Ich kam, sah und siegte. – ein inklusives Astro-Event

meine lieben,
nach über zwei Jahren Pandemie bin ich seit dem 07.05.2022 wieder auf der Astro-Bühne zurück. Endlich mal wieder ein Event mit Anwesenheit, nicht online und vor allem draußen im freien.
Ich durfte den Inklusionstag auf der Landesschau in Neuenburg am 07.05. mitgestalten.
Von diesem Erfolg möchte ich euch hier kurz berichten und dieses tolle inklusive Erlebnis mit euch teilen.
Geplant war so ein Event schon vor der Pandemie, aber diese vereitelte es bis jetzt. Ich wurde angefragt, ob ich mir vorstellen könne, einen Astronomie-Tag zu gestalten. Nach zwei Jahren im Hamsterrad war ich dazu natürlich sofort bereit. Und so plante ich mit den Veranstaltern einen Messestand für Buchverkauf und für die Ausstellung meiner vielen Modellene. Mit meiner sehenden Kollegin brainstormte ich inhaltlich ein Poster und sie setzte es dann für mich am Rechner um. Mit den Technikern klärte ich die Bedingungen auf der Bühne ab, z. B. Soundsystem etc. Ich buchte in einem günstigen Hotell Zimmer für meine Assistenz und mich, und so konnten wir das Event zu einem sehr entspannten Wochenende ausbauen.
Und so nahm der Inklusionstag seinen Lauf.
Der Aufbau des Standes war sehr entspannt. Zunächst war noch nicht viel los. Es war zu befürchten, dass wir, wie leider bei derlei Veranstaltungen oft, bei all den anderen Angeboten der Gartenschau, übersehen würden.

Grundsätzlich wurden die Stände der Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen nicht gut besucht. Das galt beispielsweise für den Stand des Blindenvereins Südbaden, der direkt neben meinem war.

Bei mir haben die Leute zumindest am Anfang den Stand auch nicht überrannt, aber spätestens nach dem Kinderworkshop, den ich um 12 Uhr hielt, änderte sich alles. Der Workshop fand in einem kleinen Amphitheater statt, aber die Kinder saßen weniger auf den steinernen Stufen, sondern zogen die Sitzsäcke und die Wiese direkt vor meiner Bühne vor. So muss es im Amphitheater zugegangen sein, wo die kleine Momo aus gleichnamigen Roman von Michael Ende, lebte. Hat mich alles sehr stark daran erinnert. Ich bin zwar nicht Momo, aber an Gigi Fremdenführer kam ich mit meiner Show sicher locker ran.
Die Technik war rasch installiert. Ich arbeitete mit einem externen Player, über welchen ich Weltraumgeräusche abspielte und einem drahtlosen Headset, wie man es in Fernsehsendungen trägt. Durch einen vorhandenen Monitor-Lautsprecher konnte ich mich sehr gut hören. Die Techniker lobten, dass ich mich in derlei Dingen so gut auskenne und wünschten sich, dass alle ihre Technik so gut im Griff hätten, wie ich die meine.
Nun war alles startklar.

Wir fingen mit der Landung von Matthias Maurer an, redeten über unser Sonnensystem und die Raumstation. Ich bin immer wieder verblüfft darüber, wie viel Weltraumwissen die Kinder aus den Medien aufschnappen und in ihre Kinderwelt einbauen. Das war ein sehr quirliger Workshop. Da wurden Fragen geschrien, Antworten auf meine Rätsel und Fragen rein gerufen, und, und, und. Einfach eine wahre Freude.

Diese Kinder kamen natürlich alle mit ihren Eltern danach an meinen Stand, schauten alles an, nahmen alles in die Hand, stellten Fragen, und die Erwachsenen kauften sogar einige Bücher.

Mein Poster, natürlich mit neuem Namen und Logo, wurde sehr bewundert. Ich wurde sogar mehrfach gefragt, ob man es mitnehmen darf.
Vielleicht drucken wir das nächste mal einfach noch einige auf A4 zum verschenken.
Blinde meinen oft, dass bei derlei Präsentationen so etwas nicht so wichtig sei. Ich finde aber schon, dass Poster und andere visuelle Dinge sehr wichtig sind. Wir Blinden leben als Minderheit in der Welt der Sehenden. Und in der muss man den Augen etwas anbieten, wenn man wahrgenommen werden möchte.

Mein Stand ging nun von Mund zu Mund. Somit war dann mein Vortrag für Erwachsene um 15:00 Uhr richtig gut besucht.
Alle waren darüber verblüfft, wie inklusiv die Astronomie tatsächlich ist.
Ich schrieb viel darüber in meinen Jahresrückblicken. Es gibt, wen nur die Artikel zu Inklusion interessieren, die Möglichkeit bei den Kategorien diese auszuwählen.

Ich habe auch Menschen dadurch angelockt, dass ich zehn Minuten vor Beginn etwas Sphärenmusik abspielte, in welche ich immer wieder ankündigende Sätze sprach. Klang bissel so, wie ein Schausteller auf dem Rummelplatz, hat aber gewirkt.

Die Resonanz danach war großartig, das Interesse riesig und der Stand war dann bis zum Schluss sehr gut besucht.
Manche äußerten, dass sie mir gerne im bequemen Sitzsack noch weitere Stunden zuhören wollten.
Der aufkommende Abendwind meinte zwar immer wieder, meine Posterwand umwehen zu müssen, aber sie fiel stets dort hin, wo niemand war. Keine Gefahr also.

Mir taten die anderen Aussteller zwar etwas Leid, aber ich habe meine positive Resonanz wirklich verdient. Schon im Vorfeld plante und organisierte ich alles weitgehend für mich selbst.
Ich überlasse nichts mehr dem Zufall. Man kann nicht davon ausgehen, dass Veranstalter die Bedarfe blinder Referenten kennen. Für die Planung und Durchführung meiner Veranstaltungen besitze ich mittlerweile richtige Checklisten, die ich abarbeite. Ohne derlei kein Raketenstart.

Ich bin halt wirklich in derlei schon ein Vollprofi. Meine Assistenz hatte manchmal Mühe, mir und meiner Geschwindigkeit geistig zu folgen, aber er hat seine Sache ganz hervorragend gemacht.

Hach, wie hat das alles nach über zwei Jahren mal wieder gut getan. Ich bin wirklich auch stolz auf das Poster.
Ohne zu übertreiben kann ich zusammenfassend sagen: „Ich kam, sah und siegte.“
Der Blindnerd ist auf der Bühne zurück.

4 Gedanken zu „Ich kam, sah und siegte. – ein inklusives Astro-Event“

  1. Hallo Gerhard,

    ich freue mich sehr für dich, dass es so gut geklappt hat. Lass dich feiern – ein dreifaches „Gerhard Alaaf“.

    ein freudiger Gruß
    Martin

  2. Ich war zwar nicht dabei, aber Du schreibst so begeistert, dass ich mir alles total gut vorstellen kann! Herzlichen Glückwunsch zum Come-Back!

  3. Lieber Gerhard,

    Das ist ja toll, wie du mit Deinem besonderen Hobby so erfolgreich in die Öffentlichkeit gehst. Damit bist du in gewisser Weise auch ein „Botschafter“ für blinde Menschen. Wenn du zeigst, was trotz Sehverlust geht.

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