Liebe Mitlesende,
seit neun Stationen begleitet ihr mich zu den schwarzen Löchern. Was wir im April 2021 mit einem Vortrag für die Fachgruppe MINT des Deutschen Vereins für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf gestartet haben, findet nun langsam seinen Abschluss. Heute werden wir uns wie angekündigt den schwarzen Löchern nähern. Es kann sein, dass es dann noch einen Zugaben-Artikel geben wird, der alles auf unserer Reise nochmals aufgreift, zusammenfasst und abrundet.
Da der heutige Artikel das Finale unserer Reise sein wird, könnte er etwas überlang werden. Ich mag ihn aber jetzt nicht in zwei Artikel aufteilen. Haltet also durch beim Lesen. Es wird sich lohnen.
Nun geht es aber erst mal mit fast Lichtgeschwindigkeit zu den Objekten unserer Begierde.
Also los, gehen wir es an.
Am Ende doch ein Sieg
- Wir haben erfahren, wie Sterne als weiße Zwerge enden, die entweder leichter, oder nur um ein weniges schwerer, als unsere Sonne sind.
- Dann lernten wir die mysteriösen Neutronensterne oder Pulsare kennen, deren Masse ihres Sternenrestes nach ihrem Kollaps sich in etwa zwischen dem 1,5 – und dem dreieinhalb fachen unserer Sonne bewegen.
Nun kannte man aber längst schon Sterne, die bis zu mehreren hundert Sonnenmassen in sich vereinen. Da sollte es doch möglich sein, dass es auch tote Sterne gibt, deren Restmasse nach ihrem Kollaps deutlich über dreieinhalb Sonnenmassen liegen sollte. Selbst wenn man bedenkt, dass ein Stern am Ende seines Lebens nochmal tüchtig abnimmt und Masse verliert, sollten solche Exemplare existieren.
- Als was enden diese Sternleichen, wenn sie aufgrund ihrer Masse nicht als Neutronensterne enden können?
- Was geschieht, wenn die Gravitation im Innern eines Sternenrestes so groß wird, dass selbst das Neutronium im Innern eines Neutronensternes ihr nicht mehr stand halten kann?
dann gibt es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nichts mehr, dass den weiteren Kollaps noch aufhalten kann. Das Objekt schrumpft und schrumpft. Es wird dichter und dichter. Dadurch, dass seine Oberfläche immer kleiner wird, vergrößert sich neben seiner Dichte auch die Oberflächenschwerkraft und mit ihr die Fluchtgeschwindigkeit, die man bräuchte, um sich wieder aus dem Gravitationsfeld eines derartigen Objektes zu entfernen. Unserer Erde kann man mit einer Fluchtgeschwindigkeit von 11,2 km/s entkommen. Bei unserem Gasriesen, dem Jupiter, benötigt man schon 59,6 km/s.
Einem Riesenstern zu entkommen bedürfe es dann schon einiger hunderte bis tausenden Km/s. Ein Neutronenstern gäbe unser Raumschiff erst mit einer Geschwindigkeit von einigen Prozenten der Lichtgeschwindigkeit, die im Vakuum 300.000 km/s beträgt, frei. Ein Objekt, mit noch mehr Masse ist denkbar, auf dessen Oberfläche die Fluchtgeschwindigkeit die des Lichtes übersteigt. Nicht einmal mehr Licht kann von so einem Objekt entkommen. Wo kein Licht mehr ist, herrscht Dunkelheit. Nichts liegt daher näher, als so ein zunächst hypothetisch angenommenes Objekt ein schwarzes Loch zu nennen.
Namensgebung
Wikipedia sagt dazu:
Der Begriff „Schwarzes Loch“ ist erstmals 1964 nachgewiesen in einem Bericht der Wissenschaftsjournalistin Ann Ewing über ein Symposion der American Association for the Advancement of Science zu den verschiedenen Endstadien von Sternen. Die Autorin gab Hong-Yee Chiu als Organisator sowie Alastair Cameron, Charles Misner, Volker Weidemann und John Beverly Oke als Redner an, ohne den Urheber des Ausdrucks zu benennen. Etabliert wurde der Begriff 1967, nachdem John Archibald Wheeler bei einer Konferenz einen Ersatz für den langen Ausdruck „gravitationally completely collapsed object“ suchte und den Vorschlag eines unbekannt gebliebenen Zuhörers aufgriff.
Und jetzt, wo das Ding einen Namen hat, werden wir uns ihm langsam annähern, ganz langsam, damit es uns nicht gefährlich herein zieht, aber anziehend faszinieren darf es schon.
Die Vermutung
Schon 1783 spekulierte der britische Naturforscher John Michell über Dunkle Sterne, deren Gravitation ausreicht, um Licht gefangen zu halten. In einem Brief, der von der Royal Society publiziert wurde, schrieb er:
If the semi-diameter of a sphere of the same density as the Sun were to exceed that of the Sun in the proportion of 500 to 1, a body falling from an infinite height towards it would have acquired at its surface greater velocity than that of light, and consequently supposing light to be attracted by the same force in proportion to its vis inertiae [mass], with other bodies, all light emitted from such a body would be made to return towards it by its own proper gravity. This assumes that light is influenced by gravity in the same way as massive objects.
Zu Deutsch:
„Wenn der Radius einer Kugel von der gleichen Dichte wie die Sonne den der Sonne in einem Verhältnis von 500 zu 1 überstiege, hätte ein Körper, der aus unendlicher Höhe auf sie zu fiele, an ihrer Oberfläche eine höhere Geschwindigkeit als die des Lichts erlangt. Folglich – unter der Annahme, dass Licht von derselben im Verhältnis zu seiner Masse stehenden Kraft angezogen wird wie andere Körper auch – würde alles von einem solchen Körper abgegebene Licht infolge seiner eigenen Gravitation zu ihm zurückkehren. Dies gilt unter der Annahme, dass Licht von der Gravitation in der gleichen Weise beeinflusst wird wie massive Objekte.“
Nachdem Albert Einstein 1915 die Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie aufgestellt hatte, gab der deutsche Astronom Karl Schwarzschild 1916 erstmals eine Metrik an, die Schwarzschild-Metrik, die dem Gravitationsfeld einer punktförmigen Masse entspricht. Die Schwarzschild-Lösung beschreibt Größe und Verhalten eines nichtrotierenden und nicht elektrisch geladenen statischen Schwarzen Lochs mit dem sogenannten Ereignishorizont und einer zentralen Singularität.
Begriffserklärungen:
- Der Ereignishorizont ist der Ort um das schwarze Loch herum, ab dessen Abstand ihm nichts mehr entkommen kann.
- Die Singularität ist die Mitte des schwarzen Loches, wo die Gravitation unendlich wird und die Gesetze der Physik nicht mehr funktionieren.
- Der Radius des Ereignishorizontes wird Schwarzschild-Radius genannt. Seine Größe hängt von der Masse des schwarzen Loches ab.
Würde zum Beispiel die Masse der Sonne zu einer Kugel mit nur drei Kilometer Radius komprimiert, dann könnte von deren Oberfläche kein Lichtstrahl nach außen gelangen. Die Masse unserer Erde würde erst bei einem Radius von unter einem Zentimeter ein Schwarzes Loch bilden.
Robert Oppenheimer wies 1939 zusammen mit Robert Serber und George Michael Volkoff anhand von Modellrechnungen nach, dass beim Kollaps eines großen Sterns ein Schwarzes Loch entstehen sollte.
Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurde die Vermutung zu einer Theorie, mit deren Hilfe man schwarze Löcher sowohl physikalisch als auch mathematisch beschreiben konnte. Auf einige der hieraus resultierenden Eigenschaften schwarzer Löcher werden wir noch etwas näher eingehen. Vieles konnte bereits bis heute bewiesen und beobachtet werden.
Beschreibung schwarzer Löcher
Obwohl z. B. die Relativitätstheorie von Einstein sehr kompliziert ist, lassen sich andererseits schwarze Löcher mathematisch durch ganz wenige Parameter beschreiben. Der Teufel steckt aber hier im Detail, wenn man es genau wissen möchte.
Ein Schwarzes Loch lässt sich durch lediglich drei physikalische Kenngrößen vollständig beschreiben (sogenannte Haarlosigkeit Schwarzer Löcher) genannt. Dies sind
- Seine Masse
- sein Drehimpuls
- und seine elektrische Ladung.
Es gibt also folgende Klassen:
- Schwarze Löcher, die keine elektrische Ladung tragen und nicht rotieren, werden durch die Schwarzschild-Metrik beschrieben.
- Schwarze Löcher, die keine elektrische Ladung tragen und rotieren, werden durch die Kerr-Metrik beschrieben.
- Schwarze Löcher, die elektrisch geladen sind und nicht rotieren, werden durch die Reissner-Nordström-Metrik beschrieben.
- Schwarze Löcher, die elektrisch geladen sind und rotieren, werden durch die Kerr-Newman-Metrik beschrieben.
Formell ergibt sich ein Schwarzes Loch aus einer speziellen Vakuumlösung der allgemeinen Relativitätstheorie, der sogenannten Schwarzschild-Lösung (nach Karl Schwarzschild, der diese Lösung als erster fand), bzw. für rotierende und elektrisch geladene Schwarze Löcher aus der Kerr-Newman-Lösung.
Im Innern des Schwarzen Lochs bildet sich, wie Stephen Hawking und Roger Penrose gezeigt haben (Singularitäten-Theorem), im Rahmen der Beschreibung durch die klassische allgemeine Relativitätstheorie eine Singularität, ein Punkt mit unendlich hoher Raumkrümmungund Masse. Allerdings ist hier der Gültigkeitsbereich der allgemeinen Relativitätstheorie überschritten und zur Beschreibung dieses Ortes eine Theorie der Quantengravitation notwendig.
Die Grenze, ab der keine Information mehr zu einem im Unendlichen befindlichen Beobachter gelangen kann, heißt, wie schon erwähnt, Ereignishorizont. Da ein nichtrotierendes Schwarzes Loch von außen gesehen kugelförmig ist, hat der Ereignishorizont die Form einer Kugeloberfläche. Der Radius dieser Kugeloberfläche ist der Schwarzschildradius, von welchem wir ebenfalls schon hörten.
Rotierende schwarze Löcher
Als rotierende Schwarze Löcher werden solche bezeichnet, die einen Eigendrehimpuls besitzen. Wie alle Schwarzen Löcher verursachen auch sie, bedingt durch ihre enorme Gravitation, eine entsprechend große Veränderung der geometrischen Struktur von Raum und Zeit.
Bei einem rotierenden Schwarzen Loch nimmt die Singularität jedoch eine Kreis- oder Ringform an und reißt die Raumzeit um sich herum mit, anstatt sie nur zu krümmen. Der Raum wird in der Drehrichtung des Schwarzen Lochs „mit gedreht“. Diese Art der Raumzeitkrümmung erscheint nicht bei einem ruhenden Schwarzen Loch, sondern tritt bei rotierenden Schwarzen Löchern sozusagen zusätzlich außerhalb des Ereignishorizonts mit der Form eines an den Polen abgeplatteten Rotationsellipsoides auf. Alle Objekte um ein rotierendes Schwarzes Loch werden mitgedreht, eben weil sich auch die Raumzeit selbst mitdreht.
Man darf davon ausgehen, dass quasi alle schwarzen Löcher sich um eine Achse drehen, denn das taten ihre Vorläufersterne schließlich auch. Der Impulserhaltungssatz besagt, dass ihr Drehimpuls auch nach dem Kollaps weitgehend erhalten bleibt. Erinnern wir uns an die schnelle Rotation von Neutronensternen und das Beispiel mit der Eisläufer*in.
Und jetzt kommt etwas, das man nicht wirklich verstehen muss, aber ich finde es faszinierend verrückt und von da her erwähnenswert.
Die Kosmische Zensur
Schwarze Löcher können bei gegebener Masse weder eine beliebig große Ladung noch einen beliebig großen Drehimpuls besitzen. Setzt man nämlich in die entsprechenden Lösungen der allgemeinen Relativitätstheorie eine zu hohe Ladung und/oder einen zu hohen Drehimpuls ein, so ergibt sich statt eines Schwarzen Loches eine sogenannte nackte Singularität. Es bildet sich zwar eine zentrale Singularität aus, jedoch ist diese nicht von einem Ereignishorizont umgeben. Man kann sich das ungefähr so vorstellen, dass durch die Drehung der Raumzeit die einfallende Materie so stark beschleunigt wird (Zentrifugalkraft), dass sie die Gravitation wieder aufhebt. Im Ergebnis gibt es somit keinen Ereignishorizont, da die Materie wieder entkommen könnte. Allerdings kann man zeigen, dass aus einem normalen Schwarzen Loch durch Zufuhr von Ladung oder Drehimpuls keine nackte Singularität entstehen kann, denn die gleichzeitig zugeführte Energie würde seine Masse ausreichend erhöhen, sodass also stets verhindert wird, dass aus dem gewöhnlichen Schwarzen Loch eines mit einer nackten Singularität entsteht. Roger Penrose nannte dies Kosmische Zensur, der Beweis der Nichtexistenz nackter Singularitäten innerhalb der allgemeinen Relativitätstheorie ist aber offen.
Und wenn man doch hinein fallen sollte
Der Ereignishorizont ist kein physisches Gebilde, wie beispielsweise die Erdoberfläche. Er bezeichnet nur einen Ort oder genauer eine Grenzfläche. Ein Beobachter, der durch den Ereignishorizont hindurchfällt, würde daher selbst nichts davon bemerken. Relativistische Effekte (allgemeine Relativitätstheorie) führen aber dazu, dass ein von einem zweiten, weit entfernten Beobachter betrachteter Körper aufgrund der Zeitdilatation unendlich lange braucht, um den Ereignishorizont zu erreichen, wobei er zunehmend in rotverschobenem Licht erscheint und lichtschwächer wird.
Eine andere Theorie besagt, dass man, fiele man mit den Füßen voran in ein schwarzes Loch, buchstäblich spaghettisiert, also in die Länge gezogen und dann zerrissen würde. Im Innern des Ereignishorizontes sollte es sehr hell sein, weil das ganze Licht ja nicht entweichen kann. Vermutlich ist es dort auch sehr heiß. Wahrscheinlich würde man auf jeden Fall zerfetzt und möglicherweise atomisiert oder noch schlimmeres. Lassen wir diese unschönen Vorstellungen, denn von uns wird nie jemand in ein schwarzes Loch fallen.
Ein Irrtum
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass das Gravitationsfeld eines Schwarzen Loches beziehungsweise die von ihm hervorgerufene Krümmung von Raum und Zeit bei üblichen Entfernungen von außerordentlich großer Stärke sei. Da sowohl Schwarze Löcher als auch Sterne von derselben Metrik beschrieben werden, würde sich am Gravitationsfeld im Sonnensystem nichts ändern, wenn man die Sonne durch ein Schwarzes Loch gleicher Masse ersetzte. Abgesehen vom Fehlen des Sonnenlichts wäre lediglich in unmittelbarer Umgebung des Schwarzen Loches (innerhalb etwa des vorherigen Kernradius der Sonne) ein enormer Zuwachs der Gravitationsbeschleunigung festzustellen.
Erinnern wir uns hier an vorige Stationen, wo ich die Zusammenhänge zwischen Masse, der quadratischen Abnahme der Gravitation und der Radien von Himmelskörpern erwähnte.
Schwarze Löcher sind somit keine gefräßigen Monster. Im Grunde sind sie sogar recht harmlos, denn sie sind super klein. In der Unendlichkeit des Universums kann man ihnen somit kaum begegnen und hinein gezogen wird man auch nicht, wenn man etwas Abstand hält, was wir ja in der Pandemie alle gelernt haben.
Eine Wette um ein Paradoxon
Wenn etwas in ein schwarzes Loch hinter den Ereignishorizont fällt, können wir nicht mehr beobachten, was damit geschieht.
Stephen Hawking beschäftigte sich intensiv mit dieser Tatsache.
Anmerkung am Rande:
Ich werde an dieser Stelle ganz bewusst nicht auf Hawking und schon gar nicht auf seine Einschränkung eingehen, weil ich ihn ansonsten auf seine Behinderung reduzieren würde, was auch ich dann und wann leider schmerzhaft bei mir erleben muss. Auf meinem Blog widmete ich ihm einen Artikel zu seinem Todestag.
Eine Hauptfrage war für ihn, was wohl mit der Information dessen geschieht, was in ein schwarzes Loch fällt, also hinter den Ereignishorizont, von dem es kein Zurück mehr gibt.
Mit Information ist hier gemeint, ob man etwas aus einem schwarzen Loch theoretisch wieder retten könnte, oder nicht. Man kann sich das so vorstellen, wie wenn man einen Würfelzucker in den Kaffee wirft. Der Zucker löst sich auf und vermischt sich gleichmäßig mit dem Kaffee. Dass wir den Zucker nicht mehr herausholen können, liegt nur daran, dass wir nicht wissen, wie es geht. Aber grundsätzlich ist der Zucker mit allem, was zu seiner Information gehört, Geschmack, Klebrigkeit, Farbe und Chemie, noch da.
Das ist eine Grundfeste der Physik, der Thermodynamik, dass Information niemals verloren gehen darf.
Jede Mischung strebt ihre maximale Durchmischung, also die beste Verteilung aller in ihr befindlichen Teilchen an. Diese maximale „Unordnung“ wird in der Physik die Entropie genannt und bildet eine der größten Grundfesten der Physik.
Das ganze hat dann auch mit Temperatur zu tun. Schüttet man warmes und kaltes Wasser zusammen, dann durchdringt es sich so lange, bis alle Moleküle, die beider Wässer, dieselbe Temperatur haben.
Daraus folgt dann, dass, wo die Information absolut verloren geht, da gibt es dann auch keine Temperatur mehr. Das ist aber physikalisch unmöglich.
Stephen Hawking vertrat über Jahrzehnte die Meinung, dass schwarze Löcher mit dem es umgebenden Vakuum über virtuelle Teilchen interagieren können und langsam verdampfen (Hawkingstrahlung), und dass die Information verloren ginge, weil diese Strahlung rein thermischer Natur sei, und daher keine Information transportiere, die etwas über die Entstehungsgeschichte des Loches erzählen könnte. Würde die Strahlung die Information dessen, was dereinst hinein fiel, enthalten, dann liefe die Entstehungsgeschichte des Loches rückwärts ab.
Die Möglichkeit, dass schwarze Löcher Information verlieren, wird das Informations-Paradox genannt.
Sein härtester Gegner dürfte der Physiker Leonard Susskind gewesen sein. Er entwickelte eine Theorie, die den Informationsgehalt von allem, was in das schwarze Loch fällt, an den Rand, den Ereignishorizont projeziert, ähnlich, wie ein Projektor ein Dia an eine Leinwand.
Er hat ein Buch über diesen Disput mit Hawking geschrieben. Außerdem war Hawking auch jemand, der gerne mal wettete. Es lief wohl eine Wette darüber, wer diesen “War of Black Wholes” gewinnen würde.
Ich glaube, es wurde um eine Ausgabe der Encyclopedia Britannica gewettet. An anderer Stelle wettete Hawking schon auch mal in seiner humorvollen Art um ein Jahresabonnement des Männermagazins Penthouse.
2004 kapitulierte Hawking, indem er einräumte, dass Information vielleicht doch nicht verloren geht im schwarzen Loch.
Er lies seine damalige Zuhörerschaft, wenn mich nicht alles täuscht, mit einem “aber” zurück, weil er eine Theorie mit Wurmlöchern und weißen Löchern in anderen Universen postulierte. Durch die Wurmlöcher diffundiert die Information des schwarzen Lochs und kommt am anderen Ende, in einem anderen Universum aus einem weißen Loch wieder zum Vorschein. Ob es weitere Universen gibt, ist zwar wahrscheinlich, aber durchaus nicht sicher. Das und die weißen Löcher lässt sich vermutlich nie oder nur schwer beweisen.
Was wir bisher noch gar nicht behandelt haben ist, ob es denn tatsächlich schwarze löcher gibt, ob sie vielleicht nur Objekte in den Gehirnen von Theoretiker*innen sind und wie man, wenn es sie gibt, sie nachweisen kann.
Entdeckung und Nachweise:
Direkt beobachten lassen sich schwarze Löcher nicht, weil sie klein und dunkel sind. Es gibt aber einige Methoden, bis hin zu einem Foto, die indirekt schwarze Löcher nachweisen können und das auch schon erfolgreich getan haben. Leider, bzw. vielleicht auch Gott sei Dank, haben wir keines in unserer unmittelbaren Nähe, das wir genauer untersuchen könnten, bzw. welches uns als unerschöpfliche Energiequelle dienen könnte…
Kinematischer Nachweis
Dabei werden die Bahn und die Geschwindigkeit von Sternen, die das Schwarze Loch umkreisen, als Nachweis herangezogen. Wird eine enorm hohe Masse, die auch noch dunkel und dicht ist, berechnet, so liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Schwarzes Loch handelt. Die Vermessung der Bahn des Sterns S2, der Sagittarius A* im Zentrum unserer Milchstraße auf einer Keplerbahn umkreist, erlaubte sehr genaue Aussagen über die Massenkonzentration im Zentralbereich von Sgr A*. Bei einer weiteren kinematischen Methode werden die Dopplerverschiebung und der Abstand zwischen dem dunklen Objekt und dem um ihn kreisenden Stern festgestellt, woraus sich die gravitative Rotverschiebung und sodann die Masse abschätzen lässt.
Eruptiver Nachweis
Sterne, die dem Gezeitenradius eines Schwarzen Lochs zu nahe kommen, können durch die auftretenden Gezeitenkräfte zerrissen werden und dabei eine charakteristische, durch Geräte wie das Nuclear Spectroscopic Telescope Array nachweisbare Röntgenstrahlung freisetzen.
Aberrativer Nachweis
Schwarze Löcher besitzen die Eigenschaft, elektromagnetische Strahlung abzulenken oder zu bündeln, wodurch es möglich ist, sie zu identifizieren. Sollte beispielsweise die Form der elliptischen Bahn eines Sterns verzerrt erscheinen, liegt die Annahme nahe, dass ein Schwarzes Loch zwischen dem Beobachter und dem Stern vorhanden ist.
Obskurativer Nachweis
Durch die Gravitationsrotverschiebung lässt sich eine schwarze Färbung am Rand der Schwarzen Löcher erkennen, da der relativistische Rotverschiebungsfaktor elektromagnetische Wellen beeinflusst und somit die Strahlungen in der Nähe des Ereignishorizonts unterdrückt werden, sodass ein Schwarzes Loch erkennbar wird.
Temporaler Nachweis
Durch eine Analyse der Lichtkurven erkennbare zeitliche Verzerrung (die sogenannte Zeitdilatation), die ein Schwarzes Loch bei Objekten auslöst, die es umkreisen oder sich in der Nähe befinden, ist es möglich, ein Schwarzes Loch als solches zu identifizieren.
Spektroskopie
Wir haben auf der Station über das Licht gelernt, dass Die Krümmung der Raumzeit in der nähe sehr massereicher Objekte Lichtstrahlen verbiegen und umlenken kann. Somit kann ein Schwarzes Loch wie eine Linse auf Objekte wirken die man dahinter beobachtet. Sie erscheinen dann größer, heller und manchmal sogar doppelt.
Diese Linseneffekte und Gravitationsverschiebungen verfremden die Spektren der Sterne, die sich in der Umgebung von Schwarzen Löchern befinden derart, dass sie sich indirekt verraten.
Gravitationswellen
Beschleunigte Schwarze Löcher oder Kollisionen von Schwarzen Löchern können Wellen der Raumzeit hervorrufen, die mit Gravitationswellendetektoren wie LIGO gemessen werden können. Die 2016 von LIGO vorgestellten Beobachtungen der Gravitationswellen aus der Verschmelzung zweier kleinerer Schwarzer Löcher von 29 und 36 Sonnenmassen waren der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen
Über dieses spannende Ereignis schrieb ich in
„Ergänzungen zu Gravitation und Gravitationswellen“
Das erste Foto
Mit Very Long Baseline Interferometry (VLBI) können Radioteleskope eine Auflösung erreichen, die vergleichbar mit dem Radius eines Schwarzen Lochs ist. Damit ist es dem Projekt Event Horizon Telescope gelungen, Bilder der Akkretionsflüsse um das supermassereiche Schwarze Loch M87* im Zentrum der Galaxie Messier 87 aufzuzeichnen und damit erstmals direkte Bilder der Umgebung eines Schwarzen Lochs zu erhalten. Die Vorstellung im April 2019 der Resultate der koordinierten Aktion vom April 2017 gilt als wissenschaftliche Sensation, die es zum Beispiel auf die Titelseite des Nachrichtenmagazins Spiegel brachte. Aufgrund gravitativer und relativistischer Effekte erscheinen die Akkretionsflüsse und Bilder der aufgeheizten Gase in der Umgebung des Schwarzen Lochs als ein Ring, der einen dunklen Bereich – den sogenannten „Schatten“ des Schwarzen Lochs – umschließt. Der Schatten ist eine durch den Gravitationslinseneffekt vergrößerte Abbildung des Bereichs, der durch den Ereignishorizont begrenzt ist. Er ist auf linearem Maßstab bis zu fünfmal größer als der Ereignishorizont und wird durch den Photonenorbit begrenzt, auf dem Licht um das Schwarze Loch zirkuliert und bei kleinen Störungen entweder im Schwarzen Loch verschwindet oder nach außen dringt. Die Aufnahmen erlauben durch Vergleich mit Computersimulationen Rückschlüsse auf die Masse und die Rotation des Schwarzen Lochs, bisher aber noch nicht auf den Drehimpuls. Nach dem bisherigen Stand der Technik ist nur der Schatten der supermassereichen Schwarzen Löcher in M87 und Sagittarius A* im Zentrum der Milchstraße so groß, dass sie mit dem EHT beobachtbar sind. Das EHT hat auch Aufnahmen von Sagittarius A gemacht, die aber aufgrund der viel dynamischeren Natur von Sagittarius A undeutlicher sind und demnächst vorgestellt werden sollen
Beispiele bekannter Schwarzer Löcher
Sagittarius A* ist das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße. Seit 1992 wird seine Umgebung vor allem im infraroten Bereich von einem Team von Astronomen untersucht. Dabei wurden die Umlaufbahnen und die Geschwindigkeiten von 28 Sternen vermessen. Eingesetzt wurden Nah-Infrarot-Kameras mit adaptiver Optik beim Very Large Telescope in Cerro Paranal in Chile, der bildgebende Spektrograph Sinfoni, die Speckle-Abbildungskamera SHARP I und andere Instrumente der europäischen Südsternwarte. Außerdem wurden Beobachtungen des Keck-Teleskops auf Hawaiʻi, des New Technology Teleskops sowie Aufnahmen des Hubble-Teleskops ausgewertet.
Die Untersuchungen zeigten, dass die zentrale Masse nur durch ein Schwarzes Loch erklärt werden kann und dass circa 95 % der gesamten Masse im beobachteten Sektor sich in diesem Schwarzen Loch befinden muss. Die Vermessung der Infrarot- und Röntgenemission in der Akkretionszone deutet darauf hin, dass das Schwarze Loch einen hohen Drehimpuls aufweist.
Neben dem vermuteten zentralen Schwarzen Loch in unserer Galaxie, nämlich Sagittarius A* mit ca. 4,3 Millionen Sonnenmassen, gibt es eine Reihe weiterer vermuteter kleiner Schwarzer Löcher, die in der Milchstraße verteilt sind und eine Masse von einigen wenigen bis einem Dutzend Sonnenmassen aufweisen. Sie alle sind Bestandteile von Doppel- oder Mehrfachsternsystemen, ziehen von ihrem Partner scheinbar in einer Akkretionsscheibe Materie ab und strahlen im Röntgenbereich, weil diese Materie derart durch gegenseitige Reibung aufgeheizt wird.
Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass sich in der Sternengruppe IRS 13, die nur drei Lichtjahre von Sgr A* entfernt liegt, ein zweites Schwarzes Loch mit vergleichsweise geringen 1300 Sonnenmassen befindet. Es ist derzeit nicht geklärt, ob es sich in Zukunft mit Sgr A* vereinigen wird, ob es sich auf einer stabilen Umlaufbahn befindet oder sich sogar von ihm entfernt.
Im Januar 2005 wurden mit dem Röntgenteleskop Chandra Helligkeitsausbrüche in der Nähe von Sgr A* beobachtet, die darauf schließen lassen, dass sich im Umkreis von etwa 70 Lichtjahren 10.000 bis 20.000 kleinere Schwarze Löcher befinden, die das supermassereiche zentrale Schwarze Loch in Sgr A* umkreisen. Einer Theorie zufolge sollen diese das zentrale Schwarze Loch in regelmäßigen Abständen mit Sternen aus der Umgebung „füttern“.
Das bisher erdnächste bekannte Schwarze Loch gehört zusammen mit zwei mit bloßem Auge sichtbaren Sternen zum Mehrfachsystem HR 6819 im Sternbild Teleskop und ist rund 1000 Lichtjahre entfernt. Es hat mindestens vierfache Sonnenmasse. Einer der Begleitsterne umkreist das Schwarze Loch in 40 Tagen.
Schwarze Löcher in Film und Literatur
Schwarze Löcher werden in der Science-Fiction-Literatur oft als mögliches Mittel zum überlichtschnellen Transport, so etwa in Stanisław Lems Roman Fiasko, bzw. als ultimative Möglichkeit der Energiegewinnung dargestellt, wie bspw. in der Fernsehserie Stargate.
Der Film „Das schwarze Loch“ von 1979 – mit Maximilian Schell und Anthony Perkins in den Hauptrollen –, der unter anderem die starke Gravitationskraft Schwarzer Löcher thematisiert, wurde 1980 für zwei Oscars nominiert. Der Film Interstellar aus dem Jahr 2014 von Regisseur Christopher Nolan beinhaltet ebenfalls die Thematiken vom Schwarzen Loch und seinen Gravitationskräften. In der Fernsehserie Andromeda gerät das Raumschiff Andromeda Ascendant nahe an den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs, wodurch Schiff und Besatzung aufgrund der Zeitdilatation bis zur Bergung und damit für 300 Jahre in der Zeit einfrieren.
Abspann
so, liebe Mitlesenden. Wie schon gesagt, geht diese Reise an dieser Stelle langsam zu Ende. Für mich war es das erste mal, dass ich aus einem Vortrag eine so umfangreiche Serie entrollte. Mir hat das sehr viel Freude bereitet. Ich hoffe, euch auch. Nun werde ich mich wieder anderer Themen und Baustellen auf dem Blog widmen. So ist beispielsweise unter der Rubrik „Der Sonne entgegen“ längst noch nicht alles über diesen einen Stern von dem wir leben, gesagt.
Ich bin selbst immer wieder darauf gespannt, wo hin mich meine Gedanken und Geschichten führen.
Ich würde mich freuen,
- wenn ihr mir auf diesem Blog verbunden bleibt,
- wenn ihr vielleicht mal den ein oder anderen Artikel kommentiert,
- wenn ihr Fragen stellt,
- wenn ihr berichtigt, wenn ich quatsch erzähle
- und wenn ihr den Blog mit anderen Menschen teilt, die so etwas interessieren könnte.
Und wer jetzt schade findet, dass die Serie endet, kann den Blog ja gerne über den Newsfeed oder per Mail folgen. Dann wird niemandem mehr etwas entgehen, denn es wird weiterhin Artikel und möglicherweise auch andere Serien von mir geben.
Es grüßt ganz herzlich
euer Blindnerd.
Donnerwetter, das war heftig, lieber Gerhard! Da schmeißt du einem schwer Verdauliches entgegen, das die Vorstellungskraft sprengt. „Gekrümmte Raumzeit“ – „1000 Lichtjahre entfernt“ – da bräuchte man einen Hawking-Gehirnkasten, um da noch sagen zu können: „Kein Problem – das habe ich verstanden!“ Aber enorm spannend war deine Reise zu den schwarzen Löchern – und ein bisschen mehr Ahnung hat man schon, in welchen Dimensionen die moderne Astronomie heute forscht – trotz der Schwarzen Löcher im eigenen Gehirn…
Herzliche Grüße
Dietmar
Sei getröstet, lieber Dietmar. Glaube blos nicht, dass ich mir das alles so vorstellen kann. Der berühmte Physiker Richard Feynman, der ein hervorragender Physik-Didaktiker war und dessen Vorlesungen bis heute berühmt und bekannt sind, selbst der, welcher alles so gut erklären konnte, soll einmal gesagt haben „Halt’s Maul und rechne“. Damit meinte er wohl genau das, dass vieles in der Relativitätstheorie einfach nicht in Worte zu fassen ist. Die Sprache hierfür ist die Mathematik.
Hallo mein lieber Freund Gerhard,
der weg zu den schwarzen Löschern Teil 10 habe ich zweimal durchgelesen. Es war wunderschön von Dir geschrieben. Ich hoffe, es wird noch eine Zugabe nachfolgen. Der Inhalt war sehr ausführlich.
Herzliche Grüße aus Berlin
von Mehmet
Ich bin beeindruckt, dass Du selbst bei so schwerer Kost nicht aussteigst, was ich absolut verstehen würde. Aber nein, Du hältst durch und liest die Artikel mehrfach, um sie zu verstehen. Respekt!!!