Astrosport


Liebe Leserinnen und Leser,

Immer und immer wieder postuliere ich, dass ich die Astronomie für eine der inklusivsten Disziplinen und Hobbys halte, weil es so viel Zugänge zu ihr gibt.
Mit „Das Ohr am Teleskop“ zeigte ich einen akustischen Teilaspekt.

Heute möchte ich ein Erlebnis mit euch teilen, das ich gestern im Rahmen einer Sportveranstaltung machen durfte.

In diesem Semester läuft für Studierende des Faches Sport ein Seminar „Kleine Spiele“. Hierfür müssen die Teilnehmenden entweder alleine oder zu zweit eine inklusive Sportstunde zu verschiedenen Themen ausarbeiten, durchführen und evaluieren.
Diese Stunden laufen unter dem Motto „Inklusiv mobil, bei Studium Sport und spiel“.
Gestern hielt ein Student eine Stunde über das Thema „Soziale Kompetenz verbessern, Teamwork“ ab.
Der hatte so eine unglaublich faszinierende Idee. Er hängte seine Stunde an der Geschichte auf, dass wir auf dem Mars hawariert wären. Es galt nun, eine Marslandschaft zu überqueren, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die nur gemeinsam lösbar waren.
Erschwert wurde das ganze noch dadurch, dass jeder unterschiedlich verletzt war. OK, ich bin sowieso blind. Anderen wurden die Ohren verstopft, dass sie quasi taub waren, wieder andere wurden so getapet, dass sie Arme, Beine oder beides nicht nutzen konnten.
Es gab auch stumme Astronauten.
Wir hatten auch eine echte Rollstuhlfahrerin dabei.

Mit all diesen Randbedingungen mussten wir nun als Team oder in kleineren Grüppchen zurecht kommen, die Marslandschaft durchqueren, Bodenproben nehmen und unser Mutterschiff wieder finden.
Die Landschaft bestand aus einem Parcours aus Sportgeräten und Stationen, der überwunden werden musste. Da bis auf zwei Teilnehmende alle entweder reell oder für das Spiel eine Behinderung hatten, ergaben sich ganz interessante Kommunikations-Probleme.

Da stand ich beispielsweise vor einer über zwei Böcke gelegten Weichbodenmatte. Ich fragte, was ich hier machen soll. Das Problem war, dass mein Partner nicht sprechen konnte. Er versuchte mich dann zu Boden zu drücken, um mir zu zeigen, dass es sich hier um einen  Tunnel handelt, durch den man kriechen soll.

Jemand, dessen Füße und Hände beeinträchtigt waren, musste man z. B. hinter sich her ziehen.

Da wollten mich Sehende manchmal mit den Worten „Da“ und „dort“, natürlich von Handgesten begleitet, irgendwo hin dirigieren. Das geht natürlich nicht. „Da ist ein Platz frei.“ bekomme ich oft in der Bahn zu hören. Auf die Frage „Wo denn?“ heißt es oft „Ja, dort“, oder  „ne, da nicht“, oder „da drüben“.
Dann kommt natürlich auch immer das Links-Rechts-Problem mit der Perspektive, oder einfach nur dem anderen Links ins Spiel.

Eine für mich auch sehr spannende Aufgabe war, ein Notsignal zu senden. Das lief so ab, dass jemand sehendes einen Zettel mit einem Wort erhielt. jetzt musste man das Wort so durch die Gruppe reichen, dass es von allen Teilnehmenden mit künstlicher oder echter sensorischer Behinderung aufgenommen und weitergegeben werden konnte.
Wir einigten uns darauf, es mit Schreiben auf den Rücken des Vordermannes zu versuchen.
klingt einfacher, als es ist. Die Schrift der Sehenden ist nicht die meine. Es ist nicht selbstverständlich, das vor allem geburtsblinde Menschen wie ich, die Druckschrift oder gar die Schreibschrift kennen. Da ich, obwohl ich medizinisch immer als blind galt, früher noch einen kleinen Sehrest hatte, kenne ich zumindest die Druckbuchstaben. Ich las früher sehr langsam mittels eines Kamera-Fernsehlesegerätes. Fernseh stimmt exakt, denn die alten Dinger wurden tatsächlich aus Fernsehern hergestellt. Meines hatte sogar noch sein Lautsprechergitter.
Trotzdem schlug ich intuitiv vor, dass man doch die Buchstaben den Zahlen zuordnen soll, die deren Position im Alphabet entsprechen.
A=1, E=5, R=18, etc.
Ich schlug eine einfache Klopfsprache vor. Wie gesagt, einigten wir uns schließlich auf große Druckbuchstaben. Als dann die Auflösung kam, merkte ich, dass ich das Wort meines Vorgängers das er  auf meinen Rücken schrieb, richtig aufgenommen hatte und es offensichtlich auch so malen konnte, dass mein Nachfolger es verstand. Handschrift ist nun wirklich nicht meins. Meine Unterschrift sieht immer anders aus und nie gleich. Mich nervt immer extrem, wenn ich wo unterschreiben soll. Da muss man sich auf dem Blatt von jemandem unbekannten so führen lassen, dass der Stift an der richtigen Stelle beginnt. Manche dirigieren einem auch verbal über das Blatt. Einfach nervig, egal wie.
Aber, dass ich leserlich Druckschrift schreiben kann, hätte ich nicht gedacht.

Auch der Rollstuhl musste samt Fahrerin über manche Hindernisse getragen werden, oder die Rollstuhlfahrerin musste ihn verlassen, um krabbelnd unter einer Barriere hindurch zu kommen.

Mir machte die Ballanzierübung die meiste Mühe, weil ich als geburtsblinder Mensch das Gleichgewicht nicht so gut halten kann, als jemand, der sieht. Das können Sie leicht nachvollziehen. Versuchen Sie mal mit geschlossenen Augen auf ein Bein zu stehen. Das geht deutlich schwerer, als mit geöffneten Augen.

Bei einer Übung mussten wir immer enger zusammenrücken, weil die aus Matten bestehende Scholle, auf welcher wir offenbar Schutz gesucht hatten, Stück für Stück zusammenbrach, so dass immer weniger Platz für alle übrig blieb. Bei der Übung mit der brechenden Scholle fiel mir der Roman von Jules Vernes „Im Land der Pelze“ ein. Darin befindet sich eine Gruppe zum Zeitpunkt einer totalen Sonnenfinsternis auf dem arktischen Eis. Diese Finsternis sollte eigentlich total sein, wurde aber nur partiell wahrgenommen, weil die Eisscholle sich unbemerkt ihrer Bewohner vom Festland gelöst hatte und aus dem Streifen der Totalität in die südliche Beringsee getrieben war. Der Rest des Romans handelt dann davon, wie die Gruppe sich aus dieser Katastrophe zu befreien versucht.

Zum Schluss mussten wir dann noch Bodenproben transportieren, ohne unsere Hände zu benutzen, die sie verunreinigt hätten.

Ach ja, wer zu lange für eine Übung brauchte, wenn sich beispielsweise die Gruppe nicht organisieren konnte, dann gab es natürlich ein Sauerstoffproblem.

Hier nun zum Schluss noch einige zusammengefasste Punkte, die beim Feedback heraus kamen.
* Die Stunde hat das Ziel, miteinander umzugehen und sozial zu kommunizieren, voll erreicht.

* Der Umgang miteinander wurde als ein sich stetig entwickelnder Prozess wahrgenommen.

* Am Anfang war jeder mit sich, seinem körper und vor allem der künstlichen Einschränkung beschäftigt, dass manche sich zunächst noch nicht so sehr um andere kümmern konnten. Das verbesserte sich zunehmend im Spielverlauf.

* Diese Mars-Geschichte regte auch während der Übungen unheimlich die Phantasie an. Zumindest ich, stellte mir immer irgend etwas vor, ein Krater, eine Eisscholle, einen Sandsturm etc.

* Natürlich mussten meine Partner ertragen, dass ich ihnen dann und wann etwas über den Mars erzählte. Das war dann noch zusätzliche gehaltvolle Kommunikation.

* eine Sportstunde, die die Inklusion dermaßen erfahrbar macht, habe ich noch nie erlebt.

* Ich nehme die Idee unbedingt mit, wenn ich mit Kindern Astronomie-Workshops durchführe.

Wenn meine Sternenkinder Modelle betasten und Helium atmen, dann wieso nicht auch den Olympus Mons besteigen. Dieser Berg ist mit seinen ungefähr 27 km höhe, der höchste Berg des gesamten Sonnensystems.

Vielen Dank an den Macher dieser Stunde. Das war so großartig, dass es absolut wert ist, auf meinem Blog verewigt zu werden.

Das war jetzt mal Astronomie ganz anders. Ich hoffe, dass ich den Eindruck etwas transportieren konnte, den diese außergewöhnliche Sportstunde bei mir hinterließ.

Bis zum nächsten Mal grüßt Sie und euch

euer Gerhard.

 

Gedenken an die erste Raumstation der Welt


Liebe Leserinnen und Leser,

alle Welt fiebert dem Start von Alexander Gerst entgegen. Das ist wirklich unglaublich, was der für ein Medienstar geworden ist. Gut ist vor allem, dass hier der Sinn einer Raumstation, wie der ISS mal der breiten Öffentlichkeit vermittelt wird.

Auch ich fiebere mit und hoffe inständig, dass alles beim Start klappt. So ein Start ist kein Spaziergang und bleibt immer ein Risiko.

Wie immer, werde ich hier nicht wiederholen, was andere über diese bevorstehende Mission schon geschrieben oder gesagt haben, bzw. noch werden. Ich schreibe dann über die ISS, wenn alle anderen darüber schweigen.

Unser Kontrastprogramm führt uns vierzig Jahre in die Vergangenheit. Zu dieser Zeit befand sich auch eine Raumstation im All. Es war die erste überhaupt. Um sie, soll es heute mal gehen.

Die Quellen, aus denen ich hierzu schöpfe, sind Wikipedia, mein eigenes Buch und das Buch „Die Sonne, der Stern von dem wir leben – den Geheimnissen der Sonne auf der Spur“ von Prof. Rudolf Kippenhahn.

Wie ich die Mission als Kind erlebte:

Im Gegensatz zur Mondlandung, war ich zu dieser Zeit schon auf der Welt, und habe vor allem den medienwirksamen Absturz der Skylab, so war ihr Name, erlebt.

Kurz bevor Skylab, die erste Raumstation der Welt, am 11. Juli 1979 nach sechs Jahren im Weltall wieder in die Erdatmosphäre eintrat und abstürzte, war es nachts möglich, sie bei guten Bedingungen zu sehen. Meine Mutter, von Beruf Hausfrau, bemühte sich sehr, eine solche Nacht nicht zu verpassen, und erzählte mir davon. Sie hatte ein natürliches, angeborenes Interesse an derlei Vorkommnissen. Sie arbeitete sich rasch in neue Technologien ein, war dafür begeisterungsfähig und hätte, wenn sie noch leben würde, sicherlich auch am Internet und Smartphone ihre Freude. (Siehe Blind zu den Sternen, Astronomische Erlebnisse, S. 24)
In der Zeit des bevorstehenden Absturzes der Raumstation bekam ich deutlich mit, dass dieses Ereignis immer wieder im Radio angesprochen wurde. Es schien wirklich wichtig zu sein. Auch im Pausenhof und Internat war das Thema stets präsent.

So intensiv erlebte ich dieses bevorstehende Ereignis, dass es dem nahe kam, wie intensiv ich die Entführung von Hans-Martin Schleyer erlebte. Ich weiß, das ist irgendwie ein komischer Vergleich, aber als Kind unterscheidet man da vielleicht nicht so.

Planung und Bau

Lasst uns nun auch dieser ersten Raumstation gedenken. Sie wurde alleine von den USA betrieben und bestand quasi aus dem Rest, was von den Apollo-Missionen zum Mond übrig geblieben war.

Die ersten Ideen zu einer Raumstation gehen bis 1965 zurück. Dort wurde sogar ein Saturn-Apollo-Office der NASA gegründet.

Man wollte damit weitere Anwendungsgebiete für die Apollo-Hardware, wie z. B. Raketen, Raumkapsel etc. finden, um das Knowhow der Ingeniere zu erhalten.

Heute nennt man so etwas Nachhaltigkeit.

Ja, die Apollo-Raketen waren schon eine extreme Materialschlacht. Somit kam man auf die Idee, eine dritte Brennstufe einer Saturn-V-Rakete quasi auszuhölen, um darin eine Raumstation einzurichten. Dort, wo sich normalerweise der Wasserstoff- und der Sauerstofftank befanden, arbeiteten, wohnten und schliefen nun die Astronauten.
In die Raketenwand wurden Fenster eingesetzt, so dass man auch nach draußen sehen konnte.
Die Skylab war für drei Astronauten ausgelegt, wobei auf der ISS sieben gleichzeitig leben können. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass zur Rückkehr die Apollo-Kapseln verwendet wurden, die ebenfalls nur drei Astronauten aufnehmen konnten.
So entschloss man sich schließlich 1965 für den Plan, die Raumstation zu bauen und dann, wie eine normale Apollo-Mission zu starten. Allerdings trugen hier nur die beiden unteren Brennstufen zum Antrieb bei, weil ja in der dritten Brennstufe die Raumstation und kaum Treibstoff war.
Es wurden zwei Versionen der Skylab hergestellt. Eine blieb als Trainings-Simulator auf der Erde.

Aufbau der Station:

Ich schrieb schon, dass der Behälter für das Raumlabor aus einer ausgebeinten dritten Brennstufe einer Saturn-Rakete bestand.
Die Besatzung wohnte und arbeitete im Wasserstofftank mit einem nutzbaren Innenvolumen von 275 m³. Der Sauerstofftank wurde mit einer Schleuse ausgestattet und als Abfallgrube genutzt. Im hinteren Teil der Brennstufe befanden sich die Ausrüstung, alle Essensvorräte, die gesamten Wasservorräte und die Drucktanks für den Treibstoff zur Lageregelung. Neben den Wohn-, Schlaf- und Sanitätsräumen wurden dort auch Experimente durchgeführt, vor allem Erdbeobachtung durch ein Fenster und medizinische Untersuchungen. Es gab auch zwei kleine Schleusen für Experimente auf der der Sonne zu- und abgewandten Seite der Station; erstere wurde für die Reparatur des Thermalschutzes dauerhaft belegt. Das bewohnbare Volumen war mehrfach in Ess- und Ruhezonen sowie individuelle Schlafkabinen unterteilt, insbesondere mit gitterartigen Fußböden, in die sich die Astronauten mit speziellen Schuhen einhaken konnten. Durch den großen Durchmesser war ein Volumen von 280 m³ bewohnbar. Dieses Volumen wurde erst von der Mir in ihrer Endausbaustufe übertroffen.

Also die hatten dort richtig viel Platz. An den Arbeitsraum schloss sich der Instrumentenring der Brennstufe an. Den brauchte man, um den Start zu kontrollieren. Später übernahmen dann die Computer im Inneren der Station.
Nach diesem Teil folgte die 22 t schwere Luftschleuse, das Airlock Module (AM). Sie enthielt eine Luftschleuse zum Ausstieg, riegelte den Wohn- und Arbeitsraum vom Docking-Adapter ab, enthielt die Steuerung der Teleskope und alle Gase für die Station in Drucktanks. Ihre Breite ging von 6,7 auf 3,04 m zurück. Sie hatte eine Länge von 5,2 m und ein Innenvolumen von 17,4 m³.
Es folgte der zylinderförmige Multiple Docking Adapter (MDA). Er war 3,04 m breit, 5,2 m lang und hatte eine Masse von 6260 kg. Er hatte zwei Andockstellen für Apollo-Kommandokapseln: eine seitlich und eine in der Verlängerung der Längsachse. Die seitliche Andockstelle war für eine Notkapsel vorgesehen, die dann gestartet werden sollte, wenn eine Rückkehr mit der ersten Kapsel nicht möglich gewesen wäre,
Zur Sonnenbeobachtung, die ein wichtiges Ziel von Skylab war, verfügte die Raumstation zudem über ein Observatorium, das Apollo Telescope Mount (ATM), das nach dem Erreichen des Orbit in eine Position seitwärts ausgefahren wurde. Es wog 11.066 kg, war 6 m breit und 4,4 m hoch. Seine Sonnenteleskope konnten auf 2,5 Bogensekunden genau ausgerichtet werden. Die Filme für die Kameras, mussten im Rahmen eines Außenbordmanövers (EVA) gewechselt werden.
Die Energieversorgung war mit vier Solarmodulen und zwei weiteren am Hauptmodul geplant. Alleine die Solarpanele des ATM hatten eine Spannweite von 31 m. Das ATM benutzte Komponenten der Mondlandefähre und richtete mit seinen Drallrädern auch die gesamte Station aus.
Drallräder sind Schwungräder. Die sorgen dafür, dass die Raumstation gut ausgerichtet blieb. Viele Raumsonden verfügen bis heute über Drallräder. Wie diese genau funktionieren, sollte ich mal in einem gesonderten Artikel beschreiben. Viele werden noch den Versuch in der Schule kennen, wo man ein Rad eines Fahrrades beschleunigt, und es dann an den Achsen haltend versucht, zu kippen. Es geht nur schwer. Wer das moderne Spielzeug Fidgetspinner kennt, kann das auch ausprobieren. Es ist schwer, das Ding auszulenken, wenn es sich schnell dreht.

Zuletzt gab es noch das angekoppelte Apollo-Raumschiff als Command and Service Module (CSM). Das CSM übernahm die gesamte Kommunikation mit der Erde, da Skylab, abgesehen von seiner Bordtelemetrie, keinen eigenen Sender hatte. Weiterhin mussten die Lebenserhaltungssysteme des CSM einmal pro Monat die Gasreinigung übernehmen, wenn die Molekularsiebe von Skylab ausgeheizt wurden. Das CSM war daher integraler Bestandteil der Station. Das CSM war das, was bei den Apollo-Missionen dann letztlich mit den drei Astronauten wohlbehalten ins Wasser fiel.

Die Masse der Station betrug über 90 Tonnen. Insgesamt war Skylab wesentlich größer als die sowjetische Raumstation Saljut 1, die im April 1971 gestartet worden war. Bei günstigem Sonnenstand war das Skylab mit bloßem Auge als leuchtender Punkt auch am Taghimmel zu beobachten.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mir ohne Modell nicht ganz vorstellen kann, wie hier alles zusammengesetzt ist. Einen Teil kenne ich von meiner Mondrakete, Siehe „Einmal mit Lego auf den Mond und zurück“ in diesem Blog.
Vielleicht wird manches klarer, wenn mein Apollo-Artikel mal fertig ist.

Startund Probleme

Der Start von Skylab erfolgte planmäßig am 14. Mai 1973 vom Startkomplex 39-A in Cape Canaveral.
Die Saturn V SA-513, die für Skylab 1 verwendet wurde, war etwas kürzer als die Modelle, die für die Mondflüge verwendet worden waren. Sie hatte keine Rettungsrakete, kein Apollo-Raumschiff und keinen Adapter für die Mondlandefähre. Außerdem nutzte diese Rakete nur zwei Stufen. An Stelle der dritten Stufe transportierte sie die Raumstation mit einer kegelförmigen Verkleidung an der Spitze.
Auch hier sei nochmal auf den Lego-Artikel verwiesen, dann kann man sich das ganze vielleicht etwas besser vorstellen.

Es gab bei Skylab einige Probleme, so dass ihr Start durchaus unglücklich verlief.
Bereits 63 Sekunden nach dem Start empfing die Bodenstation alarmierende Telemetriesignale. Beim Durchbrechen der Schallgrenze riss innerhalb von nur drei Sekunden der gesamte Mikrometeoritenschutzschild ab, wodurch auch zwei Solarmodulträger beschädigt wurden. Spätere Untersuchungen zeigten, dass der Fehler durch mangelnde Koordination der Konstruktionsabteilungen entstanden war. Die Raumstation erreichte zwar die geplante Umlaufbahn, war aber nicht funktionsfähig. Zwar gelang es der Flugleitung, die vier Solarmodule des Solarobservatoriums auszufahren, doch schien es Probleme mit den beiden anderen Modulen zu geben, so dass insgesamt nur etwa die halbe elektrische Leistung zur Verfügung stand. Der fehlende Meteoritenschutzschild hätte auch als Wärmeschutz dienen sollen, weshalb in der Station die Temperatur stark anstieg, so dass befürchtet werden musste, dass Lebensmittel, Medikamente und Filme verdorben sein würden.
Da man die Station zunächst ohne Mannschaft startete, musste man jetzt die ersten beiden Flüge zur Station so umgestalten, dass die Reparaturen durchgeführt werden konnten.
So führte die hohe Temperatur im inneren der Station
dazu, dass Instrumente, die aus dem Lager geholt wurden, nicht mehr in die dafür vorgesehenen Halterungen passten. Sie mussten erst abkühlen. So mussten spezielle Reparaturpläne, Werkzeuge und vieles mehr entwickelt werden. Die Astronauten mussten lernen, damit umzugehen, was sie im Wassertank simulierten.
Es gelang den Mannschaften während der Missionen Skylab 2 und Skylab 3, die Schäden zu reparieren. Die Station war anschließend voll funktionsfähig.

Ziele der Mission:

Die ersten beiden bemannten Flüge zur Station wurden zur Reparatur der Raumstation benutzt. Danach, als die Station voll einsatzfähig war, kann man die wissenschaftlichen Ziele so zusammenfassen.

Sonnenbeobachtung über das Apollo Telescope Mount (ATM) und Erdbeobachtung sowie Erkenntnisgewinn in den Bereichen Raumphysik, Werkstoffforschung und Biomedizin.
Diese Themen treiben die Forscher auch heute noch um und werden mittels Experimente auf der ISS erkundet.

Nutzung der Station

Drei Besatzungen aus jeweils drei Astronauten verbrachten insgesamt 513 Manntage im All. Da der Start von Skylab als Mission 1 gezählt wurde, beginnen die bemannten Missionen mit der Nummer 2.
Hier ein kurzer Überblick über die Besatzungen und die Dauer der verschiedenen Missionen:
• Skylab 2:
• 25. Mai 1973 – 22. Juni 1973
• Besatzung: Charles Conrad, Paul J. Weitz, Dr. Joseph P. Kerwin
• Skylab 3:
• 28. Juli 1973 – 25. September 1973
• Besatzung: Alan L. Bean, Dr. Owen K. Garriott, Jack R. Lousma
• Skylab 4:
• 16. November 1973 – 8. Februar 1974
• Besatzung: Gerald P. Carr, Dr. Edward G. Gibson, William R. Pogue

Aufgabe und kontrollierter Absturz

Nachdem die Station, wie man oben leicht sehen kann, mehrere Jahre quasi unbeachtet und aufgegeben um die Erde kreiste, weil man wegen der veralteten Technologie keine Verwendung mehr für sie hatte,
Wurde der Kontakt im März 1978 zu Skylab wieder aufgenommen. Offenbar rotierte die Station weitgehend unkontrolliert mit einer Periode von sechs Minuten pro Umdrehung, und die Funkgeräte arbeiteten nur, wenn die Solarmodule im Sonnenlicht waren. Nach einer Woche gelang es, mehrere Batterien ferngesteuert zu laden. Der Zentralcomputer arbeitete noch zufriedenstellend, die Lageregelung war aber durch den Ausfall eines Sternensensors und den Teilausfall eines der drei Drallräder erheblich beeinträchtigt.
Ein Sternsensor ist in der Lage Sternkonstellationen zu erkennen, was die Ausrichtung unterstützt.

Es stellte sich heraus, dass Skylab schneller als berechnet sank. Grund dafür war die durch hohe Sonnenaktivität unerwartet ausgedehnte Hochatmosphäre der Erde und die dadurch erhöhte Abbremsung.
Die Aktivität der Sonne variiert gemeinsam mit dem Auftreten von Sonnenflecken in einem elfjährigen Zyklus. Auch dieses wird mal demnächst behandelt. Es ist längst schon auf meiner Liste, eine Serie über die Sonne zu starten.

Am 19. Dezember 1978 gab die NASA bekannt, dass man Skylab nicht retten könne, man aber alles unternähme, um das Risiko von Absturzschäden zu minimieren. Hierzu arbeitete die NASA eng mit der Überwachungsbehörde North American Aerospace Defense Command (NORAD) zusammen. NASA und NORAD verwendeten unterschiedliche Berechnungsmethoden für den Wiedereintritt und kamen deshalb auf unterschiedliche Ergebnisse für Zeit und Ort des Niedergangs.
Die NASA plante, durch die Ausrichtung der Raumstation die atmosphärische Reibung steuern zu können, um den Absturz zu verzögern oder zu beschleunigen. Durch Fernsteuerung sollte Skylab dann zu einem bestimmten Zeitpunkt in Rotation mit bekannter Aerodynamik versetzt werden. Damit konnte in engen Grenzen die Gefahrenzone verlagert werden.
Der Absturz erfolgte dann am 11. Juli 1979. Der letzte Orbit von Skylab führte größtenteils über Wasserflächen, und die NASA gab das letzte Steuerungskommando, um die Gefahrenzone von Nordamerika weg auf den Atlantik und den Indischen Ozean zu verlagern. Tatsächlich zerbrach die Station erst später als berechnet in mehrere Teile, so dass das Absturzgebiet weiter östlich als geplant lag. Betroffen war die Gegend südöstlich von Perth in West-Australien bei Balladonia, wo Trümmer in den dunklen Morgenstunden niedergingen, ohne jemanden zu verletzen.
Und hier noch eine nette Anekdote dazu:
Die Behörden der australischen Gemeinde Esperance Shire schickten der NASA wegen unerlaubter Abfallentsorgung einen Bußgeldbescheid über 400 Dollar. Die NASA lehnte eine Bezahlung ab; erst 2009 wurde der ausstehende Betrag von einer US-Radiostation beglichen.

Die gesamte Mission kostete etwa 2,6 Milliarden US-Dollar.
Das geht eigentlich, wenn man bedenkt, was mittlerweile das James-Webb-Weltraumteleskop
kosten soll.

Man darf an dieser Stelle gespannt sein, wie man die ISS eines Tages abstürzen lassen möchte. Sie ist deutlich größer und schwerer, als die Skylab. Die bestand im wesentlichen ja nur aus einer Raketenstufe. Die ISS besteht aus vielen dosenförmigen Modulen, die über eine Metallkonstruktion miteinander verbunden sind.
Ich glaube, dass hierzu noch verschiedene Pläne im Rennen sind, wie das ablaufen könnte.

So, das war mal eine Rückbesinnung auf die erste Raumstation der Welt.
Vor uns liegt aber nun der Start von Alexander Gerst und seiner Crew. Ich wünsche Ihnen einen Bilderbuchstart und dass alles glatt gehen möge. Wir dürfen auch gespannt sein, wie Astro-Alex mit seiner fliegenden „Alexa“, dem Roboter Cimon, zurecht kommen wird. Der soll ein richtiges KI-Wunder sein.

Ich beneide all jene, die life beim Start anwesend sein können. Ich freue mich jetzt schon auf die entsprechenden Podcast-Folgen…
Jetzt drücke ich die Daumen und hoffe, dass der Beitrag etwas Freude macht.
Bis zum nächsten Mal grüßt euch
Euer Gerhard.

Mein astronomischer Jubiläums-Monat Mai


Liebe Leserinnen und leser,

Heute auf den Tag genau, am 18.05.2013, erhielt ich mein erstes astronomisches 3D-Modell. Es war unser Mond.

Außerdem feiere ich in diesem Monat mein fünfjähriges Jubiläum meiner Mitgliedschaft bei der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.

Nicht zuletzt fielen Mitte May vor fünf Jahren die Würfel. Ich entschloss mich, mein Buch zu schreiben.

Lasst mich mit euch Jubiläum feiern.

Hierfür möchte ich euch mal einen kleinen historischen Abriss über diese Entwicklungen geben. Es findet sich auch einer in meinem buch, aber das ist mittlerweile drei Jahre alt und die Sachen haben sich weiter entwickelt.

Also los:

In meiner Schulzeit gab es fast keine Modelle zu Astronomie. Ein taktiler Globus, ein Kurbelmodell für die Jahreszeiten und vielleicht noch eine schematische Darstellung des Sonnensystems in 2D, waren das einzige, woran ich mich erinnern kann. Da ich mich schon immer für Modelle und Karten aller Art interessierte, kann man wohl davon ausgehen, dass ich nichts vergessen habe.

Somit startete ich meine Freizeiten etc. quasi mit leeren Händen, was Modelle betraf.

Einzig eine Spezialfolie, auf welche man taktil malen kann, und eine Magnettafel zur Veranschaulichung von Planetenkonstellationen  oder Sternbildern, standen mir taktil zur Verfügung. Da das ausführlich in meinem Buch steht, wie wir damals noch improvisierten, springe ich jetzt mehr als fünfzehn Jahre vorwärts, direkt hin zu den 3D-Modellen.

Wir befinden uns nun im Jahr 2013.

Anfang dieses Jahres 2013 hörte ich entweder in einer Radiosendung, oder in einer Hörausgabe der Spektrum der Wissenschaft von der Deutschen Astronomischen Gesellschaft. 
Zur DAG

Ich interessierte mich sofort dafür, weil eines der Hauptanliegen der AG es ist, die Astronomie mehr in Schule und Bildung einzubringen. Da dachte ich mir, das will und tue ich ja auch schon seit zwanzig Jahren. Könnte ich mich dort nicht einfach mal um eine Mitgliedschaft bewerben?

Ich hatte ja keine Ahnung, wie dieser Prozess abläuft. Und so schrieb ich einfach eine Initiativ-Bewerbung, in welcher ich meine Arbeit vorstellte und meinen Mitgliedswunsch äußerte. Nun ist das gar nicht so einfach, Mitglied zu werden, wenn man dort niemanden kennt. Man braucht nämlich zwei Mitglieder, die für einen quasi bürgen, also davon überzeugt sind, dass der Anwärter nützlich für die Arbeit der AG sein könnte.

Somit wurde mein Antrag in die nächste Vorstandsitzung eingebracht. Meine Bewerbung stieß auf so großes Interesse, dass sich sofort spontan zwei Professoren fanden, die für mich bürgen wollten. Somit wurde ich das erste, und meines Wissens bis heute das einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen gesellschaft.

Der Zeitpunkt, dort Mitglied zu werden, hätte gar nicht günstiger sein können.

Ich war keine Woche Mitglied, als ich über die AG eine Anfrage rein bekam. Ein Techniklabor aus Alikante in Spanien, http://observatori.uv.es/, wollte mit einer Universität in Lateinamerika, Astronomie für blinde Menschen zugänglich machen. Sie hatten aber niemanden, der sich damit auskannte, und somit wendeten sich die Astronomen an die AG. Wie gesagt, war meine Mitgliedsbescheinigung noch druckwarm, und schon hatte ich eine Aufgabe.

Die Spanier erstellten 3D-Modelle von Erde, Mond, Mars und mittlerweile auch Venus und Merkur. Die Bilder, die nachher zu sehen sind, entsprechen nicht mehr den ersten Modellen. Sie sind überarbeitet und verbessert.

Das Kuriosum war leider, sie hatten keinen 3D-Printer, um die Modelle auszudrucken und mit blinden Menschen zu testen.

Sie suchten gerade Sponsoren dafür.

Bei mir war es umgekehrt. Ich habe Zugriff auf 3D-Drucker, hatte aber keine astronomischen 3D-Dateien, die ich hätte drucken können, und schon gar keine, die speziell taktil aufbereitet gewesen wären.

Zum glück arbeite ich am Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT), http://szs.kit.edu.

Wir haben taktile Drucker zur erstellung tastbarer farbiger  Studienmaterialien, und wir haben 3D-Drucker im Einsatz, um Modelle für technische Fächer zu erstellen.

Das ist es aber noch nicht alleine.

Ich habe Vorgesetzte, die meine Arbeit zur Astronomie unterstützen und mit tragen. Somit bekomme ich dann und wann auch mal Druckzeit im Labor, wobei die Studierenden und deren Druckaufträge natürlich immer vorgezogen werden, und die anderen Arbeiten am Institut, die ich zu erledigen habe, gehen immer vor.

Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, an einem anderen Ort zu arbeiten.

Also starteten wir unsere Kooperation.

Ich schickte ihnen mit der Schneckenpost einige Exemplare meiner taktilen Astromappen

und sie schickten mir über den schnelleren Mail-Weg aufbereitete Dateien von Mars, Mond und einer nördlichen Himmelsphäre mit den wichtigsten Sternbildern.

Ich sollte die Dateien drucken und Verbesserungsvorschläge einbringen.

Und an dieser Stelle geht es auch nur mit einem guten Team weiter. Ein 3D-Modell lässt man nicht einfach so aus dem Drucker, wie ein Blatt Papier.

Oft müssen die Modelle noch für den Drucker mit Spezialsoftware eingerichtet werden. Viele Parameter bestimmen die Qualität und den Erfolg des Druckes.

Das geht also nur dann, wenn man Leute hat, die das zum einen können und beherrschen, und die sich die Zeit für mich und mein Hobby neben ihrer Arbeit nehmen. Ohne meine Teamkollegen aus dem Drucklabor ginge das hier alles nicht.

Außerdem dauert so ein Planet ungefähr vierzig Druckstunden.

Als erstes druckte mein Kollege also die beiden Mondhälften, und klebte sie zur Mondkugel zusammen.

IMG_0133
3D-Modell Mond

Besonders ist an diesem Mond, dass er überzeichnet ist. Das bedeutet, dass die Berge und Krater überhöht dargestellt sind. Man kann sagen, der taktile Kontrast wurde künstlich angehoben.

Täte man das nicht, würde man auf diese Größe nichts ertasten können. Die Modelle sind alle mit einem Durchmesser von 15 cm gedruckt. Diesem Kompromiss ist geschuldet, dass ich mit den Modellen im Koffer oft mit der Bahn mobil unterwegs bin, weil ich keine Fahrer habe.

Eine Mondscheibe von 30 cm Durchmesser, wie Sehende sie im Teleskop sehen, fühlt sich fast glatt an, würde man sie unbearbeitet drucken. Selbst die Wölbung wäre kaum zu tasten.

Auch meine taktile Mondkarte ist überzeichnet, damit alles auch für sehende Betrachter plastischer wird.

mondkarte hochkant mit Rakete
Reliefkarte Mond

Zum Vergleich besitze ich seit neuestem einen weiteren taktilen Mond, der auch aus dem 3D-Drucker kommt. Hierbei handelt es sich um eine Mondlampe, ein Highlight für die Kinder in meinem Workshops, weil er leuchtet und Farbe und Helligkeit wechseln kann. Bei diesem Mond sind die Strukturen deutlich schwächer, weil er als Lampe und nicht als Modell für blinde Menschen, konzipiert ist.

Eine weitere Besonderheit dieser Modelle ist, dass die Pole gut fühlbar dargestellt sind. Es gibt ein klares Symbol für Nordpole und eines für Südpole, so dass die Ausrichtung der Planeten immer klar ist.

Außerdem ist beim Mond eine Art Äquator dargestellt, die die uns zugewandte Seite von der sog. „Dark Side“, trennt.

Man muss somit zur Veranschaulichung den Mond so hinstellen, dass der umlaufende Äquator aufrecht steht.

Dunkel ist diese Seite durchaus nicht. Wenn wir Neumond haben, ist sie in der prallen Sonne…

Bei den anderen Planeten ist immer der Nullmeridian eingezeichnet und die Äquatoren ergeben sich durch die Nähte der geklebten Halbkugeln.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie erhebend dieses Gefühl war, als ich den Mond zum ersten Mal in die Hand nahm. Ich war gerührt und hatte etwas Pippi in den Augen, glaube ich.

IMG_0133
3D-Modell Mond

Der Unterschied des Mars zur Erde verblüffte mich. Was natürlich sofort auffällt ist, dass er keine Plattentektonik besitzt, wie unser Globus.

Man fühlt etwas die verkraterte Landschaft. Der Olymp Monts ist sofort erkennbar. Auch der Gale-Krater, in welchem sich der Rover Curiosity tummelt, ist unverwechselbar zu ertasten.

kleinere Details, wie Flussbette etc. lassen sich bei dieser Größe und Auflösung nicht darstellen.

Natürlich weiß ich, dass der Mars z. B. keine Kontinente hat, aber selbst ertasten, erfahren und erleben, ist dann doch immer noch etwas ganz anderes. Wissen ist das eine, aber das haptisch- körperliche Erlebnis, das andere.

IMG_0120
3D-Modell Mars

Bei unserem Globus-Modell, mussten wir das Wasser der Meere quasi etwas ablassen. Ansonsten wäre der Unterschied zwischen Wasserfläche und Land, nicht tastbar gewesen.

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3D-Modell Erde

Ich finde, dass Merkur und Venus sich haptisch sehr ähnlich anfühlen. Da muss man sich ein gutes markantes Gebirge oder einen Krater finden, damit man sie unterscheiden kann. Man fühlt auf jeden Fall, dass den beiden beim großen Bombardement übel mitgespielt wurde, ähnlich unser Mond.

Natürlich ist hier der Steinplanet der Venus ohne ihre dicke Wolkenschicht gedruckt.

Aktuell machen wir uns darüber Gedanken, wie man Gasplaneten, die Sonne und vielleicht sogar die Ringe des Saturns, drucken könnte.

Ganz erstaunlich fand ich den Ausdruck des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko, zu welchem die Mission Rosetta führte, die dann den Lander Philae auf dem Kometen landete.  Er sieht wirklich aus, wie eine Badeente oder ein Elefantenschuh.

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3D-Modell Juri

Ein weiteres Jubiläum ist, dass ich mich in Alikante, wo ich auch im May 2013 in Urlaub war, entschloss, mein Buch zu schreiben, dessen Veröffentlichung dann noch zwei Jahre dauern sollte. Das war ein riesiges Projekt.

So, ich denke, jetzt habe ich meinen Jubiläums-May 2018 würdig mit euch gefeiert.

Es Grüßt euch bis zum nächsten Mal

Euer Gerhard.

Mit dem Ohr am Teleskop


Liebe Leserinnen und Leser,

nun melde ich mich mit einer neuen Idee für meinen Blog zurück.

hier soll in unregelmäßigen Abständen eine kleine Serie von Artikeln entstehen, die sich mit Audio-Astronomie beschäftigt, „Das Ohr am Teleskop“.

Selbstverständlich kann so direkt nichts durch das Weltall klingen, denn dort herrscht ein Vakuum. Schall benötigt aber im Gegensatz zu Licht, ein Medium, durch welches er sich fortpflanzen kann. Dennoch gibt es im wesentlichen vier Möglichkeiten, sich gewisser astronomischer Phänomene oder Vorstellungen akustisch anzunähern.

* Verklanglichung von Bewegungen am Himmel

* Sonifizierung gewonnener Daten

* Radioastronomie und ihre Sounds

* Beben der Raumzeit

Beginnen wir heute mit der Klang-Idee des Himmels und der Bewegung seiner Objekte, der ältesten Idee von Klang und Astronomie.

Dies ist eine sehr alte, von Menschen gemachte Idee. Sie geht zurück auf Pythagoras (570 – 510 v. Chr.) Er glaubte und suchte nach der Lehre der absoluten Harmonien. Er fand sie in der Mathematik und in der Musik, indem er auf einem Monochort die Seite verschieden teilte. Teilt man sie in der Hälfte, erhält man die Oktave, das Tonverhältnis 1 zu 2. Drittelt man sie, entsteht die Quinte und so weiter. Man kommt so durch die gesamte Obertonreihe.

Hier könnt ihr hören, was ich meine.

https://www.youtube.com/watch?v=Oy-0kXXqHqk

Pythagoras hielt den Himmel für dermaßen Perfekt und unveränderlich, dass er davon überzeugt war, dass die Bahnen der Planeten nichts anderem gehorchen konnten, als der absoluten Harmonie der ganzen Zahlen, Zahlen ohne Rest.

Selbst Johannes Kepler schrieb ein Buch über musikalische Harmonien und die Bewegung der Planeten. Auch er glaubte an derartige Gesetze. „Gäbe man dem Himmel Luft“, sollte wahrhaftig Musik erklingen, schrieb er sinngemäß in Harmonice Mundi. Schließlich musste er diese Meinung aufgeben, weil seine Daten zeigten, dass die Planeten sich auf elliptischen Bahnen und nicht auf perfekten Kreisbahnen bewegten. Seine Harmonielehre passte er diesbezüglich an, dass nun halt die Töne der Umlaufbahnen leicht variierten, je nach dem, wo der Planet sich gerade auf seiner Bahn befindet. Ist er nahe seines Perihels, dem sonnennächsten Punkt seiner Bahn, so bewegt der Planet sich etwas rascher, was seinen Ton höher klingen lässt. Ist er bei seinem Aphel, seinem sonnenfernsten Punkt, ist er langsamer, und sein Ton daher etwas tiefer. Keplers erstes Planetengesetz besagt, dass Planeten sich elliptisch um ihr Muttergestirn bewegen, deren einer Brennpunkt der Stern darstellt. Sein zweites Gesetz besagt, dass der Strahl, der den Planeten mit seinem Stern verbindet, stehts in gleicher Zeit, die gleiche Fläche überstreicht. Das geht nur so, indem er in Sternnähe schneller ist, als fern vom Stern.

 

Die Klangidee des Sonnensystems findet sich sogar auf den Golden Records, Das sind die mit Audio bespielten Schallplatten, die man den Voyager-Sonden I und II mitgegeben hat, in der Hoffnung, die außerirdischen Finder der Sonden, könnten diese Klänge als ein aus mehreren Planeten bestehendes Sonnensystems, interpretieren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Voyager_Golden_Record

Bis in die Quantenphysik hinein wird bis heute vom kosmischen Tanz gesprochen.

Und wie funktioniert diese Klang-Idee?

Man setzt hier Himmelsbewegungen zueinander ins Verhältnis. So stellt beispielsweise das Verhältnis der Umlaufzeit von Erde und Mars, Mars braucht nahezu zwei Erdenjahre für seinen Umlauf, musikalisch fast die exakte Oktave dar.

Stimmt nicht ganz, da die Marsbahn deutlich exzentrischer ist, als die Erdbahn.

Da das Interval zwischen Erde und Venus durch die elliptischen Bahnen zwischen einer kleinen und einer großen Sechst schwankt, nannte Kepler dieses etwas traurig zwischen Moll und Dur schwebende jammernde Lied, das ewige Lied des Elends der Erde.

Es gibt noch viele andere Verhältnisse, z. B. 2/3, 3/4 etc. Genau, wie in der Musik gibt es auch Disonanzen, „Töne“ die sich reiben und Resonanzen „Töne die sich aufschaukeln und immer lauter werden.

Das kann dazu führen, dass ein Himmelskörper, beeinflusst durch die Gravitation beispielsweise des Jupiters, durch dieses Resonanz-Verhältnis, auf eine andere Bahn gezwungen, oder gar aus dem Sonnensystem herausgeworfen wird. In manchen Parks stehen sog. Chinesische Brunnen. Das sind mit Wasser gefüllte Metallbecken bei denen man durch Reiben an in den Becken angebrachte Metallstangen, das ganze System in Schwingung versetzen kann. Die kann so stark werden, dass das Wasser Fontänenartig, das Becken verlässt.

https://www.youtube.com/watch?v=AIIcK9Cwx08

Bis heute ist die Klangmystik des Sonnensystems nicht tot. Manche esoterisch veranlagten Menschen glauben daran, dass man die Eigenschaften, die den verschiedenen Himmelskörpern zugeordnet werden, dadurch in sich spüren kann, indem man zu den Tönen der jeweiligen Himmelskörper meditiert.

Das simple Verfahren, diese Töne zu berechnen, stammt von Hans Cousto.

Wenn ein Vater mit seinem kleinen Kind ein Lied singt, so wird er es in der Regel ein bis zwei Oktaven tiefer singen. Niemand würde aber behaupten, das beide deshalb ein unterschiedliches Lied sängen. Es ist dasselbe lied. Wenn man nun die Umlaufzeit der Erde, den Tag-Nacht-Rhythmus oktaviert, also immer verdoppelt, dann kommt man so nach 20 oder mehr mal frequenztechnisch in den hörbaren Bereich. Die Erde steht für sich erden, sich verorten Grund unter den Füßen zu haben, wie ein Baum zwischen Himmel und Erde zu stehen, etc. Wer das glaubt, ist davon überzeugt, dass er oder sie diese Eigenschaften für sich empfängt, wenn man zu diesem sog. Erdenton meditiert.

Er klingt so:

https://www.youtube.com/watch?v=rVjQEsSWpk8

Dasselbe kann man mit dem Jahreslauf der Erde um die Sonne treiben. Sie steht für Licht, Wärme, Klarheit, Leben etc. Indische Tempelgongs sind häufig auf den Sonnenton gestimmt.

https://www.youtube.com/watch?v=WY3rrDyiLmo

Für viele spielt der oktavierte Mondton, der sich aus einem synodischen Monat ergibt, eine große Rolle. Teure Windspiele sind oft auf einen dieser Töne gestimmt.

https://www.youtube.com/watch?v=x6pnsEh1EuQ

Leider habe ich grad auf die Schnelle kein besseres Beispiel gefunden.

Tatsache ist, dass vor wenigen hundert Jahren, als der Kammerton noch tiefer war, als heute, die Mitte der Oktave, das G, mit dem Erdenton zusammen fiel.

Im zuge der technischen Entwicklung der Musikinstrumente zog deren immer höhere Brillanz mit der Zeit den Kammerton in die Höhe. Heute liegt er bei 440 Herz, 440 Schwingungen pro Sekunde. Früher betrug er eher nur 400 Herz.

Viele kennen noch die Tonleiter

„Do, Re, Mi, Fa, Sol, La, Si“ und die Bewegungen, die man dazu machte.

Man beachte die Mitte der Tonleiter, den Grund, Sol.

Ich bin eher nicht so esoterisch. Ich denke aber schon, dass diese Grundempfindungen und Ideen für musikalische Menschen nicht ganz zufällig sind.

Wir sollten diese Ideen längst vergessen haben, wenn sie sich für überhaupt nichts und niemanden bewährten.

Auf jeden Fall waren diese alten pythagoräischen Gedanken ein Aufbruch zu einer neuen Astronomie, die gerade erst so richtig Fahrt aufnimmt. Deshalb sollten wir sie respektvoll und historisch betrachten, behüten und bewahren.

Im Nächsten Artikel dieser Serie wird es dann um die Verklanglichung von beobachteten und darauf fußend berechnete daten gehen.
Dieser Artikel ist inzwischen unter dem Namen „Klingende Planetenbahnen“ erschienen.
Zu Klingende Planetenbahnen- –
Bis dahin grüßt euch ganz herzlich

Euer Gerhard.

Parken im All


Liebe Leserinnen und Leser,

Schon mehrfach ist es passiert, dass es bei einer mission heißt, dass die Umlaufbahn leider nicht erreicht wurde. Dann heißt es bei erfolgreicheren Missionen, dass der Einschuss in die vorgesehene Umlaufbahn derart gut gelungen sei, dass die Raumsonde viel Treibstoff sparen konnte, und von daher viele Jahre länger betrieben werden kann. So dürfen wir es vom JWVLT hoffen. Was man hier deutlich sieht, ist, dass es für jede Aufgabe und jede Mission auch mehr oder weniger geeignete Umlaufbahnen und Orte gibt. Darum wird es heute gehen.

Tanz mit der Erde

Bei Aufgaben, wo es wichtig ist, dass man von der Erde aus stehts von der gleichen Stelle aus Sicht auf den Satelliten hat, schickt man sie auf eine geosynchrone Umlaufbahn. Der Satellit umläuft die Erde synchron zur Erddrehung ein mal täglich. Die einfachste Bahn dieser Art ist die geostationäre Umlaufbahn.
Die liegt ungefähr 36.000 Kilometer über dem Äquator. Es gibt noch weitere geosynchrone Bahnen.
Diese Bahnen eignen sich gut für Satelliten zur Kommunikation, Navigation und zur Wetterbeobachtung.

Welch ein Gezerre

Für andere Aufgaben aus Erdnähe wird es dann mit den Bahnen etwas kompliziert.
Ein Hauptproblem ist die Tatsache, dass immer mehrere Körper mit ihren Gravitationskräften an unserer gedachten Raumsonde ziehen.

  • Da zieht die Sonne mit ihrer ungeheuren Masse,
  • die Erde, in deren Nähe sich unsere Sonde befindet,
  • der Mond zieht, wenn er gerade mal vorbei kommt
  • und auch die riesigen Gasplaneten, wie unser Jupiter ziehen an der Sonde.

Dieses Spiel der Kräfte wird dann schnell chaotisch und die Sonde muss mittels Treibstoff ihre Bahn immer wieder korrigieren.
Das ist bei mehr als zwei Körpern, die sich gegenseitig beeinflussen, nicht mehr mit einer geschlossenen Formel, wie den Newtonschen Bewegungsgleichungen oder den Keplerschen Gesetzen zu lösen.
Es gibt jedoch numerische Verfahren, wie man die Bahnen von derartigen Drei-Körper-Systemen, z. B. Erde-Sonne-Raumsonde, Stück für Stück berechnen kann.

Bei einigen Missionsaufgaben lässt sich aber enorm Treibstoff sparen, weil es in einem Drei-Körper-System von denen einer extrem viel leichter ist, als die anderen beiden, Punkte gibt, bei denen man quasi kostenlos mitreisen kann. Treibstoff braucht man dann nur noch, damit man in der Nähe dieser Lagrange-Punkte, benannt nach dem Mathematiker Joseph-Louis Lagrange bleibt. Etwas korrigieren muss man schon, denn zum einen wird unser Drei-Körper-System ja auch von anderen Massen gestört, und zum anderen gibt es an den Lagrange-Punkten nichts, worum man kreisen könnte.
Es sind Punkte, bei denen sich die Zugkräfte auf unsere Sonde der im system befindlichen großen Massen, addieren, subtrahieren oder ergänzen.

Eine Sonde im Sonne-Erde-System

Hier betrachten wir stets die Sonne, die von der Erde umkreist wird. Als dritter Körper nehmen wir eine Raumsonde, die unterschiedliche Aufgaben, je nach dem, wo wir sie parken, wahrnehmen kann.

Der Platz an der Sonne

Bei Sonnen-Missionen ist man natürlich daran interessiert, möglichst viele Sonnenstunden zu haben, am bessten immer. Kein Tag-Nacht-Rhythmus oder ein Mondschatten soll die Beobachtung stören, und wenig Treibstoff soll die Sonde natürlich auch verbrauchen, denn wir wollen sie ja lange nutzen.
Der beste Parkplatz für so eine Sonde ist der Lagrange-Punkt eins. Er liegt zwischen Erde und Sonne.
An diesem Punkt ziehen Erde und Sonne gleich stark von gegenüberliegenden Seiten an der Sonde, und halten sie auf diesem Punkt fest. Da die Erde deutlich weniger Masse als die Sonne besitzt, liegt dieser Punkt näher an der Erde.
Er liegt ungefähr 1,5 Mio Kilometer von der Erde aus gesehen in Richtung Sonne. Das ist gerade mal ein Prozent der ganzen Strecke Erde-Sonne.
Und was an dem Punkt noch praktisch ist, die Erde zieht unsere Raumsonde mit sich auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne. Somit hat die Sonde den Stern stets im Blick und die Antenne für die Daten zeigt immer brav in Richtung Erde. Klar, die Erde dreht sich natürlich einmal täglich unter der Sonde hindurch, das stört aber nicht, weil es Empfangsantennen für die Daten um den ganzen Erdball verteilt gibt, oder man speichert die Daten und schickt sie dann zur Erde, wenn sich die Heimat-Antenne unter der Sonde vorbei bewegt. Und wenn nicht gerade eine Sonnenfinsternis stattfindet, dürfte nicht mal der Mond mit seinem Schatten störend durch den Datenstrahl zur Erde laufen. Wir merken also: Der LagrangePunkt L1 Erde-Sonne ist ein idealer Parkplatz für Beobachtungen unseres Sterns, des Sterns von dem wir leben.

Im Schatten

Wer wünscht sich im Sommer keinen Parkplatz unter einem schattigen Baum.
Bei vielen Missionen ist es auch so, dass gerade die Sonne mit ihrer Wärme und ihrem Licht stört. Aus diesem Grunde parkte man die beiden WeltraumteleskopeHerschel und Planck, die u. A. Beobachtungen im Infrarot-Bereich, also Wärme, machen sollten, in L2(Erde-Sonne). Dieser liegt von der Sonne aus gesehen 1,5 Mio Kilometer hinter der Erde auf einer Linie mit Erde, L1 und der Sonne.
Aktuell befindet sich dort Das Weltraumteleskop Gaia, das im Schatten der Erde Sterne zählt und katalogisiert.
Das astronomisch teure und viel verspätete Teleskop, James Webb, ist ebenfals in diesem schattigen Platz geparkt. Punkt
Das benötigt trotz Erdschatten noch einen Wärmeschutz, der größer als ein Tennis-Feld ist und Instumente müssen noch aktiv gekühlt werden, damit die Instrumente für das infrarote Licht, die Wärmestrahlung, empfindlich werden. Die Bahnen, welche diese L2-Missionen um diesen Punkt beschreiben, sind so gewählt, dass zumindest ihre Sonnensegel aus dem Erdschatten in die Sonne ragen, um Strom zu ernten.
Was verleiht aber nun diesem Punkt so interessante Eigenschaften?
Nach den Keplerschen Gesetzen und der Newtonschen Mechanik ist es so, dass ein Planet um so länger braucht, um seinen Stern zu umrunden, desto weiter er von ihm entfernt ist. Länger braucht er nicht nur deswegen, weil er mit zunehmender Entfernung eine weitere Strecke zurück legen muss, sondern weil er sich tatsächlich auch langsamer auf seiner Umlaufbahn bewegt. Das kann man leicht nachvollziehen, wenn man sich die Umlaufzeiten, die Entfernungen und die Bahnlängen unserer Planeten um die Sonne betrachtet. Dabei kann man ruhig mal kreisförmige Bahnen annehmen. Befindet sich unsere Sonde in L2, dann addieren sich die Massen von Sonne und Erde so günstig, dass die Sonde die selbe Umlaufgeschwindigkeit als die Erde um die Sonne hat. Die hätte sie auch dann, wenn die Erde nicht da wäre, und die Sonne selbst um das Gewicht der Erde schwerer wäre. Somit wird es möglich, dass die Sonde ohne viel zu tun, einfach mit der Erde mitreisen kann. Der Antrieb wird dann nur dazu benötigt, um sie in der Nähe des Punktes zu halten, denn durch äußere Einflüsse anderer Himmelskörper würde sie diesen mit der Zeit verlieren, und entweder zurück auf die Erde fallen, oder ins Weltall verschwinden.

Wo liegt die „Gegenerde“?

Im Fall Sonne-Erde liegt der dritte Lagrange-Punkt auf der uns gegenüberliegenden Seite der Sonne, knapp 190 km weiter weg von der Sonne als die Erde. In diesem Punkt bewirken die (gleichgerichteten) kombinierten Anziehungskräfte von Erde und Sonne wieder eine Umlaufdauer, die gleich der der Erde ist.
Schwurbler vermuten hier eine „Gegenerde“ die man nie zu sehen bekommt.
Meines Wissens kann man mit diesem Punkt in der Raumfahrt nicht viel anfangen, weil kein Funkkontakt zur Erde möglich wäre. Die risige Sonne mit ihrem eigenen Radio-Programm wäre immer störend im Wege.

Trojaner und blinde Passagiere

L4 und L5 solcher Systeme sind für Asteroiden-Forscher interessant.
Sie bilden jeweils ein Dreieck mit den beiden massereichen Körpern eines derartigen Systems. Beim System Erde-Sonne läge dann die Sonne auf einer, die Erde auf der zweiten und die Sonde auf der dritten Ecke dieses Dreiecks.
Im Falle Erde-Sonne liegt in Bewegungsrichtung der Erde um die Sonne gedacht, L4 60 Grad vor und L5 60 Grad hinter der Erde.Diese beiden Punkte sind sogar relativ stabil, weil die Sonde von den Anziehungskräften von Erde und Sonne quasi in der Zange gehalten wird.
Manchmal kommt es vor, dass sich ein kleiner Asteroid als blinder Passagier in L4 oder L5 eines solchen Systems parkt. Unsere Erde führt einen sog. Trojaner in einem dieser Punkte mit. Auch bei Jupitermonden hat man schon Trojaner gefunden. Die Raumsonde Lucy wird diese Trojaner des Jupiters besuchen.
Für die Sonnenforschung sind L4 und L5 auch spannend, denn von dort aus kann man die Sonne etwas seitlich beobachten. Damit könnte man dann einen Sonnensturm nicht nur frontal betrachten, sondern würde ihn vorbei ziehen sehen.

Zweites Beispiel – Das Erde-Mond-System

Selbstverständlich bildet auch die Erde, der Mond und alles, was dort hin möchte, so ein Drei-Körper-System. Das muss man wissen, und kann es auch geschickt nutzen, wenn wir als Menschheit wieder in Richtung Mond aufbrechen wollen.

Der Punkt ohne Rückkehr

Der Abstand zu L1(Erde-Mond) ist für Mondfahrer interessant. Er liegt etwa 326.000 Kilometer in Richtung Mond. Der Abstand Erde-Mond beträgt im Mittel 384.400 Kilometer. Da der Mond deutlich weniger Masse als die Erde besitzt, liegt dieser L1 natürlich näher bei ihm. Befindet man sich näher als dieser Abstand beim Mond, dann wird man von ihm angezogen. Das bedeutete für die Apollo-Missionen, dass es von da ab nicht mehr möglich war, ohne Triebwerk zur Erde zurück zu fallen (Point of no return).

Die dunkle Seite

L2(Erde-Mond) liegt auf der Rückseite des Mondes, die uns stets abgewandt ist.
Vom Erdmittelpunkt aus gemessen, liegt der Punkt 449 km entfernt knapp hinter dem Mond auf der Verbindungslinie Erde-Mond, auf welcher sich auch L1 dieses Systems befindet. Bis vor kurzem war dieser Punkt für die Raumfahrt nicht sehr spektakulär. Das änderte sich jedoch, seit China einen Rover und eine Sonde auf der Rückseite des Mondes landete.
Der Kommunikationssatellit von Chang’e-4 ist am L2-Punkt geparkt (genauer umkreist L2). Somit stellt er Funkkontakt vom Lander und Rover zur Erde her.

L3 Erde-Mond liegt auf der Verbindungslinie Erde-Mond, etwa 382,500 Kilometer hinter der Erde vom Mond aus betrachtet. Das wäre dann der Platz für einen Gegenmond, den es, wie wir wissen, nicht gibt. Ansonsten hätten wir den schon entdeckt.

Erde und Mond spannen mit der Sonde in L4 und L5 des Systems wieder Dreiecke auf. Vielleicht werden diese Punkte mal für die Kommunikation bei der Erforschung des Mondes wichtig. Trojaner befinden sich dort meines Wissens momentan keine.

Epilog

So, jetzt hoffe ich, dass ich das einigermaßen anschaulich auch ohne Bild beschreiben konnte.
Seit heute, 22.02.2024 besitze ich eine taktile Geburtstagskarte, die die Lagrange-Punkte darstellt. Dank an mein Team für diese Karte. Damit kann ich richtig viel anfangen. Sie hat mir gezeigt, dass ich mit meinen Vorstellungen richtig lag.

Ich kann nicht einfach mal etwas einfach so hin zeichnen. Allerdings tue ich das im Kopf trotzdem.
Ich stelle es mir ungefähr so vor:
Wenn ich über Gaia in L2 erzähle, dann ist es in meiner Vorstellung so, dass ich mit der Sonde fliege, fast, dass ich die Sonde bin.
Ich höre dann quasi hinter mir die Erde mit ihrem Schatten und schaue mit meinem Kopf dorthin, wo gaia hin sehen soll.
Sie beschreibt eine Lissajous-Figur um L2, wofür sie Treibstoff benötigt.
Das mit der Lissajous-Figur ist zwar etwas theoretischer, aber ich weiß, dass Gaia immer so fliegen muss, damit ihre Sonnenpaddel aus dem Erdschatten kommen, um Sonnenenergie zu tanken.
Gaja vollführt noch eine Drehung um sich selbst. Die lassen wir hier mal in der Vorstellung besser weg, um jegliche Raumkrankheit zu vermeiden.

Astronomie für benachteiligte Kinder


Liebe Leserinnen und Leser,

 

immer und immer wieder darf ich erleben, wie inklusiv und wunderbar Astronomie vor allem Kinder und Jugendliche abholt, die nicht gerade begünstigt vom Leben sind.

Das möchte ich nun einfach mal ganz demutsvoll und bescheiden mit euch teilen.

Es geht mir hier ganz bestimmt nicht darum, zu zeigen, was ich für ein toller Hecht bin. Einzig und alleine die Kinder stehen im Vordergrund und wie ich sie mit der Astronomie erreiche.

Hier zwei anrührende Beispiele dafür:

1. Sternstunde an der Nikolauspflege Stuttgart

Die Nikolauspflege ist eine Bildungseinrichtung für Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung.
Zur Nikolauspflege

Von der Grundschule bis hin zu einer beruflichen Ausbildung ist hier alles geboten. Ein großer Teil ist die berufliche Vorbereitung. eine derartige Maßnahme muss häufig einer Ausbildung vorgelagert werden, weil noch Probleme zu kompensieren sind, der Einstieg in einen Beruf zu schwierig wäre, oder sonst einfach noch Defizite in Entwicklungsprozessen vorliegen.

Für so eine Klasse durfte ich diesmal nun schon zum zweiten Mal einen Astronomie-Nachmittag mit meiner Arbeitsplatzassistentin gestalten.

Hier kommt nun zuerst die Einladung, an die Schülerinnen und Schüler und anschließend ein Text, der Beschreibt, wie der Workshop war.

…..

Liebe Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Lehrende,
Heute darf ich Sie ganz herzlich zu einer Besonderheit einladen.
am … von … bis … in Raum …
werden wir den vollblinden Hobbyastronomen Gerhard Jaworek zu Gast haben. Er war selbst Schüler von 1986 – 1989 an der Wirtschaftsschule der Niko, ist dann nach Marburg gegangen und arbeitet jetzt nach Abitur und Informatikstudium seit 20 Jahren an der Universität in Karlsruhe. Astronomie ist seit Jahrzehnten seine Leidenschaft. Er bietet dazu Seminare, Workshops und Freizeiten an. Über diese Arbeit hat er das Buch „Blind zu den Sternen – Mein Weg als Astronom“ geschrieben, das man auch in den Blindenhörbüchereien als Hörbuch ausleihen kann.
Er sagt:
Was? Wie? blinder Astronom?“ Wie soll denn das gehen, wenn man keine Sterne sehen kann?
Darum, und um alles, was mit Weltall zu tun hat, wird sich mein Workshop drehen.
Wusstest Du, dass die Sonne klingt?
Hast Du schon einmal ein Nordlicht gehört?
Wie klingt es, wenn zwei Schwarze Löcher verschmelzen?
Hast Du schon einmal Modelle von Mond, Mars oder Kometen in deinen Händen gehalten?
Wenn nicht, und wenn Dich so was interessiert, dann bist Du genau richtig bei mir.
Hier kannst Du das alles und mehr über das Weltall erfahren. Und was natürlich den Workshop noch besser macht: Bringe Deine eigenen Fragen mit. Es gibt keine dummen Fragen, und wenn sie sich um das Universum, Planeten, Sterne, Weltraum und Raumfahrt drehen, schon gar nicht.

Also, ich freue mich auf Dich und bin gespannt auf Deine Fragen.
Es ist schön für mich, mal wieder an meine alte Schule zurück zu kommen.

Bis dahin grüßt euch

Gerhard Jaworek.

Auf jeden Fall hatte ich an der Nikolauspflege kurz vor Ostern einen ganz wunderbaren Astronachmittag. Es waren Menschen, die sich gerade in einer einjährigen Maßnahme zur Berufsvorbereitung befinden. Also Personen, die momentan einfach nicht ganz auf der Sonnenseite des Lebens stehen, und etwas Unterstützung und noch Zeit benötigen, ins Leben, in die Welt und zu sich selbst zu finden.

Die Lehrerin hatte im Unterricht mit der Klasse Fragen vorbereitet. Jeder durfte seine Fragen stellen, und wurde von allen ermutigt, es doch zu tun, wenn mal der Mut etwas knapp wurde. So brauchte ich mein Notprogramm überhaupt nicht anfahren. Von den Fragen geleitet, ließ ich mich treiben, ohne natürlich die Struktur zu verlieren. Ein Notprogramm muss man immer dabei haben, denn ich kenne die Gruppe nicht. Es könnte ja vielleicht doch mal sein, dass die Teilnehmenden nicht so aktiv mitarbeiten. Das ist mir aber, Gott lob, bei Kindern und Jugendlichen noch nie passiert.

Immer wieder bin ich verblüfft, was für ein Wissen über Astronomie Kinder und Jugendliche besitzen.

Ich war sehr froh, dass auch Fragen kamen, wo ich einfach sagen musste, dass wir die Antwort darauf momentan nicht wissen.

Die erste Frage war gleich so eine: „Was war vor dem Urknall?

Es wurde viel zu Sonne, Mond und Mars gefragt. Klar, denn da will ja scheinbar jeder hin. Aber auch die Schwarzen Löcher wurden über die Medien aufgeschnappt. Jupiter und Saturn waren auch sehr präsent, wegen der Sonden Juno und der vergangenen Cassini-Mission. Der Start der Falcon Heavy war auch Thema.

Ein Flüchtling aus Afrika stellte Fragen, die ganz deutlich zeigten, dass in seiner freikirchlich christlichen Religion die Welt eine Scheibe war etc. Das hat mich fasziniert und erschüttert zugleich. Zu den Antworten ließ ich passend meine 3D-Modelle, meine Grafiken und andere Dinge herum gehen. Außerdem hörten wir uns sehr viele Weltraumsounds (Sonnenwind, Nordlichter, Mondlandung an. Vielen Dank an dieser Stelle an meine Assistentin. Dass sie die Modelle austeilte und wieder einsammelte, war mir eine unverzichtbare Hilfe. Somit konnte ich mich ganz auf die Inhalte konzentrieren und musste nicht unterbrechen.

Ich hatte diesmal deutlich verbesserte

3D-Modelle von den Planeten dabei. Ich habe mal bei meiner Scheffin gejammert und gaaaanz viel Druckzeit im Labor bekommen. Ein Planet dauert so ungefähr 40 Stunden.
Außerdem überarbeitete ich meine taktilen Mappen. Dann hatte ich eine Mondlampe dabei. Das ist ein taktiler Mond mit mehrfarbiger interner Beleuchtung. Kommt aus so einem Esoterik-Laden. Wirkt aber super und hat den Jugendlichen viel Spaß bereitet. Schade, dass ich meine Saturn-V-Legorakete nicht mitnehmen konnte. Die ist für eine Reise mit dem Zug leider zu groß und zu zerbrechlich.

Alle waren super interessiert und nahmen gleichberechtigt am Workshop teil.
Tja, was soll ich sagen. Es hat sich halt mal wieder bewahrheitet. Astronomie funktioniert halt einfach super gut bei Brennpunkt-Schülern etc., weil sie alle gleichermaßen abholt. Sie entrückt alle in ein- und dieselbe Astrowelt, wo Benachteiligungen und Einschränkungen, welcher Art auch immer, einfach mal Pause haben.

2. Workshop an der Schule für Menschen mit Sehbehinderung in Mannheim

Die Schule für Menschen mit Sehbehinderung ist eine Grund-, Haupt- und Realschule für Menschen mit Restsehvermögen.

Zur Schule

Ein wesentlicher Vorteil an dieser Schulform ist, dass die Klassen kleiner sind. Es ist kein Geheimnis, dass es durchaus Schüler an diesen Schulen gibt, die nicht wegen einer Sehbeeinträchtigung dort unterrichtet werden. Diese Schulart eignet sich eben auch, z. B. für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, wie ADHS, für Kinder mit Migrationshintergrund, oder sonstiger Benachteiligungen. Somit ist es klar, dass man hier auf Kinder trifft, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

Hier ist mein Konzept für den Nachmittag, das ich der Direktorin dieser Schule schickte, die mir den Workshop ermöglichte, und dann folgt ein Fazit-Text, der nach dem Workshop entstand.

….

Der Nachmittag soll unter dem Motto „Schall im All“ stehen. Wir werden so tun, als könnten wir uns ungestört auf allen Körpern unseres Sonnensystems bewegen. Wir spüren nach, wie es sich auf den Objekten unseres Sonnensystems anhören würde, wenn wir dort stünden.

Dass es wegen Hitze, Kälte, mangelnder Luft etc. natürlich nicht geht, wird vernachlässigt, aber selbstverständlich erwähnt.
Auf der Sonne beispielsweise wäre sehr viel Lärm, weil es auf ihr kocht und brodelt, wie in einem Kochtopf voll Wasser.
Unterhielten wir uns auf einem der Gasplaneten, z. B. dem Jupiter, würden wir uns anhören, wie ein Zwerg oder die Mikimaus, weil unsere Stimmen in Helium und Wasserstoff höher klingen, als in unserer Atmosphäre aus Stickstoff und Sauerstoff.

Ich blies auch eine Flöte mit Helium an. Unglaublich, wieviel höher der Ton damit wird. Bei einer C-Flöte kann der Ton, wenn es gut läuft, bei gegriffenem tiefem C bis zum darüberliegenden F verschoben werden.

Danke an #minkorrekt, die diesen Flöten-Versuch vor einigen Folgen als Experiment der Woche in ihrem Podcast hatten.

Auf der Venus mit ihrer unendlich dicken Kohlendioxyd-Atmosphäre, klingt dagegen alles deutlich tiefer, fast schon verblubbert.

Ich werde natürlich etwas zu den Himmelskörpern und deren Geräuschen erklären. Ziel ist es aber auch, dass die Kinder sich am Workshop beteiligen. Sie dürfen mit ihrer eigenen Stimme in ein Mikrofon sprechen, um die gewünschten Klänge in ihrer Sprechweise wahrzunehmen.
Vielleicht bringe ich sogar Helium und Luftballons mit.

Natürlich geben wir auch wieder Modelle herum.
Zeit für Fragen soll auch sein, denn das Astronomie-Wissen mancher Kinder übertrifft dasjenige mancher Erwachsenen, zumindest aus Sicht der Kinderwelt, um Längen.

Also ich denke, das sollten abwechslungsreiche 90 Minuten werden.

am 19.04.2018 war ich zum zweiten Mal an der Schule für Sehbehinderte in Mannheim, wo ich einen Astro-Workshop halten durfte.

Das war wieder ganz großes Kino. Die Lehrerin warnte mich. Sie meinte, dass der Workshop diesmal sehr schwierig werden könnte, weil die eine Hälfte der Kinder extrem unruhig sei, und die andere Hälfte der Null-Bock-Generation angehöre. Ich dachte mir, warten Sie mal ab. Sie mögen vielleicht in ihrem Unterricht diese Probleme haben, aber ich…
Zum Glück behielt ich Recht. Die Kinder waren alle super aufmerksam, hatten Fragen etc. Naja, ich holte sie halt ab, bezog sie ein, stellte Fragen und lies sie frei denken.

Wir hörten uns mit einer Handy-App an, wie es auf der Venus und dem Jupiter klingen könnte. Für die Erde spielte ich Geräusche vor, die man den Voyager-Sonden mitgegeben hat. Beim Mond gab es natürlich etwas Funkverkehr von Apollo 13. Vom Bowshock der Juno-Sonde gibt es auch Radioaufnahmen. und von Cassini-Huygens gibt es beispielsweise den Abstieg von Huygens durch die Dicke Atmosphäre auf den Mond Titan.

Auch hier zeigte sich wieder ein unglaubliches Interesse und Wissen der Kinder. Wir haben beispielsweise durch meine Fragen alle Planeten und einige Monde des Sonnensystems zusammen tragen können.

Das astronomische Rätsel von Friedrich Schiller „Auf einer großen weide gehen, viel tausend Schafe, silberweiß…“ konnten die viertklässler fast ohne Hilfe entwirren. Sie fanden, dass der Mond das Silberhorn sein muss, dass die goldnen Tore Sonnenauf- und Untergang sein müssen, dass die große Wiese der Himmel ist, und die silberweißen Schafe natürlich die Sterne. Das komplette Rätselgedicht findet ihr auf meinem Blog,
Schillers Rätsel
https://blindnerd.wordpress.com.

Die Kinder erkannten die Gefahr des Weltraumwetters und fanden heraus, dass ihre Handys, Navis und Fernseher vielleicht nicht mehr funktionieren, wenn ein Sonnenausbruch einen Satelliten trifft. Der größte Schrecken dürfte der Gedanke gewesen sein, es könnte ja dann auch mal kein Internet geben.

Nach der Veranstaltung  meinte die Direktorin, dass sie die Kinder noch nie so aufmerksam erlebt hätte. Was soll ich sagen. Wenn die Kinder im Workshop zeigten, dass sie das grundsätzlich können, dann liegt es entweder am Schulfach, oder am …, wenn es im Unterricht nicht rund läuft. OK, das muss man fairerweise schon sagen, dass es deutlich einfacher ist, Kinder für Astronomie, anstatt für Englischvokabeln zu begeistern.
Wie auch immer. Nach mittlerweile über einhundert Freizeiten, Seminaren, Workshops und Lesungen für unterschiedlichstes Publikum, stürzt mir in der Astronomie nichts mehr ab.

Ich bin am 24.08. mit einem Astro-Workshop bei der CDU in Bad-Schönborn eingeladen. Die JU führt dort ein Ferienprogramm für Kinder, die nicht in Urlaub fahren können, durch. Die haben mich gebeten, einen Astronachmittag für Kinder anzubieten. Da freue ich mich sehr darauf. Die kamen auf mich, durch die Caritass, wo ich im letzten November einen Vortrag zu „Inklusion am Himmel“ hielt.

Irgendwie ist es ein seltsames Gefühl, einen Workshop für eine Partei anzubieten. Man fühlt sich leicht instrumentalisiert und vor einen politischen Karren gespannt. In diesem Fall ist das aber ganz bestimmt nicht so. Hier stehen wirklich die Kinder im Vordergrund und keine politischen Ziele… Also das könnt ihr mir glauben. Für die AFD, hätte ich das niemals zugesagt.

Fazit:

Es ist ein rührendes und unglaublich gutes Gefühl, wenn man nach so einem Workshop wieder nach hause geht. Ich habe dann immer das beglückende Gefühl, etwas wirklich sinnvolles getan zu haben. Ich kann gar nicht beschreiben, wie es mir nach so etwas so unheimlich gut geht. Das trägt mich dann immer über viele Tage und Wochen durch meinen eigenen Alltag, wenn ich beispielsweise auch mit meiner Einschränkung zu kämpfen habe. Die eigenen Probleme relativieren sich vor dem Hintergrund, was manche, dieser Kinder so durchmachen müssen.

Jetzt hoffe ich, dass ich mich hier nicht zu sehr selbstbeweihräuchert habe. Darum geht es mir überhaupt nicht. Ich denke, dass vor allem diejenigen unter euch, die auch Astronomie mit Kindern und Jugendlichen treiben spüren und verstehen, was ich hier sagen will und meine.

Keine Astronomie an Schulen zu treiben, ist eine vertane Chance für so viele Dinge. Das Beispiel mit den Sateliten und dem Sonnenwind führt über die Handys in den Alltag der Kinder hinein. Von den unwirklichen Lebensbedingungen auf der Venus ist man ganz schnell bei den Begriffen Treibhauseffekt und Klimawandel. Astronomie kann ganzheitliches Denken fördern und schulen. Mehr über diese These ist in meinem Buch zu lesen.

Jetzt wünsche ich euch eine gute Zeit und verbleibe mit den besten Astronomiegrüßen

Bis zum nächsten Mal

Euer Gerhard.

Passend zum Frühling: „Zehn Gründe, sich mit Vogelstimmen zu beschäftigen“


Meine lieben,

Wieso es sich als blinder Mensch lohnt, Astronomie zu treiben, habe ich vor vielen Jahren mal in Zehn Gründe verpackt. Und nun habe ich noch ein zweites Hobby, das in manchen sehenden Menschen ähnliche Fragen hervorruft. Die zehn Gründe wieso sich dieses Hobby so sehr für Menschen mit Blindheit eignet, gibt es heute, jetzt und hier.

Immer wieder bekomme ich von sehenden Menschen die Frage gestellt,
weshalb ich mich mit den Vögeln so gerne beschäftige, wo ich sie doch gar nicht sehen kann.
Hier sind die Gründe dafür.

  1. Vogelstimmen sind so offensichtliche Geräusche, dass man einfach nicht daran vorbei hören kann.
  2. Da Menschen mit Blindheit „Hörmenschen“ sind, ist es sehr naheliegend, sich auch mit den Klängen und Sounds der Vögel zu beschäftigen, die allgegenwärtig sind.
    Überhaupt klingen auch Insekten sehr verschieden. Und Frösche und Kröten sind in diesem Zusammenhang auch sehr spannend und aufregend. Ich besitze sogar ein Gerät, das die Ultraschall-Sounds der Fledermäuse herunteroktaviert. Auch deren Stimmen sind je nach Art sehr unterschiedlich und ähnlich vielfältig, wie die Stimmen der Vögel.
  3. Vogelstimmen ergänzen jeden Spaziergang.
    Sie lenken auch von unschönen Dingen ab. Ich erinnere mich, als ich mal mit einer guten Bekannten Kleidung einkaufen war. Wir kamen plötzlich in einen starken Wolkenbruch hinein und wurden Bis auf die Knochen und Zigaretten nass. Sie konnte sich überhaupt nicht beruhigen und ihr Unmut wurde immer schlimmer. Da hörte ich plötzlich in all diesem Chaos und Getöse eine einzelne Amsel so laut, klar und wunderbar flöten, als ginge sie der ganze Regen und Sturm nichts an. Das traf mich wie ein Blitz. Ich erkannte, dass diese Amsel im Moment nur für uns gesungen hat. Schlagartig geriet meine Stimmung auf einen absoluten Höhepunkt. Leider war meine Begleitperson in diesem Moment nicht dafür offen, und konnte daher nicht von ihrem Groll und Gram lassen. Sie tat mir in diesem Moment sehr Leid, denn ich hätte ihr das so sehr gewünscht, durch diese Amsel Friden mit der Situation zu schließen.
  4. Vogelstimmen haben etwas mit Musik zu tun, was viele Menschen ansprechen dürfte.
    • Wir singen, wie Nachtigallen oder Lärchen.
    • Nichts lehrt uns die Terz besser, als der Ruf des Kuckucks.
    • Eine Amsel steht in der Vielfalt ihres Gesanges einer Nachtigall in nichts nach.
    • Kohlmeisen drehen manchmal ihr Lied einfach um, oder singen nur einen Teil davon,
    • und die Singdrossel wiederholt eine gefundene Strophe drei vier Mal, bevor sie sich eine andere ausdenkt.

    Also, wenn das nicht Musikalität bezeugt…

  5. Die weiche Geborgenheit eines Vogelnestes, den Eierndarin,  ein Federbett und auch Vogelfedern sind so schöne haptische Erfahrungen, dass dieser Aspekt auch ein Teil dieses Hobbys darstellt.
    Und ja, die Feder führt uns wieder zur Astronomie, denn eine Feder hat 1972 ein Astronaut gemeinsam mit einem Hammer aus Hüfthöhe auf den Mond fallen lassen. Beides kam gleichzeitig auf dem Mondboden an. (Fall zweier Gegenstände im Vakuum)
  6. Würden wir nur diejenigen Vögel singen hören, welche für sehende Menschen aktuell an einem Ort auch sichtbar sind, wäre die Welt traurig still, da die meisten Vögel in Blättern, Büschen und Schilf oder Gras verborgen sind und dennoch singen. Voilà, und schon wieder haben wir eine Parallele zur Astronomie. Auch dort sind nur vier Prozent dessen theoretisch sichtbar, was sich im All befindet.
    Wenn wir nicht aufpassen, dann kann es aber durchaus zu dieser traurigen Situation kommen. Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Singvögel, und damit auch ihr wunderschöner Gesang, zunehmend weniger werden. Ich nehme diese traurige Entwicklung schon seit Jahrzehnten mit meinen Ohren wahr. Ich kommunizierte es schon, als noch niemand von dieser Misere sprach. Was für viele Menschen erst durch jahrelange Studien klar wurde, konnte ich mit meinen Ohren schon viel früher hören. Nichts gegen gute Studien, weil sie in Zahlen fassen, was traurige Gewissheit ist, aber das zeigt mal wieder, dass wir in der Regel unseren Augen mehr Vertrauen schenken, als unseren Ohren. Zahlen kann man sehen. Sie schaffen zwar einerseits Klarheit, andererseits aber auch Distanz zum Problem. Das Ohr hingegen schafft hier Nähe, weil es das Problem direkt in uns Menschen hinein führt, wenn wir dafür offen sind und die Welt in uns hinein lassen… Weg schauen ist deutlich leichter, als weghören. Die Ohren kann man nicht mal schließen.
    Viele Neurosen dieser Welt gäbe es vermutlich nicht, wenn wir auch mal eher Hörmenschen wären.
    Das soll nicht heißen, dass das Ohr gut, und das Auge schlecht ist. Das Auge ist ein wunderbares Organ. Nicht, dass hier der Eindruck entsteht, ich würde als mensch mit Blindheit das Ohr glorifizieren und das Auge verteufeln. Ihr glaubt ja gar nicht, wie oft ich so gerne wenigstens ein schlechtes Auge hätte.
  7. Es ist eine schöne Meditation, sich darüber Gedanken zu machen, weshalb und für wen die Vögel eigentlich singen. Nur für die Fortpflanzung ist mir persönlich als Grund zu wenig. Hierfür hätte die Evolution effektivere Wege zur Partnersuche gehen können und nicht einen so wunderbaren Gesang ausbilden müssen.
    Die Größte Bevölkerung der Welt stellen vermutlich die Insekten dar. Sie singen nicht und haben offensichtlich keine Probleme der Fortpflanzung und Arterhaltung, was jeder all sommerlich erlebt, der Abends an einem Bach oder Fluss in einen Mückenschwarm gerät.
    „Noch erleben kann“
    sollte ich sagen, denn der dramatische Rückgang der Insekten ist für das Schwinden der Singvögel verantwortlich. Und dieses Insektensterben ist von uns Menschen hausgemacht. Wenn ich bedenke, wieviele Insekten man früher nach einer Autofahrt von vielleicht 100 Kilometern auf seiner Windschutzscheibe pappen hatte, und wie sauber die Scheiben heutzutage bleiben, dann wird der Rückgang der Insekten ganz deutlich und unmittelbar offenbar.
  8. Da ich ein Mensch bin, der sehr von der Idee des Fliegens fasziniert ist,finde ich auch hier wieder zu den Vögeln.
    Schon Otto Lilienthal ließ sich vom Flug der Störche inspirieren und davon, wie sie sich in die Termik einkreisen und in die Höhe tragen lassen. Trotz aller technischen Möglichkeiten, die heutzutage in ein modernes Segelflugzeug eingebaut sind, kann einem Segelflieger, der auf der Suche nach einem schönen Bart (Termikblase) ist, nichts besseres passieren, als sich bei einem kreisenden Vogelschwarm reinzukurbeln.
  9. Vogelstimmen, Vogelflug und Vögel an sich, sind oft ein Symbol für Weite, Freiheit, Unbesorgtheit, etc. All dies ist in Literatur und Musik oft thematisiert worden und ist somit einfach sprachlich schön.
  10. Wie auch die Astronomie, führt einem dieses Hobby in andere Gebiete, wie Literatur, Philosophie, Musik und Biologie. Betrachtet man Vogelschwärme und deren synchrones Verhalten, gelangt man rasch bis hin zu sehr theoretischen Fragen über Kommunikation,
    Interaktion, Chaostheorie, etc.

Somit bietet auch dieses Hobby die Chance die Welt ganzheitlich und holistisch zu erleben. Noch viel inklusiver ist das Hobby durch mein Smartphone geworden. Früher musste ich stets einen Lautsprecher und einige CD’s mit Vogelstimmen nebst Diskman in den Wald mitnehmen. Heute zeige ich den sehenden Teilnehmern die Bilder der Vögel auf einer App, und wir können uns damit dann gleich die Vogelstimmen anhören, lernen und einprägen. Mich freut dann immer, wenn jemand plötzlich einen Freudensausbruch bekommt, weil Sie oder er den eben erlernten Vogel gehört – mit dem Fernglas nach ihm gesucht – und ihn dann richtig erkannt und zugeordnet hat.
Das ist auch Inklusion.

So, jetzt wünsche ich euch, dass ihr viele Vogelstimmen hören könnt und dass sie euch ebenso viel Freude bereiten, wie mir.

Auf den Mond und zurück mit Lego


Meine lieben Astrofreunde,

Eigentlich ist es heute noch zu früh, wieder einen neuen Artikel zu posten, aber es ist so, dass ich den heute mit meiner sehenden Assistenz so schön mit Bildern anreichern konnte, dass ich einfach nicht an mich halten kann. Er muss raus. Textlich ist der Artikel eine überarbeitete Version eines alten Artikels in der historisch gewachsenen Mailingliste. Jetzt ist er renoviert und kann in meinen Blog.

 

heute möchte ich mit euch teilen, was ich mir vor nicht all zu langer Zeit  astronomisches zugelegt habe.

Lego Ideas ist eine Plattform, wo man Projekte einreichen kann, die eventuell von Lego umgesetzt werden könnten.

Ein Ergebnis dieser Sache war eine komplette Saturn5 Rakete, bei der alles dabei ist, was man zu einem erfolgreichen Mondflug benötigt.

Es ist mir gelungen, dieses Modell zu erstehen. Es besteht aus 1969 Teilen.

Schön an diesem Modell ist, dass es nicht so ein instabiles ist, das mühsam geklebt werden muss und dann nur unberührt auf einem Regal zur Ansicht steht.

Ich habe es mir angeschafft, um interessierten Besuchern meiner Veranstaltungen, vor allem Menschen mit Seheinschränkung, den genauen Ablauf der Mondflüge, haptisch erfahrbar machen zu können.

In meinem Buch beschrieb ich, wie ich einmal Zugriff auf ein Modell meines Freundes hatte.

An anderer Stelle beschrieb ich auch, welchen Mangel an Modellen ich oft erleiden musste.

Und jetzt habe ich selbst ein Modell und kann das Erlebnis mit vielen anderen Teilen. Jetzt bin ich auch Teil des großen Schrittes, der für die Menschheit groß, aber für den ersten Menschen auf dem Mond, nur ein kleiner war.

Und mit dem teilen fange ich hiermit an. Für Sehlinge füge ich noch einige Fotos hinzu.

Zunächst wunderte ich mich, wie relativ klein die Schachtel war, in der die 1969 Teile auf 12 Knistertütchen verpackt waren. Das hörte sich wirklich, wie Knabberzeug an, wenn meine Assistenz das nächste Tütchen suchte. Die waren alle durchnummeriert und es war ein schönes ausführliches Handbuch dabei.

Es gab überhaupt keine Probleme beim bau. Das lief fehlerlos durch. Allerdings kann man die Rakete als Blinder nicht alleine bauen. Das ist zu komplex. Da aber die im wesentlichen runden Körper der Raketenteile meist in Vierteln aufgebaut wurden, musste man viele Arbeitsabläufe einfach oft vier mal wiederholen, bis der Abschnitt fertig war, bzw. das Raketenteil rund.

Dank an meine Assistenz, ohne die ich das niemals hätte bauen können.

Das Modell ist über einen Meter hoch.

Rakete_von_Seite
Rakete von vorne

und so stabil, dass man es locker in seine wichtigsten Komponenten zerlegen kann, um es ohne Gefahr auf einen Vortrag oder Workshop mitnehmen zu können.

Rakete_in_Einzelteilen
Zerlegt in Brennstufen und Servicemodul

Außer der Rakete ist noch eine kleine Grundplatte von Lego dabei, auf welcher zwei Miniastronauten und die Landefähre stehen können. Ach ja, die Flagge ist auch dabei. Hiermit kann man die Größenverhältnisse sehen Astronaut->Landefähre->Rakete…

Mondlande-Modul
Landefähre Eagle

Die Kapsel des Servicemoduls ist nochmal extra dabei.

Unglaublich, wie wenig nach dem Flug ins Wasser fiel.

Wasserlande-Modul
Landemodul im Wasser

Der Rest war Müll, ist verglüht, ins Meer gefallen, bzw. steht noch auf dem Mond herum.

Aber alles der Reihe nach:

Ganz unten ist die Brennstufe 1, die beim Start von Apollo 11 nach ungefähr acht Minuten abgeworfen wurde. Sie hat fünf Düsen, die so, wie eine fünf auf einem Würfel angeordnet sind. Innen, was man bei geschlossenem Zustand nicht tasten kann, ist ungefähr die Struktur nachempfunden, die mit den Treibstoffstanks zusammen hängt.

Außen hat sie ungefähr im unteren Drittel vier Stabilisierungsflügelchen

Dann sind da noch an zwei Seiten gegenüber so geringelte Röhren. Ich nehme an, dass da noch Zuleitungen sind und das mit dem Brennstoff zu tun hat.

Dann sind da noch an manchen Stellen Gitterstrukturen. Vermutlich zum Ansaugen von Luft oder so…

Nach etwa 40 cm Höhe, folgt die zweite Brennstufe. Sie ist etwa so lang, wie die erste und fügt sich samt Düsen etc. in die erste ein.

Verbindung_erste_Stufe
Verbindung Brennstufen 1 und 2

Auch die hat fünf Düsen, die aber an sich im Durchmesser der Trichter etwas kleiner sind, damit sie in die erste Brennstufe passen.

Außen ist die zweite Stufe ebenso dick, wie die erste.

Ganz oben verjüngt sich die zweite Brennstufe dann, weil die Dritte deutlich dünner, und kürzer, als die anderen beiden ist.

Verbindung_zweite_Stufe
Verbindung Stufe 2 und 3

Die dritte Brennstufe hat nur noch eine Düse an ihrer Unterseite

Ohne Servicemodul und, Raumfährenbecher ist sie oben  quasi halb rund, wie eine Halbkugel.

Und jetzt wirds bissel komplizierter.

Übrig sind jetzt nur noch die Landephäre, ihr Schutztrichter und das Service-Modul mit seinem Antrieb und dem Rettungsturm, der kurz nach dem Start bereits abgeworfen wird. Der Rettungsturm ist eine dünne, etwa zehn m lange Rakete, die die Astronauten sehr schnell aus der Gefahrenzone schießen kann, sollte in der Startphase etwas mit der großen Saturn-V-Rakete passieren, z. B. Feuer etc.

Rakete_von_oben
Rakete von oben

Jetzt wird es interessant. Denn jetzt ist die Kammer zu sehen, in welcher die Mondfähre mit zusammengeklappten Beinchen Platz findet.

Diese Schutzhälften, denn es sind quasi zwei Halbtrichter, beherbergen auch noch den Antriebsteil des Servicemoduls.

Ist der Trichter weg, schwebt die Raumphäre im freien Fall hinter dem Servicemodul her. Dieses muss sich nun drehen, um die Landefähre quasi aufzuspießen.

Ich bin mir jetzt grad nicht ganz sicher, ob die Fähre automatisch etwas mit ihrem Antrieb machen muss, damit das Manöver gelingt. Ich glaube nicht.

Ich bin so glücklich und stolz auf das Teil. Das erweitert meine Möglichkeiten, Astronomie zu vermitteln enorm.

Gerhard_mit_Rakete_2
Rakete und ich
Gerhard_mit_Rakete_1
Hier nochmal

Jetzt hoffe ich natürlich, dass meine Freude auf euch übergeht.

Beste Grüße

Euer Gerhard.

Zehn Gründe, als blinder Mensch Astronomie zu treiben


Liebe Leserinnen und Leser,

einer meiner ersten Blogeinträge beschrieb, wie ich zur Astronomie kam.
Für all jene, die vielleicht ungläubig den Kopf schütteln, wenn sie hören, dass ein blinder Mensch sich für Astronomie begeistert und sogar noch Bücher darüber schreibt, habe ich mal kompakt zehn Gründe zusammengestellt, die damit aufräumen sollen, die da wären:

  1. Fragen, wie nach dem Anfang, dem Ende, dem Sinn des Universums gehen uns alle an.
    Das sind angeborene Fragen, mit denen sich jeder umtreibt. „Das ist halt so“, oder „Das hatt gott geschaffen“, reichen als Antwort nicht aus.
    Kannschon sein, dass Gott es gemacht hat. aber wie? Ich will ihm in die Karten schauen.
  2. Mittlerweile spielen sich die meisten Dinge in der Astronomie nicht visuell ab.
    Die Zeiten, wo Astronomen, wie Hubble sich im Winter die Augen an das Teleskop frieren ließen, sind längst vorbei. Teleskope werden über das Internet gesteuert. Ergebnisse sind häufig Tabellen über Strahlungsarten und oder Verteilung. Diese sind mit heutiger Technologie auch blinden Menschen zugänglich und können von uns Interpretiert und verstanden  werden.
    Das Mittel der wahl ist hier Sonifizierung. Das macht die NASA sehr fleißig und erfolgreich. Danke dafür.
  3. Die Sicht auf Sterne ist wegen der nächtlichen Lichtverschmutzung meist unmöglich.
    Im Vergleich, wieviele Sterne es alleine schon in unserer Milchstraße gibt, sind selbst bei bester Sicht die wenigen, die man mit den Augen sehen kann, vernachlässigbar. Dass ein klarer nächtlicher Sternenhimmel eine Augenweide darstellt, ist unbestritten, unter dem Strich aber relativ unwesentlich für die Sache an sich. Mir bereitet es große Freude, wenn ich mit sehenden Sternguckern nachts am Teleskop stehe. Ich liebe es, wenn sie mich in ihre Freude mit hinein nehmen und bin immer ganz aufgeregt, wenn z. B. ein besonders schwer zu schießendes Foto entstehen soll. Die Technik drum herum und, den Ehrgeiz, den manche dann zeigen und der damit verbundene Spieltrieb und die Ideen, sind einfach schön.
  4. Schwarze Löcher sind so schwarz, zumindest, wenn sie gerade hungern, dass man mit den
    besten Augen nichts damit anfangen könnte.
    Alles unsichtbare ist prädestiniert, auch von Blinden erobert zu werden.
    Und nicht nur das. Durch die Entdeckung der Gravitationswellen ist eine ganz neue Astronomie am entstehen. Das Beben der Raumzeit ist, und das wird auch von Astrophysikern so gesehen, eher mit Schall und Hören verbunden, als mit sonstigen elektromagnetischen Wellenphänomenen.
  5. Das Universum besteht nur zu vier Prozent aus dem, was für Augen so vermeindlich interessant ist.
    Tja, da kann man nichts machen. Stell Dir vor, Du sähest nur noch vier Prozent Deines Fernsehbildes. Vermutlich würdest Du dann dieses Abendvergnügen rasch aufgeben…
    Wir Astronomen sind da genügsamer…
  6. Dunkle Energie und dunkle Materie weigern sich strickt, gesehen zu werden.
    Hören lassen sie sich bisher zwar auch noch nicht, somit besteht hier Chancengleichheit, was die Suche danach  angeht.
  7. Mittels heutzutage verfügbarer Technologie können sehr viele Phänomene des Weltalls hörbar gemacht werden, z. B. die Radiosonne, die Interaktion des Sonnenwindes mit dem Magnetfeld der Erde, Polarlichter, Radiopulsare, die kosmische Hintergrundstrahlung und vieles mehr.
    Es gibt Sonifizierungen zu vielen Weltraum-Missionen, z. B. der Juno-Mission, von Cassini-Huygens, Voyager und mehr. Der aktuelle Rover auf dem Mars, ja, der mit dem Hubschrauber, hat sogar ein Mikrofon dabei, mit dessen Aufnahmen man ihn fahren, bzw. den Hubschrauber fliegen hört.
    Joachim-Ernst Behrendt trug in zahlreichen Sendungen sehr viele Materialien hierzu zusammen.
    Schon Johannes Kepler selbst sagte inhaltlich nicht wörtlich:
    Gäbe man dem Himmel Luft, sollte seine Musik erklingen.

    An dieser Stelle muss ich auch J. W. Goethe die ehre geben, der in Faust I im Prolog im Himmel, die Sonne tönen lässt.

    Die Idee, dass da etwas schwingt und klingt, geht bis auf die alten Pytagoräer zurück.

  8. Da blinde Menschen traditionell viel mit Radio zu tun haben, könnten alle Radiogeräusche aus dem All (Sonnenwind, Pulsare, Hintergrundstrahlung) sehr interessant sein. Vor allem unter älteren ist der Amateurfunk mit all seinen technischen Spielereien noch sehr aktuell. Ein Radioteleskop, um die Sonne belauschen zu können, zu konstruieren, ist heutzutage nicht mehr sehr aufwändig und kann mit Standartbauteilen aufgebaut werden.
    Ich kenne blinde Menschen, die dann und wann unter die Oberfläche des weißen Rauschens im Radio hören und dort Veränderungen finden.
    Das ist doch aufregend, dass ein nicht unerheblicher Teil dieses Rauschens aus dem Weltall stammt. Ich erinnere mich daran, wie ich früher, als es noch Mittelwelle, Langwelle und Kurzwelle gab, gerne dem Knacken der Gewitterblitze lauschte. Dann konnte man die Sekunden zählen, bis man den Donner hörte und wusste somit, wie weit das Gewitter entfernt war.
  9. Die Mathematik, die für Astronomie gebraucht wird, ist heutzutage auch Blinden zugänglich.
    Durch Computer, Internet und assistive Technologien können blinde prinzipiell fast uneingeschränkt an Wissenschaft und Forschung teilhaben, außer vielleicht manche gefährlichen chemischen Experimente, die nicht gehen, oder eine gefährliche Expedition auf einen Vulkan. Aber es spricht nichts dagegen, dass ein blinder Mensch bei der Auswertung der Daten mithilft. Vielleicht könnte ja ein geschultes Gehör eines Blinden z. B. Peaks in einem rauschenden Datensalat erhören.
    Ich bin der festen Überzeugung, dass hier längst noch nicht alle beruflichen Chancen und Möglichkeiten für uns  ausgeschöpft sind.
  10. Astronomie kann alle Sinne einschließlich der Seele ansprechen.
    Das tut sie besonders dann, wenn man auch noch die anderen Disziplinen ansieht, die von ihr berührt werden.
    Physik, Chemie, Technik, Philosophie, Religion, Musik und Geschichte sind Themen, die im höchsten Maße astronomischen Bezug haben.

    Sie fördert meiner Meinung nach ein ganzheitliches Denken, ist mit allen Sinnen erfahrbar und hält auch transzendente spirituelle Erfahrungen bereit.

Ein Hobby, das mehr Brücken zwischen Menschen mit und ohne Einschränkungen schlägt, kenne ich nicht. Es ist wirklich sehr inklusiv. Wer darüber mehr wissen möchte, findet vieleicht in „Blind zu den Sternen – mein Weg als Astronom“ eine schöne Wissensquelle. So viel Werbung muss erlaubt sein. Ja, so heißt mein Buch…

Wieso ist Ostern manchmal so früh und manchmal so spät?


Liebe Leserinnen und leser,
Ansatzweise dürften die meisten von euch wissen, wie sich das Osterfest terminiert. Lasst uns trotzdem mal kurz drauf schauen, wie der Kalender an dieser Stelle funktioniert.
Der Ostersonntag ist in der Regel der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond nach dem astronomischen Frühlingsanfang, der Tag-Nacht-Gleiche.
Ostern ist das einzige Fest, das noch primär von astronomischen Gegebenheiten abhängt. Fasching, Muttertag, Chr. Himmelfahrt, Fronleichnam und  Pfingsten leiten sich davon ab.
Bis zum Konzil im Jahre 325 n. Chr. feierten verschiedene Gemeinden das Osterfest an unterschiedlichen Tagen. Dort wurde beschlossen, dass ein einheitlicher Termin gefunden werden muss, an dem alle Brüder und Schwestern der Christenheit gemeinsam das Osterfest, die Auferstehung Jesu, begehen und feiern sollen.
Es fällt ungefähr mit dem Jüdischen Pessach-Fest zusammen.
Ostersonntag ist meistens der Sonntag nach dem ersten Vollmond des astronomischen Frühlingsanfang. Somit kann die Auferstehung Jesu frühestens am 22.03. und spätestens am 26.04. stattfinden. Dieses Datum war Papst Gregor in seinem Kalender zu spät. Deshalb führte er eine Regel ein, die den 25.04. als spätesten Termin erlaubt.
In dem seltenen Fall, wird Ostern einfach eine Woche vorgezogen.

Im Volksmund wird als Frühlingsanfang oft der 21.03. angegeben. Das stimmt nicht ganz. Er kann zwischen dem 19.03. und dem 21.03. variieren, abhängig vom Abstand zum letzten Schaltjahr.
Kalendarisch wird aber immer der 21.03. als Rechengrundlage genommen, was manchmal, z. B. in 2019 zum sog. Osterparadox führt. Ich schrieb darüber in
Fällt Ostern 2019 aus?.

Vierzig Tage von Ostern zurück gerechnet, ergibt
Fasching, da von Aschermittwoch bis Ostersonntag gefastet wird. fünfzig Tage vorwärts ergibt Pfingstmontag.
Das sieht man noch im Italienischen Begriff „Pente Coste“.
Früher wurde zwischen Ostern und Pfingsten noch gefastet. Das bedeutete, dass die Sonntage, an denen nicht gefastet wurde, nicht mitgezählt wurden. So mit war man nach heutiger Rechnung mit den Sonntagen erst bei 43 gültigen Zähltagen. Da es sich um sieben nicht gezählte Sonntage handelt, ergänzen sich diese zu einer weiteren Woche. Das bedeutet, dass Pfingsten, als noch gefastet wurde, eine Kalenderwoche später war, als heute, wo auch die Sonntage gezählt werden und nicht mehr nach Ostern gefastet wird.

Es liegt also auf der Hand, dass die Kirche stets daran interessiert war, das Osterfest und die sich daraus ableitenden Festtage pünktlich zu begehen. Dazu gehört auch, dass man es kalendarisch zuverlässig und genau vorausberechnen kann.
Hier liegt aber genau der Hase im Pfeffer.
Einerseits orientiert sich der heute weltweit akzeptierte Gregorianische Kalender am Sonnenjahr mit seinen 365 Tagen, andererseits hängt Ostern vom ersten Frühlingsvollmond ab. Aus diesem Grunde müssen wir immer einen Mondkalender mit durch unseren Kalender laufen lassen.
Der Islam tut dies sehr konsequent. Deshalb läuft die Islamische Fastenzeit, der Ramadan stets durch das ganze Jahr hindurch. Mal ist er im Sommer, was den Muslimen besonders in heißen Ländern viel abverlangt, da man über Tag nichts trinken darf, mal ist er im Winter.
Genau diesen Effekt wollte man beispielsweise bei unserem Weihnachtsfest nicht haben, weshalb es auf ein Datum unabhängig vom Mond terminiert wurde. Somit rollt Heilig Abend nur durch die Wochentage.

Ostern läuft niemals durch das ganze Jahr, weil seine Berechnungsgrundlage der erste Frühlingsvollmond ist.
Genau hier ist Ostern gefangen. Das Fest hängt am Bendel des Frühlingsanfanges.

Um dieses Problem, der Berechnung des Ostertages zu lösen, gab der Mathematiker und Jesuitenpater Christophorus Clavius im 16. Jahrhundert eine Rechenvorschrift heraus, die allerdings noch sehr unhandlich war.
Der Mathematiker und Astronom Karl-Friedrich Gauß griff diese Rechenvorschrift auf und verfasste im Jahre 1800 eine vereinfachtere Lösung, um den Ostertermin zuverlässig im voraus bestimmen zu können. Es ist ein textlich verfasster Algorithmus und keine geschlossene Formel, wie z. B. R-Quadrat mal Pi ($R^2 \cdot \pi$) die Kreisfläche für einen vorgegebenen Radius R, berechnet.

Für heutige Computer gibt es diese Rechenvorschrift als Programm, so dass sie dieses „verdauen“ können.
Ich erspare uns jetzt, wie dieser Algorithmus genau funktioniert. In Wikipedia ist er schön anschaulich beschrieben.
Beschreibung der Osterformel
Hier nur einige Randbedingungen, die berüchsichtigt werden müssen, um zu veranschaulichen, dass die Sache nicht ganz trivial ist.

  • Ein Mondumlauf benötigt etwas mehr als 29 Tage. Dieser Fehler schaukelt sich auf, wenn man ihn vernachlässigt.
  • Wir haben Monate mit 28, 29, 30 und 31 Tagen. Vor allem das Schaltjahr muss berüchsichtigt werden.
  • Im Gregorianischen Kalender gibt es die Jahrhundert-Regel, so dass nicht alle vollen Hunderter, obwohl durch vier teilbar, Schaltjahre sind.
  • Alle 400 Jahre muss ein weiterer Schalttag eingefügt werden.

Vor Clavius und Gauss musste das Osterfest von Astronomen händisch mittels Tabellen berechnet werden. Das bedeutete, dass man von Mondphase zu Mondphase, von Jahr zu Jahr etc. schritt für schritt springen musste.
Ja, der schlaue Gauß. Diese sog. Osterformel, ist nur ein ganz kleiner Teil, seines Schaffens. Ich denke, er wird mal ein eigener Artikel werden.
Ich erinnere mich noch, dass wir diese Formel mal im Studium in einer Rechnerübung programmieren mussten. Keine Ahnung mehr, ob ich es damals schaffte, aber ich denke schon.

Jetzt wünsche ich euch allen ein frohes und erfülltes Osterfest.

Es grüßt euch ganz herzlich

Euer Blindnerd.