Gravitationswellen, die Gravitation an sich, Albert Einstein, verschmelzende schwarze Löcher und Neutronensterne, geistern durch aller Munde und alle Medien.
Selbstverständlich werde ich auch oft dazu befragt. Nun möchte ich mal in mehreren Blogeinträgen die Sache etwas entrollen, denn für einen Beitrag ist es zuviel. Fangen wir hier mal mit der Beschreibung der Gravitation, die an all dem Schuld ist, an.
In der Augustausgabe der Spektrum der Wissenschaft von 2015 im Artikel „Die Quantengravitation auf dem Weg zur Wissenschaft“ wurde anhand eines ganz einfachen Beispieles das jeder aus dem Alltag her kennt veranschaulicht, wie „schwach“ sie z. B. im Vergleich zur Elektromagnetischen Kraft, die für Magnetismus verantwortlich ist, zu sein scheint.
Das hat mich wirklich sehr verblüfft und ich bin, indem ich darüber nachdachte immer euphorischer und verblüffter geworden. Ich werde mal versuchen, dieses Erlebnis mit euch zu teilen, indem ich die Gravitation in gewisser Weise etwas vermenschliche. Es geht mir hier hauptsächlich um die Phänomene an sich, und nicht unbedingt darum, wie sie genau funktionieren.
Vor dem Wissen wollen, steht immer das Staunen.
Hier nun zunächst der verblüffende Vergleich aus dem Artikel, nicht zitiert, sondern frei von mir inhaltlich wiedergegeben.
Wie schwach die Schwerkraftanziehung gegenüber der Magnetkraft ist, wird klar, wenn man bedenkt, dass ein gewöhnlicher kleiner Küchenmagnet an der Kühlschranktür sich quasi gegen die Gravitation des ganzen Planeten, Erde, behaupten kann, und nicht herunter fällt.
Dass die Schwerkraft bei einem Experiment auch überwiegen kann, versteht man leicht, wenn man mal einen großen Magneten, z. B. ein Hufeisenmagnet oder einen aus einem alten Lautsprecher, versucht, an einen Nagel oder an eine Eisennadel zu hängen. Über diese kleine Verbindung kann nicht genügend Magnetkraft übertragen werden, dass die Nadel den schweren Magneten gegen die Erdanziehung halten kann. Er poltert zu Boden – hoffentlich nicht auf den Fuß des Experimentators.
Die Faszination von Magnetspielen ist, dass Magnete über geringe Distanzen feromagnetische Dinge zu sich hin ziehen und dass Magnete sich auch gegenseitig abstoßen können. Niemand erlebt vergleichbares im Alltag mit der Schwerkraft, z. B., dass sich zwei Massen über ihre Gravitationskraft zu sich her anziehen können.
Eine Wirkung übt die Schwerkraft zwischen ihnen freilich aus, aber sie ist zu schwach, um im Alltag bemerkt zu werden. Bewiesen ist sie längst. Aus Experimenten mit Referenzmassen und Referenzabständen konnte diese Kraft nachgewiesen und die Gravitationskonstante G bestimmt werden.
Im Wort Gravitation steckt Gravitas, die Würde. Gewürdigt wurde sie sehr, denn spätestens seit dem Nachweis der Gravitationswellen ist sie geradezu ein Medienstar geworden. Der Star hat auch Starallüren, von denen später noch die Rede sein wird.
Sie gilt als die schwächste der vier fundamentalen Grundkräfte des Standardmodells und bereitet doch sehr starkes Kopfzerbrechen. Das sog. Standardmodell versucht das Universum und seine Eigenschaften zu erklären.
Als schwächste Kraft, spielt sie sich dennoch als heimliche Herrscherin über Raum und Zeit auf, indem sie den Raum krümmt und den Zeitverlauf beeinflusst.
Durch ihre schiere Anwesenheit legt sie fest,
- was sich wie und wohin zu bewegen hat,
- welchen Weg es von A nach B zu nehmen hat (Der Kürzeste weg ist keine direkte Gerade mehr, sondern eine gekrümmte Geodäte.)
- In Gewisser Weise beeinflusst sie durch die relative Zeit sogar Kairos und Chronos.
Gerne wird in diesem Zusammenhang der berühmte Astronaut angeführt, der mit Lichtgeschwindigkeit eine zweijährige Reise unternimmt.
Für ihn sind zwei Jahre vergangen, für uns aber tausende.
Dieser Effekt ist aber glücklicherweise so gering, dass er sich sogar bei den Astronauten, die mehrere Jahre auf Raumstationen lebten, höchstens in wenigen Mikrosekunden Zeitunterschied bemerkbar macht. Groß genug ist der Effekt jedoch wiederum, um bei der GPS-Navigation, wo Uhren aufeinander abgestimmt laufen müssen, eine Rolle zu spielen.
Was die Begriffe Gerade und Krumm bedeuten, legt sie durch die Raumkrümmung fest.
Leise und heimlich hat sie es, als die schwächste der vier geschafft, Grundfesten zu erschüttern und kann sogar ganz triviale Dinge, wie z. B. die Tatsache, dass die Winkelsumme eines Dreiecks stets 180 Grad beträgt, ohne mit der Wimper zu zucken, über den Haufen werfen.
Es gibt kein Gegenteil von ihr, wie z. B. positive und negative Ladung bei Proton und Elektron.
Selbst Antimaterie die sich gegenteilig zur Materie verhält, übt Gravitation und nicht Antigravitation aus.
Selbiges gilt auch für die dunkle Materie, deren Wirkung man an den Bewegungen verschiedener Himmelsobjekte und Linseneffekten durch Lichtablenkung wahrnimmt und misst. Sie muss da sein. Sie muss schwer sein. Aber was ist sie?
Wieso gibt es überhaupt Trägheit. Selbst dort, wo kein Schwerefeld zu sein scheint, widersetzt sich eine Masse, wenn sie beschleunigt werden soll.
Vermutlich gibt es sie nur deshalb, weil auch alle anderen Sterne und Galaxien vorhanden sind und der Raum zwar fast, aber nicht ganz leer ist. Zumindest hat der Physiker Ernst Mach so etwas vermutet.
Das gefundene Higgs-Teilchen war auch ein Meilenstein auf der Karriereleiter dieser Dame.
In gewisser Weise ist sie sogar Lebensspenderin. Myonen, kleine subatomare Teilchen aus dem Weltall, zerfallen nach sehr kurzer Zeit zu anderen Teilchen. Ihre Lebenszeit ist so kurz bemessen, dass sie es nicht durch unsere Atmosphäre bis auf den Erdboden und in dort stehende Messgeräte, schaffen würden. Wäre da nicht Einsteins Relative Raumzeit. Da sie sich quasi mit Lichtgeschwindigkeit vorwärts bewegen, vergeht für sie ihre Zeit so langsam, dass sie die Strecke bis zu uns überleben können.
Gespenstisch schlüpft sie den Physikern durch die Finger, wenn ihre Stärke gegen unendlich geht, oder, wenn sich etwas nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegen soll.
Seit neuestem ist sogar bewiesen, dass sie Wellen erzeugt, wenn große Massen beschleunigt werden. Sie lässt dann die Raumzeit erzittern.
Bleibt wirklich die Frage:
Ist sie, obgleich die „schwächste“ die heimliche Herrscherin über Raum und Zeit?
Eine Majestät ist sie unbestritten.
Ich habe Dich für den mystery blogger award ausgezeichnet. Den Beitrag dazu findest Du hier:
http://lydiaswelt.com/2017/11/12/mystery-blogger-award/