Das Kosmische Ei


Liebe Leserinnen und Leser,

lange habe ich nach einem Osterthema gesucht. Wie man Ostern berechnet, hatte ich schon geschrieben.
Ich dachte auch über einen Artikel nach, der von jemandem handelt, der für seine moderne Weltanschauung hingerichtet wurde, z. B. Giordano Bruno. Dann hätte man gewisse Parallelen zur Hinrichtung Jesu herstellen können.
Aber irgendwie wollte ich gerade für diese schwierigen Zeiten etwas frölicheres finden. So suchte ich und fand…

Es gibt sie in allen formen. Aus Zucker, Schokolade, mit und ohne Füllung, gekochte, bunte, ausgeblasene und gebastelte. Die Rede ist vom Ei.
Keine Angst. Ich stelle jetzt die Frage nicht, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei. Mein Vater stellte sie uns Kindern gefühlt bei jedem Osterfest mindestens ein mal…

Das Ei steht für den Anfang des Lebens, für Fruchtbarkeit und neues. Deshalb ist es für uns ein so wichtiges österliches Zeichen. Jesus überwindet den Tot, ein Symbol für neues und ewiges Leben.
So verwundert es nicht, dass sich zahlreiche Schöpfungsmythen um das Ei ranken. Selbst heutige rational denkende Naturwissenschaftler ziehen gelegentlich das „Kosmische Ei“ als Vergleich heran, wenn die Entstehung des Universums beschrieben werden soll.
Hier nun zunächst einige Mythen zur Entstehung der Welt aus einem Ei von Wikipedia. Danach gehen wir dann noch auf unser Thema, dem modernen kosmischen Eies ein.

Hinduismus

Das Gesetz des ersten indischen Gesetzgebers beginnt mit einem Schöpfungsmythos: „Er (Prajapati) hatte den Wunsch, Wesen aller Art aus seinem eigenen Körper hervorgehen zu lassen. Zu diesem Zweck erschuf er durch einen bloßen Gedanken das Wasser und legte seinen Samen darein. Der Same wurde zu einem goldenen Ei (Hiranyagarbha), leuchtend wie die Sonne, und in diesem Ei wurde er selbst geboren als Brahman, der Schöpfer der Welt … Der Göttliche wohnte ein Jahr lang in diesem Ei, dann teilte er es Kraft seines Gedankens in zwei Hälften, und aus den beiden Hälften formte er Himmel und Erde … Indem er seinen eigenen Körper teilte, wurde er halb männlich und halb weiblich …

Chinesische Mythologie

In einem chinesischen Weltentstehungsmythos enthielt das Urchaos in der Form eines Hühnereis das kosmische Prinzip Yin und Yang (zwei sich ergänzende Pole, die sowohl Ursprung als auch das Wesen aller Dinge sind). Aus diesem Ei wurde Pangu geboren.
Pangu steht als Weltachse im Mittelpunkt von Himmel und Erde. Seine Gestalt muss anfangs zwergenhaft gewesen sein. Nach 18.000 Jahren lichtete sich das Chaos und zerteilte sich in Yin und Yang (Erde und Himmel). Jeden Tag wuchs der Himmel nach oben und die Erde verfestigte sich und sank nach unten. Im selben Maß wuchs Pangu, bis er nach weiteren 18.000 Jahren zu einem Riesen geworden war, dessen Körper von der Erde bis zum Himmel reichte.
Er beschloss sein Leben durch eine Selbstopferung und bildete aus seinem Körper in einer Kosmogonie das Universum. Sein Odem wurde zum Wind, seine Stimme zum Donner, das linke Auge zur Sonne, das rechte bildete den Mond, aus seinem Leib bildeten sich die vier Pole und die fünf heiligen Berge, sein Blut ergab die Flüsse, Zähne und Knochen ergaben die Metalle, sein Haar die Pflanzen, sein Speichel den Regen und das an ihm haftende Ungeziefer die Menschheit. Aus Samen und Knochenmark wurden Perlen und Jade.

Japanische Mythologie

Der japanische Mythos der Weltentstehung ist in den frühesten japanischen Chroniken Kojiki (712) und Nihonshoki (720) festgehalten und besitzt chinesische Wurzeln, die auf die Einführung der chinesischen Kultur wie auch auf Einwanderer zurückgehen. Dem Nihonshoki gemäß war die Welt anfangs ein Chaos in Gestalt eines Ur-Eies, in dem Himmel und Erde (bzw. Yin und Yang) noch nicht getrennt voneinander existierten. Nachdem diese Trennung vollzogen war, trieben fisch- oder quallenartige Gebilde auf dem Wasser umher; aus diesen entstanden schilfartige Sprosse und diese wurden zu den ersten Gottheiten[6]. Es gab sechs Generationen von sehr unbestimmt beschriebenen Urgöttern und erst mit der siebten Generation, dem Geschwisterpaar Izanagi und Izanami, setzt die eigentliche mythologische Erzählung ein.

Griechische und römische Antike

In Griechenland gehört der Mythos vom Welten-Ei zum Dionysoskult. Die heiligen Geschichten dieses Kultes berichten, dass der – mehr oder weniger mit Dionysos identische – Schöpfergott aus einem Ei schlüpfte. So geheimnisvoll sein Wesen ist, so unsicher ist auch sein Name, er heißt Phanes, Protogonos, Eros oder Kronos. Da er selbst unerzeugt ist und vielmehr alles erzeugt, ist er – wie Brahman und wie Amun – mann-weiblich. Als Eigeborener hat er Flügel. In einem orphischen Hymnos wird er angerufen:„ Urwesen, doppelgestaltiger, ätherdurchfliegender Riese, / der du dem Ei entschlüpftest, prangend mit goldenen Schwingen, / brüllend so laut wie ein Stier, du Ursprung der Götter und Menschen …/ seliger, Kluger, an Samen Reicher, besuche voll Freude/ uns, die Kenner der Feiern, zur heiligen, leuchtenden Weihe“ Ähnlich wie der ägyptische Amun gilt auch der orphische Protogonos/Phanes als eine besonders „geheimnisumwitterte Gottheit“. Er zieht den „Kennern der Feier“ den „Schleier der dunstigen Finsternis fort von den Augen“.[9]
Im römischen Mithraskult taucht Mithras in der Erscheinungsform des orphischen Phanes auf. Geflügelt und schlangenumwunden, umgeben von den zwölf Sternbildern des Tierkreises und den aus den vier Himmelsrichtungen blasenden Winden steht er zwischen der unteren und der oberen Hälfte des Welteneies. In der Rechten hält er den herrschaftlichen Donnerkeil, in der Linken die Weltachse.

Das moderne Kosmische Ei

Der Kirchenmann und Astronom Georges Lemaître veröffentlichte 1927 die Idee, dass sich der Kosmos aus einem Uratom entwickelt habe.
Dieser Entstehungsprozess, wenn also quasi die Schale des Eis aufspringt, und das junge Universum frei gibt, nennt man seither in der Kosmologie Urknall oder Big Bang.

Etwas genauer ausgedrückt wird in der Kosmologie der Beginn des Universums, also der Anfangspunkt der Entstehung von Materie, Raum und Zeit als Urknall bezeichnet. Nach dem kosmologischen Standardmodell ereignete sich der Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren. Urknalltheorien beschreiben nicht den Urknall selbst, sondern das frühe Universum in seiner zeitlichen Entwicklung nach dem Urknall.
„Urknall“ bezeichnet keine Explosion in einem bestehenden Raum, sondern die gemeinsame Entstehung von Materie, Raum und Zeit aus einer ursprünglichen Singularität. Diese ergibt sich formal, indem man die Entwicklung des expandierenden Universums zeitlich rückwärts bis zu dem Punkt betrachtet, an dem die Materie- und Energiedichte unendlich wird.

Eine Singularität ist ein Zustand, ein Ort, wo unsere physikalischen Gesetze aufhören zu existieren. Masse wird unendlich, Zeit unendlich langsam etc. Weder die Gesetze der Relativitätstheorie, noch diejenigen der Quantenphysik und die Newtonsche Mechanik, greifen hier nicht mehr. Das sog. Standard-Modell, das diese Gesetze und Theorien zu vereinen sucht, versagt an so einem Ort.

Es wird krampfhaft nach einer Theorie, der Quantengravitation gesucht, die alles miteinander verbindet.

Die Bezeichnung des „kosmischen Eis“ wurde von der modernen Wissenschaft in den 1930er Jahren wieder entdeckt. Nach modernen kosmologischen Modellen war vor 13.8 Milliarden Jahren die gesamte Masse des Universums in einer gravitativen Singularität komprimiert, dem sogenannten Kosmischen Ei, von dem aus sich das Universum bis zu seinem heutigen Zustand entwickelte.

So, das waren also jetzt mal einige Mythen über das Ei und die Entstehung von allem bis in die heutige Zeit.

Jetzt wünsche ich euch trotz allem schöne viele bunte Ostereier. Und Vorsicht, daran kann man sich auch überfressen… Ist mir als Kind regelmäßig passiert.

Also, gehabt euch wohl,
feiert schön im Rahmen eurer Möglichkeiten,
passt auf euch auf
und bleibt gesund.
Frohe Ostern wünscht euch

euer Blindnerd.

Kinderfrage: Gibt es auch einen Supermond bei Neumond?


Liebe Leserinnen und Leser,
Das folgende und wirklich rührende Erlebnis muss ich unbedingt mit euch teilen.
Ein Familienvater, der mal in einem meiner Vorträge war, fragte mich, ob ich nicht mal für seine Kinder und für Kinder von Freunden zum Zeitvertreib im Rahmen einer Videokonferenz mal etwas zum Thema Astronomie erzählen könnte.

Schwierig, denn meine Modelle sind alle im Büro und ich sitze hier fest in Isolation. Also überlegten wir Thema und Ablauf. Modelle ergänzten wir, indem der Vater es irgendwie schaffte, Fotos und Grafiken aus dem Netz für alle sichtbar einzuspielen. Das Thema moderierte ich.

Es ging zum einen um die Frage, wieso Ostern manchmal so früh, und manchmal so spät sei. Zum anderen durften die Kinder dann frei ihre Fragen zu Weltraumthemen stellen.

Ein kind hatte in dem Medien aufgeschnappt, dass heute, am 08.04. nicht nur Ostervollmond, sondern auch Supermond sei. Es wollte zunächst wissen, was der Supermond eigentlich ist.
Unterstützt von einem Vater, der einen Globus und einen Tennisball in seine Kamera brachte, erklärte ich den Supermond und er bewegte seinen Tennisball um seinen Globus. Ich glaube, er hatte noch was als Sonne im Hintergrund, ein Wasserball oder so. Das weiß ich nicht mehr genau.
Allen, die nochmal genau wissen möchten, was der Supermond ist, und wie er entsteht, darf ich meinen schon gut abgehangenen Artikel, Was ist der Supermond, wärmstens ans Herz legen.

Ich teile mit euch jetzt die Frage, die das Kind stellte, nachdem der Supermond erklärt und verstanden war.

„Wenn Supermond immer bei Vollmond ist, gibt es dann auch einen Super-Neumond?“

Da musste ich erst mal kurz schlucken und nachdenken. Stimmt eigentlich. Wieso haben die Medienmacher nicht auch den Neumond so schön tituliert.

„Ist doch klar“, kann man hier sofort anbringen. Den Neumond sieht man ja nie. „Was sollen wir Journalisten mit etwas anfangen, das niemand sehen kann. Das ist langweilig und bringt keine Verkaufs- oder Einschaltquoten“.

Aber stimmt das wirklich immer?
Wir erinnern uns. Super-Vollmond ist immer dann, wenn der Mond auf seiner elliptischen Bahn um die Erde gleichzeitig zum Vollmond seinen erdnächsten Punkt das Perigäum, durchläuft. Dann zeigt sich uns der Vollmond etwas größer, also super. Dieses „super“ ist aber mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar….

Das kann man sich natürlich jetzt auch für den Neumond denken. Gut, wir sehen ihn zwar nie, aber es spricht ja nichts dagegen, dass es gleichzeitig, wenn der Mond das Perigäum passiert, auch mal Neumond sein kann. So weit, so gut.
Die Frage ist damit beantwortet. Es gibt auch einen langweiligen Super-Neumond, den niemand sieht und der deshalb uninteressant ist.

Ist er das wirklich?
Ich sage entschieden nein!!! Er ermöglicht uns den Blick auf das spannendste Phänomen, das unsere Sonne uns zu bieten hat. Manche menschen stürzen sich in Abenteuer, reisen um die ganze Welt, investieren ein imenses vermögen, nur um den Super-Neumond für wenige Sekunden bis Minuten zu erleben. Sie sind süchtig davon. Es gibt in den USA ein Wort für diesen Menschenschlag. Man nennt sie dort „Eclipse Chasers“.
OK, alle haben es mittlerweile erraten. Es hat mit Finsternissen zu tun.
Der Super-Neumond wird nur selten sichtbar, obwohl er eigentlich eben so oft stattfindet, wie der Super-Vollmond. Er zeigt sich bei einer totalen Sonnenfinsternis.
Es ist schon ein Wunder, dass die Größenverhältnisse und der Abstand zwischen Sonne und Mond gerade so sind, dass der Mond in der Lage ist, die helle Sonnenscheibe abzudecken, damit uns die wunderbare Korona offenbar werde.
Wäre unser Mond der Erde näher, oder wäre er größer, dann würde er mehr als nur die helle Sonnenscheibe verdecken. Dann könnten wir die Korona vermutlich nur sehr kurz vor der totalen Bedeckung oder kurz nach der Bedeckung erhaschen, wie wir jetzt die sog. Perlenschnur erhaschen, wenn die Sonne kurz vor der Totalität noch am Rande der Mondscheibe zwischen einigen Mondgebirgen hindurch lukt.

Unser Mond deckt die Sonnenscheibe vor allem dann so wunderbar ab, wenn Neumond und der Durchgang des Mondes durch sein Perigäum gleichzeitig stattfinden.
Das ist im Grunde dasselbe, wie beim Super-Vollmond. Man muss nur das Voll durch Neu ersetzen.
Ich sagte vorhin, dass man die Super-Eigenschaft des Vollmondes, etwas größer, mit bloßem Auge nicht schauen kann, weil 13 % Unterschied bei der kleinen Mondscheibe nicht wahrgenommen werden können.
Das ist beim Super-Neumond durchaus anders.
Findet der Neumond gleichzeitig mit dem Durchgang des Mondes durch seinen erdfernsten Punkt, das Apogäum statt, dann kann, bei einer Sonnenfinsternis, das Mondscheibchen nicht mehr die ganze Sonne abdecken, weil er für uns kleiner erscheint. Es entsteht eine ringförmige Finsternis. Der Mondschatten bohrt ein Loch in die Sonnenscheibe. Ein heller Rand bleibt stehen, und die Korona bleibt verborgen, weil sie davon überstrahlt wird.
Was einen Neumond zur Sonnenfinsternis, und einen Vollmond zur Mondfinsternis macht, beschrieb ich ausführlich beispielsweise in Finstere Erinnerungen.

Fazit:
Es gibt auch einen Super-Neumond. Der zeigt sich uns bei seltenen Sonnenfinsternissen. Naja, so selten sind die gar nicht, aber man muss halt hin kommen, wo sie stattfindet.
Und es gibt auch das Gegenteil. Der Sub-Vollmond, der uns in Erdferne, dem Apogäum, etwas kleiner als der Supper-Vollmond in Erdnähe erscheint. Fällt nicht ins Gewicht.
Anders beim Sub-Neumond.
Der ist bei ringförmigen Sonnenfinsternissen für das Loch verantwortlich.

Der Vollständigkeit halber muss ich noch erwähnen, dass in dem Fall auch eine Rolle spielt, wo sich die Erde gerade auf der Umlaufbahn um die Sonne befindet. Denn auch dieser Abstand variiert und lässt die Sonne im Perihel etwas größer erscheinen, als im ihrem Aphel. Davon merken wir aber ohne die optischen Schattenwürfe von Finsternissen im alltag nichts.

So, meine lieben, das war der Super-Neumond. Lassen wir ihn auch mitmachen und behandeln wir ihn künftig nicht mehr so stifmütterlich neben seinem Bruder, dem Supermond…
Gehabt euch wohl,
passt auf euch auf
und bleibt gesund.

Es grüßt euch österlich
Euer Blindnerd.

Der Sonne entgegen – Spacelab


Liebe Leserinnen und Leser,
Mögt ihr die Sonne, die Musikgruppe Kraftwerk, meinen Blog und vielleicht auch mich, dann findet ihr all dieses im folgenden Artikel vereint.
Es geht heute nochmal um eine Mission, die u. A. Geschichte der Sonnen- und Weltraumforschung schrieb.

Die Gruppe Kraftwerk veröffentlichte 1978 auf ihrem Album „Die Mensch-Maschine“ einen Titel, der den Namen der Mission trägt, um die es heute gehen soll.
Kraftwerk muss vom Bau dieses, wie wir noch sehen werden, von sehr langer Hand geplanten Labors, Wind bekommen haben, und machte es zum Gegenstand ihres Songs.
Das war die Musik meiner Kindheit. Ich besaß damals so einen kleinen Casettenrecorder, den man flach auf den Tisch legte von ITT. Da lief diese LP rauf und runter…
Dann will ich euch nicht länger auf die Folter spannen Es geht um dieses schöne Lied.
Und jetzt zu Spacelab:

Countdown und Start

Am Ende des Countdowns werden die Flüssigkeitsraketen gezündet und 6.6 Sekunden später die Feststoffraketen. Alles scheint planmäßig zu verlaufen. Es ist 16.00 Weltzeit, 11 Uhr vormittags im Kennedy Raumfahrtzentrum in Florida. Die Raumfähre COLUMBIA hebt langsam vom Boden ab und bewegt sich senkrecht nach oben. 30 Millionen Newton Schubkraft beschleunigt die Fähre, bis sie 16 Sekunden nach dem Start die Schallgrenze überschreitet, Ihre Geschwindigkeit liegt bei 1200 Stundenkilometern. Als die vierfache Schallgeschwindigkeit erreicht wird, werden die beiden leeren Feststoffraketen abgestoßen.
An Fallschirmen gleiten sie ins Meer, wo bereits Bergungsschiffe auf sie warten.
Die Fähre selbst aber wird nun von drei aus einem großen Tank gespeisten Raketen weiter nach oben gebracht. Nach sechs weiteren Minuten werden auch diese Triebwerke abgeschaltet und der Tank kurz danach abgestoßen. Die Höhe beträgt bereits 120 Kilometer, und der Tank tritt mit einer so großen Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre ein, dass er verbrennt. Inzwischen hat die Fähre die Umlaufbahn erreicht.
Man schreibt den 28. November 1983. Es war der neunte SPACE-SHUTTLE-Flug. Die Fähre hatte das Weltraumlaboratorium SPACELAB an Bord. In den nächsten 10 Tagen, 7 Stunden und 47 Minuten, sollte sie mit ihrer Nutzlast 166mal die Erde umkreisen, um am 8. Dezember um 23.47 Uhr Weltzeit planmäßig auf einem Luftwaffenstützpunkt in Kalifornien zu landen.
In Deutschland wurde die Mission mit besonderem Interesse verfolgt, da zum ersten Mal ein deutscher Astronaut, Ulf Merbold, in den Raum
geschossen wurde. Neben den zahlreichen Experimenten während des
Fluges wurde auch wieder die Stärke der Sonnenstrahlung, vor allem im ultravioletten Bereich des Sonnenspektrums, gemessen. Das wurde der Anfang einer Reihe von SPACE-Shuttle-Flügen, bei denen astronomische Messungen, vor allem Messungen an der Sonne, ausgeführt werden sollten. Durch die CHALLENGER-Katastrophe im Jahre 1986 wurde jedoch das gesamte Programm der SHUTTLE-Flüge verzögert.
Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben.
Das Spacelab flog erstmals 1983 auf der Mission STS-9 und wurde bis zu seiner Außerdienststellung 1998 insgesamt 22 Mal eingesetzt.

Was Spacelab war

Das Spacelab war ein wiederverwendbares Raumlabor zur Durchführung wissenschaftlicher Experimente und Beobachtungen in der Schwerelosigkeit, das ausschließlich für den Einsatz mit dem Space Shuttle konzipiert war. Dazu konnte es in die Ladebucht der Raumfähre integriert werden. Entwickelt und gebaut wurde das Spacelab im Auftrag der ESA von einem europäischen Firmenkonsortium unter Leitung des deutschen Hauptauftragnehmers VFW-Fokker/ERNO.

Spacelab war ein modulares System, das aus vier Elementen bestand, die miteinander kombiniert und je nach Aufgabenstellung zusammengesetzt werden konnten:
ein zylindrisches Druckmodul mit Schränken und Fächern für Versuche in Schwerelosigkeit,
ein Verbindungstunnel zum Druckmodul für die Astronauten,
die Palette, auf welcher ebenfalls Versuche unterschiedlichster Art aufgebaut werden konnten
und eine Instrument Pointing System (IPS) genannte Nachführungseinheit, die insbesondere zur Sonnen- und Sternbeobachten mit Teleskopen oder für Antennen unverzichtbar war.
Außerdem gab es noch das Iglu, das bei Nur-Paletten-Flügen für die Energieversorgung, die Kommunikation sowie Datenverarbeitung zuständig war.

Das modulare Konzept findet sich auch heute beispielsweise im Columbus-Modul auf der ISS wieder.

Etwas Geschichte

Noch vor der ersten Mondlandung unterbreitete die NASA 1969 der European Space Research Organisation (ESRO), der Vorgängerin der ESA, das Angebot, sich am US-Raumfahrtprogramm der Nach-Apollo-Ära zu beteiligen. Unter den Vorschlägen der NASA war auch das Spacelab. Kurz nachdem 1972 offiziell die Entscheidung der USA gefallen war, das Space Shuttle zu bauen, erklärten die Wissenschaftsminister auf der europäischen Weltraumkonferenz im Dezember des Jahres, das Raumfährenlabor zu entwickeln und zu bauen. Der endgültige Vertrag zwischen ESRO und NASA wurde im September 1973 geschlossen. Und im Juni des folgenden Jahres vergab die europäische Raumfahrtorganisation den Auftrag zum Bau des Spacelab an das von VFW-Fokker/ERNO geführte Firmenkonsortium.

Ich bin immer wieder beeindruckt, mit welch langer Hand derartige Missionen geplant werden müssen. Die Wiederverwendbarkeit des Labors zeugt von einer unglaublichen Nachhaltigkeit.
Dieses Labor war mit seinem modularen Aufbau, der verschiedenen Konfigurationen und Versuchsaufbauten imgrunde schon ganz klein das, was heute die Internationale Raumstation mit ihren zahlreichen modularen Laboren ist, nur, musste das Labor halt immer wieder mal nach hause, um für den nächsten Flug umgebaut zu werden.
Bei der ISS ist das umgekehrt. Dort bringt man die Versuche und Experimente von der Erde zum Labor und nimmt am Ende die Messergebnisse wieder zur Erde zurück mit.

Neben vielen Experimenten in der Schwerelosigkeit, hat uns die Raumfahrt gerade mit Spacelab den Blick in Bereiche des Sonnenspektrums geöffnet, in dem uns die Sonne ein aufregendes Schauspiel vor Augen führte, von dem wir von der Erde aus nichts geahnt hatten. Spacelab
gab Sonnenphysikern und Astronomen auch die Möglichkeit, den Stoff, der von der Sonnen-korona in den Raum geschleudert wird, direkt zu untersuchen.
Das wird dann der Stoff einer neuen Folge auf Blindnerd.de werden.

Bis da hin
Gehabt euch wohl,
Passt auf euch auf
und bleibt gesund.

Es grüßt ganz herzlich
Euer Blindnerd.

Was Skylab sah


Liebe Leserinnen und Leser,

irgendwie bin ich von dem Thema der Sonnenforschung ganz angefressen.
1987 stieg ich quasi über dieses Thema in die Astronomie ein. In „Blind zu den Sternen“ schrieb ich im Kapitel „Mittlere Reife“ über dieses Schlüsselerlebnis.
Das Wetter ist super, der Frühling ist da, und wir dürfen trotzdem alle nicht so richtig raus…
Damit aufhören kann ich jetzt einfach nicht. Durch die Erwartungen an den Solar Orbiter, ist dieses Thema wieder neu in mir erwacht und meine Begeisterung darüber neu entflammt.
Sie ist ja auch noch so unvollständig, meine Serie zu „Der Sonne entgegen“.

Also, gehen wir heute ein Stück weiter.
Wie angekündigt geht es heute um das erste richtige bemannte Sonnenobservatorium der Welt, um Skylab, die 1973 ins All startete.
Heute werde ich speziell darauf eingehen, was Skylab sah. Wer mehr über den Aufbau dieser Station wissen möchte, dem darf ich wärmstens meinen Artikel „Gedenken an die erste Raumstation der Welt“ empfehlen.
Es wird auch in diesem Beitrag viel um die Röntgensonne gehen, die man wegen der Atmosphäre vom Boden aus nicht beobachten kann. Es macht aber viel Sinn, die Sonne nicht nur im weißen Lichte zu betrachten, sondern sie sich auch mal im Licht, einzelner Wellenlängen, z. B. eben auch die Ultraviolett- und Röntgenstrahlung, anzusehen.
Im einfarbigen Licht treten Dinge zu Tage, die normalerweise entweder von unserer Atmosphäre verschluckt, bzw. vom vom weißen Licht überstrahlt werden.
Also, es war nun so weit und Skylab begann seine Beobachtungen.
Man fand im ultravioletten Licht beispielsweise Spektrallinien von Helium, die von der Erde nicht beobachtbar waren. Hierfür war ein sehr empfindlicher Spektro-Heliograph an Bord. Das ist ein Instrument, mit welchem Beobachtungen in sehr kurzwelligen, dem Auge unsichtbaren Sonnenlicht möglich wurden. Helio in Helio-Spektrograph bezieht sich hier nicht auf das Helium, das damit beobachtet wurde. Mit einem Spektroheliographen kann man die Sonne im Lichte verschiedener Wellenlängen beobachten.

Man fand auch die sechseckige Struktur der Granulen im ultravioletten Bereich wieder, die man schon von einer Spektrallinie des Kalcium von der Erde her kannte. Auch in Linien des Elementes Sauerstoff ließ sich dies nachweisen. Auffallend war das Bild der Sonne in einer Linie von Magnesium. Dieses Licht entsteht über der Sonnenoberfläche, quasi erst in der Korona.

Da diese Linie die Feinstruktur der Sonnenoberfläche nicht mehr zeigte, war klar, dass die hierfür verantwortlichen Magnetfelder nicht bis in die Korona reichten.
Dafür konnte man aber viele andere magnetische Strukturen im kurzwelligen Sonnenlicht erkennen.

In „Die Röntgensonne“ erwähnte ich, dass es nicht ganz einfach ist, eine Kamera zu bauen, die auch bei Röntgenlicht funktioniert.
Vor Skylab standen den Forschern z. B. für ihre Ballon-Flüge meist nur Lochkameras zur Verfügung.
Es gibt aber einen Trick, bei dem man ausnutzt, dass Röntgenlicht von Metalloberflächen
gespiegelt wird, wenn es schräg, nur streifend, auf eine Metalloberfläche
trifft. Der Physiker Hans Wolter (1911-1978)
hatte diesen Fernrohrtyp 1952 erfunden. Seither spricht man vom
Wolter-Teleskop, mit dem man Röntgenbilder von Himmelskörpern
aufnehmen kann. Die Röntgen-Reihenuntersuchung der Sonne durch
SkyLAB zeigte nun, dass sich magnetische Felder der Sonnenoberfläche hinaus in die Korona fortsetzen.

Man sah den Zusammenhang, dass wo man stärkere Magnetfelder in der Korona fand, auch die Röntgenstrahlung intensiver war.
Man erkennt im Röntgenlicht große magnetische Bögen, die mit beiden Beinen in der Sonnenoberfläche verankert sind und offene Feldlinien, die nur mit einem Bein in der Sonne stehen und weit in den Raum hinausragen. Einige der magnetischen Bögen leuchten stärker
als andere, obwohl die magnetische Stärke dieselbe ist. Es scheint, als ob die Teile der Korona besonders heiß sind und stärker leuchten, in denen die Feldlinien vorher stark verbogen worden sind.

Das bringt die Frage wieder auf, warum die Sonnen-korona eine Temperatur von zwei Millionen Grad besitzt, wogegen die unter ihr liegende Sonnenoberfläche mit ihren einigen tausend Grad eigentlich kalt ist.

Durch die heißen Bögen in der Sonnenkorona ist wieder eine alte Idee ins Zentrum des Interesses gerückt, die auf den Astronomen Ludwig Biermann (1907-1986) zurückgeht. Nach Biermann wandern von der Zone, in der
die Granulation die Materie in ständiger Bewegung hält, Schallwellen
nach außen, die Energie in die Korona transportieren und so für die
heiße Korona verantwortlich sind.

Und da ist er wieder, der Schall, der Klang der Sonne. Ich schrieb darüber in „Klingel oder Orgelpfeife“. Die von SKYLAB aus aufgenommenen Röntgenbilder zeigen koronale Löcher und die
hellen Röntgenflecken, in denen die Energie sich gegenseitig vernichtender entgegengesetzter Magnetfelder in Wärme verwandelt wird.

Die im weißen Licht gewonnenen Bilder der Sonnenkorona zeigten rasche Veränderungen. Da steigen gelegentlich riesige Blasen in der Korona auf, Materie, die mit Geschwindigkeiten von tausend Kilometern pro Sekunde die Sonne verlassen.

Koronale Löcher, aus welchen bereits Materie ins All entwichen ist, sah man als dunkle Streifen auf der Sonnenscheibe. Dort war keine Materie mehr vorhanden, die im Röntgenlicht strahlte.

Durch SKYLAB sah man erstmals Vorgänge auf der Sonne, die der Koronaforschung ganz neue Wendungen gaben. Eigentlich ist das nicht verwunderlich. Von der Erde aus kann man die Sonnenkorona nur während einer totalen Sonnenfinsternis ungestört beobachten. Koronographen lassen die Korona nur in unmittelbarer Nähe der Sonnenscheibe
erkennen. In einem Abstand von mehr als einem Fünftel des Sonnenradius vom Scheibenrand kann man sie nicht mehr untersuchen.
Mit einem Konorographen kann man die Sonne bei normalem Taghimmel in gewissen Grenzen beobachten, als herrsche eine totale Sonnenfinsternis.
Zählt man alle Sonnenfinsternisse der jüngeren Menschheitsgeschichte
zusammen, so kommt man auf eine Gesamtdauer von einigen Stunden,
während derer sich die Korona dem irdischen Beobachter in voller Pracht darbot. Da man von SKYLAB aus die Sonnenkorona nahezu ununterbrochen beobachten konnte, sind durch diese Mission einige tausend Stunden Beobachtungszeit hinzugekommen.
Und das alles ganz unabhängig von Wind und Wetter…

Mich fasziniert es sehr, was Wissenschaftler aus dem Sonnenlicht lesen. Die Sonnenobservation aus dem All ging natürlich nach Skylab noch weiter, aber dies ist eine neue Folge wert.

Gehabt euch wohl, passt auf euch auf und bleibt gesund.

Euer Blindnerd.

Wichtig!!! Änderungen auf Blindnerd.de – Hausmeisterei


Liebe Leserinnen und Leser,

heute gibt es mal kein Thema zu Astronomie, sondern bissel Hausmeisterei.
Heute möchte ich vor allem diejenigen von euch, die mit assistiver Technologie, Screenreader und oder Großschrift arbeiten, über kleine Änderungen in der Struktur und Bedienung von blindnerd.de aufmerksam machen, damit ihr euch auch künftig auf dem Blog gut zurecht findet und mir keines verloren gehe.

Der Blog ist mittlerweile derart gewachsen, dass ich es für notwendig erachtet habe, eine längst schon geplante neue Navigationsmöglichkeit einzuführen.
Das hat dazu geführt, dass mein Layout des Blogs sich veranlasst sah, die Struktur aus Platzgründen zugunsten der Kategorien, etwas zu verschlanken. So muss z. B. jetzt das Hauptmenü oben im Block erst ausgeklappt werden und die Seitennavigation ist etwas reduzierter. Darauf habe ich momentan nur wenig Einfluss, da ich kein Experte in WordPress-Programmierung bin. Was nicht ist, kann ja noch werden.
Dazu später mehr.

Natürlich gibt es weiterhin die Möglichkeit, durch die Artikel zu scrollen. Außerdem bleibt selbstverständlich die Volltextsuche erhalten.
Hinzu gekommen ist, dass ich nun konsequent alle Artikel, inzwischen einundneunzig (91) Stück in Kategorien aufgeteilt habe. Ein Artikel kann gleichzeitig mehreren Kategorien angehören. So ist beispielsweise der Artikel über meine Teilnahme auf der Jahrestagung der Deutschen Astronomischen Gesellschaft gleichermaßen für diejenigen interessant, die sich für Astronomie und diese Gesellschaft interessieren, als auch für solche, die die inklusiven Aspekte der Astronomie spannend finden.

Schon klar. Man könnte immer anders kategorisieren. Ich habe es jetzt einfach mal so gemacht, wie ich es mir dachte. Momentan sind es elf Kategorien. Vermutlich kommt noch eine zwölfte dazu, aber mehr sollten es dann wirklich nicht werden.

Hier kommt eine kurze Beschreibung der Kategorien, damit ihr euch vorstellen könnt, was ich mir dabei gedacht habe.
Für eure Ideen, wie es vielleicht noch klarer ginge, bin ich offen und dankbar.

1) Allgemein
Hier sammeln sich Artikel, die eventuell für die Allgemeinheit auch interessant sein könnten. So interessiert z. B. die Frage, wieso ich Astronomie treibe, vielleicht nicht nur Menschen, die Astronomie und Inklusion spannend finden, sondern auch andere. Auch Artikel, wie der, zu Podcasts oder zu barrierefreien Dokumenten sollten eine größere Personengruppe ansprechen, die vielleicht ansonsten nicht so viel mit Astronomie am Hut haben.

2) Astronomie
Diese Kategorie erklärt sich selbst. Es ist gut möglich, dass diese sich demnächst noch in eine weitere Kategorie zum Thema Physik verzweigt. Mal sehen.

3) Berufliches
Ich bin nur ein Hobby-Astronom. Allerdings arbeite ich an einem Zentrum ohne dessen Hilfe ich meine Vorträge und Veranstaltungen niemals so durchführen könnte, wie ich es tue. Meine Vorgesetzten tragen diese Arbeit mit, weil sie oft in unser Institut zurück koppelt. Außerdem entstehen in unserem Labor immer wieder interessante 3D-Modelle oder taktile Astronomie-Mappen, die meine Vorträge und auch mein Vorstellungsvermögen unheimlich bereichern. Ohne die Unterstützung meiner Kolleg*innen und Vorgesetzten, könnte ich das hier alles nicht machen.
Somit ist das nur wichtig und richtig, so eine Kategorie vorzuhalten.

4) Dem Mond entgegen
Beflügelt durch das Jubiläum der Mondlandung im letzten Jahr finden sich hier alle Artikel, die mit dem Mond zu tun haben.
Damit verwischt zwar meine Idee der Artikelserien etwas, aber ich meine, dass das der Sache keinen Abbruch tut.

5) Der Sonne entgegen
Alle warten gespannt, bis der Solar Orbiter an seinem Ziele ankommt. Zur Geschichte der Sonnenforschung gibt es derart viel zu sagen, dass sich hier eine eigene Kategorie durchaus lohnt. Immerhin ist die Sonne der Stern von dem wir leben. Diese Tatsache kann man nicht nur in einem einzigen Artikel würdigen.

6) Inklusion
Immer und immer wieder bin ich in der Mission unterwegs, dass die Astronomie etwas wunderbares inklusives ist. die „Inklusion am Himmel“ ist ein Baby von mir, in welches viel Herzblut fließt.
Nicht zuletzt wäre mein Buch ohne diese Idee, Mission und Überzeugung nie entstanden.
Deshalb diese Kategorie.

7) Jahreslauf
Es gibt einige astronomische Ereignisse, die sich jährlich wiederholen. Ich dachte mir, es könnte schön sein, so eine Kategorie „Astronomie, quer beet durchs Jahr“, wie mein Chorleiter, in dessen Chor ich seit über dreißig Jahren singe, es mir mal vorschlug, als Titel für ein neues Buch zu verwenden.

8) Literarisches
Immer wieder erscheinen hier auch Artikel, die viel mit Literatur zu tun haben. z. B. Vernes Mondfahrt im Vergleich mit Apollo acht, Keplers Mondgeschichte und viele mehr.

9) Mit dem Ohr am Teleskop ist eine Kategorie, mit welcher ich in meinen Vorträgen sehende Menschen immer wieder sehr beeindrucken kann. Vielen ist nicht bewusst, wieviel Schall und Hall es im All gibt und was man da so hören kann. Nicht zuletzt ist dieses Gebiet äußerst inklusiv.

10) Podcasts
Ich schrieb es schon in diversen Artikeln, wie mir Podcasts ein Tor zur Welt und ein Zugang zu Bildung und Wissenschaft geworden sind.

11) Naja, last, but not least, braucht es auch immer einen „Lumpensammler“, wo alles rein kommt, das irgendwie nicht zu den anderen Kategorien passt.

Wie schon gesagt. Artikel gehören meistens mehreren Kategorien an.
Wenn ihr Vorschläge habt, wie ich das vielleicht noch besser machen könnte, dann bschreibt das bitte in die Kommentare oder mir per Mail. Ich bin super kritikfähig und äußerst dankbar für Anregungen.

Ich habe die Seite zur Bedienung des Blogs mittels Hilfstechnologie entsprechend angepasst. Es empfiehlt sich vielleicht, sich diese nochmal durchzulesen.

Also, jetzt hoffe ich, dass euch meine Neuerungen helfen. Sagt es mir bitte, wenn dem vielleicht nicht so wäre, bzw. ihr noch neue Ideen hättet.
Gehabt euch wohl; passt auf euch auf und bleibt gesund.

Es grüßt euch herzlich in schwerer Zeit
Euer Blindnerd.

Der Sonne entgegen, Teil 2 – Die Röntgensonne


Liebe Leserinnen und Leser,

und hier erscheint ein weiterer Blindnerd, der euch die lange Zeit in der Krise verkürzen und verschönen soll.

In Der Sonne entgegen- Der Aufbruch erzählte ich von den Anfängen der Sonnenforschung aus Ballonen.

Heute kommt Teil 2. Es geht um die Erforschung einer Strahlungsart der Sonne, der Röntgenstrahlung, die glücklicherweise von der Erdatmosphäre verschluckt wird. Sie wäre höchst gefährlich für unser Leben.

Dass die Sonne im Röntgenlicht strahlt, war schon durch Ballonflüge klar, aber diese bewegten sich eben doch noch weit in der schützenden Atmosphäre. Somit war deren Erforschung von Ballonen aus noch eher schwierig und ungenau.
Es war auch klar, dass etwas, das mehrere Millionen Grad heiß ist, wie die Corona, einfach auch im Röntgen und UV-Licht strahlen muss.
Zu den Problemen mit der störenden Atmosphäre kommt noch, dass es gar nicht so einfach ist, eine Kamera für Röntgenlicht zu bauen, denn normale optische Kameras mit Linsen funktionieren hier nicht.
Die Röntgenbilder in der Medizin entstehen auch nicht in einer Kamera, sondern sind Schattenbilder des Körpers, Gewebe, Knochen etc., die dadurch entstehen, dass eine punktförmige Röntgenquelle den Körper durchleuchtet und die Schatten auf eine Fotoplatte wirft. Diese schwärzen sich nämlich auch bei Röntgenlicht. So wurden diese Strahlen auch entdeckt, indem Herr Röntgen einen radioaktiven Strahler in der Nähe von Fotoplatten aufbewahrte, die dann dadurch unbrauchbar wurden.

Das einfachste Instrument, das einer Kamera schon recht nahe kommt, ist eine Lochkamera, auch Camera obscura genannt.
Sie besteht im wesentlichen aus einer Blende mit einem kleinen Loch, hinter dem dann die Fotoplatte sich befindet. Der Durchmesser des Lochs muss auf die Wellenlänge des Lichtes angepasst sein, welches man beobachten möchte, für Röntgenstrahlung also sehr klein. Linsen etc. gibt es nicht. Diese Art von Kamera funktioniert auch für Röntgenlicht. Wir alle tragen im Grunde zwei derartige Kameras mit uns herum, unsere Augen. Die Pupille, das Loch in der Iris, ist das Loch in der Blende. Von der Linse dahinter mal abgesehen, fällt das Bild dann punktgespiegelt auf unsere Netzhaut. Was rechts ist, kommt links, und was oben ist kommt unten auf ihr an. Das ist übrigens auch bei den meisten Teleskopen so, dass die Optik das Bild dreht. Um nicht noch mehr Licht durch Optik zu verlieren, spart man sich meist das zusätzliche optische Element, das das Bild wieder richtig herum drehen könnte. Im All gibt es sowieso quasi kein oben und unten.
Heute hat man natürlich modernere Kameras für Röntgenlicht, aber die erkläre ich in einer der nächsten Artikel in dieser Serie. Zu der Zeit, in welcher die heutige Geschichte spielt, hatte man einfach nichts besseres.
Wieso die Röntgensonne so interessant ist, wird auch näher in der nächsten Folge beleuchtet.

Aber zurück zur Röntgensonne:
Eine totale Sonnenfinsternis, die am 12. Oktober 1958 im südlichen
Pazifik zu beobachten war, half, etwas mehr über die Quellen der Röntgenstrahlung von der Sonnenscheibe zu erfahren. Dazu standen zu Beginn der totalen Finsternis am Hubschrauberdeck der USS Point-Defiance sechs Raketen vom Typ Nike-Asp bereit, um Röntgenempfänger über die Erdatmosphäre zu schießen. Die erste Rakete wurde so gestartet, dass sie die Röntgenstrahlen der Sonne gerade in dem Augenblick registrierte, als kurz vor Beginn der Totalität der Mond nur noch eine schmale Sonnensichel frei ließ. Dort fand man zwei starke Aktivitätsgebiete mit viel Röntgenstrahlung. Beim zweiten Schuss empfing man Röntgenstrahlen nur von einem noch schmaleren Streifen am Ostrand der Sonne und bei Schuss drei war die Sonnenscheibe vollständig vom Mond verdeckt, während
bei Nummer vier bereits wieder ein schmaler Streifen am Westrand
hinter dem Mond hervorgetreten war. Dort standen an diesem Tage
zwei Filamente. Die entscheidendste Entdeckung bei diesem Experiment
war wohl, dass von der Sonne selbst dann noch Röntgenstrahlen
kommen, wenn ihre Scheibe vollständig vom Mond verdeckt ist. Das liegt daran, dass die Corona auch ein starker Röntgenstrahler ist. Man muss die Sonnenscheibe nicht unbedingt vom Mond abtasten lassen, um herauszufinden, woher die Röntgenstrahlen der Sonne stammen.
Mit einem Raketenschuss ohne Sonnenfinsternis, kann man diese Strahlung, wie oben schon erwähnt, mit besagter Lochkamera beobachten, bzw. Fotografieren.
Sie arbeitet für Röntgenlicht genausogut wie für sichtbares Licht.
Genauer gesagt: Die Lochkamera arbeitet im Röntgengebiet genauso
schlecht wie im sichtbaren Licht.

Am 19. April 1960 gelang Herbert Friedman und seinen Mitarbeitern
vom Naval Research Laboratorium in Washington, DC, mit einer Lochkamera in einer Rakete ein Schnappschuss von der Sonne im Röntgenlicht.
Diese historische Aufnahme kann man im Internet finden. Da die Rakete währent ihres Fluges sich um sich selbst drehte, sind die aufgenommenen Flecken und Gebiete kreisförmig verschmiert. Zumindest wurde mir das so berichtet.
Man erkennt deutlich, dass es auf der Sonnenscheibe hellere Flecken und dunklere gibt. Die Röntgenstrahlung ist also nicht überall gleich stark.
Interessant ist, dass sie Unterschiede der Sonnenoberfläche und der Corona darstellt, die im sichtbaren weißen Sonnenlicht nicht erkennbar sind.
Erst 13 Jahre später erfuhr man genauer, welche Bewandtnis es damit hat.

Das oben beschriebene Raketenexperiment während einer Sonnenfinsternis fand ein Jahr nach dem Start von SPUTNIK I, dem ersten künstlichen Erdsatelliten, statt. Die Ära rückte näher, in der man Messinstrumente praktisch beliebig lange im Raum halten und nach Belieben ein-
und ausschalten konnte. Für die Sonne baute man die OSO-Satelliten.
Das war die Abkürzung für Orbiting Solar Observatory, also für das
Sonnenobservatorium im Orbit. Acht Messstationen dieses Typs wurden insgesamt in Umlaufbahnen gebracht, die ersten in den frühen sechziger Jahren. Ihre Teleskope waren verhältnismäßig klein, und ihre
Leistungen wurden durch das in den Schatten gestellt, was in der Mitte
der siebziger Jahre folgte. Die eigentliche Erforschung der Sonne vom
Weltraum aus begann am 14. Mai 1973 mit SkyLAB, einer bemannten
Station auf einer Umlaufbahn.
Über diese Raumstation schrieb ich im einzelnen bereits in Gedenken an die erste Raumstation der Welt
Was Skylab sah, und welche Missionen aus dem Weltraum zur Erforschung der Sonne darauf noch folgten, wird Inhalt von „Der Sonne entgegen, Teil 3“.

Bis da hin
Passt auf euch auf und haltet durch

Euer Blindnerd.

Wie das Virus zu seinem astronomischen Namen kam


Liebe Leserinnen und Leser,

wir alle sind in den Maßnahmen wegen der Pandemie gefangen und müssen damit klar kommen.
Dies wird kein Artikel werden, der über weitere Möglichkeiten, sich zu schützen etc. berichten wird. Dafür gibt es andere Profis.
Ich möchte aber es trotz aller Widrigkeiten nicht unterlassen, weiterhin hier auf Blindnerd.de zu veröffentlichen. Gerade jetzt, kann die Astronomie eine Möglichkeit sein, mal etwas aus der Bedrücktheit der Situation zu fliehen.
Es wird nur einen Artikel von mir geben, in welchem das Wort Coronavirus vorkommen wird.

Heute geht es darum, wie das Ding zu seinem astronomischen Namen kam.

Wie ich mir das Virus vorstellte

Es ist ja offensichtlich, dass in Corona irgendwie die Krone steckt. Und so stellte ich mir das Virus auch vor, wie ein kleines Krönchen.
Kurz vor der Verbannung in das Homeoffice wegen Corona, druckte mir mein Arbeitskollege im Labor ein 3D-Modell des Virus aus. Ich war beeindruckt, wie schön es sich anfühlte, obwohl es solchen Schaden bringt.
Leider habe ich davon momentan kein Foto, weil uns dann die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie überraschten, und keine Zeit mehr blieb, eines zu schießen. Das wird nachgereicht, wenn alles überstanden ist. Dann muss das Teil sich auch nicht mehr in der Öffentlichkeit schämen, sich zu zeigen.

Und so fühlt es sich an:

Viele von euch kennen diese Igel-Bälle zur Hand-Massage etc. So ähnlich fühlt sich das Modell an. Nur, dass die Stacheln zu ihrem Ende hin dicker und nicht dünner werden.
OK, Igelball also, aber wo bleibt die Krone? Ich konnte keine ertasten, und da war auch keine.
Also fragte ich auf Twitter nach, wieso man das Virus Corona nennt. Schaut man von oben mit dem Elektronenmikroskop auf das Virus, dann ähnelt es am Rand etwas, das man durchaus mit einer Krone vergleichen kann, und das heute Gegenstand dieses Artikels sein wird.
Tja, was soll ich sagen. Auch ein Ding, mit derart schlimmen Eigenschaften, kann uns zur Astronomie führen.

Nun zu dem, was dem Virus seinen Namen gab:

Wenn die Sonne sich am Tage verfinstert, weil sich unser Mond vor die Sonnenscheibe schiebt, bekommen wir etwas von der Sonne zu sehen, was den Augen normalerweise verborgen bleibt, weil dieses etwas von der Sonne immer völlig überstrahlt wird.
Nur Astronomen mit speziellen Filtern, Spektrographen und Teleskopen bleibt dieses wunderschöne Geheimnis auch am Tage nicht verborgen.
Wenn sich also bei einer totalen Sonnenfinsternis der Mond zur totalen Verfinsterung vor die Sonne geschoben hat, erscheint plötzlich um die verdeckte Sonne herum ein schöner fahler Strahlenkranz, durchsetzt von roten Flammenzungen.
Dieser Strahlenkranz erinnert an eine Krone. Deshalb nennt man sie die Korona.
In Deutsch schreibt man sie mit K, aber ursprünglich schon mit C.
Die Korona besteht aus sehr heißem Sonnenpplasma. Die Oberfläche der Sonne hat eine Temperatur von etwa 6000 Grad. Die Korona hingegen ist deutlich heißer. Ihre ionisierten Teilchen sind um zwei Millionen Grad heiß. Allerdings ist die Korona sehr dünn, will sagen, sie hat eine deutlich geringere Dichte, als die Sonne und ihre sonstige Atmosphäre.
Nach außen hin geht die Korona in den Sonnenwind über. Außerdem ist die Korona von starken Magnetfeldern durchzogen. Die roten Flammenzungen bestehen aus empor gerissenen kühlerem Sonnenplasma. Diese Prodtuberanzen und Filamente stehen quasi wie Blätter senkrecht auf der Oberfläche der Sonne und können bei Tage ohne Hilfsmittel nicht beobachtet werden.
Diese Plasma-Blätter hängen quasi in ihren Magnetfeldlinien, wie Wäsche auf der Leine. Sie entstehen und vergehen. Auch die Korona verändert sich stetig. In Zeiten hoher Sonnenaktivität mit vielen Sonnenflecken, dehnt sie sich mit unter über mehrere Sonnenradien aus.

Die Energie der Korona

Woher die Korona die Energie erhält, dass ihre Teilchen derart heiß sein können, ist bis heute noch nicht restlos erforscht. Ein Grund ist, wie schon erwähnt, dass sich hier die Energie auf wenige Teilchen pro Volumeneinheit verteilt. Da bekommt dann eben jedes einzelne Teilchen etwas mehr davon ab. Beobachtet man die Sonne durch gewisse Filter, so sieht man Materieströme nach oben in Richtung der Korona schießen. Das sieht aus, als wäre die Sonne mit Hecken oder Gras überzogen. Auch diese Halme schießen nach oben und vergehen und entstehen neu. Der italienische Astronom, der sie entdeckte, nannte sie daher Spiculen.
Aber auch dieser Energietransport dürfte nicht ausreichen, um die Korona mit Materie und Energie immer wieder neu aufzufüllen. Stoßwellen, also quasi Schall, der Klang der Sonne, könnte auch einen Teil dazu beitragen. Es gibt da noch weitere Vermutungen, die ich aber selbst nicht richtig verstehe, und bevor ich hier etwas falsches sage…

Woraus besteht sie?

Natürlich interessierte die Astronomen brennend, woraus die Korona besteht. In anderen Artikeln beschrieb ich schon kurz, dass eines der wichtigsten Werkzeuge der Astronomen die Spektralanalyse darstellt. Fächert man das Licht einer Flamme mittels eines Prissmas auf, kann man an den farbigen Linien genau erkennen, was da gerade leuchtet oder verbrennt. Jedes chemische Element erzeugt sein charakteristisches eigenes Licht. Wie ein eindeutiger Fingerabdruck erscheinen je nach Element andere farbige Linien des Regenbogens und andere Linien bleiben dunkel.
Als man nun das Spektrum der Korona betrachtete, fiel eine grüne Linie auf, die keinem Element auf der Erde zuzuordnen war. Die naheliegendste Annahme war, dass es sich eben um ein Element handele, das es definitiv vielleicht nur auf der Sonne geben könnte. Schließlich war zu dieser Zeit sowieso noch nicht klar, wie das Sonnenfeuer wirklich funktioniert. Somit gab man dem Element den Namen Coronium.

Mittlerweile, zwei Jahrhunderte später wissen wir, dass es leider dieses Element Coronium nicht gibt.
Ich sprach oben schon öffters von Plasma. Das ist neben fest, flüssig und gasförmig ein vierter Zustand, in welchem Materie geraten kann, wenn man sie stark erhitzt. Dabei gehen die Atome kaputt. Sie verlieren einige Elektronen und sind somit ionisiert. Die Elektronen bewegen sich frei durch das Plasma und finden nicht mehr zurück zu ihren Atomkernen.

Dieser vierte Aggregatzustand, das Plasma, ist auf jeden Fall mal ein eigener Artikel wert, weil sich 99 % der sichtbaren oder auch barionisch genannten Materie im Universum in diesem Zustand befindet.

Nun fand man also heraus, dass das Coronium durchaus auf Erden zu finden ist, allerdings nicht als Plasma, sondern meistens fest.
Es handelt sich um Eisenatome, die so stark aufgeheizt sind, dass deren Atomkerne dreizehn Elektronen fehlen. Normalerweise sollte es 26 Elektronen besitzen. Davon fehlen ihm nun die Hälfte. Ganz schön kaputt, möchte ich sagen. Nur so kaputt oder entartet, kann Eisen diese grüne Linie erzeugen, von der man glaubte, dass sie nicht zu einem irdischen Element gehört.

Und noch ein Sonnenstoff

Das ist übrigens nicht das erste mal, dass man einen speziellen Sonnenstoff vermutete. Sicherlich ließ ich im ein oder anderen Artikel schon fallen, dass die Sonne ihre wesentliche Energie so erzeugt, indem sie aus vier Wasserstoff-Atomen in ihrem Kern ein Atom des Edelgases Helium verschmilzt. Aber auch dem Kraftwerk der Sonne müssen wir uns durchaus nochmal extra zuwenden. Die Lateiner*in oder Altgriechler*in erkennt, dass im Wort Helium die Sonne, der Sonnengott, Helios, steckt. Auch dieses Element konnte man zunächst auf Erden nicht finden. Es ist sehr selten und entfleucht ob seines geringen Gewichtes direkt durch unsere Atmosphäre ins All. Außerdem reagiert es als Edelgas chemisch quasi mit nichts, was zur damaligen Zeit den Nachweis deutlich erschwerte. Das Helium, was wir hier auf Erden finden, und womit wir unsere Ballone mit den Glückwunschkarten füllen, oder, womit wir sprechen können, wie die Micky Maus, wenn wir es einatmen, stammt nicht von der Sonne. Es entsteht in der Erde durch den radioaktiven Zerfall von anderen Elementen.

Es ist schon erstaunlich. Das Helium ist neben dem Wasserstoff das zweithäufigste Element im Universum, denn es entsteht in allen Sternen, und dennoch ist es hier auf erden so selten, dass es relativ teuer ist. Es könnte sogar ernstlich knapp werden, denn wir kühlen immer mehr komplexe Dinge mit Helium.

So, nun wisst ihr, wie das Virus zu seinem schönen Namen kam.

Jetzt wünsche ich uns allen, dass wir gut durch die Krise kommen. Ich denke, dass es momentan sehr vernünftig ist, dass wir diese ganzen Einschränkungen akzeptieren und einhalten

Passt gut auf euch auf.
Euer Blindnerd.

Große Frauen in Astronomie und Wissenschaft – Zum Frauentag 08.03.2020


Liebe Leserinnen und Leser,

auch in diesem Jahr möchte ich der Tradition treu bleiben, zum morgigen Weltfrauentag, 08.03.2020, einen Beitrag zu veröffentlichen, in welchem eine Astronomin als Beispiel für große Frauen gewürdigt werden soll

Prolog

Noch immer ist die Gleichstellung von Frauen in Forschung, Wissenschaft, aber leider auch noch in so vielen anderen Dingen längst nicht erreicht.

Die Welt blickt momentan fassungslos, sprachlos, vielleicht auch ratlos und im Falle Europas für meine Begriffe tatenlos auf die tragischen Geschehnisse in Syrien und auf die daraus resultierenden menschenverachtenden und unwürdigen Zusammenstöße zwischen Militär und fliehenden, die woanders Hoffnung auf Ruhe, Frieden und ein besseres Leben suchen. Ihren Familien entrissen, der Heimat entwurzelt, verletzt, gequält und geschunden, erleben sie Ablehnung, Gewalt und Hass. Und das leider auch von den reichsten Ländern der Welt.

Auch hier im Land rüsten Faschisten in Wort und Tat auf, gegen den eventuellen Anstieg der Flüchtlingswelle. Und die Gegenwehr von Politik und Gesellschaft ist schwach, verhalten und toleriert diese Kräfte, die unseren freiheitlichen Staat bis in die obersten Ebenen hinein mittlerweile durchsetzen, und diesen von innen her zerstören versuchen.
Selbiges gilt auch für viele weitere Länder Welt weit.

Für „Wehret den Anfängen“ ist es längst zu spät. Dazu ist dieses Gift schon viel zu tief in unsere Gesellschaft gesickert, aber für Widerstand ist es dennoch nie zu spät.
Aus diesem Grunde geht es heute um eine Astronomin, die um das Jahr 1000 in Syrien lebte und wirkte.
In Syrien mit seiner jahrtausend alten Kulturgeschichte, ein wesentlicher Teil der Wiege Europas.

Das Portrait von Mariam al-Asturlabi

Mariam al-Asturlabi lebte und wirkte um 944 – 967, also um 1000 nach Christus in Aleppo im Norden Syriens. Ich bin nicht ganz sicher, ob sich diese Zahlen auf ihr, oder ihres Vaters leben beziehen. Sagen wir also um 1000 herum.
Sie entwickelte und fertigte im 10. Jahrhundert Astrolabien.
Das sind Messinstrumente, mit denen man sich am Himmel orientieren kann. Weiter unten im Artikel werde ich versuchen zu beschreiben, wie so ein Instrument funktioniert und ungefähr aussieht.
In diesem Sinne war ihr Nachname Programm. Kann sein, dass der vor ihren Erfolgen anders lautete…

Ein gewisser Muhammad Al-Fazari soll der erste gewesen sein, der im achten Jahrhundert beim Bau eines Astrolabiums in der islamischen Welt geholfen hat.
Sie griff es auf und entwickelte es weiter und perfektionierte dieses Astrolabium.

Ihre Arbeit war sowohl kreativ als auch innovativ. Ihr Vater war Lehrling bei einem bekannten Astrolabium-Hersteller, und sie studierte bei ihm als seine Schülerin.
Sie entwarf offensichtlich auch neue Astrolabien

Der Damalige Herrscher Aleppos, Sayf Al Dawla, wurde auf sie und ihre Fähigkeiten aufmerksam und stellte sie als Astrolabien-Bauerin an seinem Hofe ein.
Darüber hinaus half sie auch bei der Weiterentwicklung von Navigations- und Zeitmessungstechniken.
Was mit „Messtechniken“ an dieser Stelle gemeint ist, konnte ich leider nicht klären.
Al-Ijliya, wie sie auch genannt wird, ist ein Beispiel dafür, dass das Streben nach Wissen im Islam gefördert und Frauen zu dieser Zeit offensichtlich nicht von Forschung und Wissenschaft ausgeschlossen wurden. Sie galt als eine bedeutende Wissenschaftlerin dieser Zeit.

Tatsachen aus Religion und Gesellschaft

Auf jeden Fall ist es sehr bemerkenswert, dass es offensichtlich möglich war, sich als Frau und Wissenschaftlerin in der Hochkultur des Islam zu behaupten, zu bewähren, und auch Würdigung und Anerkennung zu erfahren. Das war die Zeit, in der Gelehrte des Islam Europa, im ersten Jahrtausend in tiefsten Mittelalter versunken, Astronomie, Geschichte, Philosophie und Kultur bewahrte und zurück gab.
Vieles aus Mathematik und Medizin verdanken wir dieser Hochkultur, die offensichtlich frauenfreundlicher war, wie dem Islam es heute oft unterstellt wird. Ich bin kein Kenner des Islam, aber es scheint so zu sein, dass der Ur-Islam gar nicht so frauenfeindlich war, wie wir immer denken, dass der Islam es sei. Wahrscheinlich ist das, was wir heutzutage in manchen islamischen Ländern erleben, und was wir berechtigt als frauenfeindlich bezeichnen, gar nicht die Schuld des Islam an sich, sondern resultiert aus der dort vielerorts gelebten Kultur und Regierungsform. Auch wir Christen sollten das bedenken, dass im Mittelalter Kreuzzüge, Hexenverbrennungen und mehr Unrecht im Namen Gottes geschehen sind. In der heutigen Zeit ist ein christliches Land, wie Deutschland, einer der größten Waffenexportöre der Welt, obwohl das neue Testament rät, die andere Backe hin zu halten, wenn dir einer auf die eine Backe schlägt, obwohl es das Gebot gibt, dass man nicht töten soll,
obwohl Jesus im Gleichnis mit der Hure denjenigen aufforderte, welcher ohne Sünde sei, den ersten Stein zu werfen.
Es gibt also genügend Vergleiche, die dem kriegerischen Tun mancher Muslime sehr ähnlich sind. Und noch eines. Auch in unserer christlichen Welt sind Frauen noch immer in nahezu allen gesellschaftlichen und vor allem in beruflichen Bereichen nicht gleichberechtigt, von der Bezahlung angefangen, bis hin zu Aufstiegschancen im Beruf und anderen gesellschaftlichen bereichen.
Den Zöllibat, die Beichte und die Verehrung von Heiligen, gibt es sowohl in der Bibel, als auch im Koran nicht.
Ein Satz der Aufklärung noch zum Schluss dieses Abschnittes:
Ein sprachliches unhaltbares Ungleichgewicht ist meiner Meinung nach, dass ein Muslime, der sich, wodurch auch immer motiviert, terroristisch benimmt, ein Islamist genannt wird. Ein Pendant für einen Menschen, der in gleicher Weise als Christ sich schuldig macht, gibt es nicht. Das führt zu einer sprachlichen Verzerrung, die letztlich jeden, der dem Islam angehört, zu einem Islamisten macht. Wenn dieser Unterschied zwischen Muslim und Islamist sprachlich mehr und mehr verwischt, dann öffnet das allem Hass Tor und Tür. Dann verbinden wir mit dem Islam nur noch Terror, obwohl der größte Teil der Mitglieder dieses Glaubens ebenso friedlich ist, wie der größte Teil der „Christenheit“. „Christisten“, also gewalt bereite und Terror ausübende Anhänger der christlichen Religion, gibt es reichlich auf der Welt, und dennoch fehlt sprachlich ein Wort, diese zu bezeichnen. Zumindest ihr Gedankengut hat in einigen Ländern Europas, den USA und dem Rest der Welt, längst Einzug in die höchsten Regierungsinstanzen gehalten.
Aber belassen wir es an dieser Stelle mit dieser kontroversen Diskussion, und wenden uns wieder unserer Astronomin zu.

Weitere Tatsachen

Tatsache ist auch, dass vieles, was wir heute bis weit vor Christi Geburt über die Wiege Europas wissen, unrettbar verloren gegangen wäre, hätten islamische Gelehrte sich nicht um den Erhalt dieses Wissens- und Kulturschatzes bemüht.

Datenlage

Ab hier wird die Datenlage der Geschichte ihres Lebens etwas dünn. Zumindest habe ich nicht viel gefunden.
Was ich brauchbares fand, waren Quellen auf Englisch. Schon irgendwie seltsam, dass es wenig Materialien auf Deutsch zu geben scheint.

Auszeichnungen

Ihre Erfolge in Instrumentenbau müssen gewaltig gewesen sein, denn bis heute ist so einiges nach ihr benannt.

Der Hauptgürtel-Asteroid 7060 Al-‚Ijliya, der 1990 von Henry E. Holt am Palomar-Observatorium entdeckt wurde, wurde ihr zu Ehren benannt. Die Nennung des Namens wurde am 14. November 2016 veröffentlicht (M.P.C. 102252). Dieses Kürzel bezeichnet vermutlich einen jener zahlreichen Sternenkataloge. Ich kenne ihn gerade nicht.

Sie inspirierte eine Figur in dem 2015 preisgekrönten Buch Binti.

Im Buch der „1001 Erfindungen“ wurde sie als eine außergewöhnliche Frau aus dem Goldenen Zeitalter der muslimischen Zivilisation bezeichnet, was eine große Ehre war.

Die @Riffreporter würdigten sie in ihrem Weihnachtskalender 2019, hinter dessen jedem Türchen sich eine berühmte Astronomin versteckt, die sich in der meist von Männern dominierten Wissenschaft behaupten konnten.

Exkurs über das Astrolabium

Nun gehe ich zum Schluss dieses Beitrages noch kurz darauf ein, was ein Astrolabium ist, wie es funktioniert und wozu man es verwendet.
Wir wollen ja schließlich wissen, was der Inhalt des Lebenswerkes dieser bemerkenswerten Forscherin und Entwicklerin war.

Zitat aus Wikipedia:

Ein Astrolabium (auch Astrolab, griechisch für „Stern-Nehmer“) oder Planisphärum ist ein scheibenförmiges astronomisches Instrument. Mit ihm kann der sich drehende Himmel nachgebildet werden.
Auf einer festen Scheibe (Tympanon) sind der Horizont und Kreise des horizontalen Koordinatensystems abgebildet. Darüber liegt die drehbare Rete, die als Himmelskörper einige Sterne und die Jahresbahn der Sonne (Ekliptik) enthält.

Meistens befindet sich auf der Rückseite ein Diopter, mit dem der Höhenwinkel eines Objekts auf der Erde oder am Himmel (zum Beispiel Stern oder Sonne) über dem Horizont gemessen werden kann. Die überkommene griechische Bedeutung als „Sternnehmer“ oder „Sternhöhenmesser“ stammt von dieser Zusatzeinrichtung, die vor dem Sextanten auch in der Seefahrt zur Bestimmung des Breitengrads benutzt wurde.

Einige von vielen Anwendungsmöglichkeiten sind folgende: Wird die Rete auf Datum und Uhrzeit eingestellt, so lassen sich die Positionen der Sterne ablesen. Umgekehrt lassen sich aus dem Datum und der Position eines Sterns oder der Sonne die Uhrzeit oder die Himmelsrichtungen bestimmen.

Wir kennen Astrolabien bis Heute in Form von runden drehbaren Sternkarten, mit denen Sternegucker nachts am Himmel versuchen, sich zu orientieren.
Auch bei diesen ist am Rand der Ring zur Einstellung von Zeit und Datum angebracht. Auf der unteren Scheibe sind die wichtigsten Sternbilder eingezeichnet. Die obere drehbare Scheibe hat einen Ausschnitt, der gerade immer die Sterne frei gibt, die für die eingestellte Uhrzeit und das Datum sichtbar sein sollten. Der Mittelpunkt der Karte, wo beide Scheiben drehbar miteinander verbunden sind, zeigt auf den Nordstern. Eine nach dem Nordstern orientierte Sternenkarte funktioniert natürlich auf der Südhalbkugel nicht.
Ich habe eine tastbare Sternenkarte in meinem Archiv, so dass ich auch als blinder Mensch deren Funktionsweise begreifen kann. Der Umgang damit bedarf aber einiger Übung.

Taktile Sternenkarte
Sternenkarten-Selfi

Eine weitere sogar Sprechende Himmelsscheibe wurde in Zusammenarbeit des Vereines Andersicht von einem blinden Physikstudenten entworfen und gemeinsam mit einer Firma entwickelt. Auch bei diesem modernen Gerät stellt man klassisch Zeit und Datum ein. Die Sterne sind als leuchtende Knöpfchen realisiert. Drückt man sie, erfährt man via Sprache akustische Informationen über den Stern.

Nun wünsche ich allen Frauen Morgen einen schönen und würdigen Weltfrauentag. Möge er dafür sensibilisieren, dass vor allem in Forschung und Wissenschaft Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert sind.

Es bedarf hierzu ein Umdenken vor allem in den Köpfen von uns Männern. Nur Quoten helfen hier wenn überhaupt, nur maginal…

Es grüßt euch herzlich

Euer Blindnerd.

Der Sonne entgegen – Der Aufbruch


Liebe Leserinnen und Leser,
wie die meisten von euch wissen, wurde am 10.02.2020 die Sonde Solar Orbiter gestartet. Sie wird in wenigen Jahren mit zehn verschiedenen Instrumenten die Sonne erforschen.
Die Riffreporter und @Astrozwerge berichteten ganz wunderbar darüber.
Somit kann ich mir den Solar Orbiter für den Moment sparen und mich anderen Sonnenthemen widmen.
„Der Sonne entgegen“ soll eine kleine Serie werden, mit welcher ich euch das Warten, bis der Solar Orbiter an seinem Ziel ist, etwas versüßen möchte.

Der Anfang

Aus physikalischen und theoretischen Überlegungen heraus war schon klar, dass die Sonne auch Strahlung in Wellenlängen senden sollte, die wegen der Atmosphäre den Erdboden nicht erreichen können. Das ist auch gut so, denn ihre Röntgenstrahlung wäre äußerst Gefährlich für jegliches Leben.
Die Ozonschicht die vor allem durch ihr wachsendes Loch in den 80ern des letzten Jahrhunderts von sich reden machte, schützt uns vor Krebs erregender UV-Strahlung.
Diese Entschlossenheit, mit der man es schaffte, in verhältnismäßig kurzer Zeit die FCKWs, die für dieses Ozonloch verantwortlich zeigten, aus unseren Kühlschränken und Sprüh-Dosen zu verbannen, könnten wir z. B. für die Bremsung des Klimawandels heutzutage mal wieder gebrauchen; aber zurück zum Thema.

Den Tag, als man sich anschickte, zur Sonne aufzubrechen, wissen wir genau. Am 10. Oktober 1946 trug in den USA eine V-2-Rakete aus dem erbeuteten deutschen Kriegsarsenal in der Wüste White Sands in New Mexico Messinstrumente in eine Höhe von 90 Kilometern. Während der kurzen Zeit, welche die Rakete über der Atmosphäre blieb, wurde der extrem kurzwellige Ultraviolettbereich des Sonnenspektrums aufgenommen.
Diese Strahlung wird von den obersten Luftschichten verschluckt.
In neunzig Kilometern über dem Meeresspiegel ist zwar
unsere Atmosphäre noch nicht zu Ende, doch liegt nur ein Millionstel
der Luftmassen der Erde darüber. Es gelang damals tatsächlich, die
Strahlung zu messen, die die Erdoberfläche nie erreicht.
Später verwendete man für derlei Messungen dann andere modernere Raketen.

Trotzdem stand bei jedem Schuss nur die
kurze Zeit zur Verfügung, die die Rakete in der Nähe des Gipfels ihrer
Bahn fliegen konnte.

Man brauchte mehr Zeit, um nicht nur in Form von Schnappschüssen, beobachten zu können.

Das Observatorium in der Ballon-Gondel

Der Sonnenforscher mag seine Fernrohre auf Inseln, auf hohe Berge
setzen, er mag von weiß gestrichenen Türmen beobachten, die aus den
Schichten der Bodenturbulenz herausragen, ganz wird er den Ärger
mit der Erdatmosphäre nie los. Das merkte auch Martin Schwarzschild (31. Mai 1912 in Potsdam; † 10. April 1997 in Langhorne, Pennsylvania) Professor an der Universität von Princeton an der Ostküste der USA,
der 1953 begonnen hatte, auf dem Mount Wilson in Kalifornien die
Granulation der Sonne zu studieren, jene sich ständig ändernde Feinstruktur, die von der Bewegung der äußeren Schichten der Sonne herrührt.
Teure Raketen wollte man für die Erforschung der Granulen nicht opfern, da man diese auch im sichtbaren Teil der Sonnenstrahlung beobachten kann. Schon dem Mönch und Astronomen Christoph Scheiner viel vor etwa 500 Jahren die scheinbar gekörnte Oberfläche der Sonne auf.
Bis dato konnte man nur schlecht Beobachtungen in der Zeit machen. Meistens wurde ein Foto von der gerade herrschenden Situation auf der Sonnenoberfläche geschossen und danach wieder eines…

So entstand in Princeton der Plan, der Sonne entgegen zu gehen, Messinstrumente im Ballon in die obersten Schichten der Atmosphäre zu bringen, und von dort aus die Granulation der Sonne zu
untersuchen.

Die beste Fotografie der Granulation war selbst im Jahre 1957
noch eine aus dem letzten Jahrhundert.
Am 1. April 1894 hatte ein französischer Pionier der Sonnenbeobachtung, Jules Janssen
mit einem Spiegelteleskop von nur
13 cm Durchmesser ein Bild der Sonne gewonnen, das bis Mitte des vorigen Jahrhunderts an Schärfe von keiner anderen Aufnahme übertroffen
worden ist. janssen hatte damals noch eine nasse Kollodiumplatte
benutzt. Seine Belichtungszeit lag bei 1/3000 Sekunde. Erst später, als
man von möglichst hohen Bergen aus die Sonne fotografierte und
unter Tausenden von Aufnahmen suchte, um eine zu finden, bei der
zufällig die Luft während der Belichtungszeit nahezu in Ruhe war,
konnte man sich mit den janssenschen Aufnahmen messen. Somit wollte Martin
Schwarzschild die Luftunruhe überlisten und vom Ballon aus
fotografieren.

Der Vorteil eines Ballons ist auch, dass man stundenlang beobachten kann. Die Überlegungen zum Projekt STRATOSCOPE, wie man es nannte, stammten
von den beiden Princetoner Astronomen Martin Schwarzschild und
Lyman Spitzer. Schwarzschild übernahm das Ballonprojekt, Spitzer begann damals bereits mit anderen Plänen, die schließlich 15 Jahre
später im Forschungssatelliten KOPERNIKUS gipfeln sollten, einem
der ersten astronomischen Observatorien in einer Umlaufbahn. Ein aktuelles Weltraumteleskop ist nach zweiterem benannt.
Mitte der fünfziger Jahre flossen überall in der Welt die Mittel für
astronomische Programme nur spärlich, selbst in den USA. Trotzdem
gelang es Schwarzschild im September 1957 im US-Bundesstaat Minnesota, den ersten Ballon aufsteigen zu lassen. Er erreichte eine Höhe von
25 Kilometern. Die Gondel trug Geräte zur Fotografie der Sonnenoberfläche. Da die STRATOSCOPE-Flüge unbemannt waren, musste der
gesamte Ablauf der Beobachtung, wie das Ausrichten des Teleskops
nach der Sonne und die Belichtungszeit, im voraus programmiert werden.
Einmal gestartet, waren die Instrumente sich selbst überlassen.

Das ist in der Raumfahrt an sich bis heute Normalität. Sonden sind zu weit entfernt, als dass man sie in Echtzeit steuern könnte.
Schwarzschilds Team konnte nur noch vom Boden aus den Ballon mit
dem Feldstecher verfolgen,
ihm mit dem jeep nachfahren und hoffen,
dass die Instrumente, wo immer der Wind den Ballon auch blasen würde, die Landung
unbeschadet überstünden. Als im Oktober 1957 der sowjetische SPUTNIK pipsend um den
Erdball flog und die USA sich danach langsam von dem „Sputnik-Schock“ erholten, flossen die Mittel für das Projekt STRATOSCOPE wieder reichlicher.
Mehr Gelder waren für das Projekt nötig, denn ein einfacher Ballonflug in der
notwendigen Höhe kostete damals an die 20000 US-Dollar, bei einem
aufwendigeren Flug musste man mit einer Million Dollar rechnen.
Wesentlich teurer jedoch als der Ballonflug war die Reparatur der
Geräte nach jeder Landung, die man nicht kontrollieren konnte.

Schwarzschild rüstete seinen Ballon mit einer Fernsehkamera aus,
deren Bilder zum Erdboden übertragen wurden. So konnte er am Fernsehschirm durch das Teleskop im Ballon zur Sonne blikken und die ferngesteuerten Apparate an Bord bedienen.

Ergebnisse der Stratoscope-Mission

Zum Team waren inzwischen mehrere Wissenschaftler gestoßen. Man beschränkte sich nicht nur auf das Studium der Granulation.
Robert Danielson (1931-1976) beobachtete Sonnenflecken, vor allem
die Penumbra,
john B. Rogerson untersuchte Erscheinungen am Sonnenrand.
Diese Sonden lieferten die bis dahin besten Bilder der Sonnengranulation. Zeigte janssens Fotografie Granulationselemente mit Durchmessern von 800 bis 1600 Kilometern, so bewiesen die STRATOSCOPE-Aufnahmen, dass es auch viel kleinere gibt. Man konnte sogar solche
mit Durchmessern von nur 160 Kilometern erkennen.
Man sah auch, dass die auf- und absteigenden Gasballen eine eckige Umrandung hatten. Das ist bei Blasen kochender Flüssigkeiten zumindest im Laborversuch auf erden auch so. Meist sind sie sechseckig.

Fazit

Die Beobachtungen vom Ballon aus waren eine ideale Vorübung für
die Arbeiten mit Raumsonden. Allerdings lernte man zur Zeit von
STRATOSCOPE 1 und 2gerade erst langsam, den Weltraum von Raketen aus zu untersuchen. Dabei erhielt man u. A. die ersten Bilder der Sonne im Röntgenlicht.
Die Röntgen-Sonne ist aber ein weiteres so spannendes Thema, dass ich mir diese für einen weiteren Beitrag aufhebe.

Pluto wird neunzig


Liebe Leserinnen und Leser,
Ein guter Freund machte mich darauf aufmerksam, dass Pluto am 18.02.1930 entdeckt worden war. Dabei stellte er mir die Frage, wieso er heute kein Planet mehr sein darf.
Zum Glück schrieb ich zu anderer Gelegenheit mal darüber, so dass ich Recyceln konnte.
Hier nun, wieso Pluto kein Planet mehr ist:

Die Entdeckung vor 90 Jahren

Pluto ist mit bloßem Auge nicht sichtbar. Man braucht ein gutes Teleskop, um ihn zu sehen. Entdeckt wurde er vor 90 Jahren aber ganz anders.
Der Deutschlandfunk widmete in seiner heutigen Sternzeit-folge sich der Entdeckung des Pluto.

Was wir noch in der Schule lernten

Ins Gerede ist die IAU im August 2006 gekommen, als sie auf ihrem Kongress in Prag den Entschluss fasste, dass Pluto künftig kein Planet mehr sein darf, sondern nur noch ein Zwergplanet ist.
Ach, wie mühsam haben wir noch in der Schule die Namen der neun Planeten uns eingepaukt. Eine große Hilfe hierbei war der Satz:
“Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten”.
Die Anfangsbuchstaben der Planetnamen entsprechen denen, der Wörter dieses Satzes:
“Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto”.
Und Pluto darf jetzt nicht mehr mitmachen? Dann wissen wir ja gar nicht mehr, was für neun Objekte unser Vater all sonntäglich erklärt.
Naja, jetzt musste man den Satz auf die verbleibenden acht Planeten reduzieren.
Er heißt nun:
“Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel.”
Auch schön, denn dort gibt es noch deutlich mehr erklärenswertes, als nur unsere acht Planeten, von denen höchstens sechse, einschließlich der Erde  mit bloßem Auge zu sehen sind.

Wie es früher war

Eine berechtigte Frage in diesem Zusammenhang ist die, wie so denn plötzlich Zweifel hochkochen, was denn nun ein Planet sein soll, und was nicht.
Das hat sich doch schon seit den alten Griechen und noch davor nicht mehr geändert. Es kam halt lediglich immer mal wieder ein neuer Planet hinzu. Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sind mit bloßem Auge sichtbar. Zu alter Zeit sowieso, als es noch keine Lichtverschmutzung gab. Für die Entdeckung des Uranus, der am 13. März 1781 von William Herschel und vermutlich mit Unterstützung seiner Schwester Lucrezia, entdeckt worden war, brauchte man schon ein starkes Spiegelteleskop. Sterne sind so weit weg, dass sie selbst im Teleskop zwar heller, aber letztlich doch nur als nadelstichartige Punkte zu sehen sind. Ein Planet hingegen präsentiert sich als Scheibchen, das über einige Beobachtungsnächte hinweg, seine Position am Sternenhimmel verändert. Außerdem bildet das Scheibchen keinen Schweif aus, so dass mit der Zeit ein Komet ausgeschlossen werden kann.
Planeten funkeln auch nicht.
Durch die Veränderung der Position stellte Herschel sehr bald fest, dass es sich hier um einen bis dato unsichtbaren Planeten handeln muss, der unsere Sonne umkreist.
Die beiden letzten Planeten, Neptun und damals noch Pluto, wurden nicht durch Sicht entdeckt. Sie verrieten sich, indem sie durch ihre Schwerkraft die anderen sichtbaren Planeten in ihren Bahnen leicht störten.
Heutzutage sind die Teleskope natürlich so stark, dass man auch diese beiden letzten  bei guten Bedingungen als Scheibchen wahrnehmen kann. Heutige Teleskope lösen sogar ferne Galaxien, Nebel und Sternhaufen in ihre einzelnen Sterne auf, und es gibt weitere Verfahren, mehr über ihre Beschaffenheit und Oberflächen zu erfahren.
Trotzdem. Wieso plötzlich diese Aufregung um den Planetenstatus des Pluto?

Wer ist jetzt Planet, und wer nicht

Außer Kometen, die plötzlich mit ihren prächtigen Schweifen scheinbar aus dem Nichts auftauchten, nahezu geradlinig durch die Sternbilder zogen und wieder verschwanden, gab es nichts weiter außer den Planeten mit ihren Monden in unserem Sonnensystem. Das änderte sich jedoch mit der Entwicklung immer stärkerer Messinstrumente. Da waren plötzlich unzählige Asteroiden zwischen Mars und Jupiter zu sehen. Diese bilden den Asteroidengürtel und stellen quasi die Schneegrenze in unserem Sonnensystem dar, weil es jenseits von ihnen eisige Planeten gibt, wobei weiter innen die Steinplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars ihre Bahnen um die Sonne ziehen. Und damit nicht genug. Es wurde auch ein weiterer Asteroidengürtel jenseits des Neptun entdeckt, der Kuiper-Gürtel, benannt nach dem Astronomen Gerard Peter Kuiper (1905–1973). Bei so vielen neu gefundenen Objekten, musste man sich ernsthaft überlegen, was denn nun ein Planet, was ein Zwergplanet und was schließlich nur einer unter vielen Asteroiden sein soll.
Auslöser für diese Diskussion war die Tatsache, dass man zunehmend Himmelskörper im oder am Rand unseres Sonnensystems fand, die Pluto durchaus ebenbürdig in Form und Größe sind. Da gibt es beispielsweise das Kuiper-Objekt Xena, das größer als Pluto ist.
Außerdem war Pluto sowieso etwas seltsam.
Da haben wir von innen nach außen vier Steinplaneten, Merkur, Venus, Erde und Mars. Dann kommen die vier Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Und jetzt kommt noch so ein Winzling, kleiner als unser Mond, bestehend aus Eis und Stein, der sich zudem noch auf einer sehr exzentrischen Bahn bewegt, dessen Bahn zudem noch gegen die Ekliptik ziemlich gekippt ist und der quasi auf seiner Bahn entlang rollt, weil seine Achse derart gegen  seine Umlaufbahn geneigt ist.
Und so traf sich 2006 im August die IAU zu ihrem Kongress in Prag, um diese Frage ein für allemal zu klären.

Die Entscheidungsfindung

Zunächst einmal wurde von einer ausgewählten Expertenrunde ein erster Entwurf zur Abstimmung vorgelegt. Doch der wurde sehr kritisiert.
Nach diesem Entwurf sind Planeten Himmelskörper, die folgendes erfüllen müssen:
1. so viel Masse haben, dass sie durch Eigengravitation in eine runde Form gezwungen wurden. Was leichter ist, hat eher eine Kartoffelform und ist auf jeden Fall nicht rund.
2. einen Stern umkreisen, ohne selbst Sterne oder Monde, also Trabanten anderer Planeten zu sein. Ohne Monde haben wir Merkur und Venus. Auf diese beiden trifft aber Teil eins der Definition zu. Sie sind schwer genug, um Rund zu sein.

Nach dieser Definition hätte Pluto seinen Status als Planet behalten, es wären aber noch zahlreiche andere Himmelskörper in Frage gekommen, zum Beispiel Ceres und Xena.  Es wäre äußerst unpraktisch, müssten wir vielleicht gar dutzende oder mehr Planetennamen auswendig lernen. Wie lang wäre dann die Eselsbrücke, der Merksatz?
Innerhalb der vollwertigen Planeten sollte in zwei Gruppen aufgeteilt werden: die klassischen Planeten von Merkur bis Uranus und die Zwergplaneten wie Pluto, Ceres oder Xena.
Für diesen Entwurf einer Definition, ließ sich keine Mehrheit finden.
Stattdessen einigte man sich auf folgende neue Definition von Planeten:
1. Diese Planetendefinition gilt nur für unser Sonnensystem.
Das ist schade, dass man nichts fand, was für alle Sternsysteme gelten könnte. Vielleicht wird das im Zuge der Neuentdeckung von Planeten, die um andere Sterne kreisen, nochmal irgendwann neu aufgerollt werden müssen.
Das ist halt Astro-Politik.
2. Ein Planet soll ab jetzt nur noch ein Körper sein, dessen Masse der Gesamtmasse aller anderen Körper in seinem Bahnbereich übertrifft. Will sagen, der auf seiner Bahn zumindest einigermaßen aufgeräumt hat.
Gerade letzteres trifft auf den Pluto nicht zu. Er bewegt sich im Kuiper-Gürtel mit zahlreichen anderen Himmelskörpern.
In unserem Sonnensystem gibt es also nur noch die acht klassischen Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, sowie Zwergplaneten, Monde und Kleinkörper. Pluto, Ceres und Himmelsobjekt Xena sind Zwergplaneten und damit keine Planeten.
Als Kleinkörper gelten Asteroiden, Kometen und andere Objekte geringer Größe, die keine Monde sind und die Sonne umkreisen.
Bis heute entfacht die Diskussion um diese Definition immer mal wieder. Die Degradierung Plutos zum Zwergplaneten dürfte vor allem die Amerikaner tief getroffen haben, denn Pluto war der einzige Planet, der von einem Amerikaner entdeckt worden war.
Es standen noch andere Definitionen zur Auswahl, die bis heute immer mal wieder in Erwägung gezogen werden.

Fazit

Ich denke, es ist schade, dass Pluto nicht mehr dabei sein kann, aber die Zeiten ändern sich und durch die verbesserten Instrumente auch die Grundvoraussetzungen, die eventuell alte lieb gewonnene Definitionen in Frage stellen.
Wie oft wurde, was für uns viel folgenschwerer war, der Mensch von seinem Platz im Universum vertrieben.
Vom Mittelpunkt des Sonnensystems an den Rand, Dann war unsere Sonne nur noch ein Stern unter vielen, Wir waren kein Mittelpunkt im Universum mehr, und fristen unser Dasein am Rand einer Galaxie unter milliarden anderer.
Im Zusammenhang der Mission New Horizons schrieb ich einen weiteren Artikel darüber, wie spannend unser Zwergplanet ist.