Meine lieben,
heute ist der zweite Advent, an welchem dieser Artikel erscheinen sollte, zwar schon vorbei, aber die Technik wollte gestern nicht.
Heute geht es darum, dass der Stern von Betlehem durchaus vor dem Hintergrund in guter Gesellschaft war, als dass er plötzlich auftauchte, die Könige zum Stall führte, und dann wieder verschwand.
auf keinen Fall möchte ich dem Stern von Betlehem seinen Ruhm und seine Funktion und Wichtigkeit schmälern, was er auch immer war.
Wir haben in verschiedenen Artikeln älterer Adventskalender schon einige Möglichkeiten durchgespielt, was er gewesen sein könnte.
Da wäre die Idee, er könnte ein Komet gewesen sein, die der Planetenkonjunktion oder auch die einer Nova zu nennen.
Schauen wir uns also diese Himmelsgäste mal etwas genauer an.
Ungefähr zwischen den Jahren 500 v. Chr. und 1500 n. Chr. waren die Chinesen eine Hochkultur der Wissenschaft. Sie beobachteten den Nachthimmel und die Planeten genau. Anscheinend brauchten sie sich nicht an der Vollkommenheit und Unveränderbarkeit des Sternenhimmels fest zu halten, wie es Europäer taten, die sich über Jahrtausende an Aristoteles orientierten, der genau dieses forderte.
So vermeldeten sie beispielsweise im Jahre 134 v. Chr. die Erscheinung eines Kometen und stützten damit die Äußerung des römischen Geschichtsschreibers über das, was Hipparch am Himmel beobachtet haben könnte.
Gewiss, auch die Chinesen interessierten sich nicht aus purer Neugier für das himmlische Geschehen; sie waren vielmehr, wie die Babylonier und Griechen, an der Astrologie interessiert. Sie hatten für alle möglichen Erscheinungen am Himmel Deutungen entwickelt und versuchten nun, daraus die Wahrscheinlichkeit bestimmter Ereignisse auf der Erde abzuleiten.
Da es sich bei den durch die himmlischen Zeichen vorhergesagten Ereignisse zumeist um Katastrophen handelte – um Kriege, Epidemien oder Tod -, mussten die Mitglieder der Oberschicht und selbst der Kaiser gewappnet sein, um durch entsprechende Aktionen das drohende Unheil abwenden zu können. Falls irgendein Unglück ohne Vorwarnung eintrat, konnte das durchaus den Kopf des jeweiligen Hofastronomen kosten.
Ein Beispiel hierfür ist die Enthauptung der beiden Hofastronomen Hi und Ho, die über ihrem Müßiggang vergaßen eine Sonnenfinsternis rechtzeitig anzusagen.
Im Jahre 183 am 05.12. tauchte nun ein Gaststern im Sternbild Centaur auf.
Im Jahre 210 ein weniger heller Stern im Skorpion.
Es überrascht kaum, dass wir aus Europa keine Berichte über diese Sterne kennen:
- Die Hochkultur der Griechen – und mit ihr die Astronomie – war längst untergegangen, und die Römer hatten der Wissenschaft nie ein ernsthaftes Interesse entgegengebracht.
- Der neue Stern im Skorpion war sicher kaum heller als Sirius, der hellste Fixstern am irdischen Firmament, und solange niemand den Himmel mit geübtem Blick betrachtete oder aber eine Karte zum Vergleich heranziehen konnte, solange mochte dieser Stern durchaus ebenso unbemerkt wieder verschwinden, wie er aufgetaucht war.
- Und wenngleich der neue Stern im Skorpion auch über acht Monate hindurch zu beobachten war (wie die chinesischen Quellen berichten), kann er nur während der ersten Nächte so hell wie Sirius gewesen sein. Danach musste er langsam, aber stetig verblassen, und je schwächer er wurde, desto weniger konnte er jemandem auffallen, der den Himmel nicht so eifrig durchmusterte wie die chinesischen Astronomen.
- Der neue Stern des Jahres 183 im Sternbild Zentaur war nach Angaben der chinesischen Chroniken wesentlich heller als jener zwei Jahrhunderte später im Skorpion n entdeckte Stern. Einige Wochen hindurch erschien er wahrscheinlich heller als jedes andere Himmelsobjekt (ausgenommen Sonne und Mond). Ein solcher Stern hätte eigentlich nicht übersehen werden können, doch tauchte er sehr weit am Südhimmel auf, und das erschwerte die Beobachtung selbst eines so hellen Gestirns erheblich.
- Von der chinesischen Sternwarte in Lo-yang aus erreichte der neue Stern nie mehr als 3 Grad Höhe über dem Horizont. Entsprechend blieb dieser Stern in ganz Mitteleuropa, in Frankreich, Deutschland und selbst in Italien, jenseits des Horizonts und hätte nur von Sizilien oder Athen aus eben noch beobachtet werden können. In Alexandria dagegen, damals noch einer Hochburg der griechischen Wissenschaft, stieg er hoch genug über den Horizont, um auffallen zu müssen.
Dennoch finden wir diesen Stern bei keinem griechischen Astronomen erwähnt. Auch wenn man diesen hellen Stern über dem Südhorizont bemerkt hatte, so verbot der Respekt vor der Autorität des Aristoteles einen schriftlichen Bericht darüber; und wenn es solche Berichte dennoch gegeben haben sollte, so dürften sie kaum anerkannt worden und bald wieder in Vergessenheit geraten sein.
600 Jahre lang gab es keine weiteren Berichte über derartige Himmelsgäste mehr.
Erst im Jahre 1006 findet man wieder einen Bericht, diesmal über einen Stern im Sternbild Wolf das an den Zentaur angrenzt und daher ähnlich weit im Süden liegt.
Trotz seiner südlichen Lage wurde dieser Gaststern sowohl von chinesischen als auch von Japanischen Astronomen erwähnt.
Im westlichen Kulturkreis wurde die Astronomie zu jener Zeit hauptsächlich von den Arabern gepflegt, die damals gerade die Glanzzeit ihrer Wissenschaft erlebten. So gibt es auch mindestens drei Berichte arabischer Beobachter.
Nach Einschätzung einiger Astronomen erreichte er möglicherweise etwa ein Zehntel der Helligkeit des Vollmondes. er blieb womöglich drei Jahre hindurch mit bloßem Auge sichtbar, kann aber kaum länger als einige Wochen heller als die Venus erschienen sein.
Dieser Stern kam für Beobachter im südlichen Europa hoch genug über den Horizont, und so sollte man annehmen dürfen, dass die Menschen in Italien, Spanien und Südfrankreich des Nachts damals voller Ehrfurcht und Erstaunen in Richtung Süden blickten. Mitnichten! Zumindest findet man nirgendwo einen Bericht darüber. Lediglich die Chroniken zweier Klöster (in der Schweiz und Italien) enthalten wage Hinweise auf etwas, hinter dem sich ein heller Stern verbergen könnte, doch mehr nicht.
Da dieser Stern im Jahre 1006 aufleuchtete, würde man erwarten können, dass die Europäer sein Erscheinen als Vorboten für das nahe Ende der Welt angesehen hätten. Etliche Menschen glaubten damals nämlich, dieses Ende der Welt würde rund tausend Jahre nach der Geburt Christi über sie hereinbrechen. Doch nicht einmal diese furchterregende Möglichkeit reichte aus, um sie zu einem Bericht über das Ereignis zu veranlassen.
Dann platzte im Jahre 1054 (nach modernen Berechnungen am 4.Jul‘) ein Stern in die majestätische Ruhe hinein, diesmal im Sternbild Stier, das ein gutes Stück nördlich des Himmelsäquators liegt, also von Europa gut zu sehen.
Das Objekt im Stier war anfangs mindestens zwei- oder dreimal so hell wie die Venus zur Zeit des größten Glanzes und konnte über einen Zeitraum von drei Wochen neben der Sonne am Taghimmel gesehen werden (falls man wußte, wo man nach ihm Aus schau halten sollte), während Gegenstände nachts in seinem Licht einen schwachen Schatten warfen (ähnliches gilt unter günstigen Voraussetzungen bereits für die Venus).
Am Nachthimmel konnte man den Stern noch fast zwei Jahre hindurch beobachten. Später schien es, als hätten nur chinesische und japanische Astronomen diese eindrucksvolle, leicht zu beobachtende Erscheinung registriert.
Nirgends fand man einen Bericht über europäische oder arabische Beobachtungen.
Wie ist so etwas denkbar? Den ganzen Juli über muss der Stern in den Stunden vor Sonnenaufgang unübersehbar gewesen sein.
- Vielleicht schliefen die meisten Europäer um diese Zeit.
- vielleicht versperrte aber auch eine dicke Wolkendecke den Blick nach oben.
- Vielleicht hielten ihn aber auch jene, die ihn sahen, irrtümlich für die Venus, die ja auch hin und wieder im Sternbild Stier zu sehen ist.
- Wer aber sicher war, dass dies nicht die Venus sein konnte, mag an Aristoteles und an die Vollkommenheit der göttlichen Schöpfung gedacht und den Blick geflissentlich abgewendet haben.
In den letzten Jahren ist jedoch ein arabischer Bericht aufgetaucht, der auf einen hellen Stern im Jahre 1054 zu verweisen scheint, und ein ähnlicher Hinweis wurde in einer italienischen Chronik gefunden.
Bei diesen Gästen wollen wir es vorerst belassen, denn als die nächsten am Himmel erschienen, hatten sich die Zeiten geändert. Man interessierte sich nach und nach wieder für Wissenschaft und Astronomie in Europa. Europa erwachte im Laufe der Zeit aus dem Mittelalter und das schaffte langsam wieder freien Raum für freies und unabhängiges Denken und Forschen.
Damit wollen wir uns weihnachtlich am nächsten Advent beschäftigen.
Und jetzt geht es num literarischen Adventskalender
bitte hier lang.
