Das Geheimnis des Regenbogens


Meine lieben,
erst mal vielen Dank für eure Rückmeldungen und Kommentare zu meinen Alemannischen Astronomen und natürlich auch zu meinem etwas untypischen Artikel Unter Uns.

Es haben mich jetzt doch einige Fragen zu den Entdeckungen meiner alemannischen Astronomen erreicht. Deshalb greife ich heute nochmal den Balmer auf, und was er gefunden hat. Und keine Sorge, der etwas exzentrische Zwicky soll auch nochmal dran kommen.
Ja, es ist eben etwas ganz besonderes, wenn man nach so vielen Jahren den ersten Auftritt in der Geburtsstadt hat, und die ganze Familie kommt. Damit ist man in einem Artikel noch nicht fertig.
Fangen wir also mal mit Balmer und seiner Formel an. Keine Angst, es wird nicht sehr mathematisch werden. Ich kenn euch doch.

Farben des Lichts

Das farbige Spektrum z. B. das, des Sonnenlichts, entsteht immer dann, wenn es in seine Farben aufgefechert wird.
Lässt man Licht durch ein Prisma, ein Fraunhofergitter mit sehr schmalen Linien, durch eine Regenwand als Regenbogen oder auf eine CD fallen, kann man die bunden Farben des an sich weißen Sonnenlichtes erkennen.
Das Licht sortiert sich zu einem Spektrum (Farbband) weil Licht unterschiedlicher Wellenlängen unterschiedlich stark abgelenkt wird.

Im Falle des Regenbogens muss das weiße Sonnenlicht ähnlich, wie bei einem Prisma durch die Regentropfen hindurch und wird so aufgespalten.
Wir kommen nachher nochmal auf ihn zurück.

Das Lichtwunder

Ein halbes Jahrhundert vor Balmer stand ein junger Glasmacher am Okular eines Teleskops. Joseph von Fraunhofer, ein bayerischer Waisenjunge, der sich mit harter Arbeit zum Optiker und Physiker hochgearbeitet hatte, beobachtete das Sonnenlicht durch ein Prisma. Was er sah, ließ ihn erstarren.

„Was zum Kuckuck… da sind dunkle Streifen im Regenbogen!“,

rief er.

Es waren hunderte, ja tausende dunkle Linien – wie kleine Risse im Farbspektrum. Niemand konnte erklären, warum sie da waren. Fraunhofer katalogisierte sie akribisch, gab ihnen Buchstaben, doch er ahnte nicht, dass er damit die Sprache des Universums aufgeschlagen hatte. Er starb früh, doch seine Linien lebten weiter.

Dann, in Heidelberg, einige Jahre später, brodelte es – wortwörtlich. Robert Bunsen, der mit seinem Assistenten Gustav Kirchhoff am Spektroskop arbeitete, hatte mit Hilfe seines neu erfundenen Gasbrenners herausgefunden, dass jedes chemische Element ganz eigene, bunte Linien ins Spektrum malte. Bunsen, ein Mann mit feinem Schnauzer und wachem Geist, hielt triumphierend ein Glasröhrchen in die Flamme.

„Schau, Gustav! Natrium – immer zwei gelbe Linien. Wie die Fensterläden bei meim Elternhaus!“

Sie erkannten, dass man mit dem Licht die chemische Zusammensetzung erkennen konnte – selbst von Dingen, die man nie anfassen würde.
Nun hatte man also das Werkzeug, die Spektralanalyse in der Hand, mit welchem man Dinge entdecken konnte, ohne dort gewesen zu sein, z. B. das Helium der Sonne. Dies ist aber mal eine eigene Geschichte wert.

Doch die Krönung dieser Reise sollte noch folgen – durch eine Frau, die sich gegen alle Widerstände durchsetzte. Ihr Name: Cecilia Payne. Eine junge Engländerin, die 1925 in Harvard promovierte – als erste Frau, und gleich mit einer Arbeit, die alles veränderte.

Sie hatte das Licht der Sterne durch Spektren analysiert und erkannte, dass sie vor allem aus Wasserstoff und Helium bestanden. Die damalige Wissenschaft hielt das für unmöglich – man glaubte, die Sonne müsse aus denselben schweren Elementen bestehen wie die Erde.

Doch Cecilia ließ sich nicht beirren. Ihre Formeln, ihre Logik, ihre klare Sicht auf das Licht überzeugten später selbst den größten Kritiker: Henry Norris Russell musste eingestehen, dass sie recht gehabt hatte. Damit hatte sie das wahre Wesen der Sterne enthüllt – nicht durch Teleskope, sondern durch Mathematik und Licht.
Das muss man sich mal vorstellen. Mit diesem chemischen Fingerabdruck lassen sich Dinge erforschen, ohne dort hin zu gehen. Sie müssen halt nur leuchten.

Neben der Tatsache, dass Sterne fast nur aus Wasserstoff und Helium bestehen, weiß man heute, dass in Spuren auch fast alle anderen Elemente in der Sonne vorkommen. Die hat sie sich bei ihrer Entstehung einverleibt, weil es vor ihr schon Sterne gab, die in Supernova-Explosionen diese schweren Elemente erzeugten und ins All geblasen haben.

Jedes chemische Element und Molekül besitzt sein eigenes Spektrum, sein eigenes farbiges Band, seine eigene Melodie, wenn man so will, wenn man es zum leuchten, z. B. durch Erhitzung anregt.
Es besitzt also einen ganz ihm eigenen Barcode, bestehend aus hellen und dunklen Linien oder Rissen im Farbspektrum.

Warum?
Weil in jedem Atom die Elektronen nur bestimmte Energiestufen einnehmen können. Wenn sie angeregt werden – zum Beispiel durch Hitze oder Licht –, springen sie auf eine höhere Stufe. Beim Zurückfallen senden sie Licht aus – aber nur in ganz bestimmten Farben. Diese Farben erscheinen im Spektrum als Linien. Für jedes Element anders. So erkennt man Natrium an zwei gelben Linien, Wasserstoff an mehreren Linien im blauen und roten Bereich, und Helium – wie Bunsen und Kirchhoff es entdeckten – an einer besonderen gelben Linie, die vorher unbekannt war.

Balmers Entdeckung

Also war das mit den Wasserstofflinien Balmer schon bekannt.
Bevor ich euch beschreibe, was der Alemanne sah, und wir seine Formel kennenlernen, hier noch etwas zum Verständnis.

Zur Beschreibung einer Welle benötigt man ihre Frequenz und ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit. Diese kennen wir für elektromagnetische Wellen, also Licht, im Vakuum genau. Licht breitet sich dort mit einer Geschwindigkeit von 300000 Kilometer pro Sekunde aus. Die Frequenz gibt an, wie oft eine Welle pro Zeiteinheit, z. B. einer Sekunde hin und her schwingt. Sie wird in Herz, oder dessen Vielfachen, z. B. Kiloherz oder Megaherz angegeben. Aus all dem kann man nun berechnen, wie weit sich eine Welle während einer kompletten Schwingung in ihrem Medium ausgebreitet hat. Unsere Lichtwellen schwingen so schnell, dass man ihre Ausbreitung in Nanometern angeben muss, um nicht so kleine Zahlen hinter dem Komma zu erhalten.

Beobachtet man also bis zum leuchten erhitzten Wasserstoff durch ein Prisma oder Fraunhofergitter, dann sieht man folgendes:

  • Bei 656 nm ein kräftiger roter „Ton“
  • Ein wenig weiter rechts, bei 486 nm, ein grünlich-blauer Akzent
  • Dann bei 434 nm ein schwächeres Blau
  • Schließlich bei etwa 410 nm ein zartes Violett

Je weiter man geht, desto enger und blasser werden die Linien, bis sie im Ultravioletten verschwinden.
Diese Linien sind wie Schritte auf einer Treppe des Lichts, wobei jede Linie für einen Quantensprung eines Elektrons steht.
Stellte man sie so akustisch da, dann lägen die Töne sehr nah beieinander. Aber wenn man das ganze etwas dehnte, dann wären die Klänge sicher gut zu unterscheiden.

Die Balmer-Serie endet dann bei einer minimalen Wellenlänge, der sogenannten Balmer-Grenze:
Diese liegt im Ultraviolett – also außerhalb des sichtbaren Bereichs.

Balmers Formel

In Balmers Formel geht es darum, das Spektrum des Wasserstoffs mathematisch zu erklären, also ohne Beobachtung im voraus zu berechnen.

Die Balmer-Formel beschreibt die Wellenlängen des sichtbaren Lichts, das von angeregtem Wasserstoffgas ausgestrahlt wird, wenn Elektronen auf die zweite Schale (n = 2) zurückfallen. Die dabei entstehenden Spektrallinien bilden die sogenannte Balmer-Serie.
Wie das genau funktioniert, erspare ich uns an dieser Stelle, weil wir dazu sogar in die Quantenphysik hinein müssten.

Im sichtbaren Bereich des Wasserstoffatom-Spektrums lassen sich vier Linien beobachten, deren Abstände voneinander mit abnehmender Wellenlänge kleiner werden. Sie werden, beginnend mit der größten Wellenlänge, als H‑α (H‑alpha), H‑β, H‑γ und H‑δ bezeichnet. Ihre Wellenlängen

Balmer nun war davon überzeugt, dass wenn man verschiedene Eigenschaften kennt, z. B. Temperatur, Frequenz etc, dann sollten sich doch diese Lücken auch mathematisch „voraussagen“ lassen. Er wollte wissen, wieso beim Wasserstoff das Spektrum genau so ist, wie es ist.
Wer nun die Formel genau studieren möchte, den darf ich auf den Artikel dazu bei Wikipedia verweisen. Dort wird sie gut und mathematisch erklärt.
Für all jene, welche Formeln in LaTeX lesen können, rate ich, unten auf der Seide in die mobile Ansicht umzuschalten. Dann seht ihr sie im LaTeX-Code.
Andernfalls hängt die Lesbarkeit stark davon ab, was euer Bildschirmleser mathematisch so drauf hat..
https://de.wikipedia.org/wiki/Balmer-Serie

Epilog

So kam es, dass ein Alemann mit Zahlen, ein bayerischer Glasmacher, ein Heidelberger Feuergeist und eine mutige Frau aus England zusammen über Zeit und Raum hinweg das Universum entschlüsselten.
Das Licht der Sterne ist kein bloßes Leuchten – es ist eine Nachricht. In seinen Farben liegt ein Geheimcode, geschrieben in Linien, die von jedem Element anders gezeichnet sind. Das Spektrum ist der Regenbogen des Universums. Und jedes Atom malt darin seine Signatur.

Wer also heute einen Sonnenstrahl durch ein Prisma fallen lässt, der sieht mehr als nur Farben. Er sieht eine uralte Geschichte – von Feuer, von Zahlen, von Mut und Erkenntnis. Und vielleicht flüstert dann der Wind auf Alemannisch:

D’Liecht isch meh als Liecht – es isch dr Klang vom Kosmos, gschriebe mit Farbe!

„Licht ist mehr. Licht ist der Klang des Kosmos, geschrieben mit Farben.“

Zu guter letzt

Hier zum Schluss noch eine Beschreibung eines Regenbogens und ein Gedicht von einer lieben Mitleserin:
Beschreibung:

im Vordergrund bzw dem unteren Drittel: Wiese, Häuser, Bäume, Bildmitte Regenbogen, der fast über den ganzen Himmel geht (nahezu vollständiger Halbkreis also), Drüber Wolken. Mit bloßem Auge (auf dem Foto leider nicht erkennbar) konnte man den spiegelbildlichen „Zwilling“ sehen – außen rot, innen blau der Zwilling mit noch außen blau war zu erkennen (gelb und rot nicht mehr). Aber so selten Regenbogen sind – mit „Doppel“ noch weniger hat mich das extrem begeistert. Hätte jetzt gerne ein passendes Musikstück für dich das mindestens Majestätisch, mit der großen Pauke und ausdrucksstark daher kommt…

Nun nimmt sie Bezug auf unseren Sternenwanderer, der unsere Radiosphären durchkreuzt, Siehe Artikel zu Ostern 2025.

Eigentlich sollten wir unserem Freund, dem Sternenwanderer, echt von dieser Naturschönheit des Regenbogens erzählen.

Und nun teilt sie noch ein Gedicht das sie in der ersten Klasse gelernt und bis heute behalten hat.

Der Regenbogen
von Ruth Hassel.

Ein Regenbogen, komm und schau
rot und orange, gelb grün und blau
So herrliche Farben
kann keiner bezahlen
ihn über den halben Himmel zu malen.
Ihn malte die Sonne
mit Goldener Hand
auf eine wandernde Regenwand.

Ich kann unsere Mitleserin und euch an dieser Stelle trösten. Es ist sicher, dass die Schönheit eines Regenbogens durch Ton und Bild auch schon durch unsere Radiosphären zu unserem Wanderer gelangt ist. Hoffen wir, dass er ihn zwischen all dem anderen Getöse findet…

2 Gedanken zu „Das Geheimnis des Regenbogens“

  1. lieber Gerhard, ich bin leider nicht gleich dazu gekommen deinen aktuellen Newsletter zu lesen – umso mehr habe ich mich jetzt darüber gefreut!
    Und Quantenphysik sparst du uns?
    Falls ihr mal in der nächsten Zeit ins Deutsche Museum, Museumsinsel München kommt: dort gibt es eine Ausstellung über „Licht und Materie“. Hier gibt es auch ein Exponat, das diese Quantenphysik der Spektrallinien hörbar macht. Wenn ihr mich fragt ein wirklich scheußliches Geräusch:
    Ihr kennt Tonleitern? Grundton (C), Terz dazu (E), Quart (F), Quint (G) und noch die Oktav (C) -> alle 5 nacheinander, oder abwechselnd, oder komplett auf einmal als die unterschiedlichen „Sprünge“ der Elektronen. Leider hat das Exponat keinen automatischen Aus-Knopf, sodass die letzte Einstellung weiter spielt. Und das ist gerne dann mal alles auf einmal.
    Es sind auch Exponate dabei, die man gut anfassen kann – und ganz viel Text zum vorlesen lassen. Dienstags ist „Quantenphysik-Dienstag“ da sind noch zusätzlich Museums-Führer*innen anwesend, die gerne Fragen beantworten. Gibt sogar einen Text zur Ausstellung in Leichter Sprache.
    Aber – wie so oft, das meiste ist optisch dargestellt.

    Aber: viel schöner, als die (und ich zitiere hier den Titel eines Buches von Anton Zeilinger): „Spukhafte Fernwirkung: die Schönheit der Quantenphysik“ ist Gerhards prosaischer Epilog über die Nachrichten der Sterne.
    Deine wunderbare Beschreibung dieser Nachrichten und ihre Erforschung hat mich sehr berührt.

    Wenn ihr euch mit dem Thema etwas beschäftigen wollt: Suzanna Randall hat ein wie ich finde wunderschönes Buch geschrieben: Wellenreiten im Weltall. Sie beschreibt anhand des Regenbogens die mit elektromagnetischen Wellen mögliche Forschung (sichtbares Licht ist auch elektromagnetische Welle, genauso wie Mikrowelle, Röntgenstrahlen, Wärmestrahlen also Infrarot…) Und über diese verschiedenen „Lichter“ kann man „die Nachrichten der Sterne“ erforschen. Gibt es natürlich auch als Hörbuch! Und klar, das ist etwas über Wissenschaft – aber mit viel Humor und sehr gut erklärt wenn wirklich mal ein Fachbegriff verwendet wird.

  2. Hallo lieber Gerhard,
    dein Newsletter hat mir heute echt den Tag gerettet. War ziemlich traurig und durcheinander. Und dann kam dein so schöner Text – Balsam für die Seele! Wirklich, grad der Epilog mit seiner schönen Nachricht von den Sternen und wie die Wissenschaftler so prosaisch daran gearbeitet haben. Wunderschön geschrieben.

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