Mein Astronomischer Jahresrückblick für 2017


Meine lieben Leserinnen und Leser,

keiner dürfte wohl länger an einem Artikel geschrieben haben, als ich an diesem. Er entsteht vortlaufend im Laufe des Jahres. Nachtragen geht nicht gut. Das vergisst man.
Hier nun mein Jahresrückblick für 2017.

Das darf nicht als Selbstbeweihräucherung oder Bauchpinselei verstanden werden. Ich möchte es einfach in aller Würde und Bescheidenheit mit euch teilen.
Obwohl, und das gebe ich ehrlich zu. Positive Rückmeldung tut schon gut. Negative Rückmeldung fördert die Weiterentwicklung meiner Artikel, und keine Rückmeldung, bewirkt höchstens Unsicherheitbis hin zu manchmal einem Gefühl der Sinnlosigkeit, was man hier tut.
Das soll jetzt aber niemanden ein Gewissen machen. Was glaubt ihr, wieviel Kram, den ich bekomme, nicht lese, und wenn, dann nicht rückmelde. Die Zeit hat dazu niemand.
Es sind hier auch manchmal Menschen beteiligt, die in dieser Liste mitlesen, mich unterstützen und mir Türen öffnen.
Dank an alle, die das betrifft. Fange ich an aufzuzählen, vergesse ich welche. Deshalb ein zwar pauschaler aber nicht minder tief empfundener Dank an euch.

Nur einen Dank möchte ich besonders hervorheben.
Würde ich nicht am Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) arbeiten, könnte ich nicht auf Ressourcen, wie 2D- und 3D-Drucker zurückgreifen und würde die Leitung diese Arbeit nicht mittragen, dann wären diese Vorträge schlicht und ergreifend unmöglich durchführbar. Das muss hier einfach mal gesagt sein. Danke SZS.

Grundsätzlich kann ich sagen, dass im großen und ganzen das Jahr 2017 ein gutes Jahr war. Mir und meinen Vorträgen hat sehr gut getan, dass ich nicht mehr so viele Veranstaltungen, wie in 2016, durchgeführt habe. Ende 2016 war ich dann doch etwas ausgebrannt und ausgelaugt und gesundheitlich angeschlagen. Das war eine Erfahrung und ich richte mich danach.
Hier nun einige Highlights:

März 2017:
Veröffentlichung zweier Artikel im Blogg „#Anders und doch Gleich“ von Frau Tillmann
Auf diesem Blog werden u. A. Profile von Menschen gesammelt, z. B. Berufsbilder, wie man Hobbies mit Seheinschränkung ausübt etc.
Es sind sehr spannende und lesenswerte Artikel darunter.
Der erste Link führt zu einem Artikel, der mein Berufsbild in Karlsruhe beschreibt.
„Zum Blog“
Und hier geht es zu einem Artikel, der beschreibt, wie ich zur Astronomie kam.
„Wie ich zur Astronomie kam“
04.04. Vortrag Deutsch-Englischer Freundeskreis
Das war eine große Ehre für mich, dass mein ehemaliger Vorgesetzter mich einlud, einen Vortrag für diesen Freundeskreis, zu halten. Ich konnte sehr viel Astronomie finden, die die Deutsch-Engl. Freundschaft vertieft, z. B. Herschel mit Schwester und viele mehr.
Somit war das eine schöne Sache. Auch hier zeigte die Astronomie sich wieder durch ihren verbindenden und Grenzüberschreitenden Charakter aus.

Im Mai schloss sich dann eine weitere Einladung zu diesem Verein an. Diesmal nicht astronomisch, sondern ich durfte einen Vereinsabend musikalisch mitgestalten, als die Delegationen der Partnerstädte zu Besuch waren.

12.05. Lesung auf der Rehab-Messe Karlsruhe
Auf dieser Messe werden Hilfsmittel für alle Einschränkungen ausgestellt. Vom Pflegebett über den High-Tech-Rollstuhl bis zum Langstock für Blinde, findet man hier alles.
Zur Rehab Karlsruhe
Im Rahmen dieser Messe findet ein Kulturkaffée statt. Da wurde ich eingeladen, eine Lesung zu halten. Das war einer meiner schlimmsten Vorträge, die ich jemals hielt. Das Kaffée bestand aus einem Teppich, auf welchen man einfach etwas Mobiliar stellte. Ansonsten war es ganz offen. Akustisch war es so unmöglich, eine Lesung zu halten. Ich hatte dann auch nur vier  Besucher, und die kannte ich alle.
Das darf die Messeleitung so niemandem mehr zumuten. Naja, ich habe es hinter mich gebracht und die Moderatorin war klasse.

Juni Vorstellung des Projektes Planetenweg Barrierefrei bei Agenda21 Durmersheim
Dieser Verein ist sehr rührig. Sie unterstützen sehr vielfältige Projekte, Blumenwiesen, Bemalen von Stromkästen, und unterhalten u. A. einen Planetenweg.
Vor vielen Jahren sind wir den Planetenweg mal im Rahmen eines Betriebsausfluges gewandert.
Dabei erzählte uns ein Mitglied sehr schön über die Planeten und, was es sonst so auf einem Planetenweg zu sagen gibt. Dessen erinnerte ich mich wieder, und so kam es zu dem Kontakt.
Sternfreunde Durmersheim
Es wäre doch schön, wenn dieser Planetenweg auch irgendwie für Menschen mit Seheinschränkung zugänglich gemacht werden könnte.
Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze. Braille-Tafeln haben den Nachteil, dass sie relativ wenig Information enthalten, dass sie Vandalismus zum Opfer fallen können und eventuell auch verwittern.
Es gibt zahlreiche modernere Ansätze, wie man so etwas umsetzen könnte, z. B. Beacons, eine App fürs Handy, QR-Codes etc.
Mit Unterstützung des Vereines „Andersicht eV“, der sehr viel Erfahrung in der Umsetzung derart touristischer Projekte hat, soll mittelfristig eine Lösung erarbeitet und gefunden werden.
Verein Andersicht e. V.
Das wird ein Projekt für 2018 werden, denn 2017 ist, das muss ich zu meiner Schande gestehen,  noch nicht viel dazu passiert.

31.05.17 Planetarium Saarlouis
Wer sich noch erinnert. Im letzten Jahr durfte ich einen Vortrag in einem mobilen Planetarium halten, das in der Orgelfabrik Durlach, gastierte.
Der Besitzer dieses Planetariums bot mir an, einen Vortrag in Saarlouis zu halten, wo das Planetarium im „Alten Theater“ aufgebaut war.
Das war eine großartige Veranstaltung, weil ich neben meinem Vortrag noch einige andere erleben durfte. Ganz besonders beeindruckte mich der Vortrag vom #Weltraum-Atelier. Die führen großartige Projekte zur barrierefreien Astronomie durch, z. B. Videos mit Gebärden, viele taktile Modelle und arbeiten auch mit Universe2Go. Nicht zuletzt beherbergen sie die Filmkulisse von Apollo13.
Leider ist es mir bisher noch nicht gelungen, dort einen Besuch abzustatten. Das ist aber ein dringend geplantes Projekt für 2018.
Zum Weltraumateier
Hier noch ein Artikel zu diesem großartigen Event.
Saarbrücker Zeitung

01.08.17:
hier kam ich mit einer Übersetzerin in Kontakt. Sie fand mich vor Jahren mal auf einer Hilfsmittel-Messe, wo wir immer einen Stand von Institut aus haben. Dort zeigte ich ihr Astronomie-Modelle und sie kaufte mein Buch.
Nun ist sie dabei, mein Buch ins Englische zu übertragen. Das ist eine großartige Sache. So kann ich mit meiner Mission sicherlich noch viele Menschen erreichen.
Mehr als die Hälfte ist schon übersetzt und es ist rührend schön.

Zu Tränen gerührt und ergriffen war ich, als meine Saturn5 aus Lego fertiggestellt vor mir stand.
Das ist einfach ein weiteres Stück welt, das mir nun erschlossen ist. Wer mein Buch gelesen hat, erinnert sich vielleicht noch daran, was ich über die Mondlandung schrieb. Das werde ich nun in der Engl. Version etwas updaten müssen.

Sehnsuchtsvoll erwarte ich einen Relief-Mond, den ich mir bestellt habe. Leider ist er erst wieder im Januar lieferbar. Kein Problem. Dann wird’s ein Geburtstagsgeschenk.
Wenn ich den habe, werde ich ihn an die Wand hängen und die Rakete natürlich darunter stellen. Das ist dann mein Astro-Nerd-Altar…

Und so sieht er aus:
https://www.interkart.de/3d-relief-landkarten/3d-relief-laender-regionen/3d-relief-karte-„>“Abbildung Mondkarte“
mond.html

20.08.17 Sonnenfinsternis Schwarzach Österreich
Mit sehr guten Freunden verbrachte ich meinen Sommerurlaub in Schwarzach bei Lindau. Das ist ein Haus, das auf die Bedürfnisse von Menschen mit Seheinschränkung eingerichtet ist, so dass sogar ein Urlaub ohne Begleitperson möglich wird.

Dort entschied ich mich, kurzer Hand die Amerikanische Sonnenfinsternis vom 20.08. zum Anlass zu nehmen,
und einen kleinen Vortrag zu Sonnenfinsternisse, zu halten. Wir waren ein kleines, aber feines und sehr interessiertes Grüppchen. Einige taktile Abbildungen und Geräusche hatte ich mir vorsorglich mal mit ins Gepäck gesteckt.
In diesem Zusammenhang darf ich an die literarisch wohl schönste Beschreibung einer Sonnenfinsternis des Österreichischen Dichters Adalbert Stifters erinnern.
Sonnenfinsternis von Adalbert Stifter

Ansonsten machte ich in diesem Urlaub einen sehr beeindruckend schönen Gleitschirm-Flug.
Wenn man sich an ein großes Tuch unter den Himmel hängt, ist man dem Traum vom Fliegen körperlich deutlich näher, als in einem großen Flugzeug.
Technisch gesehen war das Zepelin-Museum in Friedrichshafen sehr eindrucksvoll. Ich habe mir gleich ein Modell der Hindenburg mitgenommen.
Ich wurde in diesem Urlaub auch viel zu Astronomie befragt. Viele Menschen interessieren sich doch dafür und greifen die Gelegenheit am Schopfe.

Und hier noch ein verblüffendes Astro-Erlebnis aus diesem Urlaub.
in diesem Urlaubshaus gibt es eine kleine Bibliothek mit Punktschrift-Büchern.
Ich griff in ein Regal und begann den Rücken eines Bandes zu lesen.
Das gibt es doch nicht. Da stehen um 100 Punktschriftbände vor mir und ich wollte einfach nur mal so schauen. Kurz um. Was finde ich?
einen Band von Carl Friedrich von Weizsäcker, dem Physiker und Bruder des Ex-Bundespräsidenten, mit dem Titel „Sterne sind glühende Gasbälle“ oder so ähnlich.
Das muss sehr alt sein. Das sehe ich am Einband. Hach, wäre das ein schönes Stück für meine Sammlung, wo es sicherlich mehr Beachtung fände.
Es gibt so gut wie nichts über Astronomie in Punktschrift.

30.08. Beratung und Planung einer Kinderveranstaltung für angehende Erzieher zum Thema Weltall
Ein Coach und ganz wunderbarer Mensch, mit dem unser Institut Bewerbertrainings etc. für unsere Studierenden durchführt, trat mit einem sehr interessanten Projekt an mich heran. Aus seinem Bekannten- bzw. Verwandtenkreis wollte eine angehende Erzieherin mit Kindern ein Projekt zum Thema Weltall machen.
Wir brainstormten das ganze und inzwischen ist die Weltall-Woche gelaufen. Es hat sehr viel Freude bereitet, hier zumindest mit zu brainstormen. In ihrer Ausarbeitung habe ich auch mich wieder finden können.

07.09.17
Hier durfte ich im Rahmen eines Ferienprogramms für Brennpunkt-Kinder einen Nachmittag Astronomie machen. Es ist immer wieder rührend schön, wieviel lebendiges Kinderwissen über Astronomie vorhanden ist. Auch diesmal empfand ich es so, dass Astronomie erst mal soziale Benachteiligung  aufhebt, Barrieren überwindet, von den Problemen des Alltages ablenkt und viel Frieden und Ruhe in eine Gruppe hineinbringt. Selbst dort, wo verschiedene Migrationshintergründe und Verhaltensauffälligkeiten vorhanden sind.
Und die Begeisterung war grenzenlos, denn ich nahm zum ersten Mal meine Rakete mit.
Ganz vorsichtig zerlegte ich sie in alle Brennstufen, das Servicemodul, packte den Eagle oben in Brennstufe III, baute Stabilisatoren und düsen ab, und verpackte alles in mehrere Tüten, so dass ich genau wusste, wenn was in der Tüte abbricht, dann gehört es zu Stufe X…
Hat perfekt funktioniert. Tasten sehende Erwachsene die Rakete ab, dann bricht schon mal was ab. Bei den Kindern, so gut wie gar nicht.
Kurz um. Ich habe sie vollständig wieder hier.

14.09.2017
Tief bewegt, etwas wehmütig und ein kleines Tränlein verdrückend, verfolgte ich das finale Ende der so großartigen und erfolgreichen Mission Cassini-Huygens.
Diese Mission war so erfolgreich, dass man sie würdigen sollte. Von der Planung, zum Start, über die Ankunft am Saturn, der Durchführung der Mission bis zum Ende sind um 30 Jahre vergangen. Somit hängen Lebenswerke vieler Wissenschaftlergenerationen und Experten dran.
Noch nie konnte ich an einer Mission derart partizipieren, wie bei Cassini-Huygens. Grund dafür ist einfach, dass es Podcasts dazu gab. Damit kann man derlei erleben, mitfiebern und naja, auch etwas mit traurig sein, wenn es dann zu Ende geht. Es ist nicht zu ermessen, wie wertvoll das Medium Podcast für mich als Zugang zu Bildung und Wissenschaft, mit den Jahren geworden ist.

Es gibt sogar Geräusche der Mission, z. B. in Folge30 von #Raumzeit hört man den Fahrtwind, den der Lander Huygens beim Abstieg durch die dicke Titan-Atmosphäre, erzeugt.

Auch Teilchen beim Durchgang durch die Ringe sind zu hören.

Somit ist diese Mission für mich eine Hörmission geworden.

Hier nochmal der Link zu diesem Fahrtwind.
Geräusch des Abstiegs von Huygens auf den Saturnmond Titan“

20. September:
Leider ist es mir diesmal nicht gelungen, am Outreach-Workshop der Deutschen Astronomischen Gesellschaft teilzunehmen. Einen Sponsor dafür hätte ich gehabt, konnte aber keine Assistenz finden. Gerne hätte ich dort mal präsentiert, was sich seit Erscheinung meines Buches so bei mir getan hat.
Vielleicht bietet sich die Gelegenheit im nächsten Jahr.

06. Oktober Sternfreunde Durmersheim
Neben dem Verein Agenda21 verfügt Durmersheim über eine kleine Sternwarte und den Verein Sternfreunde Durmersheim.
Ich war eingeladen, einen Vortrag für ihre öffentliche Monatsveranstaltung zu halten. Es war eine kleine aber feine Veranstaltung. Vermutlich weil klar war, dass ob des Wetters die anschließende Beobachtung ausfallen würde, kamen leider nicht so viele, wie erwartet.
Schön war aber an diesem Vortrag, dass ich auf Astronomie-Grundwissen bauen konnte. Somit musste ich nicht alles erklären und wir hatten mehr Zeit für das eigentliche Thema, nämlich, wie ich als Blinder Astronomie treibe.

11.11. Bezirksgruppe Südhessen des DVBS in Marburg
Der Deutsche Verein für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf, ist ein Selbsthilfe-Verein, der sich um berufliche, rechtlich bildungsbezogene und viele weitere Belange und Themen kümmert.
DVBS
Dank einer Empfehlung von #andersicht, wurde ich nach Marburg eingeladen, um einen Astronomie-Nachmittag für die Mitglieder durchzuführen. Das war wirklich unglaublich, wie interessiert diese Gruppe, meist Damen, war. Aus 90 Minuten Vortrag wurden weit über zwei Stunden, und die Fragen rissen auch beim gemeinsamen Abendessen nicht ab.
Es war eine sehr harmonische und schöne Veranstaltung.

17.11. Eine Mio Sterne Caritass Bruchsal
Dieser Vortrag war von langer Hand geplant.
Dank an #trimentor für den Vorschlag, den Vortrag mir zu geben.
Mit dieser Aktion beging der psychiatrische Dienst Bruchsal sein 30jähriges Jubiläum. Passend zu dieser Sternen-Aktion durfte ich quasi einen Festvortrag halten.
Der Schwerpunkt war hier die Astronomie als Chance für Inklusion. Und ich muss sagen, der Vortrag war richtig schön und rund. Ich wurde zuhause abgeholt, weil das mit dem Astrokoffer immer so eine Sache in Zügen ist, ich wurde aufs herzlichste empfangen, und danach wieder mit einem guten Tröpfchen im Gepäck, wieder heim gebracht.
Eine kreative Küchenleiterin backte Astronomie-Gebäck. Es gab Blätterteigmonde, Hackfleischplaneten, Kürbissterne etc. Einfach rührend und schön war das.
Hier gibt es einen wunderbaren Artikel über diese Veranstaltung.
Zum Artikel

Meine letzte Veranstaltung am 08.12. war ganz besonderer Natur. Ich durfte in einer Bibliothek in der Nähe von Freiburg, die ein Freund von mir leitet, einen Vortrag über den Weihnachtsstern halten. Besonders daran war, ich sprach Alemannisch. Wer mich kennt, weiß vielleicht, dass ich aus dem fast südlichsten Teil Deutschlands komme. Dort wird noch gutes und schönes Alemannisch gesprochen. Mir ist das ein Herzensanliegen, dass Dialekte gepflegt werden. Damit meine ich gar nicht, dass man Lokalpatriot sein muss, aber es ist ein Stück schützenswerte Kulturgeschichte.

So, ich glaube, ich bin am Ende meiner Highlights angekommen.
Sicherlich habe ich etwas vergessen.
Wie oben geschrieben. Ich fand, dass mein 2017er-Jahr ganz OK war. Jetzt wünsche ich eine gute Zeit, bis wir uns entweder zwischen den Jahren oder Anfang 2018 wieder hören.

Es grüßt euch

Euer Gerhard.

Weihnachtlicher Kerzenschein im All


Meine lieben Leserinnen und Leser,

 

Weihnachten wird in unterschiedlichen Kulturen verschieden gefeiert. Das wissen wir längst.
Dass die „Heilige Familie“ wohl eher einen Flüchtlingsstatus, denn eine beschauliche Familie mit trautem Heim darstellt, sollten wir in dem, was wir sagen, was wir wählen, wess Lied wir singen, gerade zur Weihnachtszeit gründlich überdenken.
Das weltumspannende Weihnachtslied „Stille Nacht“ ist allen hinlänglich geläufig und jeder verbindet unterschiedliche Erfahrungen damit.
Wie sieht es aber zu Weihnachten für unsere Astronauten auf der Raumstation aus? Den Sternen etwas näher, von Hirten und Königen unerreichbar, ohne Schwerkraft, müssen sie irgendwie ihr Weihnachtsfest verbringen. Davon, und welche wichtige Rolle Kerzenschein im Weltraum spielt, handelt mein neuer Blogeintrag. Ich würde mich freuen, wenn ihn jemand liest.

 

Einen Weihnachtsvollmond gibt es dieses Jahr leider nicht, und den Weihnachtsstern hebe ich mir für Später auf. Deshalb heute mal einige ganz andere Überlegungen zu diesem Lichtfest.

Kein Weihnachten wäre ohne Kerzen denkbar. Sie spenden Licht, schaffen eine warme gemütliche Umgebung und duften auch noch wunderbar. Gemeint sind hier natürlich die Wachskerzen und nicht die Elektrischen. Wenn die mal riechen, dann stimmt etwas nicht und man sollte sich Gedanken machen…
Wie betrüblich ist es doch, dass unsere Astronauten Weihnachten nicht im Kreise ihrer lieben mit Baum, Weihnachtsgans etc. verbringen können.
Sie müssen leider auch Auf Wachskerzen-Schein und Feuerchen im Kamin auf der ISS verzichten.

Eine Flamme in Schwerelosigkeit degeneriert zu einem kleinen lächerlichen Feuerbällchen. Grund dafür ist, dass die Schwerkraft dafür sorgt, dass wärmere Gase nach oben steigen und von unten her kältere Luft mit Sauerstoff nachströmen kann.
Ohne Schwerkraft keine Konvektionsströmung, die auch für den Wärmetransport unbedingt erforderlich ist.
Das soll aber nicht heißen, dass Feuer in einem Raumschiff deshalb ungefährlich seien.
Auf der Mir brach eines am 25.02. 1997 aus, als der Deutsche Astronaut Ulf Merbold an Bort war.
Das Feuer entstand im Zusammenhang mit einer Sauerstoffpatrone. So lange die nachliefert, fackelt es auch in einer Raumstation ganz schön.

Ein geldverschlingender Unsinn, der mit Feuer im Weltraum zu tun hatte war, dass zwei
Russische Kosmonauten die Olympia-Fackel ins All getragen haben.
Das war ein Großer PR-Auftritt vor den Winterspielen 2014 in Sotschi;
Zum Auftakt eines „Fackellaufs der Superlative“.
Einziger Makel: die fehlende Flamme.
Ganz davon abgesehen, dass niemand erlaubt hätte, ein Feuerchen in die ISS zu tragen.
Ich brauche nicht zu erwähnen, dass man sie außerhalb der ISS ohne Sauerstoff nicht hätte entzünden können. Somit war diese Aktion völlig unnötig und ein großer Quatsch.

Man hätte schon in der ISS eventuell eine längliche Flamme hin bekommen
können. Man müsste die Fackel hierfür dann einfach in einem Luftstrom
entzünden. Dann wird der Abtransport der Wärme und die Zufuhr mit
frischem Sauerstoff halt durch die Strömung, und nicht durch die
Schwerkraft erzeugt.

 

OK, Wachskerze auf der ISS is nich. Mit elektrischen Kerzen gehts ja auch. Die werden sie dort dann schon haben. Gemütliches Feuer am Kamin gibt es höchstens auf einem Screen als Animation.
Einen Weihnachtsbaum wird man wohl auch nicht hin fliegen. Wäre sicher unangenehm, wenn mit der Zeit die Nadeln durch die ganze Station schwebten.

Zum Glück gibt es künstliche nicht nadelnde Weihnachtsbäume und elektrische Kerzen. Man muss halt beim Schmücken aufpassen, dass einem die Sachen beim Aufhängen nicht durch die Gegend fliegen.
So, oder so ähnlich sind die weihnachtlichen Randbedingungen für Astronauten, die das Fest 400 km über unseren Köpfen feiern müssen.

Ich hoffe, es hat etwas Freude bereitet.

Bis zum nächstem Mal grüßt euch

euer Gerhard.

 

Von Schneeflocken, Astronomen und kunstvoll aufgeschichteten Orangen


Heute hat es bei uns geschneit. Einerseits liebe ich ihn, weil er die Welt so schön stille werden lässt. Andererseits geht mir dadurch natürlich jegliche akustische Orientierung verloren.
Trotzdem wollen wir hier auf den Spuren von Johannes Kepler wandeln, der sich intensiv mit den Schneeflocken beschäftigte.

Faszination Schneeflocke

Die vielfältigen und schönen Formen von Schneekristallen haben Menschen schon immer fasziniert. Schneeflocken sind zum einen sehr regelmäßig und harmonisch und
zum anderen scheint die genaue Form stark vom Zufall abzuhängen. Die Vielfalt der Formen ist so groß, dass man sagen kann: „Keine Schneeflocke gleicht der anderen.“ Wie kann es zu einer solchen Mischung aus Vielfalt und Regelmäßigkeit kommen?

  • Welche mathematischen und physikalischen Gesetze bestimmen das Wachstum von Schneekristallen?
  • Können mathematische und physikalische Theorien helfen, die Form von Schneeflocken zu verstehen?

Johannes Kepler war der erste Forscher, der Schneekristalle wissenschaftlich untersuchte.
Er war einer der Pioniere der Schneekristallforschung, und eine in seinen Studien zu diesem Thema formulierte Vermutung konnte erst vor Kurzem bewiesen werden. Kristallwachstum ist auch heute noch ein aktives Forschungsgebiet in Physik, Mathematik und Ingenieurwissenschaften.

Keplers Geschenk

Während seiner Zeit in Prag wird Kepler  von seinem Freund und Gönner Matthäus Wacker von Wackenfels vielfältig unterstützt. So leiht ihm Wacker von Wackenfels sein Fernrohr für nächtliche Beobachtungen, er versorgt ihn mit Büchern, und beide diskutieren über Galileis Entdeckungen. Kepler möchte sich zum Neujahrstag des Jahres 1611 nun mit einem Geschenk bedanken.

Auf seinem täglichen Spaziergang durch das winterliche Prag lösen sich alle Ideen für ein Geschenk in nichts auf, da Kepler über keine finanziellen Mittel verfügt.
Kepler schreibt:

Auf der Karlsbrücke schließlich wurde durch einen glücklichen Umstand Wasserdampf und Kälte zu Schnee und einige Schneeflocken fielen da und dort auf Keplers  Mantel, alle sechseckig und von gefächertem Aussehen.

Kepler schreibt weiter:

das war die richtige Sache für einen Mathematiker, der nichts hat und nichts erhält, etwas zu überreichen, das vom Himmel
fällt und wie ein Stern aussieht“.

Kepler machte sich also daran, für Wacker eine Abhandlung über die sechseckige Form von Schneekristallen anzufertigen. Wie auch seine
Arbeiten über die Planetengesetze, so enthält auch diese Schrift viele neue Gedanken.

Keplers Schrift für Wacker hatte den Titel „Strena Seu de Nive Sexangula“ (Neujahrsgeschenk, oder: Über die
sechseckige Schneeflocke“). Kepler fragte sich, warum Schneekristalle stets eine sechsfache Symmetrie aufweisen. Er schrieb:

Es muss einen bestimmten Grund geben, warum bei Einsetzen des Schneefalls die Anfangsformationen unverändert die Form eines sechseckigen Sternchens haben. Sollte es durch Zufall erfolgen, warum fallen sie dann nicht mit fünf oder sieben Ecken.

Keplers Vermutung

Er spekulierte weiter über die die sechsstrahlige Symmetrie verursachenden Kräfte und kam dabei zu der Frage, wie man Kreise in der Ebene und Kugeln im Raum am dichtesten packen kann. Zwar erwähnte Kepler nicht ausdrücklich eine atomistische Sichtweise, aber er fragte sich, ob die hexagonale Form von dicht gepackten Kugeln im Raum etwas mit der Gestalt von Schneekristallen zu tun hat.
Im Zusammenhang mit diesen Überlegungen stellte Kepler die später nach ihm benannte Keplersche Vermutung auf. Dabei geht es um die Frage, wie sich gleichgroße Kugeln im Raum so anordnen lassen, dass möglichst wenig Zwischenraum bleibt. Kepler vermutete, dass die Lösung die sein muss, die man auf jedem Marktstand beobachten kann.

Zunächst legt man in einer Ebene z. B. Orangen in einem hexagonalen Gitter an. Auf diese legt man nun weitere Orangen  in die tiefsten Punkte der unteren Schicht. So stapelt man nun Schicht für Schicht und erhält die sogenannte hexagonal dichteste Kugelpackung
Diese Kugelpackung besitzt eine Dichte im Raum von ca. 74,05 %. Kepler vermutete im Jahr 1611, dass diese Kugelpackung die dichteste Kugelpackung im Raum ist.
Kepler hatte keinen Beweis seiner Vermutung. Der erste Schritt zu einem Beweis wurde vom deutschen Mathematiker Carl Friedrich Gauß gemacht, der 1831 eine Teillösung veröffentlichte. Gauß bewies, dass die Keplersche Vermutung wahr ist, wenn die Kugeln in einem regelmäßigen Gitter angeordnet werden müssen.
Diese Aussage bedeutet, dass eine Anordnung von Kugeln, welche die Keplersche Vermutung widerlegen würde, eine unregelmäßige Anordnung sein müsste. Der Ausschluss aller möglichen unregelmäßigen Anordnungen ist jedoch sehr schwierig, wodurch der Beweis der Vermutung so schwierig wird. Es ist sogar bekannt, dass es unregelmäßige Anordnungen gibt, die in einem kleinen Bereich dichter als die kubische-flächenzentrierte Packung sind, aber jeder Versuch, diese Anordnungen auf ein größeres Volumen auszudehnen, verringert ihre Dichte.
Nach Gauß wurde im 19. Jahrhundert kein weiterer Fortschritt beim Beweis der Keplerschen Vermutung gemacht. 1900 nahm David Hilbert das Problem in seine Liste von 23 mathematischen Problemen auf – es ist ein Spezialfall von Hilberts 18. Problem.

Der Beweis von Keplers Vermutung

Ein Beweis für die Vermutung wurde fast vierhundert Jahre später, im Jahr 1998, von Thomas Hales (Universität Pittsburgh) gefunden. Hales’ Beweis benutzt viele Fallunterscheidungen, die nur mit Computerhilfe entschieden werden konnten. Mathematiker, die den Beweis als Gutachter geprüft hatten, gaben bekannt, zu „99 Prozent sicher“ zu sein, dass der Beweis richtig sei. Eine Restunsicherheit blieb, da nicht alle am Computer durchgeführten Berechnungen durch die Gutachter nachgeprüft wurden.

Und in noch was war Kepler seiner Zeit weit voraus

Da Kepler mikroskopische Eigenschaften für makroskopische Muster verantwortlich machte, war er seiner Zeit weit voraus. Ohne eine experimentelle Möglichkeit zu
haben, die Struktur der Materie im Einzelnen zu untersuchen, hatte Kepler die Idee, dass regelmäßige Formen durch lokale Regeln begründet werden können. Erst in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelang es mithilfe der Kristallstrukturanalyse, der Wellenmechanik der
Molekülstrukturen und der Thermodynamik der Phasen-Bildung, die Kristallstrukturen des Eises besser zu verstehen. Es zeigte sich, dass die hexagonale Anordnung der
Sauerstoffatome im Eis für die hexagonale Kristallsymmetrie in Schneekristallen verantwortlich ist. Damit wurden
Keplers Spekulationen darüber, dass Packungseigenschaften von Kugeln im Raum für die hexagonale Struktur von Schneekristallen verantwortlich sind, in gewisser Weise bestätigt. Kepler, der stets auf der Suche nach Gesetzen von Regelmäßigkeiten war, hatte hier also die richtige Intuition.

So viel mal für heute zu einer ganz anderen Seite von Johannes Kepler.

Ich hoffe, ihr hattet etwas Freude damit.

Herzliche Schneeflockengrüße

Euer Gerhard.

Das Technikwunder Voyager


Meine lieben Leserinnen und Leser meines Blogs,

Heute ist Nikolaus. Deshalb möchte ich hier auch etwas einigermaßen aktuelles aus dem Sack der Astronomie-Ereignisse lassen.

Es geht um die Voyager-Mission. Seit 40 (vierzig) Jahren, dem05.09.1977  unterwegs aus unserem Sonnensystem heraus.

Das ist die Mission mit den Tonaufnahmen an Bort, die Außerirdische Wesen über unsere Spezies und Herkunft informieren sollen, wenn sie die Sonde finden.

Ich glaube, man kann irgendwo eine schöne CD-Sammlung erstehen, mit Verpackung etc. wo all diese Geräusche zu hören sind. Als Dateien finde ich sie jetzt nicht so spannend, denn es sind ja unsere Klänge. Aber in einer haptisch schönen Box vielleicht?

Ah, jetzt ja. Hier kann man sie sowohl als Schallplatten, als auch als CD vorbestellen.

http://www.ozmarecords.com/voyager

Wer in meinem Buch gelesen hat, erinnert sich vielleicht, dass ich am Beispiel der Voyager-Mission aufgezeigt habe, wie ich mir das Aussehen einer Sonde unter gewissen Umständen Stück für Stück erschließen kann.

OK, was ist geschehen.

Man kann sich vorstellen, dass die Sonde nach so langer Zeit auch langsam altert. Die auf Radioaktivität basierenden Batterien liefern zunehmend weniger Energie. An Sonnenenergie ist dort, wo sie momentan ist, nicht zu denken.

Natürlich wollen wir den Kontakt mit ihr möglichst lange halten, um viel davon mit zu bekommen, wie es im Raum außerhalb des Sonnensystems so zugeht.

Dazu ist es ganz wichtig, dass sich die Sonde immer wieder auf die Erde mit ihrem 3,7 M großen Parabolspiegel (Antenne) ausrichtet. Geht hier nur ein weniges fehl, kann man sich vorstellen, dass auf diese Distanz die Peilung dann dahin ist.

Natürlich wird die Fläche, welche die Sonde befunkt, mit dem Abstand zum Quadrat größer, aber auch genau im selben Verhältnis, werden die Funkwellen schwächer.

Also die Steuerung ist ein Wahnsinn.

Hierfür hat die Sonde extra Düsen zur Lagekontrolle. Das sind kleine Düsen, die kleine Pulse für Bruchteile von Sekunden abgeben können, um der Sonde einen kleinen Schubs in die richtige Richtung zu geben.

Diese Düsen kann die Sonde entweder automatisch selbst auslösen, wenn sie anhand des Startrackers merkt, dass sie etwas die Orientierung verliert. Andererseits können auch von der Erde aus diese Steuerdüsen bedient werden.

Ich beschrieb in meinem Buch, dass das Bandgerät unerwünschte Bewegungen auf die Sonde ausübte, wenn es spulte. Diese wurden mit den Lage-Düsen ausgeglichen, damit die Sonde nicht die Peilung verliert, oder noch schlimmer, sich gar unkontrolliert zu drehen beginnt.

Nun sind diese Düsen langsam gealtert und erlahmt.

Das bedeutet, dass die Sonde durch Sonnenwind, andere Teilchenwinde und vielleicht auch Lichtdruck, mit der Zeit ihre Richtung verliert und sich von der Erde abwendet.

Damit hätten wir sie dann verloren, was in wenigen Jahren auch geschehen wird, ob wir wollen, oder nicht.

Um dies für zwei bis drei Jahre zu verzögern, ist den Ingenieuren der NASA wirklich ein technisches Wunder gelungen.

Neben diesen Steuerdüsen, hat die Sonde auch noch größere Schubdüsen, die sie für große Kursänderungen benötigt, bzw. zum Abbremsen oder Änderung eines Orbits und für die Swing-By-Manöver, um an Planeten Schwung zu holen. Das sind vier an der Zahl. Die Idee war nun, diese vier Düsen für die Steuerung einzusetzen, wofür sie normalerweise nicht gemacht waren.

Diese Düsen wurden das letzte Mal vor 35 (fünfunddreißig“ Jahren, 1982 also, eingesetzt, um am Saturn den Kurs anzupassen.

Seitdem fliegt die Sonde bis auf wenige Korrekturen mit den erwähnten Steuerdüsen  im wesentlichen im freien Fall.

Das ist gewagt, wenn man von starken Düsen etwas erledigen lässt, das normalerweise sensible kleine Steuerdüsen übernehmen. Man muss die Kräfte der  Schubdüsen sehr genau kontrollieren.

Nun war aber das in der Software der Sonde nicht vorgesehen, geschweigedenn, konnte man nur hoffen, dass die Düsen in der Lage sind, diese Genauigkeit zu leisten.

Man versuchte es dennoch. Nur gab es ein weiteres Problem. Die Personen, die sich mit diesen alten Systemen auskannten, waren längst im Ruhestand und lebten im Zweifel vielleicht schon gar nicht mehr.

Die alten Computersysteme waren längst abgebaut und es gab wohl auch kaum noch jemanden, der die alten Computersprachen noch beherrschte, oder sich mit den technischen Details genau auskannte.

So machte man sich auf die Suche. Man fand schließlich noch eine Crew, reaktivierte Ruheständler,  die noch über die entsprechenden Kenntnisse verfügten. Die alte Hardware konnte man schließlich auch wieder rekonstruieren und vermutlich improvisiert aufbauen.

Es wurde nun ein Testszenario, ein Stück Software entwickelt, womit man diese Düsen wieder zünden konnte, wenn sie noch reagieren sollten und nicht gealtert und beschädigt waren.

Die NASA sendete dieses Testprogramm vor wenigen Tagen an die Sonde Voyager I. Neunzehn Stunden mussten die Ingenieure warten, bis sichtbar wurde, ob der Befehl zum einen verstanden und zum anderen auch richtig von der Sonde umgesetzt wurde.

Die Düsen zündeten für einige Millisekunden und gaben der Sonde einen Impuls.

Es hat funktioniert. Das ist ganz erstaunlich nach dieser langen Zeit. Bedenken wir, wie oft wir unsere hochtechnisierten Smartphones wechseln etc.

Mit so einem „unzuverlässigen“ Gerät, würde man vermutlich nicht mal zum Mond fliegen wollen.

Weltraumstrahlung würde vermutlich schon bald das Teil in einen undefinierten Zustand bringen, es abstürzen lassen, und wahrscheinlich sogar physisch beschädigen.

Es besteht nun die berechtigte Hoffnung, dass derlei Manöver die Sonde noch über zwei drei Jahre ausrichten können. Dann behalten wir sie noch und erhalten Daten, wie es ihr da draußen so geht. Danach allerdings ist irgendwann der Sprit alle. Dann hilft kein Befehl mehr. Dann muss sie im freien Fall bleiben, in der Hoffnung, von irgend einem außerirdischen Wesen gefunden zu werden.

Oben ist der Link dessen, was die Wesen anhören können, sollten sie mit dem Plattenspieler klar kommen.

Hoffen wir, und das ist jetzt etwas bissig, sie haben dafür etwas mehr Talent, als so mancher Lehrer aus meiner Schulzeit…

Strom muss sie schon seit Jahren sparen. Längst können nicht mehr alle Instrumente gleichzeitig betrieben werden, da ansonsten das Stromnetz zusammenbrechen würde. Auch das wird sich verschlimmern und sie wird langsam einschlafen.

Den schlaf hat sie sich aber auch dann retlich verdient. So robust, so zuverlässig und so erfolgreich waren nicht viele andere Missionen.

Aber bevor das alles so weit ist, hat die Sonde in ihrem großen Erbe von Daten, auch für uns Audiomenschen etwas hinterlassen. Manche dieser Daten kann man hörbar machen. Es ist dann quasi „Radio Voyager“. Hier ein Beispiel. Es sind elektromagnetische Wellen, die dadurch entstanden sind, dass die Plasmadetektoren von geladenen Teilchen getroffen wurden. Die Teilchendichte war hier extrem dünn und die Sonde befand sich schon „außerhalb“ unseres Sonnensystems. In Anführungszeichen deshalb, weil man heute nicht mehr ganz klar darüber ist, wo unser Sonnensystem wirklich endet. Vermutlich reicht der Einfluss unserer Sonne deutlich weiter ins All hinaus.

http://www.spektrum.de/news/so-klingt-der-interstellare-raum/1213450

 

Jetzt wünsche ich eine besinnliche und ruhige Vorweihnachtszeit. Keine Sorge. Ich melde mich schon nochmal in diesem Jahr.

Beste Grüße

Euer Gerhard.

 

Ergänzungen zu Gravitation und Gravitationswellen


Es wird unseren Alltag nicht verändern. Wir können nicht sagen: „Nichts ist, wie es vorher war“. Ausnahmsweise ist es keine Katastrophe und niemand kam dadurch ums Leben.
Obwohl sich unsere Medien generell eher weniger für physikalisch-astronomische Entdeckungen interessieren, konnte man es von überall her hören, sehen, lesen, oder sonst wie erfahren.
Sie sind nun direkt nachgewiesen worden, die von Albert Einstein vorhergesagten Gravitationswellen.

Eine der vier fundamentalen Kräfte in unserem Universum ist die Gravitation oder Schwerkraft.
Für das Alltagsverständnis und für das, wie wir mit unseren Sinnen die Welt wahrnehmen, reicht die Vorstellung aus, dass diese misteriöse Kraft einfach zwischen allen Gegenständen wirkt. Alle materiellen Dinge ziehen sich an. Das war die Vorstellung von Gravitation von Johannes Kepler und Isaac Newton, der diese Vorstellung mathematisch fundamentierte.

Man ging davon aus, dass Wirkungen der Schwerkraft sich unmittelbar zeigen, will sagen, sie benötigen keine Zeit zu ihrer Ausbreitung.
Kannte man doch diese Erfahrung vom Licht her. Zündet man eine Lampe an, dann scheint  es sofort und unmittelbar im ganzen Raum hell auf einen Schlag zu werden.
Wir erleben Licht, als benötigte es keine Zeit zu seiner Ausbreitung.

Im Jahr 1676 stellte Ole Rømer, ein Astronom, fest, dass die Zeiten zu welchen der Mond IO seinen Planeten, Jupiter, verdeckt, je nach der Position der Erde zum Jupiter bis zu mehreren Minuten variiert.
Daraus schloss er, dass das Licht eine endliche Geschwindigkeit haben muss,
wenn die Verzögerungen vom Abstand zwischen Jupiter und der Erde abhängig sind.,

Der von Roemer ermittelte Wert für die Geschwindigkeit des Lichtes wich nur um 30 % vom tatsächlichen Wert ab. Die Messmethoden zur Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit wurden in der Folgezeit immer genauer.

In einem Artikel über das Vakuum berichtete ich, wie Michelson und Morlay zu beweisen versuchten, dass das Vakuum von einem Äther erfüllt sei.
Wäre dem so, sollte sich das Licht je nach dem, wie man sich selbst relativ zu ihm bewegt, sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ausbreiten, vergleichbar mit Wasserwellen, durch welche ein Schiff pflügt.
Sie fanden aber heraus, dass es keinen Äther geben kann, denn das Licht breitete sich in alle Richtungen mit konstanter Geschwindigkeit aus, mit 300.000 km/s.

So weit, so gut. Licht ist nicht unendlich schnell. Das heißt aber nicht, dass die Ausbreitung von Gravitation nicht unendlich schnell sein kann, oder?

 

Lange schon bemerkten die Astronomen bei der Bahn des Merkurs um die Sonne eine merkwürdige Verdrehung des Perihels, des sonnennächsten Punkt seiner Elypse.
Diese konnte man sich mit der normalen newtonschen Mechanik alleine nicht erklären.
Es musste irgendwie ein Effekt sein, der sich in der Nähe extremer Massen, wie die Sonne eine darstellt, bemerkbar macht.

Erklärbar wurde dieser erst durch Albert Einsteins Relativitätstheorie.
In ihr ziehen sich die materiellen Dinge nicht gegenseitig an, sondern sie verändern den sie umgebenden Raum derart, dass sich die Objekte aufeinander zu bewegen.
Wer schon mal mit jemandem eine Luftmatratze oder ein Wasserbett geteilt hat, wird bemerkt haben, dass die schwerere Person die leichtere quasi zu sich her zieht, indem sie eine Kuhle erzeugt, in welche die leichtere Person hinein rutscht.
Nicht nur der Raum wird um große Massen herum gekrümmt, sondern die Zeit vergeht auch langsamer.
Wenn sich der Raum um große Massen herum stark krümmt, sollte sich das auch auf die gradlinige Bewegungsrichtung von Licht auswirken. Es sollte abgelenkt werden, wenn es an großen Massen vorbei muss, weil es durch ein Gebiet leicht veränderter Raumgeometrie muss.
Genau dieses wurde 19.19 während einer Sonnenfinsternis bestätigt.
Als die Sonne durch den Mond verdeckt war, konnte man Licht dahinter liegender Sterne erkennen, das an der Sonne vorbei muss und normalerweise von ihr überstrahlt wird.
Dieses Licht war in seinem Spektrum leicht verschoben und zwar genau in der Weise, wie man es nach Einsteins Formeln erwartete.

Aus der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit und dem Einfluss von Gravitation auf Licht, folgerte Einstein, dass die Ausbreitung gravitativer Ereignisse, auch endlich sein sollte.
Das spricht für eine Wellenbewegung.
Somit breitet sich so ein Ereignis mit Lichtgeschwindigkeit wellenartig aus.
Da der Einfluss von Gravitation auf Licht nicht sehr stark ist, sind auch Gravitationswellen schwach und nur schwer nachweisbar.
Ereignisse, bei welchen große Massen im spiel sind und bewegt werden, können nur astronomischer Natur sein, da es größere Masse nirgendwo gibt.
Stoßen beispielsweise zwei Sterne zusammen, verschmelzen zwei schwarze Löcher, explodiert ein schwerer Stern zu einer Supernova, dann werden enorme Massen bewegt und das Ereignis sollte eine Art Schockwelle aus Gravitation mit Lichtgeschwindigkeit durch das All jagen.

Solch eine Welle verändert auf ihrem Weg, dort, wo sie vorbei kommt, für kurze Zeit und sehr schwach die Raumkrümmung. Das bedeutet, dass sich ganz kurz die Geometrie verändert. Sehr lange Wegstrecken verkürzen sich kurzfristig ganz leicht, um sich nachher wieder auf ihre ursprüngliche Länge zurück zu dehnen.
Das macht auf mehrere Kilometer Länge aber weniger, als ein Atomdurchmesser des Wasserstoffs aus, aber es ist mehr als nichts.

Diese Tatsache machte sich das Messgerät zu nutze, mit welchem die Gravitationswellen im September 2015direkt gemessen wurden.

Es war ein Verbund von Messgeräten (LIGO-Cooperation).
Eines dieser Geräte besteht im wesentlichen aus zwei rechtwinklig verlaufenden Röhren, von denen jede vier Kilometer lang ist. Im rechten Winkel dieser beiden Röhren steht der Detektor.
Nun wird ein Laserstrahl ausgesendet und so aufgefächert, dass in jede Röhre ein Laserstrahl fällt.
Diese rasen nun in ihren luftleer gepumpten Röhren entlang, werden an hochpräzisionsspiegeln an den Enden reflektiert und zurück geworfen.
Am Detektor wird dieses Licht empfangen und beobachtet.
Streift nun eine Gravitationswelle eine unserer Röhren, dann verändert sich kurzfristig ihre Länge. Dieses wiederum führt dazu, dass das Licht sich auch etwas verändert. Diese Interferenz genannte Veränderung kann man messen.

Und das wurde auch gemessen.
Man registrierte, dass eine der beiden Röhren für kurze Zeit um weniger als den Durchmessers eines Wasserstoffatoms kürzer war als die andere. Die Wellen beider Strahlen trafen anders aufeinander.
Das finde ich unglaublich.

Die ESA wird in wenigen Jahrzehnten drei Satelliten ins All starten, die ihrerseits dann ein Dreieck aufspannen mit Kantenlängen von mehreren Mio Kilometern. Dieses große Instrument hat auf Erden keinen Platz. Vakuumröhren benötigt man hier nicht, denn das All ist ein Vakuum.

Ein Vakuum benötigt man dazu, denn ansonsten würde das Licht in alle Richtungen an den Luftteilchen gestreut. Für unser Alltagsleben ist das praktisch, denn nur so ist es tagsüber in alle Richtungen hell.

Indirekt entdeckt wurden Gravitationswellen aber schon deutlich früher. Es gab Mitte der 90er Jahre sogar einen Nobelpreis dafür.
Im Zusammenhang mit meinen Ausführungen über sterbende Sterne, Supernovae, erklärte ich Radiopulsare. Sie sind die präzisesten Taktgeber im Weltall. Man kann sich auf ihre Signale verlassen.
Sie spielten die Hauptrolle im indirekten Nachweis von Gravitationswellen.

Ein indirekter Nachweis von Gravitationswellen gelang Russell Hulse und Joseph Taylor von der Princeton University. Die beiden Physiker konnten durch mehrjährige Beobachtung des 1974 entdeckten Doppelpulsars PSR 1913+16 nachweisen, dass die Umlaufbahnen dieses Systems einander umkreisender Massen im Laufe der Zeit immer enger werden und das System somit Energie verliert.
Wohin verschwindet die Energie?
Sie wird als Gravitationswelle davon getragen.
Sieht man mal von den Gezeiten, Ebbe und Flut, hier auf der Erde ab, dann würde sich mit der Zeit die Umlaufzeiten des Mondes auch ändern, da ganz wenig Energie als Gravitationswelle fort getragen wird.
Die gravitative Bremswirkung des bewegten flüssigen Wassers, den Gezeiten, ist aber deutlich höher.

Ganz ähnliche Nachweise konnten bei einem System zweier sich umkreisender Schwarzer Löcher und einem Doppelzwerg-System in den letzten Jahren gewonnen werden.
Aber eben. das waren halt nur indirekte Nachweise. Man wollte aber den Effekt direkt erleben
und sich nicht von jemandem oder etwas anderem davon erzählen lassen.

Nun ist es endlich gelungen, durch obigen Versuchsaufbau Gravitationswellen direkt nachzuweisen.
Künftig wird man durch größere Detektoren direkt „zuhören“ können, wenn ein Stern explodiert, wenn schwere Massen ineinander stürzen oder wenn ein schwarzes Loch schmatzend einen Stern verspeist.

Es müssen noch Gravitationswellen durch das All vagabundieren, die direkt oder bald nach dem Urknall entstanden sein müssen.
Solten wir einst derartige empfangen, werden sie uns viel Aufschluss über die Entstehung unseres Universums liefern.

Hier ist der Link zur Veröffentlichung des Nachweises.
http://journals.aps.org/prl/pdf/10.1103/PhysRevLett.116.061102
HTML-Version hier:
http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.116.061102#fulltext
12.02.

 

Verschmelzung zweier Neutronensterne


Seid herzlich gegrüßt,

mit großer Spannung wurde Anfang Oktober die Pressekonferenz der Wissenschaftler der Gravitations-Wellen-Detektoren erwartet. Ihre Veröffentlichungen haben es sogar in Funk und Fernsehen geschafft.
Schon länger gehen Gerüchte um, das der Amerikanische Detektor Ligo die Verschmelzung zweier Neutronensterne nachgewiesen haben soll.
es ist nun offiziell. Ja, der Nachweis ist stichhaltig und die Signatur der Signale zeigt einen „Fingerabdruck“, den die mathematischen Modelle für ein derartiges Ereignis, vorausberechneten.
Was ist hier geschehen und wieso sind alle so aufgeregt?

Da muss man sich zuerst mal fragen, was ein Neutronenstern überhaupt ist.
Das Lebensende eines Sternes, das dann eintrifft, wenn er seinen Wasserstoffvorrat zu Helium verbacken hat, füllt einen eigenen Artikel. Deshalb nur ganz kurz. Ein möglicher Sternentod ist ein Neutronenstern. Diese haben einen Durchmesser von nur wenigen Kilometern und vereinen einige wenige Sonnenmassen in sich.
Das bedeutet, dass sie unheimlich dicht und schwer sind. 1 Zuckerwürfel dieses Materials wöge hier auf Erden mehrere Milliarden Tonnen.
Es handelt sich aber noch um Materie, wenngleich sie auch entartet ist.
Sowohl Lichtwellen, als auch Elektronen, können einen Neutronenstern noch verlassen. Das können wir bei Pulsaren, deren periodische Radiowellen wir empfangen, erleben.
Denen widmen wir uns auch ein anderes Mal, damit es nicht zuviel wird.

Woraus ein schwarzes Loch besteht, darüber gibt es schon jahrzehnte lang Unklarheit. Vor allem deshalb, weil man sich nicht sicher ist, was mit der Information dessen, was hineingefallen ist, geschieht.
Ein großer Name in dieser Diskussion ist auf jeden Fall Steeven Hawking.

Hach, das scheint mir ein Beitrag der Vertröstungen zu werden, denn auch dieses interessante Thema müssen wir vertagen, wenn der Artikel nicht aus dem Ruder laufen soll…

Bei den Neutronensternen und Pulsaren schließt sich allerdings ein Kreis. In den 70er Jahren wurden anhand von Pulsaren und deren Signallaufzeiten Gravitationswellen zum ersten Mal indirekt nachgewiesen. Auch dafür gab es in den 90er Jahren einen Nobelpreis.

Für den direkten Nachweiß der Gravitationswellen mit Ligo ist der Nobelpreis der Physik 2017 vergeben worden.
Für die Podcast-hörenden unter uns:
@Minkorrekt hat bereits seine Nobelpreis-Folge veröffentlicht. Könnte interessant sein, da mal reinzuhören. Ich machs auf jeden Fall.
Und nun verschmelzen quasi noch im Rahmen dieser Feierlichkeiten, zwei Neutronensterne miteinander.
OK, stimmt zeitlich nicht so ganz, ist aber einfach schön…

Gravitationswellen sind Erschütterungen der Raumzeit. Ich schrieb im Februar 2016 in meinen Artikeln  Gravitationswellen und in „Die schwächste Kraft, oder die heimliche Herrscherin des Universums“ sehr länglich und ausführlich darüber. Grundsätzlich entstehen Gravitationswellen immer dann, wenn Massen gegeneinander bewegt werden. In unserem Alltag sind sie nicht nachweisbar. Erst bei so schweren Dingen, wie Neutronensternen oder schwarzen Löchern, machen sie sich bemerkbar, indem sie die Raumzeit krümmen.

OK, was ist passiert.
In einer Entfernung von ungefähr 150 Mio Lichtjahren existierte einst ein Doppelsternsystem, wie es sie viele im Universum gibt. Das ist für astronomische Distanzen noch recht nahe.
Wie  es sich genau zugetragen hat, weiß ich nicht und vermutlich niemand. Auf jeden Fall sind beide dieser Sterne letztendlich zu Neutronensternen kollabiert, von denen jeder zwischen 1,4 und 4 Sonnenmassen in sich vereinen dürfte.

Als solche umkreisten sie sich und näherten sich langsam einander an, weil sie sich gegenseitig durch die Abgabe von Gravitationswellen abbremsten. Das System Mond-Erde bremst sich auch unter Abgabe von Gravitationswellen ab, aber der Effekt ist so schwach, dass er nichts ausmacht. Viel mehr schlägt hier die Abbremsung zu Buche, die dadurch entsteht, dass der Mond Ebbe und Flut erzeugt, und einmal täglich zwei Flutberge um die ganze Erde zieht.

Nun ja, die beiden kamen sich näher und näher, kreisten immer schneller umeinander und dann stürzten sie ineinander.
Es ist eindeutig, dass es Neutronensterne und nicht, wie beim ersten Mal zwei schwarze Löcher waren. Sonifiziert man die Daten der Verschmelzung, dann kann man hören, dass die Kurven verschmelzender Schwarzer Löcher deutlich rascher ansteigen, als die zweier Neutronensterne.
Das hängt damit zusammen, dass schwarze Löcher sehr viel schwerer sind und dazu einfach grundsätzlich etwas anderes, als normale Materie darstellen. Es hat mit Abständen und der Eigenschaft, dass die Gravitation im Quadrat zum Abstand abnimmt zu tun. Ersparen wir uns das, vor allem an der Grenze der Newtonschen Mechanik, wo eher relativistische Eigenschaften von Gravitation und Raumzeit zuschlagen.

Dank eines guten Freundes,  können wir uns diesen Unterschied anhören.

Der erste Link führt zum Ligo-Signal von vor zwei Jahren, als zwei schwarze Löcher miteinander verschmolzen und das Ligo quasi im Testbetrieb empfangen durfte.
Es ist ein kleines Wupp, das mehrfach hintereinander abgespielt wird, damit man es überhaupt wahrnimmt.
https://www.dropbox.com/s/mvldfpb7c9nnjrd/LIGO%20Gravitational%20Wave%20Chirp.mp3?dl=0

Das nächste Signal ist die aktuell gemessene Verschmelzung zweier Neutronensterne, dass er für uns mittels der veröffentlichten Rohdaten, hörbar gemacht hat. Es empfiehlt sich, dieses Signal mit einem Headset anzuhören.
Achten wir hier auf ein im Gegensatz zum vorigen Signal langgezogenes und ansteigendes „Uuuuoooooaaaaa“.
https://www.dropbox.com/s/enznq4fkmwlcv23/GW170817-HL.mp3?dl=0

Das Dritte signal kommt vom Italienischen Detektor, Virgo. Und das ist der springende Punkt. Man hört außer einem Rauschen nichts. Das Signal überstrich einen „blinden Fleck“ des detektors.
Genau diese Tatsache, machte eine Ortsbestimmung, woher das Signal ungefähr gekommen sein könnte, möglich.
Aus diesem Grunde hat auch dieses „Nicht-Signal“ die Sache im Grunde bestätigt.
https://www.dropbox.com/s/my6aqg2rlhx37wm/GW170817-V.mp3?dl=0

Und jetzt kommt der Oberhammer der Geschichte.

Mit einem dafür empfindlichen Messinstrument wurde quasi zeitgleich ein Gamma-Blitz aus der selben Richtung empfangen, wo das Ereignis stattfand.
Und das ist eine Sensation.
* Ohne Blitz wär’s halt einfach eine Gravitationswelle zweier Neutronensterne.
* Ohne Gravitationswelle ist der Gammaausbruch einer von vielen, für deren Entstehung man derzeit nur sehr wage Erklärungsansätze hat.
* Ist es aber beides, so kann man Aussagen darüber treffen, was zum einen während der Vereinigung passierte und zum anderen, was nach der Vereinigung übrig geblieben ist. Meines Wissens nach, ein schwarzes Loch.

Neutronensterne bestehen aus entarteter Materie. Bei der Verschmelzung vermutet man, und das hat sich in Verbindung mit dem Blitz durchaus bestätigt, dass kleinere Atome sich mit Neutronen anreichern, die es dort in Hülle und Fülle gibt, die sich dann in Protonen und Elektronen verwandeln  und somit für die Entstehung schwererer Kerne sorgen würden.

Neben der Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium laufen parallel oder nacheinander noch weitere Verschmelzungsprozesse im Leben eines Sterns ab, z. B. zu Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff bis hin zu Eisen.
Danach ist aber in Sternen Schluss, weil man für alle weiteren schweren Elemente keine Energie mehr bekommt, indem leichtere  verschmelzen, sondern, man muss welche hinein stecken.
Nur in sehr starken Supernova-Explosionen ist vorstellbar, dass schwerere Elemente, als Eisen, „gebacken“ werden.
Wahrscheinlich ist es aber nun so, dass am Ort zweier verschmelzender Neutronensterne derartige Bedingungen herrschen, dass auch hier alle schweren Elemente des Periodensystems entstehen können. Die Energie liefert hier die Gravitation.
Dass diese schweren Elemente  existieren, daran gibt es  keinen zweifel, denn wir sind aus ihnen, dem Sternenstaub, gemacht und sind daher Kinder des Feuers.

Durch den Gammablitz konnte man quasi zusehen, wie die „Teilchenbäckerei“ funktioniert.

So, ich denke, das reicht für heute.
Ich hoffe, es hat etwas Freude gemacht.

Es grüßt euch ganz herzlich

Euer Gerhard.

Warum ist es Nachts Dunkel?


Lasst uns hier die langen dunklen Winternächte mit etwas Astronomie und Sternenschein versüßen. Hier ein Text dazu, den ich vor zwei Jahren in meine Astroliste schrieb. Wer Podcasts von euch hört, findet bei #Florian #Freistetter in seinen #Sternengeschichten auch eine schöne Abhandlung zu dieser Frage.

 

Auf keinen Fall möchte ich hier diese müßige, nicht enden wollende Diskussion wegen der Zeitumstellung wieder anfachen. Jetzt ist es halt so, und es wird Abends wieder eine Stunde früher dunkel. Das sollte uns Astronomen eigentlich freuen, denn wir müssen dann eventuell nicht so lange aufbleiben, bis es dunkel genug ist.
Wer im Norden lebt, kann sich immerhin vieler schöner Nordlicht-Nächte erfreuen, denn momentan ist glaub die Sonne recht aktiv. Nicht zuletzt, stehen uns ja die Weihnachtstage mit all ihren Lichtern bevor.

Wie gesagt. Keine Diskussion über die Zeitumstellung. Wenn es nach mir ginge, würde ich die Sommerzeit einfach auch im Winter lassen und gar nicht mehr umstellen.

Heute möchte ich mich hier etwas über die Frage auslassen, weshalb es überhaupt dunkel in der Nacht wird.
Natürlich,. Klar. Dunkel wird es dann, wenn wir uns von der Sonne abwenden, so dass es auf der anderen Seite der Erde Tag werden kann.
Das reicht aber als Erklärung nicht. So viele Sterne stehen am Himmel.
All diese Sterne senden uns ihr Licht.
Wie man in einem Wald stehend nach allen Seiten hin auf mehr oder weniger weit entfernte Bäume blickt, sollte unser Blick in einem einigermaßen homogen mit Sternen und Galaxien angefüllten Universum stets auf Sterne fallen, die ihr Licht zu uns senden.
Natürlich sind sie ungleich viel weiter von uns entfernter als unsere Sonne, deren gleißend helles Licht wir empfangen. Dennoch. Frei nach dem Motto, dass Kleinfieh auch Mist macht, sollten sich diese kleinen, aber sehr zahlreichen Lichtpünktchen zu einem hellen Strahlen addieren, welches der Pracht unserer Sonne in nichts nachsteht.
Somit sollte es Nachts auch hell sein, zumindest längst nicht so dunkel, wie wir das alle Nacht wahrnehmen.

Dass sich Lichtpunkte in der Tat zu einem brauchbaren hellen Kontinuum addieren können, beweist die alte Maßeinheit für Lichtstärke, das Candela, (Cd)  die Kerze. Zündet man in einem Zimmer eine Kerze an, so erhellt sie den Raum in gewisser Weise. Zündet man zwei, drei oder mehr Kerzen an, so wird die Lichtzunahme nicht einfach als doppelt, dreifach etc. empfunden, sondern eher als etwas irgendwie geartetes exponentielles. oder logarithmisches. Das akustische Pendant hier wäre ungefähr das Dezibel, ein logarithmisches Maß für Schallintensität.
Aber lassen wir das.
Wie gesagt. Gleich den nacheinander angezündeten Kerzen, sollten die Leuchtpünktchen am Himmel sich zu einer beträchtlichen Helligkeit addieren.

Auf dieses Paradox, dass es nachts eben dunkel ist, stieß 1826 der Arzt und Astronom Heinrich Willhelm Olbers  und wies darauf hin. Seitdem wird dieses Problem als Olbersches Paradoxon bezeichnet.

Viele Lösungsansätze wurden diskutiert, um die nächtliche Dunkelheit zu erklären.
Naheliegend wäre beispielsweise, dass undurchsichtige Staub- und Gaswolken uns die Sicht auf die Sterne verwehren. Dieser Ansatz muss jedoch leider verworfen werden, da diese Wolken die Strahlung der Sterne absorbieren würden. Das führte dazu, dass die Wolken sich aufheizen und mit der Zeit sich selbst zu sichtbaren Strahlern entwickelten.

Die Auflösung liefert unser heutiges Wissen über die Entwicklung unseres Universums.
Immer besser werdende Teleskope erlaubten einen immer tieferen Blick in das Innere unseres Universums.
Aufgrund der räumlichen Verteilung von Galaxien, sowie ihrer im Spektrum u .a. von Milton Humason nachgewiesenen Rotverschiebung, postulierte der belgische Priester Georges Lemaître im Juni 1927 die Expansion des Weltalls im Einklang mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Hubble veröffentlichte zwei Jahre später, 1929, mit zusätzlichen Daten denselben linearen Zusammenhang zwischen der Rotverschiebung und der Verteilung extragalaktischer Nebel, zog jedoch nicht die physikalische Schlussfolgerung einer Expansion des Weltalls und vermutete ein bisher unentdecktes Naturprinzip hinter der Rotverschiebung. Dennoch wird in der öffentlichen Wahrnehmung diese Entdeckung Lemaîtres häufig Hubble zugeschrieben.
Wie auch immer. Das Universum dehnt sich aus, und wie wir seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts wissen, sogar beschleunigt.
Für diese Entdeckung gab es vor ein oder zwei Jahren sogar einen Nobellpreis.

 

Zur Erinnerung:
Ich erklärte in anderem Zusammenhang schon, was die Rotlichtverschiebung ist. Aus dem Alltag kennen wir den dafür verantwortlichen Effekt, den Doplereffekt von vorbeifahrenden Krankenwagen her, die sich bei Annäherung höher anhören und deren Sirenen bei der Vorbeifahrt dann wieder tiefer zu klingen scheinen.
Entfernt sich ein leuchtendes kosmisches Objekt, z. B. ein Stern oder eine Galaxie von uns, dann sehen wir sein Licht leicht in das langwelligere rote Licht verschoben. Bei Annäherung ist sein Licht etwas ins Blau-Spektrum verschoben.

Nun aber zurück zu Olbers und seinem Problem.
Das Weltalter, multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit, definiert die Grenze des für uns beobachtbaren Raumes. Objekte, die jenseits dieser Grenze liegen, können wir noch nicht wahrnehmen, da ihr Licht unterwegs zu uns ist, uns aber noch nicht erreicht hat.
Durch die Expansion des Weltalls wird die Energie dadurch verringert, dass die Rotlichtverschiebung die Wellen dehnt.
Somit erreicht uns je weniger Strahlungsenergie, desto weiter die beobachtete Region von uns entfernt ist.
Das prominenteste Beispiel ist die kossmische Hintergrundstrahlung. Kurz nach der Entstehung des Universums aus dem Urknall heraus, erfüllte diese Strahlung gleißend hell das gesamte damals noch sehr kleine Universum.
Heutzutage ist das Universum derart ausgedehnt, so dass diese Strahlung dermaßen in die Länge gezogen ist, dass lediglich eine Strahlung übrig blieb, die unser Universum ungefähr um drei Grad Kelvin erwärmt.
„Früher einmal“, vor 14 Miliarden Jahren, war diese Strahlung dem Auge sichtbar, hätte es eines gegeben, das sie hätte schauen können.
Derzeit ist die Strahlung vom Dopler-Effekt in die Länge von Mikrowellen gedehnt.

Wer sich nun nachts fragt, weshalb es dunkel wird, darf somit messerscharf kombinieren, dass sich das Universum ausdehnt.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag wünscht euch

euer Gerhard.

Gravitation – schwächste Kraft und heimliche Herrscherin über Raum und Zeit


Gravitationswellen, die Gravitation an sich, Albert Einstein, verschmelzende schwarze Löcher und Neutronensterne, geistern durch aller Munde und alle Medien.

Selbstverständlich werde ich auch oft dazu befragt. Nun möchte ich mal in mehreren Blogeinträgen die Sache etwas entrollen, denn für einen Beitrag ist es zuviel. Fangen wir hier mal mit der Beschreibung der Gravitation, die an all dem Schuld ist, an.

In der Augustausgabe der Spektrum der Wissenschaft von 2015 im Artikel „Die Quantengravitation auf dem Weg zur Wissenschaft“ wurde anhand eines ganz einfachen Beispieles das jeder aus dem Alltag her kennt veranschaulicht, wie „schwach“ sie z. B. im Vergleich zur Elektromagnetischen Kraft, die für Magnetismus verantwortlich ist, zu sein scheint.

Das hat mich wirklich sehr verblüfft und ich bin, indem ich darüber nachdachte immer euphorischer und verblüffter geworden. Ich werde mal versuchen, dieses Erlebnis mit euch zu teilen, indem ich die Gravitation in gewisser Weise etwas vermenschliche. Es geht mir hier hauptsächlich um die Phänomene an sich, und nicht unbedingt darum, wie sie genau funktionieren.

Vor dem Wissen wollen, steht immer das Staunen.

 

Hier nun zunächst der verblüffende Vergleich aus dem Artikel, nicht zitiert, sondern frei von mir inhaltlich wiedergegeben.

Wie schwach die Schwerkraftanziehung gegenüber der Magnetkraft ist, wird klar, wenn man bedenkt, dass ein gewöhnlicher kleiner Küchenmagnet an der Kühlschranktür sich quasi gegen die Gravitation des ganzen Planeten, Erde, behaupten kann, und nicht herunter fällt.

Dass die Schwerkraft bei einem Experiment auch überwiegen kann, versteht man leicht, wenn man mal einen großen Magneten, z. B. ein Hufeisenmagnet oder einen aus einem alten Lautsprecher, versucht, an einen Nagel oder an eine Eisennadel zu hängen. Über diese kleine Verbindung kann nicht genügend Magnetkraft übertragen werden, dass die Nadel den schweren Magneten gegen die Erdanziehung halten kann. Er poltert zu Boden – hoffentlich nicht auf den Fuß des Experimentators.

Die Faszination von Magnetspielen ist, dass Magnete über geringe Distanzen feromagnetische Dinge zu sich hin ziehen und dass Magnete sich auch gegenseitig abstoßen können. Niemand erlebt vergleichbares im Alltag mit der Schwerkraft, z. B., dass sich zwei Massen über ihre Gravitationskraft zu sich her anziehen können.

Eine Wirkung übt die Schwerkraft zwischen ihnen freilich aus, aber sie ist zu schwach, um im Alltag bemerkt zu werden. Bewiesen ist sie längst. Aus Experimenten mit Referenzmassen und Referenzabständen konnte diese Kraft nachgewiesen und die Gravitationskonstante G bestimmt werden.

Im Wort Gravitation steckt Gravitas, die Würde. Gewürdigt wurde sie sehr, denn spätestens seit dem Nachweis der Gravitationswellen ist sie geradezu ein Medienstar geworden. Der Star hat auch Starallüren, von denen später noch die Rede sein wird.

Sie gilt als die schwächste der vier fundamentalen Grundkräfte des Standardmodells und bereitet doch sehr starkes Kopfzerbrechen. Das sog. Standardmodell versucht das Universum und seine Eigenschaften zu erklären.

Als schwächste Kraft, spielt sie sich dennoch als heimliche Herrscherin über Raum und Zeit auf, indem sie den Raum krümmt und den Zeitverlauf beeinflusst.

Durch ihre schiere Anwesenheit legt sie fest,

  • was sich wie und wohin zu bewegen hat,
  • welchen Weg es von A nach B zu nehmen hat (Der Kürzeste weg ist keine direkte Gerade mehr, sondern eine gekrümmte Geodäte.)
  • In Gewisser Weise beeinflusst sie durch die relative Zeit sogar Kairos und Chronos.

Gerne wird in diesem Zusammenhang der berühmte Astronaut angeführt, der mit Lichtgeschwindigkeit eine zweijährige Reise unternimmt.

Für ihn sind zwei Jahre vergangen, für uns aber tausende.

Dieser Effekt ist aber glücklicherweise so gering, dass er sich sogar bei den Astronauten, die mehrere Jahre auf Raumstationen lebten, höchstens in wenigen Mikrosekunden Zeitunterschied bemerkbar macht. Groß genug ist der Effekt jedoch wiederum, um bei der GPS-Navigation, wo Uhren aufeinander abgestimmt laufen müssen, eine Rolle zu spielen.

Was die Begriffe Gerade und Krumm bedeuten, legt sie durch die Raumkrümmung fest.

Leise und heimlich hat sie es, als die schwächste der vier geschafft, Grundfesten zu erschüttern und kann sogar ganz triviale Dinge, wie z. B. die Tatsache, dass die Winkelsumme eines Dreiecks stets 180 Grad beträgt, ohne mit der Wimper zu zucken, über den Haufen werfen.

Es gibt kein Gegenteil von ihr, wie z. B. positive und negative Ladung bei Proton und Elektron.

Selbst Antimaterie die sich gegenteilig zur Materie verhält, übt Gravitation und nicht Antigravitation aus.

Selbiges gilt auch für die dunkle Materie, deren Wirkung man an den Bewegungen verschiedener Himmelsobjekte und Linseneffekten durch Lichtablenkung wahrnimmt und misst. Sie muss da sein. Sie muss schwer sein. Aber was ist sie?

Wieso gibt es überhaupt Trägheit. Selbst dort, wo kein Schwerefeld zu sein scheint, widersetzt sich eine Masse, wenn sie beschleunigt werden soll.

Vermutlich gibt es sie nur deshalb, weil auch alle anderen Sterne und Galaxien vorhanden sind und der Raum zwar fast, aber nicht ganz leer ist. Zumindest hat der Physiker Ernst Mach so etwas vermutet.

Das gefundene Higgs-Teilchen war auch ein Meilenstein auf der Karriereleiter dieser Dame.

In gewisser Weise ist sie sogar Lebensspenderin. Myonen, kleine subatomare Teilchen aus dem Weltall, zerfallen nach sehr kurzer Zeit zu anderen Teilchen. Ihre Lebenszeit ist so kurz bemessen, dass sie es nicht durch unsere Atmosphäre bis auf den Erdboden und in dort stehende Messgeräte, schaffen würden. Wäre da nicht Einsteins Relative Raumzeit. Da sie sich quasi mit Lichtgeschwindigkeit vorwärts bewegen, vergeht für sie ihre Zeit so langsam, dass sie die Strecke bis zu uns überleben können.

 

Gespenstisch schlüpft sie den Physikern durch die Finger, wenn ihre Stärke gegen unendlich geht, oder, wenn sich etwas nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegen soll.

Seit neuestem ist sogar bewiesen, dass sie Wellen erzeugt, wenn große Massen beschleunigt werden. Sie lässt dann die Raumzeit erzittern.

 

Bleibt wirklich die Frage:

Ist sie, obgleich die „schwächste“ die heimliche Herrscherin über Raum und Zeit?

Eine Majestät ist sie unbestritten.

 

 

Wieso treibe ich als blinder Mensch Astronomie?


„Wieso machst du das? Da hast du doch eh nichts von!“ – „Wie willst du da mitreden? Du siehst das doch gar nicht!“ – Solche verwunderten Fragen werden mir immer wieder gestellt, wenn ich als von Geburt an vollblinder Mensch über mein Lieblingshobby, die Astronomie, spreche. Nachdem ich meinen Vortrag oder mein Seminar abgehalten habe, wendet sich das Blatt aber meist und die Zweifler werden zu den größten Eiferern.
Seit etwa 25 Jahren befasse ich mich mit dem Weltraum. Beruflich ist es seit 15 Jahren meine Aufgabe, für die Studierenden mit Seheinschränkung der Karlsruher Hochschulen Lösungen zu finden, damit sie ein Studium im naturwissenschaftlich-technischen Umfeld absolvieren können. Es ist mir eine große Freude und ein Anliegen, besonders die Astronomie für Menschen mit Seheinschränkung zugänglich zu machen.
Meine Begeisterung für Wissenschaft und Technik war es, die mich zur Astronomie brachte. Sie verzweigt sich in derart viele Disziplinen, dass sie sich hervorragend als inklusives Hobby betreiben lässt – gemeinsam mit Sehenden oder mit Menschen mit anderen Einschränkungen. Seit vielen Jahren leite ich regelmäßig eine Freizeit des Evangelischen Blinden- und Sehbehindertendienstes Baden, die sich in erster Linie an junge Erwachsene richtet. Ich wähle dafür Themen aus, die Religion, Philosophie und Naturwissenschaften miteinander verbinden. Viele dieser Themen streifen die Astronomie, denn die Sonne, „der Stern, von dem wir leben“, geht uns alle an.
Die Sonne sendet ein unglaublich spannendes „Radio-Programm“, ein Rauschen, dessen Intensität und Lautstärke sich verändert, je nachdem, was auf dem Stern gerade vor sich geht. Der Jupiter hingegen sendet ein aufgeregtes Knattern und Tacken aus. Das Weltall ist also kein Ort der Stille, wie man vielleicht denken könnte, sondern bietet unzählige weitere, nicht visuelle Facetten. Abends den Himmel nicht betrachten zu können, bedeutet für mich keine Einbuße. Zum einen habe ich taktile Materialien entwickelt, die mir eine Vorstellung des Sternenhimmels mit seinen wichtigsten Sternbildern geben. Zum anderen ist es für mich ein Hochgenuss, zu erleben, wie sich die medial überreizte Welt der jungen Menschen entschleunigt, wenn wir bei einer Freizeit abends gemeinsam auf einer Wiese liegen. Ganz leise und ergriffen beginnen die Teilnehmer plötzlich, miteinander über das zu sprechen, was sie am Himmel sehen. Ich steuere zu den Sternbildern passende Geschichten aus der griechischen Mythologie oder andere Anekdoten bei, die ich frei erzähle oder im Dunkeln aus meinen Braille-Dokumenten vorlese. Die Materialien, die ich austeile, sind taktil und gleichzeitig farbig gestaltet. So können die sehenden Teilnehmer über ihre visuelle Wahrnehmung hinausgehen und wir können uns darüber austauschen. Den technisch Interessierten zeige ich Astronomie-Apps auf meinem Smartphone. Das Gerät ist der perfekte Eisbrecher, weil es die jungen Menschen fasziniert, wie ich das Touch-Handy ohne Augen bedienen kann.
Nicht zuletzt bin ich verrückt genug, um ein Teleskop und ein Mikroskop zu besitzen. Ich kam zu beidem durch meine Nichten und Neffen, die heute erwachsen sind und deren Kinder mittlerweile hineinblicken, wenn sie mich besuchen. Es war frustrierend, wie viele Spiele wir nicht gemeinsam spielen konnten, weil alles so visuell ist. Spiele wie „Mau-Mau“, „Mühle“ und „Mensch ärgere dich nicht!“ gingen noch, aber „Siedler“ oder „Sagaland“ funktionierten überhaupt nicht. Aus diesem Grund suchte ich ein Hobby für uns alle. Bald erwies sich der Blick durch mein Mikroskop oder des Nachts durch mein Teleskop als die erfüllendste Beschäftigung für meine Nichten und Neffen. Zwar habe ich nicht mit der Astronomie begonnen, um eine Beschäftigung für die Kinder zu finden, habe aber durch sie erkannt, wie mächtig die Astronomie im Erlangen einer ganzheitlichen Weltsicht ist und wie viel Potenzial sie dem inklusiven Miteinander bietet.
In der Gesellschaft muss sich in dieser Hinsicht noch einiges ändern. Oft werde ich gefragt, ob ich die Bücher des Physikers Stephen Hawking kenne. Jedoch nicht etwa wegen deren Inhalt, sondern weil er – zwar völlig anders als ich – auch behindert ist. Damit wird einer der größten Physiker und Astronomen des letzten Jahrhunderts über seine Behinderung definiert. Dabei war schon Johannes Kepler, der größte Astronom des letzten Jahrtausends, in Folge einer Pockenerkrankung stark seheingeschränkt. Hätte er nicht seinen Astronomie-Kollegen Tycho Brahe als präzisen Beobachter an seiner Seite gehabt, ist es fraglich, ob er zu seinen bahnbrechenden Keplerschen Gesetzen gefunden hätte, die bis heute für die Weltraumforschung grundlegend sind.
Mit meiner Mission der „Inklusion am Himmel“ konnte ich sogar den Vorstand der Astronomischen Gesellschaft, eine der ältesten astronomischen Vereinigungen Europas, begeistern. Es ist nicht einfach, dort ohne Kontakte Mitglied zu werden, aber mein Engagement für die Astronomie-Freizeiten hat überzeugt und seit Mai 2013 bin ich das erste und einzige blinde Mitglied.

Am 01.10.2015 erschien mein erstes Buch „Blind zu den Sternen – mein Weg als Astronom“ im Aquensisverlag Baden-Baden unter der ISBN-Nummer 978-3-95457-134-5  als gedruckte und als E-Book-Version. Der Druck ist so gestaltet, dass Menschen mit Restsehvermögen ihn gut lesen können. Das Buch kostet 14,00 Euro und wurde von der Marburger Blindenhörbücherei als Daisy-Buch produziert.

Luther und Kopernikus


Liebe Leserinnen und Leser,

 

Nachdem meine ersten kleinen Beiträge mich und mein Arbeitsumfeld einführten, kommt heute quasi der erste Artikel mit einem konkreten Thema. Es ist mein Blindnerd-Beitrag zum Luther-Jubiläum. Da darf ich mich auch nicht lumpen lassen.

Keine Angst. Das ist kein Podcast für Religion. Es ist aber so, dass sich die Astronomie oft dort wiederfindet, denn zum einen waren sehr viele gebildeten Astronomen Mönche, andere bekamen mit der Inquisition probleme, die Kirche reformierte den Kalender und einer der Urväter der Urknall-Theorie war auch ein Kirchenmann.

Wie gesagt. Das ist mein Astronomie-Beitrag zum Luther-Jubiläum.

Viel Freude damit wünscht euch und ihnen

Gerhard Jaworek.

 

so, der zusätzliche Feiertag, den uns das Luther-Jubiläum bescherte, ist nun auch leider vorbei.

Die Gelegenheit nutzte ich, um mal etwas zu recherchieren, ob es nicht auch Verbindungen zwischen Luther und Astronomie gibt, die Hand und Fuß haben und nicht an den Haaren herbei gezogen wirken.

 

Viel ist es nicht, was ich fand, aber es ist mehr, als nichts. Immerhin half mir mein wunderbarer Freund, Volker, der Pfarrer ist, mit Bibelstellen aus und gab einige Hintergrundinformationen, die ich auch mit euch teile.

 

„Dieser Narr will die ganze Kunst Astronomiae umkehren“, soll Luther bei Tische gepoltert haben. Und weiter: „Aber Josua hieß die Sonne stillzustehen und nicht das Erdreich.“

Damit ist die Bibelstelle, Josua 10, Vers 12, gemeint, nach der die Sonne und der Mond stillstanden, bis das Volk Rache an seinen Feinden genommen hatte.

Das ist eindeutig. Die Sonne kann nur bei einem geozentrischen Weltbild stehen bleiben.

Mit „Narr“ war Kopernikus gemeint.

Es gibt noch andere Zeichen in der Bibel, die auf astronomische Phänomene, z. B. Finsternisse, zurückgehen könnten, z. B. Da gibt es für König Hiskia ein Zeichen das darin besteht, dass der Schatten (wohl einer Sonnenuhr ) sich Rückwärts bewegt.
2 Kön 20, 8-10, geschildert auch in Jes 38,7 und eine Anspielung in 2 Chr. 32,31 Hiskija lebte von 752 v. Chr. bis 697 v.Chr. und war König von Juda als Nachfolger seines Vaters Ahas von 725 v.Chr. bis 698 v.Chr.

Also wenn das keine Sonnenfinsternis war, was da beschrieben wurde… Wer mag, kann die Lebensdaten des Königs ja mal z. B. in Calsky eingeben. Ich habe es versucht, stellte mich aber irgendwie zu doof dafür an.

Weitere Beispiele sind natürlich der Weihnachtsstern und die Finsternis zu Ostern. Ganz aktuell fasziniert mich momentan im Hinblick darauf, dass die gekrümmte Raumzeit mit Gravitationswellen, in aller Munde ist, ein Bild aus der Offenbarung oder Apocalypse.

In Offenbarung 6, 14 wird prophezeit, dass der Himmel wie eine Schriftrolle zusammengerollt wird.

Soviel mal zu Bibelstellen mit astronomischem Bezug.

Nun aber zurück zu Luther.

Martin Luther war ein Aufklärer und Reformator. Es ist aber sehr fraglich, ob er überhaupt etwas von Kopernikus gewusst hat. Beide lebten ja relativ zeitgleich und Kopernikus veröffentlichte sein Buch erst kurz vor seinem Tode.

Martin Luther, 10. November 1483 in Eisleben, Grafschaft Mansfeld; † 18. Februar 1546 ebenda.

Nikolaus Kopernikus, 19. Februar 1473 in Thorn; † 24. Mai 1543 in Frauenburg

Veröffentlichung des Buches De revolutionibus orbium coelestium. Nürnberg 1543.

Somit dürfte seine Lehre von der Sonne als Mittelpunkt nur Insidern bekannt gewesen sein.

Im großen theologischen Lebenswerk Luthers findet sich nichts, was auf diese Rede deutet. Es findet sich auch nichts darüber, dass Bruder Martin sich überhaupt mit Astronomie befasst hat.

Der Himmel, sowohl der Göttliche, als auch der astronomische, waren so unveränderlich und perfekt, dass man sich im Mittelalter hierzulande kaum damit beschäftigte. In diesem Sinne haben uns die Araber die Wiege Europas erhalten, indem sie alte griechische Schriften bewahrten und übersetzten.

Besagte Tischrede ist von 1539, wurde aber erst Jahrzehnte später gedruckt,  und zwar von jemandem, der nicht selbst dabei gewesen ist. Im Tagebuch des damaligen Luther-Vertrauten Anton Lauterbach findet sich auch kein Hinweis auf eine derartige Äußerung.

Ein gewisser Physiker und Wissenschaftshistoriker, Andreas Kleinert, der Universität Halle, bezeichnet diese Tischrede als „Geschichtslüge“. Kleinert weist nach, dass Luther erst im 19. Jahrhundert von zwei katholischen Historikern zum Anti-Copernicaner gemacht worden ist, während des Kulturkampfes zwischen Kaiserreich und katholischer Kirche.

Astronomie bei Luther hin, oder her.

Zumindest taten sich später die Protestanten mit der Umstellung von Julianischen auf den Gregorianischen Kalender schwer. In reformierten und protestantischen Gegenden fand die Anpassung des Kalenders später statt. Diese Regionen waren nicht „papstgläubig“ und lehnten daher damals diese päpstliche Reform ab. Für das Jahr 1700 war aufgrund der verschiedenen Schaltjahrregelungen ein weiterer Tag Differenz zu befürchten. Daraufhin einigten sich 1699 die protestantischen deutschen Territorien auf dem Reichstag in Regensburg und führten einen Verbesserten Kalender ein, der nur unwesentlich vom katholischen abwich.

 

Und allgemein kann man sagen, dass Die Sonne und alle Sterne, Konstellationen und Himmelskörper in der Antike als Götterwesen galten. Sie wurden nur in mythologischen Geschichten beschrieben. Das Weltbild der Bibel setzt die neue Auffassung dagegen, dass es sich um „Lampen am Himmel handelt“, eben Himmelskörper, es jedenfalls nur einen Gott gibt. Ähnliches haben sonst nur die „Wissenschaftler“ der Chaldäer geschafft, deren Wissen auch in der „Nebrascheibe“ Niederschlag gefunden hat. Die Himmelsscheibe von Nebra ist das erste Bild des Himmels, das einen Text braucht, um verstanden zu werden.

Da es aber damals in der Bronzezeit noch keine Schriftsprache gab, ist dieses Wissen wieder untergegangen. Aber auch überall sonst hat die letztlich abergläubische Erklärung der Phänomene immer wieder fröhlich Renaissance gefeiert. Und wenn ich mir so ansehe, was teilweise heute noch oder wieder geglaubt wird, scheint es mir manchmal, dass sich das bis heute nicht geändert hat…