Wenn alles aus dem Takt gerät


Liebe Leserinnen und Leser,

Im Rahmen eines Vortrages über eine Synchronisationsstörung von Tag und Nacht, die manche blinde Menschen haben, durfte ich einige Impressionen zu Rhythmen aus Astronomie und Weltraum einstreuen.

Ob wir wach sind, oder schlafen, synchronisiert unser Körper über die Augen und das Licht. Menschen, die das nicht können, haben einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus. Das liegt daran, dass der natürliche nicht exakt 24 Stunden beträgt.
Manche Menschen haben einen etwas längeren, anderen einen kürzeren Tag-Nacht-Ablauf.
Das haben Versuche gezeigt, bei denen Menschen dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus entzogen wurden.

Das hat zur Folge, dass die Wach-Phase durch die Tage wandern. Bei jemanden, der einen natürlichen 25-Stunden-Takt besitzt, wandert somit das Zeitfenster der Wachheit durch die 24 Stunden des Tages und der Nacht. Somit möchte so ein Mensch schon nach zwölf Tagen mittags schlafen und ist nachts wach, wenn er eigentlich müde sein sollte.
Evolutionstechnisch ergibt es einen Sinn, dass der Rhythmus nicht genau übereinstimmt. Nur so können Menschen z. B. „Überstunden“ machen und ihren Rhythmus in gewissem Rahmen ausdehnen.
Jeder, der schon mal eine lange Flugreise unternommen hat weiß, wie es sich anfühlt, wenn der biologische Rhythmus nicht mehr mit dem normalen Tag-Nacht-Rhythmus übereinstimmt.
In diesem Vortrag ging es um diese Krankheit, Non-24, ihre Ursachen, und welche Therapie Betroffene mittlerweile in Anspruch nehmen können.
Meine Wenigkeit durfte die verschiedenen Abschnitte des medizinischen Vortrages mit einigen Parallelen und Bezügen zur Astronomie und den Rhythmen im Sonnensystem auflockern und anreichern.

Da ich sehr froh bin, dass diesen Menschen nun geholfen werden kann, teile ich meine Einsprengsel zu diesem Vortrag gerne mit euch.
Und nicht, dass hier jetzt jemand den Verdacht hegt, dass der Blindnerd sich vom Hersteller des Medikaments gegen Non-24 hat kaufen lassen. Ich habe für meinen Teil des vortrages kein Honorar genommen, um genau diesem Verdacht vor zu beugen.

Gestörte Rhythmen

Immer schon hatten Menschen Probleme mit Dingen, die aus dem Takt geraten. Kalender, Feiertage etc. sind Beispiele dafür.
Im Artikel Klingende Planetenbahnen beschrieb ich, wie von den alten Griechen bis Johannes Kepler immer wieder nach der Weltharmonik gesucht wurde, erfolglos.

Zeiterfahrung

Die erste und stärkste Erfahrung mit Zeit und Rhythmus ist der Tageslauf. Nach diesem stehen wir auf und gehen schlafen. Nach diesem Rhythmus leben, lieben und essen wir. Unser ganzes Leben richtet sich nach ihm aus.
Über die Augen stellen wir täglich unsere biologische Uhr neu.
Selbstverständlich bemerkten schon die Urmenschen, dass die Tageslänge sich im Laufe des Jahres ändert.
Man ging in der Regel zu Bett, wenn es dunkel wurde und stand mit der Sonne auf. Die langen Tage im Sommer waren praktisch, um zu ernten. Von Vögeln weiß man, dass sie die langen Tage benötigen, um in Helligkeit genügend Zeit zu haben, ausreichend Futter für ihren Nachwuchs zu finden.
Grundsätzlich werden unsere Tage ja länger mit den Jahrhunderten, weil unser Mond durch seine Anziehung und Ebbe und Flut die Erddrehung langsam abbremst. Dabei entfernt er sich von uns. Pro Jahr immerhin um ungefähr drei Centimeter.

Messen kann man das seit Menschen auf dem Mond waren und Reflektoren für Laserlicht oben gelassen haben.
Als sich vor Millionen von Jahren das Leben entwickelte, waren die Tage deutlich länger, was man geologisch beweisen konnte.
Diese Abbremsung der Erddrehung durch den Mond, zwingt uns dann und wann Schaltsekunden oder sogar Bruchteile davon, einzuführen.
Atomuhren geben heutzutage den Zeittakt vor, den wir benötigen, damit beispielsweise unsere Daten getaktet durch das Internet fließen können.
Auch für unsere Navigationssysteme sind derart genaue Uhren unerlässlich.
In unserer heutigen Zeit zerstören wir diesen Rhythmus, indem wir künstlich den dunkeln Nachthimmel aufhellen, und quasi die Nacht zum Tage machen, und nicht nur uns gefährden wir damit, sondern auch den Tagesablauf vieler Tiere. Singende Amseln im November hat es beispielsweise früher nicht gegeben. Insekten verhalten sich durch künstliches Nachtlicht anders, so dass Fledermäuse Probleme bei der Nahrungssuche haben. Nicht zuletzt sperren sich Menschen nachts hinter dunkle Rollläden, um sich selbst vor ihrer extrem hellen Weihnachtsbeleuchtung zu schützen.

Jahreszeiten

Die Jahreszeiten entstehen, weil die Erdachse um 23 Grad gegen die Ekliptik gekippt ist.
Und ja, es stimmt, dass unsere Erde sich im Jahreslauf mal näher und mal weiter von der Sonne weg befindet. Sie läuft, wie alle Planeten, elliptisch um unseren Stern, von dem wir leben.
Paradochser Weise durchläuft sie im Januar ihren sonnennächsten Punkt, obwohl wir Winter haben. Nicht diese Tatsache macht Sommer und Winter.
Diese Schwankung des Abstandes von Erde und Sonne ist somit nicht dafür verantwortlich, dass es mal wärmer und dann wieder kälter ist. Der ist dafür zu gering.
Winter und Sommer entstehen einzig und alleine durch die um 23 Grad gekippte Erdachse, indem im Sommer, wo sich die Erde weiter weg von der Sonne befindet, die Nordhalbkugel und in unserem Winter, Erde näher an der Sonne, die Südhalbkugel mehr Sonneneinstrahlung abbekommen.
Das, dass der Sonnennächste Punkt, das Perihel, auf der Nordhalbkugel im Winter liegt, wird sich in vielen Jahrtausenden mal wieder ändern, wenn die Erdachse sich durch ihren Taumel um 180 Grad gedreht hat, denn die Erde „eiert“ ähnlich wie ein Spielzeug-Kreisel.
Im Laufe von Jahrtausenden beschreibt die Erdachse quasi einen Kreis an den Himmel. Durch diese Präzession der Erde wird in einigen Jahrtausenden die Erdachse schließlich auch nicht mehr auf den Polarstern zeigen, so dass wir uns einen anderen Orientierungspunkt suchen müssen.

Weil der Jahreszyklus nicht ganz auf zwölf Monate und 365 Tage passt, müssen wir alle vier Jahre schalten. Es gibt noch weitere Schaltregeln in unserem Kalender, die aber hier nicht so wichtig sind, z. B. Auslassungsregeln, wann trotz teilbar durch vier, nicht geschaltet wird, bis hin zu Schaltsekunden.

Und dann gibt es natürlich unseren Mond mit seinen Phasen.
Der Vollmond dürfte sich sehr gut für die Jäger und Sammler geeignet haben, nachts unerkannt zu jagen und zu sammeln.
Man sagt auch, dass der weibliche Zyklus ihm entspricht.
Sich nur nach dem Mond zu richten, macht sehr schnell Probleme.

Hätten wir heute noch Mondkalender, würden manche Feiertage durchs Jahr wandern, wie der Ramadan im Islam.
Da man im Islam jedoch unseren gregorianischen Kalender benutzt, und den Mondkalender parallel mit durch unseren Jahreslauf führt, relativiert sich das Problem. Allerdings ist die Durchführung des Fastens am Tage im Sommer, vor allem in heißen Ländern deutlich schwieriger, als im Winter, weil man ja auch nicht trinken soll und die Tage länger sind.

Und was ist ein Monat überhaupt

Wenn wir Monat sagen, so meinen wir meist unsere kalendarische Einteilung des Erdumlaufes in zwölf Monate mit 28, bei Schaltjahren 29, 30 oder 31 Tagen um die Sonne. Diese Jahreseinteilung hat mit dem Mond nichts zu tun, und mit den zwölf Sternzeichen übrigens längst auch nicht mehr.

Die Zeitspanne zwischen zweier Neumonden, des altertymlichen Monats, nennen wir den synodischen Monat.
Dieser bestimmt sich von Neumond zu Neumond und dauert im Mittel 29,53 Tage.
Er spielt für uns lediglich im Kirchenjahr eine Rolle, indem man mit ihm den Ostertag berechnet, aus welchem sich einige weitere Feiertage ableiten, siehe meinen Osterbeitrag
Außerdem benötigen wir ihn zur Berechnung von Sonnen- und Mondfinsternissen.

Betrachtet man die Zeitspanne, bei der der Mond auf einen bestimmten Fixstern zeigt, bis dem wieder so ist, dann erhält man den siderischen Monat. Der weicht zeitlich vom synodischen Monat leider ab.

Ein weiterer Monat, der unmittelbar zur Berechnung von Finsternissen unerlässlich ist, ist der dragoonitische Monat.

Die Mondbahn läuft fünf Grad gegen die Ekliptik geneigt. Die Ekliptik ist die Ebene, in welcher alle Planeten umlaufen.
Somit befindet er sich die Hälfte des Monats etwas oberhalb und in der anderen Hälfte, etwas unterhalb der Ekliptik.
Die Schnittpunkte zwischen der Mondbahn und der Ekliptik, nennt man Knotenpunkte.
Die daraus sich ergebende Periode nennt man dann den dragonitischen Monat. Und der „Teller“, auf dessen Rand der Mond entlang läuft, dreht sich leider langsam auf der Ekliptik, so dass Berechnungen damit noch schwieriger werden.
Sein Name leitet sich vom chinesischen Himmelsdrachen her, der von Zeit zu Zeit die Sonne entweder mit seinem Schwanz einfängt, bzw. mit seinem Mund verschluckt.
Die beiden königlichen Hofastronomen, Hi und Ho, sollen geköpft worden sein, als sie vergaßen, eine Finsternis hervor zu sagen. Somit hatte das Volk keine Gelegenheit, durch seine Rituale mit Trommeln und Pfeifen den Drachen zu vertreiben, damit er die Sonne wieder frei gibt.

Da der Mond sich auf einer elliptischen Bahn um die Erde bewegt, kann man auch eine Definition eines Monats zwischen Perigäum (erdnahstem Punkt) und Perigäum festlegen. Dieses nennt man dann den anomalistischen Monat. Der spielt für unseren Kalender keine Rolle. Er muss aber zur Berechnung von Finsternissen berücksichtigt werden.

Man sieht hier deutlich, wie komplex z. B. die Berechnung von Finsternissen wird, denn all diese genannten Definitionen sind unterschiedlich lang, und zwar derart, dass man es mit Brüchen vieler Nachkommastellen zu tun hat. So einfach macht es uns die Natur halt leider nicht.

Alle Kalender geraten irgendwann aus dem Ruder, wenn nicht durch Maßnahmen neu synchronisiert würde.
Man musste beispielsweise Mondkalender immer mal wieder aktualisieren, indem man einen dreizehnten Monat einführte.
Die Unglückszahl dreizehn heißt so, weil in solchen Schaltjahren 13 mal Steuern bezahlt werden mussten.
Der Ausspruch zwischen den Jahren rührt auch da her.

Fazit

Kometen kommen und gehen, Planeten beeinflussen sich durch ihre Schwerkraft und verändern dadurch Zeit und bahn.
Alles scheint irgendwie synchron, aber scheinbar nicht auf Dauer.
Deshalb benötigen wir Menschen hier auf Erden immer mal wieder Maßnahmen, um Kalender anzupassen. Ein großes Synchronisationsproblem war die Einführung der Eisenbahn.
Fahrpläne und Zeiten mussten aufeinander abgestimmt werden.
Die Synchronisation von Bahnhofsuhren war die Aufgabe des Patentanwaltes, der später durch seine Relativitätstheorie die ganze Physik erneuern sollte, Albert Einsteins.

Harmonie und Synchronizität scheinen im Universum eher die Ausnahme zu sein.

Und wenn es nun Menschen gibt, die nicht auf natürliche Weise ihren Körper über das Tageslicht synchronisieren können, dann ist es wichtig, dass ihnen geholfen wird, denn falscher Schlaf macht krank und kann lebensbedrohlich sein.
Zum Glück ist dafür ein Medikament gefunden.
Wer mehr über Non-24 erfahren möchte, kann sich auf den Seiten von
Non-24
kundig machen.

Bis zum nächsten mal grüßt euch
euer Blindnerd.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert