Was Skylab sah


Liebe Leserinnen und Leser,

irgendwie bin ich von dem Thema der Sonnenforschung ganz angefressen.
1987 stieg ich quasi über dieses Thema in die Astronomie ein. In „Blind zu den Sternen“ schrieb ich im Kapitel „Mittlere Reife“ über dieses Schlüsselerlebnis.
Das Wetter ist super, der Frühling ist da, und wir dürfen trotzdem alle nicht so richtig raus…
Damit aufhören kann ich jetzt einfach nicht. Durch die Erwartungen an den Solar Orbiter, ist dieses Thema wieder neu in mir erwacht und meine Begeisterung darüber neu entflammt.
Sie ist ja auch noch so unvollständig, meine Serie zu „Der Sonne entgegen“.

Also, gehen wir heute ein Stück weiter.
Wie angekündigt geht es heute um das erste richtige bemannte Sonnenobservatorium der Welt, um Skylab, die 1973 ins All startete.
Heute werde ich speziell darauf eingehen, was Skylab sah. Wer mehr über den Aufbau dieser Station wissen möchte, dem darf ich wärmstens meinen Artikel „Gedenken an die erste Raumstation der Welt“ empfehlen.
Es wird auch in diesem Beitrag viel um die Röntgensonne gehen, die man wegen der Atmosphäre vom Boden aus nicht beobachten kann. Es macht aber viel Sinn, die Sonne nicht nur im weißen Lichte zu betrachten, sondern sie sich auch mal im Licht, einzelner Wellenlängen, z. B. eben auch die Ultraviolett- und Röntgenstrahlung, anzusehen.
Im einfarbigen Licht treten Dinge zu Tage, die normalerweise entweder von unserer Atmosphäre verschluckt, bzw. vom vom weißen Licht überstrahlt werden.
Also, es war nun so weit und Skylab begann seine Beobachtungen.
Man fand im ultravioletten Licht beispielsweise Spektrallinien von Helium, die von der Erde nicht beobachtbar waren. Hierfür war ein sehr empfindlicher Spektro-Heliograph an Bord. Das ist ein Instrument, mit welchem Beobachtungen in sehr kurzwelligen, dem Auge unsichtbaren Sonnenlicht möglich wurden. Helio in Helio-Spektrograph bezieht sich hier nicht auf das Helium, das damit beobachtet wurde. Mit einem Spektroheliographen kann man die Sonne im Lichte verschiedener Wellenlängen beobachten.

Man fand auch die sechseckige Struktur der Granulen im ultravioletten Bereich wieder, die man schon von einer Spektrallinie des Kalcium von der Erde her kannte. Auch in Linien des Elementes Sauerstoff ließ sich dies nachweisen. Auffallend war das Bild der Sonne in einer Linie von Magnesium. Dieses Licht entsteht über der Sonnenoberfläche, quasi erst in der Korona.

Da diese Linie die Feinstruktur der Sonnenoberfläche nicht mehr zeigte, war klar, dass die hierfür verantwortlichen Magnetfelder nicht bis in die Korona reichten.
Dafür konnte man aber viele andere magnetische Strukturen im kurzwelligen Sonnenlicht erkennen.

In „Die Röntgensonne“ erwähnte ich, dass es nicht ganz einfach ist, eine Kamera zu bauen, die auch bei Röntgenlicht funktioniert.
Vor Skylab standen den Forschern z. B. für ihre Ballon-Flüge meist nur Lochkameras zur Verfügung.
Es gibt aber einen Trick, bei dem man ausnutzt, dass Röntgenlicht von Metalloberflächen
gespiegelt wird, wenn es schräg, nur streifend, auf eine Metalloberfläche
trifft. Der Physiker Hans Wolter (1911-1978)
hatte diesen Fernrohrtyp 1952 erfunden. Seither spricht man vom
Wolter-Teleskop, mit dem man Röntgenbilder von Himmelskörpern
aufnehmen kann. Die Röntgen-Reihenuntersuchung der Sonne durch
SkyLAB zeigte nun, dass sich magnetische Felder der Sonnenoberfläche hinaus in die Korona fortsetzen.

Man sah den Zusammenhang, dass wo man stärkere Magnetfelder in der Korona fand, auch die Röntgenstrahlung intensiver war.
Man erkennt im Röntgenlicht große magnetische Bögen, die mit beiden Beinen in der Sonnenoberfläche verankert sind und offene Feldlinien, die nur mit einem Bein in der Sonne stehen und weit in den Raum hinausragen. Einige der magnetischen Bögen leuchten stärker
als andere, obwohl die magnetische Stärke dieselbe ist. Es scheint, als ob die Teile der Korona besonders heiß sind und stärker leuchten, in denen die Feldlinien vorher stark verbogen worden sind.

Das bringt die Frage wieder auf, warum die Sonnen-korona eine Temperatur von zwei Millionen Grad besitzt, wogegen die unter ihr liegende Sonnenoberfläche mit ihren einigen tausend Grad eigentlich kalt ist.

Durch die heißen Bögen in der Sonnenkorona ist wieder eine alte Idee ins Zentrum des Interesses gerückt, die auf den Astronomen Ludwig Biermann (1907-1986) zurückgeht. Nach Biermann wandern von der Zone, in der
die Granulation die Materie in ständiger Bewegung hält, Schallwellen
nach außen, die Energie in die Korona transportieren und so für die
heiße Korona verantwortlich sind.

Und da ist er wieder, der Schall, der Klang der Sonne. Ich schrieb darüber in „Klingel oder Orgelpfeife“. Die von SKYLAB aus aufgenommenen Röntgenbilder zeigen koronale Löcher und die
hellen Röntgenflecken, in denen die Energie sich gegenseitig vernichtender entgegengesetzter Magnetfelder in Wärme verwandelt wird.

Die im weißen Licht gewonnenen Bilder der Sonnenkorona zeigten rasche Veränderungen. Da steigen gelegentlich riesige Blasen in der Korona auf, Materie, die mit Geschwindigkeiten von tausend Kilometern pro Sekunde die Sonne verlassen.

Koronale Löcher, aus welchen bereits Materie ins All entwichen ist, sah man als dunkle Streifen auf der Sonnenscheibe. Dort war keine Materie mehr vorhanden, die im Röntgenlicht strahlte.

Durch SKYLAB sah man erstmals Vorgänge auf der Sonne, die der Koronaforschung ganz neue Wendungen gaben. Eigentlich ist das nicht verwunderlich. Von der Erde aus kann man die Sonnenkorona nur während einer totalen Sonnenfinsternis ungestört beobachten. Koronographen lassen die Korona nur in unmittelbarer Nähe der Sonnenscheibe
erkennen. In einem Abstand von mehr als einem Fünftel des Sonnenradius vom Scheibenrand kann man sie nicht mehr untersuchen.
Mit einem Konorographen kann man die Sonne bei normalem Taghimmel in gewissen Grenzen beobachten, als herrsche eine totale Sonnenfinsternis.
Zählt man alle Sonnenfinsternisse der jüngeren Menschheitsgeschichte
zusammen, so kommt man auf eine Gesamtdauer von einigen Stunden,
während derer sich die Korona dem irdischen Beobachter in voller Pracht darbot. Da man von SKYLAB aus die Sonnenkorona nahezu ununterbrochen beobachten konnte, sind durch diese Mission einige tausend Stunden Beobachtungszeit hinzugekommen.
Und das alles ganz unabhängig von Wind und Wetter…

Mich fasziniert es sehr, was Wissenschaftler aus dem Sonnenlicht lesen. Die Sonnenobservation aus dem All ging natürlich nach Skylab noch weiter, aber dies ist eine neue Folge wert.

Gehabt euch wohl, passt auf euch auf und bleibt gesund.

Euer Blindnerd.

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