heute möchte ich euch mal wieder etwas für die Lauscherchen anbieten.
Es hat durchaus mit „Das Ohr am Teleskop“ zu tun.
Und das erwartet euch:
Nach einer kurzen Einführung geht es zu einer Podcast-Folge von Merkst.de, die Stephan Merk, der Macher dieses sehr hörenswerten Podcastes, mit mir aufgenommen hat.
„Vielen Dank, lieber Stephan für diese Ehre. Es hat mir sehr viel Freude bereitet.“
Er ist einer der größten Blogger und Podcaster, der mir in der Blinden- und Sehbehindertenwelt, bekannt ist. Meistens podcastet er über Audio- und andere Technologien, aber nun hat er sich entschlossen, mal einige Interviews mit Menschen aus der Community zu führen, die irgendwie etwas außergewöhnliches machen. Da liegt es natürlich nahe, dass er mal auf mich mit meinem seltsamen Hobby stieß.
Eigentlich gehört hier der Link zu Stephans Projekten hin, aber dann lest ihr vielleicht hier nicht mehr weiter, also später…
Bevor es los geht:
Ich möchte an dieser Stelle für alle, die vielleicht nicht so mit dem Format des Podcasts vertraut sind darauf hinweisen, dass ein Podcast etwas viel freieres, als ein Interview ist.
Das werdet ihr beim Hören merken. Da wird manchmal abgeschweift, man hört Gedankensprünge und manchmal werden Sätze vor Begeisterung und im Überschwang vielleicht nicht ganz zuende gesprochen. Aber das ist eben Podcast. Man ist hier nicht in ein enges Korsett einer Radiosendung zwischen Musik, Werbung und Zeitvorgaben gepackt.
Was Podcasts sind und wieso ich sie so sehr liebe, verlinke ich weiter unten nochmal.
Also trafen wir uns virtuell und plauderten über Astronomie.
Als Einführung und Vorspann, als Vorstellungsrunde sozusagen, hört ihr ein Interview, das Stephan im letzten Frühjahr auf der Sightcity 2018 in Frankfurt mit meinem Arbeitskollegen führte. Der erzählt darüber, was unser Studienzentrum für Sehgeschädigte ist, welche Unterstützung wir anbieten, was bei uns studiert wird, und welche Hilfsmittel und Technologien bei uns eingesetzt werden, um ein Studium in Inklusion zu ermöglichen.
Diese Einführung mit meinem Freund und Kollegen ist mir ganz wichtig, denn ohne das Zentrum, an dem ich seit nun mehr zwanzig Jahren tätig bin, könnte ich meine Vorträge, Seminare und Freizeiten niemals in dieser Qualität anbieten.
„Dank an unser ganzes Team, dass ihr mich mit eurer Kraft und Arbeit hier unterstützt.“
Nach diesem Vorspann, der dauert etwa 13 Minuten, geht es dann ungefähr 90 Minuten auf meine Sternenreise mit Stephan.
Unten in dem Blogbeitrag findet ihr dann noch einige Links die die angesprochenen Themen etwas vertiefen und natürlich auch zu Stephans Projekten führen.
Nun Mixe sich wer mag, einen pan galaktischen Donnergurgler, oder auch was anderes,
lehnt euch zurück, klickt auf den Podcast und habt Freude mit dem Interview. Zur Podcast-Folge auf Merkst.de
Interview als herunterladen.
Wer sich für mein Buch interessiert, hier in Kürze die wichtigsten Daten.
Titel:
„Blind zu den Sternen – Mein Weg als Astronom“
Autor: Gerhard Jaworek
Erschienen im Aquensis-Verlag Baden-Baden unter der Rubrik Menschen am 01. Oktober 2015
ISBN: ISBN: 978-3-95457-134-5
Buchrückseite:
Wie kann ein blinder Mensch eine Liebe zur Astronomie entwickeln, ohne je einen Stern gesehen zu haben? Gerhard Jaworek, Diplom-Informatiker am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT), gilt medizinisch als vollblind.
Trotzdem ist Astronomie seine Leidenschaft. In diesem Buch beschreibt er lebendig und anschaulich, wie sein naturwissenschaftliches Interesse und seine Neugierde schon im Kindesalter geweckt wurden, wie er sich diese Welt mit seiner Blindheit erobern konnte und welche Chancen die Astronomie für gelebte Inklusion bietet.
Das Buch ist im Handel für 14 Euro erhältlich es gibt es als Papier-Version, als Ebook und für mitglieder der Blindenhörbüchereien wurde es in Marburg aufgelesen.
„Mit dem Ohr am Teleskop“ heißt eine Serie auf meinem Blog die Astronomie unter dem Höraspekt betrachtet.
Mit Mit dem Ohr am Teleskop führte ich allgemein in das Thema ein.
Im Artikel Klingende Planetenbahnen könnt ihr hören, was ich mit dem Klang der Planetenbahnen meinte.
Nun hoffe ich, dass ihr nicht völlig erschlagen seid von dieser Fülle an Informationen.
Alles gute und bis zum nächsten mal grüßt euch
euer Gerhard.
heute kommt in Blindnerd mal wieder ein Artikel, der nichts direkt mit Astronomie zutun hat.
Allerdings ist das Thema durchaus auch für Astronomie-Schreiber interessant. Es geht um barrierefreie Dokumentengestaltung. Gerade uns Astronomen gelingt wegen der graphischen Eigenschaften der Astronomie, dies leider nicht immer. So habe ich beispielsweise noch nirgendwo so viele unbeschriftete Bilder gesehen, wie in astronomischen Artikeln.
Für die Facebook-Seite meines Arbeitgebers, dem Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) durfte ich einen Artikel zu diesem Thema schreiben, den ich sehr gerne auch mit Ihnen und euch teile.
Hier ist er:
Einführung
die Allgemeinheit spricht meist von Barrierefreiheit, wenn z. B. ein Ort für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar ist, weil ein Aufzug fehlt oder sonstige Unwegsamkeiten dies verhindern.
Manchmal spricht man auch von Sprachbarriere, die irgendwie überwunden werden muss, wenn Menschen die Sprache des anderen nicht sprechen.
Es gibt noch zahlreiche andere Barrieren in unserem Alltag. In diesem Artikel geht es um Barrieren in Dokumenten, welche die Zugänglichkeit für verschiedene Menschengruppen erschweren oder verhindern.
Es soll Sie sensibilisieren und Ihren Sinn dafür schärfen, wie nützlich und wichtig barrierefreie Dokumente für uns alle sind.
Am Beispiel von Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung werden einige Barrieren und deren Beseitigung näher beleuchtet.
Es gibt noch sehr viel mehr Einschränkungen, die den Zugang zu Print-Medien etc. erschweren. Aus diesem Grunde spricht man häufig von Print-Disability, weil sich das nicht nur auf papierene Dokumente beschränkt.
Papierene Barrieren
Da man es häufig trotz Internet mit papierenen Dokumenten zu tun hat, setzt das Dokument voraus, dass man mit den Augen lesen können muss, um dessen Inhalt zu erfassen. Trotz elektronischer Vorlesesysteme sind somit Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung eventuell davon ausgeschlossen. Handschrift ist beispielsweise nahezu unzugänglich, auch als Druckschrift. Elektronische Verfügbarkeit hilft, diese Barriere zu überwinden.
Gehen wir nun einen Schritt weiter.
Elektronische Barrieren
Elektronisch verfügbar heißt nicht unbedingt, dass Ihr Dokument dadurch zugänglicher wird, dass es elektronisch verfügbar ist.
Im schlimmsten Fall ist Ihr Text ein digitales Photo. Das verbessert die Situation nicht wirklich.
Für die Hilfstechnologie blinder Menschen unterscheidet sich das Dokument in diesem Falle nicht von jeder anderen Grafik.
Grafiken und Bilder können Bildschirmleser momentan noch nicht beschreiben. Facebook, Google etc. weisen aber in eine Richtung, dass dieses möglicherweise in naher Zukunft funktionieren wird.
Für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung kann so ein Text in einer Grafik bedeuten, dass die Grafik durch die Vergrößerung pixelig, unscharf und somit ebenfalls unleserlich wird.
Schon besser, aber noch nicht gut
Im nächsten Schritt, der unser Dokument barrierefreier machen soll, geben wir den Text über die Tastatur ein und erzeugen ein elektronisches Dokument in der Textverarbeitung Ihrer Wahl.
Ob Ihr Text nun barrierefrei ist, hängt stark von der Größe des Dokumentes und seiner Struktur ab.
Zumindest kann Ihr Dokument nach diesem Schritt als Fließtext von Hilfstechnologie vorgelesen werden. Auch Vergrößerungsprogramme verpixeln ihn nicht, weil der Font (Schrifttyp) direkt vergrößert wird.
Und wenn wir schon beim Schrifttyp sind. Verschnörkelte, verspielte oder Schriften mit Serifen sind für viele Menschen, vor allem mit Seheinschränkung sehr schwer lesbar. Eine gerade klare Schrift ohne Schnickschnack ist immer barrierefreier.
Als Nudelgericht Spaghetti-Code
Eine Barriere ist für alle, wenn der Text sehr lang ist, und keine Struktur hat. z. B. keine Überschriften, Inhaltsverzeichnis, Abschnitte und Seitenzahlen. Diese Tatsache ist unabhängig vom Inhalt des Textes.
In so einem Spaghetti-Dokument können Sie sich nur zurecht finden, wenn Sie wissen, wonach Sie suchen. Dann finden Sie die Stelle eventuell mit der Suchfunktion ihrer Software.
Trotz Mühe eine Sechs
OK, setzen wir nun Überschriften, indem wir an passender Stelle die Schrift fett darstellen, bzw. eine andere Schriftgröße wählen.
Sehende Menschen finden sich nun schon etwas besser in unserem Dokument zurecht, weil ihnen die Überschriften beim Drehen des Mausrades direkt ins Auge springen.
Für blinde Leser, ändert sich zunächst nichts, weil ein Bildschirmleseprogramm etwas fettgedrucktes nicht als Überschrift erkennt. Ist es auch nicht, denn Fettdruck wird auch an anderer Stelle, z. B. bei Hervorhebungen, eingesetzt.
Das bedeutet, dass der Text für blinde Leser ebenso unstrukturiert und unübersichtlich bleibt, wie zuvor.
Gänende Leere
Was glauben Sie, was passiert, wenn sie mit dieser Art von Dokument von ihrer Textverarbeitung ein Inhaltsverzeichnis erstellen lassen möchten?
Genau. Es passiert nichts. Im günstigsten Fall erhalten Sie eine leere Seite mit der Überschrift „Inhalt“.
Nicht mal ihr Textverarbeitungsprogramm weiß, wo in Ihrem Dokument die Überschriften sind, obwohl es die ganze Zeit „dabei“ war, als der Text entstand.
Zum Layout noch Struktur
Dieses Problem beseitigen Sie, indem Sie Formatvorlagen verwenden. Jetzt weiß plötzlich ihr Textprogramm, wo die Überschriften sitzen, und kann ein navigierbares Inhaltsverzeichnis erstellen.
Auch Bildschirmleser für blinde – und Vergrößerungssoftware für seheingeschränkte Menschen wissen es jetzt, denn sie verstehen die Struktursprache der gängigen Textverarbeiter. Nun kann man im Text springen, man kann sich nur die Überschriften anzeigen lassen, um erst mal in das Dokument hinein zu finden etc.
Das gilt für alle Strukturelemente, die ein Dokument enthalten kann. Überschriften, Aufzählungen, Nummerierungen, Tabellen, Seitenumbrüche, Kopf- und Fußzeilen, etc. können in allen Textprogrammen ausgezeichnet werden. Insbesondere Tabellen, die mittels der Tab-Stop-Taste erzwungen werden, sind keine und treiben Menschen mit Hilfstechnologie in die Verzweiflung.
Dasselbe gilt auch für unbeschriftete Grafiken, Formeln, die nur als Bildchen im Dokument stehen, und vieles mehr.
Desto mehr die Struktur eines Textes vom Text selbst getrennt wird, desto barrierefreier ist ihr Dokument tendenziell auch.
Zum Merken und weiter sagen
Merksatz:
Das Credo eines barrierefreien Textes ist die Trennung von Layout und Struktur.
Dass man eine Überschrift für ein späteres Inhaltsverzeichnis setzen möchte, ist das eine. Wie sie in Schriftgröße, Schrifttyp, Abstand zum Text, Einrückung etc. aussehen soll, ist eine ganz andere Sache.
Bildschirmleser kümmern sich nicht um ihr schönes Layout. Sie transportieren lediglich die Textstruktur und seinen Inhalt. In der Blindenschrift gibt es sowieso nur eine Schriftgröße, weil taktile Braille-Zeilen nur eine Größe ausgeben können.
Wie ist es aber derzeit um die Barrierefreiheit von Dokumenten im Netz bestellt?
In Ebooks beispielsweise, findet man ganz unterschiedliche Qualitäten, von einer nicht navigierbaren Textwurst mit einer Million Zeichen, bis hin zu super navigierbaren Dokumenten mit allen Auszeichnungen, die man benötigt, ist alles drin.
Das gilt für E-Zeitungen, Webseiten und alles, was so als Dokumente im Netz herumschwirrt gleichermaßen.
Wem nützt das
Glauben Sie mir. Es ist kein Hexenwerk, ein Dokument einigermaßen barrierefrei zu gestalten.
Da Sie nie wissen können, wer Ihr Dokument mal lesen wird, sollten Sie für den Fall der Fälle immer die Zugänglichkeit für alle im Hinterkopf behalten.
Ach ja, auch Sie selbst gehen eventuell in ihrem Dokument verloren, wenn es keine Struktur hat.
Folgende Links soll Ihnen den Einstieg in barrierefreie Dokumentengestaltung erleichtern.
Bitte tragen Sie mit dazu bei, dass Wort und Schrift für alle zugänglicher werden.
Die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können, hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir hier in Frieden, Freiheit und Demokratie leben können. Dies hat uns zu mündigen Bürgern gemacht, die nicht mehr darauf angewiesen sind, nur glauben zu müssen.
ich hoffe, ihr alle hattet einen schönen Jahreswechsel und ein gutes Weihnachtsfest.
Er kommt zwar etwas spät, mein Jahresrückblick, aber ich hatte über die letzten Tage keinen Rechner. Naja, heute ist ja erst der siebente Januar, so dass man noch auf das vergangene Jahr zurück blicken kann.
Hier nun einige Highlights aus meiner Astronomie-Arbeit. Über einige berichtete ich schon und werde gelegentlich daran erinnern.
Zunächst startete das Jahr 2018 nicht besonders gut, denn ausgerechnet mein erstes Astrotreffen fiel wegen Krankheit ins Wasser.
Eigentlich wollte ich mich mit meinem lieben Freund Martin treffen, dem Entwickler von Universe2Go. Das ist die Astrobrille, mit deren Hilfe auch blinde Menschen Objekte am Himmel suchen und erfolgreich finden können.
Wir wollten uns treffen, um unsere Gedanken weiter zu spinnen, damit Astronomie künftig noch inklusiver werden kann. So wollte ich meinen Geburtstag verbringen.
Naja, vielleicht schaffen wir es ja in diesem Februar. Immerhin wäre der Geburtstag dann ein würdiger runder.
Im März erschien ein Artikel über meinen Astronomievortrag zum Thema „Inklusion am Himmel“, den ich zum Jubiläum der psychiatrischen Hilfe der Caritas im November 2017 hielt. Ich schrieb darüber im Jahresrückblick Ende 2017.
Dieses Vereinsorgan wird viele tausend fach gelesen. Somit war das für mich schon wichtig.
Hier ein Artikel dazu. Zum Artikel
Im März und Aprill hielt ich Workshops sowohl an der Berufsbildungs-Einrichtung Nikolauspflege Stuttgart, als auch an der Schule für Menschen mit Sehbehinderung Mannheim.
Vor allem bei, wie auch immer benachteiligten Kindern, funktioniert Astronomie perfekt.
Ich schrieb darüber auf Blindnerd, Astronomie für benachteiligte Kinder
als auch als Gast auf dem Blog von Lydias Welt Zum Gastbeitrag bei #Lydiaswelt
Ein weiteres Highlight fand am 13.04.2018 statt. Ich durfte auf dem Kongress der Bahnhofsmissionen Baden-Württembergs einen Sensibilisierungs-Workshop für die Belange von Menschen mit Blindheit halten und mit meiner Gitarre deren Gottesdienst begleiten. Insbesondere für blinde Menschen ist die Bahnhofsmission manchmal der letzte rettende Anker, um an fremden Bahnhöfen weiter zu kommen. Wie oft hat mich so ein netter Mensch von Zug zu Zug gebracht.
Wie oft war ich schon dankbar über einen heißen Kaffee, wenn bei Minustemperaturen Züge ausfielen und stundenlange Wartezeiten die Folge waren.
Manchmal gab es dann sogar einen Teller heißen Eintopf.
Wer schon mal in den Räumen einer Bahnhofsmission über einige Stunden erlebt hat, wer da alles so anklopft, wird sehr schnell merken, wie wichtig und unverzichtbar diese Arbeit ist. Man wird mal wieder in die Realität zurück geführt. Das eigene Problem tritt in den Hintergrund, wenn man die Schicksale dieser betroffenen Menschen erlebt.
So eine Erfahrung erdet mich wieder neu und es wird mir dann klar, wie oft ich auf sehr hohem Niveau jammere.
Es war wirklich unglaublich, wieviel Idealismus, wieviel Liebe, wieviel Empathie ich auf diesem Kongress erleben durfte. Da machte es mir nichts aus, dass ich meinen Workshop gleich sechs mal hintereinander halten durfte.
Im Mai hatte ich mal Pause. Dennoch war der Mai 2018 ein ganz besonderer Monat für mich.
Viele Dinge jährten sich im Mai 2018. Ich schrieb darüber in
Ein ehemaliger Studienkollege von mir bat mich, mal einen Kinderworkshop zu Astronomie für seine Kinder zu halten. Als ich ihm antwortete, dass das nur für zwei Kinder zu aufwändig wäre, mobilisierte er kurzer Hand einige Freunde der Kinder und deren Familien. Also hatten wir dann am Ende mit etwa zwölf Kindern und einigen Eltern einen wunderbaren Astronomie-Nachmittag in meinem überfüllten Büro. Es war großartig. Sogar meine Apollo-Rakete von Lego hat den Mondflug überlebt. Es wurde Helium geatmett, viel gefragt und dann gab es noch eine Anleitung, wie man eine Sonnenuhr selbst basteln kann.
Der zweite Höhepunkt war der Besuch der Mitgliederversammlung des Vereines Andersicht e. V. Zu Andersicht e. V.
Wie ihr auf deren Homepage sehen könnt, macht dieser Verein so einiges für menschen mit Seheinschränkung zugänglich. Ich ging auf die Versammlung, um Unterstützung zur Verwirklichung meines Planetenweg-Projekts zu erhalten. Die ist mir gewiss. Aus anderen Gründen ist aber das Projekt durchaus nicht so auf dem Weg, wie ich es gerne hätte. Vielleicht zeichnet sich aber hier bald ein Ende des Tunnels ab.
Wir hatten eine phantastische Führung durch die Englischen Gärten von Hannover. Es war ganz beeindruckend, denn unser Guide war selbst so gut, wie blind.
Es gab einen wunderbaren taktilen Plan zur Führung. Bis dahin hatte ich überhaupt keine Vorstellung, wodurch sich verschiedene Gärten, unterschiedlichster Epochen und Stilrichtungen auszeichnen.
Übrigens gibt es in Hannover auch ein ganz wunderbares Modell einer großen Kirche. Bin mir gerade nicht mehr sicher, ob es vielleicht sogar ein Dom oder Münster ist.
Apropos Hannover.
In Hannover hatte ich meinen ersten Vortrag zu meinem Buch im Literatursalon des dortigen Blindenvereines im Februar 2015.
Und Hannover ist die Geburtsstadt einer großen Astronomin. Ich schrieb über sie zum Weltfrauentag am 08.03.2018
Nicht zuletzt verfolgte ich im Juli mit großer Aufmerksamkeit, wie Amateurfunker halfen, dass der Funkkontakt zu Alexander Gerst für Schulen möglich wurde.
Hätte ich das in meiner Schule erlebt, dann wäre ich entweder durchgedreht, bzw. gleich Astronaut geworden.
Hier zeigte sich mal wieder, wie ganzheitlich Weltall sein kann. Da müssen Fragen auswendig gelernt und sprachlich geübt werden. Da muss Lampenfieber überwunden und Mut erprobt werden. Da lernen Schüler, wie man Kabel zieht, was alles für so eine Verbindung ins All nötig ist, dass Physik und Mathematik vielleicht doch nicht ganz so unnütze Fächer sind, den Umgang mit Werkzeugen und vieles mehr.
Alexander Gerst hielt eine sehr ergreifende Rede an seinen noch nicht vorhandenen Enkel. Das ist es, was über Weltraum und Astronomie eben auch geschehen kann. Betrachtet man die Fragilität unseres Raumschiffes Erde, dann sollte das vor allem bei Kindern das Umweltbewusstsein stärken.
Diese Rede war so ergreifen, dass ich gerührt tatsächlich etwas Wasser in die Augen bekam. „An meinen Enkel“
Und das Sprichwort, dass der Prophet im eigenen Land nichts gilt, stimmt sogar teilweise.
am Freitag, dem 13.juli 2018 ermöglichte mir mein Buchverlag endlich nach drei Jahren eine Lesung in einem Buchladen in der Stadt, in welcher alles begann, in Baden-Baden.
Darüber habe ich mich sehr gefreut, auch wenn es dem dort ebenfalls ansässigen Verlag vielleicht auch etwas früher hätte gelingen können, für mich so eine Lesung zu arrangieren.
Ich bin mir nicht im klaren, wieviel Werbung ein Verlag für seine Autoren machen sollte, aber meine Erfahrung geht eher in die Richtung, künftige Bücher selbst zu verlegen, wenn man die ganze Werbung und alles dann doch letztlich selbst machen muss…
Wie auch immer. Der Vortrag war sehr schön. In Buchläden oder Bibliotheken ist es immer unheimlich gemütlich.
Dem Verlag war es terminlich wichtig, die Lesung an ein astronomisches Ereignis zu knüpfen.
Die treffen aber leider nicht immer dann ein, wenn man sie gerne hätte. Immerhin. am 13.06. fand in der Antarktis eine Sonnenfinsternis statt.
Ich kündigte sie auf Blindnerd an. Finsternisse 2018
Interessanter Weise begann mein Urlaub in Österreich wie 2017, als es Blindnerd.de noch nicht gab, mit einer Finsternis.
2017 war es die Sonnenfinsternis in den USA. Ich hielt einen kleinen Vortrag darüber für interessierte Miturlauber. Dasselbe tat ich 2018 über die Mondfinsternis. Es war eine kleine und feine Gruppe. Immer wieder finden sich Menschen, die sich für so ein Angebot interessieren, ohne, dass man sich aufdrängen müsste.
Auf jeden Fall darf ich nie in Urlaub fahren, ohne wenigstens ein, zwei taktile Astronomie-Mappen dabei zu haben. Einen BT-Lautsprecher und die Weltraumsounds habe ich sowieso immer dabei.
Am 11. August 2018 fand eine partielle Sonnenfinsternis statt, die leider auch nicht zu sehen war.
Eine der schönsten Beschreibungen einer Sonnenfinsternis findet ihr hier: Beschreibung einer Sonnenfinsternis von Adalbert Stifter
Das Highlight des Jahres 2018 war zweifels ohne die Einladung zum Kongress der Internationalen Astronomischen Union. Niemals hätte ich mit dieser Ehre gerechnet, und ich wüsste auf Anhieb einige mehr, deren astronomische Inklusionsprojekte ebenso diesen Ruhm verdient hätten, z. B. die barrierearme Sternwarte in St. Andreasberg und deren Verein, Zu Sternwarte Barrierefrei St. Andreasberg
bzw. das Weltraum-Atelier in Saarbrücken, die auch unglaublich viel zum Thema Inklusion und Astronomie veranstalten. Zum Weltraum-Atelier
Am 24. August hätte ich eigentlich einen Workshop für Kinder eines Ferienprogramms halten sollen. Die Veranstalter, die Junge Union Bad Schönborn, hatten angefragt. Natürlich lasse ich mich grundsätzlich vor keinen politischen Karren spannen, aber in diesem Fall stand wirklich die Arbeit mit den Kindern und das soziale Engagement der Macher im Vordergrund. Für die AFD hätte ich das allerdings trotz bester Absichten niemals getan, das könnt ihr mir glauben.
Leider ist dieser Workshop mangels Anmeldungen ausgefallen. Das ist mir rätselhaft, weil so etwas Kinder immer anzieht. Ich denke, hier wurde falsch beworben. Ganz unschuldig bin ich vermutlich daran auch nicht. Ich denke, meine Einladung war nicht kindgerecht genug. Ich habe gelernt, dass man Veranstaltern einfach wirklich alles vorgeben muss. Ich habe hier zuviel Freiraum gelassen. Leider ist das sogar meine Erfahrung dann, wenn Pädagogen mit im Boot sind, die eigentlich wissen sollten, was eine kindgerechte Einladung sein soll.
Schade, aber vielleicht machen wir das im nächsten Sommer. Dann weiß ich es besser und mir wird der Workshop nicht absaufen.
Und was den September betrifft, so sind wir wieder bei dem Sprichwort vom Propheten im eigenen Land.
Trotz viel Pressespiegels ist es mir noch nicht gelungen, einen Vortrag am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), meinem Arbeitgeber, zu platzieren.
Das wird sich am 16.01.2019 ändern. Im September 2018 erhielt ich eine Anfrage eines Vereins. Zu Optic Students
Na, die werden sich wundern, wie wenig optisch es hier dann zugehen wird. Vielleicht ist aber genau dieses interessant für sie und sie haben deshalb angefragt.
Ich glaube, sie stießen über einen Artikel auf mich.
Darauf freue ich mich sehr. Der Vortrag soll zwar Englisch gehalten werden, aber ich habe durch Wien eine gute Grundlage. Man kann halt in der Fremdsprache in der Regel nicht ganz so rampensäuisch daher kommen, wie man das gerne täte…
Glücklicherweise kann ich auf die fertige Englische Übersetzung meines Buchtextes zurückgreifen, ohne den ich schon in Wien gnadenlos abgesoffen wäre.
Im Oktober durfte ich nochmal so eine „Familienfreizeit“ halten, die eine Familie initiierte und dann kamen viele Freunde dazu. Das war, wie mit Kindern immer, super schön.
Was viele dann doch immer verblüfft ist, dass die Kinder niemals ausnützen, dass ich sie nicht sehe. Ich würde das auch merken, und wenn nicht, dann sind sie darin so gut, dass man auch diese Rafinesse würdigen sollte.
Ich kann mich erinnern, dass meine Nachhilfeschülerin das mal versucht hatte. Ich bestand darauf, dass der Fernseher währent des Unterrichts abgeschaltet wird. OK, dem Wunsch wurde zumindest da hin gehend entsprochen, dass der Apparat verstummte.
Der Lautsprecher schon, nicht aber die Elektronik. Die kann man hören. Bei den Flachfernsehern nicht mehr so eindeutig, wie bei den alten Röhren-Fernsehern, die so entsätzlich pipsten, aber Schaltnetzteile etc. pipsen auch. Um ganz sicher zu gehen und sie auf die Folter zu spannen und in Sicherheit zu wähnen, ob es wohl klappen würde, ließ ich mir bis zum Schluss nichts anmerken. Kurz vor Ende der Stunde stand ich dann ohne Vorwarnung auf, ging zum Fernseher, patschte mit der flachen Hand darauf und fragte meine Schülerin, wieso er denn noch immer warm sei, obwohl er doch schon seit mindestens einer Stunde ausgeschaltet wäre.
Naja, den Rest kann man sich denken. Sie hat in den ganzen Jahren danach nie wieder nur im Ansatz versucht, mich mit so etwas auszutriksen. Wie gesagt. Wer’s schafft ist gut und darf sich meiner Anerkennung gewiss sein…
Der Umzug meines Blogs im Oktober auf meinen eigenen Webspace und mein eigenes WordPress, war ebenfals ein sehr großes Projekt. Manchmal den Tränen nahe und kurz vor dem Aufgeben, kämpfte ich mich durch die Bedienung von WordPress und erlernte mühsam die Bedienung dieses sehr komplexen Systems. Ich weiß längst noch nicht, wie dort alles funktioniert, aber der Anfang ist gemacht, der Knoten geplatzt und ich hege, pflege und liebe meinen Blog sehr. Beharrlichkeit führt eben oft zum Ziel. Auch meiner Arbeitsplatzassistenz brachte dieser steinige Weg sehr viel. Sie lernte sich in mich hinein zu versetzen und versteht jetzt, wie sie mir z. B. einen Bildschirmaufbau oder Bedienkonzepte erklären kann, damit ich es mit meiner Hilfstechnologie verstehen und benutzen kann.
Im Dezember hatte ich einen wunderbaren astronomischen Jahresabschluss. Es erschien ein Artikel über mich in einer Mitarbeiterzeitung des KIT. Die dürfte so eine Auflage von ungefähr 9000 Exemplaren haben.
Besser konnte mein astronomisches Jahr nicht zuende gehen.
Wer frühere Jahresrückblicke von mir gelesen hat wird merken, dass ich mit Vorträgen etc. deutlich ausgedünnt habe. Das hat mir sehr gut getan. Wenn man wie ich, viele Veranstaltungen einschließlich An- und Abreise, ohne Assistenz gestalten muss, dann kommt man doch sehr rasch an seine körperlichen und psychischen Grenzen. Diese habe ich in den Jahren 2015 und 2016 am Ende deutlich gespürt. Das war gesundheitsgefährdend, nicht gut für die Psyche und richtig gefährlich. Nie wieder so. Lieber weniger und dafür besser…
Nun ja, das war mein verspäteter Jahresrückblick. Ich könnte natürlich jetzt mit dem Ausblick auf das noch junge Jahr hier weiter machen, aber das lasse ich lieber, denn ansonsten muss ich am Jahresende zuviel umständlich erklären, was alles vielleicht nicht geklappt hat…
Ich danke euch, die ihr meine Projekte begleitet, für eure Ermutigung und Unterstützung.
Das gibt mir Kraft, Mut, Zuversicht und den Glauben, dass das alles irgendwie einen Sinn macht, was ich da tue.
Gerne dürft ihr natürlich meine Artikel auch mal liken und verteilen, damit auch noch andere von dieser sinnhaftigen Arbeit erfahren dürfen.
Ich schreibe diese Dinge nicht nur für euch, sondern hätte gerne, dass unsere kleine Leserschaft noch anwachsen möge und dass meine Freude daran noch viele weitere Menschen erreicht.
Jetzt wünsche ich uns allen ein erfolgreiches und gutes Jahr 2019. Dass es jedem bringen möge, was am meisten gebraucht wird, auch wenn wir das manchmal nicht gleich erkennen.
hoffentlich hattet ihr geruhsame und schöne Weihnachtstage.
Weil eine Blogparade zum Thema stattfand, deren Ablaufdatum ich leider verpasste, ist dieser kleine Artikel entstanden, wieso ich Blogger wurde.
Viel Freude damit.
Und so war es bei mir:
Ich bin ganz langsam in die Schreibsucht geraten. Angefangen hat alles mit einem Mailverteiler auf meinem Rechner, der Schöngeister hieß. Hier waren Freunde und Bekannte drin, von denen ich weiß, dass sie sich für meine Dinge interessieren, die ich schön finde. Dort ging es dann um Literatur, Musik und oft auch um Astronomie. Ich glaube, das war so um 2008. Das plätscherte so völlig stressfrei und entspannt vor sich hin. Ich schrieb meine Artikel und chattete mit meinen Freunden darüber. 2013 hatte ich eine schwere berufliche Krise. Ich wusste nicht, ob ich arbeitslos werde, hatte einen neuen Vorgesetzten, alles strukturierte sich um, so dass ich viele Aufgaben verlor und in ein psychisches Loch geriet. Ich wusste das schon aus vergangenen Krisen, dass Schreiben meiner Psyche sehr gut tut. Und diesmal war die Krise offenbar so groß, dass ich mich in ein Schreibprojekt stürzte, das mich zwei Jahre lang beschäftigen sollte. Ich schrieb mein buch „Blind zu den Sternen“, ein autobiographisches Büchlein, das meinen Weg zur Astronomie beschreibt, obwohl ich vollblind bin. Das Buchprojekt war meine Therapie. Es war zu dieser Zeit das einzige, wo ich mich geistig ausgelastet und gefordert fühlte. Von un an ging es aufwärts. Das Buch stimmte mich deutlich positiv, was vielleicht auch dazu führte, dass ich positives anzog. Meine Stelle wurde entfristet, ich fand neue Aufgabenfelder und die Umstrukturierungen und Beben waren vorbei. Zu dieser Zeit schrieb ich eine Initiativbewerbung an die Deutsche Astronomische Gesellschaft, wo ich gerne Mitglied werden wollte. Da kann man nicht einfach eintreten. Man muss für gut befunden werden. Man muss seine Arbeit und Projekte vorstellen, und man muss mindestens zwei Personen davon überzeugen, die für einen bürgen.
Naja, etwas altbacken und freimaurerisch das ganze, aber so ist das halt.
Ich schickte einiges, was meine Vorträge etc. betraf und später dann auch in das Buch eingang fand, und habe da überzeugt.
Mein Konzept der „Inklusion am Himmel“ kam an.
Und so bin ich seit Mai 2013 das erste und einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.
Nun reichte natürlich auf einen Schlag mein kleiner Mailverteiler nicht mehr aus. Im nächsten Schritt, hob ich den Verteiler in eine richtige ausgewachsene Mailingliste auf einem Mailserver mit allen Sicherheitsmaßnahmen etc.
Die hat derzeit so um 240 Mitglieder und läuft aus historischen Gründen noch parallel zu meinem Blog https://blindnerd.de.
Das reichte irgendwann auch nicht mehr aus. Emails kann man nicht aktualisieren, z. B. zur Fehlerbehebung oder richtigstellung einer astronomischen Fehlinformation.
Und so begann ich im Oktober 2017 meinen Blog. Ich kämpfte bis an die Tränen mit WordPress, denn das ist am Anfang wirklich super komplex. Und wenn man niemanden hat, der sich gut damit auskennt und einem die Kniffe zeigt, dann tut man sich als Blinder damit so schwer, dass ich manchmal aufgeben wollte.
Zum Reinschnuppern begann ich meinen Blog direkt mit der kostenlosen Version von WordPress auf deren Server. Das war der https://blindnerd.wordpress.de.
Nun kann man verständlicherweise auf dieser kostenlosen Version nicht einfach schalten und walten. Ich wollte Dinge, z. B. aHochladen von Audiofiles, was nicht ging, verschiedene Punkte der Barrierefreiheit ließen sich nicht umsetzen etc.
Außerdem störte mich das „WordPress“ im Namen des Blogs.
So mietete ich mir einen eigenen Webspace, richtete mein eigenes WordPress ein und exportierte den Blog.
Jetzt habe ich alles, was ich brauche. Ich liebe meinen Blog. Ich hege und pflege ihn und ja, ich bekenne hier feierlich, dass ich schreibsüchtig und Keyboardabhängig bin.
Lydia ist eine blinde Bloggerin, die ihren Alltag und damit verbundene Themen als blinde Mutter beschreibt.
Es lohnt sich wirklich mal auf diesen Blog zu gehen, wer sich für Probleme und Lösungen interessiert, die blinden Menschen so im Alltag begegnen können.
Für ihren Blog, hatte ich die Ehre, einen Gastbeitrag über „Astronomie für benachteiligte Kinder“ schreiben zu dürfen.
Diesen teile ich mit euch gerne. Ich wünsche euch viel Freude damit. Ihr findet ihn hier:
heute darf ich mit euch ein unglaublich starkes Erlebnis teilen.
Und alles begann so:
Der Anruf
Es muss so Mitte April gewesen sein. Es war ein Mittwoch Nachmittag zwischen 13:30 und 14:00 Uhr, als plötzlich im Büro mein Festnetztelefon klingelte. Auf dem mobilen Gerät hatte ich bereits eine andere dienstliche Telefonkonferenz laufen. Also stellte ich die kurz stumm und hob den Hörer ab.
Es war jemand aus Österreich, der mich anfragte, ob ich grundsätzlich bereit wäre, bei einem Inklusionstag auf dem Kongress der Internationalen Astronomischen Union 2018 in Wien, mit zu wirken.
Mir fiel fast der Hörer aus der Hand ob dieser Ehre, die mir hier scheinbar zuteil werden sollte.
Ich sagte sofort zu. Nun hieß es warten, denn aus dieser Anfrage musste erst noch eine offizielle Einladung werden. Mir wäre die alleinige Anfrage schon Ehre genug gewesen. Weiß ich doch, wie es ist, wenn man so große Konferenzen plant. Da fragt man an, kann dann aber nicht alle aufnehmen. Das ist kein Makel, wenn man so wo raus fällt.
Nun hörte ich im April nichts mehr, kein Zeichen im Mai und auch im Juni nichts. Ich dachte ohne Groll, dass es halt diesmal nicht klappt.
Und dann geschah es. Am 20.07., genau an meinem letzten Arbeitstag vor meinem Urlaub, kam der Anruf mit der offiziellen Einladung.
Die Vorbereitung
Nun musste alles relativ schnell gehen. Zum Glück unterstützte mich die IAU hier tatkräftig. Sie suchten mir ein Hotel, hatten bei der Konferenz Assistenz zur Unterstützung und vieles mehr.
Ich musste, und das war ein sehr hartes Stück Arbeit, meinen Vortrag basteln, Skript und Folien und alles auf Englisch mit Fragen am Schluss für maximal 15 Minuten.
Zum Glück ist meine Englische Übersetzung meines Buches so gut wie fertig. Somit konnte ich hier einiges als Basis nehmen und musste nicht alles selbst formulieren.
OK, gesagt, getan. Der Vortrag stand rechtzeitig, so dass ich ihn noch oft üben konnte, das Ticket war samt Umsteigehilfen gebucht und das Hotel reserviert.
Die Reise
Schwierig war für mich auf dieser Reise, dass ich keine eigene Assistenz oder Begleitperson zur Verfügung hatte. Ich fuhr ins blaue hinein in der Hoffnung nach wien, dass dort schon irgendwie alles funktionieren wird, so dass ich nicht verloren gehe.
Leider kam ich am 21.08. erst mal über eine Stunde zu spät auf dem Wellcome Meeting an, so dass es im Grunde schon wieder vorbei war, weil das Kongresszentrum schloss.
Die Hauptkoordinatorin Wanda, die eine blinde Berufsastronomin ist, und in Südafrika arbeitet, hat mich mit einer sehenden Studentin der Astronomie, vom Gleis abgeholt. Dann ging es durch den Wiener Untergrund, was super funktionierte.
Wanda hat es heute, am 20.08.2019 sogar in die Sendung Sternzeit des DLF geschafft. Hier geht es zur Sternzeit-Folge über Wanda
Und es kam sogar noch besser. DLF-Nova interviewte diese großartige Wissenschaftlerin direkt auf dem Inklusionstag der IAU. Hier geht es zum Audio-Interview.
Um das hier mal vorweg zu nehmen. Wanda war durchaus nicht die einzige blinde Astrophysikerin, die ich hier traf.
Es gab auch welche mit anderen Einschränkungen, z. B. durfte ich einem Vortrag beiwohnen, den ein total gehörloser Astrophysiker hielt, aber der Reihe nach.
Wie gesagt, lief am Anreiseabend dann nicht mehr viel. Ich wurde in mein Hotel gebracht, wo ich im Hotelrestaurant zu Abend aß. Da musste ich mich ohne Assistenz ganz schön durchfragen und um Hilfe bitten. In dieser Hinsicht war diese Konferenz ein sehr gutes Training für Orientierung und Mobilität und für die Überwindung, dauernd fragen zu müssen.
Meine Erfahrung ist eigentlich immer die, dass man sich vorher viel mehr Sorgen macht, als nötig.
Auf ins Getümmel
So ging ich am nächsten Morgen mit mulmigem Gefühl im Magen ohne Hilfe zum Frühstücksbuffet. Immer dem Geschirrgeklapper und dem Kaffeeduft hinterher.
Und das sah zunächst nicht gut aus. Die Personaldecke war an diesem Morgen so dünn, dass man mir nur unter größten Schwierigkeiten hätte helfen können. Ich übte mich somit in etwas Geduld, bis die Rettung kam. Plötzlich sprang mir die sehende Ehefrau eines blinden Australischen Astrophysikers zur Seite. Wir drei kamen sofort ins Gespräch, diese liebe Frau versorgte mich einfach kurz mit und wir gingen nach dem Frühstück gemeinsam zu Fuß zum Konferenzzentrum.
OK, da konnte ich erst mal aufatmen, denn zum Zuhören bei Vorträgen brauche ich keine Hilfe. und der Aufbau meines Messestandes würde sich auch schon irgendwie finden.
Und genau so war es auch. Als ich mal meine Tische zugewiesen bekam, konnte ich ganz normal aufbauen, wie ich das bei meinen Vorträgen oft tue.
Ich hatte an Modellen alle Steinplaneten, den Mond und den Kometen Juri dabei. Außerdem noch taktile Mappen mit Darstellungen von Finsternissen, Sternbildern und mehr. Ein Highlight auf meinem Stand war sicherlich das sprechende Handplanetarium „Universe2Go“. Das war im Vorfeld noch etwas bockig, bis ich es hin bekommen hatte, dass es sowohl auf Englisch, als auch auf Deutsch quasi parallel auf meinem iPhone lief.
Nach dem Standaufbau war es dann auch schon Zeit, sich für die Vorträge in den Hörsaal zu begeben.
Und los geht es
Bei dieser Veranstaltung „Inspiring Stars“ handelte es sich um einen Tag der offenen Tür, bei dem das Thema Astronomie und Inklusion im Vordergrund stand.
Die IAU hat die Chance erkannt, welche Astronomie für die Inklusion bietet.
Und die haben für diesen Tag richtig Geld in die Hand genommen. Es ist ganz erstaunlich, wie es dem Orga-Team gelungen ist, uns alle auf der ganzen Welt verteilt zusammen zu trommeln und einzuladen.
Und so starteten die Vorträge mit einem aus Mexiko, der wunderbar Synergien und wissenschaftsübergreifende Kooperation aufzeigte, die gerade erst durch den Inklusionsgedanken entstehen können.
Der nächste Vortrag wurde dann von dem blinden Astrophysiker gehalten, dessen Frau mich beim Frühstück so vortrefflich unterstützte. Er führte uns vor, wie sonifizierte Astrodaten, z. B. Helligkeitsausbrüche oder Strahlenausbrüche klingen können, und dass man diese Klänge nach etwas Übung wirklich interpretieren kann. Seine Software „Starsound“ werde ich ganz bestimmt mal ausprobieren.
Daran schloss sich dann eine Diskussionsrunde mit Wissenschaftsjournalen an. Hier ging es darum, wie die Zugänglichkeit hier verbessert werden könnte, z. B. dass Mathematikformeln nicht nur als Bildchen im Dokument erscheinen, sondern auch in einer für blinde lesbaren Form hinterlegt werden sollte, z. B. in LaTeX.
Insbesondere bei Ebook-Standards gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, die Dokumente barrierefrei zu gestalten, wo von häufig noch viel zu wenig Gebrauch gemacht wird.
Nach dem Mittagessen hörte ich einen ganz beeindruckenden Vortrag eines gehörlosen Astronomen. Er zeigte u. A., dass die Astronomie durchaus eine Wissenschaft ist, die traditionell von Wissenschaftlern mit Einschränkungen schon immer betrieben wurde und wird.
Das kann man in meinem Buch „Blind zu den Sternen“ im Kapitel „Wissenschaftler mit vier Sinnen“ auch nachlesen.
Danach bestürmte uns auch schon die Kindergruppe des Österreichischen Computercamps. Wir stellten alle kurz unsere Stände vor, die es dann im Anschluss zu bestaunen galt. Seite des ÖCC
Von 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr gab es dann auch noch einige öffentliche Vorträge. Darunter war auch der meine „Explore the Universe with four Senses“.
Parallel dazu lief immer die Ausstellung.
Ein starkes Erlebnis war auch, wie ergriffen der Generalsekretär der IAU über unsere Arbeit sprach, wie er sie würdigte und wie ernst ihm die Inklusion ist.
Da ich hier nicht alle Vorträge etc. erwähnen kann, gibt es hier den Link zum Programm in Englisch:
https://sites.google.com/oao.iau.org/inspiringstars
Und hier gibt es den Link zur Übersicht aller Stände, auch in Englisch:
https://sites.google.com/oao.iau.org/inspiringstars/the-exhibition?authuser=0
Ach ja, Interviews gab es natürlich auch noch.
Am Vormittag wurden einige von uns, auch ich, einzeln von einem Österreichischen Radio interviewt. Das war vielleicht ein seltsames Gefühl, von dem Reporter auf Englisch interviewt zu werden, obwohl wir das ebenso auf Deutsch hätten machen können. In der Sendung wäre das aber dann etwas irritierend. Die übersetzen das ja eh. Dann
ist das Interview selbst Englischer O-Ton bis Atmo. Das muss schon einheitlich sein.
Am Nachmittag hatte ich dann einen sehr interessierten Journalisten aus Österreich am Stand. Er begleitete die Kindergruppe des Computercamps.
Für einen Kinderkurier verfasste er einen sehr schönen und ergreifenden Artikel, der reichhaltig für die Gucklinge bebildert ist.
Was die Ausstellung betrifft, so habe ich diesem Artikel im Grunde nichts hinzu zu fügen.
Vielen Dank an Herrn Wagner, dem Journalisten, und seiner Redaktionsleitung, dass ich seinen Artikel hier veröffentlichen darf.
Der Artikel enthält derart viele Bilder, dass ich mir die Erlaubnis erbat, den Fließtext ohne Bilder hier einstellen zu dürfen, weil er mit Bildern für Screenreader sehr mühsam zu lesen wäre.
Für die Sehlinge gibt es natürlich dann auch noch den Link zum bebilderten Artikel.
Ich erlaube mir jetzt, einfach Herrn Wagner sprechen zu lassen.
Planeten und andere All-Objekte be-greifen
Am Tag der offenen Tür beim internationalen Astronomiekongress in Wien gab es viele taktile Modelle, mit denen auch blinde und sehschwache Menschen Himmelserscheinungen erleben konnten.
Nach den Sternen greifen – dieser meist symbolische Satz, der viel verspricht, hat in einer spannenden Ausstellung beim internationalen Astronomie-Kongress (31. Generalversamlung der Internationalen Astronomischen Union) im Wiener Austria Center eine Art wortwörtliche Bedeutung. Himmelskörper und -phänomene zu be-greifen ist das Anliegen der möglichst barrierefreien Schau „Inspiring Stars“ (anregende Sterne).
Der Kinder-KURIER begleitete – mit einer Kollegin aus der Inklusiven LehrRedaktion – eine Gruppe Jugendlicher des in dieser Woche laufenden Computer-Camps im BundesBlindenInstitut diese Ausstellung. Julia und Lara tasteten mit ihren Händen zunächst Modelle von Mars, Merkur und Erde ab. Zu diesem Vorgang sagen sie sowie ihre Kolleg_innen übrigens immer „anschauen“.
Am Stand von Gerhard Jaworek kann auch ein Modell vom Mond und eines Meteors be-griffen werden. Jaworek, der selber blind ist und schon als Kind die Liebe zur Astronomie entdeckte, hat diese Modelle so wie seine Kolleg_innen an den anderen Stationen mittels 3D-Drucker angefertigt. Er hat aber auch informative Hefte – auf Deutsch und auf Englisch – zu den Planeten erstellt – in Reliefdruck – also mit erhabenen, be-greifbaren, Stellen sowie auch in Braille-Schrift. Jaworek demonstrierte auch sein „sprechendes Hand-Planetarium“. Dazu platzierte er sein SmartPhone in einer Vorrichtung, wie sie von Virtual-Reality-Brillen bekannt ist, schloss sie an einen Lautsprecher an – und im absoluten Dunklen kann durch die Geräusche des Universums navigiert werden. „Die Sonne sendet ein sehr spannendes Radioprogramm aus“, schreibt er etwa in seinem Buch (siehe Infos unten).
Neben angreifbaren Modellen – übrigens auch von einem stark vergrößerten Blatt eines Laubbaumes oder von Entwicklungsphasen von Pilzsporen – gab es auch etliche Stationen, in denen Sichtbares aus dem Weltall in Töne „übersetzt“ wird. Tiefe Töne für dunkle Stellen und hohe bis höchste für (sehr)helle Stellen. Viola und Laura hörten etwa über eine Handy-App so mit der Bewegung ihrer Finger eine dargestellte Sonnenfinsternis. Die konnten sie auch spüren, weil diese App das Gesehene nicht nur in Töne, sondern auch in Vibrationen verwandelt.
Bei einer anderen Station nahmen Natalie, Eli und Maximilian an einem Hör-Quiz teil, bei dem es um Zuordnung von Gehörtem und Frequenz-Kurven ging. Sofia und Emma tasteten be-greifbare Koordinatensystem des Weltalls ab, Igor, Dimana und Martina be-griffen sechs Sternbilder auf den Seiten eines großen Würfels und nebenan noch eines mit unterschiedlich warmen Lämpchen. Dabei handelt es sich um eine der Stationen, von der auch Sehende mehr an Information und Wissen haben, als von herkömmlichen Sternbildern. Denn die unterschiedlich warm leuchtenden Lämpchen weisen auch darauf hin, dass die Sterne ja nicht alle die gleiche Temperatur haben.
Das gilt übrigens auch für das Modell des Orion-Nebels, das Fabian, Stefan und Maximilian unter die Finger nahmen. Während Sternbilder – sowohl am Himmel als auch in Darstellungen für Sehende ausschauen, als wären sie alle gleich weit entfernt, sind in diesem Modell die Kugeln, die für die wichtigsten Sterne dieses „Nebels“ stehen, unterschiedlich weit von der Ausgangsplatte entfernt. Verschiedene Farben zeigen wieder Temperatur-Unterschiede an.
„Wir wollen den Himmel zu allen bringen!“ Dieser Satz war am Tag der offenen Tür bei diesem Kongress oft zu hören. Leider gab’s nur einen solchen Tag bei der noch bis Ende August laufenden Tagung. Aber die Idee „Inspiring Stars“ war über den ganzen Kongress hinweg allgegenwärtig, weil viele Exponate die ganze Zeit ausgestellt wurden. Somit wurde diese Botschaft weit in die Astronomische Gemeinschaft getragen.
„Das Wichtigste für Menschen mit Blindheit ist es, den Mut zu haben, sich etwas vorzustellen und mit sehenden Menschen über ihre Vorstellungen ins Gespräch zu kommen ohne die Angst, ihre Vorstellung könnte falsch sein“, schreibt Gerhard Jaworek in seinem Buch „Blind zu den Sternen – mein Weg als Astronom“ (Verlag Aquensis Menschen, 14 €).
www.iau.org
Den Sternen zuhören
Der im Bericht erwähnte Gerhard Jaworek ist übrigens nicht der einzige unter den Astronom_innen des Kongresses, der nichts sieht. Wanda Diaz Merced, die am Observatorium von Kapstadt (Südafrika) forscht, wurde sogar über einen TED-Talk im kanadischen Vancouver (2016) bekannt, wo sie über ihre Spezialität, das Hören der Sterne, sprach. Zu einem kurzen Bericht und Video im Artikel geht es hier unten.
Hier wurde etwas angestoßen, das sicherlich noch reichhaltige Früchte tragen wird.
* Es hat sich alles bestätigt, was ich jemals in meiner „Inklusion am Himmel“ gesagt und postuliert habe.
* Es ist für mich von unschätzbarem Wert, hier dabei gewesen sein zu dürfen.
Nicht jeder Zugang zu Astronomie ist für alle Menschen geeignet, aber es gibt einen Zugang für jeden
Was fehlt noch? Unbedingt eine kleine Danksagung.
Ich danke der Leitung des Studienzentrums für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) http://www.szs.kit.edu für seine Unterstützung
Die Leitung, die mich hier unterstützt und diese Arbeit mit trägt, würdigt und schätzt,
der Mitarbeiter, der mir mal schnell noch zehn neue taktile Mappen in Englisch erstellt,
die Mitarbeiterin, die mir in einer affenartigen Geschwindigkeit noch bei der Erstellung eines Posters hilft,
der Kollege, der mir immer mal wieder das eine oder andere Modell durch den 3D-Printer lässt
und meine Arbeitsplatzassistenz, die mir bei der Gestaltung meiner Folien half und mir die Züge buchte.
Ohne euch alle, könnte ich diese Arbeit niemals so durchführen.
Sicherlich habe ich, wie das immer so ist, nicht alle erwähnt. Dank auch an die nicht erwähnten. Ihr seid nicht minder an diesem ewigen Projekt beteiligt.
So, jetzt hoffe ich, dass meine und auch Herrn Wagners Freude und Begeisterung hier auf euch übergeht.
Die Abreise erspare ich uns an dieser Stelle.
Alles gute bis zum nächsten Mal wünscht euch
heute geht es in meinem Blog mal um kein astronomisches Thema. Endlich mal, denn ich möchte künftig auch dem anderen Teil der Blogbeschreibung mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung beimessen.
Heute geht es um Urlaub. Urlaub, nicht im herkömmlichen Sinne, sondern Urlaub von der Behinderung, in meinem Fall von der Blindheit, machen.
Oder sollte man eher sagen: „Urlaub von der Welt der Sehenden?“
Prolog
„Lebe möglichst, als wärest Du sehend!“
stand vor einigen Jahren auf einem Plakat, das den Studierendenraum unseres Institutes zierte. Das war ein Motto der damaligen Leitung, dass wir unbedingt „Top-Blinde“, das war sein Wort, sein sollten, um vorgezeigt zu werden, um Eindruck zu schinden, und letztlich, um auch zu zeigen, welch tolle Arbeit an unserem Institut gemacht wird.
Da das Poster meinem Vorgesetzten gehörte, durfte ich ihm natürlich kein Leid zufügen.
Ich schwor mir aber, dieses Plakat, sollte ich einst dazu befugt sein, umgehend zu entfernen, un die Vernichtung dieses Satzes zu zelebrieren.
Die Zeiten haben sich geändert, ich arbeite mittlerweile seit fast 25 Jahren an besagtem Institut und auch unsere soziale humanistische und pädagogische Ausrichtung hat sich diesbezüglich zum Positiven hin entwickelt, so dass ich vor einigen Jahren die Zerstörung dieses Plakates feierte.
„Blinder, Lebe, als könntest Du sehen“,
„Lahmer, lebe, als köntest Du gehen“,
„Tauber, lebe, als könntest Du hören“
Man merkt hier die Absurdität, die in derlei Sätzen steckt. Es geht schlicht und einfach nicht.
Dennoch. Mein Alltag ist stets der Versuch, zwar nicht so, wie ein Sehender zu leben, aber mich in deren Welt zurecht zu finden und zu bestehen.
Das ist zuweilen recht anstrengend.
Hier soll es aber nicht darum gehen, was Schwierigkeiten bereitet, sondern darum, dass ich es wichtig finde, dass ich ein Mal im Jahr Urlaub von der Blindheit oder der Welt der Sehenden nehme,.
indem ich mich an einem für uns geeigneten Ort mit blinden Menschen treffe.
Der Weg dort hin, also bis ich mich dazu durchringen konnte, war lang.
Mein Weg
Blind unter Sehenden
Als blinder Student unter sehenden Studierenden war es zwar nicht üblich, die Zugehörigkeit zur Gruppe derer, die nicht sehen können, zu verleugnen, aber trotzdem war es mir immer ein Bedürfnis, mich in irgend einer Weise von dieser Gruppe abzugrenzen.
Ich wollte nicht zu jenen gehören, die beispielsweise dauernd mit dem Vorurteil belegt werden, neben der körperlichen auch eine geistige Einschränkung zu haben. Ich war beleidigt, wenn mich jemand fragte, ob ich auch in der Werkstadt XY für Menschen mit Behinderung arbeite. Ich hätte mir mein Abiturzeugnis am liebsten an die Stirne geheftet.
Es war sehr schick, zu den „Top-Blinden“ zu gehören.
Das Phänomen, dass Sehende zunächst irritiert sind und sich nicht trauen, jemanden mit Behinderung, insbesondere blinde Menschen ohne Augenkontakt, anzusprechen, oder dass sich Sehende zunächst mit einer Frage in der dritten Person „Will er etwas trinken?“ an die Begleitperson wenden, oder dass der Mediziner glaubt, durch möglichst lautes Sprechen die Kommunikation zu verbessern, hat nichts mit Dummheit oder Unsensibilität zu tun. Es ist ein psychologischer Mechanismus, dem auch ich, der es eigentlich besser wissen sollte, zuweilen dann unterliege, wenn mir ein Mensch mit einer Einschränkung, beispielsweise mit eingeschränkter Sprachfähigkeit, begegnet. Dies als Trost für uns alle, dass selbst Betroffene eventuell nicht davon frei sind, sobald es sich um eine uns fremde und unbekannte Einschränkung handelt. Dennoch wäre ein hehres Ziel, einen Schalter in unseren Köpfen umlegen zu können, der uns frei macht von derartigen Vorurteilen. Seien wir uns alle dieser Fehler bewusst und betrachten wir jeden Schnitzer in dieser Beziehung als Neuanfang.
Blind unter Blinden
Ein blinder Freund warnte mich davor, mich zu sehr der Gruppe der Sehenden anzuschließen, und meinte, dass ich eines Tages noch froh sein würde, ein Refugium zu finden, in dem ich meine Blindheit ausleben dürfe. Er überredete mich, mit ihm zusammen einen Spezialurlaub für Menschen mit Blindheit zu machen. Und da tat sich mir wirklich eine neue Welt auf. Ich merkte, wie anstrengend mein Leben dadurch war, dass ich meinen sehenden Mitmenschen hinterherhechelte. Ich merkte, wie mir die ganzen Jahre die Gespräche unter Blinden, die thematisch oft anders gelagert sind als die mit Sehenden, so sehr fehlten. Sprechen Blinde über Kinofilme, wird kaum über Schauspieler geredet. Den Film erleben wir als ein Hörspiel, bestehend aus der Filmmusik, den Hintergrundgeräuschen, den Stimmen der Synchronsprecher und seit einigen Jahren mehr und mehr der Audiodeskription. Hierbei handelt es sich um Zusatzerklärungen die das erläutern, was für blinde Menschen im Film nicht hörbar ist, z. B. ein entscheidender Blickkontakt, eine wichtige Geste oder eine Beschreibung einer Umgebung. Diese Audiodeskriptionen werden zwischen die gesprochenen Passagen des Films gepackt und können entweder über einen separaten Tonkanal oder über ein Smartphone mit Knopf im Ohr abgehört werden. Manche Menschen mit Blindheit sprechen auch eher über Hörspiele und Radio, über Geräusche und Musik. Einige binden viele Geräusche in ihre Sprache ein und lieben es, Stimmen naturgetreu nachzuahmen.
Ich merkte, wie wohltuend es war, in dieser Umgebung auch mal blind sein zu dürfen. Ja, es war kein Problem, mir hin und wieder ein Brot schmieren oder das Hähnchen vom Knochen schneiden zu lassen. An diesem Ort durfte ich mir bei derartigen Dingen gerne helfen lassen und musste mir oder anderen nichts beweisen.
Kommen wir nun also zu Einzelheiten:
Was ist bei so einem Urlaub anders:
Die Anreise
Die Meisten dieser Urlaubshäuser für blinde Menschen verfügen über einen kleinen Fuhrpark. Somit kann man sich direkt vom Haus am Zielbahnhof abholen lassen, ohne, dass lästige Taxikosten anfallen, der Taxifahrer nicht weiß, wo man hin möchte, oder… Schon hier merke ich, dass das Personal geschult ist, so dass die Anreise barrierefrei abläuft.
Schon im Vorfeld stimmt man die An- und Abreise so mit dem Haus ab, dass es für das Personal möglichst effizient abläuft, z. B. das mehrere Personen gleichzeitig abgeholt werden können. Das bedeutet manchmal warten, ist aber kein Problem, weil jeder von uns weiß, wie wichtig eine gute Reise und eine Abholung für uns ist, und somit viel Verständnis und Geduld für den Mitbetroffenen aufbringt.
Die Ankunft
Im Haus angekommen, finde ich am Boden Leitlinien, Punktschrift an Zimmertüren, Treppen und Einrichtungen. Der Aufzug spricht mit mir und alle Stockwerke sind taktil beschriftet.
Im Zimmer liegen alle Informationsschriften auch in Blindenschrift aus. Speisepläne sind entweder über das Telefon akustisch, als Aushang in Blindenschrift oder online zugänglich.
Das gilt auch für sonstige Listen, oder den Ausflugsplan.
Abenteuer Essen und Trinken
Beim Essen steht Personal am Buffet zur Verfügung, das Essen wird direkt zum Tisch gebracht und ich werde darüber im Uhrzeigersinn aufgeklärt, was sich wo auf meinem Teller befindet, z. B. „Fleisch von 9 – 11 Uhr, Erbsen zwischen 5 und 6 Uhr“… In manchen Blindenhäusern, gibt es überhaupt kein Buffet. Es gibt zu Mittag eine Menüauswahl, meist ein vegetarisches und ein anderes. Für das Frühstück legt man sich vorher schon fest, was man ungefähr möchte, damit einem das Personal das schon am Platz richten kann, und zu Abend gibt es in dem Fall auch für alle dasselbe Abendbrot.
Zugegeben. Das ist auch für mich manchmal etwas unflexibel und eingeschränkt. Das nervt besonders dann, wenn es mal etwas gibt, das man nicht so mag. Es ist aber möglich, um Ersatz zu bitten.
Ich habe dann halt keine unerschöpfliche Auswahl, wie an einem Buffet in einem Hotel. Das will ich aber u. U. gar nicht. Mich strengt es unheimlich an, wenn meine Begleitung mir erst mal eine halbe Stunde erklärt, was es gibt, und ich weiß, dass das für sehende Begleitpersonen auch so ist.
Was den Ablauf des Essens betrifft, so kann ich mir ganz entspannt, mal ein Fleisch schneiden, das Hähnchen entbeinen, den Fisch filetieren oder einfach mal ein Brot schmieren lassen und ein Getränk wird mir eingeschenkt, wenn ich das möchte.. Vieles von dem, was ich hier aufgezählt habe, kann ich natürlich selbst. Dennoch. Ich finde schön und gesellschaftskonform zu essen manchmal nicht so einfach. Eine Pizza z. B., die größer als der Teller ist, lasse ich mir grundsätzlich in der Küche schneiden, weil sonst die Katastrophe ihren Lauf nehmen würde.
Aber das ist es halt. In meinem Urlaub ist das normal. In anderen Lokalen muss ich es erst erbitten. Meist erfahre ich hier große Hilfsbereitschaft. Aber, es passiert schon mal, dass es vergessen wird, der Kelner dann mit meinem Essen nochmal davon rennen muss, was ja irgendwie auch wieder doof aussieht und Blicke auf sich zieht, oder manchmal ist das Personal überlastet. Ein einziges Mal hat mir das ein Kelner mal ehrlich so kommuniziert…
Normalerweise muss ich mir die Hilfe erbitten. In meinem Refugium wird mir die Hilfe mit viel Verständnis und Empathie angeboten und ich entscheide alles selbst.
Und wenn wir schon bei Kelnern sind. Vor allem dann, wenn es in einem Lokal sehr laut ist, habe ich keine Chance, ohne sehende Hilfe etwas zu erlangen, das meine durstige Kehle benetzen könnte. Ich höre die Bedienung nicht. Ich kann mit ihr keine Zeichensprache oder Augenkontakt führen. Ich kann doch auch nicht, wie ein Proll durch das ganze Lokal schreien… Und, wenn dann noch eine Fremdsprache, z. B. im Ausland oder eine andere Kultur dazu kommt, wird die Bestellung eines Getränkes eine schier unlösbare Aufgabe, ein Stressfaktor und nervt einfach nur.
Hier, in meinem Blindenhaus, werde ich gefragt, ob ich noch etwas möchte. Wenn man am Ort dann schon etwas bekannter ist, merkt sich das Personal sogar, was man so für Vorzüge und Vorlieben hat.
Das gibt es aber manchmal in Stammkneipen auch, was ich als sehr angenehm empfinde.
Orientierung und Mobilität
Sollte ich mich einmal auf der Hotelanlage verlaufen, muss ich mich hier nicht mit zwar wohlgemeinten Erklärungen, wie „Sie müssen dort lang“… herumplagen. Entweder ich bekomme eine Erklärung, die ich verstehe, oder werde hin geführt, bzw. wieder auf den richtigen Weg gebracht.
Gaffer
Man wird am Pool, in der Bar oder am Stand nicht angegafft, wenn man sich mal ohne seine Begleitperson alleine dort hin wagt, weil diese mit einem anderen Gast einen Shopping-Nachmittag macht, den blinden Mann daheim läßst, und möglicherweise nur seine Kreditkarte mitgenommen hat. Darüber zerreißen sich Gäste durchaus das Maul, und stellen die wildesten spekulationen an.
Dass ich aber Shopping unerträglich finde, dass es mir alleine mit meinem Hörbuch, meinem Bierchen oder Kaffee ganz hervorragend geht, können viele sich überhaupt nicht vorstellen.
Ausflüge
Was Ausflüge und andere Unternehmungen betrifft, so ist das in dem Haus, das ich besuche schon so, dass der Urlaub in dieser Hinsicht etwas erlebnisärmer sein könnte, wie sich das Sehende vielleicht so vorstellen,, wenn man ihn mit einer sehenden Reisegruppe etc. erlebt.
Das liegt daran, dass die personellen Ressourcen der Häuser auch begrenzt sind, und hier auch der Sparzwang und die Wirtschaftlichkeit in immer verherender Weise um sich greifen. Viele Blindenhäuser sind mittlerweile geschlossen. Somit muss man immer einen Kompromiss finden, was man miteinander unternehmen kann, dass alle auf ihre Kosten kommen. Das bedeutet halt dann auch mal, dass man seine Wünsche zugunsten des Restes der Gruppe zurückstellen muss.
Wenn ich beispielsweise Gleitschirmfliegen möchte, dann können die anderen nur irgendwie dort, wo der Flugplatz ist, wandern oder Kaffeetrinken gehen, weil der Kleinbus warten muss, bis ich wieder gelandet bin, was mit Seilbahnfahrt Start, Flug und Landung einen ganzen Nachmittag benötigt.
Das bekommt man aber in der Regel ganz gut hin. Ich habe noch keinen Streit deswegen erlebt. Jeder von uns weiß, dass die Welt eines Blinden oft eine Welt der Ungeduld und des wartens ist, weil wir oft nicht sehen, was sich in unserer Umgebung tut, und somit keinen Reiz empfangen.
Oft bieten diese Häuser auch Themenwochen, wie Wandern, Langlauf, Tandem, Basteln etc. an, aber das liegt mir nicht so, eine Woche lang jeden Tag dasselbe zu machen.
Was blinde Menschen im Urlaub so wollen
Wir erleben häufig den Urlaub viel stärker in der Gemeinschaft. Wir wollen überhaupt nicht allen Sehenswürdigkeiten hinterher rennen. Ein vertrauter Spazierweg, selbstständig den Pool benutzen, sich ohne sehende Hilfe in der Bar etwas bestellen, aber auch am Abend musizieren und ein sehr kommunikatives geselliges Leben führen, wie ich das so unter sehenden nur extrem selten erlebe, das ist unser Urlaub. Auch einfach mal ein Hörbuch auf dem Balkon hören, gehört dazu. Natürlich kommen auch Highlights, wie mein vorhin erwähnter Gleitschirmflug vor.
Und nun kommen wir zu dem Punkt, der vermutlich das wertvollste an einem Spezialurlaub für Blinde ist, und wofür man eventuell bereit ist, gewisse Abstriche zu machen.
Das Miteinander
Was ich meine, ist der Umgang, ist die Art der Kommunikation untereinander und die Themen, über welche wir blinden Menschen miteinander sprechen. Außerdem ist es das wohltuende Gefühl, sich auch über die Einschränkung auszutauschen.
Wir sprechen viel über Radio, Hilfsmittel und Apps.
Wir musizieren zusammen, als hätten wir das schon immer getan. Da entstehen spontan und ohne Probe vierstimmige Chorsätze. So musikalisch improvisieren konnte ich bisher nur mit sehr wenigen sehenden Musikern. Entweder sie brauchen Noten, oder müssen Dinge erst üben, die blinde Musiker frei von der Leber weg spielen. Wenn gemeinsam gesungen werden soll, und die Tonart muss transponiert werden, dass jeder mitsingen kann, so passiert das bei blinden Gitarristen, Pianisten oder Akkordeonspielern ganz automatisch…
Bemerkenswert ist die Vielfalt der Personen, die sich in diesen häusern trifft. Vom Menschen, die in einer beschützenden Werkstatt für Behinderte arbeiten, bis hin zum blinden Universitätsprofessor ist alles dabei, und wir finden eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Themen und lachen gemeinsam…
Epilog
Ich mache meinen Spezialurlaub nicht, um ungestört, weil die anderen es nicht sehen, „in der Nase bohren zu können.“ Das hören blinde Menschen übrigens… Ich mache das, weil es mir viel Kraft gibt.
Weil es gut tut und richtig ist, dass ich mich auch mal in meiner Gruppe, in meiner Blindenwelt etc. bewege.
Ich tue es, um dann wieder mit neuer Kraft mich in unserer gemeinsamen Welt, der Welt der Sehenden,
zurecht zu finden, auszutauschen unddamit Brücken der Liebe, von Verständnis und Empathie geschlagen werden, die unsere Welten verbinden.
Mich beängstigt tatsächlich, wenn mehr und mehr unserer Häuser schließen, denn wo soll man ohne diese eine der Beeinträchtigung angemessenen Urlaub machen. Solche Häuser besitzen einen Wert, der sich nicht mit Kapital und Wirtschaftlichkeit messen lässt.
heute geht es mal in Blindnerd nicht um Astronomie.
Ein wunderbares Ereignis, siehe später, trieb mich dazu, heute mal die Astronomie links liegen zu lassen und hierüber zu schreiben:
Es geht um eine Quelle des Wissens, aus der ich vermutlich mehr schöpfe, als aus Büchern und erst recht, aus Fernsehen. Zeitungen sind für mich sowieso schwer zugänglich.
Es geht um Podcasts. Podcasts sind themenbezogene Sendereihen, bei denen mehr oder weniger regelmäßig neue Folgen oder Episoden erscheinen. Diese Sendungen sind meist Audio, manchmal auch Video. Interessiert man sich für eine Sendereihe, so abonniert man sich den Podcast mit einem geeigneten Podcatcher. Ich nutze für mein Iphone zum mobilen Hören von Podcasts den Podcatcher von Apple, den es im Appstore kostenlos zum Download gibt. Für Windows ist
Es gibt auch einen Podcatcher „Accessible Podcatcher“,
der speziell für unsere Bedürfnisse entwickelt worden ist.
Itunes, Firefox, Edge, Internetexplorer sind Programme, mit denen das auch geht. Das mag ich aber persönlich dafür nicht, weil diese Programme mit allem möglichen anderen Kram überladen und dadurch schwerer und umständlicher zu bedienen sind, finde ich zumindest…
Wie bei einem Newsletter, wird man dann, wenn man den sog. Podcast-Feed abonniert hat, stets informiert, wenn zu einem abonnierten Podcast eine neue Sendung veröffentlicht wurde. Die Feeds findet man auf den jeweiligen Internetseiten der Podcasts, denn jeder Podcast hat eine Seite.
Podcasts werden meist von Shownotes begleitet. Wie das Wort Notes schon sagt, handelt es sich hier um Notizen, die teilweise erst während der Show, aufgrund deren Verlaufes, entstehen. Meist enthalten die Shownotes auch noch Links, die die Inhalte der Folge vertiefen.
Die Shownotes parallel zum Podcast ansehen, geht für uns eher schwierig, weil wir dann den Podcast und die Sprachausgabe hören. Das muss auch gar nicht sein. Ich denke mal, dass weit über 90 % aller Podcasts mobil angehört werden. Die Shownotes sind für danach gedacht.
Und das führt uns zu einem ganz wesentlichen Vorteil von Podcasts gegenüber Fernsehsendungen. Podcast sind grundsätzlich so gestaltet, sofern keine Video-Podcasts, dass sie ohne Bilder auskommen müssen. Insbesondere bei technischen oder Wissenschaftspodcasts bedeutet das, dass alle Details so erklärt werden müssen, dass die Zuhörer sich etwas darunter vorstellen können. Für blinde Menschen ist das natürlich super, denn in vielen anderen wissenschaftlichen Sendungen oder Publikationen, werden die Inhalte visuell so angereichert, dass gesprochene Erklärungen oft sichtbaren Animationen weichen.
Alleine schon von der Themenvielfalt her, übertreffen Podcasts mengenmäßig alles, was uns blinden an Wissen und Bildung in Punktschrift, Hörbuch oder elektronisch zur Verfügung steht. Da es mittlerweile auch viele Radiosendungen zu unterschiedlichen Themen als Podcast zum Herunterladen gibt, kann man die Sendungen dann hören, wenn man Zeit dazu hat. Man muss nichts mehr verpassen, oder Geräte für die Aufnahme programmieren.
Gegenüber Radiosendungen haben Audiopodcasts noch weitere Vorteile. Es sind keine Radiosendungen, die in einem gesteckten Rahmen zwischen Musik, Werbeblöcken und Nachrichten, z. B. einen Interviewpartner zielgerichtet und knapp interviewen. Sie müssen auch nicht die große Masse erreichen, somit ist irgendwie alles erlaubt, was Zuhörer findet.
Podcasts sind keine Interviews. Sie sind eher Gespräche über Themen. Die können auch mal etwas abschweifen, der Gast im Podcast kann unerwartete Dinge zum Podcastleiter sagen und vieles mehr.
Ich denke, ich erkläre jetzt mal an einigen Beispielen, weshalb Podcasts für mich der Brunnen zu Wissen und Bildung schlecht hin geworden sind.
Zu Podcasts kam ich vor mindestens zehn Jahren, eher mehr durch ein Projekt, das sich Klango nannte. Klango sollte ein soziales Netzwerk für blinde Menschen werden. Neben Chatten, Posten und Mail, war die Software ein guter Podcatcher. Mit Podcasts über Hilfsmittel bin ich schließlich eingestiegen. Da gibt es blinde Menschen, die life am Rechner eine gute Homebanking-Software vorstellen. Die Zuhörer hören seine erklärende Stimme und hören auch die Sprachausgabe seines Computers. So kann man alle Schritte der Bedienung lernen, am eigenen Rechner nachvollziehen. Das ist somit eine hervorragende Art online Lernangebote anzubieten.
Viele Apps auf meinem Smartphone habe ich über Podcasts kennen und bedienen gelernt, weil blinde Menschen das aufgenommen und veröffentlicht haben.
Nach und nach, fing ich auch an, immer mehr Radiosendungen und wissenschaftliche Podcasts zu hören.
Mein erster Podcast zu Astronomie und Weltraum ist wirklich ein Juwel. Ich giere jeder neuen Folge entgegen. Es ist der Podcast @Raumzeit von Tim Pritlove.
Tim Pritlove besucht häufig Gesprechspartner, die im Umfeld von Astronomie und Raumfahrt tätig sind. Es ist so unglaublich interessant, die Experten selbst zu hören. In einer seiner ersten Folgen war der erste DDR-Kosmonaut, Sigmund Jähn, Gast bei Tim. Ich finde, das ist viel besser, als lesen. Ich hörte die Stimme eines Astronauten und vernahm, was er erlebte aus seinem eigenen Mund und nicht aus einem Buch, dass entweder er oder jemand anderes über ihn geschrieben hat.
Nichts gegen Bücher. Ich lese und höre sehr viele. Aber für Hörmenschen, wie mich, ist Originalton eine wunderbare Sache, weil Fotos halt nun mal weg fallen.
In Folge 30 hatte er einen Experten zur vergangenen Cassini-Huygens-Mission geladen. Das Highlight in dieser Folge war das Geräusch, als die Sonde Huygens durch die dicke Atmosphäre des Mondes Titan, abstieg. Sie hatte ein Mikrofon dabei, weil man sich erhoffte, Gewittertätigkeit zu hören. Dieses vernahm man nicht, aber den Fahrtwind der durch den Fall der Sonde, entstand.
Ich schrieb ausführlich darüber in „Blind zu den Sternen“, meinem Buch.
Über viele Sonden und Weltraummissionen hätte ich vermutlich ohne diesen Podcast nie etwas erfahren. Sicher fließt in meine Artikel sehr viel Wissen ein, das ich mir aus Podcasts einverleibte und nicht mehr weiß, woher ich es weiß.
Ein weiteres Highlight und Muss für alle, die nur im Ansatz etwas technikbegeistert und nerdig sind, ist der @omegataupodcast
Die beiden Macher dieses Podcasts reisen quasi um die ganze Erde, um Spezialisten zu allen möglichen Themen zu finden. Da geht es mal um den A380, um ein großes Schiff, um österreichische Seilbahnen und Wasserkraftwerke, aber dann geht es auch um Wirtschaft, Technikfolgeabschätzung oder biologische Themen.
Ob Deutsche oder Englische Folge; ganz egal. die beiden, die den Podcast machen, verstehen es, jedes Detail aus dem Gegenstand herauszukitzeln. Da wird jedes Hebelchen und Knöpfchen am Cokpit des Flugzeuges erklärt. Da erfährt man alles über die Funktionsweise. Da hört man im Hintergrund, wie es in einem Stahlwerk klingt und ist ganz nah mit dabei. In folge 1 dieses Podcasts wird ein kompletter Segelflug, den der Macher, Markus selbst fliegt, komplett vom Start bis zur Landung mit Motorgeräusch, Wind, Funkverkehr, Wario und seinen Erklärungen, aufgezeichnet. Da ich selbst gerne segelfliege, natürlich nur mit sehendem Piloten, spürte ich mit der Zeit beim hören den Segelflieger in meinem Körper. Ich saß auf meinem Gitarrenstuhl, hatte quasi den Knüppel in Händen. Irgendwann stellte ich mir dann noch zwei Pedale von Gitarren-Effektgeräten vor meine Füße. Dann war das Erlebnis perfekt.
Gerade in technischen Dingen habe ich unheimlich viel von diesem Podcast mir vorzustellen gelernt. Ich kann wirklich inhaltlich mitreden, wenn es jetzt um Windräder geht, weiß anschaulich, wie Segelflugzeuge aufgebaut sind, habe verstanden, dass Stahlblechband schneller aus der Walze kommt, wie es hinein geht, weil es zwischen den Walzen zwar dünner, aber auch länger wird. So könnte ich Beispiel um Beispiel anfügen, was ich durch diesen Podcast lernen durfte. Das ist ganz besonders für uns blinde Menschen so wichtig, dass wir gute Erklärungen bekommen, was in diesem Podcast immer gegeben ist.
Ein von der Machart her ganz anderer Podcast ist der @minkorrekt (Methodisch Inkorrekt). http://minkorrekt.de/.
Er wird von immer denselben beiden Physikern gehalten. Hier wird in der Regel kein Gast eingeladen.
Dieser Podcast besteht aus mehreren Elementen. Im Kern dieses Podcasts versucht jeder der beiden Macher jeweils zwei wissenschafftliche Paper (Veröffentlichungen) so zu erklären, dass die Menschheit sie versteht. Über Sinn und Unsinn verschiedener Themen und Ergebnisse wird dann auch gesprochen, gescherzt und gelacht. Dieser Kern wird umrahmt von einem physikalischen Experiment der Woche, das man in der Regel im Haushalt nachmachen kann, ein Bier der Woche wird getrunken, dann Nerd-Musik und ein China-Gadget vorgestellt. dann wird viel über den wissenschaftlichen Alltag berichtet. Dieser Podcast ist sehr humoristisch. Die beiden lachen viel und sind unheimlich ansteckend. Und trotzdem lernt und erfährt man hammer viel, ohne, dass man etwas davon merkt.
Hier ist halt die Stärke, dass der eine dem anderen alles erklären muss und dadurch versteht auch die Welt draußen ohne Bild, was gemeint ist. Wie praktisch für uns Blinde.
In einem anderen Podcast, den ich höre @zeitsprung, erzählen sich jede Woche zwei Historiker spannende Geschichten aus der Geschichte.
Hier lerne ich Geschichte, wo die Zusammenhänge und weniger die Jahreszahlen wichtig sind.
„Astrodicticum Simplex“ ist der Podcast des Astronoms, Buchautors und Science Busters, Florian Freistetter. Er erzählt uns wöchentlich eine etwa zehnminütige Geschichte, wie ein Teil des Universums funktioniert.
Und langsam steuern wir auf den Auslöser dieses Artikels über Podcasts zu.
Momentan ist ein aktuelles Highlight, der Shooting Star am astronomischen Podcasthimmel sicher @aufdistanz. @sustickle hat es mit Hilfe eines Croud-Fundings geschafft, den Start von Alexander Gerst am 06.06.2018 life in Baikonur mit zu erleben. Er war mit Kollegen mit einem Reiseveranstalter sechs Tage dort und podcastete jeden Abend über seine Erlebnisse. Er nahm sogar mit einem Mikrofon das Geräusch auf, als die Rakete startete. Das machte extrem Gänsehaut.Hier kommt eine weitere Stärke von Podcasts ins Spiel, die es in diesem Umfang in vorproduzierten Radiosendungen selten gibt. Man hört Emotionen und Zwischentöne und fehlende Worte. Die Rührung mit der hier erzählt wird, wie @Astroalex von einer Frau Abschied nimmt, indem sie ihre Hand von außen an die Scheibe des Busses legt in dem er sitzt und er legt seine raumanzugbehandschuhte Hand von innen dagegen, ist so spürbar, dass man auch etwas Pippi in die Augen bekommt.
Als in der vorletzten Folge des Unterpodcasts von @aufdistanz, @aufdistanzgoesbaikonur, dann die drei Abschied voneinander nehmen müssen, bleiben die Tränen nicht aus. Wenn man sich nach so einem starken Erlebnis voneinander trennen muss, dann überwältigen einem die Gefühle.
Aber das ist es nicht alleine.
Durch diese täglichen Reisepodcasts hat @susticle und seine zwei Mitpodcaster mir als blinden Menschen so viel Astronomie und Weltall geschenkt, dass ich bis heute noch immer keine Worte dafür finde. Ob es der russische Pragmatismus, der Dualismus, dass eine Hightech-Rakete in einem Gebäude mit halb eingestürztem Dach aufbewahrt wird, ob die Aufrichtungder Rakete, der Start und alles andere wird einfach so frei erzählt, als säßen die drei in meinem Wohnzimmer. Mir gefällt dann auch immer, wenn mal etwas im Podcast unklar ist. Es gab Diskusion darüber, wie denn die Rakete mittels eines dicken Stempels genau, aufgerichtet wurde. Alle, auch ich, fragten uns, wo denn diese Vorrichtung denn plötzlich her gekommen sein könnte.
Ich vermutete für mich, dass diese Hebevorrichtung Teil des Zugvagons ist, auf dem die Rakete lag. Die drei kamen, was mich sehr freute, zur gleichen Vermutung. OK, wir wissen es noch immer nicht genau, aber das ist eben auch Podcast. Mitdenken, miträtseln, knobeln und Anteilnehmen.
In all dem, was die hier an Erlebnissen mit uns geteilt haben, ist so viel drin, das… wie schon gesagt, die Worte fehlen.
Ich höre noch zahlreiche andere Podcasts zu Astronomie, Wissenschaft und Technik, aber auch zu Politik und anderen Sozialthemen. Ich kann hier jetzt nicht alle aufzählen. Mir ist wichtig, dass hier das Potential rüberkommt, das Podcasts insbesondere für Menschen mit „Print Disabillity“, eine Einschränkung im Umgang mit Druckmaterialien, bieten. Ganz absichtlich führe ich hier den Begriff der „Print Disabillity“ ein und schreibe nicht „Blinde“. Indem ich das tue, schließe ich auch noch andere Einschränkungen mit ein, z. B. Dyslexie und viele mehr.
Zum dritten Mal in diesem Artikel schreibe ich jetzt, dass ich aus Podcasts mittlerweile einen großen Anteil meines Astronomie-Wissens schöpfe.
Ich bin so dankbar, dass es Podcasts gibt. Ohne sie hätte ich zu so vielen Dingen keinen richtig guten Zugang.
Und was auch super spannend ist. Ich kenne mittlerweile manche der Podcaster persönlich. Es lohnt sich wirklich, mal zu einem Hörertreffen zu gehen, wenn grad mal der Lieblings-Podcaster in der Gegend ist.
Und das nur am Rande. Ich würde selbst auch gerne einen Podcast führen. Bisher suche ich noch nach einem geeigneten Format, das ich mit meiner eingeschränkten Mobilität selbstständig durchziehen kann. Ich kann nicht zu Gesprächspartnern dauernd in fremde Städte ohne Begleitperson fahren und nur Skype-Podcasten ist für mich keine Option und einen Podcast in welchem ich nur monologisiere, kommt nicht in Frage. Somit ist mein Blog quasi mein Kompromiss zu meinem Podcastwunsch. Nicht minder hängt mein Herz und meine Seele an diesem Blog.
Vielleicht ergibt sich ja mal was.
Ach ja, ganz zum Schluss noch eine kleine Kehrseite von Podcasts.
1) Sie machen süchtig.
2) Sie sind leider auch ein Zeitfresser, aber auch ein Wartehelfer.
3) Über Podcasts kommt man leicht in eine Filterblase. Das geht allerdings ohne auch.
So, das ist mal meine Geschichte, wie wichtig Podcasts für mich in meinem Leben geworden sind.
Immer und immer wieder postuliere ich, dass ich die Astronomie für eine der inklusivsten Disziplinen und Hobbys halte, weil es so viel Zugänge zu ihr gibt.
Mit „Das Ohr am Teleskop“ zeigte ich einen akustischen Teilaspekt.
Heute möchte ich ein Erlebnis mit euch teilen, das ich gestern im Rahmen einer Sportveranstaltung machen durfte.
In diesem Semester läuft für Studierende des Faches Sport ein Seminar „Kleine Spiele“. Hierfür müssen die Teilnehmenden entweder alleine oder zu zweit eine inklusive Sportstunde zu verschiedenen Themen ausarbeiten, durchführen und evaluieren.
Diese Stunden laufen unter dem Motto „Inklusiv mobil, bei Studium Sport und spiel“.
Gestern hielt ein Student eine Stunde über das Thema „Soziale Kompetenz verbessern, Teamwork“ ab.
Der hatte so eine unglaublich faszinierende Idee. Er hängte seine Stunde an der Geschichte auf, dass wir auf dem Mars hawariert wären. Es galt nun, eine Marslandschaft zu überqueren, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die nur gemeinsam lösbar waren.
Erschwert wurde das ganze noch dadurch, dass jeder unterschiedlich verletzt war. OK, ich bin sowieso blind. Anderen wurden die Ohren verstopft, dass sie quasi taub waren, wieder andere wurden so getapet, dass sie Arme, Beine oder beides nicht nutzen konnten.
Es gab auch stumme Astronauten.
Wir hatten auch eine echte Rollstuhlfahrerin dabei.
Mit all diesen Randbedingungen mussten wir nun als Team oder in kleineren Grüppchen zurecht kommen, die Marslandschaft durchqueren, Bodenproben nehmen und unser Mutterschiff wieder finden.
Die Landschaft bestand aus einem Parcours aus Sportgeräten und Stationen, der überwunden werden musste. Da bis auf zwei Teilnehmende alle entweder reell oder für das Spiel eine Behinderung hatten, ergaben sich ganz interessante Kommunikations-Probleme.
Da stand ich beispielsweise vor einer über zwei Böcke gelegten Weichbodenmatte. Ich fragte, was ich hier machen soll. Das Problem war, dass mein Partner nicht sprechen konnte. Er versuchte mich dann zu Boden zu drücken, um mir zu zeigen, dass es sich hier um einen Tunnel handelt, durch den man kriechen soll.
Jemand, dessen Füße und Hände beeinträchtigt waren, musste man z. B. hinter sich her ziehen.
Da wollten mich Sehende manchmal mit den Worten „Da“ und „dort“, natürlich von Handgesten begleitet, irgendwo hin dirigieren. Das geht natürlich nicht. „Da ist ein Platz frei.“ bekomme ich oft in der Bahn zu hören. Auf die Frage „Wo denn?“ heißt es oft „Ja, dort“, oder „ne, da nicht“, oder „da drüben“.
Dann kommt natürlich auch immer das Links-Rechts-Problem mit der Perspektive, oder einfach nur dem anderen Links ins Spiel.
Eine für mich auch sehr spannende Aufgabe war, ein Notsignal zu senden. Das lief so ab, dass jemand sehendes einen Zettel mit einem Wort erhielt. jetzt musste man das Wort so durch die Gruppe reichen, dass es von allen Teilnehmenden mit künstlicher oder echter sensorischer Behinderung aufgenommen und weitergegeben werden konnte.
Wir einigten uns darauf, es mit Schreiben auf den Rücken des Vordermannes zu versuchen.
klingt einfacher, als es ist. Die Schrift der Sehenden ist nicht die meine. Es ist nicht selbstverständlich, das vor allem geburtsblinde Menschen wie ich, die Druckschrift oder gar die Schreibschrift kennen. Da ich, obwohl ich medizinisch immer als blind galt, früher noch einen kleinen Sehrest hatte, kenne ich zumindest die Druckbuchstaben. Ich las früher sehr langsam mittels eines Kamera-Fernsehlesegerätes. Fernseh stimmt exakt, denn die alten Dinger wurden tatsächlich aus Fernsehern hergestellt. Meines hatte sogar noch sein Lautsprechergitter.
Trotzdem schlug ich intuitiv vor, dass man doch die Buchstaben den Zahlen zuordnen soll, die deren Position im Alphabet entsprechen.
A=1, E=5, R=18, etc.
Ich schlug eine einfache Klopfsprache vor. Wie gesagt, einigten wir uns schließlich auf große Druckbuchstaben. Als dann die Auflösung kam, merkte ich, dass ich das Wort meines Vorgängers das er auf meinen Rücken schrieb, richtig aufgenommen hatte und es offensichtlich auch so malen konnte, dass mein Nachfolger es verstand. Handschrift ist nun wirklich nicht meins. Meine Unterschrift sieht immer anders aus und nie gleich. Mich nervt immer extrem, wenn ich wo unterschreiben soll. Da muss man sich auf dem Blatt von jemandem unbekannten so führen lassen, dass der Stift an der richtigen Stelle beginnt. Manche dirigieren einem auch verbal über das Blatt. Einfach nervig, egal wie.
Aber, dass ich leserlich Druckschrift schreiben kann, hätte ich nicht gedacht.
Auch der Rollstuhl musste samt Fahrerin über manche Hindernisse getragen werden, oder die Rollstuhlfahrerin musste ihn verlassen, um krabbelnd unter einer Barriere hindurch zu kommen.
Mir machte die Ballanzierübung die meiste Mühe, weil ich als geburtsblinder Mensch das Gleichgewicht nicht so gut halten kann, als jemand, der sieht. Das können Sie leicht nachvollziehen. Versuchen Sie mal mit geschlossenen Augen auf ein Bein zu stehen. Das geht deutlich schwerer, als mit geöffneten Augen.
Bei einer Übung mussten wir immer enger zusammenrücken, weil die aus Matten bestehende Scholle, auf welcher wir offenbar Schutz gesucht hatten, Stück für Stück zusammenbrach, so dass immer weniger Platz für alle übrig blieb. Bei der Übung mit der brechenden Scholle fiel mir der Roman von Jules Vernes „Im Land der Pelze“ ein. Darin befindet sich eine Gruppe zum Zeitpunkt einer totalen Sonnenfinsternis auf dem arktischen Eis. Diese Finsternis sollte eigentlich total sein, wurde aber nur partiell wahrgenommen, weil die Eisscholle sich unbemerkt ihrer Bewohner vom Festland gelöst hatte und aus dem Streifen der Totalität in die südliche Beringsee getrieben war. Der Rest des Romans handelt dann davon, wie die Gruppe sich aus dieser Katastrophe zu befreien versucht.
Zum Schluss mussten wir dann noch Bodenproben transportieren, ohne unsere Hände zu benutzen, die sie verunreinigt hätten.
Ach ja, wer zu lange für eine Übung brauchte, wenn sich beispielsweise die Gruppe nicht organisieren konnte, dann gab es natürlich ein Sauerstoffproblem.
Hier nun zum Schluss noch einige zusammengefasste Punkte, die beim Feedback heraus kamen.
* Die Stunde hat das Ziel, miteinander umzugehen und sozial zu kommunizieren, voll erreicht.
* Der Umgang miteinander wurde als ein sich stetig entwickelnder Prozess wahrgenommen.
* Am Anfang war jeder mit sich, seinem körper und vor allem der künstlichen Einschränkung beschäftigt, dass manche sich zunächst noch nicht so sehr um andere kümmern konnten. Das verbesserte sich zunehmend im Spielverlauf.
* Diese Mars-Geschichte regte auch während der Übungen unheimlich die Phantasie an. Zumindest ich, stellte mir immer irgend etwas vor, ein Krater, eine Eisscholle, einen Sandsturm etc.
* Natürlich mussten meine Partner ertragen, dass ich ihnen dann und wann etwas über den Mars erzählte. Das war dann noch zusätzliche gehaltvolle Kommunikation.
* eine Sportstunde, die die Inklusion dermaßen erfahrbar macht, habe ich noch nie erlebt.
* Ich nehme die Idee unbedingt mit, wenn ich mit Kindern Astronomie-Workshops durchführe.
Wenn meine Sternenkinder Modelle betasten und Helium atmen, dann wieso nicht auch den Olympus Mons besteigen. Dieser Berg ist mit seinen ungefähr 27 km höhe, der höchste Berg des gesamten Sonnensystems.
Vielen Dank an den Macher dieser Stunde. Das war so großartig, dass es absolut wert ist, auf meinem Blog verewigt zu werden.
Das war jetzt mal Astronomie ganz anders. Ich hoffe, dass ich den Eindruck etwas transportieren konnte, den diese außergewöhnliche Sportstunde bei mir hinterließ.
Heute auf den Tag genau, am 18.05.2013, erhielt ich mein erstes astronomisches 3D-Modell. Es war unser Mond.
Außerdem feiere ich in diesem Monat mein fünfjähriges Jubiläum meiner Mitgliedschaft bei der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.
Nicht zuletzt fielen Mitte May vor fünf Jahren die Würfel. Ich entschloss mich, mein Buch zu schreiben.
Lasst mich mit euch Jubiläum feiern.
Hierfür möchte ich euch mal einen kleinen historischen Abriss über diese Entwicklungen geben. Es findet sich auch einer in meinem buch, aber das ist mittlerweile drei Jahre alt und die Sachen haben sich weiter entwickelt.
Also los:
In meiner Schulzeit gab es fast keine Modelle zu Astronomie. Ein taktiler Globus, ein Kurbelmodell für die Jahreszeiten und vielleicht noch eine schematische Darstellung des Sonnensystems in 2D, waren das einzige, woran ich mich erinnern kann. Da ich mich schon immer für Modelle und Karten aller Art interessierte, kann man wohl davon ausgehen, dass ich nichts vergessen habe.
Somit startete ich meine Freizeiten etc. quasi mit leeren Händen, was Modelle betraf.
Einzig eine Spezialfolie, auf welche man taktil malen kann, und eine Magnettafel zur Veranschaulichung von Planetenkonstellationen oder Sternbildern, standen mir taktil zur Verfügung. Da das ausführlich in meinem Buch steht, wie wir damals noch improvisierten, springe ich jetzt mehr als fünfzehn Jahre vorwärts, direkt hin zu den 3D-Modellen.
Wir befinden uns nun im Jahr 2013.
Anfang dieses Jahres 2013 hörte ich entweder in einer Radiosendung, oder in einer Hörausgabe der Spektrum der Wissenschaft von der Deutschen Astronomischen Gesellschaft. Zur DAG
Ich interessierte mich sofort dafür, weil eines der Hauptanliegen der AG es ist, die Astronomie mehr in Schule und Bildung einzubringen. Da dachte ich mir, das will und tue ich ja auch schon seit zwanzig Jahren. Könnte ich mich dort nicht einfach mal um eine Mitgliedschaft bewerben?
Ich hatte ja keine Ahnung, wie dieser Prozess abläuft. Und so schrieb ich einfach eine Initiativ-Bewerbung, in welcher ich meine Arbeit vorstellte und meinen Mitgliedswunsch äußerte. Nun ist das gar nicht so einfach, Mitglied zu werden, wenn man dort niemanden kennt. Man braucht nämlich zwei Mitglieder, die für einen quasi bürgen, also davon überzeugt sind, dass der Anwärter nützlich für die Arbeit der AG sein könnte.
Somit wurde mein Antrag in die nächste Vorstandsitzung eingebracht. Meine Bewerbung stieß auf so großes Interesse, dass sich sofort spontan zwei Professoren fanden, die für mich bürgen wollten. Somit wurde ich das erste, und meines Wissens bis heute das einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen gesellschaft.
Der Zeitpunkt, dort Mitglied zu werden, hätte gar nicht günstiger sein können.
Ich war keine Woche Mitglied, als ich über die AG eine Anfrage rein bekam. Ein Techniklabor aus Alikante in Spanien, http://observatori.uv.es/, wollte mit einer Universität in Lateinamerika, Astronomie für blinde Menschen zugänglich machen. Sie hatten aber niemanden, der sich damit auskannte, und somit wendeten sich die Astronomen an die AG. Wie gesagt, war meine Mitgliedsbescheinigung noch druckwarm, und schon hatte ich eine Aufgabe.
Die Spanier erstellten 3D-Modelle von Erde, Mond, Mars und mittlerweile auch Venus und Merkur. Die Bilder, die nachher zu sehen sind, entsprechen nicht mehr den ersten Modellen. Sie sind überarbeitet und verbessert.
Das Kuriosum war leider, sie hatten keinen 3D-Printer, um die Modelle auszudrucken und mit blinden Menschen zu testen.
Sie suchten gerade Sponsoren dafür.
Bei mir war es umgekehrt. Ich habe Zugriff auf 3D-Drucker, hatte aber keine astronomischen 3D-Dateien, die ich hätte drucken können, und schon gar keine, die speziell taktil aufbereitet gewesen wären.
Zum glück arbeite ich am Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT), http://szs.kit.edu.
Wir haben taktile Drucker zur erstellung tastbarer farbiger Studienmaterialien, und wir haben 3D-Drucker im Einsatz, um Modelle für technische Fächer zu erstellen.
Das ist es aber noch nicht alleine.
Ich habe Vorgesetzte, die meine Arbeit zur Astronomie unterstützen und mit tragen. Somit bekomme ich dann und wann auch mal Druckzeit im Labor, wobei die Studierenden und deren Druckaufträge natürlich immer vorgezogen werden, und die anderen Arbeiten am Institut, die ich zu erledigen habe, gehen immer vor.
Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, an einem anderen Ort zu arbeiten.
Also starteten wir unsere Kooperation.
Ich schickte ihnen mit der Schneckenpost einige Exemplare meiner taktilen Astromappen
und sie schickten mir über den schnelleren Mail-Weg aufbereitete Dateien von Mars, Mond und einer nördlichen Himmelsphäre mit den wichtigsten Sternbildern.
Ich sollte die Dateien drucken und Verbesserungsvorschläge einbringen.
Und an dieser Stelle geht es auch nur mit einem guten Team weiter. Ein 3D-Modell lässt man nicht einfach so aus dem Drucker, wie ein Blatt Papier.
Oft müssen die Modelle noch für den Drucker mit Spezialsoftware eingerichtet werden. Viele Parameter bestimmen die Qualität und den Erfolg des Druckes.
Das geht also nur dann, wenn man Leute hat, die das zum einen können und beherrschen, und die sich die Zeit für mich und mein Hobby neben ihrer Arbeit nehmen. Ohne meine Teamkollegen aus dem Drucklabor ginge das hier alles nicht.
Außerdem dauert so ein Planet ungefähr vierzig Druckstunden.
Als erstes druckte mein Kollege also die beiden Mondhälften, und klebte sie zur Mondkugel zusammen.
3D-Modell Mond
Besonders ist an diesem Mond, dass er überzeichnet ist. Das bedeutet, dass die Berge und Krater überhöht dargestellt sind. Man kann sagen, der taktile Kontrast wurde künstlich angehoben.
Täte man das nicht, würde man auf diese Größe nichts ertasten können. Die Modelle sind alle mit einem Durchmesser von 15 cm gedruckt. Diesem Kompromiss ist geschuldet, dass ich mit den Modellen im Koffer oft mit der Bahn mobil unterwegs bin, weil ich keine Fahrer habe.
Eine Mondscheibe von 30 cm Durchmesser, wie Sehende sie im Teleskop sehen, fühlt sich fast glatt an, würde man sie unbearbeitet drucken. Selbst die Wölbung wäre kaum zu tasten.
Auch meine taktile Mondkarte ist überzeichnet, damit alles auch für sehende Betrachter plastischer wird.
Reliefkarte Mond
Zum Vergleich besitze ich seit neuestem einen weiteren taktilen Mond, der auch aus dem 3D-Drucker kommt. Hierbei handelt es sich um eine Mondlampe, ein Highlight für die Kinder in meinem Workshops, weil er leuchtet und Farbe und Helligkeit wechseln kann. Bei diesem Mond sind die Strukturen deutlich schwächer, weil er als Lampe und nicht als Modell für blinde Menschen, konzipiert ist.
Eine weitere Besonderheit dieser Modelle ist, dass die Pole gut fühlbar dargestellt sind. Es gibt ein klares Symbol für Nordpole und eines für Südpole, so dass die Ausrichtung der Planeten immer klar ist.
Außerdem ist beim Mond eine Art Äquator dargestellt, die die uns zugewandte Seite von der sog. „Dark Side“, trennt.
Man muss somit zur Veranschaulichung den Mond so hinstellen, dass der umlaufende Äquator aufrecht steht.
Dunkel ist diese Seite durchaus nicht. Wenn wir Neumond haben, ist sie in der prallen Sonne…
Bei den anderen Planeten ist immer der Nullmeridian eingezeichnet und die Äquatoren ergeben sich durch die Nähte der geklebten Halbkugeln.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie erhebend dieses Gefühl war, als ich den Mond zum ersten Mal in die Hand nahm. Ich war gerührt und hatte etwas Pippi in den Augen, glaube ich.
3D-Modell Mond
Der Unterschied des Mars zur Erde verblüffte mich. Was natürlich sofort auffällt ist, dass er keine Plattentektonik besitzt, wie unser Globus.
Man fühlt etwas die verkraterte Landschaft. Der Olymp Monts ist sofort erkennbar. Auch der Gale-Krater, in welchem sich der Rover Curiosity tummelt, ist unverwechselbar zu ertasten.
kleinere Details, wie Flussbette etc. lassen sich bei dieser Größe und Auflösung nicht darstellen.
Natürlich weiß ich, dass der Mars z. B. keine Kontinente hat, aber selbst ertasten, erfahren und erleben, ist dann doch immer noch etwas ganz anderes. Wissen ist das eine, aber das haptisch- körperliche Erlebnis, das andere.
3D-Modell Mars
Bei unserem Globus-Modell, mussten wir das Wasser der Meere quasi etwas ablassen. Ansonsten wäre der Unterschied zwischen Wasserfläche und Land, nicht tastbar gewesen.
3D-Modell Erde
Ich finde, dass Merkur und Venus sich haptisch sehr ähnlich anfühlen. Da muss man sich ein gutes markantes Gebirge oder einen Krater finden, damit man sie unterscheiden kann. Man fühlt auf jeden Fall, dass den beiden beim großen Bombardement übel mitgespielt wurde, ähnlich unser Mond.
3D-Modell Merkur
3D-Modell Venus
Natürlich ist hier der Steinplanet der Venus ohne ihre dicke Wolkenschicht gedruckt.
Aktuell machen wir uns darüber Gedanken, wie man Gasplaneten, die Sonne und vielleicht sogar die Ringe des Saturns, drucken könnte.
Ganz erstaunlich fand ich den Ausdruck des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko, zu welchem die Mission Rosetta führte, die dann den Lander Philae auf dem Kometen landete. Er sieht wirklich aus, wie eine Badeente oder ein Elefantenschuh.
3D-Modell Juri
Ein weiteres Jubiläum ist, dass ich mich in Alikante, wo ich auch im May 2013 in Urlaub war, entschloss, mein Buch zu schreiben, dessen Veröffentlichung dann noch zwei Jahre dauern sollte. Das war ein riesiges Projekt.
So, ich denke, jetzt habe ich meinen Jubiläums-May 2018 würdig mit euch gefeiert.