Wie riecht der Himmel


Schnüffelnasen aufgepasst, heute geht es mal darum, wie es im Weltall riechen könnte.

Die anderen Sinne

Unser Sehsinn, sofern vorhanden, wird durch einen klaren Sternenhimmel befriedigt. Teleskope können hier dann noch mehr bieten.

Den Tastsinn bediene ich reichlich in meinen Vorträgen, sofern sie nicht online stattfinden MÜSSEN, durch meine zahlreichen Tastmodelle und Grafiken.

Den Hörsinn rege ich stets dadurch an, dass wir uns beispielsweise das Radioprogramm von Sternen, Pulsaren, Planeten, Kometen, verschmelzenden schwarzen Löchern und kollidierenden Neutronensternen anhören. In der Kathegorie Mit dem Ohr am Teleskop gibt es reichlich Hörbeispiele dazu.
Den Geschmacksinn können wir nicht bedienen, denn es ist viel zu wenig Mondstaub oder sonstiges Material aus dem All bisher mitgebracht worden, als dass wir uns ein Pröbchen davon z. B. als Gewürz im Supermarkt kaufen könnten. Allerdings bin ich schon mit einem Kuchen in Form der Himmelsscheibe von Nebra beglückt worden, sowie auf meinem Vortrag, den ich für die Caritas 2017 hielt. Dort gab es Kometenküchlein, Planeten-Frikadellen, Zimtsterne und noch so einiges astro-kulinarisches mehr, was sich die Küche der Lebenshilfe mit ihren eifrigen schwerbehinderten Mitarbeitenden so für mich ausdachte.

Die Autorin Dava Sobel erzählt uns in ihrem Buch „Die Planeten“ davon, dass ihre Freundin, die in einen Forscher verliebt war, der in einem Labor arbeitete, in welchem Mondstaub erforscht wurde , seine Angebetete mit einer winzigen Menge von Mondstaub beglückte, den diese Dame in innigster Liebe zu ihm verspeist haben soll. Der dürfte etwas sandig geschmeckt haben, obwohl die Probe so klein war, dass es fraglich ist, ob überhaupt etwas davon geschmeckt werden konnte. Schade um das Geschenk, denn die Dame hat es leider wieder ausgeschieden, somit ist dieses Pröbchen der Menschheit für immer verloren.
Außerdem ist diese Dame offenbar nicht mehr mit diesem Forscher zusammen.

Den Sehsinn spare ich in meinen Vorträgen meistens etwas aus. Ich werfe nur selten Folien zur Orientierung für Sehende an die Wand, und spektakuläre Videos gibt es bei mir in der Regel auch nicht. Mit derlei würde ich mir ja letztlich mein Konzept von „Blind zu den Sternen“ selbst zerstören.

Nun denn. Bleibt also noch die Nase als Sinnesorgan übrig.

Der Duft am Ende der Luft

Zunächst einmal riecht es im Weltall überhaupt nicht, da es dort keine Luft gibt, die einen Geruchsstoff transportieren könnte. Außerdem ist das Vakuum im All so stark, dass viel zu wenige Teilchen aus dem All in unsere Nase kämen, um einen Geruch zu erzeugen, könnten wir dort auch nur einen Atemzug tun.

Gerüche werden hier auf der Erde durch die Luft transportiert. Pflanzen, Tiere, Müll, Meer, wenn man kocht, alles riecht und wird von uns als gut oder übel empfunden. Wissenschaftlich ist belegt, dass Gerüche in uns sehr starke Erinnerungen auslösen können.
Entfernen wir uns also von der Erde, um die Gerüche des Alls zu empfangen.

Steigen wir durch unsere Atmosphäre auf, dann werden wir erst mal immer weniger Gerüche wahrnehmen, weil unsere irdischen Düfte nicht so hoch gelangen. Es riecht also nach nichts, nach Luft.

Spätestens in der Ozonhülle unserer Atmosphäre würden wir einen leicht süßlichen Geruch wahrnehmen, wenn wir dort noch atmen könnten. Ozon können wir manchmal im Sommer riechen, wenn es sich in Bodennähe durch zu viel Feinstaub und dessen Interaktion mit dem Sonnenlicht und dem Sauerstoff bildet. In manchen Schwimmbädern wird das Wasser neben Chlor auch mit Ozon rein gehalten, weil Ozon eine sehr radikale chemische Verbindung aus drei Sauerstoffatomen ist. Wenn man mit einer Folie sich über die Haare streicht, so dass kleine Funken entstehen und die Haare dann zu Berge stehen, dann kann man manchmal auch einen süßlichen Duft wahrnehmen. Das ist Ozon, was sich dadurch bildet, dass sich Folie und Haare gegeneinander statisch aufladen. In diesem Ladungspotential verliert der Sauerstoff vorübergehend Elektronen und bildet die riechenden Moleküle des Ozon.

Übrigens riecht Sauerstoff oder Luft sicher auch irgendwie, aber das nehmen wir nicht wahr, weil dieser Duft stetig um uns weht. Die Erddrehung nehmen wir auch nicht wahr, weil sie immer da ist und sich nicht verändert.

Mondgeruch

Die ersten Düfte aus dem All brachten wohl die Astronauten der Apollo-Missionen mit. In zahlreichen Berichten kann man von einem Duft lesen, der sich nach der Rückkehr der beiden Astronauten in der Kapsel verbreitet hat, der ungefähr an Schießpulver erinnert.
Die Astronauten waren über und über mit Mondstaub bedeckt, der sich sehr hartnäckig an ihre Raumanzüge heftete. Es ist nicht nur so etwas, wie Sand am Strand. Der Mondstaub ist noch viel feiner, Feiner noch als Mehl oder Puderzucker. Dieser Staub ist nun stetig dem Sonnenwind ausgesetzt, der aus geladenen Teilchen und sonstiger Strahlung besteht. Das verändert diese Staubteilchen chemisch. Sie laden sich auf, was mit ein Grund ist, weshalb sie sich so willig an die Anzüge der Mondfahrer klebten. Als die Astronauten nun völlig „verdreckt“, in ihre saubere und klinisch reine mit Sauerstoff gefüllte Kapsel zurück kamen, begann der Mondstaub chemisch mit dem Sauerstoff zu reagieren und erzeugte wohl diesen brandigen Schießpulvrigen Duft. Ich stelle ihn mir so ähnlich vor, wie es bei der Knallerei zu Silvester riecht. Ein Brand ohne Flamme also. Gut möglich, dass dieser sich auch in den Laboren ausgebreitet hat, als man die Mitbringsel vom Mond auspackte und untersuchte.

Raumschiffmief

In jeder Fragestunde, die Kinder mit Alexander Gerst, Matthias Maurer oder anderen Astronauten und Kosmonauten in der Raumstation führen durften, wird die Frage nach dem Geruch in der Raumstation gestellt. Dass diese Frage immer wieder kommt beweist, wie wichtig Düfte für uns sind. Wie geschmacklos scheint uns unsere Nahrung, wenn wir erkältet sind, wenn also unsere Nase nicht mit genießen kann.

Die Bandbreite der Beschreibungen des typischen Raumschiff-Geruchs reicht von heissem Metall und Ozon über Schmelz- und Schweissbrennergeruch bis zu Grillgeruch und versengtem Steakfleisch.
Die Raumstation selbst hat natürlich bei all der Technik dort drinnen auch ihren Eigengeruch.
Alexander Gersts US-Kollege Reid Wisemann fühlte sich an den Geruch eines Stapels nasser Wäsche erinnert – und Gerst räumte ein:

Da hat er nicht ganz unrecht.

Und ja, wen wundert es, dass der Geruch auch mit feuchter Wäsche in Verbindung gebracht wurde. OK, die treiben dort oben schon auch Körperhygiene und wechseln ihre Wäsche, aber das alles deutlich seltener als wir es hier tun. Das mit dem Duschen wird wohl auch eher funktional geschehen und vermutlich ohne unsere ganzen Deos und sonstigen Düfte.

Wenn eine Raumkapsel an der ISS ankoppelt, dann entsteht so viel Hitze, dass sich in der Raumstation ein metallisch brandiger Geruch entwickelt. Außerdem dürften die Dichtungen den Gestank erzeugen, den Gerst als Bremsbelege interpretiert.

Und wenn wir schon bei Raumfschiff-Mief sind. Ein Raumanzug ist ja ein Kleinstraumschiff mit allem, was eine Astronaut:in so zum Leben braucht. Von Sauerstoff, Heizung, Klina bis Toilette ist dort alles eingebaut.
Ich stelle mir oft die Frage, wie es in so einem Raumanzug wohl riecht.

Der Duft des Alls

Nach jedem Außeneinsatz nehmen die drin gebliebenen Astronaut:innen einen Geruch der Rückkehrer wahr. Draußen, dem Sonnenwind ausgesetzt, ionisiert vermutlich die Oberfläche ihrer Raumanzüge und sie nehmen wohl auch etwas Weltraumstaub auf.

Die Astronautin, Peggy Whitson, die sich auf der Internationalen Raumstation ISS aufgehalten hat, beschreibt es so:

Es ist ein Geruch, wie man ihn riecht, kurz nachdem eine Pistole abgefeuert wurde.

Den Duft kennen wir schon vom Mondstaub her.
Neben der rauchig-verbrannten Note wurden aber auch fast bittere Nuancen wahrgenommen und sogar Anflüge von Himbeere und Rum.

Der Astronaut Scott Kelly, der rund ein Jahr auf der Internationalen Raumstation ISS verbrachte, bemerkte den Geruch erst, als er die Luke einer Versorgungskapsel öffnete, die zuvor in Kontakt mit dem Weltall gewesen war. Ihn erinnerte der Weltraumgeruch an Wunderkerzen.

Alexander Gerst, der deutsche Astronaut, Geophysiker und Vulkanologe, sagte:

Für mich riecht der Weltraum nach einer Mischung aus Walnuss und den Bremsbelägen meines Motorrads.

Jetzt heißt es sich die Nase zuhalten

Ein Chemiker in England hat mal die Chemikalien gemischt, die man auf dem Komet Juri (67P) mit der Raumsonde Rosetta und dem Lander Philae
und vorher mit der Sonde Giotto auf dem Halleyschen Kometen entdeckt hatte. Er präparierte Ansichtskarten damit. Man konnte sich also nach Komet stinkende Karten besorgen.

Sie stinken wirklich,

erzählt Frau Professor kathrin alt-weg in Folge 79 des Podcasts @Raumzeit. Sie musste einen geschenkten Karton dieser stinkenden Karten aus ihrem Büro verbannen. denn z. B. Schwefelwasserstoff riecht nach faulen Eiern, und der wurde auf den Kometen unter vielen anderen übelriechenden Stoffen entdeckt.
Inzwischen wurden mit unterschiedlichen Analysemethoden z. B. des Spektrums von Licht, viele weitere Chemikalien gefunden, die wir hier auf der Erde sehr wohl kennen.
Neben Salz, Zucker, Alkohol und mehr, muss man aber konstanieren, dass viele stinkende und auch ungesunde Substanzen dabei waren. Nun ja, das ist im All kein Problem, weil niemand des anderen Gestank im Vakuum wahrnimmt.

Das Parfum

Und jetzt kommt zum Schluss noch ein Highlight.
Also früher war ich manchmal etwas mittelalterlich unterwegs. Ich besuchte Mittelaltermärkte, hörte derartige Musik, hatte ein Gewand und weil wir manchmal auch etwas düster unterwegs waren, benutzten wir zu solchen Veranstaltungen häufig ein Parfum, das moderig roch. Was liegt da näher, als dass man auch mal versucht, ein Parfum zu kreieren, das nach den Beschreibungen der Astronauten nach Weltall riecht, und das gibt es tatsächlich.

Vor einigen Jahren kreierte die Weltraumorganisation Nasa gemeinsam mit dem Parfümeur Steve Pearce ein Parfum mit dem spezifischen Weltraumgeruch. Die ursprüngliche Idee war mit dem Weltraumparfum Astronaut:innen besser auf ihren Aufenthalt im All vorzubereiten. Seit wenigen Jahren ist das Eau de Space als Unisexparfum im Handel erhältlich. Das Parfum mit synthetisch-rauchiger Note vermittelt zumindest eine Ahnung davon, wie der Himmel riecht.

Also ich würde es mir sehr gerne mal besorgen, obwohl es vermutlich unverschämt teuer sein wird. Ich habe da mal was von 650 Dollar gelesen. Das tut weh.
Vielleicht spendiert es mir ja mal eine unserer Leser*innen…

Ein Gedanke zu „Wie riecht der Himmel“

  1. Hallio Gerhard mein Freund,

    dieser Bericht war sehr informationsreich für mich. Vor allem sehr gut von Dir beschrieben.

    Herzliche Grüße
    Mehmet

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