Türchen 17 des Blindnerd-Adventskalenders 24, das Unteilbare teilen

meine lieben,
Weihnachten ist das Fest des Schenkens und Teilens. Dies führt uns zu einer weiteren Geschichte des Staunens und Wunderns.
Ausgangspunkt ist die weihnachtliche Frage, ob es denn auf der Welt etwas unteilbares gibt.
Das hätte ich mir als Kind gerade zu Weihnacht für so manche Süßigkeit gewünscht, dass sie unteilbar wäre. Wir waren drei Schwestern, mit mir drei Brüder, eine Mama und ein Papa. Alles musste gerecht unter allen immer möglichst gerecht geteilt werden. Ihr könnt euch vorstellen, wie viel einem dann noch z. B. von einer Tafel Schokolade selbst blieb. Fangen wir also mit der Entdeckung und der Suche nach dem Unteilbaren an.

Der Traum der Griechen: Die unteilbare Substanz

Die ersten Gedanken über den Aufbau unserer Welt reichen weit zurück. Bereits im antiken Griechenland, um das 5. Jahrhundert vor Christus, wagten Philosophen wie Demokrit und Leukipp die kühne Behauptung: Alles besteht aus winzigsten, unteilbaren Teilchen, die sie Atome nannten (übersetzt: „Unteilbare“).
Während Demokrit und Leukipp mit ihrer Atomtheorie versuchten, die Materie als kleinste, unteilbare Teilchen zu erklären, die sich zu allem zusammensetzen, vertrat der Philosoph Empedokles (5. Jahrhundert v. Chr.) die Idee, dass alles aus den vier Ur-Elementen besteht. Diese vier Elemente waren nicht nur Bausteine der Natur, sondern symbolisierten auch grundlegende Eigenschaften der Welt:
• Erde stand für das Feste und Dauerhafte,
• Wasser für das Fließende und Veränderliche,
• Luft für das Leichte und Unsichtbare,
• Feuer für das Energetische und Transformierende.
Diese Theorie wurde später von Aristoteles weiterentwickelt und erhielt großen Einfluss auf die Naturphilosophie des Mittelalters. Die Atomtheorie von Demokrit und Leukipp hingegen blieb in der Antike eher eine Randerscheinung, da sie von Aristoteles nicht favorisiert wurde.
Aber neueste Entdeckungen und Erkenntnisse der Wissenschaft zwangen zum Umdenken und die alte griechische Idee der unteilbaren Bausteine von allem, erwachte zu neuem Leben.

Die Wiedergeburt

Erst im 19. Jahrhundert lebte der Traum der Griechen wieder auf. Der britische Naturforscher John Dalton stellte im Jahr 1803 seine Atomtheorie vor: Alle Materie besteht aus winzigen Teilchen, die sich zu chemischen Verbindungen zusammenfügen.
Dalton kam zu seiner Erkenntnis durch Experimente und Beobachtungen bei chemischen Reaktionen. Er stellte fest, dass sich Gase immer in bestimmten Mengenverhältnissen miteinander verbinden. Diese Beobachtung ließ ihn schließen, dass Materie aus diskreten, kleinsten Teilchen bestehen muss.
Seine Theorie umfasste die Annahmen,
dass Atome unteilbar seien,
dass Atome eines Elements gleich sind
und dass chemische Reaktionen eine Neuordnung dieser Atome darstellen.
Von da an wurden also Atome nicht nur mehr als Idee, sondern als reelle Tatsache verstanden.
Doch die Reise war noch lange nicht zu Ende. Niemand wusste, was innerhalb eines Atoms vor sich ging. War es wirklich unteilbar? Oder verbargen sich in seinem Inneren weitere Geheimnisse?

Rosinenkuchen und Goldfolie

Der nächste Paukenschlag kam Ende des 19. Jahrhunderts. J.J. Thomson entdeckte 1897 das Elektron: ein winziges, negativ geladenes Teilchen.
Thomson arbeitete mit einer Kathodenstrahlröhre – einem Glaszylinder, aus dem Luft fast vollständig herausgepumpt wurde. An beiden Enden der Röhre befanden sich Elektroden. Wurde eine elektrische Spannung angelegt, trat ein geheimnisvoller Strahl von der negativen Elektrode (Kathode) zur positiven Elektrode (Anode).
Thomson untersuchte diesen Strahl und stellte fest:
1. Der Strahl wurde von elektrischen und magnetischen Feldern abgelenkt, was bedeutete, dass er aus geladenen Teilchen bestehen musste.
2. Die Ablenkung war immer gleich, unabhängig vom Material der Elektroden oder des Gases in der Röhre.
Daraus schloss Thomson, dass diese Teilchen kleiner als Atome und negativ geladen sein mussten,
und wenn Atome Elektronen enthalten, können sie nicht unteilbar sein! Thomson stellte sich das Atom wie einen Rosinenkuchen vor: Die Elektronen waren wie Rosinen in einer positiven Masse eingebettet.
Aber dann kam Ernest Rutherford ins Spiel. Mit seinem berühmten Goldfolien-Experiment im Jahr 1911 erschütterte er Thomsons Modell. Er schoss winzige, geladene Teilchen (α-Teilchen) auf eine dünne Goldfolie. Die meisten Teilchen durchdrangen die Folie ungehindert, doch einige prallten zurück. Ein verblüffendes Ergebnis! Es war, als hätte man eine Kanonenkugel durch Nebel geschossen und sie wäre plötzlich an einer unsichtbaren Wand abgeprallt.
Rutherford schloss: Atome bestehen aus einem winzigen, dichten Kern, der positiv geladen ist, umgeben von Elektronen, die um diesen Kern kreisen. Das Atommodell nahm Gestalt an!

Bohrs Quantensprünge und Schrödingers Wellen

Doch wie kreisen die Elektronen? Warum fallen sie nicht einfach in den Kern? Hier betrat die Quantenphysik die Bühne. Niels Bohr erklärte 1913, dass Elektronen sich nur auf bestimmten Energieniveaus bewegen können – sie vollziehen Quantensprünge, wenn sie Energie aufnehmen oder abgeben. Abgegeben wird die Energie in Form von Licht, das auch sichtbar sein kann.
Später zeigte Erwin Schrödinger: Elektronen sind keine winzigen Kugeln, die auf festen Bahnen kreisen. Stattdessen verhalten sie sich wie Wellen und bilden mysteriöse Elektronenwolken, in denen ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit beschrieben wird.

Der Kern des Wunders

James Chadwick entdeckte 1932 das Neutron, ein neutrales Teilchen, das neben den positiven Protonen den Kern bildet. Mit dieser Erkenntnis war das Standardmodell des Atoms geboren: Ein Atom besteht aus einem dichten Kern, der von einer Wolke aus Elektronen umgeben ist.

Doch je tiefer wir blicken, desto mehr Geheimnisse offenbaren sich: Protonen und Neutronen bestehen aus Quarks, noch kleineren Teilchen. Und im Reich der Quantenmechanik verschwimmen die Grenzen zwischen Materie und Energie.
Ein Staunen ohne Ende
Die Entdeckung des Atombaus ist mehr als eine Geschichte der Wissenschaft – sie ist eine Geschichte unseres menschlichen Drangs, die Welt zu verstehen. Von den ersten philosophischen Ideen der Griechen bis zu den Quantenwundern der modernen Physik zeigt sie uns: Das Universum ist in seiner Kleinheit genauso faszinierend wie in seiner Unendlichkeit.
Und während wir staunend auf das blicken, was bisher entdeckt wurde, ahnen wir: Dies ist nur der Anfang. Neue Geheimnisse warten darauf, von uns erforscht zu werden.

Man kann auch sagen:
Die Geschenke der Natur liegen schon unter unseren Weihnachtsbäumen. Lasst sie uns auspacken und erforschen, was drin ist.

Drin ist auch heute natürlich unsere obligatorische literarische Geschichte.
https://www.blautor.de/der-blautor-adventskalender/

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