Liebe Leserinnen und leser,
Heute auf den Tag genau, am 18.05.2013, erhielt ich mein erstes astronomisches 3D-Modell. Es war unser Mond.
Außerdem feiere ich in diesem Monat mein fünfjähriges Jubiläum meiner Mitgliedschaft bei der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.
Nicht zuletzt fielen Mitte May vor fünf Jahren die Würfel. Ich entschloss mich, mein Buch zu schreiben.
Lasst mich mit euch Jubiläum feiern.
Hierfür möchte ich euch mal einen kleinen historischen Abriss über diese Entwicklungen geben. Es findet sich auch einer in meinem buch, aber das ist mittlerweile drei Jahre alt und die Sachen haben sich weiter entwickelt.
Also los:
In meiner Schulzeit gab es fast keine Modelle zu Astronomie. Ein taktiler Globus, ein Kurbelmodell für die Jahreszeiten und vielleicht noch eine schematische Darstellung des Sonnensystems in 2D, waren das einzige, woran ich mich erinnern kann. Da ich mich schon immer für Modelle und Karten aller Art interessierte, kann man wohl davon ausgehen, dass ich nichts vergessen habe.
Somit startete ich meine Freizeiten etc. quasi mit leeren Händen, was Modelle betraf.
Einzig eine Spezialfolie, auf welche man taktil malen kann, und eine Magnettafel zur Veranschaulichung von Planetenkonstellationen oder Sternbildern, standen mir taktil zur Verfügung. Da das ausführlich in meinem Buch steht, wie wir damals noch improvisierten, springe ich jetzt mehr als fünfzehn Jahre vorwärts, direkt hin zu den 3D-Modellen.
Wir befinden uns nun im Jahr 2013.
Anfang dieses Jahres 2013 hörte ich entweder in einer Radiosendung, oder in einer Hörausgabe der Spektrum der Wissenschaft von der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.
Zur DAG
Ich interessierte mich sofort dafür, weil eines der Hauptanliegen der AG es ist, die Astronomie mehr in Schule und Bildung einzubringen. Da dachte ich mir, das will und tue ich ja auch schon seit zwanzig Jahren. Könnte ich mich dort nicht einfach mal um eine Mitgliedschaft bewerben?
Ich hatte ja keine Ahnung, wie dieser Prozess abläuft. Und so schrieb ich einfach eine Initiativ-Bewerbung, in welcher ich meine Arbeit vorstellte und meinen Mitgliedswunsch äußerte. Nun ist das gar nicht so einfach, Mitglied zu werden, wenn man dort niemanden kennt. Man braucht nämlich zwei Mitglieder, die für einen quasi bürgen, also davon überzeugt sind, dass der Anwärter nützlich für die Arbeit der AG sein könnte.
Somit wurde mein Antrag in die nächste Vorstandsitzung eingebracht. Meine Bewerbung stieß auf so großes Interesse, dass sich sofort spontan zwei Professoren fanden, die für mich bürgen wollten. Somit wurde ich das erste, und meines Wissens bis heute das einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen gesellschaft.
Der Zeitpunkt, dort Mitglied zu werden, hätte gar nicht günstiger sein können.
Ich war keine Woche Mitglied, als ich über die AG eine Anfrage rein bekam. Ein Techniklabor aus Alikante in Spanien, http://observatori.uv.es/, wollte mit einer Universität in Lateinamerika, Astronomie für blinde Menschen zugänglich machen. Sie hatten aber niemanden, der sich damit auskannte, und somit wendeten sich die Astronomen an die AG. Wie gesagt, war meine Mitgliedsbescheinigung noch druckwarm, und schon hatte ich eine Aufgabe.
Die Spanier erstellten 3D-Modelle von Erde, Mond, Mars und mittlerweile auch Venus und Merkur. Die Bilder, die nachher zu sehen sind, entsprechen nicht mehr den ersten Modellen. Sie sind überarbeitet und verbessert.
Das Kuriosum war leider, sie hatten keinen 3D-Printer, um die Modelle auszudrucken und mit blinden Menschen zu testen.
Sie suchten gerade Sponsoren dafür.
Bei mir war es umgekehrt. Ich habe Zugriff auf 3D-Drucker, hatte aber keine astronomischen 3D-Dateien, die ich hätte drucken können, und schon gar keine, die speziell taktil aufbereitet gewesen wären.
Zum glück arbeite ich am Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT), http://szs.kit.edu.
Wir haben taktile Drucker zur erstellung tastbarer farbiger Studienmaterialien, und wir haben 3D-Drucker im Einsatz, um Modelle für technische Fächer zu erstellen.
Das ist es aber noch nicht alleine.
Ich habe Vorgesetzte, die meine Arbeit zur Astronomie unterstützen und mit tragen. Somit bekomme ich dann und wann auch mal Druckzeit im Labor, wobei die Studierenden und deren Druckaufträge natürlich immer vorgezogen werden, und die anderen Arbeiten am Institut, die ich zu erledigen habe, gehen immer vor.
Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, an einem anderen Ort zu arbeiten.
Also starteten wir unsere Kooperation.
Ich schickte ihnen mit der Schneckenpost einige Exemplare meiner taktilen Astromappen
und sie schickten mir über den schnelleren Mail-Weg aufbereitete Dateien von Mars, Mond und einer nördlichen Himmelsphäre mit den wichtigsten Sternbildern.
Ich sollte die Dateien drucken und Verbesserungsvorschläge einbringen.
Und an dieser Stelle geht es auch nur mit einem guten Team weiter. Ein 3D-Modell lässt man nicht einfach so aus dem Drucker, wie ein Blatt Papier.
Oft müssen die Modelle noch für den Drucker mit Spezialsoftware eingerichtet werden. Viele Parameter bestimmen die Qualität und den Erfolg des Druckes.
Das geht also nur dann, wenn man Leute hat, die das zum einen können und beherrschen, und die sich die Zeit für mich und mein Hobby neben ihrer Arbeit nehmen. Ohne meine Teamkollegen aus dem Drucklabor ginge das hier alles nicht.
Außerdem dauert so ein Planet ungefähr vierzig Druckstunden.
Als erstes druckte mein Kollege also die beiden Mondhälften, und klebte sie zur Mondkugel zusammen.
Besonders ist an diesem Mond, dass er überzeichnet ist. Das bedeutet, dass die Berge und Krater überhöht dargestellt sind. Man kann sagen, der taktile Kontrast wurde künstlich angehoben.
Täte man das nicht, würde man auf diese Größe nichts ertasten können. Die Modelle sind alle mit einem Durchmesser von 15 cm gedruckt. Diesem Kompromiss ist geschuldet, dass ich mit den Modellen im Koffer oft mit der Bahn mobil unterwegs bin, weil ich keine Fahrer habe.
Eine Mondscheibe von 30 cm Durchmesser, wie Sehende sie im Teleskop sehen, fühlt sich fast glatt an, würde man sie unbearbeitet drucken. Selbst die Wölbung wäre kaum zu tasten.
Auch meine taktile Mondkarte ist überzeichnet, damit alles auch für sehende Betrachter plastischer wird.
Zum Vergleich besitze ich seit neuestem einen weiteren taktilen Mond, der auch aus dem 3D-Drucker kommt. Hierbei handelt es sich um eine Mondlampe, ein Highlight für die Kinder in meinem Workshops, weil er leuchtet und Farbe und Helligkeit wechseln kann. Bei diesem Mond sind die Strukturen deutlich schwächer, weil er als Lampe und nicht als Modell für blinde Menschen, konzipiert ist.
Eine weitere Besonderheit dieser Modelle ist, dass die Pole gut fühlbar dargestellt sind. Es gibt ein klares Symbol für Nordpole und eines für Südpole, so dass die Ausrichtung der Planeten immer klar ist.
Außerdem ist beim Mond eine Art Äquator dargestellt, die die uns zugewandte Seite von der sog. „Dark Side“, trennt.
Man muss somit zur Veranschaulichung den Mond so hinstellen, dass der umlaufende Äquator aufrecht steht.
Dunkel ist diese Seite durchaus nicht. Wenn wir Neumond haben, ist sie in der prallen Sonne…
Bei den anderen Planeten ist immer der Nullmeridian eingezeichnet und die Äquatoren ergeben sich durch die Nähte der geklebten Halbkugeln.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie erhebend dieses Gefühl war, als ich den Mond zum ersten Mal in die Hand nahm. Ich war gerührt und hatte etwas Pippi in den Augen, glaube ich.
Der Unterschied des Mars zur Erde verblüffte mich. Was natürlich sofort auffällt ist, dass er keine Plattentektonik besitzt, wie unser Globus.
Man fühlt etwas die verkraterte Landschaft. Der Olymp Monts ist sofort erkennbar. Auch der Gale-Krater, in welchem sich der Rover Curiosity tummelt, ist unverwechselbar zu ertasten.
kleinere Details, wie Flussbette etc. lassen sich bei dieser Größe und Auflösung nicht darstellen.
Natürlich weiß ich, dass der Mars z. B. keine Kontinente hat, aber selbst ertasten, erfahren und erleben, ist dann doch immer noch etwas ganz anderes. Wissen ist das eine, aber das haptisch- körperliche Erlebnis, das andere.
Bei unserem Globus-Modell, mussten wir das Wasser der Meere quasi etwas ablassen. Ansonsten wäre der Unterschied zwischen Wasserfläche und Land, nicht tastbar gewesen.
Ich finde, dass Merkur und Venus sich haptisch sehr ähnlich anfühlen. Da muss man sich ein gutes markantes Gebirge oder einen Krater finden, damit man sie unterscheiden kann. Man fühlt auf jeden Fall, dass den beiden beim großen Bombardement übel mitgespielt wurde, ähnlich unser Mond.
Natürlich ist hier der Steinplanet der Venus ohne ihre dicke Wolkenschicht gedruckt.
Aktuell machen wir uns darüber Gedanken, wie man Gasplaneten, die Sonne und vielleicht sogar die Ringe des Saturns, drucken könnte.
Ganz erstaunlich fand ich den Ausdruck des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko, zu welchem die Mission Rosetta führte, die dann den Lander Philae auf dem Kometen landete. Er sieht wirklich aus, wie eine Badeente oder ein Elefantenschuh.
Ein weiteres Jubiläum ist, dass ich mich in Alikante, wo ich auch im May 2013 in Urlaub war, entschloss, mein Buch zu schreiben, dessen Veröffentlichung dann noch zwei Jahre dauern sollte. Das war ein riesiges Projekt.
So, ich denke, jetzt habe ich meinen Jubiläums-May 2018 würdig mit euch gefeiert.
Es Grüßt euch bis zum nächsten Mal
Euer Gerhard.