Meine lieben,
Wer in seinem Leben die Gelegenheit hat, ins Weltall zu dürfen, gehört zweifellos und ganz wertfrei zu einer Minderheit. Meist begegnen wir diesem Wort eher negativ, weil Minderheiten, naja, ihr wisst schon…
Dass diese Minderheit im wesentlichen aus „weißen“ männern bis heute besteht, ist kein Geheimnis. Nur eine Minderheit dieser Minderheit sind also Frauen. Und wenn man jetzt betrachtet, wieviele dieser Frauen eine andere Hautfarbe besitzen, dann wird die Luft sehr dünn. Grund genug heute die erste Frau zu würdigen, auf welche alle obigen Parameter der angesprochenen Minderheiten zutrafen.
Die Erste Afroamerikanische Astronautin im Weltraum
Mae Jemison, eine bemerkenswerte Pionierin in der Raumfahrtgeschichte, hat nicht nur die Schwerkraft überwunden, sondern auch Barrieren auf der Erde durchbrochen. Als die erste afroamerikanische Frau im Weltraum hat sie nicht nur die Sterne erforscht, sondern auch die Herzen und Köpfe vieler Menschen auf der Erde erobert.
Mae Carol Jemison wurde am 17. Oktober 1956 in Decatur, Alabama, geboren. Ihre Familie zog später nach Chicago, wo sie aufwuchs und ihre Leidenschaft für Wissenschaft und Raumfahrt entdeckte. Schon in jungen Jahren zeigte sie ein beeindruckendes Interesse an den Sternen und erkannte früh, dass der Himmel keine Grenzen für ihre Träume hatte.
Nach dem Abschluss ihres Studiums der chemischen Ingenieurwissenschaften an der Stanford University im Jahr 1977 folgte sie ihrer Leidenschaft für Medizin und schrieb sich an der Cornell University Medical College ein. Mae Jemison erhielt 1981 ihren Doktortitel in Medizin und begann ihre Karriere als Ärztin.
Mae Jemison hatte jedoch größere Träume, die über die Grenzen der Erde hinausreichten. Nachdem sie mehrere Jahre als Ärztin und in verschiedenen Unternehmen gearbeitet hatte, beschloss sie, sich für das NASA-Astronautenprogramm zu bewerben. Im Jahr 1987 wurde ihr Traum Wirklichkeit, als sie als eine von 15 Kandidaten ausgewählt wurde.
Ihr Weg zum Weltraum erstreckte sich jedoch über mehrere Jahre intensiven Trainings und harter Arbeit. Mae Jemison wurde schließlich ausgewählt, um als Missionsspezialistin an Bord der Raumfähre „Endeavour“ im September 1992 Teil der Mission STS-47 zu sein.
Am 12. September 1992 betrat Mae Jemison als erste afroamerikanische Frau den Weltraum. Dieser historische Moment markierte nicht nur einen persönlichen Triumph, sondern auch einen bedeutenden Fortschritt in der Raumfahrtgeschichte. Mae Jemison inspirierte Menschen weltweit, insbesondere Frauen und Minderheiten, ihre Träume zu verfolgen und Hindernisse zu überwinden.
Nach ihrer Weltraummission setzte Mae Jemison ihre Arbeit in Wissenschaft, Bildung und Technologie fort. Sie gründete die Jemison Group, ein Unternehmen, das sich auf die Integration von Wissenschaft und Technologie in den Alltag konzentriert. Ihr unermüdlicher Einsatz für die Förderung von Bildung und ihre Fähigkeit, Wissenschaft für jedermann zugänglich zu machen, haben sie zu einer Führungspersönlichkeit in der Wissenschaftswelt gemacht.
Mae Jemison hat nicht nur den Himmel erkundet, sondern auch Türen für zukünftige Generationen geöffnet. Ihr Vermächtnis erstreckt sich über die Raumfahrt hinaus, da sie eine inspirierende Figur für alle ist, die nach den Sternen greifen. Ihre Geschichte erinnert uns daran, dass wir durch Entschlossenheit, Bildung und den Glauben an unsere Träume Grenzen überwinden können.
In einer Welt, die von Vielfalt und Inklusion profitiert, bleibt Mae Jemison eine Ikone, die zeigt, dass die Sterne für alle erreichbar sind, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht oder Herkunft. Ihre Reise ist nicht nur eine Reise durch den Weltraum, sondern auch eine Reise der Inspiration und des Durchhaltevermögens, die weiterhin die Herzen und Köpfe der Menschen auf der ganzen Welt erobert.
Meine lieben,
es ist nun so weit. Das erste Türchen des Blindnerd-Adventskalender ist nun offen. In diesem Jahr möchte ich mal etwas besonderes ausprobieren. Wie ihr in der Überschrift schon sehen könnt, steht dieser Adventskalender unter dem Motto Frauen.
Und das hat seinen Grund.
Bis heute sind Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen leider noch immer unterrepräsentiert. Die Statistiken sprechen hier eine sehr deutliche Sprache. Trotz Frauenbewegung, Emanzipation, Erziehungsurlaub auch für Männer, gesetzliche Gleichberechtigung und dafür aufgeschlossene Männern, ist es noch nicht gelungen, diesen Missstand in den Griff zu bekommen.
Dennoch hat es immer wieder Frauen gegeben, die trotz Benachteiligung, Unterdrückung, Bildungsverbot und Leben in einer streng patriarchaisch dominierten Gesellschaft, großartiges in Wissenschaft, z. B. der Astronomie, geleistet haben. Sie setzten sich in einer harten Männerwelt durch und waren vielleicht sogar öfter, als man denkt, die schlaueren Köpfe.
Zumindest zeugen einige Dokumente davon, dass viele starke kluge Frauen die Fäden ihrer männlichen Professoren in Händen hielten…
Bis in biblische Zeiten hinein, kann man dieses Phänomen beobachten. Somit scheint der Satz
Der Mann kann noch so viele Dinge bauen – Es steht und fällt ein Volk mit seinen Frauen
mehr Wahrheitsgehalt zu haben, als manchen lieb ist.
Ich dachte mir, das ist doch mal ein Adventskalender wert, in welchem 24 dieser großartigen Frauen vorgestellt und gewürdigt werden. Lasst mich wissen, was ihr von dieser Art Adfentskalender haltet. Und damit das alles dann nach der trockenen Wissenschaft doch noch weihnachtlich wird, habe ich am Ende jedes Beitrages noch eine weihnachtliche Überraschung für euch.
Beginnen wir also heute mit
Marie Curie
Noch ein Jahrhundert nach ihrem Tod bleibt Marie Curie eine strahlende Ikone der Wissenschaft. Die polnisch-französische Physikerin und Chemikerin, geboren am 7. November 1867 in Warschau, hinterließ ein unvergängliches Erbe, das weit über ihre Zeit hinausreicht.
Frühes Leben und Bildung
Marie Curie, geborene Maria Skłodowska, wuchs in einer Zeit auf, in der Frauen in der Wissenschaft wenig beachtet wurden. Dennoch strebte sie nach Wissen und Bildung. Nach dem Abschluss ihres Studiums an der Universität von Paris im Jahr 1893 heiratete sie Pierre Curie, einen Kollegen und Physiker, der zu ihrem wichtigsten wissenschaftlichen Partner wurde.
Das Jahr 1898 markierte einen Meilenstein in Maries Karriere. Gemeinsam mit ihrem Mann entdeckte sie die Elemente Radium und Polonium, die den Grundstein für ihre bahnbrechenden Arbeiten im Bereich der Radioaktivität legen solten. Im Jahr 1903 erhielten die Curies gemeinsam den Nobelpreis für Physik, wobei Marie Curie die erste Frau war, die diesen prestigeträchtigen Preis gewann.
Marie Curie setzte ihre Forschung unablässig fort und erhielt 1911 einen weiteren Nobelpreis, diesmal in Chemie. Damit wurde sie zur einzigen Frau, die in zwei verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen Nobelpreise gewann.
Während des Ersten Weltkriegs leistete Marie Curie einen unschätzbaren Beitrag zur medizinischen Versorgung, indem sie mobile Röntgeneinheiten, sogenannte „Petits Curies“, für die Behandlung von verwundeten Soldaten einsetzte. Ihr selbstloser Einsatz für die Menschheit und ihre unerschütterliche Entschlossenheit machten sie zu einer nationalen Heldin.
Nach dem Krieg engagierte sie sich in der Internationalen Kommission für Geistige Zusammenarbeit des Völkerbundes für bessere Arbeitsbedingungen von Wissenschaftlern. An dem von ihr geleiteten Pariser Radium-Institut setzte sie sich für die Förderung von weiblichen und ausländischen Studenten ein.
Nach dem Unfalltod Pierre Curies wurden ihr 1906 zunächst seine Lehrverpflichtungen übertragen. Zwei Jahre später wurde sie schließlich auf den für ihn geschaffenen Lehrstuhl für Allgemeine Physik berufen. Sie war die erste Frau und die erste Professorin, die an der Sorbonne lehrte. Als sich Marie Curie 1911 um einen Sitz in der Académie des sciences bewarb und im selben Jahr ihr Verhältnis mit Paul Langevin bekannt wurde, erschienen in der Boulevardpresse Artikel, in denen sie persönlich angegriffen und als Fremde, Intellektuelle, Jüdin und sonderbare Frau bezeichnet wurde.
Marie Curie verstarb am 4. Juli 1934, doch ihr Erbe lebt weiter. Ihre wissenschaftlichen Entdeckungen und ihre Pionierarbeit in der Radioaktivität legten den Grundstein für spätere Entwicklungen in der Medizin und Technologie. Ihr Einfluss reicht über Generationen von Wissenschaftlern hinaus, und zahlreiche Forschungseinrichtungen und Preise tragen heute ihren Namen.
Leider kann der Inhalt dieses Türchens nur neugierig auf diese Frau machen, und diese aus Platz- und Zeitgründen nicht vertiefen.
Es gibt einen sehr guten Film über ihr leben, den ihr bei euren Anbietern finden könnt. Außerdem gibt es zahlreiche Bücher, auch als Hörbücher, mit denen man sich schon mal einen vorweihnachtlichen Tag mit Schmuddelwetter vertreiben kann.
Und nun kommt noch die angekündigte
weihnachtliche Überraschung.
Der Arbeitskreis der blinden und sehbehinderten Autor:innen über den ich im blog schon berichtete, gibt in diesem Jahr zum ersten mal einen literarischen Adventskalender heraus, den ich administriere.
Dieser Kalender ermöglicht es mir, Wissenschaft und Weihnacht miteinander zu verbinden.
Mit diesem Link gelangt ihr zur weihnachtlichen Geschichte des heutigen Tages des BLaAutor-Adventskalenders.
ganz in Ruhe lassen mich die Planetarien noch nicht. Ich habe ja mit euch noch nicht geteilt, was ich damit erleben durfte. Außerdem ist eine Sorte von Planetarien noch gar nicht zur Sprache gekommen, die für Wissenschaftskommunikation und Bildung eine ganz erhebliche und wichtige Rolle einnehmen.
Wer den Artikel zu 100 Jahre Planetarien noch nicht gelesen hat, sollte dies vielleicht noch tun, denn es kann sein, dass hier Beegriffe vorkommen, die ich in besagtem Artikel schon erklärt habe. Ich möchte mich hier nicht wiederholen.
Fangen wir also an.
Mein erster Kontakt
Mein erstes Erlebnis mit Planetarien war ein Besuch 1987 des Planetariums Stuttgart. Ich weiß gar nicht mehr, welche Show dort gegeben wurde, weil ich nur damit beschäftigt war, die hellsten Sterne zu erspähen. Ich konnte tatsächlich manchmal welche sehen, wenn sie durch mein Blickfeld zogen. Damals reichte mein Sehrest dafür noch aus. Das war ein großartiges Erlebnis, denn am wirklichen Himmel konnte ich ohne Hilfsmittel nicht mal den Vollmond sehen. Den sah ich zum ersten mal, als wir in der Schule die Kamera eines Bildschirm-Lesegerätes darauf richteten. Ganz erstaunlich, wie schnell der über den Bildschirm raste und dann weg war, weil wir keine Nachführung hatten.
Wer mein Buch gelesen hat, weiß, dass ich später nochmal mit einem Teleskop die Gelegenheit dazu hatte.
Planetarium in Wernigerode
Als ich dort Mitte der 90er Jahre einmal in einem Haus für Menschen mit Blindheit Urlaub machte, ergab sich die Gelegenheit ein ganz kleines altes Planetarium zu besuchen. Ich glaube, es gehörte zu einer Schule. Das war ein krasser Gegensatz zu Stuttgart. Dort war schon alles modern Neben dem Sternenprojektor und den mechanischen Planeten kamen hier schon Diaprojektoren zum Einsatz. Nicht so in Wernigerode. Das war ein absolut mechanischer Sternenprojektor mit umlaufenden Planeten. Angetrieben wurde es von Hand. Der Vorführer kurbelte es, um verschiedene Sternkonstellationen einzustellen. Man konnte die Zahnräder und alles deutlich hören. Es gab auch keine Musik und keine Sprecher über Lautsprecher. Er sprach selbst. Ein Mikrofon war nicht notwendig, weil die Kuppel sehr klein war. Ich glaube, wir waren nicht mehr als 15 Personen darin. Mich hat hier das Geräusch des Räderwerkes wirklich beeindruckt. Je nach dem, welches Geburtsdatum er einstellte, musste er wirklich sehr lange die Kurbel drehen. Leider durfte ich das Getriebe und den Projektor nicht berühren, aber unvergesslich ist das Urlaubserlebnis dennoch.
Orgelfabrik Durlach
Und nun kommen wir zu der Sorte von Planetarien, die ich oben ankündigte.
Im Zusammenhang der Veröffentlichung meines Buches wurde Matthias auf mich aufmerksam, der hier auf dem Blog zum Thema Orreriys zu Gast war. Er erzählte mir von Gernot Meiser und seinem mobilen Planetarium. Bis dato wusste ich gar nicht, dass es mobile Planetarien überhaupt gibt. Dieses sollte nun in der großen Orgelfabrik Durlach gastieren.
Ich wurde also eingeladen, dort meine „Inklusion am Himmel“ zu präsentieren. Das war eine große Herausforderung, denn bei diesem Vortrag sollten passende Dinge an diesen künstlichen Leinwandhimmel präsentiert werden, und meine Weltraumsounds sollten über die 3D-Soundanlage abgespielt werden. Normalerweise sind einige Folien an der Wand das höchste der Gefühle, das ich anbiete. Meistens zeige ich keine, weil es bei meiner Mission ja genau darum geht, einfach mal nichts zu sehen…
Vor allem in der Vorbereitung unterschied sich der Vortrag wesentlich von den meisten anderen. Ich musste ihn, wie ein Drehbuch verfassen, damit den Technikern des Planetariums klar war, wann welche Objekte an den Leinwandhimmel geworfen werden sollen. Es wurden sogar Schlüsselwörter vereinbart, damit das Script um einen Schritt weiter fuhr.
Außerdem wurden einige Weltraumsounds direkt in das Steuerscript des Vortrags eingebaut und surround abgespielt. So liefen die Planeten akustisch um die ganze Kuppel. Dieser 3D-Sound hat mich sehr beeindruckt.
Nun war ich sehr gespannt, wie so ein Planetarium überhaupt aussieht. Trotz, dass es mobil war, passten ja immerhin 80 Personen unter die Kuppel. Das braucht dann schon eine riesige Halle, um es unterzubringen.
Das Planetarium fühlte sich für mich tatsächlich, wie ein Zelt an. Es hatte schon ein stützendes Gerüst aus Stangen. Richtig rund wurde die Kuppel aber durch ein Gebläse, dass einen leichten Überdruck im Inneren erzeugte. die Kuppel bestand aus zwei Lagen, zwischen welchen ein Vakuum herrschte, damit nichts Falten wirft.
Das Gebläse hörte man kaum, und der Überdruck erzeugte keinen Druck in den Ohren, wie man das z. B. im Flugzeug erlebt. Vom Wind des Gebläses merkte man auch nichts. Nur die Türe in die Kuppel mit Reißverschlüssen war recht klein, damit nicht die ganze Luft gleich wieder entweicht, wenn sie geöffnet wurde. Dieses Planetarium hatte keinen klassischen Sternenprojektor und auch keine mechanisch umlaufenden Planeten. Hier kommen sehr moderne Beamer zum Einsatz, die von Computern angesteuert werden. Ein Bild ohne Verzerrung in eine Kuppel zu projizieren ist eine große technische Herausforderung, und pixellig sollte das Bild für die Insassen ja auch nicht werden. Digital sind diese Probleme aber gut lösbar. Ich glaube, es waren drei Beamer im Einsatz.
So saß und redete ich unter einem Zelt der besonderen Art. Es war großartig und mein Vortrag wurde damals sehr gelobt.
Im Theater in Saarlouis durfte ich den Vortrag im selben Planetarium einige Jahre später nochmals halten. Bei dieser Gelegenheit lernte ich dann auch das Weltraumatelier und die Sternwarte St. Wendel kennen. Die stellten auch barrierefreie Angebote vor. Das war eine schöne Gelegenheit, sich zu vernetzen. Vielleicht ergibt sich ja mal wieder die Gelegenheit, für solch ein mobiles Planetarium etwas anzubieten. Nun ja, so ganz mobil ist das Planetarium von Gernot dann doch nicht. Er benötigt dafür sicherlich einen Sprinter o. ä., um es zu transportieren. Die Kuppel war schließlich so hoch, dass man darunter bestuhlen konnte. Aber, meine lieben, es geht noch mobiler.
Das Planetarium auf dem Rad
Eine der prominentesten Planetariumsdirektorinnen ist zumindest für mich, Ruth Grützbauch aus Österreich. Ihr Planetarium hat sie nach einer Anleitung aus dem Internet selbst gebaut. Es ist so mobil, dass es in Taschen verpackt sogar auf ein gewöhnliches Lastenrad passt. Damit fährt sie an Schulen und andere Einrichtungen, wo sie dann bis zu dreißig Kinder unter ihrem Sternenzelt versammelt, um sie für den Weltraum zu begeistern.
Die Kinder sitzen entweder auf Kissen oder liegen darunter.
Aber auch viele Erwachsene konnte Frau Grützbauch damit schon erreichen.
Ihr Planetarium passt in quasi jede Turnhalle. Es hat nur wenige Meter Durchmesser und in seinem inneren kann man nicht aufrecht stehen
Auch diese Sternenblase wird von einem Gebläse aufgeblasen und rund gehalten. Ob es Zeltstangen zur Stabilisierung benötigt, weiß ich jetzt nicht genau. Als Projektor kommt auch hier kein sperriger Sternenprojektor, sondern ein moderner Beamer zum Einsatz. Gesteuert wird das ganze von einem Laptop aus, auf dem die kostenlose Software Stellarium läuft, die jeder sich frei herunterladen kann. Ein Soundsystem benötigt Frau Grützbauch vermutlich nicht, denn sie hat eine schöne laute Stimme.
Davon kann sich jeder überzeugen, der ihr Buch „Per Lastenrad durch die Galaxis“ als hörbuch hört, denn sie hat es mit schönem feinem österreichischen Akzent selbst ganz großartig aufgelesen.
In ihrem Buch beschreibt sie u. A. das Planetarium und seine Geschichte sehr genau und anschaulich.
Außerdem ist sie im Podcast „Das Universum“ mit Florian Freistetter und im Podcast WrinT von Holger Klein regelmäßig zu hören.
Und sie ist nicht die einzige, die so ein mobiles Planetarium betreibt. Da es Anleitungen für den Selbstbau im Netz gibt, steht diese Möglichkeit vielen offen.
Das Weltall für die Hosentasche
Es geht noch kleiner und mobiler:
Viele kennen sie, die zahlreichen Apps, womit ein Smartphone praktisch zum Taschenplanetarium wird. Nützt so etwas aber auch blinden Menschen, wo die Dinger doch absolut grafisch sind?
als Martin, der Entwickler von Universe2Go mich auf einem Vortrag, den ich in Hannover hielt fragte, ob ich es mir vorstellen könnte, dass wir so eine Art Audioguide für blinde Menschen entwickeln, sagte ich ihm ungefähr, dass ich es nicht glaube und mir nicht vorstellen kann. Aus diesen Grunde sollten wir es probieren.
Und jetzt ist es so, dass es funktioniert. Hier ein kurzes Beispiel:
Es gab im Mai 2016 einen Merkurtransit. Den habe ich akustisch mit Universe2Go beobachten können.
Es handelt sich dabei um eine Brille, in welche man sein Smartphone einlegt.
Diese Brille arbeitet mit Augmented Reality. Für Sehende Himmelsbeobachter werden passend zur Blickrichtung Zusatzinformationen und Sternkonstellationen eingespielt, so dass man sich am Himmel besser zurecht finden kann. Sie zeigt die Sterne auch, wenn sie nicht sichtbar sind.
Für Blinde werden die Himmelsobjekte akustisch angesagt. Es gibt sogar einen Suchmodus, der einen per Richtungsangaben zum gewünschten Objekt führt, wenn es sich über dem Horizont befindet.
Und so habe ich beobachtet:
Zunächst suchte ich im Planeten-Suchmodus die Sonne. Die hätte ich auch so gefunden, aber ich wollte es vollständig mit U2G machen.
Das funktionierte prima, denn sie ist so groß und auch so nah.
Im nächsten Schritt drehte ich mich wieder aus der Sonne und stellte die Suche auf den Merkur ein.
Und siehe da. Als ich ihn fand, knallte mir die Sonne voll ins Gesicht.
Natürlich wusste ich das, dass dem so sein würde, aber es mit einem Instrument nach zu empfinden und zu erleben, ist etwas anderes, als es einfach nur zu wissen.
Ich wiederholte den Versuch zu Beginn, gegen 14:00 Uhr, zur Mitte, gegen etwa 17:30 und zum Ende gegen 20:15 Uhr.
Mein Ziel war, die Wanderung des Merkur über die Sonnenscheibe zu erleben.
Ich bilde mir ein, den Unterschied von einem zum anderen Rand, erlebt zu haben, bin mir aber wirklich nicht sicher.
Die Erde hat sich ja auch beträchtlich in der zwischenzeit gedreht, Das habe ich natürlich in Richtung und Winkel zur Ekliptik durchaus mit U2G erlebt.
Die Wanderung des Merkurs kann ich aber wirklich aus rein wissenschaftlicher Sicht nicht ganz sicher belegen, aber gefühlt ist gefühlt und das ist auch OK so.
Ich habe gleichberechtigt mein Instrument und kann teilhaben.
Einfach großartig, wie inklusiv so ein bissel Technik und Software sind.
Fazit
als ich vor einigen Jahren Mitglied in der astronomischen Gesellschaft wurde, erfuhr ich im Outreach-Workshop, dass derzeit vor allem in Ostdeutschland viele Schulplanetarien und Schulsternwarten quasi verrotten, weil sie nicht mehr gepflegt werden, bzw. keine Lehrer mehr da sind, die so etwas begleiten möchten oder können. Schulsternwarten etc. hatten in der ehemaligen DDR eine große Tradition. Astronomieunterricht gab es in diesem Regime quasi überall. Auch in Westdeutschland gibt es immer weniger Astronomieunterricht. Das sollte man sich wirklich nochmal überlegen, ob es so sinnvoll ist, derlei abzuschaffen, wo wir doch gerade in dieser Zeit Kinder benötigen, die sich für Wissenschaft begeistern, und dadurch dann auch Dinge, wie den Klimawandel verstehen.
Ein Land, das über Fachkräftemangel in wissenschaftlichen und technischen Berufen klagt, täte gut daran, die Astronomie und verwandte andere Fächer wieder stärker zu fördern…
Gerade diese mobilen Planetarien erfüllen hier eine ganz großartige und wichtige Aufgabe. Sie sind mit ihren Betreibern großartige Vermittler und Multiplikatoren für Wissenschaft und begeistern viele. Für manches unserer Kinder kann ein derartiger Besuch eventuell ein Schlüsselerlebnis sein. Das ist meine Hoffnung.
Meine Lieben,
heute habe ich die Ehre, einen weiteren blinden Hobbyastronomen hier als Gast begrüßen zu dürfen. Wir kannten uns bisher nicht persönlich. Sein Name tauchte manchmal in diversen sozialen Medien auf. Aufmerksam wurde ich auf ihn durch einen Artikel, den er im Newsletter von Blindzeln.org veröffentlichte. Was die Blindzler sind und tun, beschrieb ich schon an anderer Stelle, wo es u. A. um den Arbeitskreis der blinden Autor:innen ging.
Sofort nahm ich mit diesem interessanten Menschen Kontakt auf, und bot ihm an, mein Gast sein zu dürfen.
Er sagte zu und erwies mir damit eine große Ehre.
Nun also die Bühne frei für meinen Mitbruder im Geiste, Hermann-Joseph Kurzen.
Bis kurz vor der Erlangung der Mittleren Reife konnte ich noch sehen. Damals betrug mein Sehrest noch ca. 10 %. Zu jener Zeit kannte ich den Spruch „Unter den Blinden ist der Einäugige König“ noch nicht. Das ist jetzt rund 50 Jahre her. Damals hatte ich einen Sportunfall und innerhalb von nur zwei Wochen war ich blind. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.
An wissenschaftlichen sowie technischen Themen war ich eigentlich schon immer interessiert. Und dafür habe ich einen nicht unbedeutenden Teil meines Taschengeldes ausgegeben. Es hat mich in der Schule immer geärgert, dass derartige Themen nur stiefmütterlich durchgenommen wurden. Und so bin ich gewissermaßen in die Welt der Technik und Wissenschaft hineingerutscht. Und mit diesem Wissen konnte ich auch gut angeben. Folgerichtig habe ich auch keine Gegenmaßnahmen unternommen. Genau das Gegenteil habe ich gemacht. So richtig haben das weder meine Lehrer noch meine Mitschüler verstanden. Aber das hat mich nur noch stärker motiviert. Einen Teil meines Kleiderschrankes habe ich dazu benutzt, um dort Bücher, Zeitschriften und kleinere Instrumente unterzubringen. Nur ein Astronomie-Diplom habe ich eingerahmt und an die Wand gehängt. Sinnigerweise habe ich mich für die Wand entschieden, die der Tür gegenüber war.
In der Schule lernt man zunächst in der Heimatkunde seine unmittelbare Umgebung kennen. Später kommt dann die Erdkunde hinzu. Und dann ging es bei mir privat weiter mit der Astronomie. Den Mond kannte ich ja bereits. Aber im Grunde genommen wusste ich nicht besonders viel über ihn. Fragen über Fragen tauchten in diesem Zusammenhang auf. Und in der Fachliteratur habe ich dann nach Lösungen gesucht. Bedingt dadurch wurde ich manchmal als „Professor“ bezeichnet. Man darf bei allem nicht vergessen, dass das Jahrzehnt war, in welchem die Amerikaner vollundig verkündet hatten, dass sie bis zum Ende des Jahrzehnt auf dem Mond landen wollten. Und so war ich endgültig verloren und habe mich dann eben auch noch mit der Weltraumfahrt beschäftigt. Ich habe dann sogar kleine Raketen gebaut, die ich aus Gegenständen des täglichen Lebens zusammengebaut habe, die jedoch nicht funktionstüchtig waren. So bestand beispielsweise der Raketenkörper aus einem Maßbecher aus Aluminium. Als Düse für den Raketenmotor habe ich die Tülle eines Heizkessels verwendet. Und es gab sogar eine Nutzlast. Dabei habe ich auf eine kleine Glühbirne zurückgegriffen, die normalerweise bei meiner Modelleisenbahn zum Einsatz kam. Natürlich fehlte auch eine Batterie nicht.
Und dann kam jener Tag, an dem ich beim Fussballspielen unbedingt ins Tor wollte. Und dann gab es jenen Elfer, der mir zum Verhängnis wurde. Dabei fing alles gut an, denn den Ball habe ich gegen die Stirn bekommen. Von dort aus landete er am Lattenkreuz, das damals noch aus Holz war. Anschließend trudelte der Ball ins Toraus.
Am Morgen des nächsten Tages sah ich im Winkel meines rechten Auges einen Fleck. Das war in etwa so, als ob ich eine Brille mit Gläsern in der Farbe Rosa aufgesetzt hätte. Im Laufe des Tages wurde das Rosa immer dunkler und am folgenden Tag war es bereits ein tiefes Dunkelrot. Auch konnte ich praktisch von Stunde zu Stunde beobachten, dass dieser Fleck immer größer wurde. Und dann ging es auch am anderen Auge los. Ein Besuch beim Augenarzt ergab dann, dass sich meine Netzhaut großflächig ablöste und sich schon richtige Blasen gebildet hatten. Heutzutage hätte man eventuell etwas mit einem Laser machen können. Doch damals steckte die dazu erforderliche Technik noch in den Anfängen. Ich hatte damals keine Chance und innerhalb von zwei Wochen war ich vollblind. Eine Welt ist in mir zusammengebrochen. Aber irgendwie musste es ja weitergehen, denn ich musste mich auf die Mittlere Reife vorbereiten. Das ist mir auch ohne Zeitverzögerung gelungen und so hielt ich wie vorgesehen dann das Zeugnis in der Hand. Da war ich stolz wie der berühmte Bolle. An die Astronomie habe ich in der Zeit nur sehr selten gedacht. Und wenn es doch mal dazu kam, dann waren es keinesfalls angenehme Gedanken.
Und das Leben ging weiter. Fast stündlich lernte ich neue Dinge. Manchmal habe ich mich sogar darüber gewundert, was man selbst als Blinder so alles machen kann. Und irgendwann hatte ich auch wieder die Musse, mich mit der Astronomie zu beschäftigen. Ich habe nicht eingesehen, warum mein Wissen über die Astronomie in irgendwelchen grauen Gehirnzellen versauern sollte. Natürlich war die Versorgung mit Informationen nicht ganz so einfach. Aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Informationen habe ich wie ein ausgetrockneter Schwamm aufgesogen. Dadurch hatte ich ein gutes Gehirntraining, von dem ich immer noch profitiere.
Wahre Freunde entpuppen sich erst in der Not. Und in Peter hatte ich so einen Freund. Fast unbemerkt habe ich ihn im Laufe der Zeit mit meinem Astronomievirus infiziert. Und als die Krankheit dann ausbrach, war es für eine Heilung viel zu spät. Wir haben dann das Beste aus der Situation gemacht und uns noch intensiver mit der Astronomie beschäftigt. Aber so eine wirkliche Ablenkung von dieser heimtückischen Krankheit war es nun beileibe nicht. Er hat sich immer wieder Literatur von mir ausgeliehen. Und eines Tages hatte er die Idee, dass er doch bestimmte Texte auf Cassette Aufsprechen könne. Dieser Gedanke war mir auch schon gekommen, aber ich habe mich nicht getraut, ihn daraufhin anzusprechen.
Kennengelernt habe ich ihn übrigens im Kino. Es wurde der Katastrophenfilm „Der Untergang Japans“ gegeben. Ich hatte mir eine Jumbotüte mit Popcorn sowie eine 2-l-Flasche Coca-Cola gekauft. Peter meinte, dass ich das doch unmöglich alleine vertilgen kann. Er erklärte sich bereit, mir bei der Vertilgung zu helfen, denn es wäre doch schade, wenn die Sachen verderben würden. In der Pause mussten wir uns dann Nachschub besorgen. Der Film beginnt übrigens mit einer Szene, in der ein U-Boot gezeigt wird, mit dessen Hilfe offensichtlich der Meeresboden untersucht wird. Dieser Eindruck wird dann in der folgenden Szene bestätigt, in der die Besatzung über „schwarze“ Raucher diskutiert. Schwarze Raucher, black smokers, sind kaminartige Hydrothermalquellen am Ozeanboden, die mit Eisen, anderen Metallen und Schwefelwasserstoff bzw. Metallsulfiden angereichertes heißes Wasser ausstoßen. Kommt das heiße Quellwasser mit dem sauerstoffreichen kalten Meerwasser zusammen, fallen rauchartige, schwarze Metallsulfide aus. Dadurch entstehen auch bis zu 15 m hohe Kamine, aus denen das ca. 350 °C heiße Wasser ausströmt. Überraschenderweise lebt im Umkreis dieser heißen Quellen eine Lebensgemeinschaft mit einer Vielzahl verschiedener Mikroorganismen und Tieren, zum Teil in engster Symbiose. Und plötzlich kommt Bewegung in die Geschichte, denn der Meeresboden bewegt sich und es steigen Schlammwolken auf. Der Kapität ordnet unverzüglich an, dass aufgetaucht werden soll. In der Folge gibt es mehrere Erdbeben und auch einige Vulkane brechen aus. Die Erdbeben und vulkanischen Aktivitäten sind besonders stark. Ganz Japan gerät in Panik und von China aus machen sich viele Schiffe auf den Weg, um möglichst viele Japaner zu evakuieren. Doch das war erst der Anfang. Einige Wissenschaftler kommen auf die Idee, Vulkane mit Atombomben zu bewerfen. Doch dann geht es erst so richtig los und die Lage gerät vollends außer Kontrolle.
Am nächsten Tag besuchte mich dann Peter. Und dabei erfuhr er auch von meiner Leidenschaft für die Astronomie. Seitdem sind wir Freunde. Später erfuhr ich dann, dass Peter sich auch für Startrek interessiert. Und schon hatten wir ein weiteres Gesprächsthema.
In den folgenden Jahren haben wir dann sehr viel Zeit miteinander verbracht. Und stets – oder doch zumindest meistens – spielte die Astronomie bzw. die Weltraumfahrt oder Himmelsmechanik oder auch die Kosmologie eine wichtige Rolle. Auch nach meiner Erblindung hat sich daran nichts geändert. Wir haben gemeinsam Kurse bei der Volkshochschule besucht. Mit einem sprechenden Taschenrechner von Texas Instruments, der immerhin ca. stolze 250 D-Mark gekostet hat, haben wir u. a. Satellitenbahnen berechnet. Auch haben wir die schnellste bzw. energiemäßig günstigste Route eines Raumschiffs für einen Flug von der Erde zum Mars berechnet. Und natürlich wollten wir auch wieder zur Erde zurückkehren können. Um besser beurteilen zu können, was alles zum Überleben auf dem Mars erforderlich ist, mussten wir uns natürlich auch mit den dortigen Gegebenheiten beschäftigen.
Etwas einfacher wurde es dann, nachdem die ersten sprechenden Computer verfügbar waren. Zu Beginn der 80-er Jahre gab es da noch die Firma Audiodata. Sie boten einen CP/M-Rechner an, der in seinen Ausmaßen nicht unähnlich einem Koffer für eine Flugreise war. Eingebaut war ein kleiner Bildschirm, der in etwa die Größe der Handinnenfläche einer erwachsenen Person hatte. Auch standen zwei Diskettenlaufwerke zur Verfügung. Es kamen Disketten mit einem Durchmesser von 5,25 Zoll zum Einsatz, die jweils eine Kapazit von ungefähr 180 KB hatten. Auch gab es einen Kopfhöreranschluss. Zusammen mit dem Betriebssystem wurde eine Software-Sprachausgabe geladen. Auch wurde mit BASIC eine Programmiersprache mitgeliefert. Es gab da einen Interpreter sowie einen Compiler. Durch Beziehungen bin ich an ein BASIC-Programm gekommen, mit der eine Mondlandung simuliert werden konnte. Es konnte sogar berechnet werden, wie tief ein Krater bei einem Absturz sein würde. Da der Quelltext mitgeliefert wurde, konnte man individuelle Anpassungen vornehmen. Das war schon eine tolle Sache. Und so habe ich auch meine Gehversuche beim Programmieren gemacht. Nachdem IBM seinen ersten Personal Computer auf den Markt gebracht hat, habe ich mir natürlich auch diesen zugelegt. Gekauft habe ich ihn ebenfalls bei der Fa. Audiodata. Und so konnte ich unterstützende Software für unser Hobby entwickeln. Ganz spannend wurde es, nachdem einige Amateurfunksatelliten gestartet wurden. Da konnte man sich so richtig ausleben. Und im Laufe der Zeit sammelte sich immer mehr Wissen an.
Meine Phantasie habe ich von Startrek beflügeln lassen. Besonders angetan haben es mir die Folgen mit James T. Kirk.
Besonders faszinierend fand ich die Möglichkeit des Beamens. Ich war allerdings der Meinung, dass das allein schon aus Energiegründen nicht möglich ist.
Nicht vergessen sollte man auch nicht die Trikorder, die in vielen Details doch an heute übliche Smartphones erinnern.
Insgesamt gesehen ist die Astronomie und verwandte Wissenschaften eine wirklich spannende Sache. Bei den üblicherweise verdächtigen Sendern gibt es zahlreiche Dokumentation zur Astronomie sowie zur Weltraumfahrt. Und dann gibt es ja noch die Mediatheken sowie das Internet. Ich frage mich öfters, wie die Leute ins Internet gekommen sind, als es noch keine Computer gab. – (Hermann-Josef Kurzen)
Mein lieber Herrmann,
ich, und ich denke auch einige, die hier mitlesen, sind sehr berührt von Deinem Artikel. Mir persönlich gibt er mal wieder Recht. Die „Inklusion am Himmel“ funktioniert einfach. In vielen Passagen Deines Artikels habe ich mich derart gefunden, dass die direkt aus meiner Feder hätten stammen können. Geschmunzelt habe ich an der Stelle, als Du beschriebst, dass man Dich Professor nannte. Genau das war bei mir auch so. Ich hoffe, dass dieser Titel bei Dir nicht mit so viel Neid und Missgunst besetzt war, als bei mir. Mich sollte der Professor damals einfach nur lächerlich machen. Aber lassen wir das.
Ich bin riesig Stolz, dass ich nun endlich jemanden gefunden habe, der in Sachen Astronomie ganz ähnlich tickt, als ich.
Ich danke Dir, dass Du heute mein Gast warst und glaube, dass hier und heute, am Freitag den 21.07.2023 etwas sehr schönes begonnen hat.
heute möchte ich gerne mit euch ein Jubiläum feiern, das vor allem für uns blinde Menschen eine Revolution in der Hilfstechnologie ausgelöst hat, die ihresgleichen sucht.
Ich persönlich empfinde sie als mindestens so einschneidend, wie die Erfindung der Punktschrift oder die Verbreitung intensivem Trainings in Orientierung, Mobilität und sonstiger lebenspraktischer Fertigkeiten.
Fangen wir also mit einer Geschichte an, wie ich das gerne tue.
Der Auftritt
Am Morgen des 3. April 1973 sollte der Ingenieur Martin Cooper eigentlich in einer Morning Show im US-Fernsehen auftreten. Der Motorola-Ingenieur war nach New York geflogen, um die neue Entwicklung seiner Firma vorzustellen.
Scheinbar war aber dann dem Fernsehsender seine neue Erfindung doch nicht so wichtig, und man hat ihn wieder ausgeladen.
Daraufhin suchte und fand man einen Radiosender, der großes Interesse an dem hatte, was hier erstmals präsentiert werden sollte.
Cooper sagte ein Interview draußen im freien zu, denn schließlich wollte er zeigen, welche Freiheit sein neues Gerät der Menschheit bringen könnte. Die Freiheit nämlich, ganz mobil und ohne Kabel telefonieren zu können.
Und so stand Cooper also an jenem 03.04. vor 50 Jahren vor dem Hilton-Hotel auf der 6th Avenue in New York und zeigte dem Reporter den grauen, 25 Zentimeter langen Kasten mit Antenne.
Das Telefon wog mehr als ein Kilogramm. Und man konnte gerade mal 25 Minuten telefonieren, länger hielt die Batterie nicht durch. Cooper meinte, dass das nicht so schlimm sei, weil man ob seines Gewichtes von über einem Kilogramm das schwere Gerät ohnehin kaum länger in der Hand halten könne.
Cooper ist heute 94 Jahre alt und erinnert sich noch genau an den Anruf, den er mit diesem Monstrum von Telefon damals tätigte.
Und so zückte Cooper sein Telefonbuch, um seinen Kollegen, der bei der Konkurrenz, den Bell Labs arbeitete, anzurufen, wo ebenfalls an derlei Erfindungen geforscht wurde. Er wollte ihm zeigen, dass seine Firma das Rennen offensichtlich gewonnen hatte.
Überraschenderweise ging dieser Kollege sogar selbst ans Telefon und nicht seine Sekretärin. Coper sagte:
Hi, Joel! Hier ist Marty Cooper. Ich rufe Dich von einem Mobiltelefon an, einem richtigen Mobiltelefon – einem persönlichen tragbaren Telefon.
Das mag ein Schlag für Bell gewesen sein, aber längst kein Untergang. So viel also zu dieser Geschichte.
Das erste
Das erste Mobiltelefon, das Motorola DynaTAC 8000X, war ein wahrer Pionier seiner Zeit. Es war zwar groß und sperrig, wog rund ein Kilogramm und hatte eine begrenzte Akkulaufzeit, aber es markierte den Anfang einer Ära, die die Kommunikation überall und jederzeit ermöglichte. Das DynaTAC 8000X war ein Luxusgut, das sich nur wenige leisten konnten, aber es legte den Grundstein für die Entwicklung und Verbesserung dieser Technologie.
Die Konkurrenz-Firma Bell setzte auf die Weiterentwicklung der Autotelefone, die es damals schon gab und für die in einigen US-Großstädten bereits Mobilfunknetze vorhanden waren. Auf die griff auch das Motorola-Gerät zurück.
Wie es weiter ging
Es sollte noch weitere zehn Jahre dauern, bis die Technologie tatsächlich auf den Markt ging. Zuvor musste noch die Politik überzeugt werden und sich die Industrie auf einen einheitlichen Mobilfunkstandard einigen, der zunächst auch nur in einigen Großstädten funktionierte. September 1983 war das erste System in Chicago fertig, danach folgte Washington DC. Erst dann konnte man die Mobiltelefone auch kaufen. Sie waren anfangs auf das Netz in einer Stadt beschränkt.
In den darauf folgenden Jahren wurden Mobiltelefone kleiner, leichter und erschwinglicher. Die Einführung der zweiten Generation (2G) in den 1990er Jahren brachte digitale Übertragungstechnologien wie GSM (Global System for Mobile Communications) mit sich, die eine bessere Sprachqualität und zuverlässigere Verbindungen ermöglichten. Dies führte zu einem Massenmarkt für Mobiltelefone und einem sprunghaften Anstieg der weltweiten Mobilfunknutzer.
Mit dem Aufkommen der dritten Generation (3G) in den frühen 2000er Jahren begann das Mobiltelefon seine Funktionen zu erweitern. Internetzugang, mobile Datenübertragung und Multimediafunktionen wie das Abspielen von Musik und Videos wurden zur Norm. Die vierte Generation (4G) brachte noch schnellere Datenübertragungsraten und ermöglichte das nahtlose Streaming von Inhalten mit.
In den letzten Jahren hat die fünfte Generation (5G) des Mobilfunks Einzug gehalten und verspricht eine noch schnellere und zuverlässigere Konnektivität. Mit 5G werden nicht nur Mobiltelefone, sondern auch das Internet der Dinge (IoT) und neue Technologien wie autonomes Fahren und Augmented Reality revolutioniert.
Jeder weiß, dass sich mittlerweile auch Design und Bedienkonzepte weiterentwickelt haben.
Touchscreens ersetzten physische Tasten weitgehend und Smartphones bieten eine Vielzahl von Funktionen und Apps, die das tägliche Leben erleichtern. Von der Kommunikation über Anrufe und Textnachrichten bis hin zur Fotografie, Navigation, sozialen Medien und mobilem Banking haben Smartphones unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu interagieren verändert.
Darüber hinaus hat das Mobiltelefon eine neue Ära der globalen Vernetzung geschaffen. Menschen können über große Entfernungen hinweg in Echtzeit kommunizieren, Informationen teilen und sich mit anderen auf der ganzen Welt verbinden. Soziale Medien und Messaging-Dienste ermöglichen es uns, unser Leben mit anderen zu teilen und Verbindungen zu knüpfen, die sonst nicht möglich wären.
Und obige ‚Sätze treffen eben auch ganz besonders für uns Menschen mit Blindheit zu. Dies würdige ich in folgendem Fazit.
Mein Lebenshelfer
Ich glaube, es war so 2007. Da verabschiedete sich über Nacht mein alter sprechender Nokia-Knochen mit Tastatur. Ein neues Handy musste her. Sollte ich mir jetzt für relativ viel Geld noch einen quasi schon veralternden neuen Knochen und dann noch das teuere Sprachpaket, das man extra kaufen musste, besorgen, oder sollte ich es mit der Neuheit eines Iphones versuchen, das zwar teuer, aber die Sprachausgabe schon integriert hatte?
Als begeisterter Technik-Nerd entschied ich mich für letzteres. Es gab damals in meinem Bekanntenkreis keine blinden Menschen, die schon so ein Smartphone besaßen. In Deutschland gab es nur wenige blinde Menschen, die schon Erfahrung mit der Bedienung eines Touchscreen-Handys hatten. Somit musste ich mir das alles aus dem Netz fischen und es selbst versuchen und lernen.
Und ich kann euch sagen. Das erste Wochenende mit diesem Gerät war furchtbar. Ich sehnte mich sehr nach meinem Tastentelefon zurück und fragte mich, wer denn um Himmels Willen diese Fensterputzerei erfunden hatte.
Aufgeben kam nicht in Frage. Dafür war das Teil dann doch zu teuer. Also hielt ich durch. Die Lernkurve ging steil nach oben und als der Groschen dann endgültig gefallen war, besetzte das Teil bald all meine Lebensbereiche.
Mehr und mehr entdeckte ich Erweiterungen, die mir das Leben als blinder Mensch in einer bis dato unbekannten Weise erleichtern.
Von der einfachen Eieruhr,
der Wetteransage,
Vorlesen von Post,
als Kochhelfer,
als Navigator und Fahrplanfinder,
von Hörbuchleser bis Radio, Fernsehen und Podcasts,
und seit ich auch noch die dazu passende Uhr am Handgelenk trage auch als Sportbegleiter,
mache ich fast nichts mehr, wo das Gerät nicht auf die eine oder andere Weise zum Einsatz kommt. Ganz besonders in den Zeiten des Lockdowns und der Pandemie war und ist es mir zu einer unverzichtbaren Kommunikationshilfe in allen Lebensbereichen geworden.
Sogar der Sternenhimmel lässt sich damit blind erkunden.
Für manche von euch mag sich das jetzt nach einer unglaublichen Abhängigkeit von einem Gerät anfühlen, und das stimmt leider auch. Ich wüsste nicht, was ich tun sollte, würde es mir von jetzt auf gleich ausfallen. Aus diesem Grunde behalte ich nach einem Wechsel auf ein neueres Modell stets das Vorgängermodell als Ersatz zurück. Außerdem bin ich dankbar dafür, mir eine Versicherung für dieses so unverzichtbare Hilfsmittel leisten zu können.
Ich weiß, dass es bis heute noch blinde Menschen gibt, die dieser Technologie misstrauisch gegenüber stehen, bzw. sie aus anderen Gründen nicht nutzen können. Aber all jenen, die es können, rufe ich zu, sich darauf einzulassen. Und für die anderen stehen mittlerweile glücklicherweise Geräte zur Verfügung, die eventuell besser bedienbar sind, und dennoch einige dieser neuen Funktionen und Hilfsmittel in sich vereinen.
Ich bin sehr dankbar, genau in dieser Zeit zu leben. Ich weiß noch genau, wie es ohne all das war, und darf jetzt erleben, wie es jetzt mit allen diesen tollen Erfindungen ist.
Heute ist der 08.03., Welt-Frauentag. Was liegt näher, so einen Tag zu begehen, als dass ich mir Gedanken über große Frauen in Astronomie und Wissenschaft mache. Das seid ihr ja von mir gewöhnt, dass an jedem 08.03. eine Wissenschaftlerin gewürdigt wird.
Bis heute sind Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen leider noch immer unterrepräsentiert. Die Statistiken sprechen hier eine sehr deutliche Sprache. Trotz Frauenbewegung, Emanzipation, Erziehungsurlaub auch für Männer, gesetzliche Gleichberechtigung und dafür aufgeschlossene Männern, ist es noch nicht gelungen, diesen Missstand in den Griff zu bekommen.
Dennoch hat es immer wieder Frauen gegeben, die trotz Benachteiligung, Unterdrückung, Bildungsverbot und Leben in einer streng patriarchaisch dominierten Gesellschaft, großartiges in Wissenschaft, z. B. der Astronomie, geleistet haben. Sie setzten sich in einer harten Männerwelt durch und waren vielleicht sogar öfter, als man denkt, die schlaueren Köpfe. Zumindest zeugen einige Dokumente davon, dass viele starke kluge Frauen die Fäden ihrer männlichen Professoren in Händen hielten…
Bis in biblische Zeiten hinein, kann man diese Phänomene beobachten. Somit scheint der Satz
Der Mann kann noch so viele Dinge bauen – Es steht und fällt ein Volk mit seinen Frauen.
mehr Wahrheitsgehalt zu besitzen, als manchen lieb ist.
So lasst uns den Weltfrauentag 2023 damit begehen, indem wir die Person und das Lebenswerk von Williamina Fleming würdigen.
Leben
Ihre Eltern waren Robert Stevens und Mary Walker Stevens. Williamina besuchte öffentliche Schulen in Dundee (Schottland) und wurde mit 14 Jahren Lehrerin. Das stelle man sich vor. Also wenn ich mir überlege, wo ich mit vierzehn Jahren war…
Sie heiratete James Orr Fleming. Als sie 21 Jahre alt war, übersiedelte das Paar in die USA nach Boston. Ihr Ehemann verließ sie, als sie mit ihrem Sohn Edward schwanger war. Das muss sehr schwer für sie gewesen sein, in dieser Zeit quasi ein vaterloses Kind als allein erziehende Frau groß zu ziehen. Das war ein großes gesellschaftliches Problem und sicherlich irgendwie auch eine Schande.
So musste sie sich eine Arbeit suchen, um den Lebensunterhalt für sich und ihr Kind zu verdienen.
Sie fand eine Stelle als Angestellte im Haus des Professors Edward Charles Pickering. Pickering, beeindruckt von der Intelligenz Flemings und unzufrieden mit seinen männlichen Assistenten am Harvard-College-Observatorium, erklärte, seine Hausangestellte könne deren Arbeit besser erledigen.
So beauftragte Pickering im Jahr 1881 in dem Observatorium Williamina mit Büroarbeiten und ab 1886 mit der Klassifikation von Sternen.
Lebenswerk
Ihr System basierte darauf, jedem Stern einen Buchstaben zuzuordnen in Abhängigkeit davon, wie viel Wasserstoff in seinem Spektrum beobachtet werden konnte. A-Sterne hatten am meisten Wasserstoff, B-Sterne etwas weniger, und so weiter. Insgesamt gruppierte Fleming die Sterne in 17 Kategorien ein.
Annie Jump Cannon , auch eine Frau, verbesserte später das System und entwickelte eine einfachere Klassifizierung auf Basis der Temperatur.
Wir erinnern uns, dass das, woraus Sterne im wesentlichen Bestehen, Wasserstoff und Helium, auch die Entdeckung einer Frau und Astronomin war. Sie würdigte ich
zum Frauentag 2022 in „Die Frau mit dem Sonnenstoff„.
Fleming beteiligte sich an der Katalogisierung der Sterne, der später als Henry-Draper-Katalog veröffentlicht wurde. In neun Jahren erfasste sie mehr als 10.000 Sterne. Bei ihrer Arbeit entdeckte Williamina Fleming 59 Gasnebel, 310 veränderliche Sterne und 10 Novae. 1907 veröffentlichte sie eine Liste von 222 veränderlichen Sternen, die sie neu entdeckt hatte.
Pickering übertrug ihr die Verantwortung für Dutzende von Frauen, die für die Durchführung mathematischer Klassifikationen angestellt waren, und sie redigierte die Publikationen des Observatoriums.
Frauen wurden häufig als sog. Rechnerinnen angestellt, weil man sie deutlich geringer bezahlte. Solchen Rechnerinnen oder auch Computer genannten Frauen verdanken wir die Mondlandung. denn sie berechneten dafür die Flugbahn der Raketen. An dieser Stelle will ich euch ganz dringend den Film „Hidden Figures“ empfehlen. Dieser handelt genau von diesen Frauen, die den Mondflug berechneten und dazu noch dunkler Hautfarbe waren. Jeder weiß, dass solche Menschen in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts großen Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt wahren. Das ist bis heute noch nicht völlig überwunden. Es gibt diese Geschichte auch als Buch. Auf Deutsch heißt es
Im Kernschatten des Mondes – Die unbekannten Heldinnen der NASA, Taschenbuch von Margot Shetterly, HarperCollins, 9783959674034
Es wurde auch in den Hörbüchereien für blinde Menschen aufgelesen.
Und wir lernten unsere heutige Astronomin im Zusammenhang mit sog. Weißen Zwergen kennen.
Im Jahre 1910 waren Teleskope schon deutlich besser und empfindlicher, so dass diese Objekte langsam beobachtet werden konnten.
In diesem Jahr entdeckten die Astronom*innen Henry Norris Russell, Edward Charles Pickering und Williamina Fleming, dass
40 Eridani B ein sonnennaher schwacher Stern ist, Dieser sollte eigentlich eine rote Zwergsonne sein.
Er leuchtet entgegen aller Erwartungen weiß und muss daher eine sehr hohe Oberflächentemperatur besitzen. Er ist also ein weißer Zwerg, der erste, welcher je erblickt wurde.
Über diese Zwerglein schrieb ich in Station acht auf unserer Reise zu den schwarzen Löchern.
Ihr Appell
Fleming gelangte zu der Überzeugung, dass die Astronomie ein geeignetes Betätigungsfeld für Frauen ist. In ihrem Artikel A Field For Woman’s Work in Astronomy ging sie auf die Tätigkeit von sich und ihren Kolleginnen am Observatorium näher ein und versuchte die Motivation von Frauen zu stärken, sich in die Astronomie wissenschaftlich einzubringen.
Da rennt sie bei mir offene Türen ein. Und außerdem ist die Astronomie eines der inklusivsten Dinge, mit welchen man sich beschäftigen kann.
Würdigungen
1899 erhielt sie den Titel Kurator für Astronomische Fotografien und 1906 wurde sie Ehrenmitglied der Königlichen Astronomischen Gesellschaft von London – die erste Frau, der diese Ehre zuteil wurde. Kurz darauf erhielt sie ein Ehrenstipendiat am Wellesley College. Kurz vor ihrem Tod zeichnete die Mexikanische Astronomische Gesellschaft sie für die Entdeckung neuer Sterne mit der Guadalupe Almendaro Medaille aus.
Nach ihr wurde 1970 der Mondkrater Fleming (zusammen mit Alexander Fleming) benannt, sowie 2022 der Asteroid (5747) Williamina.
heute gibt es mal einen ganz ungewöhnlichen Artikel, der vor allem diejenigen unter uns, die schon etwas älteren Semesters sind, und Hilfsmittel benutzen, interessieren könnte. Es geht um alte Zeiten, alte Hilfsmittel und deren Namen, die oft einen astronomischen Bezug hatten.
Es wundert nicht, dass Hilfsmittelhersteller gerne astronomische Namen vergaben, wenn man bedenkt, dass wir schon lange Schokoriegel nach Planeten oder unserer Milchstraße benennen, und Mediamärkte die Ringe unseres sechsten Planeten im Logo und seinen Namen tragen, dann spürt man die Kraft, die von Namen mit astronomischen Bezügen ausgeht.
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und chronologischer Reihenfolge, weil das alles nun doch schon teilweise mehrere Jahrzehnte her ist.
Immer wieder bin ich für die schöne Zeit dankbar, dass ich mit erleben konnte, wie sich das alles entwickelte.
Die sprechende Rakete
Mein erstes revolutionäres Hilfsmittel für meinen ersten PC durfte ich mir 1990 kaufen. Es war die externe Sprachausgabe, Namens Apollo, von Dolphin. Diese wurde seriel an den PC, damals noch ein 2-86er mit 16 MHz angeschlossen. Wieso diese Sprachbox den vollmundigen Namen Apollo bekam, lässt sich nur mutmaßen. Ich denke, dass hier eine gewisse Aufbruchstimmung zum Ausdruck kommen sollte, die der Zugang zum PC für blinde Menschen mit dem Aufbruch zum Mond andeuten sollte. Und das traf in gewisser Weise durchaus zu. Ihr müsst euch vorstellen, dass wir vor dem PC meist auf mechanischen Punktschrift-oder mechanischen Schwarzschriftmaschinen schrieben. Bei zweiteren konnten wir nicht mal lesen, was wir schrieben, und korrigieren schon gar nicht. Das war mit einem PC und einer Apollo plötzlich möglich. Das Internet gab es noch nicht, aber wir wählten uns über Moodem und Telefon auf Computer ein, die dann als Server zum Austausch von Nachrichten und Dateien dienten.
Der Name „Apollo“ für das Mondprogramm war eine Idee des NASA-Managers Abe Silverstein, damals Leiter der Abteilung für Raumfahrt-Programme (Office of Space Flight Programs). Er bezog sich dabei auf den Gott Apollon der griechischen Mythologie, dem Gott der Sonne, der Heilkunst, Weissagung, Dichtkunst, Musik und der Bogenschützen.
Die erste Version der Apollo-Sprachausgabe trug tatsächlich die Nummer eins. Das entbehrt nicht einer gewissen Tragik, denn in der Kapsel von Apollo1 passierte der schwerste Unfall des ganzen Mond-Programms. Drei Astronauten verbrannten in der Kapsel, die nicht mal flog, sondern auf der Erde getestet wurde.
Ich glaube, ich hätte, wenn schon Apollo der Name sein soll, die Eins übersprungen, oder ganz auf die Nummerierung verzichtet.
Später gab es dann eine Version2. Die klang etwas besser und hatte ein etwas moderneres Design.
Immerhin konnte man sich die Zwei in römischen Zahlen, oder je nach Schrifttyp als Elf (II), Apollo11 denken. Und die war, wie wir alle wissen, die erste auf dem Mond.
Und der absolute Brüllwürfel in dieser Serie von Sprachausgaben war die „Jupiter“. Sie war ein großer Tisch-Lautsprecher aus Holz. Für Sprachausgabe hatte sie ordendlichen Bass und den Namen Jupiter trug sie ob ihrer Größe zurecht. Ich bin mir jetzt gar nicht mehr sicher, ob sie auch einen Line-In-Eingang für Walkmans o. Ä. hatte. Das hätte sich bei dem Klangvolumen eigentlich angeboten.
In diese Reihe von Sprachausgaben passt auch noch eine Steckkarte für Stand-Rechner, die „Europa“ hieß. An diese musste man dann noch einen Lautsprecher oder Kopfhörer anschließen.
Europa ist ein Mond des Jupiters, unter dessen Eiskruste man einen flüssigen Ozean erwartet. Theoretisch könnte es in diesem Meer so warm sein, dass Leben möglich wäre. Das werden künftige Raumsonden hoffentlich aufdecken.
Ein weiterer astronomischer Bezug zu Europa ist folgender:
Wikipedia weiß:
Europa (altgriechisch Εὐρώπη Eurṓpē; eine Gestalt der griechischen Mythologie, ist die Tochter des phönizischen Königs Agenor und der Telephassa. Zeus verliebte sich in sie und darauf verwandelte er sich wegen seiner argwöhnischen Gattin Hera in einen Stier. Sein Bote Hermes trieb eine Stierherde in die Nähe der am Strand von Sidon spielenden Europa, die der Zeus-Stier auf seinem Rücken entführte. Er schwamm mit ihr nach Matala auf der Insel Kreta, wo er sich zurückverwandelte. Der Verbindung mit dem Gott entsprangen drei Kinder: Minos, Rhadamanthys und Sarpedon. Auf Grund einer Verheißung der Aphrodite wurde der fremde Erdteil nach Europa benannt.
Den Stier haben wir bis heute als Sternbild am Himmel, und der Merkur ist Hermes in der griechischen Sagenwelt.
Ich bin mir zwar sicher, dass diese Sprachausgabe einst nicht wegen dieser astronomischen Bezüge nach Europa benannt wurde; namensgebend dürfte hier die Tatsache gewesen sein, dass sie eine, vielleicht die erste Sprachausgabe war, die vier europäische Sprachen im Rucksack hatte.
Ich lasse sie hier trotzdem mitmachen, weil die Astronomie dazu so schön ist.
Was soll sie sagen?
Wenn man eine externe Sprachausgabe an einen PC anschließt, dann braucht sie ja noch die Information, was sie sagen soll. Das erledigte unter dem damaligen Betriebssystem MS-DOS ein Bildschirmleser, der im Hintergrund die ein- und Ausgaben überwachte und die Daten lieferte, die dann ausgesprochen wurden. Auch diese Steuer-Software trug einen großen Namen. Sie war nach dem sprechenden Computer aus dem Film Odysssee2001, Hal, benannt. Dieser Film wird bis heute zumindest unter Sehenden sehr gefeiert. Für uns Blinde ist er eher schwierig, weil darin sehr viel Stille herrscht, was die Einsamkeit im Weltall natürlich absolut trifft. Ich weiß noch, als ich in meiner Studienzeit mal zu einem Filmeabend mit allem, was da Studenten so konsumieren, eingeladen wurde. Wir schauten u. A. diesen Film. Mein Freund war sehr enttäuscht, dass ich mit dem Film leider nichts anfangen konnte. Er brauchte etwas Zeit, bis er mein Problem verstand…
Wer die deutsche Synchronstimme von Hal nochmal hören möchte, kann sich das deutsche Hörspiel „Game Over“ besorgen. der Computer „Abraham“ wird von derselben Person gesprochen. Die Reproduktion von Abraham, ismael, der dann das Gebäudesystem mittels eines Computerspiels überninnt, und sich dafür rächt, dass die Betreiber des Gebäudesystems seinen Bruder Isaac abgeschaltet haben, wird von der ebenfalls sehr verbreiteten externen Sprachbox „Infovox“ gesprochen. Sehr gut gemacht, sage ich euch. Kann ich nur empfehlen.
Sternchen zum Sehen
Personen mit Sehrest können mit einem geeigneten Großschriftsystem sich den Inhalt des Bildschirmes vergrößert anzeigen lassen.
Neben der Software Zoomtext, die es bis heute gibt, existieren die beiden Systeme Supernova und Luna. Die beiden Namen passen super. Denn Luna, der Mond nimmt zu und ab. Man sieht also mal mehr und mal weniger von ihm. Die Supernova ist natürlich noch gewaltiger. Die Pixel des Bildschirms blähen sich auf, alles wird viel heller, und natürlich auch größer. Supernova kann sowohl von Menschen mit Sehbeeinträchtigung, als auch von blinden Menschen eingesetzt werden, da es die Funktionalität eines Bildschirmlesers für Blinde einschließlich Software-Sprachausgabe mit sich bringt. wie gut die Vergrößerung tatsächlich war, kann ich nicht beurteilen. Die Bedienung für blinde Menschen habe ich bei diesem englischen Produkt aber immer etwa so empfunden, als würde man links fahren, weil diese zumindest damals, als ich es benutzte sehr stark von allen anderen Bildschirmlesern abwich, die sich ansonsten doch in den wesentlichen Punkten ähnelten.
Luna ist mittlerweile auch mit dem Bildschirmleser JAWS verschmolzen, denn es wurde erkannt, dass auch Menschen mit Sehrest dann und wann gerne auf die volle Funktionalität eines Bildschirmlesers für blinde Menschen zugreifen.
Virgo ist ein deutsches Produkt gewesen, das sehr wahrscheinlich seinen astronomischen Namen dadurch erhielt, weil man „Virtuelle graphische Oberfläche“ damit gut abkürzen konnte. Mag aber auch sein, dass dieses Akronym erst später aufgekommen ist. Astronomisch gesehen ist Virgo die Jungfrau und ein Galaxienhaufen, dem auch wir angehören. Da fällt die direkte astronomische Verbindung schwer.
Immerhin war dem Hersteller der Bezug bewusst, denn irgendwann gesellte sich auch diesem sog. Screenreader eine Großschrift hinzu, die Galileo genannt wurde. Und das könnte astronomischer nicht sein. Ich glaube, es gab später sogar ein erstes digitales Monokular, gleichen Namens. Ob Großschriftsystem oder Fernrohr. Beides führt Menschen mit Sehbeeinträchtigung derart in die Welt, wie es damals Galileo den Himmel offenbarte.
Ein weiterer Bildschirmleser, der Nachfolger von Virgo, war Cobra.
Ich will nichts schlechtes über das Produkt sagen, aber als ich eine Testversion bei mir installierte, musste ich in mühevoller Kleinarbeit meine Kiste neu aufsetzen…
Die Cobra gibt es zwar nicht am Himmel, aber dafür die Schlange und auch die Hydra mit dem Medusenkopf.
In den asiatischen Sternbildern gibt es die Schlange auf jeden Fall. Und den Drachen (Dragon), den manche von uns als Texteingabe-Software nutzen, eben auch, der dann und wann die Sonne frisst.
Wir erinnern uns an die beiden chinesischen Hofastronomen, Hi und Ho, die geköpft wurden, weil sie im Suff vergaßen, eine Sonnen- oder Mondfinsternis voraus zu sagen.
Und bei den Fischen, und sonstigen Meeresbewohnern, werden wir bei unseren Hilfsmitteln
auch fündig.
Ich weiß nicht wieso sich die meisten Hersteller von Screenreadern für Einen Hei (JAWS), einen Delfin (Supernova) oder einen Schwertwal (Orca) entschieden haben.
OK, der Delfin und der Schwertwal sind keine Fische, aber nehmen wir es mal mit der Biologie nicht ganz so genau. Manche sagen ja auch „Fischfleisch“…
Den Hund, den viele von uns als Begleiter und Kameraden schätzen, gibt es am Himmel natürlich auch.
Flimmerkisten
Ein Bildschirm-Lesegerät (Blg) besteht im wesentlichen aus einem Bildschirm, der mit einem Kamerasystem verbunden ist, unter welches man das Lesegut zur Vergrößerung legen kann.
Anfang der Neunziger gab es eine Serie von Bildschirm-Lesegeräten, die Voyager hieß. Innovativ war, dass man mit diesen Geräten den Bildschirm derart teilen konnte, dass eine Hälfte zur Darstellung des PC-Inhaltes, und die andere für das Kamerabild verwendet wurde. Dass dieses Gerät Voyager getauft wurde, hat seinen Grund. Mit immer besserer Technologie begann für viele von uns tatsächlich eine Reise in die Welt, die mit derjenigen, welche die beiden Voyager-Sonden durch unser Sonnensystem antraten, durchaus vergleichbar ist. Plötzlich standen uns Türen offen, die vorher verschlossen waren. Auch ich empfand es damals, als ich noch einen kleinen Sehrest hatte. Unsere Blindenschule erhielt das erste Lesegerät in Farbe. Das wurde gehütet, wie ein Gral. Man musste mit dem Biologie-Lehrer gut stehen, wenn man mal Beobachtungszeit daran außerhalb des Unterrichtes haben wollte.
Zeit am einzigen Lesegerät in Farbe zu bekommen war ähnlich schwierig, wie man z. B. um Beobachtungszeit auf dem Hubble-Teleskop kämpfen muss…
Mein altes Lesegerät war damals quasi eine Kamera, die an einen umgebauten Schwarz-Weiß-Fernseher angeschlossen war. Das war mehr als nichts, aber kein Vergleich zu dem wohl gehütetem Gerät mit Farbe. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass meinen Augen die AOK-Flimmerkiste mehr schadete als half. Man soll aber nicht undankbar sein. Es war damals ein Anfang, der vielen von uns deutlich mehr Lebensqualität und Unabhängigkeit brachte.
Ich frage mich manchmal, was ich heute mit den modernen Flachbildschirmen und den hoch auflösenden Kameras mit meinem Sehrest von damals noch hätte sehen können.
Die Welt wird größer
Aber manchmal waren auch ganz andere Lesehilfen eine ganz neue Erfahrung.
Ich erinnere mich noch, wie das war, als meine Schwester noch als kleines MädchenKontaktlinsen bekam. Vorher musste sie immer eine Brille mit Flaschenboden-Gläsern tragen. Selbstverständlich wurde sie dafür oft gehänselt. Als sie die Linsen von meiner Mutter eingesetzt bekam, kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus, weil alles so viel größer und näher als vorher trotz dieser dicken Brille war. Wie viel mehr muss es dann erst für jemand mit Sehbeeinträchtigung bedeuten, wenn man Zugriff auf so ein modernes Lesegerät in Farbe hatte.
Meine Befreiung
Auch ich hatte so ein Erlebnis.
1995 erhielt ich mein erstes Vorlesesystem, mit dem man ein Buch einscannen und sich anschließend per Sprachausgabe vorlesen lassen konnte.
Es nannte sich „Leseass Junior“, durfte aber dennoch Tausende Seiten Astronomie vorlesen.
Dafür opferte ich ein ganzes Studiensemester, in welchem ich täglich viele Stunden vor diesem Gerät verbrachte und manchmal mehrmals wöchentlich Kunde der Stadtbibliothek war. In diesem halben Jahr las ich quasi nur. Es war, als stünde ich am Brunnen des Wassers meines Lebens. Tröpfelte bisher nur wenig Literatur durch unsere Hörbüchereien und noch viel weniger in Blindenschrift zu mir, so ergoss sich nun dieser unerschöpfliche Quell. Ich konnte mir vorlesen lassen, was ich wollte, so lange es sich um Fließtext handelte. Das war eine Befreiung.
Wer nicht nur hören will, darf auch fühlen
Jeder weiß, dass selber lesen etwas anderes ist, als sich etwas vorlesen zu lassen, genau so, wie sprechen etwas anderes als schreiben ist; und alle vier Gaben brauchen wir für gutes Textverständnis und eine gute Sprachkompetenz.
Um dem Rechnung zu tragen, gibt es zumindest in Ländern mit gut ausgebautem Gesundheits- und Sozialsystem die Möglichkeit, als Hilfsmittel eine Punktschriftzeile zu bekommen. Die können schon mal je nach Größe den Preis eines Kleinwagens haben.
Und glaubt mir. Ich sehe das z. B. in einer Email sofort, ob jemand nur mit Sprachausgabe, oder mit Zeile arbeitet.
Blinde Menschen müssen tatsächlich aufpassen, dass sie nicht durch die ausschließliche Benutzung der Sprachausgabe zu Analphabeten werden. Also wer es kann, sollte sich die Punktschrift unbedingt mal anschauen. Und wenn sie zum Schluss nur dazu dient, dass man selbstständig seine Medikamente unterscheiden kann, die mittlerweile fast alle mit Braille beschriftet sind.
Mir ist aber auch bewusst, dass es viele späterblindete Menschen gibt, für welche das nicht mehr möglich ist. Für die sind natürlich Sprachausgaben das absolute Tor zur Welt.
Wie auch immer. Einige von diesen kostbaren Stücken erhielten auch „himmlische“ Namen.
Da gab es eine Braillestar. Das war schon ein Sternchen am Punktschrifthimmel, denn diese schöne Zeile bot einiges an Innovation, z. B. die ausfahrbare Ablage für ein Laptop, schöne den Fingerkuppen angepasste Braille-Module und einiges an Software, wie z. B. einen Editor, Kalender und mehr. Ich mochte sie gerne.
Unzählige Bücher, auch astronomische, habe ich mir dort rein geladen, und sie dann unterwegs gelesen.
Es gab auch eine Zeile Namens Voyager, an die ich mich aber gerade nicht mehr erinnern kann. Die Gründe, sie mit der Reise in die Welt der Schrift zu verknüpfen, liegen auf der Hand.
Die Zeile mit dem Beinamen „Satellite“ wurde so benannt, weil die Navigationstasten so angeordnet waren, als würden sie um eine große runde Taste in der Mitte kreisen, also wie Satelliten und die Erde.
Jemand wies mich gerade darauf hin, dass es anscheinend auch mal eine Zeile Namens Pegasus gab, bzw. noch gibt. Leider bin ich dieses Himmelsross nie geritten. Aber vermutlich nannten sie das Teil so, weil man damit eventuell schnell durch Dokumente navigieren kann. Wer weiß, wie die Zeile aussieht, kann das mal kurz erklären. Damit habe ich nämlich so überhaupt keine Erfahrung.
Es gibt auch eine Firma, deren Produkt z. B. Orbit-Reader heißt. Den konnte ich aber bisher nicht testen. Es handelt sich dabei aber um eine sehr günstige Punktschriftzeile, die vor allem für solche Länder spannend wird, wo die finanzielle Decke eher dünn ist.
Vor dem Hintergrund, dass etwa 90 %, in Worten: neunzig Prozent, aller Blinden weltweit keinen Zugang zu Punktschrift haben, ist dieses Produkt sehr spannend. Man stelle sich vor, wir hätten 90 % Analphabeten…
Orientierung und Mobilität
Es gibt auch Hilfsmittel im Bereich von Orientierung und Mobilität mit astronomischem Bezug.
Da gab es einen sprechenden Kompass, der Kolumbus hieß. Dieser elektronische Kompass konnte einen kontinuierlich darüber informieren, in welche Richtung man gerade geht. Vorher gab es nur mechanische Kompasse. Die zwangen einem zum stille stehen, zum Aufklappen und Ablesen des Instrumentes. Das musste man je nach den schon nach wenigen Schritten wiederholen.
Und ja, der Name ist irgendwie Programm. Das Problem, dass man mit einem Kompass alleine gar nicht so viel anfangen kann, hatte Kolumbus teilweise auch. Er hatte zwar ganz gute Sternenkarten von Johann Müller, eher als RegioMontanus bekannt, aber verfahren hat er sich trotzdem, weil er ohne Schiffsuhr Probleme mit der Bestimmung des Längengrades hatte. Immerhin waren seine Ephemeriden (Sternenkarten für die Seefahrt) so gut, dass er eine Mondfinsternis richtig voraussagen konnte, die ihm und seiner Mannschaft das Leben rettete.
Natürlich benutzen auch wir Blinden mittlerweile Navis, so dass wir auf wenige Meter genau wissen, wo wir uns zumindest im freien befinden.
Eines davon wird dann auch einen astronomischen Namen bekommen, wenn es dann erst mal da ist.
Die Firma HumanWare kündigt seit Wochen den „StellarTrek“ an. Das Ding soll GPS-Navigation mit Kameras und irgendwelchen weiteren Sensoren vereinen. Dies soll es ermöglichen, nicht nur bis auf die letzten Meter genau zu einem Punkt zu navigieren (also mit GPS), sondern mithilfe der restlichen verbauten Technik auch Schilder, Hausnummern, Beschriftungen aller Art usw. zu identifizieren und so sein Ziel zu finden. Der Preis wird in Deutschland, sollte das Ding überhaupt einen Distributor finden, mit Sicherheit über 2.000 € liegen. Ob das ein astronomischer Preis ist, sei mal dahingestellt.
Abspann
Ich bin mir sicher, dass ich noch das ein oder andere Hilfsmittel mit „himmlischem“ Namen vergessen habe. Wem noch eines einfällt, bitte gerne in die Kommentare damit. Das würde mich freuen.
Und wer sich mal so richtig nerdig für alte elektronische Hilfsmittel interessiert, dem darf ich die Folge zu elektronischen Hilfsmitteln des Podcasts von Merkst.de wärmstens empfehlen. Dort kann man viele davon sogar hören, was die damals für einen Lärm machten.
Abgesehen von meinem Jahresrückblick melde ich mich heute bei euch mit meiner zweiten Veranstaltung, die ich in diesem Jahr bereits hatte bei euch zurück, obwohl es noch so jung.
Vorgeschichte
Seit einiger Zeit veranstaltet die Sternwarte München gemeinsam mit dem Bayrischen Blindenbund astronomische Abende für blinde Menschen. Das machte mich natürlich hellhörig. Auch der Veranstalter fand mich im Netz, und so kamen wir zusammen.
Der verfasst einen ganz wunderbaren Newsletter, der wöchentlich erscheint.
In diesem Newsletter erfährt man viel zum Jahreslauf, z. B. was es gerade am Himmel zu sehen gibt, es erscheinen schöne Geschichten aus der Mytologie, Phänomene werden erklärt und oft gibt es dann noch ein Video zu einem Thema.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist, dass alle Bilder extra für uns beschrieben werden. Das ist dem Macher des Newsletters so wichtig, dass er es sogar ausdrücklich erwähnt.
Sternenkartenselfi
Dieses obige Bild beschreibt er z. B. so:
Das Foto zeigt Gerhard mit tastbarer Sternkarte in der Hand und daneben stehend ein Modell der Saturn-5-Rakete.
Jetzt hoffe ich, dass ich das richtige Bild aus der Mediathek gefischt habe…
Auf jeden Fall ist das von Eberhard so vorbildlich, dass sich viele daran ein Beispiel nehmen können. In den sozialen Netzwerken wird fast kein einziges Bild für uns erklärt. Und wie man am Beispiel sieht, ist das doch gar nicht so schwer. Nur mut. Eine schlechte Beschreibung ist mehr, als gar keine. Der Wille zählt. Und mittlerweile kann Mensch sich da auch von den einschlägigen KIs helfen lassen.
Auf diesem Newsletter war ich Gast mit einem Text, der meinen Zugang, den Zugang des Blinden zum All, erklären sollte.
Als ich vor vielen Jahren diesen Blog startete, schrieb ich in Wieso ich Astronomie treibe, bereits aus der Sicht meiner persönlichen Entwicklung darüber. in diesem Artikel orientiere ich mich vor allem an den Tatsachen, welche die Astronomie so zugänglich für alle (inklusiv) machen.
Also los:
Zu meiner Person – Aus meinem Buch:
Am 21. Februar 1969 wurde ich als fünftes von sechs Kindern in Schopfheim geboren. Da ich zwei Monate zu früh das Licht der Welt erblickte, musste ich zunächst in den Brutkasten. Nicht selten, so auch bei mir, führte dies zu einer Augentrübung, die der Grund für meine Blindheit ist.
Aufgewachsen bin ich mit meinen zwei Brüdern und drei Schwestern in einer Arbeiterfamilie. Somit führte vor allem mein Vater uns schon als Kinder an technische Dinge heran und lehrte uns den Umgang mit Werkzeug und Werkstoffen wie Holz.
Von meiner Mutter wurden wir schon als Kinder stets zur Arbeit und Mithilfe in Haus, Hof und Garten herangezogen. Jeder musste für alle etwas übernehmen und war dafür verantwortlich.
Dass ich in einer solchen Umgebung aufwachsen durfte, förderte natürlich mein Interesse an technischen Dingen, und führte mich letztlich zu meinem Lieblingshobby, der Astronomie.
Wie alle Kinder meines Alters wuchs auch ich ganz selbstverständlich im Schatten von Captain Kirk und seiner Enterprise auf.
Star Wars, Raumpatrouille und viele andere beeindruckten mich schon immer sehr. Stets mochte ich Handlungen mit viel technischem Bezug.
Außerdem faszinierten mich die futuristischen Geräusche sehr.
Ich habe das große Glück, seit dem Jahr 2000 als diplomierter Informatiker am Institut ACCESS@KIT
(A@K) arbeiten zu dürfen, ohne das meine Vorträge zu astronomischen Themen nicht möglich wären.
Ich höre die Sterne nicht und fühle auch den Vollmond nicht. Hätte ich keinen Kalender, wüsste ich gar nicht, wann Vollmond ist.
Und trotzdem ist die Astronomie eines der inklusivsten Hobbys, das ich kenne.
Nagende Zweifel
Was, das glauben Sie nicht? Damit sind Sie nicht alleine. Viele, die in meine Veranstaltungen kommen, sind erstmal skeptisch und werden von
Fragen und Zweifeln getrieben.
Das klingt dann ungefähr so:
Wieso machst Du das? Da hast Du doch eh nichts davon!
Wie willst Du da mitreden? Du siehst das doch gar nicht.
Weil ich das weiß, eröffne ich viele Vorträge ungefähr dann so:
Jetzt Hand aufs Herz. Wer hat momentan diesbezüglich auch berechtigterweise noch Fragezeichen in den Augen? Die oder derjenige möchte bitte die Hand heben. Keine Angst. Ich „schaue“ weg. Es stellt sich also niemand bloß. Bitte zählt mal jemand, der sehen kann, durch.
Am Schluss der Veranstaltung machen wir das Spielchen nochmal. Dann werden wir sehen, ob und wieviel sich bewegt hat.
Das geht natürlich hier in einem Newsletter nicht so gut mit dem Hand heben. Aber ob sich bei Dir ganz persönlich was bewegt und verändert hat, fühlst Du ja dann selbst.
Also liegt es nun bei mir, euch zu zeigen, dass die These, dass Astronomie barrierefrei sei, stimmt.
Das geht uns alle an
Zunächst ist die Astronomie etwas für Alle, weil sie sich mit Fragen beschäftigt, die uns alle umtreiben und angehen.
Wo kommen wir her?
Wo gehen wir hin?
Wie war der Anfang?
Wie wird das Ende sein?
War es ein Schöpfergott?
Wie funktioniert das Universum?
Da ist doch schon einiges dabei, das auch für Menschen interessant ist, die nicht sehen können…
Kommen wir nun aber zu mir und meinen Gründen, wieso ich Astronomie so spannend für mich finde:
Ich habe meine Gründe
Die meisten Dinge in der Astronomie spielen sich mittlerweile nicht mehr visuell ab.
Ergebnisse zeigen sich häufig als Tabellen über Strahlungsarten und oder Verteilungen.
Diese sind mit heutiger Technologie auch blinden Menschen zugänglich und können von ihnen interpretiert und verstanden werden.
Die Sicht auf Sterne ist wegen der nächtlichen Lichtverschmutzung meist unmöglich.
Im Vergleich zu der großen Zahl an Sternen, die es alleine in unserer Milchstraße gibt, sind die wenigen, die man selbst bei bester Sicht mit bloßem Auge sehen kann, vernachlässigbar.
Dass ein klarer nächtlicher Sternenhimmel eine Augenweide darstellt, ist sicher unbestritten; unter dem Strich ist dies aber relativ
unwesentlich für die Astronomie als Ganzes.
Das Universum besteht nur zu vier Prozent aus dem, was für Augen vermeintlich so interessant ist. Tja, da kann man nichts machen.
Stellen Sie sich vor, Sie sähen nur noch vier Prozent Ihres Fernsehbildes. Vermutlich würden Sie dann dieses abendliche Vergnügen rasch aufgeben.
Dunkle Energie und dunkle Materie weigern sich strickt, gesehen zu werden. Hören lassen sie sich bisher allerdings auch noch nicht,
und somit besteht hier Chancengleichheit, was die Suche danach angeht.
Schwarze Löcher sind – zumindest wenn sie gerade hungern – so schwarz, dass man mit den besten Augen nichts damit anfangen könnte.
Alles Unsichtbare ist prädestiniert, auch von Blinden erobert zu werden.
Na, jetzt sollten die Zweifel doch schon langsam zu bröckeln beginnen, nicht wahr?
Dann lasst uns doch einige dieser Punkte mal etwas genauer betrachten.
Erstes Beispiel:
Die Idee, dass die Bewegungen von Himmelskörpern, z. B. von Planeten musikalisch- harmonischen Gesetzen gehorchen sollten, geht bis auf Pythagoras und die alten Griechen zurück. Selbst Johannes Kepler versuchte in einem seiner Bücher noch, die Bahnen der Planeten auf Musiknoten abzubilden. Da liegt es doch nahe, dass man diesem Gedanken noch heute, wo wir über Computer und Sound-Systeme verfügen, nochmal auf den Grund gehen wollte.
Und das wurde tatsächlich gemacht.
Ich schrieb darüber in Klingende Planetenbahnen.
Beispiel zwei
Nehmen wir die Tatsache, dass sich viele Dinge in der Astronomie heutzutage nicht mehr im visuellen Bereich abspielen. Da gibt es die Radioastronomie, die gerade für blinde Hörmenschen par excellence, ein unheimlich reichhaltiges Radioprogramm bietet.
Man kann z. B.
und vieles mehr.
Auf meinem Blog habe ich diesen Themen eine ganze Kategorie gewidmet.
Wer sich dafür interessiert, sollte mal in Mit dem Ohr am Teleskop stöbern.
Selbst alle großen Raumfahrtagenturen haben die Sonifikation, also die Verklanglichung von Himmelsphänomenen mittlerweile für sich entdeckt.
Sogar der aktuelle Rover auf dem Mars, ja, der mit dem Hubschrauber, hat ein Mikrofon dabei. Hört mal (NASA), was der Rover so hört.
Das liegt ja auch nahe, denn was man nicht sehen kann, z. B. infrarotes Licht, muss auch für Sehende aufbereitet werden. In dem Sinne ist dann die Sonifizierung fast dasselbe. Das kann uns wissbegierigen blinden Astronomen nur recht sein.
Die riesigen Staubwolken, die das Hubble-Teleskop „Die Säulen der Schöpfung“ genannt, entdeckte, sind eine wahre Kinderstube neuer Sternentstehung.
Die optischen Daten wurden verklanglicht und klingen dann so (Youtube).
Es gibt mittlerweile auch Bilder der Säulen vom JWST, das im infraroten Bereich durch die Staubwolken in die Säulen direkt auf die jungen Sterne blicken kann.
Alles, was für die Augen visualisiert werden muss, ob Infrarot, Röntgenstrahlung oder der ganze Radiobereich, kann auch akustisch aufbereitet werden. Ob ich einer Welle beispielsweise eine Farbe zuordne, oder einen Ton oder Sound, ist fast einerlei.
Podcasts und Sendungen:
Es gibt sie zu den unterschiedlichsten Themen. Podcasts sind Sendungen, die ohne Bilder auskommen müssen, weil sie häufig mobil von unterwegs angehört werden. Was zu beschreiben ist, muss also für alle so erklärt werden, dass man es auch ohne Bildinformation versteht. Das kommt blinden Menschen natürlich sehr zu pass, und ist somit inklusiv.
Welche wichtige Informationsquellen Podcasts für mich mittlerweile geworden sind, beschrieb ich in Podcasts, ein inklusives Tor zu Bildung und Wissen.
Bücher, Bücher, Bücher
Ich stieß Anfang der 90er auf das Hörbuch „Kurze Geschichte der Zeit“ von Steven Hawking. Hierzu gab es auch einen Kinofilm. Interessant ist, dass ich stets gefragt wurde, ob ich die Bücher von Hawking kenne. Allerdings nicht wegen ihrer Inhalte, sondern weil auch Hawking behindert war – wenn auch ganz anders als ich. Ich machte die merkwürdige Erfahrung, dass viele Menschen stets davon ausgehen, alle Behinderten würden sich untereinander kennen – und was noch wichtiger ist: sich gegenseitig ganz lieb haben.
In dieser Zeit wurde die Audioausgabe der Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ durch den Deutschen Verein für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf herausgegeben, die ich sofort abonnierte und bis heute immer wieder verschlinge.
Ich stieß auf die Bücher und Sendungen von Joachim Ernst Behrendt, der mir erstmals zeigte, dass alles irgendwie Klang ist.
Von Radioaufnahmen von Pulsaren, dem Sonnenwind, und vielem mehr, findet sich alles in seinen Sendungen „Nada Brahma“ und „Das Ohr ist der Weg“.
In der Blindenhörbücherei entdeckte ich – auf ungefähr 20 Kassetten aufgelesen – das Buch „Der Stern, von dem wir leben – Den Geheimnissen der Sonne auf der Spur“ von Rudolf Kippenhahn, dessen Vortrag ich schon erwähnt habe. Mich faszinierte an diesem Buch vor allem, dass alle darin enthaltenen grafischen Elemente zusätzlich mit einer derart ausführlichen Texterklärung versehen waren, wie ich es selten bei anderen Autoren erlebt habe. Es schien fast so, als würde er auch an blinde Menschen denken, die auf derlei Beschreibungen angewiesen sind.
Neben den Roboter-Romanen Isaac Assimovs fesselten mich auch seine populärwissenschaftlichen Werke, z. B. „Explodierende Sonnen“, oder „Die Rückkehr des Halleyschen Kometen“.
Und jetzt kommt der Oberhammer:
1995 erhielt ich mein erstes Vorlesesystem, mit dem man ein Buch einscannen und sich anschließend per Sprachausgabe vorlesen lassen konnte. Dafür opferte ich ein ganzes Studiensemester, in welchem ich täglich viele Stunden vor diesem Gerät verbrachte und manchmal mehrmals wöchentlich Kunde der Stadtbibliothek war. In diesem halben Jahr las ich quasi nur. Es war, als stünde ich am Brunnen des Wassers meines Lebens. Tröpfelte bisher nur wenig Literatur durch unsere Hörbüchereien und noch viel weniger in Blindenschrift zu mir, so ergoss sich nun dieser unerschöpfliche Quell. Ich konnte lesen, was ich wollte. Das war eine Befreiung.
Modelle
Ich lebe genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um „Inklusion am Himmel“ zu treiben. Die Möglichkeiten des 3D-Druckes, etc. eröffneten mir eine ganz neue Welt. Somit setze ich in meinen Veranstaltungen viele Modelle und taktile Materialien ein, die dann herum gehen, und von allen betastet werden dürfen.
Ein Highlight meines Lebens war in diesem Zusammenhang, dass ich mal mit einem Vortrag und danach mit einem Messestand meine Projekte bei der Jahrestagung der internationalen astronomischen Union in Wien vorstellen durfte. Ihr erinnert euch? Das sind die, die 2006 den Pluto als Planeten heraus geworfen haben…
Auf jeden Fall habe ich darüber einen schönen bebilderten Artikel gemeinsam mit einem Reporter aus Wien geschrieben.
Zum bebilderten Teil des Artikels geht es hier lang.
Dort kommen übrigens auch noch andere blinde Berufsastronom:innen zu Wort. Ja, es gibt sie. Meist wurden die im Laufe ihres Berufslebens blind, und haben einfach weiter gemacht. Man kann ja von der optischen Astronomie in die hörbare Radioastronomie wechseln. Aus den meisten anderen Berufen würde man nach einer Erblindung einfach heraus fallen. So inklusiv ist die Astronomie eben auch.
Astronomie für benachteiligte Kinder
Ganz besonders bei meinen Vorträgen an Brennpunkt-Schulen zeigt sich auch wieder, wie inklusiv Astronomie sein kann. Sie holt die Kinder ab, und soziale Benachteiligungen, Migrationshintergründe und sonstige Einschränkungen haben erst mal Pause.
In meiner Kategorie Inklusion findet ihr zahlreiche Beispiele für sehr inklusive Veranstaltungen.
Abspann
So, liebe Leser:innen, ich denke, damit lassen wir es erst mal für heute bewenden. Ich hoffe, ich konnte euch etwas näher bringen, wieso ich die Astronomie so sehr liebe. Ich hoffe, dass ihr verstanden habt, dass es bei mir so ist:
Außer den Sternenhimmel selbst betrachten zu können, kann nahezu alles, was diese Wissenschaft betrifft, von mir, also Menschen ohne Sehvermögen bewältigt werden.
Nicht jeder Zugang zur Astronomie ist für jeden geeignet, aber ich versichere euch, dass es für jeden mindestens einen Zugang gibt.
So, und jetzt wollt ihr bestimmt noch wissen, wie ihr diesen Newsletter abonnieren könnt.
Da es ein geschlossener Newsletter ist, müsst ihr euch per Mail an
Eberhard Grünzinger e.gruenzinger@gmx.de wenden. Der nimmt euch gerne auf. Und ich kann euch sagen, es ist immer ein sonntägliches Lesevergnügen vor dem schlafen gehen.
mit diesem Artikel melde ich mich das erste mal 2023 bei euch zurück.
Es ist, wie immer, mein obligatorischer Jahresrückblick.
Ich wünsche euch für dieses Jahr das, was jeder von uns am nötigsten braucht. Möge vor allem der Krieg ein Ende finden, die Energiekrise vorüber gehen und mehr Verstand in unsere Köpfe kommen, damit wir endlich mit voller Kraft den Klimawandel angehen können.
Ich danke euch für eure Treue zu mir und meinem geschwätzigen Blog. Gerne würde ich noch mehr Menschen erreichen, was manchmal gar nicht so einfach ist. Vielleicht mögt ihr mich ja unterstützen, indem ihr meinen Blog mit euren lieben teilt, das würde mich freuen. Und auch in diesem Jahr gilt: Kommentare, Kritik und natürlich auch Lob, sind herzlich willkommen…
Ich habe mich übrigens für diesen Rückblick entschlossen, nur positive Dinge aufzuschreiben. Von den anderen hatten und haben wir mehr als genug.
Jetzt also los, mit meinem Jahresrückblick.
Himmelwärts
Mein Astro-Jahr 22 startete ich, indem ich mit meiner Arbeitsplatzassistenz am 24.02.2022 die Ausstellung Himmelwärts in Stuttgart besuchte.
Ende 2021 jährte sich Keplers Geburtstag zum 450. Mal. Er kam am 27. Dezember 1571 in der damaligen freien Reichsstadt Weil der Stadt zur Welt. Anlass, mit der Ausstellung himmelwärts den weltberühmten Astronomen aus dem heutigen Baden-Württemberg in all seinen Facetten zu würdigen.
himmelwärts ist ein Ausstellungsprojekt des 5. Physikalischen Instituts in Kooperation mit der Kepler-Gesellschaft e. V. in Weil der Stadt und zahlreichen weiteren Partnern.
Dort gab es ganz viel anzufassen und auszuprobieren. Somit konnte man Keplers Lebenswerk hautnah erfahren. Natürlich gab es dort auch sehr viele Tafeln, die mir meine sehende Begleitperson vorlas. Ich ergänzte dann meist noch Geschichten, die ich wusste. Und das merkten bald dann auch andere Besucher, dass der blinde dort noch besseres auf Lager hat. Unser Grüppchen wuchs somit stetig an.
Das war ein wirklich inklusives Erlebnis. Wenn die Ausstellung mal wieder stattfindet, kann ich nur jedem raten, sie zu besuchen. Auch für blinde Menschen ist dort wirklich ganz viel zu ertasten und auszuprobieren.
Wenn ihr in einen suchdienst eurer Wahl „Himmelwärts“ eingebt, kommt ihr auf die Seiten. Die ausstellung läuft als Wanderausstellung weiter.
Fasten und Feiern mit den Sternen
Einen Monat später, am 24.03. durfte ich online einen Vortrag zum Thema „Fasten und feiern mit den Sternen“ halten. Es ging vor allem um die Berechnung des Ostertages. So langsam habe ich mich tatsächlich daran gewöhnt, und merke, dass ich nun auch bei Online-Veranstaltungen besser werde. Das viel mir lange sehr schwer, weil ich gerne mit meinem Publikum interagiere. Online kann man einfach nicht so Rampensau sein.
Grundlage zu diesem Vortrag waren die drei Artikel
Die Sternwarte München führt dann und wann tatsächlich Astronomie-Veranstaltungen für blinde Menschen gemeinsam mit dem dortigen Blindenverband durch. Das fand ich höchst spannend, denn ich hatte noch nie etwas davon gehört. Merkwürdig war, dass ich auch schon für den Bayrischen Blindenverband Vorträge hielt. Da dachte ich eigentlich, man würde mir Fragen stellen, wie so eine Veranstaltung durchgeführt werden kann. Sei es darum. Ich bin nicht das Maß aller Dinge, und die Events kommen sehr gut an.
Was ich dann durch Eigene Recherche bekommen habe, ist ein wunderbarer Kontakt der Veranstalter, und einen schönen Newsletter, der wöchentlich erscheint und mir viel Freude bereitet.
Wie man als außenstehende Person an diesen Newsletter kommt weiß ich nicht, aber wer mag, darf sich gerne an mich wenden. Ich vermittle gern den Kontakt. Benutzt hierfür einfach das Kontaktformular auf dem Blog.
Was tun, wenn man als Coach plötzlich blinde Menschen im Online-Seminar hat
Ein Coach, bei dem ich mal einen Kurs zu Life-Work-Planing mitmachen durfte, und der in Zusammenarbeit mit unserem Institut jährlich ein Training für Menschen, die sich gerade bewerben veranstaltet, fragte mich an, ob ich ihn bei einem Online-Vortrag des Verbandes „Trainertreffen Deutschland“ unterstützen wollte. Es sollte eine Sensibilisierungs-Veranstaltung für Trainer und Coaches werden, was zu beachten ist, wenn man blinde Personen im Online-Workshop hat. Das war auch für mich neu, aber es war eine großartige Veranstaltung, mal ganz weg von der Astronomie.
Derlei ist in unserer Online-Welt wichtig, und ich danke Marc, dass ich hier quasi ein Botschafter sein durfte.
Auch für Marc und alle Teilnehmenden war es denke ich eine große Bereicherung. Marc meldete mir zurück, dass er sah, dass alle Teilnehmenden mit eingeschalteter Kamera ganz nah und aufmerksam bei mir waren. Das bekomme ich natürlich nicht mit. Vor allem, wenn die Mikros ausgeschaltet sind, spreche ich dann im Grunde in eine Wand. Ich höre keine Bewegungen, kein Atmen und auch sonst nichts, was ich sonst von meinen Zuhörern mit bekomme.
Außerdem entnehme ich das dem Text auf Marcs Blog. Wir haben beschlossen, dass wir uns zu dieser Sache gegenseitig verlinken.
Marc beschreibt in seinem Text sehr anschaulich, wie er lernte, mit der Situation klar zu kommen, auch Menschen mit Blindheit in seinen Online-Veranstaltungen zu haben. Der Text ist wirklich sehr lesenswert, und ich kann ihn euch wärmstens ans Herz legen.
Sein Text heißt Von Sehbehinderten lernen
mein Astronomisches Comeback
Mein absolutes Comeback war mein Astro-Tag beim Inklusionstag auf der Landesgartenschau am 07.04.2022. in Neuenburg. Es tat so gut, mal wieder einen quirligen Kinderworkshop zu halten, mal wieder life vor Erwachsenen über „Inklusion am Himmel“ sprechen zu dürfen und mal wieder Menschen an meinem Stand zu empfangen, die viele Fragen stellten, all meine Modelle bestaunten und betasteten, und ja,mir auch das eine oder andere Buch über den Ladentisch hinweg abkauften.
Über diese Veranstaltung schrieb ich ausführlich in … Ich kam, sah und siegte.
Mitte Mai taktiles Bild der schwarzen Löcher
Das war schon eine Sensation, als Mitte Mai das Foto der Umgebung des massereichen Schwarzen Loches in Mitten unserer Galaxis veröffentlicht wurde. Es gab zwei Jahre zuvor die erste Veröffentlichung eines solchen Fotos eines schwarzen Loches aus einer anderen Galaxie.
Auf Wunsch fertigte mir mein Kollege in unserem Labor eine tastbare Version beider Fotos an, so dass ich sie miteinander vergleichen konnte.
Es ist einfach wunderbar, dass ich an diesem Institut arbeite. Ansonsten hätte ich niemals Zugang zu derlei Möglichkeiten.
Ich machte ein Tasträtsel aus diesem Bild. Das findet ihr hier.
Wie die beiden Fotos gemacht wurden und mehr Hintergründe dazu findet ihr in den beiden Artikeln:
09.06. Interview für die Hörzeitung Trierische Tonpost
Seit Jahren genieße ich die ganze Adventszeit den Klingenden Adventskalender, der das Bistum Trier für blinde Menschen heraus gibt. Die fragten mich an, ob ich mit ihnen ein Interview für ihre andere Hörzeitschrift, der Trierischen Tonpost, führen würde.
Es war zwar ein Telefoninterview, was der Klangqualität etwas abträglich war, aber ansonsten war es ein sehr gelungenes gespräch.
Wir sprachen über Astronomie, über Inklusion am Himmel, aber auch über das Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Religion. Ruck zuck war eine Stunde herum. Ich denke, dass das Interview spannend für viele Hörer:innen war, und dass es vielen vielleicht auch Mut und Kraft gab, wenn sie hören durften, was alles trotz Sehverlust möglich ist.
Nach ausdrücklicher Genehmigung des Verlages, darf ich dieses Interview mit euch teilen. Allerdings ist es so, dass die Datei zu groß ist., dass ich sie an einem Stück auf dem Blog veröffentlichen kann. Außerdem wurde sie mir dann von der Redaktion freundlicherweise in einigen Teilen geschickt. Das wären dann elf Links für euch, was ich etwas anstrengend und unkomfortabel für euch fände.
Aus diesem Grund stelle ich jetzt erst mal das Interview an einem Stück auf meine Dropbox. Dort könnt ihr es euch anhören, bzw. auf den Abspieler eurer Wahl herunterladen. Bitte gebt die Datei nicht weiter, und veröffentlicht sie bitte auch nicht irgendwo. Das darf nur ich hier tun.
Zum Interview geht es hier lang.
Vorträge im Urlaub
Es ist mittlerweile zur guten Tradition geworden, dass ich in meinem Sommerurlaub im Erholungszentrum für Blinde in Schwarzach in jeder Urlaubswoche einen Vortrag mit aktuellem astronomischen Bezug halte.
Diesmal ging es in der einen Woche um die Veröffentlichung der Fotos der schwarzen Löcher, und im zweiten um das sagenhafte James-Webb-Space-Teleskop.
Von diesem steht mir leider noch kein Modell zur Verfügung, das transportabel wäre, aber zu den schwarzen Löchern konnte ich immerhin taktile Ausdrucke der Fotos und einer Spiralgalaxie austeilen. Ich freue mich im Vorfeld des Urlaubs schon immer sehr auf diese Vorträge, die stets gut angenommen werden. Es kommt auch vor, dass Kinder von Hausangestellten oder sonstige Verwandte daran teilnehmen. Es gibt aussagen von Müttern, deren Kinder noch nach Jahren von diesen Vorträgen sprechen. Das macht dann besonders viel Freude.
Die Links zu den Fotos habt ihr schon.
Mehr zum James-Webb-Teleskop und weitere Hintergründe findet ihr in den beiden Artikeln:
16.09. Kurzvortrag an der astronomischen Uhr in Straßburg
Das war wirklich ein sehr schöner Ausflug, den ich mit dem Evang. Blinden- und Sehbehindertendienst mitmachen durfte. Besonders beeindruckt hat mich die astronomische Uhr im straßburger Münster. Darauf hatte ich mich natürlich etwas vorbereitet, zum Glück, denn der Führer erzählte uns leider nichts darüber, was die Uhr alles astronomisch kann. Das ergänzte ich dann für unsere Gruppe direkt vor Ort, was auch andere Besucher des Münsters anzog.
Über diese Uhr schrieb ich in Ein Uhrenerlebnis.
18.09. Inklusionslauf
Nach über zwei Jahren Pandemie-Pause durfte dieser Lauf im Rahmen des Baden-Marathon wieder stattfinden. Es war wirklich ein sehr starkes und berührendes Erlebnis, an diesem Lauf mit meiner Kollegin teilzunehmen. Diesen Lauf beschrieb ich ausführlich und ordnete ihn in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext ein.
Zum Bericht über dieses unvergessliche und großartigen Erlebnis geht es hier lang.
09.10. SWR2 Matiné Zugang zu Musiknoten
Da bekam ich doch tatsächlich eine Anfrage des SWR, ob ich nicht an einer Sendung über Musiknoten teilnehmen möchte. Ich kann zwar ungefähr die Punktschriftnotenschrift, und habe auch schon viel mit diverser Software experimentiert, dass ich Noten für Sehende schreiben konnte. Dennoch fühlte ich mich etwas unsicher, da ich normalerweise mit meinem absoluten musikalischen Gehör ohne Noten auskomme. Absagen wollte ich der Dame aber auch nicht. Also ließ ich mich auf dieses spannende Projekt ein. Dafür, dass wir über eine Stunde lang miteinander über das Thema sprachen, ist mein Beitrag in der Sendung vielleicht etwas kurz geraten, aber die Sendung an sich ist absolut hörenswert, weil ganz viele andere Musiker zur Sprache kommen. Sie erzählen, wie sie mit Noten umgehen. Es lohnt sich also, mal rein zu hören.
Ich hoffe, die Sendung ist noch in der Mediathek, und ihr findet den Knopf zum Abspielen… Link zur Sendung
25.11 – 27.11. Freizeit für junge Erwachsene zum Thema Licht
Was liegt näher, als gerade am Wochenende des ersten Advents eine Freizeit zum Thema Licht durchzuführen. Mancher mag vielleicht denken, dass Licht für blinde Menschen nicht interessant wäre, aber mit nichten. Ich war selbst erstaunt, aus welch ungeheuer vielen Aspekten man sich dem Licht nähern kann, als ich dazu recherchierte.
Und so starteten wir also am Freitag Abend mit einer ausführlichen Vorstellungsrunde, einer kleinen Betrachtung und einigen Liedern, die ich mit der Gitarre begleitete. Danach ließen wir den Abend in gewohnter Manier bei guten Gesprächen und Getränken ausklingen.
Am Samstag ging es dann nach dem Frühstück und einer kleinen Andacht zur Tageslosung voll ins Thema. Den ersten Blog leitete ich. Er befasste sich damit, was das Licht physikalisch ist, welche Seltsamkeiten es zu bieten hat, und wie man sich seinen Eigenschaften im Laufe der Wissenschaftsgeschichte von der Antike bis in die Heutzeit genähert hat.
Darüber schrieb ich im Rahmen der Reise zu den schwarzen Löchern in Station sechs.
Ein weiterer Block befasste sich dann mit dem Licht aus theologischer Sicht. Wir diskutierten über viele Bibelstellen, in welchen das Licht eine Rolle spielt. Diese jetzt hier aufzuzählen, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Das muss vermutlich mal ein eigener Artikel werden. Dass unsere Bibel voller Sterne ist, zeigte ich euch ja im Die Bibel, ein Buch voller Sterne.
Schließlich führte ein Teilnehmer nach Mittagessen und Mittagspause eine wunderbare Meditation mit uns durch. Nach einer Gruppenarbeit, wo wir uns über Highlights, Lichterlebnisse und auch darüber austauschten, wo manchen vielleicht noch das orientierende Licht im Leben fehlt, schlossen wir dann diesen Haupttag der Freizeit mit einigen Geschichten ab. Außerdem übten wir noch die Lieder,die am Sonntag im Gottesdienst gesungen werden sollten, denn viele von uns müssen auswendig singen, weil Lesen nicht möglich ist.
Nach diesem großartigen Gottesdienst und einem vorzüglichen Mittagessen, ging es dann wieder nach hause.
Einen ausführlichen Freizeitbericht wird es noch geben, aber der ist noch nicht fertig. Ich werde ihn dann verlinken und darauf hinweisen.
Auf jeden Fall war die Freizeit in unserem bewährten Tagungshaus in Rastatt wieder ein voller Erfolg. Ich bin gespannt, welches Thema wir in 2023 haben werden. Es gibt schon Ideen.
29.11. OVZ-Vortrag „Mysterium des Sterns von Betlehem“
Die Gemeinschaft Blindzeln unterhält neben einem Hilfsmittelvertrieb ein umfangreiches Online-Angebot, wo sich alle „Blindzler“ zu verschiedensten Themen austauschen können. Es gibt auch Raum für Vorträge und andere Online-Veranstaltungen.
Und so betreibt die Arbeitsgemeinschaft blinder Autorinnen und autoren (blautoren.de) auf dieser Plattform eine Autoren-Lesebühne, wo immer wieder Vorträge oder Lesungen unserer Mitglieder angeboten werden. Außerdem hatten die einen virtuellen Weihnachtsmarkt laufen, auf welchem sehr schöne und weihnachtliche Veranstaltungen und ein Hör-Weihnachtskalender liefen.
So hatte ich am 29.11.2022 die Ehre, dort auf dem virtuellen Weihnachtsmarkt einen Vortrag zum Stern von Betlehem anzubieten.
Und darum ging es:
Der Stern von Betlehem fasziniert uns alle, da es nirgendwo ein vergleichbares Ereignis gab, wo Menschen einem Stern folgten, um, wie in unserem Falle, einen Stall und den Erlöser zu finden.
Das bedeutet, dass die Spekulationen über dieses Mysterium bis heute nicht abreißen. Viele spannende Möglichkeiten, was der Stern gewesen sein könnte, stehen mittlerweile nebeneinander. Im ersten Teil der Sendung näherten wir uns diesen Geschichten aus astronomischer Sicht.
Im zweiten Teil beschäftigten wir uns mit der Frage, wie man einen Stern als Navi benutzen und ob man damit wirklich einen Stall finden kann.
Diese Sendung war wirklich eine Weihnachtsveranstaltung der besonderen Art.
Grundlagen dieses Vortrages waren die beiden Artikel:
Und im neuen Jahr geht es direkt weiter.
Gleich zu Jahresbeginn, am Freitag, 13.01.2013 starten wir auf unserer Lesebühne mit meinem Vortrag
„Freitag, 13, und andere Kalenderspielchen“.
Ich würde mich freuen, wenn ich einige von euch dort virtuell treffen könnte. Freitag, 13, und andere Kalenderspielchen könnten viele von euch interessieren.
Hier die Ankündigung:
Freitag der dreizehnte und andere Kalenderspielchen
Information,Kultur,Vortrag
Beginn ist am Freitag, dem 13. Januar 2023, um 19:00 Uhr. Das voraussichtliche Ende ist gegen 20:30 Uhr.
„Das geht ja gut los!!!“ mag mancher in diesen Krisenzeiten denken, wenn man den Kalender 2023 betrachtet. Gleich der Januar startet mit einem Freitag, 13.
Welch ein Unglück, oder vielleicht doch nicht?
Tatsache ist, dass es häufig die Nummer 13 bei Sitzplätzen, Stockwerken und Hotelzimmern nicht gibt. Im Flugzeug fehlt die Reihe dreizehn komplett. Wo kommt das her, dass sich die 13 derart bis in unsere aufgeklärte Zeit so hartnäckig als Unglückszahl behaupten kann.
Wie oft fällt diese 13 tatsächlich auf einen Freitag?
Oder haben Sie sich auch schon mal gefragt:
Wann fällt der Vollmond mal wieder auf Heilig Abend, oder wie lange muss ich warten, bis die Brückentage oder sonstige Feiertage mal wieder so fallen, damit ich maximal Urlaubstage sparen kann?
Wenn Sie derartige Kalender-Spielchen interessieren, dann sind Sie in diesem Vortrag genau richtig.
Die Veranstaltung richtet sich an alle, die etwas Spaß an derartigen Kalenderspielchen haben. Vorkenntnisse sind keine erforderlich.
Es werden mindestens 1 Teilnehmer benötigt und unbegrenzt viele zugelassen.
Weitere Informationen gibt es bei Gerhard Jaworek per E-Mail an gerhard.jaworek@blindnerd.de. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich und der Zugang erfolgt entweder mittels TeamTalk über Diesem Link
oder per Radio-Stream bitte hier lang.
sowie über die Amazon Sprachassistenten mit „Starte BLINDzeln Eins“. Die Veranstaltung findet im Raum “BLAutor-Lesebühne” statt.
So, meine lieben,
jetzt genug Bauch gepinselt.
Beginnt das Jahr gut und gehabt euch wohl.
Meine lieben,
es ist nun so weit. Wir sind am letzten Türchen unseres Adventskalenders angekommen. Seit 24 Tagen begleitet ihr mich durch diesen Kalender. Nun ist das gar nicht so einfach, eine Geschichte zu finden, die zum einen dem heiligen Abend angemessen, und zum anderen vielleicht doch auch etwas astronomisches zu bieten hat.
Da erinnerte ich mich an ein Weihnachtsgeschenk, das ich im letzten Jahr ganz unverhofft erhalten habe. Dieses Geschenk und die Geschichte dazu teile ich heute hier mit euch.
Die Ankunft
Kurz vor Weihnachten erhielt ich plötzlich einen Anruf meines ehemaligen Schulmeisters, Mentors, Freund und noch immer Chorleiters.
Anstatt musikalischer Dinge fragte er mich plötzlich, an welche Adresse er mir etwas schicken könnte. Er habe ein etwa 50 cm im Quadrat großes Paket für mich und würde mir das gerne schicken. „Du liebe Güte“, dachte ich. Was soll das denn sein. Liedtexte in Punktschrift schieden aus, denn die schickt er mir elektronisch und ich drucke sie dann. Verstärkt wurde die Spannung noch dadurch, dass er darum bat, dass wir das Paket gemeinsam öffnen, also ich solle ihn anrufen, und er leitet mich an, wie das Teil zu öffnen sei.
Er nannte seine Verpackung „Böhringer-Verpackung“, so heißt er, und ich kann euch sagen, das ist sie auch.
Nach wenigen Tagen erhielt ich nun dieses große, flache Etwas.
„Will er mir jetzt ein Bild schenken?“ war mein erster Gedanke. Das wäre ja dann vielleicht nicht ganz das passende Geschenk für einen Blinden. „nein, das kann ich mir nicht vorstellen“, aber wie ein gut verpacktes Bild fühlte es sich tatsächlich an. Die Verpackung besteht aus einem Holzrahmen aus vier Leisten, einer Rückwand aus Karton, einem Deckel auch aus Karton und alles war äußerst raffiniert und kunstvoll mit hochwertigem Tape verklebt. Nicht zuletzt hatte das Paket noch eine Trageschnur. Ich hielt meine Neugierde aus und wartete auf seinen Anruf, damit wir den Schatz gemeinsam heben würden, wie ich es ihm versprochen hatte.
Die Schatzhebung
Sein Anruf kam Allerdings zunächst etwas ungünstig, da mir wenige Minuten vorher ein Bote etwas anderes flaches in einem Karton vorbei brachte, eine Pizza. So vertröstete ich Dietmar auf später, öffnete ein Fläschchen wein und versorgte die Pizza in meinem Bauch. Dann suchte ich meine Ausrüstung,
Messer,
Schere,
Headset für die freien Hände,
Telefon,
mein Weinglas, das Teleskop des blinden Astronomen
das Paket
zusammen, setzte mich aus Platzgründen auf meinen Wohnzimmerteppich und rief ihn an. Ich hatte mir schon ausbedungen, wo ich das Messer zuerst ansetzen würde. Sofort kam von ihm die Warnung, dass ich um Himmels willen nichts und nirgendwo schneiden solle. „Wie soll das dann aufgehen“, dachte ich mir. „Hat er dafür einen Zauberspruch?“
Nein, den hatte er nicht, sondern etwas viel besseres. Er dirigierte meine Hände über den Deckel des Paketes, indem ich zuerst den Ausgangspunkt, den Adressaufkleber finden sollte. Von dort aus ging es dann in verschiedene Richtungen an die Ränder des Paketes, wo ich die Verklebung fühlen konnte. Und was war das. Da gab es wirklich nichts zu schneiden. Dietmar hatte die Tapestreifen so verlängert, dass er sie zu Laschen umschlagen konnte. Ein kurzer Ruck an jedem, ein deutlich hörbares Ratschen und der Klebestreifen ließ sich rückstandsfrei öffnen. Es war halt sehr gutes Klebeband.
Also, nun waren alle Laschen gelöst und ich konnte den Deckel von mir weg aufklappen.
Die Erkundung
Nun tastete ich und tastete, fühlte dicke und dünnere Punkte auf Folie, manche davon waren durch Striche miteinander verbunden, und bei genauerem Tasten fand ich sogar Beschriftungen in Punktschrift.
Und da durchfuhr es mich. Ähnlich dem klaren und lauten C-Dur-Akkord, der in Joseph Haydns Schöpfung heraus bricht, als „Es werde Licht“ gesprochen wird, bei dem es mir immer, wenn ich nur an diesen Klang denke, kalt den Rücken herunter läuft, so geschah es mir auch jetzt. Mit Wucht und Klarheit traf es mich. Was hier vor mir auf dem Boden lag, ist eine taktile Sternnkarte. „Wo hat er die denn jetzt wieder ausgegraben“ fragte ich ihn. Ihr müsst wissen, dass solche tastbaren Sternenkarten äußerst selten sind, fast so selten wie die Zauberringe der Elben aus Herr der Ringe und aus dem kleinen Hobit.
Sie sind äußerst schwer herzustellen.
Der Fund
Also, nun lag dieses sehr aufwändig hergestellte Geschenk vor mir und ich war den Tränen vor Rührung nahe und musste erst mal an meinem Weinchen nippen.
Wie kam ich zu der Ehre, dass mein Freund mir eine solche Karte schenkt?
Wo hat er sie gefunden?
Wie alt mag sie sein?
Gibt es die Vorlage dafür noch?
Lebt der Hersteller der Vorlage noch?
Wie kann ich demjenigen danken, der die Kopie für mich gezogen hat
Wie kann ich Dietmar und den hilfreichen Personen das je danken?
Das waren so Fragen, die mir da demutsvoll durch den Kopf gingen.
Es ist so, dass es vermutlich an nahezu allen Blindenschulen noch Speicher, Keller und Abstellräume gibt, wo noch derlei Schätze lagern. Heute lagern die Modelle nur noch auf Festplatten von Computern oder in Clouds, damit sie für die Nachwelt verfügbar bleiben.
Dietmar interessiert sich schon immer, schon auch als Historiker, für alte Sachen. Er findet solche Schatzgruben und hütete sie auch, als er noch nicht pensioniert war.
Er hütete sie nicht nur, sondern verwendete sie in seinem Unterricht.
In solch einem Archiv stieß er wohl auf die Vorlage zu dieser Sternenkarte. Da das Modell noch in Takt schien, wendete er sich an einen Lehrer, einem Bruder im Geiste, der noch an dieser Schule arbeitet und bat ihn, einen Folienabzug von dieser Karte extra für mich zu erstellen.
Wer das Modell, ich vermute mal in den siebziger Jahren des letzten jahrhunderts erstellt hatte, lässt sich leider nicht mehr genau sagen. Dieser Lehrer lebt mit Sicherheit auch nicht mehr. Es gibt mehrere Kandidaten, die dafür in Frage kämen, von denen mein pensionierter Freund noch welche kannte. Entweder ein Lehrer hat das Modell in seiner Freizeit erstellt, wie das noch zu meiner Zeit oft geschah, oder es gab auch Angestellte, die als Modellbauer an Blindenschulen arbeiteten. Heute heißen diese Zentren Medienzentren und deren Hauptwerkzeuge sind Computer und Spezialdrucker.
Der Pädagoge erwacht
Nun erzählte mir Dietmar, wie die Karte funktioniert. Zum Glück habe ich schon viel Erfahrung mit taktilen Sternkarten. Ich suchte sofort in ihrem Zentrum den Nordstern, den großen Wagen, der zum großen Bären gehört, die nördliche Krone und dann nach und nach die verschiedenen Sternbilder weiter außen. Bei den Tierkreis-Zeichen ist neben der Beschriftung in Punktschrift weiter außen noch ein Ring mit kleinen Modellen der Tiere angebracht, z. B. ein Fisch, ein Widder etc. So sprachen wir noch lange und erzählten uns auch gegenseitig unsere Eindrücke und auch Geschichten zu den verschiedenen Konstellationen. Mein Freund wollte absolut sicher gehen, dass ich alles auf dieser Karte erkenne. Er wollte sicher gehen, dass die Karte mich nicht enttäuscht. Ja, das dachte er wirklich. Ich weiß nicht wieso. Er ahnt nicht, oder vielleicht langsam, was für eine ungeheure Freude er mir da gemacht hat. Diese Karte ist weit mehr, als nur eine Sternkarte.
Sie verbindet mich mit ihm.
Sie verbindet mich mit dieser Schule. Ohne auf diese Schule gegangen zu sein, wäre ich niemals Astronom geworden.
Sie verbindet mich mit dem besten Physik- und Chemieunterricht, den ich je hatte. Ein ganzes Kapitel in meinem Buch, Blind zu den Sternen widmete ich diesem Unterricht, den ich an dieser Schule genießen durfte. Leider kann auch diese Lehrerin nicht mehr erleben, was sie mit ihren Stunden für einen Samen in mein Herz gesäht hat, und wie der aufgegangen ist.
Zusammenfassung, wie die Karte nun aussieht
Es gibt ganz unterschiedliche Sternkarten. Je nach dem, was man damit machen möchte. Ich besitze derlei vier, wenn ich die digitale Universe2Go-App dazu zähle.
Die einfachste Sternkarte, die ich besitze, kann ich eigentlich nicht nutzen. Man kann zwar die Leuchtfarbe und somit die Sternbilder ertasten, aber damit macht man sie auf Dauer kaputt, weil der Fingerschweiß sicherlich das Papier und diese spezielle Farbe zerstört.
Sie ist eine Tabelle aller Sternbilder. Sie ist auch ein wertvolles Stück aus der Zeitschrift Yps, die mein Jahrgang vielleicht noch kennt. Da waren immer so lustige Bastel-Sachen drin. Die Sternbilder auf dieser Karte leuchten nachts, wenn man sie z. B. mit einer Taschenlampe dazu anregt. Damit kann man eigentlich nur vergleichend nach dem suchen, was man am Himmel gerade gesehen hat. Somit ist sie eher nicht zur Orientierung günstig, denn aufgehende Sternbilder verändern ihre Winkel und welche, die nicht unter gehen, sieht man sogar auf dem Kopf. Wertvoll ist mir dieses gute Stück, weil ich es von einem Freund und ehemaligen Arbeitskollegen erhalten habe, der meinte, bei mir wäre es besser aufgehoben. Er liest hier mit, und somit brauche ich seinen Namen, er heißt Michael, hier nicht zu nennen. Ich bin stolz auf unsere Freundschaft und auf die Sternkarte natürlich auch. Leider habe ich noch kein Foto davon für euch. Müsste ich mal nachts machen lassen, wenn sie leuchtet. Ob das geht?
Die üblichsten Sternkarten sind rund und drehbar. die untere Scheibe zeigt, z. B. wie die Karte von Dietmar, den Nordhimmel. Damit man sich in diesem Wimmelbild besser zurecht findet, ist die Sternkarte mit einer Deckscheibe versehen, die eine Öffnung hat. Außen, wo sich die Tierkreiszeichen befinden, verfügt so eine Planasphäre noch zwei ringförmige sie umlaufende Skalen. Hier kann man Monat, Tag und Urzeit der Beobachtung einstellen. Oft auch nur Monat und Tag. Dann werden von der oberen Scheibe alle Sterne abgedeckt, die man zu dieser Einstellung eben nicht sehen kann. Dann findet man sich schon etwas besser zurecht.
Solch eine alte taktile Karte besitze ich auch. In der Schweiz hat sich vor sicher mehr als vierzig Jahren mal jemand die Mühe gemacht, so etwas für uns Blinde zu erstellen. Auch ich habe diese Karte aus dem Speicher unseres Institutes vor vielen Jahrzehnten gerettet. Ansonsten wäre sie längst schon verfallen. Ihre Folie wird schon langsam brüchig, und ich zeige sie nur noch ganz Hand verlesenen leuten.
Ihr, liebe Leser*innen gehört natürlich dazu. Hier ein Foto, wie ich mit der Karte arbeite.
An der Sternwarte St. Andreasberg ist eine sprechende Himmelsscheibe entstanden, die auf so einer Karte beruht. An deren Entwicklung war ich nicht beteiligt, aber ein blinder Physiker aus Kiel und der Verein Andersicht e. V., dessen Mitglied ich bin.
Nun ja, und jetzt haben wir eben noch die neueste wunderbare historische Karte aus der Nikolauspflege, gefunden von Dietmar, Kopiert für mich von einem Lehrer, der noch an dieser Schule arbeitet und gezeigt und präsentiert von mir.
Ihr könnt sie euch so vorstellen, wie das untere Blatt einer drehbaren Sternkarte. Sie hat außen keine Zahlen, um Datum und Urzeiten einzustellen und auch kein rundes Deckblatt, was einem den gewünschten Himmelsausschnitt zeigt.
Ich hoffe, dass man sie auf den Fotos gut sehen kann, denn sie ist ja nur taktil und einfarbig.
So, meine lieben.
Das war alles, ihr Leute,
das war alles für heute,
das war ein teil aus meinem Repertoire.
Dieser Artikel gebührt der Ehre für
Dietmar Boehringer, der die Idee hatte, mir von seinem Fund eine Kopie ziehen zu lassen.
Sie gebührt auch dem Lehrer, der die Kopie zog, und deshalb noch mein signiertes Buch erhalten wird,
meinem Freund Michael, der mir die Yps-Karte überlies,
dem Speicher unseres Institutes, der die drehbare Karte für mich bewahrte
vielen Mitarbeitern unseres Institutes, die mit mir gemeinsam meine taktilen Astromappen und Modelle entwickelten
meinen Vorgesetzten, die das alles mit tragen
Martin, der mit mir gemeinsam Universe2Go auf eine Ebene hebte, dass Orientierung am Himmel für uns nun klare Wirklichkeit ist.
Diese alle haben für uns blinde Menschen ein Tor geöffnet, das Tor zum Himmel.
Jetzt wünsche ich euch ein frohes, gesegnetes und geruhsames Weihnachtsfest.