die Schattengeschwindigkeit von ca. 1’753km/h. Auf jeden Fall überholt der Schatten die Erdrotation, und damit geht der Schatten tendentiell von Westen nach Osten.

    Natürlich wird der Schatten an den Rändern über der Erdoberfläche „viel schneller“- schon alleine wegen der schrägen Projektion und nach Norden und Süden ist die Oberflächengeschwindigkeit geringer. Und da die Bahnen nicht alle in der gleichen Ebene liegen, verläuft der Schatten auch schräg und alles mögliche. Es kann im Extremfall für einen Punkt auf der Erde der Schatten z.B. von Norden oder Süden kommen- der Schatten ist ja nicht ein „Punkt“, sondern die Fläche kann sich bei diesen Kurven auch „reindrehen“, und so scheinbar komplett von Norden oder Süden kommen.

    Wenn ich mich nicht verrechnet habe, so ist der Anteil durch die Planetenbewegung v_S nicht sehr ausschlaggebend, und die Beschleunigung der Mondgeschwindigkeit durch die Hebelwirkung durch den Abstand sehr gering, da die Sonne so viel weiter weg ist als der Mond von der Erde.

    Die jeweiligen Richtungen der Erde, Mond und Rotationen musste ich nachschlagen, ich hoffe, dass ich da nichts verwechselt habe.

Vielen Dank euch beiden nochmal für diese erhellenden mathematischen Überlegungen.

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