Grusel zu Halloween am Himmel


Meine lieben,

Dieses hier ist Artikel 299, in Worten, Zweihundertneunundneunzig.
Das bedeutet, dass wir bald schon miteinander feiern werden. Das soll noch im November geschehen, denn der Dreihundertste sollte nicht in den Tumult des Blindnerd-Weihnachtskalender fallen. Das nur mal so am Rande zum Vormerken.

Jetzt zu unserem Thema:
da ist sie wieder, die Zeit des Gruselns, erschreckens und natürlich auch für Partys und Feste, für Süßes oder Saures.
Am Donnerstag feiern wir Halloween. Lasst uns dieses Fest mal am Himmel begehen, indem wir nachspüren, ob es da auch Verbindungen zur Astronomie gibt.

Was ist Halloween eigentlich

Halloween hat eine lange Geschichte, die bis in die Zeit der Kelten vor über 2000 Jahren zurückreicht. Ursprünglich geht Halloween auf das keltische Fest Samhain zurück, das um den 1. November gefeiert wurde und den Übergang vom Sommer in den Winter markierte. Die Kelten glaubten, dass an Samhain die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Toten besonders dünn sei, sodass die Geister der Verstorbenen zurückkehren und die Lebenden heimsuchen könnten. Um diese Geister zu vertreiben, entzündeten sie große Feuer und trugen Kostüme, die sie vor den Geistern schützen sollten.
Die Kelten waren eine bedeutende Kulturgruppe in Europa, die etwa zwischen dem 8. Jahrhundert v. Chr. und dem 1. Jahrhundert n. Chr. existierte.
Mit der Christianisierung Europas übernahmen die Kirche und das Mittelalter viele Bräuche des Samhain-Festes, passten sie jedoch an die christliche Lehre an. Um die heidnischen Bräuche zu verdrängen, wurde der 1. November zum Allerheiligenfest erklärt (im Englischen „All Hallows’ Day“).
Der Abend zuvor wurde „All Hallows’ Eve“ genannt, woraus sich später der Name Halloween entwickelte.
So viel dazu.
Kommen wir aber nun zu den Verbindungen von Halloween und Astronomie.

Angst und Schrecken

Um Halloween am Himmel zu finden, müssen wir gar nicht lange suchen. Die beiden Monde des Mars, dem Planeten des Kriegsgottes, heißen Phobos und Deimos, Angst und Schrecken. Irgend wie seltsame Namen,
für Monde eines Ortes, wo momentan alle hin wollen, , einem Ort, der offenbar von Angst und Schrecken umgeben ist.

Die Monde des Mars, Phobos und Deimos, wurden 1877 vom amerikanischen Astronomen Asaph Hall entdeckt.
Er entdeckte zuerst Deimos am 12. August und fünf Tage später Phobos am 17. August.
Beide Monde sind relativ klein und unregelmäßig geformt. Phobos hat einen Durchmesser von etwa 22 km und umkreist den Mars sehr nahe (weniger als 6.000 km über der Marsoberfläche), was ihn zu einem der nächsten Monde eines Planeten macht. Deimos ist mit etwa 12 km im Durchmesser noch kleiner und kreist weiter entfernt, etwa 20.000 km über der Marsoberfläche.
Angst und Schrecken sind durchaus in der Zukunft, wo wir vielleicht den Mars längst schon bewohnen, durchaus berechtigt.
Phobos, der größere der beiden Marsmonde, befindet sich auf einem langsamen „Kollisionskurs“ mit dem Mars. Phobos umkreist den Mars in einer sehr niedrigen Umlaufbahn, nur etwa 6.000 km über der Marsoberfläche, und seine Umlaufbahn nimmt aufgrund von Gezeitenkräften allmählich ab.
Schätzungen zufolge nähert sich Phobos dem Mars mit einer Geschwindigkeit von etwa 1,8 cm pro Jahr. Dies bedeutet, dass Phobos innerhalb der nächsten 30 bis 50 Millionen Jahre entweder auf die Marsoberfläche stürzen oder auseinanderbrechen und einen Ring um den Mars bilden könnte. Sollte Phobos den Mars tatsächlich erreichen, würde sein Aufprall eine enorme Menge an Energie freisetzen und Krater von beachtlicher Größe hinterlassen.
Deimos, der kleinere und weiter entfernte Marsmond, entfernt sich hingegen langsam vom Mars und ist von einem ähnlichen Szenario nicht betroffen.
Beenden wir diesen Abschnitt mit etwas nicht so gruseligem:
Die Monde des Mars wurden schon lange vor ihrer Entdeckung vermutet und sogar in der Literatur erwähnt!
Der berühmteste Fall ist Jonathan Swift, der in seinem 1726 erschienenen Werk „Gullivers Reisen“ zwei Marsmonde beschreibt. Swift schreibt, dass Astronomen in der fiktiven Stadt Lagado die Marsmonde entdeckt hätten und nennt sogar ihre Umlaufbahnen und Entfernungen. Beeindruckenderweise kommen diese Angaben den tatsächlichen Entfernungen von Phobos und Deimos erstaunlich nahe. Da Swift jedoch keine astronomische Quelle dafür hatte, geht man davon aus, dass seine Angaben reiner Zufall waren.

Auch der deutsche Astronom und Mathematiker, Johannes Kepler, mutmaßte 1610, dass der Mars zwei Monde haben könnte, basierend auf einer numerischen Überlegung: Da die Erde einen Mond und Jupiter vier Monde hatte (zumindest die damals bekannten galileischen Monde), schloss Kepler, dass Mars, als Planet dazwischen, zwei Monde besitzen könnte. Diese Überlegung war allerdings mehr spekulativ und ohne astronomische Grundlage.
Wie auch immer. Halloween ist auf dem Mars mehr als garantiert.

Die sieben Schwestern

Die Plejaden, auch bekannt als „Siebengestirn“ oder „die Sieben Schwestern“, sind ein offener Sternhaufen im Sternbild Stier, der etwa 440 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Dieser Sternhaufen enthält einige der jüngsten und hellsten Sterne unserer galaktischen Nachbarschaft und ist mit bloßem Auge gut sichtbar. Die Plejaden bestehen aus etwa 1000 Sternen, wobei die bekanntesten sieben hellsten Sterne oft als die „Schwestern“ bezeichnet werden.
Ihre Namen sind: Alcyone, Merope, Maia, Electra, Taygeta, Celaeno und Sterope.
Dieses Siebengestirn ist um Haloween herum den ganzen Winter über gut sichtbar.

Die Legende erzählt, dass die Schwestern von dem Jäger Orion verfolgt wurden, der sie so liebte, dass er ihnen quer über den Himmel nachstellte. Zeus verwandelte die Schwestern schließlich in Tauben und versetzte sie als Sternbild an den Himmel, um sie vor Orion zu schützen.
Hier kurz die Rollen, die jede Schwester spielte:

  1. Alcyone:
    Alcyone war die Anführerin der Schwestern und galt als die schönste und strahlendste. Sie war mit Poseidon, dem Gott des Meeres, verbunden und ist der hellste Stern des Haufens.
  2. Merope
    Merope ist die einzige der Schwestern, die einen Sterblichen heiratete – den König Sisyphos von Korinth. Sie wird oft als der schwächste Stern im Haufen dargestellt, was man als Ausdruck ihrer Scham darüber interpretierte, einen Menschen statt eines Gottes zu heiraten.
  3. Maia
    Maia war die älteste der Plejaden und galt als besonders schön und ruhig. Sie war die Mutter des Götterboten Hermes, den sie mit Zeus gezeugt hatte. Maia war auch Namensgeberin für den Monat Mai.
  4. Electra
    Electra wurde von Zeus zur Mutter von Dardanos und Iasion, den legendären Ahnen des trojanischen und etruskischen Volks. Laut einer Legende wird Electra oft als schwach oder als trauernder Stern beschrieben, da sie über den Untergang Trojas klagt.
  5. Taygete
    Taygete war eine Jägerin und Anhängerin der Göttin Artemis. In einigen Versionen der Legende verwandelte sie sich selbst in eine Hirschkuh, um Zeus zu entkommen, der ihr nachstellte.
  6. Celaeno
    Über Celaeno ist weniger bekannt, doch in manchen Geschichten ist sie die Mutter der Söhne von Poseidon oder Prometheus. Celaeno ist ein weniger leuchtender Stern und daher oft als geheimnisvoll oder schattig beschrieben.
  7. Sterope
    Sterope war ebenfalls mit Ares, dem Kriegsgott, verbunden. Manche Erzählungen sagen, dass Sterope wegen der Helligkeit des Sterns geschwächt ist, während andere berichten, sie habe durch ihre Verbindung zu Ares an Glanz verloren.

Auch in anderen Kulturen sind sie ebenfalls von Legenden umgeben:
Die Maya und Azteken sahen in ihnen Zeichen des Neubeginns, und die Maori in Neuseeland nennen die Plejaden „Matariki“, was das neue Jahr einläutet.

Der Jäger mit dem Schulterproblem

In der griechischen Mythologie war Orion ein legendärer Jäger, der für seine Größe und Stärke bekannt war und den Zorn der Götter auf sich zog, als er sich rühmte, jedes Tier der Erde erlegen zu können. Daraufhin schickte die Göttin Artemis einen Skorpion, der Orion tötete. Zu Ehren seiner Tapferkeit wurde er als Sternbild an den Himmel versetzt, wo er nun in einem ewigen Kampf mit dem benachbarten Skorpion-Sternbild steht – im Jahresverlauf gehen sie nie gleichzeitig auf.

In Wirbel, um den Kopfschmuck des Königs haben wir schon vom Beteigeuze, dem Schulterstern, , des Orion gehört, der den größten Teil seines Lebens bereits hinter sich hat, und irgendwann in einer fulminanten Nova aufgehen wird.
Auch ein Bein von ihm wird gleich noch eine Rolle spielen.
Orion gehört zur Mythologie der Plejaden-Familie unbedingt dazu und ist auf jeden Fall mal seinen eigenen Beitrag wert.

Die Himmelshexe

Im Sternbild Eridanus befindet sich der sogenannte Hexenkopfnebel , ein Reflexionsnebel, der durch seine Form an das Profil einer Hexe erinnert. Er ist durch das Licht des nahen Sterns Rigel beleuchtet und bekommt so ein geisterhaftes Aussehen, perfekt passend für Halloween.
Ein Reflexionsnebel ist eine Wolke aus interstellarem Gas und Staub, die das Licht nahegelegener Sterne reflektiert.
Reflexionsnebel leuchten deshalb nicht selbst, weil sie keine Sterne enthalten.
stattdessen streuen und reflektieren sie das Licht von benachbarten Sternen.
Das Ergebnis ist oft eine bläuliche Färbung, da kürzere, blaue Lichtwellen stärker gestreut werden als längere, rote Wellen. Das ist der Effekt, der unseren Himmel auf der Erde blau erscheinen lässt.
Aber zurück zu unserer Himmelshexe.
Der vorhin genannte helle Stern, Namens Rigel bildet den rechten Fuß des uns schon bekannten Orions. Der Orion beleuchtet also die Himmelshexe mit seinem Fuß.
Unsere Himmelshexe befindet sich etwa 900 Lichtjahre von der Erde entfernt und erstreckt sich über eine beeindruckende Länge von rund 70 Lichtjahren.
Sie liegt nahe dem Sternbild Orion und ist am besten im Winter sichtbar, wenn Orion über den Nachthimmel der nördlichen Hemisphäre dominiert.
Der Hexenkopfnebel ist allerdings ein sehr lichtschwaches Objekt und daher nur in größeren Teleskopen oder auf Langzeitbelichtungen sichtbar. Astrofotografen lieben ihn wegen seiner ungewöhnlichen Form und der mystischen Ausstrahlung, die an ein gruseliges Gesicht erinnert.

Obwohl der Hexenkopfnebel keinen tieferen mythologischen Hintergrund wie andere Himmelsobjekte hat, ist er durch seine Form und Farbe ein beliebtes Objekt für Halloween und wird in der Astrologie leider oft mit mysteriösen oder übernatürlichen Eigenschaften verknüpft.
Seine „Hexen“-ähnliche Gestalt hat ihm den Ruf eingebracht, ein „gruseliges Gesicht“ im Weltall zu sein, und so passt er perfekt in die Stimmung und Symbolik, die man oft mit der dunklen und mysteriösen Seite des Weltraums verbindet.

Abspann

Es gibt noch viele weitere Geschichten, die zu Halloween passen, aber es gibt ja auch noch weitere Halloween-Feste, die bedient werden müssen.
ich bin zwar nicht so der Party-Gänger und aus Halloween und Fasching mache ich mir nicht viel. Aber irgendwie ist es doch schade, dass unsere christliche Religion und Kultur so wenig für die Sterne übrig hat. Viel mehr als den Stern von Betlehem gibt es dort nicht. Unsere Schöpfungsgeschichte bezeichnet die Sterne als Lampen am Himmel, was sie ja letztlich auch sind.
Aber trotzdem. Mich faszinieren die coolen Geschichten aus der griechischen Mythologie sehr, in denen einfach mal ausgediente Götter an den Himmel gehängt werden, in welchem es um Liebe, Eifersucht und Kämpfe geht. So betrachtet, könnte unser oft strafender Gott etwas mehr Entspannung vertragen, weil die Götter der alten Griechen so wunderbar und grausam zugleich menschlich sind.

In diesem Sinne wünscht euch der Sternenonkel ein Halloween mit allem, was dazu gehört.

Vor einem Viertel Jahrhundert – Erinnerungen


Meine lieben,
Wundert euch bitte nicht, dass dieser Artikel Überlänge hat. Das liegt daran, dass ihr am Schluss ein literarisches Juwel finden werdet.
Den habe ich hier nochmals abgedruckt, damit niemand im Netz mühsam danach suchen muss.
Teile dieses Artikels sind schon älter, stammen sogar aus meinem Buch. Deshalb mag für manche die Sprache etwas anders klingen. Ich habe mich halt auch weiter entwickelt, was eine schöne Bezeichnung dafür ist, dass ich eben auch älter geworden bin…

Und darum geht es:
die älteren Semester unter uns werden sich noch daran erinnern. Gestern, am 11.08.1999 vor 25 Jahren war über weiten Teilen Deutschlands eine Sonnenfinsternis zu sehen. Wir haben uns hier schon oft über Sonne- und Mondfinsternisse unterhalten. Genau genommen passieren Finsternisse ja gar nicht so selten. In einem Jahr kann es, wenn es gut läuft bis zu fünf Finsternisse, Sonnen- und Mondfinsternisse gemischt, geben. Das Problem ist nur, dass man sich selten zur gegebenen Zeit am richtigen Ort befindet. Viele Sonnenfinsternisse fallen ins Meer oder in Sümpfe, wo einem schon mal ein Krokodil in die Waden beißen kann. Eine totale Sonnenfinsternis vor der eigenen Haustür zu erleben ist in den meisten Fällen ein Ereignis, das man nur einmal in seinem Leben genießen kann, weil dieses bis zum nächsten Auftritt einer Sofi meist vorbei ist.
Grund genug, dass ich hier meine Erlebnisse mit der Sofi am 11.08.1999 nochmals aufwärme.
Schwelgt alle mit mir in diesen alten Erinnerungen. Schreibt mir auch gerne über eure „finsteren Erinnerungen“. Der Sternenonkel liest derlei sehr gerne.

Rückblende:

Nicht jedem ist das Glück beschieden, direkt vor seiner Haustüre eine Sonnenfinsternis erleben zu können.
Auf jeden Fall waren wir alle schon Monate vorher aufgeregt, wie das wohl sein würde. Ich machte mir umfangreich Gedanken, ob ich als Mensch mit Blindheit überhaupt etwas davon mitbekommen würde. So las ich im Vorfeld viel darüber, wie eine derartige Finsternis funktioniert, was alles innerhalb der kurzen Verfinsterung entdeckt worden war und wie viele Strapazen etliche Astronomen in der Vergangenheit auf sich genommen hatten, um eine Sonnenfinsternis zu erleben.

Als nun endlich der Tag nahte, war die Enttäuschung zunächst groß. Der August war relativ verregnet, sodass nicht klar war, ob wir mehr als eine kurze Finsternis erleben würden. Somit beschloss ich, in jedem Falle die Zeit der Finsternis im Schlosspark von Karlsruhe zu verbringen, denn ich wollte die Stimmung der Menschen einfangen.
Weil mein Sehrest zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unbedingt zum reellen Erleben der Finsternis ausreichte, nahm ich einen Lichtdetektor mit. Dieses Gerät verwenden blinde Menschen, um in ihrer Wohnung zu erkennen, ob die Lampen aus sind, zum Beispiel wenn sehende Besucher da waren. Je höher das Gerät piepst, desto mehr Licht ist vorhanden. Ich trug ebenfalls eine Finsternisbrille, die ich bis heute aufbewahre und am 20.03.2016 wieder zum Einsatz kam.
Auch bereits funktionsuntüchtige Augen kann man ohne Finsternisbrille noch schädigen.
Außerdem stattete ich mich mit einem mobilen Funkgerät aus. Mit diesem stand ich mit anderen Menschen in Verbindung, die an anderen Orten die Finsternis betrachten und erleben wollten.
So standen wir und warteten. Das Gefühl war weit stärker als bei einem Jahreswechsel.
Und plötzlich ging ein großer Freudenschrei durch die Menge. Der Himmel meinte es gut mit uns. Ungefähr drei Minuten vor der totalen Bedeckung und damit vor der maximalen Finsternis riss die Wolkendecke auf und der Blick auf die Sonne war frei. Sogar ihre wärmenden Strahlen empfing ich noch.
Ich schaltete den Lichtdetektor ein. Dann geschah es: Während die Leute standen und staunten, wurde der Ton des Gerätes langsam tiefer. Die Verdeckung begann. Während der ungefähr zweiminütigen totalen Finsternis blieb jedes Signal aus, als wäre es völlig Nacht. Das Leuchten der Korona war zu schwach für den Sensor des Lichtdetektors. Dies war für mich die akustische Orientierung. Plötzlich hatte auch ich das Gefühl, von Nachtluft umweht zu werden. Das mag allerdings auch durch das intensive Erlebnis gekommen sein. Besonders warm war der Tag auch vor der Finsternis nicht.
Auf jeden Fall war meine Freude, diese totale Sonnenfinsternis erlebt zu haben, unbeschreiblich groß. Ich fühlte mich in diesem Moment stark mit jenen verbunden, die fast ihr Leben dafür ließen, um etwas Derartiges nicht zu verpassen.
Oft stelle ich mir seither aus purer Freude heraus die Finsternis, die Korona, die Protuberanzen und auch die Magnetfeldlinien, die weit in den Weltraum hineinragen, vor. Dazu denke ich dann häufig an das brodelnde Geräusch, das auf der Sonnenoberfläche zu hören sein muss, da die Oberfläche ähnlich wie ein Teekessel
kocht.

Nachwirkungen

Diese Sonnenfinsternis tauchte ganz unerwartet und gewaltvoll in meinem Leben auf, womit ich niemals gerechnet hatte.

die Dienstreise

Anfang Januar 2015 unternahm ich mit meiner sehenden Arbeitsplatzassistenz
eine Dienstreise nach Istambul.
Folgendes ist dort auf dem Hinflug geschehen:
Der Pilot erklärte die Flugroute, indem er wichtige Länder, Städte und Meere aufführte, die wir nacheinander passieren würden.
Da kam mir die Reihenfolge und Aufzählung der Städte gleich irgendwie bekannt vor.
Und dann durchfuhr es mich wie ein Blitz.
Wir flogen fast exakt die Route entlang derer am 11.08.1999 die totale Sonnenfinsternis beobachtet werden konnte.
Ich fand dieses unglaublich schön. Glücklicherweise hatte ich noch das Buch „Schwarze Sonne, roter Mond“ von Rudolf Kippenhahn zur Sofi 1999 auf meinem MP3-Player als aufgelesenes Hörbuch. So konnte ich gleich noch im Flieger meine Vermutung überprüfen. Ein Blick auf den Fahrplan dieser Finsternis ergab, dass ich im wesentlichen Recht hatte.
Dieses Heureka, dieses „Ich habe es“,
erlebte glaube ich der halbe Flieger mit, weil es mich unglaublich freute, in welchem Zusammenhang diese alte Sofi nochmal auftauchte.
Ich hoffe, es war wenigstens ein Fluggast außer mir dabei, der mit meinem Ausbruch der Freude etwas anfangen konnte.

Die Krise

Und dann stürzte ich in eine tiefe Finsternis-Krise.
Ein diplomierter Physiker stellte mir die Frage, wieso sich diese Sofi eigentlich von West nach Ost bewegte, wo die Erde sich doch von Ost nach West dreht, und der Mond tut das um die Erde ebenso.
Sollten dann die Finsternisse nicht auch von Ost nach West verlaufen?
Stellt euch bitte vor. Da glaubte ich alles, was es zu Finsternissen gibt, zu wissen. Nur dieses eine kleine Detail hinterfragte ich quasi nie.
Plötzlich merkte ich, dass ich den Verlauf überhaupt noch nicht begriffen hatte.
Das war eine richtige Klatsche.
Desto mehr ich nachdachte, desto verwirrter wurde ich. So viele Bewegungen, Winkel und Abstände, die sich hier überlagern und die berücksichtigt werden müssen.
Nun wendete ich mich mit meiner unbeschreiblichen Not und Verzweiflung an intelligente Menschen, an welche ich in derlei astronomischen Fragen glaube.
Und siehe da. zwei fanden unabhängig voneinander die Antwort und Erklärung.

Das Problem ist, dass dieses Phänomen sich kaum noch mit Worten beschreiben lässt.
Die adäquate Sprache hierfür ist die Mathematik und keine Prosa.
Deshalb wird der Artikel jetzt gleich etwas mathematisch werden.
Wer das überspringen möchte, dem kann ich das nicht verübeln.
Springt einfach zur nächsten Überschrift. Dort treffen wir uns dann wieder Viel Kraft für jene, die diesen kleinen Berg der Mathematik mit mir erklimmen möchten.

Finstere Mathematische Unterhaltung

Halten wir den Moment fest, an dem der Mond zwischen Sonne und Erde steht, und der Kernschatten genau auf mittig auf der Erde liegt, und nehmen den Planeten Erde als Bezugssystem für Geschwindigkeit 0km/h.
Die Erde hat am Äquator ca. 12’720km Durchmesser, damit ist der Umfang ca. 40’000km, und die Oberflächengeschwindigkeit durch Rotation beträgt (vereinfacht auf die Sonne bezogen und nicht sidirisch) ca. v_E=1’666km/h.
Der Mond hat einen mittleren Abstand von d_M=384’400km, also eine ungefähre Umlaufbahn von 2’415’256km und eine Umlaufzeit von 27.3d, also bewegt er sich ungefähr mit v_M=3’686km/h in die gleiche Richtung wie die Erde darunter. (Hat natürlich eine viel größere Kreisbahn und überholt deshalb nachts nicht die Erdrotation…)
Die Erde selbst hat einen Abstand von ca. d_S=149’600’000km von der Sonne, also einen Umkreis von ca. 939’965’000km in 365.25 Tagen, bewegt sich also mit 107’228km/h entgegen der Oberflächengeschwindigkeit oben. Da die Erde als 0km/h gewählt ist, bewegt sich also die Sonne scheinbar mit v_S=107’228km/h in Richtung der betrachteten Oberflächengeschwindigkeit der Erde.
Die Geschwindigkeiten von Sonne und Mond superponieren sich, d.h. wir können einzeln die Anteile auf die Kernschattengeschwindigkeit berechnen.
Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die scheinbare Sonnenbewegung v1=(d_M/d_S)*v_S~276km/h.
Nach dem Strahlensatz ist die Geschwindigkeit durch die Mondbewegung v2=d_S/(d_S-d_M)*v_M~3’695km/h.
Da sich Mond und Sonne in die gleiche Richtung bewegen, ist die resultierende Geschwindigkeit des Kernschattens zur Erde v=v2-v1~3’419km/h.
Abzüglich der Geschwindigkeit der mitdrehenden Erdoberfläche erhalten wir in diesem Moment am Äquator die Schattengeschwindigkeit von ca. 1’753km/h. Auf jeden Fall überholt der Schatten die Erdrotation, und damit geht der Schatten tendentiell von Westen nach Osten.
Natürlich wird der Schatten an den Rändern über der Erdoberfläche „viel schneller“- schon alleine wegen der schrägen Projektion und nach Norden und Süden ist die Oberflächengeschwindigkeit geringer. Und da die Bahnen nicht alle in der gleichen Ebene liegen, verläuft der Schatten auch schräg und alles mögliche. Es kann im Extremfall für einen Punkt auf der Erde der Schatten z.B. von Norden oder Süden kommen- der Schatten ist ja nicht ein „Punkt“, sondern die Fläche kann sich bei diesen Kurven auch „reindrehen“, und so scheinbar komplett von Norden oder Süden kommen.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, so ist der Anteil durch die Planetenbewegung v_S nicht sehr ausschlaggebend, und die Beschleunigung der Mondgeschwindigkeit durch die Hebelwirkung durch den Abstand sehr gering, da die Sonne so viel weiter weg ist als der Mond von der Erde.

Literarische Finsternisse

Herzlich willkommen zurück all jene, denen diese mathematischen Unterhaltungen jetzt zu viel waren. Und Hochachtung an alle, die sich diesen Abschnitt angetan haben.
Lasst uns zum Schluss noch an drei Beispielen betrachten, wie Finsternisse in der Literatur verarbeitet wurden.
Drei Autoren sollen hier zur Sprache kommen, an zumindest derer zweien wohl niemand von uns in der Kindheit vorbei gekommen sein dürfte:
Zum Glück nicht, denn Tom Sawyer von Marc Twain, 20000 Meilen unter dem Meer, in 80 Tagen um die Welt, Reise zum Mittelpunkt der Erde und Der Flug zum Mond von Jules Verne wollte ich nicht missen.

Sonnenfinsternis bei Marc Twain

In einer Erzählung ließ Marc Twain einen Amerikaner durch einen Blitzschlag einen Zeitsprung vollführen. Dieser Mensch taucht nun am 19.06. des Jahres 528 in der Zeit des sagenhaften König Artus wieder auf. Durch zahlreiche Verwicklungen gerät dieser Mann schließlich in das Gefängnis und wurde zum Tode verurteilt.
Er verfügt jedoch über ein Wissen der besonderen Art.
Er sagt für den 21.06.528 eine totale Sonnenfinsternis voraus. Hierdurch erlangte er die Gunst des Königs und letztlich dann auch seine Befreiung. Er wird zum astronomischen Berater des Königs ernannt.

So weit, so gut, aber fand an diesem Tage überhaupt eine Sonnenfinsternis statt, die Atus und seine Mannen hätten sehen können?
Im Jahre 528 gab es vier Sonnenfinsternisse, am 06.02, 06.03, am 01.08. und am 30.08. Alle waren partieller Natur.
Da am 01.08. neumond geherrscht haben muss, denn ohne Neumond keine Sf war dies auch einen synodischen Monat vorher, also Anfang Juli der Fall. Der 21.06. war somit kurz nach Vollmond. Ein unmöglicher Zeitpunkt für eine Sf. Vermutlich erfand Twain das Datum einfach.
Schön und spannend bleibt diese Erzählung dennoch.

Jules Vernes Sonnenfinsternis

In dem zweibändigen Roman „Im Land der Pelze“ beschreibt Jules Vern, der Vater der Science Fiction Literatur, die Abenteuer einer Reisegruppe, die nach Alaska kommt.
Unter den Mitreisenden befindet sich ein Astronom. Verne beschreibt ihn als Menschen, der außer seine Sternbeobachtungen nichts zuwege bringt. Dieses jedoch macht ihm keiner gleich. Dieser Astronom, Namens Black, schließt sich der Reisegruppe an, um eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten. Diese soll am 18.06.1860 stattfinden. Gegen 09:30 beginnt die totale Phase der Finsternis. Black und seine Reisegefährten sehen die Sichel des Mondes immer dünner werden. Jeden Moment muss die totale Bedeckung anbrechen. Doch dann geschieht etwas ganz anderes. Black sieht, dass die Mondsichel plötzlich wieder breiter wird und somit die Phase der totalen Bedeckung überhaupt nicht stattfand. Was war hier geschehen? Waren die Kataloge und Voraussagen der Astronomen falsch? Keines Wegs. Die Lösung des Problems war entsätzlich.
Die Gruppe befand sich gar nicht an dem Orte, an welchem sie sich wähnte.
Die Reisegruppe hatte nicht bemerkt, dass die Eisscholle, auf welcher sie sich befand, sich vom Festland gelöst hatte und in südlicher Richtung in wärmere Gewässer durch die Beringsee trieb. Diese Drift brachte die Scholle außerhalb des Streifens der Totalität.
Der Rest des Romans handelt dann davon, wie die Gruppe auf dem Eis um ihr Überleben kämpfte.

Was hat es nun tatsächlich mit der Sonnenfinsternis von Verne auf sich?
Tatsächlich gab es an besagtem Tage eine Sonnenfinsternis, deren Streifen der Totalität sich, wie bei Jules Verne beschrieben, von Alaska, über Kanada und den Atlantik ins Mittelmeer erstreckte.Es ist aber nicht verwunderlich, dass Verne im Gegensatz zu Twain eine tatsächlich stattgefundene Finsternis beschrieb. Der Roman erschien 1873, also 13 Jahre nach der Finsternis. Verne musste sich somit nicht auf Vorausberechnungen stützen, sondern konnte sich auf sicher fundamentiertes gewesenes verlassen.

Sonnenfinsternis bei Adalbert Stifter

Wenn man Sonnenfinsternisse literarisch betrachtet, dann kommt man an Adalbert Stifters Beschreibung einer von ihm selbst beobachteten Sonnenfinsternis nicht vorbei. Für mich stellt sie die schönste deutschsprachige Beschreibung einer Sonnenfinsternis dar, die ich kenne. Sie zu lesen ist etwas viel Text, aber ich garantiere für ein absolutes literarisches und lyrisches Erlebnis.
Hir also nun: Adalbert Stifter mit:

Die Sonnenfinsternis am 8. Juli 1842
Es gibt Dinge, die man fünfzig Jahre weiß, und im einundfünfzigsten erstaunt man über die Schwere und Furchtbarkeit ihres Inhaltes. So ist es mir mit der totalen Sonnenfinsternis ergangen, welche wir in Wien am 8. Juli 1842 in den frühesten Morgenstunden bei dem günstigsten Himmel erlebten. Da ich die Sache recht schön auf dem Papiere durch eine Zeichnung und Rechnung darstellen kann, und da ich wußte, um soundso viel Uhr trete der Mond unter der Sonne weg und die Erde schneide ein Stück seines kegelförmigen Schattens ab, welches dann wegen des Fortschreitens des Mondes in seiner Bahn und wegen der Achsendrehung der Erde einen schwarzen Streifen über ihre Kugel ziehe, was man dann an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten in der Art sieht, daß eine schwarze Scheibe in die Sonne zu rücken scheint, von ihr immer mehr und mehr wegnimmt, bis nur eine schmale Sichel übrigbleibt, und endlich auch die verschwindet – auf Erden wird es da immer finsterer und finsterer, bis wieder am andern Ende die Sonnensichel erscheint und wächst, und das Licht auf Erden nach und nach wieder zum vollen Tag anschwillt – dies alles wußte ich voraus, und zwar so gut, daß ich eine totale Sonnenfinsternis im voraus so treu beschreiben zu können vermeinte, als hätte ich sie bereits gesehen.
Aber, da sie nun wirklich eintraf, da ich auf einer Warte hoch über der ganzen Stadt stand und die Erscheinung mit eigenen Augen anblickte, da geschahen freilich ganz andere Dinge, an die ich weder wachend noch träumend gedacht hatte, an die keiner denkt, der das Wunder nicht gesehen.
Nie und nie in meinem ganzen Leben war ich so erschüttert, von Schauer und Erhabenheit so erschüttert, wie in diesen zwei Minuten, es war nicht anders, als hätte Gott auf einmal ein deutliches Wort gesprochen und ich hätte es verstanden. Ich stieg von der Warte herab, wie vor tausend und tausend Jahren etwa Moses von dem brennenden Berge herabgestiegen sein mochte, verwirrten und betäubten Herzens.
Es war ein so einfach Ding. Ein Körper leuchtet einen andern an, und dieser wirft seinen Schatten auf einen dritten: aber die Körper stehen in solchen Abständen, daß wir in unserer Vorstellung kein Maß mehr dafür haben, sie sind so riesengroß, daß sie über alles, was wir groß heißen, hinausschwellen – ein solcher Komplex von Erscheinungen ist mit diesem einfachen Dinge verbunden, eine solche moralische Gewalt ist in diesen physischen Hergang gelegt, daß er sich unserem Herzen zum unbegreiflichen Wunder auftürmt.
Vor tausendmal tausend Jahren hat Gott es so gemacht, daß es heute zu dieser Sekunde sein wird; in unsere Herzen aber hat er die Fibern gelegt, es zu empfinden. Durch die Schrift seiner Sterne hat er versprochen, daß es kommen werde nach tausend und tausend Jahren, unsere Väter haben diese Schrift entziffern gelernt und die Sekunde angesagt, in der es eintreffen müsse; wir, die späten Enkel, richten unsere Augen und Sehrohre zu gedachter Sekunde gegen die Sonne, und siehe: es kommt – der Verstand triumphiert schon, daß er ihm die Pracht und Einrichtung seiner Himmel nachgerechnet und abgelernt hat – und in der Tat, der Triumph ist einer der gerechtesten des Menschen – es kommt, stille wächst es weiter – aber siehe, Gott gab ihm auch für das Herz etwas mit, was wir nicht vorausgewußt und was millionenmal mehr wert ist, als was der Verstand begriff und vorausrechnen konnte: das Wort gab er ihm mit: „Ich bin – nicht darum bin ich, weil diese Körper sind und diese Erscheinung, nein, sondern darum, weil es euch in diesem Momente euer Herz schauernd sagt, und weil dieses Herz sich doch trotz der Schauer als groß empfindet“. – Das Tier hat gefürchtet, der Mensch hat angebetet.
Ich will es in diesen Zeilen versuchen, für die tausend Augen, die zugleich in jenem Momente zum Himmel aufblickten, das Bild und für die tausend Herzen, die zugleich schlugen, die Empfindung nachzumalen und festzuhalten, insofern dies eine schwache menschliche Feder überhaupt zu tun imstande ist.
Ich stieg um 5 Uhr auf die Warte des Hauses Nr. 495 in der Stadt, von wo aus man die Übersicht nicht nur über die ganze Stadt hat, sondern auch über das Land um dieselbe, bis zum fernsten Horizonte, an dem die ungarischen Berge wie zarte Luftbilder dämmern. Die Sonne war bereits herauf und glänzte freundlich auf die rauchenden Donauauen nieder, auf die spiegelnden Wasser und auf die vielkantigen Formen der Stadt, vorzüglich auf die Stephanskirche, die fast greifbar nahe an uns aus der Stadt, wie ein dunkles, ruhiges Gebirge, emporstand.
Mit einem seltsamen Gefühl schaute man die Sonne an, da an ihr nach wenigen Minuten so Merkwürdiges vorgehen sollte. Weit draußen, wo der große Strom geht, lag ein dicke, langgestreckte Nebellinie, auch im südöstlichen Horizonte krochen Nebel und Wolkenballen herum, die wir sehr fürchteten, und ganze Teile der Stadt schwammen in Dunst hinaus. An der Stelle der Sonne waren nur ganz schwache Schleier, und auch diese ließen große blaue Inseln durchblicken.
Die Instrumente wurden gestellt, die Sonnengläser in Bereitschaft gehalten, aber es war noch nicht an der Zeit. Unten ging das Gerassel der Wägen, das Laufen und Treiben an – oben sammelten sich betrachtende Menschen; unsere Warte füllte sich, aus den Dachfenstern der umstehenden Häuser blickten Köpfe, auf Dachfirsten standen Gestalten, alle nach derselben Stelle des Himmels blickend, selbst auf der äußersten Spitze des Stephansturmes, auf der letzten Platte des Baugerüstes stand eine schwarze Gruppe, wie auf Felsen oft ein Schöpfchen Waldanflug – und wie viele tausend Augen mochten in diesem Augenblicke von den umliegenden Bergen nach der Sonne schauen, nach derselben Sonne, die Jahrtausende den Segen herabschüttet, ohne daß einer dankt – heute ist sie das Ziel von Millionen Augen, aber immer noch, wie man sie mit dämpfenden Gläsern anschaut, schwebt sie als rote oder grüne Kugel rein und schön umzirkelt in dem Raume.
Endlich zur vorausgesagten Minute – gleichsam wie von einem unsichtbaren Engel – empfing sie den sanften Todeskuß, ein feiner Streifen ihres Lichtes wich vor dem Hauche dieses Kusses zurück, der andere Rand wallte in dem Glase des Sternenrohres zart und golden fort – „es kommt“, riefen nun auch die, welche bloß mit dämpfenden Gläsern, aber sonst mit freien Augen hinaufschauten – „es kommt“, und mit Spannung blickte nun alles auf den Fortgang.
Die erste, seltsame, fremde Empfindung rieselte nun durch die Herzen, es war die, daß draußen in der Entfernung von Tausenden und Millionen Meilen, wohin nie ein Mensch gedrungen, an Körpern, deren Wesen nie ein Mensch erkannte, nun auf einmal etwas zur selben Sekunde geschehe, auf die es schon längst der Mensch auf Erden festgesetzt.
Man wende nicht ein, die Sache sei ja natürlich und aus den Bewegungsgesetzen der Körper leicht zu berechnen; die wunderbare Magie des Schönen, die Gott den Dingen mitgab, frägt nichts nach solchen Rechungen, sie ist da, weil sie da ist, ja sie ist trotz der Rechnungen da, und selig das Herz, welches sie empfinden kann; denn nur dies ist Reichtum, und einen andern gibt es nicht – schon in dem ungeheuern Raume des Himmels wohnt das Erhabene, das unsere Seele überwältigt, und doch ist dieser Raum in der Mathematik sonst nichts als groß.
Indes nun alle schauten und man bald dieses, bald jenes Rohr rückte und stellte und sich auf dies und jenes aufmerksam machte, wuchs das unsichtbare Dunkel immer mehr und mehr in das schöne Licht der Sonne ein – alle harrten, die Spannung stieg; aber so gewaltig ist die Fülle dieses Lichtmeeres, das von dem Sonnenkörper niederregnet, daß man auf Erden keinen Mangel fühlte, die Wolken glänzten fort, das Band des Wassers schimmerte, die Vögel flogen und kreuzten lustig über den Dächern, die Stephanstürme warfen ruhig ihre Schatten gegen das funkelnde Dach, über die Brücke wimmelte das Fahren und Reiten wie sonst, sie ahneten nicht, daß indessen oben der Balsam des Lebens, Licht, heimlich versiege, dennoch draußen an dem Kahlengebirge und jenseits des Schlosses Belvedere war es schon, als schliche eine Finsternis oder vielmehr ein bleigraues Licht, wie ein wildes Tier heran – aber es konnte auch Täuschung sein, auf unserer Warte war es lieb und hell, und Wangen und Angesichter der Nahestehenden waren klar und freundlich wie immer.
Seltsam war es, daß dies unheimliche, klumpenhafte, tief schwarze, vorrückende Ding, das langsam die Sonne wegfraß, unser Mond sein sollte, der schöne sanfte Mond, der sonst die Nächte so florig silbern beglänzte; aber doch war er es, und im Sternenrohr erschienen auch seine Ränder mit Zacken und Wulsten besetzt, den furchtbaren Bergen, die sich auf dem uns so freundlich lächelnden Runde türmen.
Endlich wurden auch auf Erden die Wirkungen sichtbar und immer mehr, je schmäler die am Himmel glühend Sichel wurde; der Fluß schimmerte nicht mehr, sondern war ein taftgraues Band, matte Schatten lagen umher, die Schwalben wurden unruhig, der schöne sanfte Glanz des Himmel erlosch, als liefe er von einem Hauche matt an, ein kühles Lüftchen hob sich und stieß gegen uns, über die Auen starrte ein unbeschreiblich seltsames, aber bleischweres Licht, über den Wäldern war mit dem Lichterspiele die Beweglichkeit verschwunden, und Ruhe lag auf ihnen, aber nicht die des Schlummers, sondern die der Ohnmacht – und immer fahler goß sich’s über die Landschaft, und diese wurde immer starrer – die Schatten unserer Gestalten legten sich leer und inhaltslos gegen das Gemäuer, die Gesichter wurden aschgrau – – erschütternd war dieses allmähliche Sterben mitten in der noch vor wenigen Minuten herrschenden Frische des Morgens.
Wir hatten uns das Eindämmern wie etwa ein Abendwerden vorgestellt, nur ohne Abendröte; wie geisterhaft ein Abendwerden ohne Abendröte sei, hatten wir uns nicht vorgestellt, aber auch außerdem war dies Dämmern ein ganz anderes, es war ein lastend unheimliches Entfremden unserer Natur; gegen Südost lag eine fremde, gelbrote Finsternis, und die Berge und selbst das Belvedere wurden von ihr eingetrunken – die Stadt sank zu unsern Füßen immer tiefer, wie ein wesenloses Schattenspiel hinab, das Fahren und Gehen und Reiten über die Brücke geschah, als sähe man es in einem schwarzen Spiegel – die Spannung stieg aufs höchste – einen Blick tat ich noch in das Sternrohr, er war der letzte; so schmal wie mit der Schneide eines Federmessers in das Dunkel geritzt, stand nur mehr die glühende Sichel da, jeden Augenblick zum Erlöschen, und wie ich das freie Auge hob, sah ich auch, daß bereits alle andern die Sonnengläser weggetan und bloßen Auges hinaufschauten – sie hatten auch keines mehr nötig; denn nicht anders als wie der letzte Funke eines erlöschenden Dochtes schmolz eben auch der letzte Sonnenfunken weg, wahrscheinlich durch die Schlucht zwischen zwei Mondbergen zurück – es war ein überaus trauriger Augenblick – deckend stand nun Scheibe auf Scheibe – und dieser Moment war es eigentlich, der wahrhaft herzzermalmend wirkte – das hatte keiner geahnet – ein einstimmiges „Ah“ aus aller Munde, und dann Totenstille, es war der Moment, da Gott redete und die Menschen horchten.
Hatte uns früher das allmähliche Erblassen und Einschwinden der Natur gedrückt und verödet, und hatten wir uns das nur fortgehend in eine Art Tod schwindend gedacht: so wurden wir nun plötzlich aufgeschreckt und emporgerissen durch die furchtbare Kraft und Gewalt der Bewegung, die da auf eimmal durch den ganzen Himmel ging: die Horizontwolken, die wir früher gefürchtet, halfen das Phänomen erst recht bauen, sie standen nun wie Riesen auf, von ihrem Scheitel rann ein fürchterliches Rot, und in tiefem, kaltem, schwerem Blau wölbten sie sich unter und drückten den Horizont – Nebelbänke, die schon lange am äußersten Erdsaume gequollen und bloß mißfärbig gewesen waren, machten sich nun geltend und schauerten in einem zarten, furchtbaren Glanze, der sie überlief – Farben, die nie ein Auge gesehen, schweiften durch den Himmel.
Der Mond stand mitten in der Sonne, aber nicht mehr als schwarze Scheibe, sondern gleichsam halb transparent wie mit einem leichten Stahlschimmer überlaufen, rings um ihn kein Sonnenrand, sondern ein wundervoller, schöner Kreis von Schimmer, bläulich, rötlich, in Strahlen auseinanderbrechend, nicht anders, als gösse die obenstehende Sonne ihre Lichtflut auf die Mondeskugel nieder, daß es rings auseinanderspritzte – das Holdeste, was ich je an Lichtwirkung sah!
Draußen weit über das Marchfeld hin lag schief eine lange, spitze Lichtpyramide gräßlich gelb, in Schwefelfarbe flammend und unnatürlich blau gesäumt; es war die jenseits des Schattens beleuchtete Atmosphäre, aber nie schien ein Licht so wenig irdisch und so furchtbar, und von ihm floß das aus, mittels dessen wir sahen. Hatte uns die frühere Eintönigkeit verödet, so waren wir jetzt erdrückt von Kraft und Glanz und Massen – unsere eigenen Gestalten hafteten darinnen wie schwarze, hohle Gespenster, die keine Tiefe haben; das Phantom der Stephanskirche hing in der Luft, die andere Stadt war ein Schatten, alles Rasseln hatte aufgehört, über die Brücke war keine Bewegung mehr; denn jeder Wagen und Reiter stand und jedes Auge schaute zum Himmel.
Nie, nie werde ich jene zwei Minuten vergessen – es war die Ohnmacht eines Riesenkörpers, unserer Erde.
Wie heilig, wie unbegreiflich und wie furchtbar ist jenes Ding, das uns stets umflutet, das wir seelenlos genießen und das unseren Erdball mit solchen Schaudern zittern macht, wenn es sich entzieht, das Licht, wenn es sich nur kurz entzieht.
Die Luft wurde kalt, empfindlich kalt, es fiel Tau, daß Kleider und Instrumente feucht waren – die Tiere entsetzten sich; was ist das schrecklichste Gewitter, es ist ein lärmender Trödel gegen diese todesstille Majestät – mir fiel Lord Byrons Gedicht ein: Die Finsternis, wo die Menschen Häuser anzünden, Wälder anzünden, um nur Licht zu sehen – aber auch eine solche Erhabenheit, ich möchte sagen Gottesnähe, war in der Erscheinung dieser zwei Minuten, daß dem Herzen nicht anders war, als müsse er irgendwo stehen.
Byron war viel zu klein – es kamen, wie auf einmal, jene Worte des heiligen Buches in meinen Sinn, die Worte bei dem Tode Christi: „Die Sonne verfinsterte sich, die Erde bebte, die Toten standen aus den Gräbern auf, und der Vorhang des Tempels zerriß von oben bis unten.“
Auch wurde die Wirkung auf alle Menschenherzen sichtbar. Nach dem ersten Verstummen des Schrecks geschahen unartikulierte Laute der Bewunderung und des Staunens: der eine hob die Hände empor, der andere rang sie leise vor Bewegung, andere ergriffen sich bei denselben und drückten sich – eine Frau begann heftig zu weinen, eine andere in dem Hause neben uns fiel in Ohnmacht, und ein Mann, ein ernster fester Mann, hat mir später gesagt, daß ihm die Tränen herabgeronnen.
Ich habe immer die alten Beschreibungen von Sonnenfinsternissen für übertrieben gehalten, so wie vielleicht in späterer Zeit diese für übertrieben wird gehalten werden; aber alle, so wie diese, sind weit hinter der Wahrheit zurück. Sie können nur das Gesehene malen, aber schlecht, das Gefühlte noch schlechter, aber gar nicht die namenlos tragische Musik von Farben und Lichtern, die durch den ganzen Himmel liegt – ein Requiem, ein Dies irae, das unser Herz spaltet, daß es Gott sieht und seine teuren Verstorbenen, daß es in ihm rufen muß: „Herr, wie groß und herrlich sind deine Werke, wie sind wir Staub vor dir, daß du uns durch das bloße Weghauchen eines Lichtteilchens vernichten kannst und unsere Welt, den holdvertrauten Wohnort, einen fremden Raum verwandelst, darin Larven starren!“
Aber wie alles in der Schöpfung sein rechtes Maß hat, auch diese Erscheinung, sie dauerte zum Glücke sehr kurz, gleichsam nur den Mantel hat er von seiner Gestalt gelüftet daß wir hineingehen, und Augenblicks wieder zugehüllt, daß alles sei wie früher.
Gerade, da die Menschen anfingen, ihren Empfindungen Worte zu geben, also da sie nachzulassen begannen, da man eben ausrief: „Wie herrlich, wie furchtbar“ – gerade in diesem Momente hörte es auf: mit eins war die Jenseitswelt verschwunden und die hiesige wieder da, ein einziger Lichttropfen quoll am oberen Rande wie ein weißschmelzendes Metall hervor, und wir hatten unsere Welt wieder – er drängte sich hervor, dieser Tropfen, wie wenn die Sonne selber darüber froh wäre, daß sie überwunden habe, ein Strahl schoß gleich durch den Raum, ein zweiter machte sich Platz – aber ehe man nur Zeit hatte zu rufen: „Ach!“ bei dem ersten Blitz des ersten Atomes, war die Larvenwelt verschwunden und die unsere wieder da: und das bleifarbene Lichtgrauen, das uns vor dem Erlöschen so ängstlich schien, war uns nun Erquickung, Labsal, Freund und Bekannter, die Dinge warfen wieder Schatten, das Wasser glänzte, die Bäume waren wieder grün, wir sahe uns in die Augen – siegreich kam Strahl an Strahl, und wie schmal, wie winzig schmal auch nur noch erst der leuchtend Zirkel war, es schien, als sei uns ein Ozean von Licht geschenkt worden – man kann es nicht sagen, und der es nicht erlebt, glaubt es kaum, welche freudige, welche siegende Erleichterung in die Herzen kam: wir schüttelten uns die Hände, wir sagten, daß wir uns zeitlebens daran erinnern wollen, daß wir das miteinander gesehen haben – man hörte einzelne Laute, wie sich die Menschen von den Dächern und über die Gassen zuriefen, das Fahren und Lärmen begann wieder, selbst die Tiere empfanden es; die Pferde wieherten, die Sperlinge auf den Dächern begannen ein Freudengeschrei, so grell und närrisch, wie sie es gewöhnlich tun, wenn sie sehr aufgeregt sind, und die Schwalben schossen blitzend und kreuzend hinauf, hinab, in der Luft umher.
Das Wachsen des Lichtes machte keine Wirkung mehr, fast keiner wartete den Austritt ab, die Instrumente wurden abgeschraubt, wir stiegen hinab, und auf allen Straßen und Wegen waren heimkehrende Gruppen und Züge in den heftigsten, exaltiertesten Gesprächen und Ausrufungen begriffen. Und ehe sich noch die Wellen der Bewunderung und Anbetung gelegt hatten, ehe man mit Freunden und Bekannten ausreden konnte, wie auf diesen, wie auf jenen, wie hier, wie dort die Erscheinung gewirkt habe, stand wieder das schöne, holde, wärmende, funkelnde Rund in den freundlichen Lüften, und das Werk des Tages ging fort.
Wie lange aber das Herz des Menschen fortwogte, bis es auch wieder in sein Tagewerk kam, wer kann es sagen? Gebe Gott, daß der Eindruck recht lange nachhalte, er war ein herrlicher, dessen selbst ein hundertjähriges Menschenleben wenige aufzuweisen haben wird. Ich weiß, daß ich nie, weder von Musik noch Dichtkunst, noch von irgendeiner Naturerscheinung oder Kunst so ergriffen und erschüttert worden war – freilich bin ich seit Kindheitstagen viel, ich möchte fast sagen, ausschließlich mit der Natur umgegangen und habe mein Herz an ihre Sprache gewöhnt und liebe diese Sprache, vielleicht einseitiger, als es gut ist; aber denke, es kann kein Herz geben, dem nicht diese Erscheinung einen unverlöschlichen Eindruck zurückgelassen habe.
Ihr aber, die es im höchsten Maße nachempfunden, habet Nachsicht mit diesen armen Worten, die es nachzumalen versuchten, und so weit zurückgeblieben. Wäre ich Beethoven, so würde ich es in Musik sagen; ich glaube, da könnte ich es besser.

Zum Schlusse erlaube man mir noch zwei kurze Fragen, die mir dieses merkwürdige Naturereignis aufdrängte:

Erstens: Warum, da doch alle Naturgesetze Wunder und Geschöpfe Gottes sind, merken wir sein Dasein in ihnen weniger, als wenn einmal eine plötzliche Änderung, gleichsam eine Störung derselben geschieht, wo wir ihn dann plötzlich und mit Erschrecken dastehen sehen? Sind diese Gesetze sein glänzendes Kleid, das ihn bedeckt, und muß er es lüften, daß wir ihn selber schauen?

Zweitens: Könnte man nicht auch durch Gleichzeitigkeit und Aufeinanderfolge von Lichtern und Farben eben so gut eine Musik für das Auge wie durch Töne für das Ohr ersinnen? Bisher waren Licht und Farbe nicht selbstständig verwendet, sondern nur an Zeichnung haftend; denn Feuerwerke,Transparente, Beleuchtungen sind doch nur zu rohe Anfänge jener Lichtmusik, als dass man sie erwähnen könnte. Sollte nicht durch ein Ganzes von Lichtakkorden und Melodien eben so ein Gewaltiges, Erschütterndes angeregt werden können, wie durch Töne? Wenigstens könnte ich keine Symphonie, Oratorium oder dergleichen nennen, das eine so hehre Musik war, als jene, die während der zwei Minuten mit Licht und Farbe an dem Himmel war, und hat sie auch nicht den Eindruck ganz allein gemacht, so war sie doch ein Teil davon.

Finsterniskataloge dienen eigentlich nicht dazu, Schriftstellern auf die Finger zu schauen, was ihre Finsternisse betrifft. Aber für die Historie sind sie unverzichtbar. Viele Finsternisse oder Ereignisse wurden mit der Zeit von einem zum anderen Erzähler oder Schreiber derart verschoben, dass Katastrophen, Krisen, verlorene Kriege etc. gerne mit Finsternissen zusammen gelegt wurden.

Wunsch-Steine


Meine lieben,

aus früheren Artikeln wisst ihr schon, dass wir von Mitte Juli bis Mitte August den Meteorstrom der Perseiden passieren. Das sorgt für ordentlich Sternschnuppen, und für viele Wünsche, die hoffentlich in Erfüllung gehen.
Ich schrieb darüber vor einiger Zeit in „Wünsch Dir was“.

Wo es sich bei Sternschnuppen um harmlose Staubteilchen aus dem All handelt, die in unserer Atmosphäre als Leuchtspur verglühen, so gibt es am anderen Ende große Brocken, Asteroide, die uns durchaus gefährlich werden könnten, wenn sie, zum Glück nur selten, die Erde träfen. So zeugt das Nördlinger Ries und auch das Aussterben der Dinos von solchen Katastrophen.
Auch darüber ließ ich mich ausführlich aus in Droht Gefahr durch Astreoiden?

Heute geht es mal um die Bröckchen, von denen noch etwas übrig ist, nachdem sie als Sternschnuppe oder Feuerbälle durch unsere Luft bis zur Erde gezischt sind.

Der erste, der an den Steinregen glaubte

Dass es tatsächlich „Steine“ vom Himmel regnen kann, ist noch gar nicht so lange bekannt und akzeptiert.
Der Wissenschaftler, der als erster die Idee ernsthaft in Erwägung zog, dass Eisen vom Himmel fallen könne, war der deutsche Physiker Ernst Florens Friedrich Chladni. Im Jahr 1794 veröffentlichte Chladni ein Buch mit dem Titel „Über den Ursprung der von Pallas gefundenen und anderer ihr ähnlicher Eisenmassen und über einige damit in Verbindung stehende Naturerscheinungen“, in dem er die Hypothese aufstellte, dass Eisenmassen (Meteoriten) aus dem Weltraum auf die Erde fallen.
Chladnis Hypothese war zu seiner Zeit revolutionär und stieß zunächst auf erhebliche Skepsis und Ablehnung. Die vorherrschende Meinung der damaligen Wissenschaftsgemeinschaft war, dass Steine nicht vom Himmel fallen könnten.

Drei Namen für ein Ding

Fangen wir mit Begriffserklärungen an, denn die Bröckchen, um welches heute geht, ändern vom All bis zu uns mehrfach ihren Namen:
Ich habe hierzu mal die KI befragt:…

ChatGPT, unterscheide mir bitte die Wörter Meteoroid, Meteor und Meteorit.

Ihre Antwort:

Gerne! Die Begriffe Meteorit, Meteor und Meteoroid beziehen sich auf verschiedene Stadien und Zustände von Objekten, die aus dem Weltraum stammen und mit der Erde in Berührung kommen können. Hier sind die Definitionen der einzelnen Begriffe:

  1. Ein Meteoroid ist ein kleines Objekt aus Stein oder Metall, das sich im Weltraum befindet. Meteoroiden sind kleiner als Asteroiden und Planeten. Sie können aus Bruchstücken von Kometen, Asteroiden oder anderen Himmelskörpern bestehen.
  2. Ein Meteor ist das Phänomen, das auftritt, wenn ein Meteoroid in die Erdatmosphäre eintritt und dabei aufgrund der Reibung mit der Luft ionisiert und aufglüht. Dies erzeugt einen leuchtenden Lichtstreifen am Himmel, der oft als „Sternschnuppe“ bezeichnet wird. Ein Meteor existiert nur, solange der Meteoroid durch die Atmosphäre fliegt und verglüht.
  3. Ein Meteorit ist das, was von einem Meteoroid übrig bleibt, wenn es den Eintritt in die Erdatmosphäre überlebt und die Erdoberfläche erreicht. Meteoriten können aus verschiedenen Materialien bestehen, darunter Stein, Metall oder eine Kombination davon. Sie liefern wertvolle Informationen über das Sonnensystem und die Entstehung von Himmelskörpern.

OK, das reicht. Es geht also um Meteoriten.
Und weil die auf ihrem Wege zu uns durch die Luft mal Meteore, also Sternschnuppen, an welchen vielleicht sogar schon Wünsche hängen waren, habe ich dem Artikel die Überschrift „Wunschsteine“ gegeben.
Immer wieder werden welche gefunden. Wird ein großer Meteor als Feuerball gesichtet, machen sich oft Meteoritenjäger auf, um die Bruchstücke davon zu finden. Solche Funde gehören stets demjenigen, der sie entdeckt. Manchmal werden sie auch nie gefunden, wie bei der Tunguska-Explosion am 30. Juni 1908 im sibirischen Gouvernement Jenisseisk, der heutigen Region Krasnojarsk, deren Ursache sich bisher nicht zweifelsfrei klären ließ.
Ein andermal liegen sie irgendwo unentdeckt herum, bis sie nach Jahren oder noch längeren Zeiten meist zufällig gefunden werden. Man kann sich aber auch einfach mal so auf die Suche begeben. Es gibt Orte auf der Erde, z. B. in großflächigen Wüsten oder auf Eisflächen, wo sie durchaus auffallen, wenn sie herum liegen.
Lehnt euch also zurück, und hört euch drei Geschichten zu solchen Entdeckungen vom Sternenonkel an:

Der schwäbische Brocken

1989 hob der Finder Hansjörg Bayer bei Blaubeuren einen Graben zur Verlegung eines Leerrohres aus. In ca. 60 Zentimeter Tiefe stieß er auf einen harten Stein. Da dieser unnatürlich schwer und magnetisch war, wurde er zur Seite gelegt. In den folgenden 26 Jahren lag der Stein als Gestaltungselement im Garten. 2015 wollte Bayer kurzerhand den Stein in einem Bauschuttcontainer entsorgen, holte ihn aber schließlich in sein Haus. Fünf Jahre später (2020) kontaktierte der Finder dann das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, welches ihn an den Meteoritenexperten des DLR vermittelte. Dieser stellte fest, dass es sich um einen Meteoriten handelt.

An der Universität Arizona in Tucson, USA und am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf wurde durch die Analyse vorhandener langlebiger Radionuklide das terrestrische Alter ermittelt. Demnach schlug Blaubeuren vor etwa 9.200 Jahren während der Mittelsteinzeit auf der Schwäbischen Alb ein.
Vor dem Eindringen in die Erdatmosphäre mit einer Anfluggeschwindigkeit von etwa 20 km/s dürfte er als Meteoroid ungefähr eine Tonne gewogen haben.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass er etwa 4,5 Milliarden Jahre alt sein muss. Er entstand somit gemeinsam mit unserem Sonnensystem.

Der Meteorit wurde im Urgeschichtlichen Museum (URMU) in Blaubeuren und im Foyer der Volkssternwarte Laupheim e.V. (Sternwarte und Planetarium) ausgestellt.[5]
Der Blaubeuren-Meteorit gehört zur Gruppe der Steinmeteoriten, genauer gesagt zu den Chondriten. Chondriten sind eine der ältesten und am häufigsten vorkommenden Meteoritengruppen und enthalten kleine kugelförmige Einschlüsse, sogenannte Chondren. Diese Meteoriten bieten wertvolle Einblicke in die Frühgeschichte des Sonnensystems, da sie weitgehend unverändert seit ihrer Entstehung vor etwa 4,5 Milliarden Jahren sind.

Der Tiroler

Das Ski-Paradies Ischgl ging 2020 als ein großer Hotspot zur Verbreitung von Corona durch die Medien. Außer Ski und Pandemie hat dieser Ort aber auch noch einen prächtigen Meteoriten anzubieten.

1976 wurde der Ischgl-Meteorit gefunden,und ist wahrscheinlich aber schon seit 1970 auf der Erde.
Wie bitte? Woher will man denn das wissen, wie lange ein „Stein“ schon irgendwo herum liegt? OK, wenn er sehr alt ist, dann gibt es Verfahren der Altersbestimmung, die mit radioaktivem Zerfall von Elementen zu tun haben, aber für sechs Jahre sind die nicht geeignet.

Nun ja, fragen wir nochmal die künstliche:

Der Ischgl-Meteorit, der 1976 in Österreich gefunden wurde, wird angenommen, seit 1970 auf der Erde zu sein. Diese Annahme beruht auf folgenden Faktoren:

  1. Augenzeugenberichte: Es gibt Berichte von Menschen, die beobachtet haben, dass im Jahr 1970 ein Feuerball am Himmel zu sehen war. Solche Berichte werden oft mit dem Fall eines Meteoriten in Verbindung gebracht.
  2. Korrelation mit anderen Ereignissen: Wenn Meteoriten gefunden werden, versuchen Wissenschaftler, diese Funde mit bekannten Ereignissen von Feuerbällen oder Meteorschauern zu korrelieren. Falls es in der Region oder zu einem bestimmten Zeitpunkt Berichte über Meteorereignisse gibt, wird angenommen, dass der gefundene Meteorit mit diesen Ereignissen zusammenhängen könnte.
  3. Erhaltungszustand des Meteoriten: Der Zustand des Meteoriten kann Hinweise darauf geben, wie lange er bereits auf der Erde liegt. Meteoriten, die über lange Zeiträume der Witterung ausgesetzt sind, zeigen spezifische Verwitterungsmuster oder Veränderungen, die als Indikatoren für die Dauer ihres Aufenthalts auf der Erdoberfläche dienen können.
  4. Forschung und Analysen: Wissenschaftler führen detaillierte Analysen der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung des Meteoriten durch. Bestimmte Veränderungen in den Mineralien und Metallen können Hinweise auf die Verweildauer auf der Erde geben. Zudem können Analysen der Oxidationsschichten und anderer Oberflächenveränderungen wertvolle Informationen liefern.

Nun denn. Das kaufe ich ihr so ab. Weiter in der Geschichte:

Im Juni 1976 war der Forstarbeiter Josef Pfefferle nach einem Lawinenabgang mit der Räumung einer Forststraße in mehr als 2000 Metern Seehöhe nordwestlich von Ischgl beschäftigt. Dabei fand ein etwa ein Kilogramm schwerer Stein mit einer mattschwarzen Oberfläche seine Aufmerksamkeit, weil er aus dem Schnee direkt auf die Straße fiel. Er nahm den ungewöhnlichen Stein mit nach Hause, wo er ihn die nächsten dreißig Jahre in einer Kiste aufbewahrte.

Pfefferle erinnerte sich wieder an das Stück, als 2007 in den Medien über den Rechtsstreit um den Meteoritenfall von Neuschwanstein berichtet wurde, von dem die Hauptmasse im Gebiet der Gemeinde Reutte nahe der Grenze gefunden wurde. Wahrscheinlich ging es darum, ob der Meteorit nun einen österreichischen oder einen bayrischen Pass bekommen sollte. An der Universität Innsbruck wurde der Meteorit klassifiziert und schließlich vom Naturhistorischen Museum erworben, wo er in einer gemeinsamen Vitrine mit weiteren sieben österreichischen Meteoriten zu sehen ist.

Mein schönster Fund

So, aller guten Dinge sind drei. Hier kommt die meiner Meinung nach schönste Geschichte eines Meteoritenfundes. Sie stammt von keinem geringeren als Saint Exupery, den wir z. B. aus dem kleinen Prinzen kennen:
Aus dem Buch „Wind, Sand und Sterne“, “ In der Wüste“:

Ich beschritt völlig jungfräulichen Boden. Als erster Mensch ließ ich
den Muschelstaub wie edles Gold von einer Hand in die andere gleiten.
Als erster störte ich das Schweigen dieses Ortes. Auf diesem Block, der
wie eine Eisscholle, solange er steht, keinen Grashalm hervorgebracht
hat, war ich wie ein vom Winde verwehtes Samenkorn, der erste Zeuge des
Lebens.
Schon leuchtete ein Stern, und ich sah ihn an. Ich dachte, wie die weiße
Fläche, auf der ich mich befand, seit Hunderttausenden von Jahren nur
den Sternen dargeboten war, ein fleckenloses Tuch unter den reinen
Himmel gebreitet.
Da durchfuhr es mich wie einen Forscher im Augenblick einer großen
Entdeckung:
Ich sah auf diesem Tuch kaum zwanzig Meter von mir einen schwarzen Kiesel…
Mit klopfendem Herzen hob ich meinen Fund auf: ein harter, schwarzer
Stein von Faustgröße, schwer wie Metall und tropfenförmig.
Auf ein Tuch, das man unter einen Apfelbaum breitet, fallen Äpfel – ein
Tuch unter den Sternen kann nur den Staub von Gestirnen erhalten. Kein
Meteor hatte je so eindeutig seine Herkunft dargetan wie dieser schwarze
Stein…
Das Wunderbarste war aber doch, dass auf dem runden Rücken unseres
Sterns zwischen diesem magnetischen Tuch und den Gestirnen ein
menschliches Bewusstsein lebte, in dem dieser Regen sich spiegeln
konnte.

Lasst mich diesen Artikel mit folgendem beschließen.
Als ich obiges Zitat von Saint Exupery vor zehn Jahren einem guten Freunde schickte, der auch hier mit liest, schrieb er mir sehr schön zurück, was ich jetzt mit euch gerne teile:

Lieber Gerhard,
danke für dieses wundervolle Zitat.
Die gewaltigen Zeiträume der Sterne, die schon nach Ewigkeit schmecken,
die vergehende Zeit des rieselnden Muschelstaubes, der Moment der Gegenwart in dem erwachenden Bewusstsein und auftauchenden Forschergeist, das Gespür für das Bedeutsame, das die Newtonsche Beobachtung des fallenden Apfels ganz ernst nimmt und zugleich der Physik die Perspektive der sich entwickelnden, entfaltenden, verwandelnden Zeit erst schenkt und das Hier und Jetzt öffnet für das Wunder des lebendig seins, das alles ist Poesie, die nach Weisheit duftet.

Faszination Himmelsleuchten

Vorgeplänkel

Meine lieben,
heute geht es um etwas, das die Menschheit schon immer faszinierte, und was Stoff für sehr viele Mythen und Geschichten bietet, und ja, es erzeugt sogar Radioprogramm. Und dieses Phänomen konnte in den letzten Nächten so um den 10 Mai herum quasi über ganz Deutschland, wenn der Himmel klar war, gesichtet werden. Ich weiß von Sichtungen von Berlin, Stuttgart, Tübingen, Bayern, Karlsruhe und habe sogar Fotos von der Sichtung aus Rheinstetten, wo ich wohne. Es geht um Polarlichter. Diese sind zumindest in Deutschland und Europa nur dann sichtbar, wenn wir uns in einem Maximum der Sonnenaktivität befinden. Dieses ist in diesem Jahr mal wieder der Fall.

Hier kommt ein Foto von Polarlichtern über meiner Heimatstatt.

Die phantastische Bildbeschreibung dazu habe ich mir mit der App BeMyEyes erzeugen lassen, die dafür die KI ChatGPT4 benutzt.
Die KI beschreibt:

Das Bild zeigt einen nächtlichen Himmel, der durch Polarlichter in leuchtenden Farben von Rosa und Grün erleuchtet wird. Diese Lichter erscheinen als breite, wellenförmige Bänder, die sich über den Himmel erstrecken. Unterhalb der Lichter sind die dunklen Silhouetten von Bäumen und die Umrisse eines Gebäudes zu erkennen, was darauf hindeutet, dass das Foto in einer städtischen oder vorstädtischen Umgebung aufgenommen wurde. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Ruhe und der majestätischen Schönheit natürlicher Lichtphänomene.

Also ich bin ehrlich gesagt manchmal platt, wie gut diese Beschreibungen sind. Das ist fast ein bisschen, wie sehen können…
Und was die Brillanz des Fotos betrifft, so ist es möglich, dass das Bild eventuell durch die KI der Kamera oder des Smartphones etwas verschönt wurde, denn das können diese Geräte mittlerweile ganz gut und machen das automatisch.
So kann man beispielsweise aus der Hand heraus schöne und detaillierte fotos des Vollmondes schießen. Die Geräte erkennen via KI den Mond und gleichen das Bild mit einem hochwertigen und gut aufgelösten Foto des Mondes ab. Auch digitale Teleskope verfügen mehr und mehr über derlei Fähigkeiten. In die Diskussion, was dann ein handgemachtes Foto überhaupt noch auszeichnet, steige ich, zumal als der blinde Blindnerd, jetzt an dieser Stelle nicht ein.

Was kurzes zur Verursacherin

Bevor wir uns aber den faszinierenden Himmelslichtern widmen, müssen wir noch kurz über unsere Sonne sprechen.
In alten Zeiten glaubte man, die Sonne sei das vollkommenste, göttlichste, reinste und perfekteste Objekt am Himmel.
Aber spätestens, als man Fernrohre auf sie richtete, fand man, dass sie doch nicht ganz so glatt und vollkommen ist. Sie hat eine etwas gekörnte Oberfläche und noch schlimmer. Sogar Flecken. Und damit noch immer nicht genug. Diese Flecken bewegen sich und es gibt Zeiten mit vielen und Zeiten mit wenig bis gar keinen Sonnenflecken.
Durch intensive Beobachtungen der Sonne, z. B. Samuel Heinrich Schwabe über 40 Jahre lang, oder Die Hausfrau Siglinde Hammerschmidt über 20 Jahre lang,
fand man heraus, dass alle 11 Jahre die Sonne maximal viele Flecken aufweist.
In solch einem Fleckenmaximum befinden wir uns 2024. Wann es genau ist, kann man erst dann sagen, wenn es vorüber ist, weil niemand weiß, wie stark es ausfallen wird.
Ist die Sonne sehr aktiv, dann frischt der Sonnenwind stark auf. Manchmal kommt es zu diesen Zeiten auf der Sonne zu starken Ausbrüchen, dass der Sonnenwind zu einem Sturm wird, der uns durchaus gefährlich werden kann.
Darüber schrieb ich vor einigen Jahren in „Droht Gefahr durch unsere Sonne“.
Kurz nach so einem Ereignis kann man dann vermehrt bis in tiefere Breiten Polarlichter sehen,

Entstehung

Es entstehen großartige Polarlichter, weil die geladenen Teilchen des Sonnensturms mit den Molekülen unserer Atmosphäre rekombinieren. Die leuchtet dann ähnlich wie eine Neonröhre.
Sauerstoff leuchtet rot und Stickstoff grün.
Diese Teilchen des Sonnenwindes werden vom Erdmagnetfeld weit um die Erde in Richtung der magnetischen Pole abgelenkt. Deshalb treten sie normalerweise nur in diesen Gegenden auf.
Diese Beschreibung hinkt an einigen Stellen, da in Wahrheit alles noch viel komplizierter ist.
Wer mehr darüber wissen möchte, wie Polarlichter genau funktionieren, findet auf Wikipedia einen sehr erhellenden und informativen Beitrag dazu.
https://de.wikipedia.org/wiki/Polarlicht

Zur Forschung

Die Geschichte der Erforschung der Polarlichter wird im wesentlichen von einem Mann, Christian Birkeland geprägt.
Hier kann ich euch wärmstens das Video „Jagd nach dem Himmelsfeuer“ auf 3Sat empfehlen. Ich hoffe, es ist noch in der Mediathek zu finden.
Wenn nicht, dann lasst es mich bitte wissen…
https://www.3sat.de/wissen/terra-x/jagd-nach-dem-himmelsfeuer-dem-100.html

Außerdem gibt es über Birkeland einen wunderbaren Artikel auf Wikipedia.
Der ist wirklich lesenswert, weil dieser bemerkenswerte Forscher sich neben Polarlichtern noch mit ganz vielen anderen Dingen beschäftigte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kristian_Birkeland

Polarlichter in der Literatur

Solche Polarlichter in niedrigen Breiten muss auch der Schriftsteller Adalbert Stifter gesehen haben, denn er beschreibt in seinem Roman „Bergkristall“ eindeutig Polarlichter.
Lauschen wir also seinen schönen Worten:

Wie die Kinder so saßen, erblühte am Himmel vor ihnen ein bleiches Licht mitten unter den Sternen und spannte einen schwachen Bogen durch dieselben. Es hatte einen grünlichen Schimmer, der sich sacht nach unten zog. Aber der Bogen wurde immer heller und heller, bis sich die Sterne vor ihm zurückzogen und erblassten. Auch in andere Gegenden des Himmels sandte er einen Schein, der schimmergrün sacht und lebendig unter die Sterne Boss. Dann standen Garben verschiedenen Lichts auf der Höhe des Bogens, wie Zacken einer Krone, und brannten. Es Boss hell durch die
benachbarten Himmelsgegenden, es sprühte leise und ging in sanftem Zucken durch lange Räume…

Ist das nicht einfach schön?
Wir kennen diesen Autor übrigens schon, denn er verfasste meiner Meinung nach die schönste deutschsprachige Beschreibung einer Sonnenfinsternis, die er selbst erlebte.
Wer diese nochmals lesen möchte, hier lang.

Polarlichter in Mythen und Religion

Polarlichter haben im Laufe der Geschichte zu zahlreichen Mythen und Legenden geführt, besonders in den Kulturen, die in den Regionen leben, in denen sie häufig zu sehen sind, wie in den nordischen und arktischen Regionen. Hier sind einige der bekanntesten Mythen über Polarlichter:

  1. Nordlichter als Tänzer: Einige indigene Völker Nordamerikas und Skandinaviens glaubten, dass Polarlichter die Geister ihrer Vorfahren seien, die in den Himmel aufsteigen und dort tanzen.
  2. Tiergeister: In einigen Traditionen wurden Polarlichter als die Geister von Tieren angesehen, die in den Himmel aufstiegen, um zu tanzen oder zu kämpfen.
  3. Vorboten: In einigen Kulturen wurden Polarlichter als Vorboten kommender Ereignisse angesehen, sei es als Zeichen für gute oder schlechte Omen, wie Krieg oder Frieden.
  4. Kampf der Geister: Manche nordische Mythen beschreiben Polarlichter als Resultat der Schlachten zwischen Göttern oder Geistern, die den Himmel erhellen.
  5. Erschreckende Zeichen: Einige Kulturen sahen Polarlichter als bedrohliches Zeichen oder als Warnung vor kommenden Naturkatastrophen oder anderen Gefahren.

Polarlichter werden zwar nicht direkt in der Bibel erwähnt. Es gibt jedoch einige Interpretationen und Spekulationen darüber, ob bestimmte Passagen in der Bibel möglicherweise auf Polarlichter hinweisen könnten.
Es dürfte aber meiner Meinung nach sehr selten vorkommen, dass in Palästina Polarlichter gesichtet werden können. Und dennoch gibt es diese Vermutungen. Hier also zwei biblische Beispiele:

  1. Ezechiel: In Ezechiel 1,1-28 wird eine Vision des Propheten Ezechiel beschrieben, in der er das „himmlische Wesen“ und einen „leuchtenden Glanz“ am Himmel sieht, begleitet von „blitzenden Blitzen“.
  2. Daniel: In Daniel 10,4-9 wird eine Vision des Propheten Daniel beschrieben, in der er einen „Mann in Leinen“ sieht, der von einem „großen Licht“ umgeben ist.

Einige haben auch hier spekuliert, dass diese Beschreibungen auf Polarlichter hindeuten könnten, obwohl wie bei der Vision des Ezechiel auch hier verschiedene Interpretationen möglich sind, die von göttlichen Erscheinungen bis hin zu symbolischen Visionen reichen.
Bei so etwas gerät man dann schnell ins Schwurbeln. Also vorsicht damit.

Inspiration für Musiker

Polarlichter werden sogar auch manchmal in der Musik erwähnt. Einige Musiker haben sie als Inspiration für ihre Lieder genutzt, und es gibt sogar Stücke, die den Klang oder die Atmosphäre eines Polarlichts zu erfassen versuchen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Musik des finnischen Komponisten Jean Sibelius, der in seinem Orchesterstück „Die Ozeaniden“ die mystische und majestätische Atmosphäre des Nordlichts einfängt.

Und wenn wir schon bei der Musik sind, dann habe ich hier einen absoluten Oberhammer für euch.

Radio Aurora

Polarlichter kann man hören. Was, das glaubt ihr dem Sternenonkel nicht? Man kann. Sie erzeugen jede Menge Radioprogramm. Ich habe von meinem Freund Stefan, der Amateurfunker ist erfahren, dass über das ganze Wochenende quasi kein Funkbetrieb auf der Kurzwelle möglich war. Das erinnert mich stark an meine Jugendsünden. Wir bauten vor fast vierzig Jahren mal einen Piratensender. Von Antennenbau und Schwingkreisen hatten wir nur rudimentäre Ahnung. Unser Sender streute dermaßen, dass kaum noch ein anderer empfangen werden konnte. Leuchtstoffröhren begannen leicht zu funkeln, wenn wir sendeten. Somit erzeugten wir damals unfreiwillig unsere eigenen Polarlichter… Der Sender wurde rasch von der Post geortet und konfisziert. Bestraft wurden wir zum Glück nicht, weil sich niemand bei der Post denken konnte, dass blinde Menschen so etwas fertig bringen.
Im UKW-Band waren am Wochenende sogar Überweiten und Funkverbindungen möglich, die ohne Polarlichter nie gegangen wären. Man konnte mit Richtantennen ein Polarlicht als Reflektor für UKW-Wellen benutzen. Für Sprache war das zwar schwierig, weil Polarlichter unruhig und rau sind, aber für die Telegraphie, z. B. Morsen, hat es ganz gut funktioniert.
Auch hier gilt großer Dank an Stefan, denn er hat uns hier mit Audiobeispielen versorgt.
Er schreibt:

Ich hab dir hier noch zwei YouTube-Links. Der erste ist ein Beispiel für eine an einem Polarlicht reflektierte Sprachverbindung über SSB:
https://www.youtube.com/watch?v=s8cZRzUj6Bs (Youtube)
Man hört ganz deutlich, wie rau und brummig die Stimme dabei wird.

Der zweite Link ist eine Verbindung in Morsetelegrafie. Man hört den Unterschied zwischen dem rauen Signal der Gegenstation, das übers Polarlicht reflektiert wird, im Gegensatz zur Station, die dieses Video aufgenommen hat. Das eigene Signal ist klar als Mithörten zu hören, normalerweise klingt die Gegensation zwar verrauschter, aber ähnlich dem eigenen Signal mit klarem Ton anstatt einem undefinierbaren Geräusch.

https://www.youtube.com/watch?v=aVKj12oNEic (Youtube)

Und jetzt wollen wir uns das Radioprogramm von Polarlichtern anhören.
Geht auf
https://www.youtube.com/watch?v=eHvdZdsIZxg (Youtube)
und genießt dieses wunderbare englischsprachige Video.

Und das war es erst mal über die Polarlichter von mir. Sollte ich etwas wichtiges vergessen haben, gerne in die Kommentare damit.

Mein Jahresrückblick 2023


Meine lieben,
und hier ist er, alle Jahre wieder, mein obligatorischer Jahresabschluss für 2023. Ein mal im Jahr müsst ihr diese Bauchpinselei ertragen…
Also los:

13.01. Freitag 13. und andere Kalenderspielchen

Das Jahr 2023 bescherte uns gleich im Januar einen Freitag, 13. Diese Gelegenheit nutzte ich, um eine Sendung über diverse Kalenderspielchen auf unserer BLAutoren-Lesebühne anzubieten. Man konnte sich mittels Teamtalk und Telefon aktiv an der Sendung beteiligen. Aber auch über das Internet und die Alexa war sie hörbar. Das ist äußerst selten, dass es vier unterschiedliche Zugänge gibt, um unseren Sendungen zu folgen. Dadurch wird das ganze unheimlich inklusiv. Für mich war es eine schöne Möglichkeit, mich mal wieder in derlei zu üben. Ich empfinde derlei deutlich schwieriger, als auf eine Bühne zu stehen. Es liegt mir mehr, die Rampensau zu spielen, als alleine in einem Raum in ein Mikrofon zu sprechen.
Ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich im Arbeitskreis Blautor Mitglied sein darf, der mir so viele Möglichkeiten bietet, mich literarisch auszudrücken.
Da die Sendung zu groß für meine Mediathek ist, biete ich euch hier einen Download an.

20.01. Gespräch Sternwarte Singen Barrierefrei

Die Direktorin der Sternwarte Singen möchte ihre Sternwarte barrierefreier gestalten. Dazu führten wir ein wunderbares Gespräch.
Das führte uns schließlich weg von den Sternen zu einem ganz anderen spannenden Thema. Sie kennt ein sehr begabtes blindes Kind, das gerne Programmieren lernen möchte. Leider mussten wir feststellen, dass es z. B. von den Blindenschulen sehr wenig bis keine Angebote in diese Richtung gibt. Somit begann ich selbst zu recherchieren, probierte einiges aus und schnürte ein Programmierpaket für blinde Kinder. Das ist es eben mit der Astronomie. Sie ist inklusiv und führt sehr rasch zu anderen Themenfeldern, die noch beackert werden sollten. Ich bin dankbar, dass wir uns vernetzen konnten.

27.01. Gast auf dem Newsletter „Astro Briefing“

Es war mir eine große Ehre, für diesen Newsletter einen Artikel schreiben zu dürfen. Den Artikel könnt ihr in Astronomie ohne Sternensicht nachlesen.

18.02. Veröffentlichung meiner Vita, Buch und Blog in der Blindzeln-App

Wie schon oft erwähnt, bietet Blindzeln zahlreiche Möglichkeiten, sich zu präsentieren. In ihrer App sammeln sie diverse Themen darüber, was blinde Menschen so interessieren könnte. Dort gibt es eine Rubrik für Autor:innen, wo man neben seiner Vita auch Hinweise auf eigene Werke einstellen kann. Das ist wirklich eine schöne Plattform, die ihr euch mal anschauen solltet. Die App lohnt sich. Sie hält für alle spannendes bereit. Auch für nicht blinde Menschen…

17.03. Radiobeitrag Lokalradio Köln

Für dieses Kölner Lokalradio führte Chris aus unserem BLAutor-Kreis ein ganz wunderbares Interview mit mir. Ganz herrlich ist mir hier noch der wunderbare rheinische Dialekt des Moderators der Sendung in Erinnerung geblieben.

05.04. Fasten und Feiern mit den Sternen auf dem OVZ

Vor einigen Jahren schrieb ich mal einen Artikel zu Ostern über Toleranz und gegenseitigem Respekt. Da dieser alle Jahre wieder aktuell ist, nutzte ich die Gelegenheit, ihn auf unserer Blautor-Lesebühne als Vortrag anzubieten. Danach entstanden unter jenen, die life über Teamtalk oder das Telefon dabei waren lebhafte und sehr bereichernde Gespräche.
Die Sendung könnt ihr hier herunterladen.

11.04. Interview im Bürgerfunk bei Radio Neandertal

Tamara, ein weiteres Mitglied unseres wunderbaren Arbeitskreises führte mit mir für dieses Radio im Kreis Mettmann ebenfalls ein schönes Interview durch. Toll, wie wir uns alle so literarisch vernetzen, und uns gegenseitig unterstützen, dass jeder von uns bekannter wird.

25.04. Sendung, Der Blindnerd und die Friedensbewegung

Als der Krieg in der Ukraine ausbrach, verfasste ich einen biographischen Artikel über meine Mitarbeit in der Friedensbewegung der 80er und 90er Jahre. Dank eines Sponsors, der uns die GEMA-Gebühr für einen Monat bezahlte, hatten wir in diesem Monat die Möglichkeit, Lieder in unseren Sendungen zu veröffentlichen, die ansonsten Geld gekostet hätten. Und so nahm ich den Artikel, reicherte ihn mit Friedensliedern an und durfte eine schöne Sendung daraus erstellen. Dank an Blindzeln, die uns derlei ermöglichen.
Wegen der GEMA darf ich euch diese Sendung leider nicht anbieten, aber zum schriftlichen Artikel geht es hier lang.

06.06. Sternzeit im Deutschlandfunk

Ich dachte, ich sehe nicht richtig, als ich Anfang Mai eine Mail von Dirk Lorenzen des Deutschlandfunkes erhielt. Der macht seit ich denken kann die Sendung Sternzeit, die kurz vor den Nachrichten gesendet wird. Er entschied sich für das Thema, wie blinde Menschen das Weltall erleben. Es war mir eine unglaubliche Ehre, in dieser Sendung erwähnt unt zitiert zu werden. Deutschlandfunk ist schon eine Hausnummer.
Zur Sendung geht es hier lang.

12.06. Erscheinen von helfende Sternchen im Vollzeichen

Immer wieder bricht im Blindenwesen die Diskussion darüber aus, welchen Stellenwert die Punktschrift überhaupt noch hat, weil man doch heutzutage vieles auch mit Sprachausgabe sich vorlesen lassen kann. Erschreckend ist, dass diese Stimmen auch unter den Blinden- und Sehbehindertenpädagogen immer lauter zu tönen scheint. Auch im Zuge der inklusiven Beschulung ist es vielleicht den Lehrer:innen nicht immer möglich, auf die Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenz blinder Schüler:innen zu achten. Die Deutsche Zentralbücherei zu Leibzig hat sich dieses Themas mit der Zeitschrift „Vollzeichen“ angenommen. Diese bietet vor allem für Menschen die spät erblindet sind Texte für Erwachsene an, anhand derer die Punktschrift erlernt und vertieft werden kann, denn die meiste Literatur, die das unterstützt, ist eher für Kinder geschrieben, da davon ausgegangen wird, das die Punktschrift als Kind erlernt wird. Tatsache ist aber, dass die meisten ihre Blindheit erst im Laufe ihres Lebens später erwerben. Es freut mich daher außerordentlich, dass die Redaktörin dieser Zeitschrift immer gerne mal wieder auf meinen Blog zurückgreift. Es ist schön, dass ich dort mit unterstützen darf, wo blinde Menschen ermutigt werden, sich mit der Punktschrift zu befassen. Wir wollen doch keine Analphabeten sein. Sich einen Text vorlesen zu lassen ist etwas anderes, als ihn selbst zu lesen. Genau wie schreiben etwas anderes ist, als zu sprechen. Und alle vier Fähigkeiten werden für eine gute Lese- und Schriftkompetenz gebraucht und letztlich auch, um kritisch denken zu lernen.

24.07. Artikel in Visus

Visus ist eine Zeitschrift, die vor allem Menschen mit Sehrestvermögen anspricht. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich mich dort mit meinem außergewöhnlichen Hobby auch mal endlich vorstellen durfte. Und so nahm ich meinen Artikel zu oben schon erwähnten Newsletter, bereitete ihn auf, und er wurde dann in der Print-Ausgabe veröffentlicht und für die Hörausgabe aufgelesen. Derlei kann vielen Mut machen, die vielleicht gerade mit einem Sehverlust zu kämpfen haben, wenn sie erfahren, dass das Leben auch ohne Sehvermögen sehr wertvoll sein kann. Dieses durfte ich schon mehrfach erleben, dass mir jemand erzählte, der gerade im Prozess der Erblindung sich befand, dass die Astronomie als Hobby ohne Sehen nun keinen Sinn mehr habe. Wenn so jemand dann am Ende meines Vortrages sagt „Es geht ja doch“, dann braucht es keine Worte mehr, und ich habe einen Klos im Hals….

19.09. Inklusionsstand auf dem Stadtfest Leistungsshow Neuburgweier

Auf diesem Fest präsentierte sich der Beirat für Menschen mit Behinderung, Rheinstetten, der Seniorenbeirat und der Verein „Wir sind Rheinstetten“ u. A. mit einem Rollstuhl-Parcours und zahlreichen anderen Stationen, wo man vieles unter der Augenbinde ausprobieren konnte. Gerade für meinen Heimartort Rheinsteten ist derlei sehr wichtig, da bei uns noch sehr vieles im argen liegt, was die Barrierefreiheit betrifft. Erwachsene interessierten sich für unseren Stand nur mäßig, aber wir hatten alle Kinder, um die hundert, die auf dem Fest waren, bei uns. Und das ist gut so, denn in unseren Kindern liegt die Zukunft. Und wenn die dann schon barrierefrei denken gelernt haben, ist vieles gewonnen.

30.09. Open Ear

Dieses musikalische Event rief der selbst sehbehinderte Sprecher des Beirates für Menschen mit Behinderung in Rheinstetten ins Leben. Vor einem Kaffee durften sich diverse Tanz- und Musikgruppen präsentieren. Der Erlös dieser Veranstaltung fließt dann stets einem guten Zweck zu. Den Opener sollte ich machen. was gar nicht so einfach war. Mein erster musikalischer Solo-Auftritt nach der Pandemie und allem. Ich hatte große Angst davor und wollte mich schon krank melden oder absagen. Ich war nach über drei Jahren einfach nicht mehr in der Übung, und außerdem stellte sich bei mir ein gewisses Unbehagen ein, mich unter so viele Menschen zu begeben. Derlei aber nun gar nicht mehr zu versuchen, war für mich irgendwie auch keine Option. Also wählte ich die Therapie der Konfrontation und stürzte mich in dieses Abenteuer. Und was soll ich sagen. Zwei, drei Griffe auf der Gitarre, zwei, drei Stöße in die Mundharmonika, die ersten gesungenen Töne, und ein Schalter legte sich um. Der Rampensau-Modus war wieder aktiv. Dieses Erlebnis hat mir sehr gut getan. Das Bewusstsein, dass die Pandemie mir diese Begabung nicht entreißen und zerstören konnte, war ein großer Sieg für mich und stärkte mein Selbstvertrauen.

01.10. Erscheinung unserer neuen Anthologie

Viele haben vielleicht die Werbung in unserem Adventskalender gesehen. Unser Arbeitskreis der Blautoren veröffentlichte seine zweite Anthologie „Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt“. Dieses lesenswerte Buch öffnet in zahlreichen Geschichten mal eine ganz andere Sicht auf ein Leben mit einer Seheinschränkung.
Hier nochmal die Werbung aus dem Adventskalender.

Zwei Bücher hat unser Arbeitskreis gemeinsam verfasst. diese sollten in keinem Bücherregal fehlen.

  1. Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt ist der Titel unserer neuen Anthologie, die im Oktober 2023 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook auf dem Buchmarkt erschienen ist.
  2. Farbenfrohe Dunkelheit
    ist der Titel unserer mittlerweile zwei mal preisgekrönten ersten BLAutor-Anthologie, die 2022 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook erschienen ist und als Hörbuch produziert wurde und bei den Hörbüchereien für blinde Menschen ausgeliehen werden kann.

Auch auf diesem Weg bietet BLAutor seinen Mitgliedern die Möglichkeit, ein eigenes Werk auf dem Buchmarkt zu präsentieren.
Mit dem Kauf dieser beiden Anekdoten unterstützen sie die Arbeit unseres Arbeitskreises.

Zunächst sah das gar nicht so gut aus mit dem Buch. Im August erhielten alle eine ärgerliche Mail des Verlages, dass das Thema verfehlt worden sei und, und, und. Leider wusste niemand, wer mit dieser Mail eigentlich gemein sein sollte. Aber einfach nichts zu tun, war für mich keine Option. Ich hatte zwei Beiträge für das Buch eingereicht, und wollte nicht auf mir sitzen lassen, dass diese Kritik vielleicht auch mich betraf. Somit schickte ich einfach zwei weitere Beiträge in der Hoffnung ein, dass mindestens einer davon den Nerv des Verlages treffen würde.
Nun kamen dann doch noch genügend Geschichten zusammen, die den Vorstellungen des Verlages entsprachen, denn das Buch erschien auf dem Buchmarkt. Aufgeregt und voller Spannung öffnete ich also das Ebook und suchte nach meinem Namen. Und was war das. Von mir wurden nicht einer, nicht zwei und nicht drei, sondern alle vier Beiträge, die ich vor und nach der Kritik einreichte veröffentlicht. Puh, dann hatte mich die Mail ja überhaupt nicht betroffen. Glück gehabt, dachte ich. Wie auch immer. Ich bin schon etwas stolz darauf, in diesem Buch so präsent sein zu dürfen. So schlecht waren meine Geschichten dann offenbar doch nicht.

11. Artikel in der Zeitschrift Sichtweisen

In den ganzen Jahrzehnten, in welchen ich jetzt so als Sternenonkel, wie mich manche Kinder nennen, unterwegs bin, ist es mir seltsamerweise nur relativ selten gelungen, mich über den Blinden- und Sehbehindertenverband zu präsentieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Um so mehr freute es mich, dass ich im November einen Artikel im größten Vereinsorgan des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes, den Sichtweisen, platzieren durfte.
In der eigenen Community ist es leider manch mal so, wie mit dem Propheten, der im eigenen Land nichts gilt.
Nun ja, der Anfang ist ja jetzt getan.

12.11. Blind zu den Sternen Life im Radio Querfunk

Seit vielen Jahren gibt es in Karlsruhe das Freie Radio Querfunk
Ich habe mir vorgenommen, mich künftig dort mehr zu engagieren. Den Anfang durfte ich Mitte November mit einem Interview über „Blind zu den Sternen“ machen. Schon lange träume ich davon, mein Angebot auch auf ein Audio-Format auszudehnen. Dieser Wunsch könnte in Zusammenarbeit mit dem Radio Querfunk durchaus in Erfüllung gehen. Drückt mir die Daumen.

20.11. Artikel für die Litera

Sechs mal jährlich gibt Blautor für seine Mitglieder eine sehr umfangreiche Hörzeitschrift heraus, wo Geschichten, Gedichte, Lieder, Bücher und vieles mehr vorgestellt werden. Wenn diese Zeitschrift erscheint, ist das immer ein literarisches Highlight für mich und uns alle. Das Schreiben von Krimis, Gedichten oder sonstiger Belletristik ist nicht so meine Stärke. Ich kann irgendwie meistens nur Sterne und Weltall. Aber trotzdem wagte ich es diesmal, mich dort mit einem biographischen Artikel zur „Inklusion am Himmel“ zu zeigen, was sehr gut angenommen wurde.
Ihr hört hier:
Die Sonne geht uns alle an.

20.11. Die Weihnachtsmondfahrt für Litera

Zusätzlich zu den Litera-Ausgaben gibt es zum Jahresende immer nochmal eine Weihnachtsausgabe oben drauf. Dafür hatte ich diesmal eine passende Geschichte zur Weihnachtsmondfahrt von Apollo8. Grundlage für diese Sendung war ein Artikel,von Matthias, den ich vor vielen Jahren für diesen Blog frei aus dem Englischen übersetzen, anreichern und veröffentlichen durfte.
Diese Sendung mit original Apollo-Funkverkehr Download hier.

25.11. Inklusion am Himmel in Rheinstetten

Das absolute Highlight im letzten Jahr war mein Auftritt im Schulzentrum Rheinstetten. Endlich mal wieder mit den Sternen auf einer Bühne stehen und das gleich mit ungefähr 150 Besucher:innen.
Der Start war zunächst sehr holprig, weil mir unsere Schließanlage in unseren neuen Bürogebäude zunächst einen Strich durch die Rechnung machen wollte.
Ich fuhr mit einer sehenden Person vor dem Vortrag in mein Büro, um meine Rakete, meine Spaceshuttle, meine sonstigen Modelle, meine Bücher für den Bücherstand und natürlich mein Skript für den Vortrag, einzuladen.
Als ich nun meinen Dienstausweis unten an die Haustür hielt, ließ sich diese problemlos öffnen.
Oben bei der Abschlusstür zu unserem Flur erlebte ich dann die böse Überraschung. Meine Karte wurde abgelehnt und die Türe ließ sich nicht öffnen.
Was sollte ich jetzt tun. Ohne meine Modelle, mein Script und allem wäre der Vortrag unmöglich.
Ich rief meinen Arbeitskollegen an, der mir riet, den Sicherheitsdienst anzurufen. Das tat ich dann unten vor der Tür mit dem Telefon beim Kartenleser. Jetzt weiß ich wenigstens, wie dieses Telefon funktioniert. Bei zwei oder drei Nummern erhielt ich die Auskunft, ich riefe außerhalb der Bürozeiten an. Ein Sicherheitsdienst hat also Bürozeiten in denen offenbar etwas passieren darf, dachte ich. Derjenige, der mich gefahren hatte, suchte mittlerweile irgend einen Menschen, der vielleicht helfen könnte, ohne Erfolg.

Mir war mittlerweile schlecht vor Schreck. Was sollte ich mit dem Abend machen. Ein stockendes Notprogramm mit dem Laptop fahren? Vielleicht..
Zwei Zigaretten später hatte ich dann die Idee.
Ich hielt es zwar für unwahrscheinlich, aber es könnte doch sein, dass meine Karte an der Abschlusstür zur Forschergruppe funktioniert. In dem Fall käme ich dann anders herum durch das Haus zu meinem Büro.
Zum Glück funktionierte die Karte dort, und wir konnten meine Sachen einladen. Gott sei Dank hatten wir so viel Zeit eingeplant, dass die Stunde Verspätung nichts ausmachte.
Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung eine riesige Menge vorher organisiert werden muss. Von der Technik, Beleuchtung, Auf- und Abbau und Bewirtung werden viele helfende Hände gebraucht, ohne die ich so etwas mit meiner Einschränkung nicht durchführen könnte. Der Hausmeister der Schule musste Wochenenddienst schieben, und andere Personen mussten auch bezahlt werden.
Die Schüler:innen der Jahrgangsstufe 11 hatten den Getränkeverkauf organisiert.
Was soll ich sagen.
Dass mein Comeback nach der Pandemie mit so einem Schrecken starten musste, hätte ich mir anders gewünscht.

Als wir dann endlich die Sachen eingeladen hatten und an der Schule ankamen, gab es zunächst eine weitere Klatsche. Super Technik war vorhanden, aber niemand da, der sie bedienen konnte.
Später kam dann zum Glück ein Techniker dazu, der bei Radio Querfunk arbeitet. Beziehungen sind das halbe Leben.
Als der kam, durfte niemand mehr den Mischpult bedienen außer uns. Und dann lief die Audiotechnik und die Beleuchtung innerhalb von 20 Minuten. Eine viertel Stunde vor Beginn des Vortrages waren wir fertig.
Zum Glück arbeitete die Schulklasse, welche die Bewirtung organisierte völlig autark, so dass wir uns wenigstens darum nicht zu kümmern brauchten. Alles in allem war ich schon durch den Vorfall im Büro und alles so erledigt, dass ich nicht wusste, wie ich die drei Stunden durchhalten sollte. Ich war völlig durch den Wind.

Und dann ging das Licht aus, eine Musik ertönte, ich wurde angekündigt und musste raus, auf die Bretter, die die Welt bedeuten.
Und da war es so, als würde ein Tuch weg gezogen. Ich sprach die ersten Worte, und wusste. Heute Abend wird mir nichts anbrennen. Ich musste fast nichts nachlesen, außer die Geschichten aus meinem Buch natürlich. Alles andere flog mir zu. Sogar aktuelle Bezüge, die ich gar nicht im Skript hatte. Ich glaube, dass im ganzen Vortrag kein einziges „Äh“ vor kam.

In der Pause kamen dann sehr viele Fragen. Wenn man eine Pause macht, hat man den Vorteil, dass die Leute sich zu mir und meinen Modellen trauen, und ein Buch kaufen, und nicht weg rennen. Den Buchverkauf wickelte der Sprecher des Beirates für Menschen mit Behinderung Rheinstetten ab, so dass ich wirklich Zeit für die Besucher hatte.
Wir waren um 150 Personen, wie mir gesagt wurde.
Die weiteste Anreise nahmen einige aus Ulm auf sich. Es waren acht Schüler:innen einer Blindenschule aus Stuttgart mit einem Kleinbus und zwei Freizeitpädagogen gekommen.
Es war der Oberbürgermeister mit Familie da, und zwei Gemeinderäte auch.
Die Resonanz nach dem Vortrag war unglaublich. Ich werde im Dorf und in der Bahn und beim Bäcker darauf angesprochen.
Es war wirklich ein unglaubliches Erlebnis.
OK, der Anfang hätte so nicht sein müssen, aber andererseits hatte ich so kaum Zeit für Lampenfieber.
Einige sehende Besucher:innen hätten sich gerne Folien an der Wand gewünscht, denn es gab keine spektakulären Weltraumvideos und mehr zu sehen. Ich erklärte ihnen, dass ich mir ja das Konzept von „Blind zu den Sternen“ zerstören würde, wenn ich dann doch wieder Folien für die Augen an die Wand würfe. Dieses Argument löste dann in vielen ein Aha-Erlebnis und eine Erkenntnis aus. In diesem Sinne habe ich ja dann meine Mission erfüllt.
Das ganze fand dann mit Brot, Dosenwurst und vielen guten Tröpfchen ein sehr schönes Ende.
Ich danke ganz besonders dem Beirat für Menschen mit Behinderung und dessen Sprecher Andi, der mir diesen Vortrag überhaupt ermöglichte. Andi hatte die ganze Organisation in Händen.
Aber wir haben auch ein wunderbares Helfer- und Assistent:innen-Team beisammen, die stets helfen und bereit stehen. Ohne euch würde so etwas überhaupt nicht funktionieren.

01.12. Adventskalender auf Blindnerd und Blautor

Ihr habt es ja gesehen. im Dezember 2023 erschien wieder mein Blindnerd-Adventskalender, den ich komplett Frauen widmete. Erstmalig veröffentlichte und administrierte ich auch den literarisch-weihnachtlichen Adventskalender unseres Blautor-Arbeitskreises. So hatte ich auch in jedem meiner Türchen ein weihnachtliches Element und unsere Blautoren bekamen immer eine spannende Wissenschaftlerin zu lesen. Beide Kalender sind überkreuz verlinkt. Das war ein sehr großer Erfolg. In diesem Jahr planen wir wieder etwas ähnliches. Lasst euch überraschen. Wenn ihr die Kategorie Weihnachtspost öffnet, könnt ihr die Kalender auch jetzt noch einsehen.

2. Adventswochenende Freizeit

So spät, wie in diesem Jahr, hatten wir unsere Freizeit des Evangelischen Blinden- und Sehbehindertendienstes Baden noch nie. Mitten im Advent., Das war neu.
Nachdem wir in den vorigen beiden Jahren die Themen Wasser und Licht hatten, befassten wir uns auf dieser Freizeit mit allem, rund um Steine.
Hier ein Auszug aus der Einladung, damit ihr euch ein Bild von der Vielfältigkeit dieses Themas machen könnt. Der ausführliche Freizeitbericht ist noch nicht fertig.

In diesem Jahr dreht sich unsere Freizeit um das Thema „Steine“. Steine können einem in Wege liegen, aus Stein kann man sichere Häuser bauen, Steine kann man werfen, und Steine können sehr edel sein. Zu keiner Zeit, als der Weihnachtszeit wechseln so viele Edelsteine ihre Besitzer.
Petrus ist der steinerne Fels in der Brandung. Und Sisyphus, der alte Grieche hatte das Problem mit dem Stein, den er nicht auf den Berg rollen konnte. Wie gut tut es uns, wenn uns ein Stein vom Herzen rollt.
Es kommt sogar vor, dass es Steine vom Himmel regnet.
Und dass das weiche Wasser den Stein höhlen kann, stet für Geduld und schließt den Kreis zur Freizeit 2021, wo es um das Wasser ging.
Wir werden uns in Andachten, Vorträgen und Übungen all diesen Aspekten rund um Steine annehmen.

Abspann

So, meine lieben, das war er, mein Jahresrückblick 2023.
Ich hoffe, dass er euch etwas Freude bereitet hat.
Er war etwas länglich, aber das ist immer so. Übrigens habe ich mir fest vorgenommen, künftig kürzere Artikel zu verfassen. Bin gespannt, ob mir das immer gelingen wird.
Auf jeden Fall danke ich euch, die mich und den Blog das ganze Jahr über begleitet habt.
Ich wünsche für uns alle ein Jahr 2024, mit mehr Frieden, weniger Krisen und dass für alle das bereit hält, was wir am nötigsten brauchen.

In diesem Sinne grüßt euch

Euer Blindnerd.

Vierundzwanzigster Dezember des Blindnerd-Adventskalenders 2023

Meine lieben,

Lasst mich heute meinen Adventskalender 2023 diplomatisch schließen. Ich gebe den Heiligen Abend keiner einzelnen Frau, sondern befasse mich mit Entwicklungen von Frauen in der Wissenschaft.
Ich hoffe, dass Ihnen und euch dieser etwas andere Weihnachtskalender Freude bereitet hat.
Allen wünsche ich hiermit das beste zum Feste und ein gesundes, friedliches und erfolgreiches Jahr 2024.

Es tut sich was

Vor etwas über einem Jahr stellte die ESA ihr neues Astronaut:innen-Chor vor. Aus über 22000 Bewerber:innen wurden fünf Berufs- und fünf Reserve-Astronaut:innen ganz Europas ausgewählt. Was mich sehr daran freut ist, dass fast die Hälfte der neuen Astronaut:innen nun endlich Frauen sind. Und ja, es ist sogar einer mit körperlicher Einschränkung dabei.

Im Gegensatz

Bei der letzten Auswahl vor vierzehn Jahren war lediglich eine einzige Frau dabei, nämlich
Samantha Cristoforetti aus Mailand, Italien.
Im Podcast @Raumzeit von Tim Pritlove berichtet sie in Folge 11 über ihre Ausbildung zur Astronautin. In Folge 64 erzählt sie über ihren Aufenthalt auf der ISS.
Da hat bei der aktuellen Auswahl doch ein Umdenkprozess bei der ESA stattgefunden.

Etwas Historie

Hier ein kurzer Abriss zu Frauen im Weltall.
Die erste Frau im All war keine „weiße“ Amerikanerin, sondern Frau Walentina Tereschkowa, die 1962 im Rahmen des soviettischen Weltraumprogramms in eine Umlaufbahn um die Erde geschickt wurde. Bis heute ist sie übrigens die einzige Frau, die ohne männliche Begleitung flog.

Die zweite Frau im All war ebenfalls eine Kosmonautin, Swetlana Sawizkaja.

1983 startete die erste Amerikanerin ins all.
Sally Ride war die erste US-Amerikanerin im Weltraum und nach den Kosmonautinnen Walentina Tereschkowa und Swetlana Sawizkaja die dritte Frau, die einen Raumflug absolvierte.

Bei der letzten Auswahl von Astronaut*innen der NASA 2017 wurden immerhin schon fünf Frauen von zwölf Bewerber*innen ausgewählt. Das waren:

  1. Zena Cardman, U.S. Marine Corps Maj
  2. Jasmin Moghbeli, U.S. Navy Lt
  3. Kayla Barron
  4. Loral O’Hara
  5. Jessica Watkins

Hoffnung

Wie gut Frauen in den anderen Weltraum-Nationen im All repräsentiert sind, weiß ich nicht, aber man kann schon sehen, dass es ein langer Prozess war, bis erkannt wurde, dass das All nicht nur uns Männern gehört.
Und nun ist hier Europa auch angekommen.
Vieles hat die Raumfahrt voran getrieben. Und wenn sie sich nun auch an Gleichberechtigung und Inklusion beteiligt, kann das durchaus ein Umdenken in der Welt unterstützen, was diese Missstände betrifft.
Zu einem schönen Artikel, der die neuen Astronaut:innen vorstellt, geht es hier lang.

Und unsere heutige literarische Weihnachtsüberraschung ist ein absoluter Knaller.
Bitte dringend Lesen.

Einundzwanzigster Dezember des Blindnerd-Adventskalenders 2023

Meine lieben,
wie schön ist es doch, wenn man auch noch kurz vor Weihnachten etwas neues lernen darf. Unsere heutige Wissenschaftlerin befasste sich mit etwas, wo von ich noch nie etwas gehört habe, und wenn, dann wusste ich nicht im Ansatz, was das gewesen sein soll. Nicht, dass ich ihren Forschungsgegenstand jetzt verstanden hätte, aber vielleicht reicht mein Halbwissen ja jetzt wenigstens für eine Party-Klugscheißerei. Wir werden sehen.

Chien-Shiung Wu: Die vergessene Heldin der Physik

Chien-Shiung Wu, geboren am 31. Mai 1912 in Shanghai, China, war eine herausragende Physikerin, die maßgeblich zum Verständnis der Kernphysik beigetragen hat. Obwohl sie während ihrer Karriere zahlreiche bedeutende Entdeckungen gemacht hat, bleibt ihr Name oft im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Dieser Artikel würdigt das beeindruckende Erbe von Chien-Shiung Wu und ihre entscheidende Rolle in der Welt der Wissenschaft.

Chien-Shiung Wu zeigte schon früh eine außergewöhnliche Begabung für Mathematik und Naturwissenschaften. Ihre akademische Laufbahn begann sie an der Nationalen Zentraluniversität in Nanking, wo sie Physik studierte. Nach ihrem Bachelorabschluss im Jahr 1934 setzte sie ihre Studien in den Vereinigten Staaten fort und erwarb 1936 ihren Masterabschluss an der University of Michigan. Später promovierte sie an der University of California, Berkeley, und begann ihre Forschungstätigkeit im Bereich der Kernphysik.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Chien-Shiung Wu Teil des berühmten Manhattan-Projekts, das sich mit der Entwicklung der Atombombe befasste. Ihre Arbeit trug wesentlich dazu bei, die Uran-Isotope zu trennen und somit die Grundlage für die spätere Herstellung von Plutonium zu legen. Wu spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Methoden zur Massenspektrometrie, die die Analyse von Isotopen ermöglichten.

Chien-Shiung Wu erlangte weltweite Anerkennung durch ein Experiment, das als das „Wu-Experiment“ bekannt wurde. In den 1950er Jahren arbeitete sie mit Kollegen an der Columbia University an Experimenten zur Paritätsverletzung in der schwachen Wechselwirkung. Ihre Arbeit trug dazu bei, eine grundlegende Lücke im Verständnis der Physik zu schließen. Das Wu-Experiment widerlegte die Annahme, dass die schwache Wechselwirkung die Parität, eine Symmetrieoperation, erhält. Dies war eine bahnbrechende Entdeckung, die später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

Trotz ihrer beeindruckenden Leistungen erhielt Chien-Shiung Wu nie den Nobelpreis. Dies führte zu Kontroversen und Diskussionen über die Rolle von Frauen in der Wissenschaft und die Ungleichheiten, denen sie gegenüberstehen. Wu selbst äußerte sich selten zu diesen Fragen, konzentrierte sich jedoch weiterhin auf ihre Forschung und ihre Lehrtätigkeiten.

Chien-Shiung Wu hat einen unverkennbaren Beitrag zur Physik geleistet und zahlreiche Hürden überwunden, die Frauen in der Wissenschaft oft im Wege stehen. Ihr Vermächtnis lebt in den wissenschaftlichen Entdeckungen fort, die sie ermöglicht hat, und in der Inspiration, die sie für kommende Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern darstellt. Es ist an der Zeit, die vergessene Heldin der Physik gebührend zu würdigen und ihr einen Platz im Pantheon der Wissenschaft zu geben.

So, und nach dieser vielen Theorie, stimmen wir uns literarisch langsam auf den Heiligen Abend ein.

Zwanzigster Dezember des Blindnerd-Adventskalenders 2023

Meine lieben,
auch die heutige Frau befasst sich mit einer Wissenschaft, in welcher ich mich so überhaupt nicht auskenne. Aber was sie entdeckte ging durch alle Medien, und lieferte erheblichen Diskussionsstoff in Wissenschaft, Philosophie, Ethik und Religion. Es ist vermutlich mal wieder so eine Entdeckung, die, wie so vieles Fluch und Segen gleichzeitig ist.

Jennifer Doudna ist eine renommierte Biochemikerin und Molekularbiologin, die für ihre bahnbrechenden Beiträge zur Gentechnik und Genom-Editierung bekannt ist. Geboren am 19. Februar 1964 in Washington, D.C., hat Doudna eine beeindruckende Karriere in der Wissenschaft hinter sich.
Doudna erwarb ihren Bachelor-Abschluss in Biochemie an der Pomona College und promovierte dann in Biochemie und Molekularbiologie an der Harvard University. Ihre Forschung konzentrierte sich auf die Struktur und Funktion von RNA-Molekülen, insbesondere auf Ribozyme, die katalytische RNA-Spezies.
Ein bedeutender Meilenstein in Doudnas Karriere war ihre Zusammenarbeit mit Emmanuelle Charpentier, einer französischen Mikrobiologin. Gemeinsam entwickelten sie die bahnbrechende CRISPR-Cas9-Technologie, eine Methode zur gezielten Genom-Editierung. Diese Technologie ermöglicht es, Gene präzise zu verändern, zu reparieren oder zu entfernen und hat das Potenzial, zahlreiche Anwendungen in der Medizin, Landwirtschaft und Biotechnologie zu revolutionieren.
Die CRISPR-Cas9-Technologie hat bereits dazu beigetragen, Fortschritte in der Gentherapie, der Erforschung genetischer Krankheiten und der Entwicklung von resistenten Pflanzen in der Landwirtschaft zu erzielen. Der Durchbruch von Doudna und Charpentier führte zu zahlreichen Auszeichnungen und Anerkennungen, darunter der Nobelpreis für Chemie im Jahr 2020.
Jennifer Doudna ist nicht nur eine herausragende Wissenschaftlerin, sondern auch eine engagierte Verfechterin der ethischen Anwendung von Genom-Editierung. Sie hat sich aktiv an Diskussionen über die ethischen Implikationen und den verantwortungsbewussten Einsatz dieser Technologie beteiligt.
Als Professorin für Molekular- und Zellbiologie sowie Chemie an der University of California, Berkeley, setzt sich Doudna weiterhin für die Ausbildung und Förderung von Wissenschaftlern ein. Ihr Beitrag zur Wissenschaft und ihre Fähigkeit, komplexe Forschungsergebnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen, haben sie zu einer inspirierenden Figur in der wissenschaftlichen Gemeinschaft gemacht.
Insgesamt hat Jennifer Doudna durch ihre wegweisenden Arbeiten in der Genom-Editierung und ihre engagierte Haltung gegenüber ethischen Fragen einen bedeutenden Einfluss auf die moderne Biowissenschaft und die Gesellschaft als Ganzes ausgeübt.

Undn nun darf auch heute unser literarisches Leckerli nicht fehlen.

Neunzehnter Dezember des Blindnerd-Adventskalenders 2023

Meine lieben,
noch nie habe ich vorher von dieser Frau gehört, aber als ich es tat, war ich sofort begeistert. Die muss einfach rein in den Adventskalender.

Rachel Carson: Pionierin der Umweltbewegung
Rachel Carson, geboren am 27. Mai 1907 in Springdale, Pennsylvania, und gestorben am 14. April 1964 in Silver Spring, Maryland, war eine herausragende Meeresbiologin, Naturforscherin und Verfasserin, die als eine der Wegbereiterinnen der modernen Umweltbewegung gilt. Ihr bahnbrechendes Werk „Silent Spring“ (1962) hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Umweltdebatte und trug maßgeblich zur Gründung der Umweltschutzbewegung bei.
Die frühen Jahre:
Rachel Carsons Interesse an der Natur wurde bereits in ihrer Kindheit geweckt. Sie studierte Biologie an der Pennsylvania College for Women (heute Chatham University) und erwarb später einen Master-Abschluss an der Johns Hopkins University. Ihr Weg führte sie in die Welt der Meeresbiologie, wo sie sich auf marine Lebensformen spezialisierte.
Meilensteine in der Karriere:
Carson begann ihre berufliche Laufbahn beim U.S. Bureau of Fisheries und schrieb erste Artikel über Meeresbiologie. Ihr erstes Buch, „Under the Sea-Wind“ (1941), erntete bereits Anerkennung, aber es war „The Sea Around Us“ (1951), das sie weltweit bekannt machte. Das Buch gewann den National Book Award und verbrachte Wochen auf der Bestsellerliste der New York Times.
Silent Spring:
Carsons bahnbrechendes Werk, „Silent Spring“, rüttelte die Welt auf. Das Buch prangerte die Auswirkungen von Pestiziden, insbesondere DDT, auf die Umwelt an. Carson warnte vor den Folgen des exzessiven Einsatzes chemischer Pestizide und argumentierte überzeugend für einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt. Ihre klare Sprache und die kritische Analyse beeindruckten Leser und schockierten gleichzeitig durch die Enthüllung der Umweltauswirkungen.
Ein Vermächtnis:
Trotz heftiger Kritik von Teilen der Chemieindustrie führte „Silent Spring“ zu einer verstärkten öffentlichen Sensibilisierung für Umweltfragen. Die Umweltschutzbewegung gewann an Schwung, und es wurden Gesetze erlassen, die den Einsatz von gefährlichen Chemikalien regulieren sollten.
Rachel Carson erlag 1964 einem Krebsleiden, doch ihr Erbe lebt weiter. Ihr Einfluss auf die Umweltbewegung ist unbestreitbar, und sie wird als Vorreiterin des Umweltschutzes und als Stimme für die Natur in Erinnerung bleiben. Zahlreiche Naturschutzgebiete und Umweltorganisationen tragen ihren Namen und setzen ihr Werk fort. Rachel Carson hat die Welt nicht nur durch ihre Forschung, sondern auch durch ihre unerschütterliche Überzeugungskraft und ihren klaren Verstand nachhaltig geprägt.

Und nun kommt noch die Weihnachtsgeschichte

Achtzehnter Dezember des Blindnerd-Adventskalenders 2023

Meine lieben,
im Artikel zum 18. Dezember würdigen wir eine Frau, die sich wissenschaftlich mit dem „Funkeln“ der Sterne befasste. Das meiste Funkeln hier auf Erden entsteht zwar durch die Bewegung unserer Atmosphäre, aber es gibt tatsächlich Sterne, die periodisch ihre Helligkeit verändern. Unsere Sonne tut das auch, aber für uns nicht sichtbar.

Henrietta Swan Leavitt, geboren am 4. Juli 1868 in Lancaster, Massachusett, gestorben am 12. Dezember 1921 in Cambridge, Massachusetts war eine US-amerikanische Astronomin. Sie entdeckte 1912 die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung, das heißt den Zusammenhang zwischen der absoluten Leuchtkraft der Sternklasse der Cepheiden (Helligkeitsveränderliche Sterne) und deren Perioden unterschiedlicher Helligkeit. Sie legte damit den Grundstein zur Verwendung der Cepheiden als Standardkerzen, um zunächst Entfernungen zu nahe gelegenen Galaxien bestimmen zu können.
Ich finde es äußerst bemerkenswert, dass es einen zuverlässigen Zusammenhang zwischen der Periode in welcher so ein Stern heller und dann wieder dunkler wird und der absoluten Helligkeit gibt. Somit eignet sich dieser Zusammenhang tatsächlich zur Entfernungsbestimmung, denn die Helligkeit konnte man schon ganz gut messen, und wenn man jetzt noch die „Blink-Periode“ betrachtet, dann klappt das mit der Entfernungsbestimmung schon ganz gut.

Levitts Methode reicht bis zu einer Entfernung von 20 Millionen Lichtjahren. Bevor Levitt diese Beziehung bemerkte, benutzten Astronomen Parallaxe und Triangulation die bis zu einigen hundert Lichtjahren benutzt werden können. Unsere Galaxie, die Milchstraße, ist aber schon 105700 Lichtjahre groß. Für das Messen von größeren Entfernungen benutzt man auch die maximale Masse von weißen Zwergen. Das ist aber eine andere Geschichte…

Für Astronomie interessierte sie sich bereits schon in der Schule. Durch eine Krankheit wurde sie fast vollkommen taub. Trotzdem bekam sie 1895 am Harvard College Observatory eine Volontärstelle, und sieben Jahre später wurde ihr eine feste Anstellung angeboten (für 30 Cent die Stunde). Dort beobachtete und katalogisierte Leavitt veränderliche Sterne, allein 1904 konnte sie 172 veränderliche Sterne in der großen und 59 in der kleinen Magellanschen Wolke entdecken. Ihre Beobachtungen musste sie auf die Auswertung von Fotografien beschränken, weil Frauen der Gebrauch des Teleskops verboten war.
Interessant ist an dieser Stelle, dass der gehörlose Astronom John Goodricke sich mit ganz ähnlichen Dingen beschäftigte. Die beiden konnten sich nicht gekannt haben.
Über ihn schrieb ich in meinem Buch in „Wissenschaftler mit vier Sinnen“.
Ein Jahr darauf berichtete sie von 843 neuen veränderlichen Sternen in der kleinen Magellanschen Wolke. 1912 entdeckte Leavitt die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung bei Cepheiden.
1913 gelang dem Astronomen, Ejnar Hertzsprung dann die Bestimmung der Entfernung einiger Cepheiden der Milchstraße, womit die Entfernung zu allen Cepheiden kalibriert werden konnte. Als 1920 durch Edwin Hubble Cepheiden identifiziert wurden, die Millionen Lichtjahre entfernt lagen, wies er mit Hilfe des Modells von Leavitt nach, dass es sich dabei um Sterne in anderen Galaxien wie in der Andromedagalaxie handelte. Auch konnten erstmals Entfernungen zwischen verschiedenen Galaxien bestimmt werden. Vor diesen Entdeckungen konnte man nur mit Entfernungen bis zu 100 Lichtjahren rechnen, danach stellten Distanzen bis zu 10 Millionen Lichtjahren kein Problem mehr dar.
In all den Jahren der Beobachtung des Sternenhimmels konnte Leavitt vier Novae beobachten und über 2400 neue veränderliche Sterne entdecken. Außerdem entwickelte sie eine neue photographische Messtechnik, die 1913 internationale Anerkennung fand und unter dem Namen Harvard-Standard bekannt ist.
Henrietta Swan Leavitt gilt als Pionierin der Wissenschaft, und das nicht nur, weil sie eine der wenigen und ersten Frauen in höheren Wissenschaften war. Sie war Mitglied in diversen Verbindungen wie

  • Phi Beta Kappa, der American Association of University Women,
  • der American Astronomical and Astrophysical Society,
  • der American Association for the Advancement of Science
  • und ein Ehrenmitglied der American Association of Variable Star Observers.

1921 starb Henrietta Swan Leavitt an Krebs. Zu ihren Ehren tragen der 1973 entdeckte Asteroid (5383) Leavitt und ein Mondkrater (Mondkrater Leavitt) ihren Namen. In Unkenntnis ihres Todes erwog der schwedische Mathematiker Gösta Mittag-Leffler 1925, Leavitt für einen Nobelpreis vorzuschlagen. Da dieser jedoch nicht postum verliehen wird, ging sie letztlich leer aus.

Und nun geht es wie immer zum Schluss zu unserer literarischen Weihnachtsgeschichte.