Die Weihnachts-Mondfahrt

Prolog

Seid herzlich gegrüßt,
heute berichtet der Sternenonkel, wie mich manche Kinder nennen, von einem Weihnachtsereignis das sich um den 24. Dezember 1968 zugetragen hat. Es geht um eine Mondreise und um den ersten Gottesdienst im Weltall. Bevor wir aber dazu kommen, soll hier noch ein vielen bekannter Autor gewürdigt werden, der ein maßgeblicher Vordenker des Mond-Programms und ein Inspirator von Generationen von Astronomen, Physikern, Ingenieuren und Astronauten war.
Oft gehen großen Taten lange vorher gedachte und ersponnene Ideen voraus.

Von der Erde zum Mond, von Jules Verne

Vernes Roman, Von der Erde zum Mond, fasziniert mich bis heute.
euch nicht auch? Also mich mindestens ebenso, wie
20.000 Meilen unter dem Meer, oder
die Reise zum Mittelpunkt der Erde.
Es ist ganz erstaunlich, wie nahe Vernes Roman tatsächlich am Ablauf der Apollo8-Mission dran ist.

  • In beiden Fällen gibt es drei Mondreisende. Verne nennt sie Ardan, Barbicane und Nicholl, was unheimlich ähnlich klingt wie Anders, Borman und Lovell.
  • Im Jahr 1865 starten sie von Tampa, etwa 185 Kilometer vom Raumhafen Cape Canaveral entfernt. Ihre Reise dauert zehn an Stelle von sechs Tagen bei Apollo 8 und sie landen im Pazifik, um von einem Marineschiff geborgen zu werden.
  • Und damit der Parallelen nicht genug:
    Wie wäre es mit der Tatsache, dass das von Verne beschriebene Raumschiff etwa die gleichen Abmessungen wie das Befehls- und Servicemodul von Apollo 8 besitzt,
    etwa das gleiche Gewicht hat
    und ebenfalls aus Aluminium gefertigt ist?
  • Beide Schiffe sind mit Filtern zum Absaugen von Kohlendioxid aus der Luft und speziellen Liegen ausgestattet, um den Astronauten beim Abheben die Belastungen durch die sehr hohe Gravitation beim Start zu erleichtern.
  • selbst die Kosten des von Verne geschätzten Programms entsprechen den 14 Milliarden US-Dollar, die bis zur Mission Apollo 8 ausgegeben wurden.

Der Roman basiert vollständig auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die ersten Ausgaben enthielten sogar ein zusätzliches Kapitel mit Mondfakten, Formeln und Berechnungen! Verne kombinierte und extrapolierte diese Fakten und verfolgte zwangsläufig eine ähnliche Denkweise wie die NASA-Ingenieure hundert Jahre später.

  • Wie sie dachte er darüber nach, dass an einem Startplatz in der Nähe des Äquators, d.h. in Florida, die Erdrotation zusätzliche Geschwindigkeit bringen würde und dass die Landung im Meerwasser weicher ablaufen würde.
  • Und genau wie Verne wandten die NASA-Ingenieure die Gesetze von Newton und Kepler an, um die Fluchtgeschwindigkeit von der Erde auf etwa 11 km/s zu berechnen. Alles, das langsamer fliegt, kann das Schwerefeld der Erde nicht verlassen.
  • Auch die Gravitation beim Start, oder die des Mondes und die Schwerelosigkeit dazwischen, mussten berechnet, oder zumindest irgendwie abgeschätzt und bedacht werden.

Es gab aber auch Dinge, wo Verne nicht ganz richtig lag.

Vernes Irrtümer

  • Vernes dachte, dass seine Mondreisenden nur am Lagrange-Punkt I zwischen Mond und Erde schweben würden, an dem die Schwerkraft der Erde und des Mondes sich gegenseitig ausgleichen.
  • Er ließ seine Protagonisten während ihrer Reise zum Mond aus dem Fenster schauen und kümmerte sich nicht um Fallschirme, um ihren Rückfall zur Erde zu bremsen.
  • Die auffälligste Abweichung vom Plan der NASA, zum Mond zu gelangen, ist jedoch die riesige Mondkanone.
    In Verne’s Buch holt der Baltimore Gun Club 60.000 Tonnen Eisen aus dem Boden, um das Columbiad, die Abschusskanone für die Kapsel, zubauen.
    Sie war ein 274 Meter langer Riese von Kanone mit zwei Meter dicken Wänden, die der Explosion von 200 Tonnen Schießpulver widerstehen sollten.

    Glücklicherweise folgten die Apollo-Ingenieure diesem Teil von Vernes Skript nicht, denn ganz offensichtlich würde die Beschleunigung eines Geschosses von Null auf 11 km/s über die Länge des Kanonenrohrs die Piloten zerquetschen, woraufhin sie durch die Luftreibung zu Asche verbrannt würden.

    Verne war sich dieses Problems bewusst, er lässt sogar einen seiner Protagonisten darüber diskutieren

    aber so etwas wie die Saturn V, eine 111 Meter hohe Rakete mit rund 2.700 Tonnen hochexplosivem Treibstoff, zu entwickeln, übertraf selbst Vernes extrem lebhafte Vorstellungskraft.

Viele Ingenieure bezeichnen Jules Verne als ihre Inspiration – trotz des offensichtlichen Versagens mit der Kanone. Im Gegenteil, die Raketenpioniere Konstantin Ziolkowski (Denker des Weltraumaufzuges) und Hermann Oberth sowie die Raumfahrer Juri Gagarin und Neil Armstrong gaben alle zu, dass sie von Jules Vernes Geschichte stark beeinflusst worden waren. Die Besatzung der Apollo 11 nannte ihr Führungs- und Servicemodul sogar „Columbia“ zu Ehren von Vernes riesiger Kanone.
Schließlich, nach einhundert Jahren, war es der Menschheit, den Ingenieuren und allen, die auf den Spuren von Vernes Traum wandelten gelungen, den Mond zu erreichen.
Kommen wir nun also zur Weihnachtsmondfahrt

Die Weihnachtsmondfahrt

Vor 55 Jahren wurde also Jules Vernes Roman „Von der Erde zum Mond“ Realität:
Der Flug der Apollo 8 um den Mond war bis dato die kühnste Mission des gesamten Mondprogramms, weil sich noch keine Apollo aus dem Erdorbit gewagt hatte.

Das Mondprogramm der NASA war ein gut durchdachter, schrittweiser Ansatz, bei dem jede Mission des Merkur-, Gemini- und Apollo-Programms um eine weitere Fähigkeit ergänzt wurde, die für die Landung auf dem Mond erforderlich sein würde.

Da war der Start überhaupt,
das An- und Abkoppeln zweier Raumschiffe,
der Mensch im Weltraum,
das Verlassen des Orbits und vieles mehr.

Die ursprüngliche Mission von Apollo 8 sollte darin bestehen, die Mondlandefähre im Erdorbit zu testen.
Ein vernünftiges Ziel, wenn man bedenkt, dass dies der allererste bemannte Flug der mächtigen Saturn V sein würde, der größten und mächtigsten Rakete, die je gebaut wurde.
Auch das Raumschiff Apollo an der Spitze war ziemlich neu: Nur eine Crew hatte es zuvor geflogen.

Die Montage der Mondlandefähre war jedoch weit hinter dem Zeitplan zurückgeblieben und die NASA stand unter enormem Druck.
Im September 1968 hatten die Sowjets zwei Schildkröten und ein paar Mehlwürmer um den Mond geschickt und sicher auf die Erde zurück gebracht.
Die Befürchtung, die Soviets würden das nun auch zuerst mit Menschen schaffen, war durchaus berechtigt.
Aus diesem Grunde mussten die Missionsplaner das Ziel für Borman, Lovell und Anders leicht ändern: Sie sollten nicht im Erdorbit bleiben, sondern den Weg zum Mond wagen, ihn umkreisen, und wieder sicher auf der Erde wassern.
Die Entscheidung war unglaublich mutig, wenn man bedenkt, dass kein Raumschiff des Mondprogramms jemals die Umlaufbahn der Erde verlassen hatte.

Apollo 6, ein unbemannter Testflug mit Saturn V, sollte um den Mond herumfliegen, aber die dritte Stufe versagte. Sie zündete ihre Triebwerke für die „Trans Lunar Injection“ leider nicht.
Und somit war das Ziel der Mission verloren und sie wurde abgebrochen.

Als Borman, Lovell und Anders am 21. Dezember 1968 an der Küste Floridas vom Pad 39 A des John F. Kennedy Space Centre abflogen, waren sie die ersten Menschen, die die relative Sicherheit der Erdumlaufbahn verließen und 400.000 Kilometer ins Ungewisse wagten.
Als nun die drei Astronauten den Mond erreichten, taten sie etwas, womit wohl niemand gerechnet hatte.

Der erste Gottesdienst im All

Die Astronauten von Apollo 8, waren gebeten worden, die ersten Live-Bilder vom Mond mit etwas „Angemessenem“ zu kommentieren – schließlich würde etwa ein Sechstel der Menschheit das Ereignis an ihren Fernsehern mit verfolgen.

Was könnte passender sein, um die vorbeiziehende Mondlandschaft unten zu begleiten, als die ersten Verse des Buches Genesis über Licht und Dunkelheit zu zitieren?

Bei Martin Luther liest sich das in der neuesten Übersetzung, im ersten Buch Mose, Genesis, wie folgt:
Aus Genesis, Kapitel 1
1. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
2. und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
3. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.
4. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis
5. und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
6. Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern.
7. Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah so.
8. Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.
9. Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Orte, dass man das Trockene sehe. Und es geschah so.
10. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war.
Bei Apollo8 klingt das so:
https://www.youtube.com/watch?v=AEEpHmC1jzo

Schon klar. Der Anfang der Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis des Alten Testaments unserer Bibel ist nicht unbedingt das, was wir als Weihnachtsgeschichte bezeichnen würden. Aber mal ganz ehrlich. Hätte die Geschichte vom Kindlein im Stall zu der Situation gepasst, dass die drei Astronauten, Frank Bormann, Jim Lovell und Bill Anders, damals am Heiligen Abend 1968 die ersten Menschen in einer Umlaufbahn um den Mond waren?
Ich denke, so etwas existenzielleres, wie die Schöpfungsgeschichte, war schon geeigneter.
Einige kritisierten den religiösen Charakter der Sendung zwar, aber jedem, der sich so weit hinaus wagt, sollte erlaubt sein,, dass Mensch sich seines Glaubens erinnert, egal, wie intensiv man ihn auch sonst im Alltag leben mag.

Alleine im All

Am 24. Dezember 1968, verschwand Apollo 8 hinter dem Mond. Kein Mensch hatte jemals die andere Seite des Mondes direkt beobachtet.
Oft wird diese, der Erde abgewandte Seite des Mondes die dunkle Seite oder auch Dark Side genannt. Dunkel ist sie durchaus nicht. Wenn wir Neumond haben, ist diese Seite voll der Sonne ausgesetzt, so dass sie sich auf mehrere 100 Grad Celsius aufheizt.
Leider hatte die Crew nur wenig Zeit, es zu genießen.

Im Mondschatten zu sein bedeutet, im Funkloch zu sein. Durch den Mond hindurch ist kein Funkkontakt zur Erde möglich. Die drei waren also völlig auf sich alleine gestellt.
Völlig heimatlos.
Sie würden nicht mal durch die Gravitation der Erde wieder angezogen, sollten sie mit ihrem Schiff mit ausgefallenen systemen durch das All trudeln.
Selbst bei einem Absturz auf den Mond, wäre keine Rettung möglich. So lange konnte man im Apollo-Schiff nicht überleben, wie es gedauert hätte, eine Rettungsmission zusammen zu stellen, und außerdem hatte man derlei noch nie vorher geprobt.

Sie mussten die Zündung der Triebwerke selbst berechnen, einleiten und kontrollieren.
Zündete das Triebwerk zu kurz, und Apollo 8 würde ins All geschleudert,
zu lang, und sie würde ein weiterer Krater auf dem Mond werden.
Für die Astronauten fühlten sich die vier Minuten und sieben Sekunden, während derer das Triebwerk arbeitete, um sie auf die richtige Bahn zu blasen, wie eine Ewigkeit an.

Einmal im Orbit, gab es wenig zu tun, außer die Bibel zu lesen und Hunderte von Fotos zu machen – darunter das legendäre Bild der fernen Erde, die über dem kargen Mond steht.

Nach 20 Stunden im Orbit war es Zeit zu gehen. Eine weitere kritische Zündung des Triebwerkes, und Borman, Lovell und Anders waren auf dem Weg zurück auf die „gute Erde“.

Am 27. Dezember öffneten sich drei riesige Fallschirme über dem Nordpazifik südlich von Hawaii. Die Apollo 8 wasserte sicher im Meer, und wurde von einem Flugzeugträger aufgenommen.

Epilog

Was für ein Abenteuer, was für eine Geschichte. Eine Geschichte, die bereits hundert Jahre zuvor von dem gewissen Jules Verne erzählt worden war. Die NASA, so schien es, folgte nur seinem Skript.

Ich muss immer an die Frauen und Familien der drei Astronauten denken. Was für ein von Sorgen überschattetes Weihnachtsfest muss das für sie gewesen sein. Und ehrlich gesagt, ist mein Weihnachtsfest leider auch von Sorge getrübt ob all dem, was momentan auf und mit unserer Erde geschieht. Aber das ist es eben, weshalb wir Weihnachten feiern. Wir feiern die Geburt unseres Erlösers. Und das ist neben seiner Auferstehung, was uns Christen Hoffnung, Glaube, Zuversicht und Trost gibt.
Das wünsche ich für uns alle.

Meine Jahres-Mondfeier


Liebe Leserinnen und Leser,

noch ist es nicht ganz zu Ende, das Jubiläumsjahr zu 50 Jahre Mondlandung. Das hat uns alle, bzw. hält vielleicht manche von euch auch noch in Bann.
am 11.12.1972 landeten bisher das letzte mal drei Menschen mit Apollo XVII (17) auf dem Mond. Diesen Tag nehme ich nun zum Anlass, meinen Mond-Artikel, der mich das ganze Jubiläum lang begleitet hat, zu veröffentlichen.

Was ich hier mit euch im wesentlichen teile ist all das, was ich im Laufe des Jahres gehört und gelesen habe, um dieses Ereignis zu feiern und zu würdigen.

Ich selbst lag am 20.07. mit einer Sommergrippe danieder, so dass ich eine Nerd-Veranstaltung zum Thema nicht durchführen konnte. Aber genossen habe ich meine Mond-Videos, Texte und Bücher dennoch und es wurde dann auch im Bett etwas feierlich.

Bereits Anfang des Jahres startete ich meine Mondreise mit einem sehr empfehlenswerten Buch „A man on the Moon“ Das ist in Englisch auf Audible hier verfügbar.
Angefangen vom Mercury- über das Gemini-Programm wird die ganze Geschichte des Apollo-Programms mit Original-Zitaten und allem entrollt.

Man kann schon sagen, dass die meisten Quellen zu Apollo in Englisch besser sind. Was ich leider auch feststellen musste ist, dass meine Haus- und Hof-Blindenhörbücherei und andere auch erstaunlich wenig zum Thema haben. Ich hätte erwartet, dass hier etwas zum Jubiläum aufgelesen würde. Vielleicht tue ich da anderen Hörbüchereien Unrecht, und ich habe etwas übersehen, aber gerade Themen wie Luft- und Raumffahrt und Astronomie sind für meinen Geschmack in unseren Hörbüchereien unterrepräsentiert…

Nach, bzw. Parallel zu diesem Buch hörte ich mir drei phantastische Folgen vom @omegataupodcast an.
The Saturn V launch Vehicle
How Apollo Flew to the Moon
How Apollo explored the Moon
Die Bücher des in den Folgen interviewten Gastes habe ich leider noch nicht gelesen.
Ich finde Ebooks am Computer oder mit einem Player zu lesen ziemlich mühsam.

Lesenswert und hörenswert sind die Riffreporter-Artikel. Manches gibt es kostenfrei, anderes gibts per Abo.
Zugegeben, deren Seiten sind für unsereiner nicht ganz zugänglich, aber nach etwas Gewöhnung gehts.
Hier gehts zu deren wunderbaren Mond-dossier. Leider muss man hier abonnieren, um den ganzen Artikel lesen zu können.
Dossier Mond

Die Idee zum Mond zu reisen ist alt und wurde in den letzten Jahrtausenden immer mal wieder aufgegriffen.
Ich schrieb darüber in Eine Mondgeschichte und Eine Mondfinsternis als Lebensretterin.

Ohne zuviel spoilern zu wollen, kann ich euch verraten, dass noch in diesem Jahr noch ein Artikel dazu erscheinen wird.
Aber wusstet ihr, dass Edgar Allan Poe auch eine Mondgeschichte hat? Also ich nicht.
Edgar Allan Poe – Das unvergleichliche Abenteuer eines gewissen Hans Pfaall

Wie viele von euch wissen, beziehe ich ganz viel Informationen aus Wissenschaftspodcasts.
Einer meiner Favorites ist ohne zweifel der oben schon erwähnte @omegataupodcast, aber ich liebe ebenso den @minkorrekt.
In Folge 148 geht es auch sehr viel und interessant um den Mond.
Es lohnt sich hier auch die Shownotes zu lesen, damit man an die saftigen Mond-Links kommt.

Lars Naber macht den Aufdistanz-Podcast. in Folge 46, Take me to the Moon unterhielt er sich mit Astronauten über die Rückkehr zum Mond.

Nicht alle Gäste, die SWR1-Leute so einlädt finde ich gleichermaßen spannend. Zum Jubiläum hatten die am Tag vorher die beiden Ex-Astronauten, Reinhold Ewald und Ulf Merbold eingeladen, um über die Mondlandung und die Rückkehr zum Mond zu sprechen. Sehr hörenswert Zwei Ex-Astronauten bei SWR1-Leute

Es ist unglaublich, wie früher Life-Sendungen aufgebaut waren. Es wurden im ZDF mehrere Stunden zur Mondlandung life gesendet. Es lohnt sich schon alleine wegen der zu heute völlig unterschiedlichen Sprechweise der Moderatoren, da mal rein zu hören.
ZDF und Mondlandung

Zu meinem Frühstücksprogramm gehören immer kurz vor den Nachrichten die Sternzeit-Folgen des Deutschlandfunks. Sehr hörenswert und kurzweilig.
Zu den Sternzeit-Folgen

Ein Juvel am astronomischen Podcast-Himmel sind die @sternengeschichten von Florian Freistetter.
Es lohnt sich wirklich diesen kurzweiligen Podcast zu abonnieren.
Ich bin sicher, dass sich auch hier einiges zum Mond findet.

Zum Jubiläum hat die BBC sehr aufwändig und pompös einige geschichtliche Folgen zur Mondlandung produziert. Sie sind unbedingt hörenswert, weil ganz viele Zeitzeugen-Interviews im O-Ton von noch lebenden Personen drin sind.
13 Minutes to the Moon

Viele von uns wissen, dass es auch Rückschläge im Apollo-Programm gab. Drei Astronauten verbrannten am Boden beim Test der Kapsel von Apollo I.
Ein weiterer Schlag war Apollo13. Viele kennen wahrscheinlich den Film.
Brady Heywoods schildert in seinem Podcast ab Folge 21
diese Mission so dramatisch gut, dass man Pippi in die Augen und Schnappatmung bekommt. Ein Muss, um auch diese Schattenseite zu würdigen. Die Besatzung hat Apollo13 schließlich überlebt.

Einfach großartig und anrührend sind die Wissenschaft-Shows, die der DLR_Next veranstaltet. Da kommen dann auch sehende Leserinnen und Leser dieses Artikels voll auf ihre Kosten.
Für Kinder sehr lohnenswert, aber auch großartig für Erwachsene ist der Blog von @Astrozwerge. Dort gibt es z. B. ganz viel Mondlandung mit der Lego-Rakete, die ich auch besitze.

Hier kommen nun noch einige Links, die sich rund um die Mondlandung ranken. Ich kommentiere jetzt nicht alle im einzelnen. Selbst hören und sehen ist doch sowieso viel spannender.

Wieso die Mondfahrt kein Fake war

Die Astronauten von Gretzenbach
Englisch: The First Men on the Moon

Ein Video des DLR mit Originaltönen

Das beste der Mondlandung

Als keiner schlafen wollte

Jetzt hoffe ich natürlich, dass alle Links funktionieren.
Viel Freude bei dieser Mondfeier wünscht euch
Euer Blindnerd Gerhard.

Die Sonne tönt – Klingel oder Orgelpfeife


Liebe Leserinnen und Leser,

Viele von uns haben es noch in der Schule gelernt:
„Die Sonne tönt nach alter Weise,
in Bruder Sphären Wettgesang.
Und ihre vorgeschrieb’ne Reise,
vollendet sie mit Donnergang…“
Goethes Prolog im Himmel aus Faust I.

Mit der eher esoterischen Idee von Sonnenton, Erdenton und klingender Himmelsmechanik, haben wir uns in „Das Ohr am Teleskop“ und „klingende Planetenbahnen“ beschäftigt.
Schon klar, niemand kann die Sonne hören. Schon alleine deshalb nicht, weil 149 Mio Kilometer Vakuum zwischen ihr und uns liegen.

Es gibt aber in der Tat Gründe, sich damit zu beschäftigen, ob die Sonne klingt und schwingt, wie Schallwellen sich im Stern fortpflanzen, ob sie eher Glocke oder Orgelpfeife ist und vieles mehr.
Der Hauptgrund ist das Problem, dass wir nicht in die Sonne hinein sehen können. Was wir von ihr sehen, ist ihre Photosphäre, die alles überstrahlt und keinen Blick nach innen zulässt. Ich habe schon im vorigen Artikel erwähnt, dass uns ein Neutrino-Teleskop den Blick nach innen gewähren würde. Dieses wird es aber aufgrund der Eigenschaft, dass Neutrinos quasi mit nichts wechselwirken, nie geben. Mit Radio-Teleskopen kann man je nach dem, welche Wellenlänge man betrachtet, ein bisschen unter die Oberfläche schauen, aber auch nicht wirklich in den Stern hinein.

Vieles, was wir über das Innere von Sternen, und was dort passiert wissen, kommt aus Simulationen am Computer. Man spielt beispielsweise mit den Verhältnissen von Wasserstoff, Helium Metallen und Massen herum, und passt die Modelle an, bis sie das tun, was wir auch beobachten.
Mit „Metallen“ meinen Astronomen alle Elemente, die schwerer als Wasserstoff und Helium sind, weil die Hauptsache, die in einem Stern passiert, die Fusion von Wasserstoff zu Helium ist. Somit reduzieren Astronomen häufig den Rest der Chemie auf „Metalle“.

Und an dieser Stelle wird die Sache etwas absurd. Wir beobachten, dass die Sonne brodelt. Wir sehen, dass die Sonne schwingt. Wir hören leider nicht, wie sie klingt, obwohl der Schall im Stern enorm sein muss und neben der Konvektion für das Wallen, Brodeln, pulsieren und Schwingen des Sterns verantwortlich ist.
Die Sonne ist ein einziger riesiger Resonator.
Die Schwingungsmuster an ihrer Oberfläche verraten den Sonnenforschern viel über das Innere der Sonne, z. B. was sich in ihren Schichten tut, wie innere Schichten rotieren, man kann überprüfen, ob die Modelle des inneren der Sonne, z. B. Temperatur etc. ungefähr passen, und vieles mehr.
Heute greifen wir nur ein Klang-Phänomen heraus. Es ist gut möglich, dass hier noch weitere Artikel über die Astroseismologie folgen werden.

Schwingende Saiten

Im eindimensionalen, ist eine gespannte Saite das einfachste, was man sich schwingend und klingend vorstellen kann. Sie ist gespannt an zwei festen Punkten aufgehängt und schwingt, wenn man sie anspielt. An den Aufhängungen nicht, aber in der Mitte schwingt sie am meisten. Bei tiefen Instrumenten, z. B. bei einem E-Bass kann man das sogar sehen. Die Saite wird durch ihre relativ große Amplitude verwaschen im Bild. Teilt man nun die Saite in der Mitte, so erhält man die doppelte Frequenz. Bei Flageolett-Tönen, wo man die Mitte der Saite nicht ganz drückt, sondern nur leicht abdempft, schwingt dann die linke Hälfte stets gegenläufig zur rechten. Der Flageolett-Punkt schwingt, wie die beiden äußeren Aufhängungen der Saite nicht. Man nennt das auch Knoten.
Wir haben also die Aufhängungen der Saite und dazwischen in der Mitte einen Knoten. Links und Rechts davon jeweils einen Bauch. Musikalisch erklingt die Oktave. Diese schwingt doppelt so schnell, wie der Grundton der Seite.
Teilt man die Saite in Drittel,
bekommt man die Quinte, dann die nächste Oktave, die Quarte usw.
Die hier entstehenden übereinander geschichteten Töne nennt man in der Physik die Harmonischen.
Spielt man ein Instrument, so erklingen immer einige dieser Harmonischen gleichzeitig. Dieser Zusammenklang macht die Charakteristik, macht den Klang, macht den Sound des Instruments aus.
Im Grunde ist die Saite durch ihre Schwingung und ihre Obertöne in der Zeitlupe dann auch wellig, bzw. gekräuselt.

Schwingende Flächen

Wir gehen nun einen Schritt weiter in unserer akustisch-visuellen Beobachtung.
Es gibt aus dem 17. Jahrhundert einen interessanten Versuch des Physikers Chladni
Ernst Florens Friedrich Chladni, der 1787 die Schrift Entdeckungen über die Theorie des Klanges veröffentlichte, tat folgendes:
Er nahm eine Glasscheibe und spannte diese wagerecht an einer Ecke in eine Klemme. Dann bestreute er sie mit Sägespänen. Nun strich er den Rand der Scheibe mit einem Geigenbogen an, um sie in Schwingung zu versetzen. Die Vibration brachten nun die Sägespäne zum Hüpfen. Nun ist es aber so, dass es nun auch auf der Fläche Knoten gibt, die nicht schwingen. Andere Orte schwingen so stark, dass die Späne quasi abgeschüttelt werden. Es entstehen nun Muster aus Orten, wo sich die Späne sammeln, und Orten, wo nachher keine mehr sind, weil sie vertrieben wurden.
Je nach dem, wo und wie Kladny die Scheibe mit seinem Bogen anstrich, änderten sich diese Muster. In manchen Erlebnisparks, z. in Schloss Freudenberg, ist dieser Versuch zum selbst ausprobieren, aufgebaut.
Im Gegensatz zur Welle einer Saite, hat man nun schon eine gekräuselte Oberfläche auf der zweidimensionalen Scheibe.
Auf ein Musikinstrument übertragen, entspricht diese Situation z. B. auch einer Trommel, wo das Trommelfell über den Körper der Trommel gespannt ist.

Und nun überlegen wir uns im nächsten Schritt, wie sich das ganze mit unserer Sonne verhält, die ein Gasball ist.

Die schwingende Sonne

Ich sagte schon, dass die Sonne brodelt. Gasblasen steigen auf und vergehen, wegen des Wärmeaustausches. Selbiges geschieht in der Küche im Kochtopf. Da die Ränder der blasen, auch Granulen genannt, kühler sind, leuchtet die Sonne dort stets etwas dunkler. Auch durch den Dopplereffekt kann man sehen, wenn sich eine Granule auf uns zu bewegt. Dann ist das Licht etwas ins blaue hinein gestaucht. Ins rote, wenn sich eine von uns entfernt, z. B. auflöst.
Die Frage ist nun, ob dieses Geblubber analog zum Weinglas auch den ganzen Stern zum Schwingen bringt.
Der Kochtopf wird ja auch vom kochenden Wasser in Schwingung versetzt und mit ihm meist auch der ganze Herd samt Arbeitsplatte.
Manche Wasserkocher beginnen regelrecht zu singen mit Obertönen etc, wenn das Wasser langsam zu kochen beginnt.
Wie das ganze System schwingt, hängt beispielsweise davon ab, woraus die Küche gemacht ist, wie alles miteinander verbaut ist etc.
Der Schall pflanzt sich in unterschiedlichen Materialien und unterschiedlichen Aggregatzuständen (gasförmig, flüssig, fest) unterschiedlich schnell fort. Das machen Seismologen sich zu Nutze, um das innere der Erde zu erforschen. Plattentektonik, Vulkane erzeugen Schall. Das kann für Frühwarnsysteme unverzichtbar sein. Manchmal erzeugt man auch künstlich Schall, um ihn an anderer Stelle zu empfangen, um Rückschlüsse darüber zu erlangen, ob er beispielsweise durch eine Gasblase oder eine Flüssigkeit gegangen ist.

Das geht so natürlich bei der Vermessung unserer Sonne nicht. Dennoch lohnt es sich, das ganze Geblubbere und Gewabere auf ihrer Oberfläche zu beobachten. Genau das tut die Astroseismologie. So fand man beispielsweise eine Schwingung des ganzen Sterns, die sich alle fünf Minuten wiederholt. Das bedeutet, dass die Sonne sich alle fünf Minuten mal etwas aufbläht, um anschließend wieder zu schrumpfen. Man hat auch noch andere Schwingungsmuster gefunden. In diesem Sinne verhält sich unsere Sonne, als wäre sie eine Art Gong. Angeschlagen wird er von den sich stets verändernden Granulen, die wie Regen auf einem Blechdach den ganzen Stern quasi zum „klingen“ bringen.
Die Nasa hat das mal sonifiziert, wobei ich jetzt nicht weiß, ob sie den Fünf-Minuten-Rhythmus oder eine andere Eigenschwingung verwendet hat.

So klingt unsere Sonne

Die Materie an der Oberfläche der Sonne wird in erster Linie durch
die Granulation bewegt. Die in ihr aufsteigenden und absinkenden
Materieballen haben Durchmesser von etwa 1500 Kilometern. Das ist
ein Zehntel Prozent des Sonnendurchmessers. Der Doppler-Effekt
verrät uns ihre Geschwindigkeiten: diese liegen etwa bei einem Kilometer in der Sekunde. Innerhalb von Minuten lösen sie sich auf, um neuen Granulen Platz zu machen. Zu den Granulen kommen noch die Supergranulen, langsamer in ihrer Bewegung, doch größer und beständiger.

Lange schon weiß man, dass es Sterne gibt, die sich innerhalb von Tagen aufblähen und wieder zusammen ziehen. Man weiß auch, dass Sterne verschiedener Masse, alters und Lebensstadium unterschiedlich schwingen und sich deutlich in ihrer Bildung von Granulen unterscheiden.

Die Schallwellen in der Sonne verraten uns, wie unterschiedlich schnell sich einzelne Schichten bewegen. Erst tief in ihrem Innern dreht sie sich, wie ein starrer Körper, z. B. die Erde. Die anderen Schichten darüber laufen z. B. dieser Drehung voraus. Als Gasball kann die Sonne das so tun. Ganz erforscht und verstanden ist das aber alles bis heute noch nicht. Die neue Raumsonde, der Solar.Orbiter, wird uns hier sicherlich noch viel neue Erkenntnis verschaffen.

Man könnte noch sehr viel mehr über die Astroseismologie schreiben.
Ich habe hier alles natürlich nur sehr vereinfacht darstellen können, ansonsten wäre der Artikel ein Buch geworden.

Jetzt hoffe ich, dass ihr die Faszination mit mir teilt, dass die Sonne in einem gewissen Sinne quasi ein Gong ist.

Und damit verabschiede ich mich für heute.
Es grüßt euch
euer Gerhard.

Alexander Gerst am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – meine Impressionen


Liebe Leserinnen und Leser,

ein großartiges Ereignis liegt nun hinter mir. Vor einigen Wochen erhielt ich über den Mitarbeiter-Verteiler des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT), meinem Arbeitgeber, die Mail, dass man sich zur Verleihung der Ehrendoktorwürde für Alexander Gerst anmelden könne.
Keine Minute später, war ich angemeldet und hatte meinen Platz im Audimax sicher. Als sich meine Arbeitsplatz-Assistenz anmelden wollte, war schon kein Platz mehr frei. Aber das Orgateam der Veranstaltung verstand, dass ich gerne mit Begleitperson kommen würde und machte es möglich, dass wir gemeinsam die Veranstaltung besuchen konnten. Über dieses großartige Erlebnis wird es in diesem Beitrag gehen.

Um eines gleich vorweg zu nehmen. Mein Ziel, @astro_alex mein signiertes Buch zu schenken, habe ich verfehlt. Niemand aus dem Publikum kam an ihn ran, und kaum war die Veranstaltung vorbei, war er auch schon verschwunden. Damit habe ich aber gerechnet, so dass dieses nicht erreichte Ziel den Rest dieser großen Veranstaltung und Sternstunde in meinem Leben, nicht überschatten kann. Ich schicke es ihm einfach mit einem schönen Brief hinterher.

Dann will ich jetzt mal versuchen, meine Eindrücke mit euch zu teilen.
Erwartet hier keinen perfekten Fließtext. Es sind eben Eindrücke, die sich manchmal vielleicht eher so aneinander reihen.

Wir fanden uns um 09:00 Uhr, als der Einlass startete pünktlich ein. Das Audimax alleine schon beeindruckt mich jedes mal neu. Ich bin sehr selten in diesem Gebäude, und als ich hier studierte, war da noch Wiese…
Wir ergatterten einen schönen Platz im vorderen Drittel so ungefähr mit geradem Blick zur Bühne. Was mich an diesem Hörsaal auch immer wieder verblüfft, ist die extrem gut klingende Sound-Anlage. Das Bose-Zeugs kann wirklich was. Die Sprecher klingen richtig natürlich und nicht dosig, und wenn man Videos mit Musik etc. abspielt, dann hat diese Anlage richtig Bass und alles.
Über das Publikum kann ich nicht wirklich viel sagen. Ich glaube, dass eher die Mitarbeiter des KIT anwesend waren und weniger die Studierenden. Mein Eindruck war, dass für unsere technische Universität recht viele Frauen da waren, was ich sehr schön finde. Manche brachten sogar ihre Kinder mit, was am Ende klar wurde, als Fragen gestellt werden durften.
Es hörte sich für mich so an, dass das Publikum sehr gemischt war. Sprachlich hörte ich, dass eindeutig nicht nur Akademiker vor Ort waren. Alexanders Botschaft drang somit auch in Werkstätten, Hausmeistereien, vielleicht auch in die Mensen. Auch das ist sehr schön. Der Weltraum ist für alle da. Und Alex erklärt ihn uns so, dass wir ihn verstehen können und hoffentlich begreifen, dass wir nur ein Raumschiff Erde haben, was wir schützen, bewahren und versorgen müssen.
So baute ich mein Notizgerät auf und wartete.
Plötzlich brandete großer Beifall los. Er hatte offenbar die Bühne betreten.

Der erste Redner war Prof. Dr. Hanselka, der Präsident des KIT.

Er sprach davon, dass die Idee einer Reise zum Mond bis in das alte antike Griechenland zurück geht.
Lukianos von Samosata beschreibt in seinem Buch
Eine wahre Geschichte“ eine Schiffsreise zum Mond – geschrieben im 2. Jahrhundert nach Christus in Ägypten, das damals zu Griechenland gehörte.
In Lukianos‘ Erzählung hält ein Schiff Kurs auf die Meerenge von Gibraltar. Gerade als die Mannschaft die Säulen des Herkules, so die damalige Bezeichnung, passieren will, erfasst ein gewaltiger Wasserwirbel das Schiff.
Es schleudert immer höher und treibt plötzlich durch den Weltraum. Sieben Tage später landet die Mannschaft auf dem Mond.
Dort treffen die Seefahrer auf absonderliche Wesen, die sich auf den Kampf mit den Kriegern der Sonne vorbereiten. Mit denen streiten sie erbittert über die Kolonisierung der Venus.

Diese Geschichte war mir nicht mehr präsent.
Dann schlägt Hanselka sehr schön die Brücke in die Heutzeit, erinnert an die Mondlandung etc.
Er würdigt, dass Alexander Gerst so großartige Wissenschaftskommunikation betreibt, dass er für die Probleme der Umwelt durch die Sicht aus der ISS heraus wunderbar sensibilisiert und uns zeigt, wie ganzheitlich diese Welt funktioniert.
All das soll gleich mit der Überreichung der Urkunde zur Ehrendoktorwürde geehrt werden.
Nun werden noch einige Preise aufgezählt, die Astro_Alex erhalten hat und dass er auf einer Show des DLR mit 16000 Zuschauern sprechen durfte.
Er schließt mit der Tatsache, dass die ISS ein Zeichen des Friedens ist, wenn man bedenkt, dass 110 Länder daran mitarbeiten, unabhängig davon, wie es gerade politisch unter ihnen läuft.
Das war eine sehr schöne, erfrischende und humorvolle Einführung in die Veranstaltung, die der Präsident des KIT hier gehalten hat.

Nun erhält Prof. Weiß, der Dekan der Fakultät für Physik das Wort.
Er erinnerte an die alten Professoren, die Alexander Gerst in den 90er Jahren unterrichteten.

Danach übernahm Prof. Friedemann Wenzel, der Gründer des Klimazentrums.
Bei ihm legte Gerst sein Diplom über Vulkanologie ab. Hierfür forschte er u. A. in Neuseeland und auf Vulkanen in der Antarktis.
Außerdem entwickelte er Messgeräte, die in extremer vulkanischer Umgebung noch funktionierten.
Alexander Gerst war quasi überall. Nun schien es so, dass ihm die Erde zu eng geworden war und er deshalb den Weg zum Astronauten antrat, spekuliert Prof. Menzel.

Jetzt kommt Frank schilling, Dekan Bauingenieurwesen auf die Bühne.
Nach einigen Sätzen über die Raumstation wird nun Alexander Gerst auf die Bühne gebeten.
Alex bekam kurz vor der Urkunde einen Schwabenstein geschenkt. Was der genau ist, habe ich nicht ganz ohne Sicht verstanden. Er muss wohl etwas mit dem Nördlinger Ries zu tun haben, denn das wurde auch erwähnt, weil Astronauten u. A. auch dort trainieren.
Das Nördlinger Ries entstand durch einen Asteroiden-Einschlag. Eine ähnliche Katastrophe ließ die Dinosaurier aussterben und ist auch heute nicht ausgeschlossen, dass sich derlei irgendwann wiederholen könnte.
Dann wurde die Urkunde verlesen und feierlich überreicht.

Nun ergreift Alexander Gerst das Wort und zeichnet ein schönes Bild. Er betrachtet seine heutige Rückkehr an seine Alma Marta als rückkehr, die jedes Abenteuer abschließen muss, denn wenn man aufbricht, wozu auch immer, sollte man die Geschichte mit einer Rückkehr abschließen, um den damals zurückgebliebenen davon zu erzählen.

Er gibt eine Flagge des KIT, die er auf seiner Mission auf der ISS dabei hatte. Als Zertifikat sozusagen mit einem Foto, das ihn und die Flagge im Kolumbus-Modul auf der ISS zeigt, zurück.
Alexander Gerst ist mit der Flagge des KIT sehr weit gereist. Etwa 5 800-mal um die Erde in der Raumstation ISS, die mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von 28 000 Stundenkilometern fliegt, das dürfte insgesamt der Entfernung bis zur Sonne entsprechen.
Die Flagge soll gut sichtbar als Ansporn für die Studierenden aufgehängt werden.
Träume soll man verwirklichen, meint Alex.
Dazu fällt ihm ein Gespräch ein, dass er mit einem Kommilitonen in der Mensa vor vielen Jahren geführt habe. „Wir hatten vereinbart, dass wir uns irgendwann einmal als Astronauten bewerben werden. Ich habe es gemacht, er nicht. Wie schade!“

Nun startet Alex seinen Vortrag mit einem Video. Nach technischen Startschwierigkeiten konnte man es dann doch auch noch hören. Leider war es nur mit Musik unterlegt, so dass ich nicht weiß, was es zeigte. Der Start soll wohl eindrucksvoll zu sehen gewesen sein.
In meinem Artikel über Podcasts
findet ihr beispielsweise den Podcast „Auf Distanz goes Baikonur und viele andere mehr, wo ihr den Start und vieles mehr zur ISS nochmal erleben könnt.

Alex beginnt seinen Vortrag nach dem Video mit einem Bild, dass die Cassini-Raumsonde vom Saturn aus von der Erde photographierte. Sie ist lediglich durch die zehnfache Entfernung Erde-Sonne, ein einziges blaues Pixel auf dem Bild.
Das zeigt, wie wenig die Erde für das ganze Universum ist. Dem Universum ist es egal, wenn wir sie zerstören.

Alex sagt, dass die Hälfte aller Atome in unserem Körper nicht aus der Milchstraße stammen.
Wie er darauf kommt, weiß ich momentan nicht genau. Ich vermute, es hat mit Supernovae und anderen Ereignissen zu tun, bei welchen schwere Atome gebacken werden.

Obwohl er für sein Training um 10.000 Stunden Zeit investierte, relativiert er den Aufwand und meint, dass man das letztlich für ein gutes Studium auch müsse.

Nun hängt er seinen Vortrag an die letzte Mission.
Er zeigt den Start und stellt deutlich heraus, dass das wichtigste an der Raumfahrt die Zusammenarbeit aller beteiligten sei.

Wenn man bedenkt, dass 110 Länder die ISS betreiben, dann mutet es etwas seltsam an, dass ein einziges Land beispielsweise seinen neuen Flughafen nicht in betrieb bekommt.
Er startete von derselben Startrampe aus, von welcher der erste Mensch Juri Gagarin ins All aufbrach.
In der Raumkapsel geht es offensichtlich sehr eng zu.

Man stellt sich das ja alles immer so filigran vor, wie das in schönen Sciencefiction-Filmen in den Raumschiffen so ist.
Viele Bedienelemente sind aber nicht deshalb so klobig, weil es sich um alte russische Technologie handelt, sondern weil man bei vier- oder sechsfacher Erdbeschleunigung keine kleinen Tasterchen drücken oder winzige Hebelchen umlegen kann.
Das war mir so noch nicht klar, ist aber logisch.

Es gibt doch tatsächlich einen Startknopf an einem Raumschiff und keinen Zündschlüssel. Ich meine allerdings mal gehört zu haben, dass die ISS durchaus eine Art Zündschlüssel hat, der immer dem Kommandanten überreicht wird.

Obwohl beim Start die Rakete alles selbst macht, muss man sie im Auge behalten.

Mehrfach betont Alex, dass man beim Start und dann bis zur Rückkehr, auf einen Astronautenmodus im Kopf und mental umschalten muss.
Man nimmt den Bus zur Rakete, alle anderen bleiben zurück, und das war es dann erst mal für sieben Monate mit allen Gewohnheiten und Annehmlichkeiten hier auf Erden.

Er sagt, dass der Start am Anfang mit 1,3 g recht gemütlich beginnt. Da aber nach und nach die Rakete leichter wird, der Schub aber derselbe bleibt, ist man nach 8,5 Minuten der vierfachen Erdbeschleunigung ausgesetzt.
Nach drei Minuten ist man bereits im schwarzen Weltall und hat nach 8,5 Minuten die Geschwindigkeit erreicht, um die Station zu erreichen.
Offenbar verbraucht so ein Raketenstart weniger Treibstoff, als ein Trans-Atlantik-Flug. Dennoch ist man daran interessiert sparsamere Raketen zu bauen.
Immerhin fliegen im Flugzeug hunderte Menschen mit, und in so einer Rakete nur drei, was natürlich die Co2-Bilanz für jeden Astronauten deutlich in die Höhe treibt.

Ein Flugzeug fliegt man. Eine Rakete nicht, weil man sich nur an ihr festhält sagt Gerst.
Bei seiner ersten Mission benötigte er drei Tage zur ISS. In dieser Zeit schafften es die Apollo-Astronauten zum Mond.
Bei seiner zweiten Mission benötigte er nur noch drei Stunden.
Wieso das so unterschiedlich ist, ist mir noch nicht so ganz klar. Wenn jemand hier etwas erhellendes weiß, bin ich dabei.

Nun zeigt er die dünne helle Sichel der Tag-Nacht-Grenze der Erde, die man meist sieht, wenn man zum ersten mal nach dem Start aus dem Fenster scheint. Das ist so ähnlich, wie der Mond kurz nach oder kurz vor Neumond. Dort nennt man diese Grenze den Terminator.
Die Erkenntniss, dass die Erde Rund ist, wird an dieser Stelle, so Alex, nochmal richtig greifbar und neu erlebt.
In diesem Zusammenhang ist es mir unbegreiflich, dass es heute noch Menschen gibt, die glauben, dass die Erde flach sei. Wieviele Beweise brauchen diese Schwachmaten denn noch?

Am Tage erkennt man dann, wie fragil das Raumschif Erde wirklich ist, und dass die Atmosphäre wirklich super dünn ist. Im Flugzeug hat man quasie das meiste davon schon unter sich.
Er betont nochmal die technische Leistung, dass bei der ISS 100.000 Menschen mitgearbeitet hatten. Es musste klappen, denn man konnte die ISS nicht mal eben probehalber auf der Erde zusammenbauen, um zu sehen, ob alles so passt. Das ist schon ein Wunder, wenn man bedenkt, dass häufig kleinere Projekte mit deutlich weniger Menschen und Nationen, nicht funktionieren, obwohl sie hier auf Erden gebaut werden können.

Nun ermutigt er Studierende, indem er darauf hinweist, dass eine gute Crew nicht die besten braucht, sondern viel diversität und unterschiedliche Erfahrungen und Lebenshintergründe.
In diesem Zusammenhang bedauert er, dass sich nach wie vor viel zu wenige Frauen als Astronautinnen bewerben.

Mich hat sehr beeindruckt, wie viel Forschung zu schweren Krankheiten wie Krebs, Parkinson und Alzheimer auf der ISS gemacht werden.
Da werden Kristalle gezüchtet und Zellstrukturen, deren Größe man auf der Erde mit Schwerkrafft nicht hin bekommt. Sind sie dann gezüchtet, kann man sie zur Erde bringen, um Medikamente zu entwickeln.
Wie Wurzeln von Pflanzen in Schwerelosigkeit ohne Orientierung wachsen, bringt Erkenntnisse, die einst zur Züchtung von Pflanzen mit schnellem Wurzelwachstum nach unten hervorbringen kann.
Die könnte man dann in vom Klimawandel betroffene trockene Gebiete bringen, deren Wurzeln würden rasch in die Tiefe in Richtung Wasser wachsen und diese Pflanzen könnten dort eventuell leben.

Natürlich wird auf der ISS viel Erdbeobachtung gemacht.
Umweltkatastrophen, Klimawandel, Abholzung von Wäldern, Kriege mit Bomben und Raketen und all die von Menschen gemachten Katastrophen kann man von dort oben sehen.

107 Länder haben bisher 2800 Experimente auf die ISS gebracht. Die wären einzeln mit kleinen Satelliten so nicht durchführbar. Außerdem benötigt es für viele mindestens 10 % Menschliche Fähigkeiten. Er meint, dass man vieles automatisieren könne, aber nie ganz auf menschliche Fähigkeiten verzichten wird. Durch bessere Robotik wird das ganze System leistungsfähiger, aber Menschen lassen sich auf so einer Station nicht weg rationalisieren.

Nun ging er darauf ein, was Astronauten so in ihrer Freizeit machen, den Fußball spielen etc. funktioniert dort nicht.
Naja, Videos schauen, Spiele spielen, Musizieren und Fitness-Training sind bekannt.
Daneben macht man viel Erdbeobachtung. Zunächst will jeder seine Heimatstadt von oben sehen.
Das wandelt sich aber sehr bald, und man betrachtet die ganze Erde als Heimat.
Vielleicht sollte man Entscheidern dieser Welt am Anfang ihrer politischen Laufbahn erst mal diesen ganzheitlichen Blick von oben auf die Erde ermöglichen.

Nun geht er auf faszinierende Naturphänomene wie Stürme und Gewitter ein. Man kann mit der ISS sogar durch Polarlichter fliegen. Das muss wirklich gigantisch sein.

Nun erzählt er noch von der Landung und beschließt seinen vortrag, indem er nochmal auf die unendlichen Weiten des Universums hinweist. Man sieht dort oben vor lauter Sternen keine Sternbilder mehr.

Das war mein starkes Erlebnis mit Alexander Gerst.
Ich bin zu tiefst dankbar, dass ich diesem Vortrag beiwohnen durfte.

Finstere Erinnerungen – Die Sonnenfinsternis vom 11.08. 1999


Liebe Leserinnen und Leser

wie viele von euch mitbekommen haben, fand gestern, am 02.07.2019 eine Sonnenfinsternis im südamerikanischen Raum statt. Die bilder der drei Teleskope, die im Kernschatten der Finsternis lagen, müssen atemberaubend gewesen sein. Zumindest hörte sich das in den sozialen Medien so an.
Lasst uns diese Finsternis zum Anlass nehmen, und uns erinnern, wie das 1999 so war, als wir eine totale Sonnenfinsternis über Süddeutschland hatten.
Vielleicht hat ja jemand Lust, z. B. über die Kommentarfunktion des Artikels seine Erinnerungen von damals mit mir zu teilen, worüber ich mich sehr freuen würde.
Nun viel Freude mit meinen Erinnerungen. Es war so:

Nicht jedem ist das Glück beschieden, direkt vor seiner Haustüre eine Sonnenfinsternis erleben zu können. In manchen Kulturen und zu anderen Zeiten waren sie eher Symbole des Unglückes und des Schicksals. Ein Krieg zwischen den beiden Völkern der Meder und Lüder wurde durch die Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 v.Chr. angeblich beendet, und zwar aus Angst, die Götter zürnten ihnen, da die Sonnenfinsternis direkt in das Kampfgetümmel fiel. Auch in der Bibel liest man Geschichten über Verdunkelungen des Himmels am Tage, die auf Sonnen- oder Mondfinsternisse zurückgehen könnten, z. B. bei den Propheten.

Auf jeden Fall waren wir alle schon Monate vorher aufgeregt, wie das wohl sein würde. Ich machte mir umfangreich Gedanken, ob ich als Mensch mit Blindheit überhaupt etwas davon mitbekommen würde. So las ich im Vorfeld viel darüber, wie eine derartige Finsternis funktioniert, was alles innerhalb der kurzen Verfinsterung entdeckt worden war und wie viele Strapazen etliche Astronomen in der Vergangenheit auf sich genommen hatten, um eine Sonnenfinsternis zu erleben. Diese reichten bis hin zu sehr gefährlichen Seereisen auf Segelschiffen.

Als nun endlich der Tag nahte, war die Enttäuschung zunächst groß. Der August war relativ verregnet, sodass nicht klar war, ob wir mehr als eine kurze Finsternis erleben würden. Somit beschloss ich, in jedem Falle die Zeit der Finsternis im Schlosspark von Karlsruhe zu verbringen, denn ich wollte die Stimmung der Menschen einfangen.
Weil mein Sehrest zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unbedingt zum reellen Erleben der Finsternis ausreichte, nahm ich einen Lichtdetektor mit. Dieses Gerät verwenden blinde Menschen, um in ihrer Wohnung zu erkennen, ob die Lampen aus sind, zum Beispiel wenn sehende Besucher da waren. Je höher das Gerät piepst, desto mehr Licht ist vorhanden. Ich trug ebenfalls eine Finsternisbrille, die ich bis heute aufbewahre und am 20.03.2016 wieder zum Einsatz kam.
Auch bereits funktionsuntüchtige Augen kann man ohne Finsternisbrille noch schädigen.
Außerdem stattete ich mich mit einem mobilen Funkgerät aus. Mit diesem stand ich mit anderen Menschen in Verbindung, die an anderen Orten die Finsternis betrachten und erleben wollten.
So standen wir und warteten. Das Gefühl war weit stärker als bei einem Jahreswechsel.
Und plötzlich ging ein großer Freudenschrei durch die Menge. Der Himmel meinte es gut mit uns. Ungefähr drei Minuten vor der totalen Bedeckung und damit vor der maximalen Finsternis riss die Wolkendecke auf und der Blick auf die Sonne war frei. Sogar ihre wärmenden Strahlen empfing ich noch.
Ich schaltete den Lichtdetektor ein. Dann geschah es: Während die Leute standen und staunten, wurde der Ton des Gerätes langsam tiefer. Die Verdeckung begann. Während der ungefähr zweiminütigen totalen Finsternis blieb jedes Signal aus, als wäre es völlig Nacht. Das Leuchten der Korona war zu schwach für den Sensor des Lichtdetektors. Dies war für mich die akustische Orientierung. Plötzlich hatte auch ich das Gefühl, von Nachtluft umweht zu werden. Das mag allerdings auch durch das intensive Erlebnis gekommen sein. Besonders warm war der Tag auch vor der Finsternis nicht.
Auf jeden Fall war meine Freude, diese totale Sonnenfinsternis erlebt zu haben, unbeschreiblich groß. Ich fühlte mich in diesem Moment stark mit jenen verbunden, die fast ihr Leben dafür ließen, um etwas Derartiges nicht zu verpassen.
Oft stelle ich mir seither aus purer Freude heraus die Finsternis, die Korona, die Protuberanzen und auch die Magnetfeldlinien, die weit in den Weltraum hineinragen, vor. Dazu denke ich dann häufig an das brodelnde Geräusch, das auf der Sonnenoberfläche zu hören sein muss, da die Oberfläche ähnlich wie ein Teekessel
kocht.

Mit dieser Sonnenfinsternis hatte ich im Januar 2015 noch eine ganz interessante Erfahrung:
Anfang Januar 2015 unternahm ich mit meiner sehenden Arbeitsplatzassistenz
eine Dienstreise nach Istambul.
Folgendes ist dort auf dem Hinflug geschehen:
Der Pilot erklärte die Flugroute, indem er wichtige Länder, Städte und Meere aufführte, die wir nacheinander passieren würden.
Da kam mir die Reihenfolge und Aufzählung der Städte gleich irgendwie bekannt vor.
Und dann durchfuhr es mich wie ein Blitz.
Wir flogen fast exakt die Route entlang derer am 11.08.1999 die totale Sonnenfinsternis beobachtet werden konnte.
Ich fand dieses unglaublich schön. Glücklicherweise hatte ich noch das Buch „Schwarze Sonne, roter Mond“ von Rudolf Kippenhahn zur Sofi 1999 auf meinem MP3-Player als aufgelesenes Hörbuch. So konnte ich gleich noch im Flieger meine Vermutung überprüfen. Ein Blick auf den Fahrplan dieser Sf ergab, dass ich im wesentlichen Recht hatte.
Dieses Heureka erlebte glaube ich der halbe Flieger mit, weil es mich unglaublich freute, in welchem Zusammenhang diese alte Sofi nochmal auftauchte.

Und dann stürzte ich in eine tiefe Finsternis-Krise.
Das Schicksal nahm nach der Dienstreise nach Istambul seinen Lauf.
Jemand stellte mir die Frage, wieso eigentlich von West nach Ost, wo die Erde sich doch von Ost nach West dreht, und der Mond tut das um die Erde ebenso.
Sollten dann die Finsternisse nicht auch von Ost nach West verlaufen?

Stellt euch bitte vor. Da weiß ich alles, was es zu Finsternissen, deren Entstehen etc. zu wissen gibt nur dieses eine kleine Detail hinterfragte ich 20 Jahre lang nicht.
Plötzlich merkte ich, dass ich den Verlauf überhaupt noch nicht begriffen hatte.
Das war eine richtige Klatsche.
Desto mehr ich nachdachte, desto verwirrter wurde ich. So viele Bewegungen, Winkel und Abstände, die sich hier überlagern und die berücksichtigt werden müssen.
Nun wendete ich mich mit meiner unbeschreiblichen Not und Verzweiflung an intelligente Menschen, an welche ich in derlei astronomischen Fragen glaube.
Und siehe da. zwei  fanden unabhängig voneinander die Antwort und Erklärung.

Dank an Sebastian und Martin. Ihr seid ja auch Mitglieder unserer kleinen Gemeinde.
Das Problem ist, dass dieses Phänomen sich kaum noch mit Worten beschreiben lässt.
Die adäquate Sprache hierfür ist die Mathematik und keine Prosa.
Deshalb wird die Mail jetzt gleich sehr mathematisch werden. Wer hier aussteigen möchte, dem kann ich das nicht verübeln.
Es ist schwer und kompliziert. Bevor jemand sich darüber ärgert, dass er oder sie untenstehende Mathematik nicht begreift, sollte er oder sie lieber die Finger davon lassen und sich einfach mit kindlicher Freude und Begeisterung an Finsternissen erfreuen.
Wer jedoch die Herausforderung liebt, darf hier gerne weiterlesen.

Und so funktioniert eine Finsternis:
Halten wir den Moment fest, an dem der Mond zwischen Sonne und Erde steht, und der Kernschatten genau auf mittig auf der Erde liegt, und nehmen den Planeten Erde als Bezugssystem für Geschwindigkeit 0km/h.
Die Erde hat am Äquator ca. 12’720km Durchmesser, damit ist der Umfang ca. 40’000km, und die Oberflächengeschwindigkeit durch Rotation beträgt (vereinfacht auf die Sonne bezogen und nicht sidirisch) ca. v_E=1’666km/h.
Der Mond hat einen mittleren Abstand von d_M=384’400km, also eine ungefähre Umlaufbahn von 2’415’256km und eine Umlaufzeit von 27.3d, also bewegt er sich ungefähr mit v_M=3’686km/h in die gleiche Richtung wie die Erde darunter. (Hat natürlich eine viel größere Kreisbahn und überholt deshalb nachts nicht die Erdrotation…)
Die Erde selbst hat einen Abstand von ca. d_S=149’600’000km von der Sonne, also einen Umkreis von ca. 939’965’000km in 365.25 Tagen, bewegt sich also mit 107’228km/h entgegen der Oberflächengeschwindigkeit oben. Da die Erde als 0km/h gewählt ist, bewegt sich also die Sonne scheinbar mit v_S=107’228km/h in Richtung der betrachteten Oberflächengeschwindigkeit der Erde.
Die Geschwindigkeiten von Sonne und Mond superponieren sich, d.h. wir können einzeln die Anteile auf die Kernschattengeschwindigkeit berechnen.
Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die scheinbare Sonnenbewegung v1=(d_M/d_S)*v_S~276km/h.
Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die Mondbewegung v2=d_S/(d_S-d_M)*v_M~3’695km/h.
Da sich Mond und Sonne in die gleiche Richtung bewegen, ist die resultierende Geschwindigkeit des Kernschattens zur Erde v=v2-v1~3’419km/h.
Abzüglich der Geschwindigkeit der mitdrehenden Erdoberfläche erhalten wir in diesem Moment am Äquator die Schattengeschwindigkeit von ca. 1’753km/h. Auf jeden Fall überholt der Schatten die Erdrotation, und damit geht der Schatten tendentiell von Westen nach Osten.
Natürlich wird der Schatten an den Rändern über der Erdoberfläche „viel schneller“- schon alleine wegen der schrägen Projektion und nach Norden und Süden ist die Oberflächengeschwindigkeit geringer. Und da die Bahnen nicht alle in der gleichen Ebene liegen, verläuft der Schatten auch schräg und alles mögliche. Es kann im Extremfall für einen Punkt auf der Erde der Schatten z.B. von Norden oder Süden kommen- der Schatten ist ja nicht ein „Punkt“, sondern die Fläche kann sich bei diesen Kurven auch „reindrehen“, und so scheinbar komplett von Norden oder Süden kommen.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, so ist der Anteil durch die Planetenbewegung v_S nicht sehr ausschlaggebend, und die Beschleunigung der Mondgeschwindigkeit durch die Hebelwirkung durch den Abstand sehr gering, da die Sonne so viel weiter weg ist als der Mond von der Erde.

Das Schauspiel des Himmels im Modell


Liebe Leserinnen und Leser,

ich hoffe, ihr alle hattet ein frohes und schönes Osterfest 2019. Das Wetter war zumindest in Süddeutschland sehr passend.

Ostern ist das Fest der astronomischen Berechnungen. Vom Frühlingsanfang über den Ostervollmond, der Berechnung des Ostersonntags bis hin zur Ausnahme des alle 19 Jahre wiederkehrenden Osterparadox, haben wir alles hier schon behandelt.

Nun ist es aber so, dass der Umgang mit Tabellen und Zahlen nicht eines jeden Menschen Sache ist. Schön wäre doch, wenn man sich das mal vorstellen könnte, wie sich das mit Neumond, Vollmond, Ostersonntag, Finsternissen etc. wirklich plastisch zum Angreifen verhält.
Das haben sich Astronomen, Uhrmacher und sonstig technisch begabte Menschen schon immer überlegt, wie man das Himmelsschauspiel auch in Modellen hier auf Erden abbilden kann.

Über die Geschichte derartiger Modelle des Sonnensystems, auch Orreries gennant, hat ein Freund schon vor einiger Zeit mal etwas geschrieben. Es ist mir eine große Ehre, dass ich das hier veröffentlichen darf, und er fühlt, zumindest hat er mir das so geschrieben, sich geehrt, dass ich das auf meinem Blog veröffentlichen möchte.

Ich werde seinen Text unverändert lassen und kennzeichne, sollte ich etwas meinerseitz ergänzen wollen.
Wie er sich damals als Person vorstellte, passe ich sprachlich etwas an die Gegenwart an.
Eine letzte Vorbemerkung noch: Der Text ist schon etwas älter. Somit kann es sein, dass sich erwähnte Personen nicht mehr mit Orreries beschäftigen, bzw. die Fakten anderweitig nicht mehr ganz passen.
Das soll uns hier nicht stören, da es dem Text und seiner Schönheit nicht abträglich ist.

So, lieber Matthias. Die Bühne gehört jetzt Dir:

Vorstellung:

Liebe Astrofreunde,

Eingeladen hat mich Gerhard Jaworek, auf Blindnerd zu veröffentlichen, den ich in meiner Funktion als 2. Vorsitzender des Kulturvereins Orgelfabrik kennengelernt habe. Wir hatten im Juni 2016 und 2018, ein mobiles Planetarium in die große Halle der Orgelfabrik Durlach gebracht. Im Begleitprogramm hat Gerhard Jaworek am 18.6.2016 einen Vortrag über seine Erfahrungen als blinder Astronom gehalten.

Anmerkung von mir: 2017 durfte ich selbigen Vortrag im gleichen Planetarium halten, als es in Sarlouis, seinem Heimathafen im Theater am Ring, gastierte. 2020 wird es dann wieder in der Orgelfabrik Durlach zu Gast sein. Ihr werdet davon hören. So, bitte Matthias:

Wenn ich mal nicht die Sterne nach Durlach hole bin ich Journalist mit eigenem Magazin (Inch by Inch– INCH, ein Sprachlernmagazin für technisches Englisch). Als Astronomiebegeisterter muss ich mich immer beherrschen, nicht allzu viele „Weltraumgeschichten“ ins Heft zu nehmen.

„Die Himmelsmechaniker“ ist die deutsche Fassung eines Artikels über Orreries, also mechanischer Modelle des Planetensystems, der damals auch in „Astronomie Heute“ erschienen ist.

Wie ihr seht, habe ich es eher mit den Planeten und der Technik als mit den Sternen an sich. Falls mir hier mal wieder was Spannendes unter die Feder kommt, werde ich euch auf dem Laufenden halten.

Die Himmelsmechaniker

Per Kurbelantrieb zu den Planeten – nur noch zwei Orrery-Macher verstehen sich auf die jahrhundertealte Kunst, mechanische Modelle des Sonnensystems zu bauen.
Der Weg zu den Sternen ist beschwerlich. Steinig, schmal und zugewachsen. Er führt zu einem kleinen, einsamen Cottage nahe Hebden Bridge im Norden Englands. Durch eine niedrige, mit Efeu überwucherte Tür und über eine schmale Treppe gelangt man in die Werkstatt von John Gleave, Ausgangspunkt für eine Reise durchs Sonnensystem. Mit nur wenigen Handbewegungen schickt Gleave seine Gäste von den sanften, grünen Hügeln draußen vor dem Fenster hin zu Merkur und Venus. Kurzes Verweilen, ein genauer Blick auf unsere Erde und den Mond und schon geht es locker aus dem Handgelenk weiter zu Mars, Jupiter und Saturn. Das Spiel der Planeten ist Gleaves Leidenschaft, die Himmelmechanik ihm so vertraut wie das Innere einer Uhr. Dabei ist der scheue, jung gebliebene 60jährige weder Astronom noch Raketeningenieur. Ein Blick in seine Werkstatt verrät, woraus sein Universum gemacht ist: Drehbank, Fräsmaschine und Teilscheibe. Uhrmacherwerkzeuge, Lupe und Mikrometerschraube. Feine Messingzahnräder, Scheiben mit eingravierten Sternzeichen, handbemalte Kugeln und poliertes Holz. John ist Gleave Orrery-Macher – einer der letzten, die heute noch ihren Lebensunterhalt mit dieser alten Kunst verdienen.

„Orreries sind mechanische, Uhrwerken nicht unähnliche Modelle des Sonnensystems, die die Bewegung der Planeten und ihrer Monde nachbilden,“ erklärt John Gleave. Dazu zählen einfachen Sonne-Erde-Mond-Modelle mit Riementrieb und Handkurbel ebenso wie die so genannten „Grand Orreries“, in denen hoch komplizierte Werke aus Messingzahnrädern mehrere Planeten und sogar jeden einzelnen ihrer Monde getrennt antreiben. Die Bezeichnung Orrery geht dabei zurück auf den vierten Grafen von Orrery, Charles Boyle, der 1712 ein Sonne-Erde-Mond-Modell bei John Rowley, einem Londoner Instrumentenbauer, bestellte.

Ein Graf greift nach den Sternen

Ganz im Gegensatz zur Herkunft ihres Namens liegt der Ursprung der Orreries im Dunkeln. Denn Rowleys Mechanik war nicht die erste ihrer Art. Schon um 200 vor Christus soll Archimedes mit Hilfe seiner „sphera“ die Bahnen von Erde und Mond beschrieben haben. Leider ist von dieser sphera außer einer vagen Beschreibung Ciceros nichts überliefert geblieben. Ganz im Gegensatz zum 2000 Jahre alten Antikythera Mechanismus, dessen Überreste Fischer vor der griechischen Küste entdeckt haben. Das bemerkenswert komplexe Räderwerk gilt vielen als ein antikes Orrery. „Ich glaube jedoch eher, dass es eine Art Kalender war,“ wirft Gleave ein, der neben seinen Orreries schon mehrere Exemplare des Antikythera-Mechanismus rekonstruiert hat. Die den Orreries verwandten astronomischen Uhren waren bereits im 15. und 16. Jahrhundert – und damit lange vor der Bestellung des Grafen von Orrery – hoch entwickelt, wie die Beispiele in Prag und Straßburg zeigen. Älter ist auch das Jovilabium des Dänen Ole Rømers von 1677, ein Mechanismus der seine Bahnbeobachtungen der wichtigsten Jupitermonde veranschaulichen sollte.

Der Prototyp des klassischen Orreries jedoch stammt von George Graham. Neben vielen Instrumenten für die Wissenschaftler der Aufklärung entwarf er zwischen 1704 und 1709 einen Mechanismus, dessen Räderwerk die komplizierte Bewegung des Mondes und der Erde um die Sonne nachbildete. Rowleys Auftragsarbeit für den Earl of Orrery war schlicht eine überarbeitete Version von Grahams Mechanismus.

„Anfangs wurden Orreries ausschließlich für Wissenschaftler, Bildungseinrichtungen oder reiche Sammler angefertigt, wobei Größe und Komplexität immer weiter zunahmen. Erst später kamen dann einfache und billige Geräte auf den Markt, was Orreries in viktorianischer Zeit sehr populär machte. Doch mit der Einführung optischer Planetarien verschwanden deren mechanische Vorfahren fast spurlos,“ fasst Gleave 300 Jahre Orrerybau zusammen. Ein erster Vorbote dieses Niedergangs war wohl Adam Walkers Eidouranion von 1770, eine Art transparentes Orrery mit Projektor. Das Schicksal der mechanischen Orreries besiegelt jedoch Carl Zeiss, als er 1924 mit seinem noch heute in Planetarien verwendeten Projektor die Darstellung der Himmelskörper und ihrer Bewegungen revolutionierte.

Anmerkung von Blindnerd:
Ganz wunderbar ist zum Thema Planetarien die Folge des CRE-Podcast von Tim Pritlove
Zur CRE-Folge
Außerdem vom gleichen Autor
Über das Großplanetarium Berlin

OK, Matthias, bitte weiter im Text

Die Kunst Planeten zu bewegen

Warum wagt es heute noch jemand gegen diese perfekten Lichtschauen mit wenig mehr als ein paar Messingzahnrädchen anzutreten? Warum will jemand ein beinahe ausgestorbenes, weil überflüssig gewordenes Handwerk erlernen? „Vor über 20 Jahren habe ich einen Roman gelesen, in dem es um die Bewegung der Planeten ging,“ erinnert sich Gleave an den Beginn einer Leidenschaft. „Ich wollte verstehen, was da passiert und da ich als Kunstmaler wenig mit Formeln anfangen kann, schien mir ein Orrery der beste Weg, die Kopernikanischen Gesetze zu begreifen. Leider musste ich schnell feststellen, dass Orreries sehr teure Sammlerstücke sind. Da mich aber als Künstler die mechanische Schönheit dieser Stücke fasziniert hat und ich ohnehin einmal mit Metall arbeiten wollte, kam ich auf die Idee, selbst ein Orrery zu bauen. Das erstes Modell hatte anfangs noch eine einfache Riemenübersetzung, die ich jedoch nach einem Uhrmacherkurs durch Zahnräder ersetzt habe. Keine einfache Sache übrigens, irgendwie scheint mein Künstlerhirn nicht dafür gemacht zu sein, Übersetzungsverhältnisse und Getriebefunktionen zu verstehen.“
Ganz offensichtlich hat Gleave inzwischen auch die mechanischen Künste gemeistert: Ungefähr 170 Orreries sind in seiner Werkstatt bisher entstanden, von einfachen Erde-Mond-Modellen bis hin zu aufwendigen Grand Orreries – einschließlich eines Modells mit einem beringten Saturn, dessen größte Monde sich unabhängig voneinander bewegen. Und manchmal übertreibt er es auch ein bisschen. „Mein größtes Orrery hatte einen Durchmesser von 1,6 Metern,“ erinnert er sich. „Leider habe ich zu spät gemerkt, dass es nicht durch die Tür passt. Letztendlich musste ich es wieder komplett auseinander nehmen und die Garage meines Nachbarn als Werkstatt anmieten. Heute baue ich vorzugsweise nur noch Orreries bis 1,2 Meter, der Größe meiner Haustür.“
Das Tischmodell an dem er gerade arbeitet, passt locker durch die Tür. Der goldglänzende Mechanismus reproduziert die Bewegungen des Merkur, der Venus, der Erde und des Monds. Unter einer golfballgroßen Messingsonne dreht sich ein balkenförmiges Gehäuse, vollgestopft mit Zahnrädern. „Die aufwendige Mechanik ist nötig, um den Metonischen Zyklus des Mondes und seine Bahnneigung zu reproduzieren,“ erklärt Gleave den wohl wichtigsten Grund, warum – damals wie heute – Orreries überhaupt gebaut werden.

Meton von Athen entdeckte 432 vor Christus, dass sich die Mondphasen ungefähr alle 19 Jahre am selben Tag des selben Monats wiederholen. Eine Tatsache, die sich beispielsweise in der Berechnung des Osterdatums widerspiegelt. Da sich der Mond nicht nur um die Erde, sondern gleichzeitig mit ihr um die Sonne bewegt, unterscheidet sich der von der Erde aus beobachtete Mondzyklus leicht von der aus dem Weltall betrachteten Dauer einer Erdumkreisung. Zu kompliziert? Wie wär’s dann mit der Tatsache, dass die Bahn des Mondes nicht wie die der meisten anderen Monde in der Äquatorebene ihres Planeten sonder ungefähr fünf Grad geneigt zu der Ebene liegt, die die Erde um die Sonne beschreibt. Was im übrigen der Grund dafür ist, dass es nicht jeden Monat zu einer Mondfinsternis kommt. Komplett verwirrt? Da hilft ein Orrery. Ein paar Drehungen an der Kurbel von Gleaves Kunstwerk und schon ist klar, was so schwer zu erklären ist.

Anmerkung von Blindnerd:
2015 viel der Vollmond direkt auf Heilig Abend, 24.12. Da stellte ich mir natürlich di Frage, wann das denn das nächste mal so sein wird. Ich dachte mir, wenn Finsternisse gewissen Zyklen gehorchen, dann muss es doch mit dem Vollmond ähnlich sein, der auf ein gewisses Datum fällt.
Auch dieser Weihnachtsvollmond gehorcht dem Meto-Zyklus. Und wie Matthias schon erwähnte, spielt er in die Berechnung des Ostertages mit hinein. Gerade dieses Jahr hatten wir das Oster-Paradoxon. Ich schrieb im Artikel Fällt Ostern 2019 aus darüber.

OK, Bitte, Matthias, fahre fort. Entschuldige bitte die Unterbrechung.

Obwohl solche Komplikationen schon von Rowley in seinem Ur-Orrery berücksichtigt wurden, hält Gleave sich nicht allzu sehr an die historische Vorlage. „Im Allgemeinen sind meine Orreries keine exakten Repliken bestehender Geräte. Dazu bin ich wohl noch zu sehr Künstler. Mein Ziel ist es genaue, aber vor allem ästhetisch ansprechende Orreries zu bauen.“

Welten fürs Wohnzimmer

Ein Sinn für Kunst und Ästhetik ist wohl ebenso eine Voraussetzung für den Beruf des Orrery-Machers wie mechanisches Geschick. „Außerdem braucht es die Geduld eines Engels, die Kraft Samsons und das Bankkonto eines Rockefellers,“ beschreibt Brian Greig aus dem australischen Melbourne den Versuch, mit dem Bau von Orreries seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ein sehr erfolgreicher Versuch im Übrigen, zumindest für seine Kunden, die seine Meisterwerke seit Jahren schätzen. Greig begegnete seinem ersten Orrery im Sotheby Katalog seines Onkels, eines Kunstsammlers. Die Schlichtheit dieser mechanischen Universen war es, die seine Liebe entfachte. Eine Liebe, die 1990 mit seinem ersten, selbstgebauten Orrery endlich ihre Erfüllung fand.
Heute ist daraus eine breite Palette geworden, von Kopien der klassischen englischen Modelle Rowleys und Grahams bis hin zu speziellen Orreries: Ein Tellurium etwa, das die Jahreszeiten verdeutlicht, ein Lunarium, das die komplizierte Bewegung unseres Mondes beschreibt und sogar ein Mars Orrery mit den Monden Phobos und Deimos. Dessen Besonderheit sind elliptische Zahnräder, die das zweite Keplersche Gesetz – der Radiusvektor eines Himmelskörpers überstreichen in gleicher Zeit gleiche Flächen – berücksichtigen. Eine von den meisten Orreries stillschweigend vernachlässigte Komplikation; statt astronomisch korrekten Bahnen wird in der Regel nur das Verhältnis der Umlaufzeiten wiedergegeben. „Mein Lieblingsstück jedoch ist eine Replik von Edward Troughtons Orrery von 1800,“ meint Greig und nimmt ein klassisches Modell der inneren Planeten, der Erde und des Mondes aus dem Regal. „Für das Erste habe ich volle drei Jahre gebraucht.“ Einen nicht unwesentlichen Teil davon verbrachte er damit, den Kurator des Science Museum in London zu überreden, Papierabriebe vom Original machen zu dürfen. Nicht ungewöhnlich für Greig: Der Australier ist absolut detailversessen. Stundenlang kann er mit dem Vergrößerungsglas über alten Stichen oder Photos brüten und Zähne zählen. Und es passiert schon mal, dass er von einem Kurator aus dem Museum geworfen wird, weil er eines der wertvollen Originale röntgen lassen wollte.
Ist aber der Plan eines alten Orreries erst einmal rekonstruiert, schließt sich Greig fräsend- und drehenderweise in seiner Werkstatt ein. Die Zahnradherstellung ist aufwendige Handarbeit: Zuerst wird mit der Schlagschere ein Messingblech grob zurechtgeschnitten und in der Drehbank auf den gewünschten Durchmesser gebracht. Mehrere dieser Messingscheiben spannt er anschließend in eine Fräsmaschine mit Teilscheiben ein, mit der er jeden Zahn einzeln, oft sogar in mehreren Durchgängen fräst. Versuche, diese zeitaufwendige Prozedur abzukürzen, sind kläglich gescheitert: „Die Idee, die Zahnräder mit einer modernen Laserschneidmaschine auszuschneiden, haben wir schnell wieder aufgegeben – das stark reflektierende Messing hat beim ersten Versuch den Spiegel zerstört und die Maschine erstmal für einen Monat lahm gelegt.“ So betreibt Greig den Bau von Orreries bis heute noch als echtes Handwerk, das zwar sehr mit der Uhrmacherkunst verwandt ist, schon immer aber eher von Instrumentenbauern denn von Uhrmachern ausgeübt wurde. Eine Tradition der sich auch der 63 jährige Greig verpflichtet fühlt: „Ich hasse Uhrenläden. Das Ticken erinnert mich immer daran, dass meine Zeit abläuft.“
Und davon braucht Greig jede Menge. In einem normalen Orrery stecken drei Monate Arbeit, jährlich verlassen nicht mehr als drei bis vier Stück seine Werkstatt. Wie seit jeher setzt sich seine Kundschaft aus Universitäten, Museen und reichen Sammlern zusammen, die noch ein schmuckes Stück für Ihre Bibliothek suchen. Keine billige Anschaffung, schon ein einfaches Erde-Mond-Orrery kostet um die 3000 Euro. Dennoch sind Greigs Auftragsbücher gut gefüllt. Sicher, ein Besuch im Planetarium ist günstiger und wahrscheinlich lehrreicher und Computerprogramme ermöglichen äußerst realistischere Reisen durch unser Sonnensystem. Dennoch strahlen diese Himmelsmechaniken eine ungebrochene Faszination aus. Wie magisch ziehen sie jeden an, der in ihre Nähe kommt und wecken in ihm fast automatisch den Wunsch, eines dieser Wunderwerke zu besitzen. Vielleicht ist es ja die Wärme von Messing, Emaille und poliertem Holz, die uns die ansonsten so kalten, astronomischen Gleichungen näher bringt. Vielleicht das beruhigende Gefühl, dass die mächtigen Himmelskörper in immer gleichen Bahnen laufen, die wir mit einem Hand gemachten Räderwerk nachbilden können. Oder vielleicht sind Orreries einfach nur deshalb so faszinierend, weil sie dem Traum, per Kurbelantrieb zu den Planeten zu reisen, am nächsten kommen.

Schlussbemerkung von Blindnerd:

So, lieber Matthias. Vielen Dank für diese wunderbaren Ausführungen.
Auch ich besitze ein ganz kleines Modell des Sonnensystems, ein solar betriebenes China Gadget, das ein Bausatz war und kaum zwanzig Euros gekostet hat. Was solls, immerhin.
Tja, ob ich als blinde Person jemals irgendwo ein Orreri anfassen darf, wage ich zu bezweifeln. In dem Fall kann ich es ob der filigranen Verarbeitung, der fragilen Bauweise und des Preises vielleicht sogar traurigen Herzens nachvollziehen und verstehen.
Aber wer weiß. Mich faszinieren Uhren Orreries und solche mechanischen Dinge sehr.
Dir nochmal vielen herzlichen Dank für Deinen Artikel, der zweifellos ein Juvel auf meinem Blog darstellt.

bis zum nächsten mal grüßt euch
Euer gerhard.

Die Finsternis an Karfreitag und der zerrissene Tempelvorhang


Seid herzlich gegrüßt,

Nachdem wir uns bereits zu Ostern damit beschäftigten, wie der Ostertag astronomisch und kalendarisch berechnet wird, und nachdem wir 2019 wegen des Osterparadoxons schon wieder so spät Ostern feierten, beschäftigen wir uns diesmal mal etwas spekulativ mit einigen Vorkommnissen, die sich an Karfreitag zugetragen haben wollen.

Es geht mir hier nicht darum, religiöse Ereignisse in Frage stellen zu wollen, aber man kann ja mal schauen, ob so eine Geschichte einen astronomischen Hintergrund hat, oder nicht.
In den Evangelien ist davon die Rede, dass sich zum Zeitpunkt der Kreuzigung der Himmel für mehrere Stunden verdunkelte und der Vorhang des Tempels zerriss.
Bei Mathäus liest sich das so:

Mt 27,45 Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.
Mt 27,46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Als Jesus schließlich verstarb, heißt es weiter:

Mt 27,50 Aber Jesus schrie abermals laut und verschied.
Mt 27,51 Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus.
Mt 27,52 Und die Erde erbebte und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf
Mt 27,53 und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen

Das sollte es uns Wert sein, sich damit zu beschäftigen, was es vor allem mit dieser Finsternis auf sich hatte.
Das Jüdische Pessach-Fest wurde ähnlich terminiert, wie heute unser Osterfest. Somit lag es stets deutlich nahe an Vollmond.
Sonnenfinsternisse sind stets Neumond-Ereignisse.
Somit ist, wenn man den Evangelisten glauben schenkt, zum Zeitpunkt der Kreuzigung Jesu, keine Sonnenfinsternis möglich.
Es könnte aber sein, dass die Kreuzigung in der Überlieferung fälschlicherweise mit dem Pessach-Fest zusammengelegt wurde.
Ungewöhnlich ist das nicht. Das hat man mit Schlachten und erscheinenden Kometen auch immer mal wieder gemacht, dass man die Ereignisse so terminierte, dass der Komet ein Omen für den Ausgang der Schlacht war…

Der Evangelist Lukas schrieb doch klar und deutlich, dass die Sonne ihren Glanz verlor.

Lk 23,44 Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde,
Lk 23,45 und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei.
Lk 23,46 Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.

Bemüht man einen Katalog der Finsternisse, z. B. den von Oppolzer oder Mucke, kann man herausfinden, welche Finsternisse es um das Jahr 30 herum in Palästina gab.
Vorausgesetzt, es handelte sich wirklich um eine normale astronomische Sonnenfinsternis, und nicht um eine theologisch außer der Reihe stattfindende Finsternis, für welche nicht die Naturgesetze, sondern ein göttlicher Ratschluss verantwortlich war.

Wie dem auch sei, findet man im Jahre zehn vor Christus eine Sonnenfinsternis,
eine weitere am 24.11.29 und eine am 30.04.59. Somit würde allenfalls diejenige des Jahres 29 ungefähr zeitlich auf die Kreuzigung passen.
Sie stimmt auch gut mit anderen Datierungen der Geschichte Jesu überein, der nach heutiger Erkenntnis ungefähr um das Jahr sieben v. Chr. geboren ist. Nur mit dem Pessach-Fest ist sie nicht vereinbar.
Man kann auch mit der kostenlosen Software Stellarium oder Calsky versuchen, die Finsternisse zu finden. Allerdings weiß ich momentan nicht genau, ab welchem Jahrhundert die Software ungenau rechnet.
In dem Buch „Schwarze Sonne, roter Mond“ von Rudolf Kippenhahn ist die Suche nach der Oster-Finsternis sehr schön erklärt.

Seltsam an dieser Finsternis ist, dass sie über drei Stunden gedauert haben soll. Eine Sofi kann im günstigsten Fall nie länger als acht Minuten währen.
Eine Mondfinsternis könnte schon so lange andauern, findet aber bei Nacht statt.

Wir werden es hier nicht lösen, was es wirklich war. Vermutlich von allem ein bisschen.
Sollte die Natur dieses für uns bis heute so wichtige Ereignis mit einer Sonnenfinsternis unterstrichen und markiert haben, können sich auch viele nichtreligiöse Menschen dieser Schönheit nicht entziehen, die das mit sich brächte.
Finsternis, Erdbeben und zerrissener Vorhang könnten aber auch einfach der damals verwendeten Bildersprache entstammen.

Zum Vorhang des Tempels lässt sich wenig sagen. Ich las einmal, dass ein Sturm vermutet wurde. Dieser könnte die Verdunkelung des Himmels mit dem vom Wind zerrissenen Vorhang in Verbindung bringen. Das ist aber sehr spekulativ.
Genau genommen gab es zwei Vorhänge, die wurden jährlich erneuert. Einer vor dem Eingang in das Heiligste als Abgrenzung zum Vorhof und der zweite die Abgrenzung zum Allerheiligsten mit der Bundeslade, wo nur einmal im Jahr der Hohepriester hinein durfte. In 2. Mose 26,31 steht, wie der Vorhang für die Stiftshütte gemacht wurde und für den vorderen Teil eine Decke. Für den Tempel war alles nur größer.
Interessant ist hier folgendes:
Der Vorhang verbarg stets das Allerheiligste des Tempels. Normalerweise konnte und durfte niemand dahinter sehen. Jetzt zerreißt dieser Vorhang, und man könnte mal sehen, was sich dahinter verbirgt, und jetzt ist es, so ein Pech, genau in diesem Moment finster. Somit sieht man auch wieder nichts.
So, oder so ähnlich schlüpft uns das Göttliche und Heilige oft durch die Finger, wenn wir es ergründen wollen.
Die schönste und beeindruckendste Vertonung des zerreißenden Tempelvorhangs gibt es bei Johann Sebastian Bach in seiner Mathäuspassion zu hören. Das lohnt sich wirklich.

Astroplauderei


Seid herzlich gegrüßt,

heute möchte ich euch mal wieder etwas für die Lauscherchen anbieten.
Es hat durchaus mit „Das Ohr am Teleskop“ zu tun.
Und das erwartet euch:

Nach einer kurzen Einführung geht es zu einer Podcast-Folge von Merkst.de, die Stephan Merk, der Macher dieses sehr hörenswerten Podcastes, mit mir aufgenommen hat.
„Vielen Dank, lieber Stephan für diese Ehre. Es hat mir sehr viel Freude bereitet.“
Er ist einer der größten Blogger und Podcaster, der mir in der Blinden- und Sehbehindertenwelt, bekannt ist. Meistens podcastet er über Audio- und andere Technologien, aber nun hat er sich entschlossen, mal einige Interviews mit Menschen aus der Community zu führen, die irgendwie etwas außergewöhnliches machen. Da liegt es natürlich nahe, dass er mal auf mich mit meinem seltsamen Hobby stieß.
Eigentlich gehört hier der Link zu Stephans Projekten hin, aber dann lest ihr vielleicht hier nicht mehr weiter, also später…

Bevor es los geht:
Ich möchte an dieser Stelle für alle, die vielleicht nicht so mit dem Format des Podcasts vertraut sind darauf hinweisen, dass ein Podcast etwas viel freieres, als ein Interview ist.
Das werdet ihr beim Hören merken. Da wird manchmal abgeschweift, man hört Gedankensprünge und manchmal werden Sätze vor Begeisterung und im Überschwang vielleicht nicht ganz zuende gesprochen. Aber das ist eben Podcast. Man ist hier nicht in ein enges Korsett einer Radiosendung zwischen Musik, Werbung und Zeitvorgaben gepackt.
Was Podcasts sind und wieso ich sie so sehr liebe, verlinke ich weiter unten nochmal.
Also trafen wir uns virtuell und plauderten über Astronomie.
Als Einführung und Vorspann, als Vorstellungsrunde sozusagen, hört ihr ein Interview, das Stephan im letzten Frühjahr auf der Sightcity 2018 in Frankfurt mit meinem Arbeitskollegen führte. Der erzählt darüber, was unser Studienzentrum für Sehgeschädigte ist, welche Unterstützung wir anbieten, was bei uns studiert wird, und welche Hilfsmittel und Technologien bei uns eingesetzt werden, um ein Studium in Inklusion zu ermöglichen.
Diese Einführung mit meinem Freund und Kollegen ist mir ganz wichtig, denn ohne das Zentrum, an dem ich seit nun mehr zwanzig Jahren tätig bin, könnte ich meine Vorträge, Seminare und Freizeiten niemals in dieser Qualität anbieten.

„Dank an unser ganzes Team, dass ihr mich mit eurer Kraft und Arbeit hier unterstützt.“

Nach diesem Vorspann, der dauert etwa 13 Minuten, geht es dann ungefähr 90 Minuten auf meine Sternenreise mit Stephan.

Unten in dem Blogbeitrag findet ihr dann noch einige Links die die angesprochenen Themen etwas vertiefen und natürlich auch zu Stephans Projekten führen.

Nun Mixe sich wer mag, einen pan galaktischen Donnergurgler, oder auch was anderes,
lehnt euch zurück, klickt auf den Podcast und habt Freude mit dem Interview.
Zur Podcast-Folge auf Merkst.de
Interview als herunterladen.

Zu Stephan und seinen Projekten findet ihr hier.

Link Wieso ich Astronom wurde, erklärte ich euch
in Wieso ich Astronom wurde

Wer sich für mein Buch interessiert, hier in Kürze die wichtigsten Daten.
Titel:
„Blind zu den Sternen – Mein Weg als Astronom“

Autor: Gerhard Jaworek
Erschienen im Aquensis-Verlag Baden-Baden unter der Rubrik Menschen am 01. Oktober 2015
ISBN: ISBN: 978-3-95457-134-5

Buchrückseite:
Wie kann ein blinder Mensch eine Liebe zur Astronomie entwickeln, ohne je einen Stern gesehen zu haben? Gerhard Jaworek, Diplom-Informatiker am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT), gilt medizinisch als vollblind.
Trotzdem ist Astronomie seine Leidenschaft. In diesem Buch beschreibt er lebendig und anschaulich, wie sein naturwissenschaftliches Interesse und seine Neugierde schon im Kindesalter geweckt wurden, wie er sich diese Welt mit seiner Blindheit erobern konnte und welche Chancen die Astronomie für gelebte Inklusion bietet.

Das Buch ist im Handel für 14 Euro erhältlich es gibt es als Papier-Version, als Ebook und für mitglieder der Blindenhörbüchereien wurde es in Marburg aufgelesen.

„Mit dem Ohr am Teleskop“ heißt eine Serie auf meinem Blog die Astronomie unter dem Höraspekt betrachtet.
Mit Mit dem Ohr am Teleskop führte ich allgemein in das Thema ein.

Im Artikel Klingende Planetenbahnen könnt ihr hören, was ich mit dem Klang der Planetenbahnen meinte.

Nun hoffe ich, dass ihr nicht völlig erschlagen seid von dieser Fülle an Informationen.

Alles gute und bis zum nächsten mal grüßt euch
euer Gerhard.

Eine Mondfinsternis als Lebensretterin


Seid herzlich gegrüßt

Dann will auch ich mich nicht lumpen lassen, und mal über eine Mondfinsternis mit Tragweite schreiben.
Kolumbus und die Mondfinsternis vom Februar 1504:

Er war mit seiner Mannschaft auf Jamaika gestrandet. Der Sturm hatte die Schiffe zerstört und teile der Mannschaft begannen zu meutern.
Auch Nahrung und Wasser wurden knapp.
Außerdem mussten sie mit Racheangriffen der Ureinwohner rechnen, die sie zuvor geplündert hatten.
Nun erkannte Kolumbus, dass eine Mondfinsternis bevorstand. Hierfür benutzte er astronomische Karten zur Navigation des Astronomen Johannes Müller.
Er ist vermutlich eher unter dem Namen Regio Montanus bekannt, was der lateinische Name seines Heimatortes Königsberg, bedeutet.
Kurz um, wandte sich Kolumbus mit dieser Tatsache derart an den Häuptling, dass er für den Fall, dass keine weitere Hilfe von Seitens der Eingeborenen käme, er seinem christlichen Gott befehlen würde, ihnen Leid zu zu fügen. Als Zeichen, dass dieser Gott es Ernst meine, werde er in der folgenden Nacht dem Mond den Glanz nehmen.

Zum Glück sagten Kolumbusens Sternkarten die Mondfinsternis richtig voraus, ansonsten wären vermutlich einige in den Kochtöpfen der Ureinwohner  gelandet.
So aber, bekamen diese Angst und versorgten die Mannschaft weiterhin mit Nahrung und was sonst von Nöten war, um die Heimreise antreten zu können.

Johann Müller aus Königsberg war einer der größten Mathematiker und Astronomen des 15. Jahrhunderts.
Er ist auch unter dem Namen „Regio Montanus“ bekannt. Dieser Lateinische Name, leitet sich aus seinem Geburtsort „Königsberg“ ab.
Er erstellte u. a. Sternkarten und Sterntafeln für Seefahrer, die sich großer Beliebtheit erfreuten und die Navigation deutlich verbesserten.
In Wikipedia steht unglaublich viel von ihm.
Hätte Kolumbus nicht seine Efimeriden auf seinen Schiffsfahrten benutzt, so wäre es ihm hier sicher richtig schlecht ergangen und es hätte ihn vermutlich das Leben gekostet. Dank Müller blieb er am Leben.

Taugt ein Stern als Navi, um einen Stall zu finden?


Seid weihnachtlich gegrüßt,

Vor vielen Jahren, ich glaube, es war 2013, hatte ich einen kleinen Mailwechsel mit einem Freund, der Pfarrer ist und auch hier mit liest, über das Thema, was denn der Stern von Betlehem überhaupt gewesen sein soll.
Und darum geht es:
„Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. … Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.“

Daraus ist dann ein kleiner Text mit einigen Betrachtungen zum Stern von Betlehem entstanden, den ich hier gerne nochmal aufwärme und mit euch teile.
Bitte nicht wundern, dass der Text in der dritten Person geschrieben ist. Offenbar habe ich vor fünf Jahren so geschrieben. Das schreibe ich jetzt nicht nochmal um, dokumentiert es doch auch die Entwicklung meines Schreibstils.

Mit diesem Beitrag entlasse ich sie und euch in den wohl verdienten Weihnachtsurlaub. Ich melde mich dann zwischen den Jahren nochmal mit meinem obligatorischen astronomischen Jahresrückblick.
Also, los geht es. Was war er denn nun, der Stern von Betlehem?
Eine Supernova war es nicht, denn ansonsten könnten wir ihre Reste als Nebel wahrnehmen, der dann vielleicht sogar einen Neutronenstern in sich bergen würde. Mit viel Glück würde dieser Neutronenstern sich so geschickt drehen, dass seine Radioimpulse uns als tickendes und tackendes Geräusch erreichen würden, das wir mit Radioteleskopen letztlich auch hören könnten.

Eine Sonnenfinsternis oder etwas ähnliches war es wohl auch nicht, denn sonst wäre er anders beschrieben worden. Es gibt Geschichten in der Bibel, welche besser auf Sonnenfinsternisse passen würden.

Viele Planetarien bieten immer wieder eine Zeitreise zurück um das Jahr null herum an, um zu sehen, ob der Stern eventuell sichtbar wird.
Nun ja, nach heutigem Wissensstand war es kein Stern, sondern vermutlich eine besonders helle Konstellation der Planeten Mars und Venus.
Es geht mir hier nicht darum, das Weihnachtswunder zu widerlegen, aber es muss erlaubt sein, zu fragen, wie es war, wie es funktioniert, und ob es so sein kann, wie es erzählt wird.
Die Geschichte ist auch absolut würdig, unter die Lupe genommen zu werden, denn sie ist die einzige mir bekannte Geschichte der Bibel, in welcher der Sternenhimmel als Navigationshilfe benutzt wird.
Ein Kandidat zur Sternen-Navigation wäre der vierzigjährige Marsch des Volkes Israel durch die Wüste gewesen, aber hier wollte Gott offenbar ganz sicher gehen und führte Moses als Feuersäule und als Wolke auf dem richtigen und direkten Weg nach Kanaan.
Für die Schiffsreisen der Bibel brauchte man kaum Sternen-Navigation, denn sie verliefen meist an Küsten entlang, durch Flüsse, oder über Seen. Das ist alles mit Sichtkontakt als Navigationshilfe machbar. Zur zeitlichen Orientierung reichten Sonne und Mond aus.
Somit ist und bleibt die Ankunft der drei Könige die vermutlich einzige Navi-Geschichte der Bibel.
Da Pfarrer hier mitlesen, die es vielleicht besser wissen, bitte sofort widersprechen, wenn dem nicht so ist.

OK, zurück zum Stern von Betlehem.
Das „Was“ bleibt etwas im Nebel der Zeitrechnung verborgen. Für die folgenden Betrachtungen nehmen wir allerdings einen Stern an und nehmen die Geschichte wörtlich.

Wir kommen nun zur Frage, ob ein Stern überhaupt eine derart genaue Navigation ermöglicht, dass es Königen aus dem Morgenland möglich ist, bis ins Abendland, bis in die richtige Stadt, und letztlich punktgenau bis an den richtigen Stall zu navigieren.
Damit wir uns die Sache besser vorstellen können, fangen wir mit der Navigation aus der Nähe an. Es wird nun öfters von Sehen, von Winkeln, von Perspektive etc. die Rede sein. Diese Begriffe sind Begriffe der Sehwelt und für Menschen mit Blindheit eventuell schwer nachvollziehbar.
Sie funktionieren aber auch akustisch. Die zwei Augen werden zu zwei Ohren, eine Sehrichtung mit einem Winkel wird zum Hörerlebnis aus einer Richtung, Nah und Fern bedeuten dann laut und leise, und schließlich wird Helligkeit zur Lautstärke.
Nachdem diese Analogien geklärt sind, kehre ich zu den Begriffen der visuellen Welt zurück.

Navigation hat immer mit Richtung und Entfernung zu tun. Richtung und Entfernung nehmen wir mit unseren Augen wahr. Wohl gemerkt, mit beiden Augen.Die unterschiedliche Sicht beider Augen auf einen Punkt ergeben die Perspektive.

Beispiel:
* Strecken Sie die Hand vor sich aus.
* Halten Sie einen Finger auf Höhe ihres Gesichtsfeldes.
* Bedecken Sie nun abwechselnd ihr linkes und rechtes Auge.
* Nehmen Sie wahr, wie sich ihr Finger, Ihr Punkt gegen den Hintergrund verschiebt.

Mit einem Küchenradio, vor welches Sie sich stellen und den Ohren funktioniert es auch. Verschließen Sie das rechte Ohr, hören Sie das Radio von links, obwohl sie davor stehen und umgekehrt.
Wie auch immer entsteht der Raum durch die unterschiedliche Perspektive beider Organe.

Für Navigation bedeutet das:
Desto näher ein Punkt bei uns ist, desto genauer können wir ihn mit Augen oder Ohren ausmachen und auffinden.

Widerholen Sie das Beispiel z. B. in einer Turnhalle und verlegen ihren Punkt auf die von ihnen gegenüberliegende Wand, werden Sie merken, dass sich ihr akustischer oder vor allem ihr visueller Punkt längst nicht mehr in dem Maße gegen den Hintergrund verschiebt, wie zuvor. Sie sehen ihn zwar noch, nicht aber besonders genau.
seine Position. Verlegen wir den Punkt nach draußen, z. B. dass Sie nachts ein Licht in der Ferne sehen, so können Sie sich sogar leicht drehen, ohne, dass sich ihre Perspektive wesentlich ändert.

Spazieren Sie unter dem Sternenhimmel, so ist die Entfernung so groß, das Sie quasi nicht unter einem Stern, wie unter einer Laterne hindurchlaufen können.
Der Sternenhimmel scheint derselbe zu bleiben. Natürlich ändert sich der Sternenhimmel, indem sich die Erde unter ihm hindurch dreht, aber das lässt sich so nicht direkt erleben.

Sie legen auf ihrem Spazierweg zuwenig Strecke zurück, als dass sich ihre Perspektive zu den Sternen verschieben könnte.
Sie tut es natürlich, aber einen derart kleinen Winkel können Sie mit ihren Augen selbst dann, wenn Sie noch andere Sterne als Referenz zuhilfe nähmen, nicht auflösen.
Meines Wissens nach sind die Insekten diejenigen Wesen mit der besten Winkelauflösung ihrer Augen. Sie können sehen, dass sich die Erde dreht, wenn sie auf einem punkte verharren und in die Sonne schauen.

Das bedeutet, dass es für unser Navi-Problem nicht möglich ist, genau auf einen Stern, oder wenigstens fast genau, zu zu laufen, geschweige denn hinter einem her. Eine Ungenauigkeit sagen wir von ein zwei Kilometern wäre auf freier Fläche vielleicht noch möglich, da man den Stall noch erspähen könnte. Der Blick von einem hohen Berg herab könnte zumindest am Tage, während dessen der Stern von der Sonne überstrahlt worden sein dürfte, die Aussicht zum Stall hinunter ins Tal erleichtern. Wäre der Stern heller als die Sonne, würde ich mir aus astronomischer Sicht langsam Gedanken um unser aller Leib und Leben machen.

Selbst Sonne, Mond und eine gute Kenntnis des Sternenhimmels könnten die Situation nur unwesentlich verbessern.
Durch Himmelskunde könnte man sicherlich das Abendland finden und möglicherweise sogar die ungefähre Breite, auf welcher der Stall liegen soll, aber die Ungenauigkeit wäre dann noch immer so hoch, dass eine Stadt in das Quadrat passen würde, in welchem sich der Stall befinden soll.
Auch Seefahrer lebten mit diesem Dilemma.
Den Weg über den Ozean, von Kontinent zu Kontinent, von Insel zu Insel kann man mit guter nautischer Erfahrung, wozu auch Kenntnisse in Astronomie zählen, noch schaffen.
Nicht selten gingen aber Schiffe verloren. Vor allem funktioniert dieses Navi bei Sturm und Wolken leider nicht.
Auch ein Kompass zeigt nur nach Norden, hilft aber ansonsten nicht weiter.
So setzte die Englische Krone einen sehr hohen Geldbetrag für denjenigen aus, der eine seetaugliche Uhr entwickelte. Dies tat dann Harrison.
Mittels dieser Uhr und dem Sonnenstand konnte man immerhin an der Zeit Englands ausgerichtet den Längengrad bestimmen, auf welchem man sich mit seinem Schiffchen befand.
Zeigte die Uhr nach Englischer Zeit Mittag an und hatte man auf dem Boot dunkle Nacht, so musste man auf der anderen Seite der Erde sein.
Kometen und Meteore rechnete man früher als Erscheinungen der Luft zu, weil sie sich rasch bewegen, mussten sie nahe sein.
Und das muss ein rasches Objekt gewesen sein, denn es zog Laut der Bibel vor ihnen her und blieb dann über dem Stall schließlich stehen.

Erst Tycho Brahe, der wohl größte Beobachter des Himmels des letzten Jahrtausends und Sternbeobachter von Johannes Kepler konnte dies widerlegen.
Er vermaß den Standort eines gut sichtbaren Kometen von seiner dänischen Insel Ven aus. Diese verglich er mit den Daten, die zur gleicher Zeit ein mit ihm befreundeter Astronom in Prag erfasst hatte.
Er wunderte sich, dass die Winkel exakt übereinstimmten, obwohl Prag und Dänemark so weit voneinander entfernd sind. Sollte sich doch die Perspektive entlang einer Kugel auf diese Entfernung doch schon bemerkbar machen.
Daraus schloss Tycho, dass der Komet so weit von uns weg sein müsse, dass der Winkel für die damaligen Messinstrumente nicht auflösbar war.
Schon mit einem verhältnismäßig nahen Kometen wird Navigation derart ungenau, dass man nie ankommen würde. Wie weit müssen denn dann die Sterne entfernt sein?

Ganz ähnliche Versuche wurden im antiken Griechenland gemacht, um den Abstand der Erde zur Sonne zu messen, um ihren Durchmesser zu schätzen und um den Erde-Mond-Abstand zu berechnen. Nicht zuletzt wurde mit dieser Tatsache bewiesen, dass die Erde rund sein muss.

Ich finde es eine ganz wunderbare Geschichte, dass drei Könige unseren Retter besuchen, um ihm zu huldigen.
Sie mögen den Weg mit Gottes Hilfe oder mittels Durchfragen oder sonst wie gefunden haben. Mit Astronomie alleine aber sicherlich nicht.

Ich hoffe, dass sich durch diese für manche vielleicht etwas ketzerisch wirkende Abhandlung dieses Ereignisses, niemand beleidigt fühlt.

Nun hoffe ich, dass euch meine vorweihnachtlich – astronomischen Gedanken etwas Freude bereiten.

Jetzt wünsche ich uns allen eine geruhsame, besinnliche und fröhliche Weihnachtszeit.