heute möchte ich euch mal wieder etwas für die Lauscherchen anbieten.
Es hat durchaus mit „Das Ohr am Teleskop“ zu tun.
Und das erwartet euch:
Nach einer kurzen Einführung geht es zu einer Podcast-Folge von Merkst.de, die Stephan Merk, der Macher dieses sehr hörenswerten Podcastes, mit mir aufgenommen hat.
„Vielen Dank, lieber Stephan für diese Ehre. Es hat mir sehr viel Freude bereitet.“
Er ist einer der größten Blogger und Podcaster, der mir in der Blinden- und Sehbehindertenwelt, bekannt ist. Meistens podcastet er über Audio- und andere Technologien, aber nun hat er sich entschlossen, mal einige Interviews mit Menschen aus der Community zu führen, die irgendwie etwas außergewöhnliches machen. Da liegt es natürlich nahe, dass er mal auf mich mit meinem seltsamen Hobby stieß.
Eigentlich gehört hier der Link zu Stephans Projekten hin, aber dann lest ihr vielleicht hier nicht mehr weiter, also später…
Bevor es los geht:
Ich möchte an dieser Stelle für alle, die vielleicht nicht so mit dem Format des Podcasts vertraut sind darauf hinweisen, dass ein Podcast etwas viel freieres, als ein Interview ist.
Das werdet ihr beim Hören merken. Da wird manchmal abgeschweift, man hört Gedankensprünge und manchmal werden Sätze vor Begeisterung und im Überschwang vielleicht nicht ganz zuende gesprochen. Aber das ist eben Podcast. Man ist hier nicht in ein enges Korsett einer Radiosendung zwischen Musik, Werbung und Zeitvorgaben gepackt.
Was Podcasts sind und wieso ich sie so sehr liebe, verlinke ich weiter unten nochmal.
Also trafen wir uns virtuell und plauderten über Astronomie.
Als Einführung und Vorspann, als Vorstellungsrunde sozusagen, hört ihr ein Interview, das Stephan im letzten Frühjahr auf der Sightcity 2018 in Frankfurt mit meinem Arbeitskollegen führte. Der erzählt darüber, was unser Studienzentrum für Sehgeschädigte ist, welche Unterstützung wir anbieten, was bei uns studiert wird, und welche Hilfsmittel und Technologien bei uns eingesetzt werden, um ein Studium in Inklusion zu ermöglichen.
Diese Einführung mit meinem Freund und Kollegen ist mir ganz wichtig, denn ohne das Zentrum, an dem ich seit nun mehr zwanzig Jahren tätig bin, könnte ich meine Vorträge, Seminare und Freizeiten niemals in dieser Qualität anbieten.
„Dank an unser ganzes Team, dass ihr mich mit eurer Kraft und Arbeit hier unterstützt.“
Nach diesem Vorspann, der dauert etwa 13 Minuten, geht es dann ungefähr 90 Minuten auf meine Sternenreise mit Stephan.
Unten in dem Blogbeitrag findet ihr dann noch einige Links die die angesprochenen Themen etwas vertiefen und natürlich auch zu Stephans Projekten führen.
Nun Mixe sich wer mag, einen pan galaktischen Donnergurgler, oder auch was anderes,
lehnt euch zurück, klickt auf den Podcast und habt Freude mit dem Interview. Zur Podcast-Folge auf Merkst.de
Interview als herunterladen.
Wer sich für mein Buch interessiert, hier in Kürze die wichtigsten Daten.
Titel:
„Blind zu den Sternen – Mein Weg als Astronom“
Autor: Gerhard Jaworek
Erschienen im Aquensis-Verlag Baden-Baden unter der Rubrik Menschen am 01. Oktober 2015
ISBN: ISBN: 978-3-95457-134-5
Buchrückseite:
Wie kann ein blinder Mensch eine Liebe zur Astronomie entwickeln, ohne je einen Stern gesehen zu haben? Gerhard Jaworek, Diplom-Informatiker am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT), gilt medizinisch als vollblind.
Trotzdem ist Astronomie seine Leidenschaft. In diesem Buch beschreibt er lebendig und anschaulich, wie sein naturwissenschaftliches Interesse und seine Neugierde schon im Kindesalter geweckt wurden, wie er sich diese Welt mit seiner Blindheit erobern konnte und welche Chancen die Astronomie für gelebte Inklusion bietet.
Das Buch ist im Handel für 14 Euro erhältlich es gibt es als Papier-Version, als Ebook und für mitglieder der Blindenhörbüchereien wurde es in Marburg aufgelesen.
„Mit dem Ohr am Teleskop“ heißt eine Serie auf meinem Blog die Astronomie unter dem Höraspekt betrachtet.
Mit Mit dem Ohr am Teleskop führte ich allgemein in das Thema ein.
Im Artikel Klingende Planetenbahnen könnt ihr hören, was ich mit dem Klang der Planetenbahnen meinte.
Nun hoffe ich, dass ihr nicht völlig erschlagen seid von dieser Fülle an Informationen.
Alles gute und bis zum nächsten mal grüßt euch
euer Gerhard.
auch in diesem Jahr möchte ich meiner Tradition treu bleiben und zum Weltfrauentag eine der zahlreichen Vorkämpferinnen in Astronomie und Naturwissenschaften würdigen.
Bis heute sind Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen leider noch immer unterrepräsentiert. Die Statistiken sprechen hier eine sehr deutliche Sprache. Trotz Frauenbewegung, Emanzipation, Erziehungsurlaub auch für Männer, gesetzliche Gleichberechtigung und dafür aufgeschlossene Männern, ist es noch nicht gelungen, diesen Missstand in den Griff zu bekommen.
Dennoch hat es immer wieder Frauen gegeben, die trotz Benachteiligung, Unterdrückung, Bildungsverbot und Leben in einer streng patriarchaisch dominierten Gesellschaft, großartiges in Wissenschaft, z. B. der Astronomie, geleistet haben. Sie setzten sich in einer harten Männerwelt durch und waren vielleicht sogar öfter, als man denkt, die schlaueren Köpfe. Zumindest zeugen einige Dokumente davon, dass viele starke kluge Frauen die Fäden ihrer Professoren-Männer in Händen hielten…
Bis in biblische Zeiten hinein, kann man diese Phänomene beobachten. Somit scheint der Satz “Der Mann kann noch so viele Dinge bauen – Es steht und fällt ein Volk mit seinen Frauen” mehr Wahrheitsgehalt zu haben, als manchen lieb ist.
So lasst uns den Weltfrauentag 08.03.2019 damit begehen, indem wir die Person und das Lebenswerk von
Maria Mitchell betrachten und würdigen.
Maria Mitchell (* 1. August 1818 in Nantucket, Massachusetts; † 28. Juni 1889 in Lynn, Massachusetts) war eine US-amerikanische Astronomin und Vorkämpferin für die Frauenrechte.
Ich kam auf Maria Mitchell, weil sie mir in der Adventszeit großes Kopfzerbrechen bereitete, denn sie war in einem Weihnachtsrätsel der @Weltraumreporter so gut versteckt, dass sogar Google zumindest am Anfang völlig nutzlos war. Ich fand sie dann im Buch „Die Planeten“ von Dava Sobel. In diesem Buch ist ein ganzes Kapitel ihr und Frau Herschel gewidmet, die zum Frauentag 2018 hier geehrt wurde.
Wer das nochmal nachlesen möchte, kann dies hier gerne tun.
Das Kapitel in Dava Sobels Buch ist in einen wunderschönen Briefwechsel zwischen den beiden Astronominnen eingebettet. Leider konnte ich nicht recherchieren, ob es diesen Briefwechsel tatsächlich gab, oder ob es künstlerische Freiheit der Autorin war. Auf jeden Fall ist es ein sehr gelungenes Kapitel.
Also, wer war nun Maria Mitchel.
Maria Mitchell gehörte zu den Frauen, bei denen viele positive Faktoren zusammen kamen, so dass sie zu den wurde, was sie war, und das sie erreichte, was Frauen in der damaligen Zeit eher unzugänglich war.
Eine der ersten Grundvoraussetzungen, die ihr ihre Laufbahn ermöglichten war, dass ihre Eltern Quäker waren.
Diese Religionsgemeinschaft vertritt, dass Frauen dasselbe Recht auf Bildung haben, als Männer.
Ihr Vater, William Mitchell, war Lehrer und Hobbyastronom. Bald schon bemerkte er die naturwissenschaftliche Begabung seiner Tochter und unterrichtete sie in Astronomie und Mathematik.
Er ermunterte sie auch, eigene Untersuchungen anzustellen.
Normalerweise wurden Töchter aus derlei Elternhäusern höchstens in hauswirtschaftlichen Dingen oder den schönen Künsten, wie Musik, unterrichtet.
Somit stellte Maria Mitschel schon bald eine Ausnahme dar.
Ein weiterer Umstand, der sie quasi zwangsläufig zur Astronomie brachte war, dass ihr Wohnort astronomischer nicht sein konnte.
Sie wurde 1818 auf Nantucket geboren, einer kleinen von Seefahrt geprägten und rund 50 Meilen vor der Küste Massachusetts gelegenen Insel. Hier ankerte die weltweit größte Walfangflotte und von hier aus stachen Seefahrer in See, deren Wissen um den Sternenhimmel als Navigationshilfe unabdingbar war.
Somit gab es in allen Haushalten astronomische Instrumente, wie Sextanden, Efimeriden (Sternkarten), Teleskope und Schiffsuhren.
Letztere durfte sie schon mit vierzehn Jahren eichen. Es ist unglaublich wichtig, dass diese Uhren genau geeicht waren, denn man brauchte sie zur Bestimmung des Längengrades auf hoher See. Alleine mit der Geschichte über diese Uhren, könnte man irgendwann mal einen eigenen Artikel verfassen.
Man kann davon ausgehen, dass die Bedingungen der Sternbeobachtung von dieser Insel aus all nächtlich prächtig gewesen sein sollte. Die Insel war weit genug vom Festland entfernt, so dass keinerlei Lichtverschmutzung vorhanden gewesen sein dürfte.
Der Name der Insel, Nantucket,bedeutet weit entferntes Land. Klarer, schwarzer stockfinsterer Sternenhimmel also.
Bald schon war Maria in der Bedienung nautischer Instrumente besser, als so mancher Seebär.
Aber auch sonst verlief ihr Leben ereignisreich und sehr ungewöhnlich.
Schon mit 14 Jahren kalibrierte sie Chronometer für Seefahrer oder unterwies sie im Gebrauch von Sextanten. Mit 17 Jahren gründete Maria Mitchell auf Nantucket eine Mädchenschule und unterrichtete Mathematik. Mit 18 Jahren wurde sie zur Leiterin der Bibliothek von Nantucket ernannt. Hier liegt auch die Wiege ihrer Bildung. Fast täglich hielt sie sich in dieser Bibliothek auf, in der auch Frauen willkommen waren – anders als in den meisten anderen Bibliotheken der USA.
Berühmt wurde Maria Mitchell mit 29 Jahren durch die Entdeckung eines Kometen:
Am 01. Oktober 1847 entdeckte sie vom Observatorium ihres Elternhauses aus den später nach ihr benannten Mitchell-Kometen.
Bereits ein Jahr später, 1848, wurde sie als erste Frau in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen sowie 1850 in die American Association for the Advancement of Science.
Sie leitete die Bibliothek von Nantucket, bildete sich mit Hilfe der ihr anvertrauten Bücher weiter, arbeitete gemeinsam mit ihrem Vater an astronomischen Fragestellungen und unterhielt umfangreiche wissenschaftliche Korrespondenz mit den großen amerikanischen Universitäten. Maria Mitchell las Deutsch und Französisch im Original und war der Überzeugung, dass der Zugang zur Astronomie durch Mathematik erfolgt.[2] Sie wurde als Rednerin zu vielen Vorträgen und Konferenzen eingeladen und
1865 eröffnete mit dem Vassar College in Poughkeepsie, New York, eine der ersten amerikanischen Frauen-Universitäten. Maria Mitchell erhielt den Ruf und wurde mit 47 Jahren die erste Astronomieprofessorin Amerikas – ohne jemals selbst eine Universität besucht zu haben.
Sie setzte sich dafür ein, dass Frauen die gleichen Rechte erhielten, wie sie die Männer an den Universitäten Yale und Harvardinne hatten und dass die Frauen auch fachlich gleich zogen.
So verteidigte sie ihre Studentinnen gegen herrschende Konventionen, die beispielsweise Frauen untersagten, nach 22 Uhr vom Observatorium aus zu beobachten.
1873 gründete sie die American Association for the Advancement of Women und wurde zwei Jahre später deren Präsidentin. Nicht nur in Vorträgen, sondern in der täglichen Arbeit als Professorin und Direktorin des Vassar-College-Observatoriums setzte sie sich beständig für die Gleichberechtigung von Frauen ein.
Ein Kredo von ihr war:
„We especially need imagination in science. It is not all mathematics, nor all logic, but is somewhat beauty and poetry.
In der Wissenschaft brauchen wir vor allem Fantasie. Es geht nicht nur um Mathematik oder um Logik, sondern auch ein wenig um Schönheit und Poesie“
Es braucht nicht viel Interpretationsgabe, um das Kredo auch so zu lesen“In der Wissenschaft braucht es auch weibliche Faktoren“.
Mitchell war eine der berühmtesten Wissenschaftlerinnen (Männer und Frauen) in den USA des 19. Jahrhunderts.
Mitchell galt als ausgezeichnete Professorin, die sich für ihre Studentinnen einsetzte und sie dabei unterstützte, wirklich gute Wissenschaftlerinnen zu werden, obwohl sie „nur“ Frauen waren.
Praxiserfahrung war ihr ganz wichtig. Mit der Frage „Did you learn that from a book or did you observe it yourself?“, ging sie in die Analen der amerikanischen Wissenschaft ein.
Maria Mitchell beschäftigte sich auch mit grundlegenden mathematischen Fragen, etwa mit dem ´Großen Fermatschen Satz`. Eine harte Nuss, die im 17. Jahrhundert von Pierre de Fermat formuliert, aber erst 1994 von dem britischen Mathematiker Andrew Wiles bewiesen wurde.
Hier noch einige Ehrungen zum Schluss:
Für die Entdeckung des Mitchell-Kometen wurde sie vom König von Dänemark mit einem Orden ausgezeichnet.
1905 wurde sie in die Hall of Fame for Great Americans aufgenommen.
Nach ihrem Tod wurde zu Ehren Maria Mitchells die Maria Mitchell Astronomical Society gegründet.
Der Hauptgürtelasteroid (1455) Mitchella, den der Heidelberger Astronom Alfred Bohrmann (1904-2000) am 5. Juni 1937 entdeckte, ist nach ihr benannt.
Auch auf dem Mond erhielt sie einen Platz.
Schon im Amateurteleskop kann man auf dem Mond den an den Krater Aristoteles grenzenden Einschlagkrater Mitchell erkennen, der 1935 von der Internationalen Astronomischen Union nach der großen Forscherin und Frauenrechtlerin benannt wurde. Sein Durchmesser beträgt etwa 30 Kilometer. Er zeigt deutliche Erosionsspuren und sein Ringwall ist vom später entstandenen, etwa 80 Kilometer großen Krater Aristoteles teilweise überdeckt.
Sie war eine großartige Wissenschaftlerin und Vordenkerin für Frauenrechte. Einige ihrer Themen sind bis heute Aktuell.
Gerade in der heutigen Zeit, wo Raubbau an Natur, Mensch und sozialen Errungenschaften im Namen des Fortschritts getrieben wird, sollten wir uns derer erinnern, die VorkämpferInnen und VorReiterinnen für viele Menschenrechte waren.
Quellen:
Wikipedia
Die Planeten von Dagmar Sobel
Weihnachtsrätsel 2018 der @Weltraumreporter
heute kommt in Blindnerd mal wieder ein Artikel, der nichts direkt mit Astronomie zutun hat.
Allerdings ist das Thema durchaus auch für Astronomie-Schreiber interessant. Es geht um barrierefreie Dokumentengestaltung. Gerade uns Astronomen gelingt wegen der graphischen Eigenschaften der Astronomie, dies leider nicht immer. So habe ich beispielsweise noch nirgendwo so viele unbeschriftete Bilder gesehen, wie in astronomischen Artikeln.
Für die Facebook-Seite meines Arbeitgebers, dem Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) durfte ich einen Artikel zu diesem Thema schreiben, den ich sehr gerne auch mit Ihnen und euch teile.
Hier ist er:
Einführung
die Allgemeinheit spricht meist von Barrierefreiheit, wenn z. B. ein Ort für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar ist, weil ein Aufzug fehlt oder sonstige Unwegsamkeiten dies verhindern.
Manchmal spricht man auch von Sprachbarriere, die irgendwie überwunden werden muss, wenn Menschen die Sprache des anderen nicht sprechen.
Es gibt noch zahlreiche andere Barrieren in unserem Alltag. In diesem Artikel geht es um Barrieren in Dokumenten, welche die Zugänglichkeit für verschiedene Menschengruppen erschweren oder verhindern.
Es soll Sie sensibilisieren und Ihren Sinn dafür schärfen, wie nützlich und wichtig barrierefreie Dokumente für uns alle sind.
Am Beispiel von Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung werden einige Barrieren und deren Beseitigung näher beleuchtet.
Es gibt noch sehr viel mehr Einschränkungen, die den Zugang zu Print-Medien etc. erschweren. Aus diesem Grunde spricht man häufig von Print-Disability, weil sich das nicht nur auf papierene Dokumente beschränkt.
Papierene Barrieren
Da man es häufig trotz Internet mit papierenen Dokumenten zu tun hat, setzt das Dokument voraus, dass man mit den Augen lesen können muss, um dessen Inhalt zu erfassen. Trotz elektronischer Vorlesesysteme sind somit Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung eventuell davon ausgeschlossen. Handschrift ist beispielsweise nahezu unzugänglich, auch als Druckschrift. Elektronische Verfügbarkeit hilft, diese Barriere zu überwinden.
Gehen wir nun einen Schritt weiter.
Elektronische Barrieren
Elektronisch verfügbar heißt nicht unbedingt, dass Ihr Dokument dadurch zugänglicher wird, dass es elektronisch verfügbar ist.
Im schlimmsten Fall ist Ihr Text ein digitales Photo. Das verbessert die Situation nicht wirklich.
Für die Hilfstechnologie blinder Menschen unterscheidet sich das Dokument in diesem Falle nicht von jeder anderen Grafik.
Grafiken und Bilder können Bildschirmleser momentan noch nicht beschreiben. Facebook, Google etc. weisen aber in eine Richtung, dass dieses möglicherweise in naher Zukunft funktionieren wird.
Für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung kann so ein Text in einer Grafik bedeuten, dass die Grafik durch die Vergrößerung pixelig, unscharf und somit ebenfalls unleserlich wird.
Schon besser, aber noch nicht gut
Im nächsten Schritt, der unser Dokument barrierefreier machen soll, geben wir den Text über die Tastatur ein und erzeugen ein elektronisches Dokument in der Textverarbeitung Ihrer Wahl.
Ob Ihr Text nun barrierefrei ist, hängt stark von der Größe des Dokumentes und seiner Struktur ab.
Zumindest kann Ihr Dokument nach diesem Schritt als Fließtext von Hilfstechnologie vorgelesen werden. Auch Vergrößerungsprogramme verpixeln ihn nicht, weil der Font (Schrifttyp) direkt vergrößert wird.
Und wenn wir schon beim Schrifttyp sind. Verschnörkelte, verspielte oder Schriften mit Serifen sind für viele Menschen, vor allem mit Seheinschränkung sehr schwer lesbar. Eine gerade klare Schrift ohne Schnickschnack ist immer barrierefreier.
Als Nudelgericht Spaghetti-Code
Eine Barriere ist für alle, wenn der Text sehr lang ist, und keine Struktur hat. z. B. keine Überschriften, Inhaltsverzeichnis, Abschnitte und Seitenzahlen. Diese Tatsache ist unabhängig vom Inhalt des Textes.
In so einem Spaghetti-Dokument können Sie sich nur zurecht finden, wenn Sie wissen, wonach Sie suchen. Dann finden Sie die Stelle eventuell mit der Suchfunktion ihrer Software.
Trotz Mühe eine Sechs
OK, setzen wir nun Überschriften, indem wir an passender Stelle die Schrift fett darstellen, bzw. eine andere Schriftgröße wählen.
Sehende Menschen finden sich nun schon etwas besser in unserem Dokument zurecht, weil ihnen die Überschriften beim Drehen des Mausrades direkt ins Auge springen.
Für blinde Leser, ändert sich zunächst nichts, weil ein Bildschirmleseprogramm etwas fettgedrucktes nicht als Überschrift erkennt. Ist es auch nicht, denn Fettdruck wird auch an anderer Stelle, z. B. bei Hervorhebungen, eingesetzt.
Das bedeutet, dass der Text für blinde Leser ebenso unstrukturiert und unübersichtlich bleibt, wie zuvor.
Gänende Leere
Was glauben Sie, was passiert, wenn sie mit dieser Art von Dokument von ihrer Textverarbeitung ein Inhaltsverzeichnis erstellen lassen möchten?
Genau. Es passiert nichts. Im günstigsten Fall erhalten Sie eine leere Seite mit der Überschrift „Inhalt“.
Nicht mal ihr Textverarbeitungsprogramm weiß, wo in Ihrem Dokument die Überschriften sind, obwohl es die ganze Zeit „dabei“ war, als der Text entstand.
Zum Layout noch Struktur
Dieses Problem beseitigen Sie, indem Sie Formatvorlagen verwenden. Jetzt weiß plötzlich ihr Textprogramm, wo die Überschriften sitzen, und kann ein navigierbares Inhaltsverzeichnis erstellen.
Auch Bildschirmleser für blinde – und Vergrößerungssoftware für seheingeschränkte Menschen wissen es jetzt, denn sie verstehen die Struktursprache der gängigen Textverarbeiter. Nun kann man im Text springen, man kann sich nur die Überschriften anzeigen lassen, um erst mal in das Dokument hinein zu finden etc.
Das gilt für alle Strukturelemente, die ein Dokument enthalten kann. Überschriften, Aufzählungen, Nummerierungen, Tabellen, Seitenumbrüche, Kopf- und Fußzeilen, etc. können in allen Textprogrammen ausgezeichnet werden. Insbesondere Tabellen, die mittels der Tab-Stop-Taste erzwungen werden, sind keine und treiben Menschen mit Hilfstechnologie in die Verzweiflung.
Dasselbe gilt auch für unbeschriftete Grafiken, Formeln, die nur als Bildchen im Dokument stehen, und vieles mehr.
Desto mehr die Struktur eines Textes vom Text selbst getrennt wird, desto barrierefreier ist ihr Dokument tendenziell auch.
Zum Merken und weiter sagen
Merksatz:
Das Credo eines barrierefreien Textes ist die Trennung von Layout und Struktur.
Dass man eine Überschrift für ein späteres Inhaltsverzeichnis setzen möchte, ist das eine. Wie sie in Schriftgröße, Schrifttyp, Abstand zum Text, Einrückung etc. aussehen soll, ist eine ganz andere Sache.
Bildschirmleser kümmern sich nicht um ihr schönes Layout. Sie transportieren lediglich die Textstruktur und seinen Inhalt. In der Blindenschrift gibt es sowieso nur eine Schriftgröße, weil taktile Braille-Zeilen nur eine Größe ausgeben können.
Wie ist es aber derzeit um die Barrierefreiheit von Dokumenten im Netz bestellt?
In Ebooks beispielsweise, findet man ganz unterschiedliche Qualitäten, von einer nicht navigierbaren Textwurst mit einer Million Zeichen, bis hin zu super navigierbaren Dokumenten mit allen Auszeichnungen, die man benötigt, ist alles drin.
Das gilt für E-Zeitungen, Webseiten und alles, was so als Dokumente im Netz herumschwirrt gleichermaßen.
Wem nützt das
Glauben Sie mir. Es ist kein Hexenwerk, ein Dokument einigermaßen barrierefrei zu gestalten.
Da Sie nie wissen können, wer Ihr Dokument mal lesen wird, sollten Sie für den Fall der Fälle immer die Zugänglichkeit für alle im Hinterkopf behalten.
Ach ja, auch Sie selbst gehen eventuell in ihrem Dokument verloren, wenn es keine Struktur hat.
Folgende Links soll Ihnen den Einstieg in barrierefreie Dokumentengestaltung erleichtern.
Bitte tragen Sie mit dazu bei, dass Wort und Schrift für alle zugänglicher werden.
Die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können, hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir hier in Frieden, Freiheit und Demokratie leben können. Dies hat uns zu mündigen Bürgern gemacht, die nicht mehr darauf angewiesen sind, nur glauben zu müssen.
ich hoffe, ihr alle hattet einen schönen Jahreswechsel und ein gutes Weihnachtsfest.
Er kommt zwar etwas spät, mein Jahresrückblick, aber ich hatte über die letzten Tage keinen Rechner. Naja, heute ist ja erst der siebente Januar, so dass man noch auf das vergangene Jahr zurück blicken kann.
Hier nun einige Highlights aus meiner Astronomie-Arbeit. Über einige berichtete ich schon und werde gelegentlich daran erinnern.
Der Ausfall
Zunächst startete das Jahr 2018 nicht besonders gut, denn ausgerechnet mein erstes Astrotreffen fiel wegen Krankheit ins Wasser.
Eigentlich wollte ich mich mit meinem lieben Freund Martin treffen, dem Entwickler von Universe2Go. Das ist die Astrobrille, mit deren Hilfe auch blinde Menschen Objekte am Himmel suchen und erfolgreich finden können.
Wir wollten uns treffen, um unsere Gedanken weiter zu spinnen, damit Astronomie künftig noch inklusiver werden kann. So wollte ich meinen Geburtstag verbringen.
Naja, vielleicht schaffen wir es ja in diesem Februar. Immerhin wäre der Geburtstag dann ein würdiger runder.
Inklusion am Himmel
Im März erschien ein Artikel über meinen Astronomievortrag zum Thema „Inklusion am Himmel“, den ich zum Jubiläum der psychiatrischen Hilfe der Caritas im November 2017 hielt. Ich schrieb darüber im Jahresrückblick Ende 2017.
Dieses Vereinsorgan wird viele tausend fach gelesen. Somit war das für mich schon wichtig.
Hier ein Artikel dazu. Zum Artikel
An Blindenschulen
Im März und Aprill hielt ich Workshops sowohl an der Berufsbildungs-Einrichtung Nikolauspflege Stuttgart, als auch an der Schule für Menschen mit Sehbehinderung Mannheim.
Vor allem bei, wie auch immer benachteiligten Kindern, funktioniert Astronomie perfekt.
Ich schrieb darüber auf Blindnerd, Astronomie für benachteiligte Kinder
als auch als Gast auf dem Blog von Lydias Welt Zum Gastbeitrag bei #Lydiaswelt
Am Bahnhof
Ein weiteres Highlight fand am 13.04.2018 statt. Ich durfte auf dem Kongress der Bahnhofsmissionen Baden-Württembergs einen Sensibilisierungs-Workshop für die Belange von Menschen mit Blindheit halten und mit meiner Gitarre deren Gottesdienst begleiten. Insbesondere für blinde Menschen ist die Bahnhofsmission manchmal der letzte rettende Anker, um an fremden Bahnhöfen weiter zu kommen. Wie oft hat mich so ein netter Mensch von Zug zu Zug gebracht.
Wie oft war ich schon dankbar über einen heißen Kaffee, wenn bei Minustemperaturen Züge ausfielen und stundenlange Wartezeiten die Folge waren.
Manchmal gab es dann sogar einen Teller heißen Eintopf.
Wer schon mal in den Räumen einer Bahnhofsmission über einige Stunden erlebt hat, wer da alles so anklopft, wird sehr schnell merken, wie wichtig und unverzichtbar diese Arbeit ist. Man wird mal wieder in die Realität zurück geführt. Das eigene Problem tritt in den Hintergrund, wenn man die Schicksale dieser betroffenen Menschen erlebt.
So eine Erfahrung erdet mich wieder neu und es wird mir dann klar, wie oft ich auf sehr hohem Niveau jammere.
Es war wirklich unglaublich, wieviel Idealismus, wieviel Liebe, wieviel Empathie ich auf diesem Kongress erleben durfte. Da machte es mir nichts aus, dass ich meinen Workshop gleich sechs mal hintereinander halten durfte.
Jubiläumsmonat Mai
Im Mai hatte ich mal Pause. Dennoch war der Mai 2018 ein ganz besonderer Monat für mich.
Viele Dinge jährten sich im Mai 2018. Ich schrieb darüber in
Ein ehemaliger Studienkollege von mir bat mich, mal einen Kinderworkshop zu Astronomie für seine Kinder zu halten. Als ich ihm antwortete, dass das nur für zwei Kinder zu aufwändig wäre, mobilisierte er kurzer Hand einige Freunde der Kinder und deren Familien. Also hatten wir dann am Ende mit etwa zwölf Kindern und einigen Eltern einen wunderbaren Astronomie-Nachmittag in meinem überfüllten Büro. Es war großartig. Sogar meine Apollo-Rakete von Lego hat den Mondflug überlebt. Es wurde Helium geatmett, viel gefragt und dann gab es noch eine Anleitung, wie man eine Sonnenuhr selbst basteln kann.
Der zweite Höhepunkt war der Besuch der Mitgliederversammlung des Vereines Andersicht e. V. Zu Andersicht e. V.
Wie ihr auf deren Homepage sehen könnt, macht dieser Verein so einiges für menschen mit Seheinschränkung zugänglich. Ich ging auf die Versammlung, um Unterstützung zur Verwirklichung meines Planetenweg-Projekts zu erhalten. Die ist mir gewiss. Aus anderen Gründen ist aber das Projekt durchaus nicht so auf dem Weg, wie ich es gerne hätte. Vielleicht zeichnet sich aber hier bald ein Ende des Tunnels ab.
Wir hatten eine phantastische Führung durch die Englischen Gärten von Hannover. Es war ganz beeindruckend, denn unser Guide war selbst so gut, wie blind.
Es gab einen wunderbaren taktilen Plan zur Führung. Bis dahin hatte ich überhaupt keine Vorstellung, wodurch sich verschiedene Gärten, unterschiedlichster Epochen und Stilrichtungen auszeichnen.
Übrigens gibt es in Hannover auch ein ganz wunderbares Modell einer großen Kirche. Bin mir gerade nicht mehr sicher, ob es vielleicht sogar ein Dom oder Münster ist.
Apropos Hannover.
In Hannover hatte ich meinen ersten Vortrag zu meinem Buch im Literatursalon des dortigen Blindenvereines im Februar 2015.
Und Hannover ist die Geburtsstadt einer großen Astronomin. Ich schrieb über sie zum Weltfrauentag am 08.03.2018
Nicht zuletzt verfolgte ich im Juli mit großer Aufmerksamkeit, wie Amateurfunker halfen, dass der Funkkontakt zu Alexander Gerst für Schulen möglich wurde.
Hätte ich das in meiner Schule erlebt, dann wäre ich entweder durchgedreht, bzw. gleich Astronaut geworden.
Hier zeigte sich mal wieder, wie ganzheitlich Weltall sein kann. Da müssen Fragen auswendig gelernt und sprachlich geübt werden. Da muss Lampenfieber überwunden und Mut erprobt werden. Da lernen Schüler, wie man Kabel zieht, was alles für so eine Verbindung ins All nötig ist, dass Physik und Mathematik vielleicht doch nicht ganz so unnütze Fächer sind, den Umgang mit Werkzeugen und vieles mehr.
Alexander Gerst hielt eine sehr ergreifende Rede an seinen noch nicht vorhandenen Enkel. Das ist es, was über Weltraum und Astronomie eben auch geschehen kann. Betrachtet man die Fragilität unseres Raumschiffes Erde, dann sollte das vor allem bei Kindern das Umweltbewusstsein stärken.
Diese Rede war so ergreifen, dass ich gerührt tatsächlich etwas Wasser in die Augen bekam. „An meinen Enkel“
Endlich mal
Und das Sprichwort, dass der Prophet im eigenen Land nichts gilt, stimmt sogar teilweise.
am Freitag, dem 13.juli 2018 ermöglichte mir mein Buchverlag endlich nach drei Jahren eine Lesung in einem Buchladen in der Stadt, in welcher alles begann, in Baden-Baden.
Darüber habe ich mich sehr gefreut, auch wenn es dem dort ebenfalls ansässigen Verlag vielleicht auch etwas früher hätte gelingen können, für mich so eine Lesung zu arrangieren.
Ich bin mir nicht im klaren, wieviel Werbung ein Verlag für seine Autoren machen sollte, aber meine Erfahrung geht eher in die Richtung, künftige Bücher selbst zu verlegen, wenn man die ganze Werbung und alles dann doch letztlich selbst machen muss…
Wie auch immer. Der Vortrag war sehr schön. In Buchläden oder Bibliotheken ist es immer unheimlich gemütlich.
Dem Verlag war es terminlich wichtig, die Lesung an ein astronomisches Ereignis zu knüpfen.
Die treffen aber leider nicht immer dann ein, wenn man sie gerne hätte. Immerhin. am 13.06. fand in der Antarktis eine Sonnenfinsternis statt.
Ich kündigte sie auf Blindnerd an. Finsternisse 2018
Astronomie im Urlaub
Interessanter Weise begann mein Urlaub in Österreich wie 2017, als es Blindnerd.de noch nicht gab, mit einer Finsternis.
2017 war es die Sonnenfinsternis in den USA. Ich hielt einen kleinen Vortrag darüber für interessierte Miturlauber. Dasselbe tat ich 2018 über die Mondfinsternis. Es war eine kleine und feine Gruppe. Immer wieder finden sich Menschen, die sich für so ein Angebot interessieren, ohne, dass man sich aufdrängen müsste.
Auf jeden Fall darf ich nie in Urlaub fahren, ohne wenigstens ein, zwei taktile Astronomie-Mappen dabei zu haben. Einen BT-Lautsprecher und die Weltraumsounds habe ich sowieso immer dabei.
Am 11. August 2018 fand eine partielle Sonnenfinsternis statt, die leider auch nicht zu sehen war.
Eine der schönsten Beschreibungen einer Sonnenfinsternis findet ihr hier: Beschreibung einer Sonnenfinsternis von Adalbert Stifter
Was man nur einmal im Leben erlebt
Das Highlight des Jahres 2018 war zweifels ohne die Einladung zum Kongress der Internationalen Astronomischen Union. Niemals hätte ich mit dieser Ehre gerechnet, und ich wüsste auf Anhieb einige mehr, deren astronomische Inklusionsprojekte ebenso diesen Ruhm verdient hätten, z. B. die barrierearme Sternwarte in St. Andreasberg und deren Verein, Zu Sternwarte Barrierefrei St. Andreasberg
bzw. das Weltraum-Atelier in Saarbrücken, die auch unglaublich viel zum Thema Inklusion und Astronomie veranstalten. Zum Weltraum-Atelier
Schlechte Werbung
Am 24. August hätte ich eigentlich einen Workshop für Kinder eines Ferienprogramms halten sollen. Die Veranstalter, die Junge Union Bad Schönborn, hatten angefragt. Natürlich lasse ich mich grundsätzlich vor keinen politischen Karren spannen, aber in diesem Fall stand wirklich die Arbeit mit den Kindern und das soziale Engagement der Macher im Vordergrund. Für die AFD hätte ich das allerdings trotz bester Absichten niemals getan, das könnt ihr mir glauben.
Leider ist dieser Workshop mangels Anmeldungen ausgefallen. Das ist mir rätselhaft, weil so etwas Kinder immer anzieht. Ich denke, hier wurde falsch beworben. Ganz unschuldig bin ich vermutlich daran auch nicht. Ich denke, meine Einladung war nicht kindgerecht genug. Ich habe gelernt, dass man Veranstaltern einfach wirklich alles vorgeben muss. Ich habe hier zuviel Freiraum gelassen. Leider ist das sogar meine Erfahrung dann, wenn Pädagogen mit im Boot sind, die eigentlich wissen sollten, was eine kindgerechte Einladung sein soll.
Schade, aber vielleicht machen wir das im nächsten Sommer. Dann weiß ich es besser und mir wird der Workshop nicht absaufen.
Vortrag an meiner Alma Marta
Und was den September betrifft, so sind wir wieder bei dem Sprichwort vom Propheten im eigenen Land.
Trotz viel Pressespiegels ist es mir noch nicht gelungen, einen Vortrag am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), meinem Arbeitgeber, zu platzieren.
Das wird sich am 16.01.2019 ändern. Im September 2018 erhielt ich eine Anfrage eines Vereins. Zu Optic Students
Na, die werden sich wundern, wie wenig optisch es hier dann zugehen wird. Vielleicht ist aber genau dieses interessant für sie und sie haben deshalb angefragt.
Ich glaube, sie stießen über einen Artikel auf mich.
Darauf freue ich mich sehr. Der Vortrag soll zwar Englisch gehalten werden, aber ich habe durch Wien eine gute Grundlage. Man kann halt in der Fremdsprache in der Regel nicht ganz so rampensäuisch daher kommen, wie man das gerne täte…
Glücklicherweise kann ich auf die fertige Englische Übersetzung meines Buchtextes zurückgreifen, ohne den ich schon in Wien gnadenlos abgesoffen wäre.
Versuchs, wenn Du kannst
Im Oktober durfte ich nochmal so eine „Familienfreizeit“ halten, die eine Familie initiierte und dann kamen viele Freunde dazu. Das war, wie mit Kindern immer, super schön.
Was viele dann doch immer verblüfft ist, dass die Kinder niemals ausnützen, dass ich sie nicht sehe. Ich würde das auch merken, und wenn nicht, dann sind sie darin so gut, dass man auch diese Rafinesse würdigen sollte.
Ich kann mich erinnern, dass meine Nachhilfeschülerin das mal versucht hatte. Ich bestand darauf, dass der Fernseher währent des Unterrichts abgeschaltet wird. OK, dem Wunsch wurde zumindest da hin gehend entsprochen, dass der Apparat verstummte.
Der Lautsprecher schon, nicht aber die Elektronik. Die kann man hören. Bei den Flachfernsehern nicht mehr so eindeutig, wie bei den alten Röhren-Fernsehern, die so entsätzlich pipsten, aber Schaltnetzteile etc. pipsen auch. Um ganz sicher zu gehen und sie auf die Folter zu spannen und in Sicherheit zu wähnen, ob es wohl klappen würde, ließ ich mir bis zum Schluss nichts anmerken. Kurz vor Ende der Stunde stand ich dann ohne Vorwarnung auf, ging zum Fernseher, patschte mit der flachen Hand darauf und fragte meine Schülerin, wieso er denn noch immer warm sei, obwohl er doch schon seit mindestens einer Stunde ausgeschaltet wäre.
Naja, den Rest kann man sich denken. Sie hat in den ganzen Jahren danach nie wieder nur im Ansatz versucht, mich mit so etwas auszutriksen. Wie gesagt. Wer’s schafft ist gut und darf sich meiner Anerkennung gewiss sein…
Der Umzug
Der Umzug meines Blogs im Oktober auf meinen eigenen Webspace und mein eigenes WordPress, war ebenfals ein sehr großes Projekt. Manchmal den Tränen nahe und kurz vor dem Aufgeben, kämpfte ich mich durch die Bedienung von WordPress und erlernte mühsam die Bedienung dieses sehr komplexen Systems. Ich weiß längst noch nicht, wie dort alles funktioniert, aber der Anfang ist gemacht, der Knoten geplatzt und ich hege, pflege und liebe meinen Blog sehr. Beharrlichkeit führt eben oft zum Ziel. Auch meiner Arbeitsplatzassistenz brachte dieser steinige Weg sehr viel. Sie lernte sich in mich hinein zu versetzen und versteht jetzt, wie sie mir z. B. einen Bildschirmaufbau oder Bedienkonzepte erklären kann, damit ich es mit meiner Hilfstechnologie verstehen und benutzen kann.
hoffentlich hattet ihr geruhsame und schöne Weihnachtstage.
Weil eine Blogparade zum Thema stattfand, deren Ablaufdatum ich leider verpasste, ist dieser kleine Artikel entstanden, wieso ich Blogger wurde.
Viel Freude damit.
Und so war es bei mir:
Ich bin ganz langsam in die Schreibsucht geraten. Angefangen hat alles mit einem Mailverteiler auf meinem Rechner, der Schöngeister hieß. Hier waren Freunde und Bekannte drin, von denen ich weiß, dass sie sich für meine Dinge interessieren, die ich schön finde. Dort ging es dann um Literatur, Musik und oft auch um Astronomie. Ich glaube, das war so um 2008. Das plätscherte so völlig stressfrei und entspannt vor sich hin. Ich schrieb meine Artikel und chattete mit meinen Freunden darüber. 2013 hatte ich eine schwere berufliche Krise. Ich wusste nicht, ob ich arbeitslos werde, hatte einen neuen Vorgesetzten, alles strukturierte sich um, so dass ich viele Aufgaben verlor und in ein psychisches Loch geriet. Ich wusste das schon aus vergangenen Krisen, dass Schreiben meiner Psyche sehr gut tut. Und diesmal war die Krise offenbar so groß, dass ich mich in ein Schreibprojekt stürzte, das mich zwei Jahre lang beschäftigen sollte. Ich schrieb mein buch „Blind zu den Sternen“, ein autobiographisches Büchlein, das meinen Weg zur Astronomie beschreibt, obwohl ich vollblind bin. Das Buchprojekt war meine Therapie. Es war zu dieser Zeit das einzige, wo ich mich geistig ausgelastet und gefordert fühlte. Von un an ging es aufwärts. Das Buch stimmte mich deutlich positiv, was vielleicht auch dazu führte, dass ich positives anzog. Meine Stelle wurde entfristet, ich fand neue Aufgabenfelder und die Umstrukturierungen und Beben waren vorbei. Zu dieser Zeit schrieb ich eine Initiativbewerbung an die Deutsche Astronomische Gesellschaft, wo ich gerne Mitglied werden wollte. Da kann man nicht einfach eintreten. Man muss für gut befunden werden. Man muss seine Arbeit und Projekte vorstellen, und man muss mindestens zwei Personen davon überzeugen, die für einen bürgen.
Naja, etwas altbacken und freimaurerisch das ganze, aber so ist das halt.
Ich schickte einiges, was meine Vorträge etc. betraf und später dann auch in das Buch eingang fand, und habe da überzeugt.
Mein Konzept der „Inklusion am Himmel“ kam an.
Und so bin ich seit Mai 2013 das erste und einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.
Nun reichte natürlich auf einen Schlag mein kleiner Mailverteiler nicht mehr aus. Im nächsten Schritt, hob ich den Verteiler in eine richtige ausgewachsene Mailingliste auf einem Mailserver mit allen Sicherheitsmaßnahmen etc.
Die hat derzeit so um 240 Mitglieder und läuft aus historischen Gründen noch parallel zu meinem Blog https://blindnerd.de.
Das reichte irgendwann auch nicht mehr aus. Emails kann man nicht aktualisieren, z. B. zur Fehlerbehebung oder richtigstellung einer astronomischen Fehlinformation.
Und so begann ich im Oktober 2017 meinen Blog. Ich kämpfte bis an die Tränen mit WordPress, denn das ist am Anfang wirklich super komplex. Und wenn man niemanden hat, der sich gut damit auskennt und einem die Kniffe zeigt, dann tut man sich als Blinder damit so schwer, dass ich manchmal aufgeben wollte.
Zum Reinschnuppern begann ich meinen Blog direkt mit der kostenlosen Version von WordPress auf deren Server. Das war der https://blindnerd.wordpress.de.
Nun kann man verständlicherweise auf dieser kostenlosen Version nicht einfach schalten und walten. Ich wollte Dinge, z. B. aHochladen von Audiofiles, was nicht ging, verschiedene Punkte der Barrierefreiheit ließen sich nicht umsetzen etc.
Außerdem störte mich das „WordPress“ im Namen des Blogs.
So mietete ich mir einen eigenen Webspace, richtete mein eigenes WordPress ein und exportierte den Blog.
Jetzt habe ich alles, was ich brauche. Ich liebe meinen Blog. Ich hege und pflege ihn und ja, ich bekenne hier feierlich, dass ich schreibsüchtig und Keyboardabhängig bin.
Lydia ist eine blinde Bloggerin, die ihren Alltag und damit verbundene Themen als blinde Mutter beschreibt.
Es lohnt sich wirklich mal auf diesen Blog zu gehen, wer sich für Probleme und Lösungen interessiert, die blinden Menschen so im Alltag begegnen können.
Für ihren Blog, hatte ich die Ehre, einen Gastbeitrag über „Astronomie für benachteiligte Kinder“ schreiben zu dürfen.
Diesen teile ich mit euch gerne. Ich wünsche euch viel Freude damit. Ihr findet ihn hier:
Gestern habe ich vielleicht die leckersten Königsberger Klopse meines Lebens gegessen.
Wer mal zufällig nach Rheinstetten kommt, sollte in der #Giebelstuben in Mörsch Die Giebelstuben in Rheinstetten
vorbei schauen. Vielleicht gibt es ja grad welche.
Und bei diesem herrlichen Abendmahl viel mir ein, dass Königsberg und Astronomie durchaus etwas miteinander zu tun haben.
Johann Müller aus Königsberg war einer der größten Mathematiker und Astronomen des 15. Jahrhunderts.
Er ist auch unter dem Namen „Regio Montanus“ bekannt. Dieser Lateinische Name, leitet sich aus seinem Geburtsort „Königsberg“ ab.
Er erstellte u. a. Sternkarten und Sterntafeln für Seefahrer, die sich großer Beliebtheit erfreuten und die Navigation deutlich verbesserten.
In Wikipedia steht unglaublich viel von ihm.
Hätte Kolumbus nicht seine Efimeriden auf seinen Schiffsfahrten benutzt, so wäre es ihm einmal richtig schlecht ergangen und es hätte ihn vermutlich das Leben gekostet. Dank Müller blieb er am Leben.
Kolumbus und die Mondfinsternis vom Februar 1504:
Er war mit seiner Mannschaft auf Jamaika gestrandet. Der Sturm hatte die Schiffe zerstört und teile der Mannschaft begannen zu meutern.
Auch Nahrung und Wasser wurden knapp.
Außerdem mussten sie mit Racheangriffen der Indianer rechnen, die sie zuvor geplündert hatten.
Nun erkannte Kolumbus, dass eine Mondfinsternis bevorstand. Hierfür benutzte er astronomische Karten zur Navigation des Astronomen Johannes Müller.
Er ist vermutlich eher unter dem Namen Regio Montanus bekannt, was der lateinische Name seines Heimatortes Königsberg, bedeutet.
Kurz um, wandte sich Kolumbus mit dieser Tatsache derart an den Häuptling, dass er für den Fall, dass keine weitere Hilfe von Seitens der Indianer käme, er seinem christlichen Gott befehlen würde, ihnen Leid zu zu fügen. Als Zeichen, dass dieser Gott es Ernst meine, werde er in der folgenden Nacht dem Mond den Glanz nehmen.
Zum Glück sagten Kolumbusens Sternkarten die Mondfinsternis richtig voraus, ansonsten wären vermutlich einige in den Kochtöpfen der Ureinwohner gelandet.
So aber, bekamen diese Angst und versorgten die Mannschaft weiterhin mit Nahrung und was sonst von Nöten war, um die Heimreise antreten zu können.
Es gäbe noch mehr über Königsberg zu berichten, z. B. das Sieben-Brücken-Problem, aber das ist eher für Informatiker und weniger für Astronomen interessant.
Es ist halt schon so. Astronomie klingt fast, wie Gastronomie…
Heute geht es mal um Inklusion. Wer mich kennt weiß, dass ich die Astronomie für eine der inklusivsten Wissenschaften halte, die es gibt.
Aber heute geht es nicht um Astronomie, sondern um ein Sportereignis, an dem ich teilnehmen durfte.
Am 23.09.2018. fand im Rahmen des Baden-Marathons der bereits dritte Inklusionslauf statt, an dem diesmal auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Institut für Sport und Sportwissenschaften (IfSS und das Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) mit mehreren Teams vertreten waren.
„Ein Zeichen für Menschlichkeit, Frieden und Gemeinsam Verschieden sein, setzen.
Das Ziel ist der Weg.
So, oder unter ein ähnliches Motto, könnte man den Inklusionslauf stellen, der am 23.09.2018 im Rahmen des Baden-Marathon in karlsruhe stattfand. Zur Seite des Inklusionslaufs
So trafen sich zahlreiche Einrichtungen für Menschen mit Einschränkungen, wie z. B. die Lebenshilfe, die Reha-Südwest und die Caritas um diesen sechs Kilometer langen Lauf nicht gegeneinander, sondern Miteinander und füreinander zu bewältigen.
Ob im Rollstuhl, im Liegerad, mit Prothesen, stöcken oder anderer Einschränkung, war der Weg das Ziel.
Das KIT beschäftigt sich schon länger auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Thema Inklusion, z. B. im Rahmen seines Gesundheitsprogramms Inklusiv Mobil
und dem Seminarangebot für Studierende der Sportwissenschaften „Kleine Spiele“, das Studierende für inklusive Sportangebote und gemeinsame Teilhabe, sensibilisiert.
Siehe hierzu: Astrosport
Vor diesem Hintergrund wagten sich auch drei Teams des KIT an den Start.
Ein Team bildete eine Informatikstudentin mit Rollstuhl zusammen mit einer Hiwine des Sportinstitutes.
Das zweite bestand aus einem blinden wissenschaftlichen Mitarbeiter des Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS), dem Autor dieses Artikels, und seiner sehenden Kollegin als Begleitung. Zum SZS
Ein Mitarbeiter des Sportinstitutes begleitete seinen Vater, der den Lauf mit seiner schlaganfallbedingten Einschränkung im Liegefahrrad bestritt.
Als wir gemeinsam am Startplatz eintrafen, schlug uns sofort eine unglaubliche Stimmung und Fröhlichkeit entgegen.
Einige der Teams wurden über Lautsprecher vorgestellt. Da wurde sofort klar, wieviel Diversität unsere Gesellschaft zu bieten hat. Ich bin immer wieder erstaunt ob der Anzahl an Organisationen und Einrichtungen, die es alleine nur in Karlsruhe für Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen gibt.
Aber nicht nur Menschen mit Einschränkungen waren zu sehen. Sowohl beim Marathon, als auch beim Inklusionslauf konnte man andere Sprachen hören und Menschen mit anderer Hautfarbe wahrnehmen. Gerade für Migranten und Flüchtlinge sind solche Veranstaltungen eine ideale Chance der Inklusion, weil derlei Sprachbarrieren und soziale und ethnische Benachteiligungen überwinden helfen.
Endlich fiel der Startschuss und es ging los.
Unser Team mit dem Rollstuhl war bald in der Ferne verschwunden. Wir, das SZS-Team hatten uns als Ziel gesetzt, unter eine Stunde zu kommen.
Die Stimmung auf der ganzen Strecke war großartig. Immer wieder gab es Schausteller und Gruppen, die mit Trommeln, Musik und Applaus einen wieder anfeuerten, oder mit frischen Getränken willkommene Stärkungen darreichten.
Der Sports- und Kampfgeist wehte überall.
Für viele Teilnehmende mit vor allem geistigen Beeinträchtigungen ist so ein Lauf oft eine von sehr wenigen Gelegenheiten des Jahres, mal aus der Tristesse des Alltages zwischen Wohnheim und beschützender Werkstatt, auszubrechen, sich und ihren Körper anders zu erleben und das Gefühl eines Erfolges zu verspüren.
Da wird ungefiltert vor Freude gelacht, gejauchzt, geschrien und umarmt. Da werden im Überschwang von Freudenausbrüchen Sprints hingelegt, welche die Begleitpersonen ohne Einschränkung verzweifelt mit flehendem Blick zurücklassen, er oder sie möge bald vor Erschöpfung wieder langsamer werden.
Nicht sichtbar sind im Alltag die sehr zahlreichen „unsichtbaren“ Beeinträchtigungen, die Betroffene nicht minder einschränken können. So sind beispielsweise psychische Beeinträchtigungen oft nicht wahrnehmbar, und ermangeln häufig gesellschaftlicher Toleranz und Akzeptanz. Auch diesen Grupierungen bietet so ein Lauf die Chance für den Schritt in die Öffentlichkeit.
Meine Kollegin und ich waren durch ein etwa 20 cm langes Seil verbunden, das an den Enden Holzgriffe hatte, von denen jeder von uns einen in der Hand hielt.
Das ermöglicht zum einen Armfreiheit für beide Läufer und zum anderen kann die sehende Begleitperson durch Zug am Seil Richtungsinformationen geben.
Wir hielten unser recht strammes Tempo durch und sparten Kraft, indem wir nur dort kleinere Sprints hinlegten, wo man befürchten musste, fotografiert oder gefilmt zu werden, oder, wo besonders häftig applaudiert wurde, und die Stimmung super war.
Und so kamen wir dann mit erreichtem Vorsatz, unter einer Stunde im Ziel an.
Der folgende Link zeigt, u. A., wie meine Kollegin und ich über die Ziellinie joggen.
Dort erfuhren wir, dass das Rollstuhl-Team des KIT Platz eins gewonnen hatte. Die Fuhren eine Zeit von 30 Minuten ein. Sechs Kilometer per Hand in 30 Minuten. Das ist unglaublich!
So dachten wir, aber die Auswertung ergab, dass es ein Team von Diabetikern in ungefähr 27 Minuten geschafft hatte.
Da es keine Sieger gab, schmälert das eine Ergebnis keinesfalls die Leistung des anderen Teams.
Das Ziel war das Ziel.
Und da stießen wir auch wieder auf unser drittes Team mit dem Liegerad. Mit halbseitiger Lähmung und Aphasie durch einen Schlaganfall erreichte dieses Team fünf Minuten vor uns die Ziellinie.
Die Freude dieses Mannes, das Ziel erreicht zu haben, war so unglaublich groß, dass sie auch ohne gesprochene Worte und trotz fehlenden Blickkontakts auf mich übersprang und mich sehr stark berührte. Der Händedruck war es, der alle Emotionen und die Freude übertrug.
Fazit:
Es hat sich sehr gelohnt, bei diesem Inklusionslauf mitzumachen. Derlei Veranstaltungen sollte es öfter geben, damit vor allem diejenigen Mitmenschen, die wegen einer sozialen, gesellschaftlichen, körperlichen oder seelischen Einschränkung in Werkstätten, Kliniken, Wohnheimen oder sonst wo versteckt leben müssen, stärker ins Bewusstsein rücken. Es geht hier weniger um diejenigen Menschen mit Einschränkung, die heldenhaftes leisten, sondern um die Antihelden in dieser Gesellschaft, die hier durch so einen Lauf Gemeinsamkeit, Wertschätzung und Zugehörigkeit erleben können.
Außerdem setzt so eine Veranstaltung Zeichen gegen Faschismus, Ausländerhass etc.
Wir sind mehr und wir wollen Inklusion, Diversität und sehen Andersartikeit ob in Kultur, Gesellschaft Arbeitswelt und wo sonst auch noch, als Bereicherung.
Das SZS-Team ist im nächsten Jahr wieder dabei.“
heute darf ich mit euch ein unglaublich starkes Erlebnis teilen.
Und alles begann so:
Der Anruf
Es muss so Mitte April gewesen sein. Es war ein Mittwoch Nachmittag zwischen 13:30 und 14:00 Uhr, als plötzlich im Büro mein Festnetztelefon klingelte. Auf dem mobilen Gerät hatte ich bereits eine andere dienstliche Telefonkonferenz laufen. Also stellte ich die kurz stumm und hob den Hörer ab.
Es war jemand aus Österreich, der mich anfragte, ob ich grundsätzlich bereit wäre, bei einem Inklusionstag auf dem Kongress der Internationalen Astronomischen Union 2018 in Wien, mit zu wirken.
Mir fiel fast der Hörer aus der Hand ob dieser Ehre, die mir hier scheinbar zuteil werden sollte.
Ich sagte sofort zu. Nun hieß es warten, denn aus dieser Anfrage musste erst noch eine offizielle Einladung werden. Mir wäre die alleinige Anfrage schon Ehre genug gewesen. Weiß ich doch, wie es ist, wenn man so große Konferenzen plant. Da fragt man an, kann dann aber nicht alle aufnehmen. Das ist kein Makel, wenn man so wo raus fällt.
Nun hörte ich im April nichts mehr, kein Zeichen im Mai und auch im Juni nichts. Ich dachte ohne Groll, dass es halt diesmal nicht klappt.
Und dann geschah es. Am 20.07., genau an meinem letzten Arbeitstag vor meinem Urlaub, kam der Anruf mit der offiziellen Einladung.
Die Vorbereitung
Nun musste alles relativ schnell gehen. Zum Glück unterstützte mich die IAU hier tatkräftig. Sie suchten mir ein Hotel, hatten bei der Konferenz Assistenz zur Unterstützung und vieles mehr.
Ich musste, und das war ein sehr hartes Stück Arbeit, meinen Vortrag basteln, Skript und Folien und alles auf Englisch mit Fragen am Schluss für maximal 15 Minuten.
Zum Glück ist meine Englische Übersetzung meines Buches so gut wie fertig. Somit konnte ich hier einiges als Basis nehmen und musste nicht alles selbst formulieren.
OK, gesagt, getan. Der Vortrag stand rechtzeitig, so dass ich ihn noch oft üben konnte, das Ticket war samt Umsteigehilfen gebucht und das Hotel reserviert.
Die Reise
Schwierig war für mich auf dieser Reise, dass ich keine eigene Assistenz oder Begleitperson zur Verfügung hatte. Ich fuhr ins blaue hinein in der Hoffnung nach wien, dass dort schon irgendwie alles funktionieren wird, so dass ich nicht verloren gehe.
Leider kam ich am 21.08. erst mal über eine Stunde zu spät auf dem Wellcome Meeting an, so dass es im Grunde schon wieder vorbei war, weil das Kongresszentrum schloss.
Die Hauptkoordinatorin Wanda, die eine blinde Berufsastronomin ist, und in Südafrika arbeitet, hat mich mit einer sehenden Studentin der Astronomie, vom Gleis abgeholt. Dann ging es durch den Wiener Untergrund, was super funktionierte.
Wanda hat es heute, am 20.08.2019 sogar in die Sendung Sternzeit des DLF geschafft. Hier geht es zur Sternzeit-Folge über Wanda
Und es kam sogar noch besser. DLF-Nova interviewte diese großartige Wissenschaftlerin direkt auf dem Inklusionstag der IAU. Hier geht es zum Audio-Interview.
Um das hier mal vorweg zu nehmen. Wanda war durchaus nicht die einzige blinde Astrophysikerin, die ich hier traf.
Es gab auch welche mit anderen Einschränkungen, z. B. durfte ich einem Vortrag beiwohnen, den ein total gehörloser Astrophysiker hielt, aber der Reihe nach.
Wie gesagt, lief am Anreiseabend dann nicht mehr viel. Ich wurde in mein Hotel gebracht, wo ich im Hotelrestaurant zu Abend aß. Da musste ich mich ohne Assistenz ganz schön durchfragen und um Hilfe bitten. In dieser Hinsicht war diese Konferenz ein sehr gutes Training für Orientierung und Mobilität und für die Überwindung, dauernd fragen zu müssen.
Meine Erfahrung ist eigentlich immer die, dass man sich vorher viel mehr Sorgen macht, als nötig.
Auf ins Getümmel
So ging ich am nächsten Morgen mit mulmigem Gefühl im Magen ohne Hilfe zum Frühstücksbuffet. Immer dem Geschirrgeklapper und dem Kaffeeduft hinterher.
Und das sah zunächst nicht gut aus. Die Personaldecke war an diesem Morgen so dünn, dass man mir nur unter größten Schwierigkeiten hätte helfen können. Ich übte mich somit in etwas Geduld, bis die Rettung kam. Plötzlich sprang mir die sehende Ehefrau eines blinden Australischen Astrophysikers zur Seite. Wir drei kamen sofort ins Gespräch, diese liebe Frau versorgte mich einfach kurz mit und wir gingen nach dem Frühstück gemeinsam zu Fuß zum Konferenzzentrum.
OK, da konnte ich erst mal aufatmen, denn zum Zuhören bei Vorträgen brauche ich keine Hilfe. und der Aufbau meines Messestandes würde sich auch schon irgendwie finden.
Und genau so war es auch. Als ich mal meine Tische zugewiesen bekam, konnte ich ganz normal aufbauen, wie ich das bei meinen Vorträgen oft tue.
Ich hatte an Modellen alle Steinplaneten, den Mond und den Kometen Juri dabei. Außerdem noch taktile Mappen mit Darstellungen von Finsternissen, Sternbildern und mehr. Ein Highlight auf meinem Stand war sicherlich das sprechende Handplanetarium „Universe2Go“. Das war im Vorfeld noch etwas bockig, bis ich es hin bekommen hatte, dass es sowohl auf Englisch, als auch auf Deutsch quasi parallel auf meinem iPhone lief.
Nach dem Standaufbau war es dann auch schon Zeit, sich für die Vorträge in den Hörsaal zu begeben.
Und los geht es
Bei dieser Veranstaltung „Inspiring Stars“ handelte es sich um einen Tag der offenen Tür, bei dem das Thema Astronomie und Inklusion im Vordergrund stand.
Die IAU hat die Chance erkannt, welche Astronomie für die Inklusion bietet.
Und die haben für diesen Tag richtig Geld in die Hand genommen. Es ist ganz erstaunlich, wie es dem Orga-Team gelungen ist, uns alle auf der ganzen Welt verteilt zusammen zu trommeln und einzuladen.
Und so starteten die Vorträge mit einem aus Mexiko, der wunderbar Synergien und wissenschaftsübergreifende Kooperation aufzeigte, die gerade erst durch den Inklusionsgedanken entstehen können.
Der nächste Vortrag wurde dann von dem blinden Astrophysiker gehalten, dessen Frau mich beim Frühstück so vortrefflich unterstützte. Er führte uns vor, wie sonifizierte Astrodaten, z. B. Helligkeitsausbrüche oder Strahlenausbrüche klingen können, und dass man diese Klänge nach etwas Übung wirklich interpretieren kann. Seine Software „Starsound“ werde ich ganz bestimmt mal ausprobieren.
Daran schloss sich dann eine Diskussionsrunde mit Wissenschaftsjournalen an. Hier ging es darum, wie die Zugänglichkeit hier verbessert werden könnte, z. B. dass Mathematikformeln nicht nur als Bildchen im Dokument erscheinen, sondern auch in einer für blinde lesbaren Form hinterlegt werden sollte, z. B. in LaTeX.
Insbesondere bei Ebook-Standards gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, die Dokumente barrierefrei zu gestalten, wo von häufig noch viel zu wenig Gebrauch gemacht wird.
Nach dem Mittagessen hörte ich einen ganz beeindruckenden Vortrag eines gehörlosen Astronomen. Er zeigte u. A., dass die Astronomie durchaus eine Wissenschaft ist, die traditionell von Wissenschaftlern mit Einschränkungen schon immer betrieben wurde und wird.
Das kann man in meinem Buch „Blind zu den Sternen“ im Kapitel „Wissenschaftler mit vier Sinnen“ auch nachlesen.
Danach bestürmte uns auch schon die Kindergruppe des Österreichischen Computercamps. Wir stellten alle kurz unsere Stände vor, die es dann im Anschluss zu bestaunen galt. Seite des ÖCC
Von 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr gab es dann auch noch einige öffentliche Vorträge. Darunter war auch der meine „Explore the Universe with four Senses“.
Parallel dazu lief immer die Ausstellung.
Ein starkes Erlebnis war auch, wie ergriffen der Generalsekretär der IAU über unsere Arbeit sprach, wie er sie würdigte und wie ernst ihm die Inklusion ist.
Da ich hier nicht alle Vorträge etc. erwähnen kann, gibt es hier den Link zum Programm in Englisch:
https://sites.google.com/oao.iau.org/inspiringstars
Und hier gibt es den Link zur Übersicht aller Stände, auch in Englisch:
https://sites.google.com/oao.iau.org/inspiringstars/the-exhibition?authuser=0
Ach ja, Interviews gab es natürlich auch noch.
Am Vormittag wurden einige von uns, auch ich, einzeln von einem Österreichischen Radio interviewt. Das war vielleicht ein seltsames Gefühl, von dem Reporter auf Englisch interviewt zu werden, obwohl wir das ebenso auf Deutsch hätten machen können. In der Sendung wäre das aber dann etwas irritierend. Die übersetzen das ja eh. Dann
ist das Interview selbst Englischer O-Ton bis Atmo. Das muss schon einheitlich sein.
Am Nachmittag hatte ich dann einen sehr interessierten Journalisten aus Österreich am Stand. Er begleitete die Kindergruppe des Computercamps.
Für einen Kinderkurier verfasste er einen sehr schönen und ergreifenden Artikel, der reichhaltig für die Gucklinge bebildert ist.
Was die Ausstellung betrifft, so habe ich diesem Artikel im Grunde nichts hinzu zu fügen.
Vielen Dank an Herrn Wagner, dem Journalisten, und seiner Redaktionsleitung, dass ich seinen Artikel hier veröffentlichen darf.
Der Artikel enthält derart viele Bilder, dass ich mir die Erlaubnis erbat, den Fließtext ohne Bilder hier einstellen zu dürfen, weil er mit Bildern für Screenreader sehr mühsam zu lesen wäre.
Für die Sehlinge gibt es natürlich dann auch noch den Link zum bebilderten Artikel.
Ich erlaube mir jetzt, einfach Herrn Wagner sprechen zu lassen.
Planeten und andere All-Objekte be-greifen
Am Tag der offenen Tür beim internationalen Astronomiekongress in Wien gab es viele taktile Modelle, mit denen auch blinde und sehschwache Menschen Himmelserscheinungen erleben konnten.
Nach den Sternen greifen – dieser meist symbolische Satz, der viel verspricht, hat in einer spannenden Ausstellung beim internationalen Astronomie-Kongress (31. Generalversamlung der Internationalen Astronomischen Union) im Wiener Austria Center eine Art wortwörtliche Bedeutung. Himmelskörper und -phänomene zu be-greifen ist das Anliegen der möglichst barrierefreien Schau „Inspiring Stars“ (anregende Sterne).
Der Kinder-KURIER begleitete – mit einer Kollegin aus der Inklusiven LehrRedaktion – eine Gruppe Jugendlicher des in dieser Woche laufenden Computer-Camps im BundesBlindenInstitut diese Ausstellung. Julia und Lara tasteten mit ihren Händen zunächst Modelle von Mars, Merkur und Erde ab. Zu diesem Vorgang sagen sie sowie ihre Kolleg_innen übrigens immer „anschauen“.
Am Stand von Gerhard Jaworek kann auch ein Modell vom Mond und eines Meteors be-griffen werden. Jaworek, der selber blind ist und schon als Kind die Liebe zur Astronomie entdeckte, hat diese Modelle so wie seine Kolleg_innen an den anderen Stationen mittels 3D-Drucker angefertigt. Er hat aber auch informative Hefte – auf Deutsch und auf Englisch – zu den Planeten erstellt – in Reliefdruck – also mit erhabenen, be-greifbaren, Stellen sowie auch in Braille-Schrift. Jaworek demonstrierte auch sein „sprechendes Hand-Planetarium“. Dazu platzierte er sein SmartPhone in einer Vorrichtung, wie sie von Virtual-Reality-Brillen bekannt ist, schloss sie an einen Lautsprecher an – und im absoluten Dunklen kann durch die Geräusche des Universums navigiert werden. „Die Sonne sendet ein sehr spannendes Radioprogramm aus“, schreibt er etwa in seinem Buch (siehe Infos unten).
Neben angreifbaren Modellen – übrigens auch von einem stark vergrößerten Blatt eines Laubbaumes oder von Entwicklungsphasen von Pilzsporen – gab es auch etliche Stationen, in denen Sichtbares aus dem Weltall in Töne „übersetzt“ wird. Tiefe Töne für dunkle Stellen und hohe bis höchste für (sehr)helle Stellen. Viola und Laura hörten etwa über eine Handy-App so mit der Bewegung ihrer Finger eine dargestellte Sonnenfinsternis. Die konnten sie auch spüren, weil diese App das Gesehene nicht nur in Töne, sondern auch in Vibrationen verwandelt.
Bei einer anderen Station nahmen Natalie, Eli und Maximilian an einem Hör-Quiz teil, bei dem es um Zuordnung von Gehörtem und Frequenz-Kurven ging. Sofia und Emma tasteten be-greifbare Koordinatensystem des Weltalls ab, Igor, Dimana und Martina be-griffen sechs Sternbilder auf den Seiten eines großen Würfels und nebenan noch eines mit unterschiedlich warmen Lämpchen. Dabei handelt es sich um eine der Stationen, von der auch Sehende mehr an Information und Wissen haben, als von herkömmlichen Sternbildern. Denn die unterschiedlich warm leuchtenden Lämpchen weisen auch darauf hin, dass die Sterne ja nicht alle die gleiche Temperatur haben.
Das gilt übrigens auch für das Modell des Orion-Nebels, das Fabian, Stefan und Maximilian unter die Finger nahmen. Während Sternbilder – sowohl am Himmel als auch in Darstellungen für Sehende ausschauen, als wären sie alle gleich weit entfernt, sind in diesem Modell die Kugeln, die für die wichtigsten Sterne dieses „Nebels“ stehen, unterschiedlich weit von der Ausgangsplatte entfernt. Verschiedene Farben zeigen wieder Temperatur-Unterschiede an.
„Wir wollen den Himmel zu allen bringen!“ Dieser Satz war am Tag der offenen Tür bei diesem Kongress oft zu hören. Leider gab’s nur einen solchen Tag bei der noch bis Ende August laufenden Tagung. Aber die Idee „Inspiring Stars“ war über den ganzen Kongress hinweg allgegenwärtig, weil viele Exponate die ganze Zeit ausgestellt wurden. Somit wurde diese Botschaft weit in die Astronomische Gemeinschaft getragen.
„Das Wichtigste für Menschen mit Blindheit ist es, den Mut zu haben, sich etwas vorzustellen und mit sehenden Menschen über ihre Vorstellungen ins Gespräch zu kommen ohne die Angst, ihre Vorstellung könnte falsch sein“, schreibt Gerhard Jaworek in seinem Buch „Blind zu den Sternen – mein Weg als Astronom“ (Verlag Aquensis Menschen, 14 €).
www.iau.org
Den Sternen zuhören
Der im Bericht erwähnte Gerhard Jaworek ist übrigens nicht der einzige unter den Astronom_innen des Kongresses, der nichts sieht. Wanda Diaz Merced, die am Observatorium von Kapstadt (Südafrika) forscht, wurde sogar über einen TED-Talk im kanadischen Vancouver (2016) bekannt, wo sie über ihre Spezialität, das Hören der Sterne, sprach. Zu einem kurzen Bericht und Video im Artikel geht es hier unten.
Hier wurde etwas angestoßen, das sicherlich noch reichhaltige Früchte tragen wird.
* Es hat sich alles bestätigt, was ich jemals in meiner „Inklusion am Himmel“ gesagt und postuliert habe.
* Es ist für mich von unschätzbarem Wert, hier dabei gewesen sein zu dürfen.
Nicht jeder Zugang zu Astronomie ist für alle Menschen geeignet, aber es gibt einen Zugang für jeden
Was fehlt noch? Unbedingt eine kleine Danksagung.
Ich danke der Leitung des Studienzentrums für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) http://www.szs.kit.edu für seine Unterstützung
Die Leitung, die mich hier unterstützt und diese Arbeit mit trägt, würdigt und schätzt,
der Mitarbeiter, der mir mal schnell noch zehn neue taktile Mappen in Englisch erstellt,
die Mitarbeiterin, die mir in einer affenartigen Geschwindigkeit noch bei der Erstellung eines Posters hilft,
der Kollege, der mir immer mal wieder das eine oder andere Modell durch den 3D-Printer lässt
und meine Arbeitsplatzassistenz, die mir bei der Gestaltung meiner Folien half und mir die Züge buchte.
Ohne euch alle, könnte ich diese Arbeit niemals so durchführen.
Sicherlich habe ich, wie das immer so ist, nicht alle erwähnt. Dank auch an die nicht erwähnten. Ihr seid nicht minder an diesem ewigen Projekt beteiligt.
So, jetzt hoffe ich, dass meine und auch Herrn Wagners Freude und Begeisterung hier auf euch übergeht.
Die Abreise erspare ich uns an dieser Stelle.
Alles gute bis zum nächsten Mal wünscht euch
heute geht es in meinem Blog mal um kein astronomisches Thema. Endlich mal, denn ich möchte künftig auch dem anderen Teil der Blogbeschreibung mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung beimessen.
Heute geht es um Urlaub. Urlaub, nicht im herkömmlichen Sinne, sondern Urlaub von der Behinderung, in meinem Fall von der Blindheit, machen.
Oder sollte man eher sagen: „Urlaub von der Welt der Sehenden?“
Prolog
„Lebe möglichst, als wärest Du sehend!“
stand vor einigen Jahren auf einem Plakat, das den Studierendenraum unseres Institutes zierte. Das war ein Motto der damaligen Leitung, dass wir unbedingt „Top-Blinde“, das war sein Wort, sein sollten, um vorgezeigt zu werden, um Eindruck zu schinden, und letztlich, um auch zu zeigen, welch tolle Arbeit an unserem Institut gemacht wird.
Da das Poster meinem Vorgesetzten gehörte, durfte ich ihm natürlich kein Leid zufügen.
Ich schwor mir aber, dieses Plakat, sollte ich einst dazu befugt sein, umgehend zu entfernen, un die Vernichtung dieses Satzes zu zelebrieren.
Die Zeiten haben sich geändert, ich arbeite mittlerweile seit fast 25 Jahren an besagtem Institut und auch unsere soziale humanistische und pädagogische Ausrichtung hat sich diesbezüglich zum Positiven hin entwickelt, so dass ich vor einigen Jahren die Zerstörung dieses Plakates feierte.
„Blinder, Lebe, als könntest Du sehen“,
„Lahmer, lebe, als köntest Du gehen“,
„Tauber, lebe, als könntest Du hören“
Man merkt hier die Absurdität, die in derlei Sätzen steckt. Es geht schlicht und einfach nicht.
Dennoch. Mein Alltag ist stets der Versuch, zwar nicht so, wie ein Sehender zu leben, aber mich in deren Welt zurecht zu finden und zu bestehen.
Das ist zuweilen recht anstrengend.
Hier soll es aber nicht darum gehen, was Schwierigkeiten bereitet, sondern darum, dass ich es wichtig finde, dass ich ein Mal im Jahr Urlaub von der Blindheit oder der Welt der Sehenden nehme,.
indem ich mich an einem für uns geeigneten Ort mit blinden Menschen treffe.
Der Weg dort hin, also bis ich mich dazu durchringen konnte, war lang.
Mein Weg
Blind unter Sehenden
Als blinder Student unter sehenden Studierenden war es zwar nicht üblich, die Zugehörigkeit zur Gruppe derer, die nicht sehen können, zu verleugnen, aber trotzdem war es mir immer ein Bedürfnis, mich in irgend einer Weise von dieser Gruppe abzugrenzen.
Ich wollte nicht zu jenen gehören, die beispielsweise dauernd mit dem Vorurteil belegt werden, neben der körperlichen auch eine geistige Einschränkung zu haben. Ich war beleidigt, wenn mich jemand fragte, ob ich auch in der Werkstadt XY für Menschen mit Behinderung arbeite. Ich hätte mir mein Abiturzeugnis am liebsten an die Stirne geheftet.
Es war sehr schick, zu den „Top-Blinden“ zu gehören.
Das Phänomen, dass Sehende zunächst irritiert sind und sich nicht trauen, jemanden mit Behinderung, insbesondere blinde Menschen ohne Augenkontakt, anzusprechen, oder dass sich Sehende zunächst mit einer Frage in der dritten Person „Will er etwas trinken?“ an die Begleitperson wenden, oder dass der Mediziner glaubt, durch möglichst lautes Sprechen die Kommunikation zu verbessern, hat nichts mit Dummheit oder Unsensibilität zu tun. Es ist ein psychologischer Mechanismus, dem auch ich, der es eigentlich besser wissen sollte, zuweilen dann unterliege, wenn mir ein Mensch mit einer Einschränkung, beispielsweise mit eingeschränkter Sprachfähigkeit, begegnet. Dies als Trost für uns alle, dass selbst Betroffene eventuell nicht davon frei sind, sobald es sich um eine uns fremde und unbekannte Einschränkung handelt. Dennoch wäre ein hehres Ziel, einen Schalter in unseren Köpfen umlegen zu können, der uns frei macht von derartigen Vorurteilen. Seien wir uns alle dieser Fehler bewusst und betrachten wir jeden Schnitzer in dieser Beziehung als Neuanfang.
Blind unter Blinden
Ein blinder Freund warnte mich davor, mich zu sehr der Gruppe der Sehenden anzuschließen, und meinte, dass ich eines Tages noch froh sein würde, ein Refugium zu finden, in dem ich meine Blindheit ausleben dürfe. Er überredete mich, mit ihm zusammen einen Spezialurlaub für Menschen mit Blindheit zu machen. Und da tat sich mir wirklich eine neue Welt auf. Ich merkte, wie anstrengend mein Leben dadurch war, dass ich meinen sehenden Mitmenschen hinterherhechelte. Ich merkte, wie mir die ganzen Jahre die Gespräche unter Blinden, die thematisch oft anders gelagert sind als die mit Sehenden, so sehr fehlten. Sprechen Blinde über Kinofilme, wird kaum über Schauspieler geredet. Den Film erleben wir als ein Hörspiel, bestehend aus der Filmmusik, den Hintergrundgeräuschen, den Stimmen der Synchronsprecher und seit einigen Jahren mehr und mehr der Audiodeskription. Hierbei handelt es sich um Zusatzerklärungen die das erläutern, was für blinde Menschen im Film nicht hörbar ist, z. B. ein entscheidender Blickkontakt, eine wichtige Geste oder eine Beschreibung einer Umgebung. Diese Audiodeskriptionen werden zwischen die gesprochenen Passagen des Films gepackt und können entweder über einen separaten Tonkanal oder über ein Smartphone mit Knopf im Ohr abgehört werden. Manche Menschen mit Blindheit sprechen auch eher über Hörspiele und Radio, über Geräusche und Musik. Einige binden viele Geräusche in ihre Sprache ein und lieben es, Stimmen naturgetreu nachzuahmen.
Ich merkte, wie wohltuend es war, in dieser Umgebung auch mal blind sein zu dürfen. Ja, es war kein Problem, mir hin und wieder ein Brot schmieren oder das Hähnchen vom Knochen schneiden zu lassen. An diesem Ort durfte ich mir bei derartigen Dingen gerne helfen lassen und musste mir oder anderen nichts beweisen.
Kommen wir nun also zu Einzelheiten:
Was ist bei so einem Urlaub anders:
Die Anreise
Die Meisten dieser Urlaubshäuser für blinde Menschen verfügen über einen kleinen Fuhrpark. Somit kann man sich direkt vom Haus am Zielbahnhof abholen lassen, ohne, dass lästige Taxikosten anfallen, der Taxifahrer nicht weiß, wo man hin möchte, oder… Schon hier merke ich, dass das Personal geschult ist, so dass die Anreise barrierefrei abläuft.
Schon im Vorfeld stimmt man die An- und Abreise so mit dem Haus ab, dass es für das Personal möglichst effizient abläuft, z. B. das mehrere Personen gleichzeitig abgeholt werden können. Das bedeutet manchmal warten, ist aber kein Problem, weil jeder von uns weiß, wie wichtig eine gute Reise und eine Abholung für uns ist, und somit viel Verständnis und Geduld für den Mitbetroffenen aufbringt.
Die Ankunft
Im Haus angekommen, finde ich am Boden Leitlinien, Punktschrift an Zimmertüren, Treppen und Einrichtungen. Der Aufzug spricht mit mir und alle Stockwerke sind taktil beschriftet.
Im Zimmer liegen alle Informationsschriften auch in Blindenschrift aus. Speisepläne sind entweder über das Telefon akustisch, als Aushang in Blindenschrift oder online zugänglich.
Das gilt auch für sonstige Listen, oder den Ausflugsplan.
Abenteuer Essen und Trinken
Beim Essen steht Personal am Buffet zur Verfügung, das Essen wird direkt zum Tisch gebracht und ich werde darüber im Uhrzeigersinn aufgeklärt, was sich wo auf meinem Teller befindet, z. B. „Fleisch von 9 – 11 Uhr, Erbsen zwischen 5 und 6 Uhr“… In manchen Blindenhäusern, gibt es überhaupt kein Buffet. Es gibt zu Mittag eine Menüauswahl, meist ein vegetarisches und ein anderes. Für das Frühstück legt man sich vorher schon fest, was man ungefähr möchte, damit einem das Personal das schon am Platz richten kann, und zu Abend gibt es in dem Fall auch für alle dasselbe Abendbrot.
Zugegeben. Das ist auch für mich manchmal etwas unflexibel und eingeschränkt. Das nervt besonders dann, wenn es mal etwas gibt, das man nicht so mag. Es ist aber möglich, um Ersatz zu bitten.
Ich habe dann halt keine unerschöpfliche Auswahl, wie an einem Buffet in einem Hotel. Das will ich aber u. U. gar nicht. Mich strengt es unheimlich an, wenn meine Begleitung mir erst mal eine halbe Stunde erklärt, was es gibt, und ich weiß, dass das für sehende Begleitpersonen auch so ist.
Was den Ablauf des Essens betrifft, so kann ich mir ganz entspannt, mal ein Fleisch schneiden, das Hähnchen entbeinen, den Fisch filetieren oder einfach mal ein Brot schmieren lassen und ein Getränk wird mir eingeschenkt, wenn ich das möchte.. Vieles von dem, was ich hier aufgezählt habe, kann ich natürlich selbst. Dennoch. Ich finde schön und gesellschaftskonform zu essen manchmal nicht so einfach. Eine Pizza z. B., die größer als der Teller ist, lasse ich mir grundsätzlich in der Küche schneiden, weil sonst die Katastrophe ihren Lauf nehmen würde.
Aber das ist es halt. In meinem Urlaub ist das normal. In anderen Lokalen muss ich es erst erbitten. Meist erfahre ich hier große Hilfsbereitschaft. Aber, es passiert schon mal, dass es vergessen wird, der Kelner dann mit meinem Essen nochmal davon rennen muss, was ja irgendwie auch wieder doof aussieht und Blicke auf sich zieht, oder manchmal ist das Personal überlastet. Ein einziges Mal hat mir das ein Kelner mal ehrlich so kommuniziert…
Normalerweise muss ich mir die Hilfe erbitten. In meinem Refugium wird mir die Hilfe mit viel Verständnis und Empathie angeboten und ich entscheide alles selbst.
Und wenn wir schon bei Kelnern sind. Vor allem dann, wenn es in einem Lokal sehr laut ist, habe ich keine Chance, ohne sehende Hilfe etwas zu erlangen, das meine durstige Kehle benetzen könnte. Ich höre die Bedienung nicht. Ich kann mit ihr keine Zeichensprache oder Augenkontakt führen. Ich kann doch auch nicht, wie ein Proll durch das ganze Lokal schreien… Und, wenn dann noch eine Fremdsprache, z. B. im Ausland oder eine andere Kultur dazu kommt, wird die Bestellung eines Getränkes eine schier unlösbare Aufgabe, ein Stressfaktor und nervt einfach nur.
Hier, in meinem Blindenhaus, werde ich gefragt, ob ich noch etwas möchte. Wenn man am Ort dann schon etwas bekannter ist, merkt sich das Personal sogar, was man so für Vorzüge und Vorlieben hat.
Das gibt es aber manchmal in Stammkneipen auch, was ich als sehr angenehm empfinde.
Orientierung und Mobilität
Sollte ich mich einmal auf der Hotelanlage verlaufen, muss ich mich hier nicht mit zwar wohlgemeinten Erklärungen, wie „Sie müssen dort lang“… herumplagen. Entweder ich bekomme eine Erklärung, die ich verstehe, oder werde hin geführt, bzw. wieder auf den richtigen Weg gebracht.
Gaffer
Man wird am Pool, in der Bar oder am Stand nicht angegafft, wenn man sich mal ohne seine Begleitperson alleine dort hin wagt, weil diese mit einem anderen Gast einen Shopping-Nachmittag macht, den blinden Mann daheim läßst, und möglicherweise nur seine Kreditkarte mitgenommen hat. Darüber zerreißen sich Gäste durchaus das Maul, und stellen die wildesten spekulationen an.
Dass ich aber Shopping unerträglich finde, dass es mir alleine mit meinem Hörbuch, meinem Bierchen oder Kaffee ganz hervorragend geht, können viele sich überhaupt nicht vorstellen.
Ausflüge
Was Ausflüge und andere Unternehmungen betrifft, so ist das in dem Haus, das ich besuche schon so, dass der Urlaub in dieser Hinsicht etwas erlebnisärmer sein könnte, wie sich das Sehende vielleicht so vorstellen,, wenn man ihn mit einer sehenden Reisegruppe etc. erlebt.
Das liegt daran, dass die personellen Ressourcen der Häuser auch begrenzt sind, und hier auch der Sparzwang und die Wirtschaftlichkeit in immer verherender Weise um sich greifen. Viele Blindenhäuser sind mittlerweile geschlossen. Somit muss man immer einen Kompromiss finden, was man miteinander unternehmen kann, dass alle auf ihre Kosten kommen. Das bedeutet halt dann auch mal, dass man seine Wünsche zugunsten des Restes der Gruppe zurückstellen muss.
Wenn ich beispielsweise Gleitschirmfliegen möchte, dann können die anderen nur irgendwie dort, wo der Flugplatz ist, wandern oder Kaffeetrinken gehen, weil der Kleinbus warten muss, bis ich wieder gelandet bin, was mit Seilbahnfahrt Start, Flug und Landung einen ganzen Nachmittag benötigt.
Das bekommt man aber in der Regel ganz gut hin. Ich habe noch keinen Streit deswegen erlebt. Jeder von uns weiß, dass die Welt eines Blinden oft eine Welt der Ungeduld und des wartens ist, weil wir oft nicht sehen, was sich in unserer Umgebung tut, und somit keinen Reiz empfangen.
Oft bieten diese Häuser auch Themenwochen, wie Wandern, Langlauf, Tandem, Basteln etc. an, aber das liegt mir nicht so, eine Woche lang jeden Tag dasselbe zu machen.
Was blinde Menschen im Urlaub so wollen
Wir erleben häufig den Urlaub viel stärker in der Gemeinschaft. Wir wollen überhaupt nicht allen Sehenswürdigkeiten hinterher rennen. Ein vertrauter Spazierweg, selbstständig den Pool benutzen, sich ohne sehende Hilfe in der Bar etwas bestellen, aber auch am Abend musizieren und ein sehr kommunikatives geselliges Leben führen, wie ich das so unter sehenden nur extrem selten erlebe, das ist unser Urlaub. Auch einfach mal ein Hörbuch auf dem Balkon hören, gehört dazu. Natürlich kommen auch Highlights, wie mein vorhin erwähnter Gleitschirmflug vor.
Und nun kommen wir zu dem Punkt, der vermutlich das wertvollste an einem Spezialurlaub für Blinde ist, und wofür man eventuell bereit ist, gewisse Abstriche zu machen.
Das Miteinander
Was ich meine, ist der Umgang, ist die Art der Kommunikation untereinander und die Themen, über welche wir blinden Menschen miteinander sprechen. Außerdem ist es das wohltuende Gefühl, sich auch über die Einschränkung auszutauschen.
Wir sprechen viel über Radio, Hilfsmittel und Apps.
Wir musizieren zusammen, als hätten wir das schon immer getan. Da entstehen spontan und ohne Probe vierstimmige Chorsätze. So musikalisch improvisieren konnte ich bisher nur mit sehr wenigen sehenden Musikern. Entweder sie brauchen Noten, oder müssen Dinge erst üben, die blinde Musiker frei von der Leber weg spielen. Wenn gemeinsam gesungen werden soll, und die Tonart muss transponiert werden, dass jeder mitsingen kann, so passiert das bei blinden Gitarristen, Pianisten oder Akkordeonspielern ganz automatisch…
Bemerkenswert ist die Vielfalt der Personen, die sich in diesen häusern trifft. Vom Menschen, die in einer beschützenden Werkstatt für Behinderte arbeiten, bis hin zum blinden Universitätsprofessor ist alles dabei, und wir finden eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Themen und lachen gemeinsam…
Epilog
Ich mache meinen Spezialurlaub nicht, um ungestört, weil die anderen es nicht sehen, „in der Nase bohren zu können.“ Das hören blinde Menschen übrigens… Ich mache das, weil es mir viel Kraft gibt.
Weil es gut tut und richtig ist, dass ich mich auch mal in meiner Gruppe, in meiner Blindenwelt etc. bewege.
Ich tue es, um dann wieder mit neuer Kraft mich in unserer gemeinsamen Welt, der Welt der Sehenden,
zurecht zu finden, auszutauschen unddamit Brücken der Liebe, von Verständnis und Empathie geschlagen werden, die unsere Welten verbinden.
Mich beängstigt tatsächlich, wenn mehr und mehr unserer Häuser schließen, denn wo soll man ohne diese eine der Beeinträchtigung angemessenen Urlaub machen. Solche Häuser besitzen einen Wert, der sich nicht mit Kapital und Wirtschaftlichkeit messen lässt.